Titel:
Erfolgloser einstweiliger Rechtsschutz: Waffenrechtliche Unzuverlässigkeit wegen Verstoßes gegen Aufbewahrungspflichten
Normenketten:
WaffG § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 2b, § 36, § 45 Abs. 2 S. 1
AWaffV § 13 Abs. 1, Abs. 2
Leitsätze:
1. Dass die Ehefrau des Waffenerlaubnisinhabers die Waffen inkl. Munition gegebenenfalls nicht bemerkt hat und sich das Risiko, dass ein unbefugter Dritter diese oder Munition tatsächlich an sich nimmt, nicht realisiert hat, ist für einen Verstoß gegen die Waffenaufbewahrungspflicht irrrelevant, weil es hier auf das Verhalten des Waffenerlaubnisinhabers ankommt. Jeder Verstoß gegen die Aufbewahrungsvorschriften berührt zugleich die Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit, jedenfalls im Sinn einer abstrakten Gefährdung. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Im Rahmen der Prüfung und Wartung einer Waffe ist zudem zu fordern, dass jeweils nur diejenige Waffe aus dem Sicherheitsbehältnis entnommen wird, die gereinigt oder überholt werden soll und sich die Waffe auch nur für die Dauer der Funktionsprüfung außerhalb der sicheren Aufbewahrung befindet. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Gefahren, die mit einer für Nichtberechtigte zugänglichen Verwahrung von Schusswaffen verbunden sind, entbinden den Erlaubnisinhaber von seinen Aufbewahrungspflichten nicht nur bei einer nicht sorgfältigen Verwahrung auf Dauer. Bereits eine nur äußerst kurzfristige Nachlässigkeit im Umgang mit Schusswaffen kann genügen, um diese Gegenstände in die Hände Nichtberechtigter gelangen zu lassen. