Inhalt

VGH München, Beschluss v. 17.02.2023 – 8 CE 22.2113
Titel:

Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung

Normenketten:
BayVwVZG Art. 22 Nr. 1
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1, Art. 44 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4
Leitsätze:
1. Gemäß Art. 22 Nr. 1 BayVwZVG ist die Zwangsvollstreckung einzustellen, wenn sie für unzulässig erklärt wird. Die Zwangsvollstreckung aus einem Verwaltungsakt ist unzulässig, wenn die allgemeinen oder die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen nicht vorliegen oder Vollstreckungshindernisse bestehen. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Vollstreckung eines Verwaltungsakts, mit dem eine Handlung, Duldung oder Unterlassung gefordert wird, setzt voraus, dass der Betroffene den Inhalt der aufgegebenen Pflichten konkret feststellen kann. Ansonsten fehlt es dem Verwaltungsakt an einem vollstreckungsfähigen Inhalt (vgl. VGH München BeckRS 2010, 31516 Rn. 3). (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Beschwerde im einstweiligen Rechtsschutz, Antrag auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung, Anordnung des Rückbaus und der Wiederherstellung eines Bachufers, Formell illegaler Gewässerausbau, Bestimmtheit einer Anordnung, Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes, Einstellung der Zwangsvollstreckung, Bestimmtheit, Nichtigkeit
Vorinstanz:
VG Bayreuth, Beschluss vom 15.09.2022 – B 7 E 22.820
Fundstelle:
BeckRS 2023, 10185

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert wird unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 15. September 2022 für beide Rechtszüge auf jeweils 3.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller begehrt, von zukünftigen Vollstreckungsmaßnahmen aus dem bestandskräftigen Bescheid des Antragsgegners vom 30. Dezember 2016 über eine wasserrechtliche Rückbau- und Wiederherstellungsverpflichtung verschont zu werden.
2
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 30. Dezember 2016 verpflichtete der Antragsgegner den Antragsteller, die am H. …bach entlang des Grundstücks FlNr. … Gemarkung E. … errichtete Ufermauer (Uferbefestigung) bis spätestens 28. Februar 2017 – im Falle einer Klageerhebung gegen diesen Bescheid binnen zwei Monaten nach Unanfechtbarkeit – zurückzubauen. Das Gewässer sowie die betroffenen Uferbereiche sind wieder in einen naturnahen Zustand zu bringen. Der ursprüngliche Zustand ist, auch hinsichtlich der Gewässerbreite, wiederherzustellen. Für den Fall der nicht fristgerechten Erfüllung dieser Verpflichtung wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 EUR angedroht.
3
Im nachfolgenden Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht Bayreuth (Az.: B 7 K 17.59) kamen die Beteiligten überein, dass der Antragsteller bis zum 1. Oktober 2018 ordnungsgemäße, vollständige und prüffähige Planunterlagen beim Landratsamt Forchheim für einen Gewässerausbau vorlegt. Im Gegenzug sicherte der Antragsgegner zu, die Beseitigungsanordnung vom 30. Dezember 2016 bis zum rechtskräftigen Abschluss eines Planfeststellungs- bzw. Plangenehmigungsverfahrens nicht zu vollstrecken. Daraufhin erklärten die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt; mit Beschluss des Gerichtes vom 9. Juli 2018 wurde das Verfahren eingestellt.
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Mit Bescheid vom 11. Februar 2019 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Gewässerausbau ab. Die Klage vor dem Verwaltungsgericht Bayreuth und der Antrag auf Zulassung der Berufung beim Verwaltungsgerichtshof blieben erfolglos (vgl. VG Bayreuth, U.v. 21.12.2020 – B 7 K 19.230; BayVGH, B.v. 15.12.2021 – 8 ZB 21.668).
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Der Antragsgegner teilte daraufhin dem Antragsteller mit Schreiben vom 16. Mai 2022 mit, dass nach Abschluss des gerichtlichen Verfahrens über den Gewässerausbau dieser nunmehr die von ihm errichtete Ufermauer entlang der FlNr. … zurückzubauen habe. Das Gewässer sowie die betroffenen Uferbereiche seien wieder in einen naturnahen Zustand zu bringen. Der ursprüngliche Zustand sei auch hinsichtlich der Gewässerbreite wiederherzustellen. Hierfür werde eine Frist bis zum 31. August 2022 eingeräumt. Erforderlichenfalls könne auf Kosten des Pflichtigen eine Ersatzvornahme angeordnet werden.
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Gegen dieses Schreiben hat der Antragsteller am 29. August 2022 Klage erhoben und einen Eilantrag gestellt. Den Eilantrag begründet der Antragsteller im Wesentlichen damit, dass der der Zwangsvollstreckung zugrundeliegende Verwaltungsakt vom 30. Dezember 2016 nichtig bzw. wegen fehlender Bestimmtheit nicht vollstreckungsfähig sei. Zudem sei der Bescheid vom 30. Dezember 2016 nicht unanfechtbar, weil die Erledigungserklärung im diesbezüglichen gerichtlichen Verfahren widerrufen bzw. angefochten werde. Aufgrund der Aufforderung im Schreiben vom 16. Mai 2022 sei mit Vollstreckungsmaßnahmen des Antragsgegners in kurzfristiger Form zu rechnen.
7
Den Eilantrag hat des Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 15. September 2022 abgelehnt.
8
Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller am 26. September 2022 Beschwerde erhoben, die er mit Schriftsätzen vom 14. Oktober 2022, 16. Januar 2023 und 16. Februar 2023 begründet hat. Er beantragt,
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den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 15. September 2022 aufzuheben, hilfsweise abzuändern und die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Einstellung der Zwangsvollstreckung durch die Antragsgegnerin aus deren Bescheid vom 30. Dezember 2016 im Wege der einstweiligen Anordnung anzuordnen, hilfsweise die Zwangsvollstreckung aus dem Bescheid vom 30. Dezember 2016 für unzulässig zu erklären.
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Der Antragsgegner beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
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Er verteidigt die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts.
13
Der Antragsgegner hat mit Bescheid vom 13. Dezember 2022 den Bescheid vom 16. Dezember 2016 dahingehend geändert, dass, sollte die dort verfügte Rückbau- und Wiederherstellungsverpflichtung nicht bis zum 31. März 2023 erfüllt werden, ein Zwangsgeld i.H.v. 2.500 EUR fällig wird.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
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Die zulässige Beschwerde hat weder im Haupt- noch im Hilfsantrag Erfolg.
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I. Soweit der Antragsteller mit seinem in der Beschwerdebegründung vom 14. Oktober 2022 gestellten Hauptantrag begehrt, vorläufig die Zwangsvollstreckung insgesamt aus dem Bescheid vom 30. Dezember 2016 einzustellen, rechtfertigt das Beschwerdevorbringen, auf das sich die Prüfung des Senats beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), keine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Antragsteller weist zwar zu Recht darauf hin, dass das Verwaltungsgericht seinen mit Schreiben vom 29. August 2022 gestellten Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung fehlerhaft als einen Antrag gegen eine Fälligkeitsmitteilung des Zwangsgeldes ausgelegt hat. Jedoch erweist sich die Ablehnung des Eilantrags auch unter Zugrundelegung seines eigentlichen Antragsbegehrens im Ergebnis als richtig, sodass eine Änderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ausscheidet (vgl. dazu VGH BW, B.v. 25.11.2004 – 8 S 1870/04 – juris Rn. 6; B.v. 4.11.2013 – 2 S 1702/13 – juris Rn. 19; OVG MV, B.v. 17.11.17 – 1 M 583/16 – juris Rn. 5).
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1. Der Vorhalt, das Verwaltungsgericht habe seinen Vortrag weder zur Kenntnis genommen noch gewürdigt und es liege deshalb ein Gehörsverstoß nach Art. 103 Abs. 1 GG vor, verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg. Im vorläufigen Rechtsschutzverfahren kommt es grundsätzlich nicht auf die Geltendmachung von Verfahrensfehlern an, sondern allein darauf, ob die Beschwerde in der Sache begründet ist. In den von § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO gezogenen Grenzen erfolgt eine umfassende, nicht von der erfolgreichen Rüge eines Verfahrensfehlers abhängige Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung durch das Oberverwaltungsgericht als zweite Tatsacheninstanz. Vermeintlich unberücksichtigt gebliebenes Vorbringen ist deshalb mit der Beschwerdebegründung vorzutragen (BayVGH, B.v. 28.5.2015 – 3 CE 15.728 – juris Rn. 21; OVG SH, B.v. 22.12.2022 – 4 MB 48/22 – juris Rn. 25 f.; B.v. 28.2.2019 – 4 MB 14/22 – juris Rn. 5 m.w.N.; OVG LSA, B.v. 7.12.2021 – 1 M 90/21 – juris Rn. 7).
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2. Das Vorbringen, der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 15. September 2022 sei wegen einer nach § 65 Abs. 2 VwGO notwendigen, aber unterbliebenen Beiladung der Gemeinde E. … aufzuheben, führt ebenfalls nicht zum Erfolg, weil Prozessbeteiligte kein subjektives Recht auf fehlerfreie Anwendung des § 65 Abs. 2 VwGO haben (vgl. BVerwG, B.v. 16.9.2009 – 8 B 75.09 – NVwZ-RR 2010, 37 Rn. 3, B.v. 6.10.2020 – 4 B 10.20 – juris Rn. 12; B.v. 26.7.2021 – 4 B 32.20 – Rn. 5).
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3. Im Übrigen ist der Antrag nach § 123 VwGO zwar zulässig, aber unbegründet, da ein Anordnungsanspruch auf Einstellung der Zwangsvollstreckung aller Voraussicht nach nicht besteht.
20
Gem. Art. 22 Nr. 1 VwZVG ist die Zwangsvollstreckung einzustellen, wenn sie für unzulässig erklärt wird. Die Zwangsvollstreckung aus einem Verwaltungsakt ist unzulässig, wenn die allgemeinen oder die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen (vgl. Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, Art. 23 ff. VwZVG) nicht vorliegen oder Vollstreckungshindernisse bestehen.
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a. Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen aller Voraussicht nach vor. Gem. Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 VwZVG können Verwaltungsakte vollstreckt werden, wenn sie nicht nichtig sind und nicht mehr mit einem förmlichen Rechtsbehelf angefochten werden können.
22
aa. Der Grundverwaltungsakt vom 30. Dezember 2016 ist nicht nach Art. 44 Abs. 1 oder Abs. 2 BayVwVfG nichtig.
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(1) Der Bescheid vom 30. Dezember 2016 ist nicht nach Art. 44 Abs. 2 Nr. 4 BayVwfG nichtig, weil die vom Antragsteller verlangte Wiederherstellung der ursprünglichen Gewässerbreite des H. …bachs nicht möglich wäre. Wird – wie hier – ein Gewässerausbau ohne die hierfür erforderliche Planfeststellung durchgeführt, somit ein illegaler Zustand herbeigeführt, und daher die Beseitigung sowie die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes angeordnet, liegt es auf der Hand, dass eben der Zustand wiederhergestellt werden muss, der zu dem Zeitpunkt bestanden hat, als mit dem illegalen Gewässerausbau begonnen wurde. Dieser ist dem Antragsteller als Veranlasser des Gewässerausbaus bekannt. Weiter dürfte sich im vorliegenden Fall die ursprüngliche Gewässerbreite unschwer anhand des weiteren Uferverlaufs entlang der benachbarten Grundstücke ersehen lassen. Schließlich liegen dem Antragsteller Vermessungsunterlagen vor, da er nach eigenem Vorbringen im November 2016 die H.. … . … Ingenieuraktiengesellschaft mit der Vermessung des Ufers beauftragt hat (Blatt 74 der Behördenakte 3. Teil).
24
(2) Der Verwaltungsakt leidet auch nicht an einem besonders schwerwiegenden Fehler, was bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig wäre (Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG). Die Nichtigkeit eines Verwaltungsakts ist stets als besondere Ausnahme von dem Grundsatz anzusehen, dass ein Akt der staatlichen Gewalt die Vermutung seiner Gültigkeit in sich trägt und vom Bürger nur auf dem Rechtsweg beseitigt werden kann. Der dem Verwaltungsakt anhaftende Fehler muss diesen schlechterdings unerträglich, d.h. mit tragenden Verfassungsprinzipien oder der Rechtsordnung immanenten wesentlichen Wertvorstellungen unvereinbar erscheinen lassen (vgl. BVerwG, U.v. 26.9.1991 – 4 C 36.88 – DVBl 1992, 568 = juris Rn. 13). Der schwerwiegende Fehler muss darüber hinaus für einen verständigen Bürger offensichtlich sein. Die Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes ist daher nur dann anzunehmen, wenn die an eine ordnungsmäßige Verwaltung zu stellenden Anforderungen in so erheblichem Maße verletzt werden, dass von niemandem erwartet werden kann, den Verwaltungsakt als verbindlich anzuerkennen (vgl. BVerwG, B. v. 11.5.2000 – 11 B 26.00 – NVwZ 2000, 1039 = juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 23.4.2021 – 1 CS 21.31 – juris 13).
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Hieran gemessen zeigt das Beschwerdevorbringen keine Nichtigkeitsgründe auf.
26
Soweit der Antragsteller rügt, dass mündliche Absprachen mit dem Beklagten im Hinblick auf einen Uferbereich mit eingebrachten Stahlträgern nicht berücksichtigt worden seien, legt er keinen Nichtigkeitsgrund dar, sondern wendet sich gegen die Rechtmäßigkeit des Grundverwaltungsakts, was bereits gem. Art. 21 VwZVG ausgeschlossen ist. Aus welchem Grund es sich hierbei um einen so schwerwiegenden Fehler handeln sollte, der zur Nichtigkeit des Bescheides führen könnte, begründet der Antragsteller nicht. Ebenfalls nur die Rechtmäßigkeit des Grundverwaltungsaktes betrifft der geltend gemachte Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG in Bezug auf das nachbarliche Vorgehen.
27
Die Nichtigkeit der Rückbau- und Wiederherstellungsverpflichtung gem. Nr. 1 des Bescheids vom 30. Dezember 2016 ergibt sich auch nicht aus deren Unbestimmtheit. Denn die Anordnung erfüllt die Anforderung an eine hinreichende Bestimmtheit nach Art. 37 BayVwVG (vgl. hierzu Rn. 34 ff.).
28
Anders als der Antragsteller vorträgt, ist der Verwaltungsakt auch nicht deswegen nichtig, weil keine Duldungsanordnung gegenüber der Gemeinde E. … erlassen worden ist. Eine fehlende Duldungsanordnung stellt allenfalls ein Vollstreckungshindernis dar (vgl. hierzu Rn. 41; Käß in Giehl/Adolph/Käß, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern, Stand November 2022, Art. 19 Rn. 1), führt aber nicht zur Nichtigkeit des Grundverwaltungsaktes.
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In Bezug auf die monierte fehlende Ermächtigungsgrundlage legt der Antragsteller schon nicht dar, aus welchen Gründen eine Rückbau- und Wiederherstellungsverpflichtung im vorliegenden Fall nicht auf § 100 WHG gestützt werden könnte, zumal vorliegend rechtskräftig feststeht, dass es sich um einen formell illegalen Gewässerausbau nach § 67 Abs. 2 Satz 1, § 68 WHG handelt (vgl. VG Bayreuth, U.v. 21.12.2020 – B 7 K 19.230; nachfolgend BayVGH, B.v. 15.12.2021 – 8 ZB 21.668).
30
bb. Der Bescheid vom 30. Dezember 2016 ist auch unanfechtbar. Unanfechtbar ist ein Verwaltungsakt, wenn er nicht mehr mit einem förmlichen Rechtsbehelf angegriffen werden kann, das heißt, die Frist zur Einlegung eines förmlichen Rechtsbehelfs verstrichen ist (vgl. Harrer/Kugele/Kugele/Thum/Tegethoff, Verwaltungsrecht in Bayern, Stand Nov. 2022, Art. 19 VwZVG Rn. 2). Dies ist hier der Fall. Der Argumentation des Antragstellers, der Bescheid vom 30. Dezember 2016 setze wegen der Formulierung „im Falle der Klageerhebung gegen diesen Bescheid binnen zwei Monate nach Unanfechtbarkeit“ für seine Unanfechtbarkeit ein Urteil voraus, vermag der Senat nicht zu folgen. Es handelt sich vielmehr um eine übliche Formulierung, die eine behördlich gesetzte Ausführungsfrist (vgl. Art. 31 BayVwVfG) an die Bedingung der Unanfechtbarkeit des Bescheids knüpft.
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Soweit der Antragsteller moniert, dass im Falle eines Streits, ob das Verfahren durch übereinstimmende Erledigungserklärung beendet worden ist, das Verfahren fortzusetzen ist, ist dies im Vollstreckungsverfahren ohne Belang. Der Antragsteller müsste das Klageverfahren bezüglich des Bescheides vom 30. Dezember 2016 fortsetzen (vgl. BVerwG, B.v 12.11.1993 – 2 B 151.93 – NVwZ-RR 1994, 362 = juris Rn. 2). Dasselbe gilt auch, unabhängig von der Frage, in welchen Fällen dies überhaupt möglich ist (vgl. dazu BGH, B.v. 14.5.2013 – II ZR 262/08 – NJW 2013, 2686 – beckonline Rn. 7, BayVGH, U.v. 9.5.2018 – 1 B 14.2215 – BeckRS 2018, 10007 Rn. 24), soweit der Antragsteller seine Erledigungserklärung widerrufen oder anfechten bzw. einen Wegfall der Geschäftsgrundlage geltend machen will.
32
Auch soweit der Antragsteller einwendet, dass wegen der fehlenden Beiladung der Gemeinde E. … eine Erledigungserklärung nicht wirksam hätte ergehen können, ist er auf das damalige Verfahren zu verweisen.
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b. Der Vollstreckung stehen auch keine Vollstreckungshindernisse entgegen.
34
aa. Die in Nr. 1 des Bescheids vom 30. Dezember 2016 verfügte Rückbau- und Wiederherstellungsverpflichtung dürfte hinreichend bestimmt sein.
35
Die Einwendung der Unbestimmtheit des Grundverwaltungsakts scheitert wohl nicht an Art. 21 VwZVG, wenn – wie hier – nicht im Rahmen einer Anfechtungsklage rechtskräftig über den Grundverwaltungsakt entschieden wurde (vgl. Käß in Käß in Giehl/Adolph/Käß, a.a.O., Art. 21 Rn. 26). Die Vollstreckung eines Verwaltungsakts, mit dem eine Handlung, Duldung oder Unterlassung gefordert wird, setzt voraus, dass der Betroffene den Inhalt der aufgegebenen Pflichten konkret feststellen kann. Ansonsten fehlt es dem Verwaltungsakt an einem vollstreckungsfähigen Inhalt (vgl. BayVGH, B.v. 29.6.2010 – 9 CE 10.1244 – BeckRS 2010, 31516 Rn. 3).
36
Die inhaltliche Bestimmtheit eines Verwaltungsakts ist nach dem objektiven Erklärungsinhalt der behördlichen Regelung aus der Sicht des Adressaten (Empfängerhorizont) zu beurteilen (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 3 C 7.14 – BVerwGE 153, 335 = juris Rn. 16). Das bedeutet, dass der Adressat in die Lage versetzt werden muss, zu erkennen, was von ihm gefordert wird (vgl. BayVGH, B.v. 5.3.2018 – 8 ZB 16.993 – juris Rn. 28; B.v. 8.5.2019 – 8 ZB 19.270 – juris Rn. 10). Es reicht aus, wenn sich die Regelung aus dem gesamten Inhalt des Bescheids, insbesondere seiner Begründung, sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen unzweifelhaft erkennen lässt (vgl. BVerwG, U.v. 30.5.2018 – 6 A 3.16 – NVwZ 2018, 1476 = juris Rn. 38; BayVGH, B.v. 2.5.2014 – 20 ZB 13.1972 – juris Rn. 4).
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Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs ist, soweit in Nr. 1 des Bescheidtenors im Bescheid vom 30. Dezember 2016 vom Antragsteller verlangt wird, den „ursprünglichen Zustand, auch hinsichtlich der Gewässerbreite, wieder herzustellen“, der Bescheid klar und unzweideutig. Danach ist der Zustand wiederherzustellen, der bestanden hat, bevor der Antragsteller mit dem illegalen Gewässerausbau begonnen hat. Dieser Zustand ist dem Antragsteller bekannt. Der ursprüngliche Zustand im allgemeinen und die ursprüngliche Gewässerbreite dürfte sich zudem unschwer anhand des weiteren Uferverlaufs entlang der benachbarten Grundstücke ermitteln lassen. Schließlich kann der Antragsteller auf Vermessungsunterlagen zurückgreifen (vgl. Rn. 23). Auch im Hinblick auf ihren räumlichen Umfang ist die Anordnung hinreichend bestimmt, da die Anordnung für das gesamte Grundstück FlNr. … getroffen wurde. Dies mag nach Ansicht des Antragstellers rechtswidrig sein, führt aber nicht zur Unbestimmtheit der Anordnung.
38
Der Begriff „naturnah“ ist ebenfalls hinreichend bestimmt. Nach dem allgemeinen Wortverständnis heißt „naturnah“ nah an der Natur, also der Natur entsprechend. Für die hier betroffene Wiederherstellung einer Uferböschung bedeutet dies eine standortgerechte, natürliche Bepflanzung. Da der Antragsteller mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut und Verursacher des illegalen Gewässerausbaus ist, ist die Anordnung auch ihm gegenüber klar und eindeutig, zumal über einen „naturnahen Rückbau“ mit dem Antragsteller seit dem Jahr 2014 diverse Gespräche geführt wurden (BA 2. Teil Ortseinsicht am 21.11.2014 [Bl. 63], am 3.12.2014 [Bl. 79], am 6.2.2015 [Bl. 145], am 27.9.2016 [Bl. 272], Sitzungsprotokoll über die mündliche Verhandlung am Landgericht Bamberg vom 19.10.2016 [Bl. 340]). Zudem wurde dem Antragsteller durch die Verwendung des Begriffs „naturnah“ ein Gestaltungsspielraum eingeräumt. Ein Gestaltungsspielraum führt nicht zur mangelnden Bestimmtheit der Anordnung.
39
Angesichts dessen kann aus dem vom Antragsteller nunmehr vorgelegten Beratungsangebot von Seiten des Landratsamtes nicht geschlossen werden, dass die Anordnung unbestimmt sei. Das Landratsamt kommt insoweit nur seinem Beratungsauftrag nach (vgl. Art. 25 BayVwVfG; § 4 Allgemeine Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaats Bayern vom 12. Dezember 2000 i.d.F. der Bekanntmachung vom 14. Dezember 2021).
40
Soweit der Antragsteller sich darauf beruft, dass unklar sei, wie mit den vormals zur Uferbefestigung eingebrachten Stahlträgern umzugehen sei, ist schon nicht glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 und § 294 ZPO), dass sich auf dem Grundstück FlNr. … im Uferbereich überhaupt Stahlträger befinden und es sich insoweit nicht um das Grundstück FlNr. … handelt. Eine genaue Zuordnung der Lage der Stahlträger ergibt sich auch nicht aus den Behördenakten, da das vom Verwaltungsgericht in Bezug genommene Foto (BA 1. Teil Bl. 15) nicht beschriftet ist. Auch eine diesbezügliche Genehmigung hat der Antragsteller nicht vorgelegt. Der vom Antragsteller angesprochene Fischkasten gehört augenscheinlich nicht zum „ursprünglichen Zustand des H. …bachs“, da es sich um Kästen zur Aufbewahrung von Fischen handelt.
41
bb. In Bezug auf die vom Antragsteller monierte fehlende Duldungsanordnung gegenüber der Gemeinde E. … ergibt sich ebenfalls kein Vollstreckungshindernis. Insofern legt er schon nicht dar, dass sich die Gemeinde dem angeordneten Rückbau und der Wiederherstellung des Uferbereichs widersetzen würde. Die Gemeinde E. …, die gem. Art. 2 Abs. 1 Nr. 3, Art. 22 Abs. 1 Nr. 3 BayWG für den H. …bach unterhaltspflichtig ist, begleitet seit 2009 das Verfahren, ohne dass Anhaltspunkte dafür bestünden, dass sie mit den angeordneten Maßnahmen nicht einverstanden wäre (BA 1. Teil Bl. 19; 2. Teil Bl. 55, 62, 145). Es obliegt damit dem Antragsteller, das Vorliegen von Vollstreckungshindernissen darzulegen (vgl. BayVGH, B.v. 23.4.2021 – 1 CS 21.31 – juris Rn. 17).
42
II. Der vom Antragsteller gestellte Hilfsantrag, die Zwangsvollstreckung aus dem Bescheid vom 30. Dezember 2016 für unzulässig zu erklären, hat ebenfalls keine Aussicht auf Erfolg. Da er lediglich mit anderen Worten formuliert wurde, aber vollumfänglich dem Rechtsschutzziel des Hauptantrags entspricht, wird insoweit auf die obigen Ausführungen verwiesen.
43
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
44
IV. Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 § 52 Abs. 1 GKG unter Anlehnung an Nr. 1.5 und 1.7. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Nach § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Antragstellers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Maßgebend ist grundsätzlich der wirtschaftliche Wert des Antragziels, das der Antragsteller mit seinem Antrag unmittelbar erreichen will (vgl. BVerwG, B.v. 16.2.1995 – 1 B 205.93 – NVwZ 1995, 473 zu § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a. F.; BayVGH, B.v. 8.1.2019 – 8 C 18.456 – NVwZ-RR 2019, 62 = juris Rn. 6). Das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers an der Einstellung der Zwangsvollstreckung wird daher unter Berücksichtigung des Umstandes, dass von der Einstellung alle Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, d.h. sowohl Zwangsgeldfestsetzungen als auch eine Ersatzvornahme umfasst sind, auf 6.000 EUR geschätzt. Es liegt zwischen möglichen Zwangsgeldfestsetzungen und geschätzten Kosten einer Ersatzvornahme. Gem. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit beträgt im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes der Streitwert in der Regel die Hälfte. Der Streitwert wird daher auf 3.000 EUR festgesetzt. Die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung ist entsprechend abzuändern (vgl. § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG).
45
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).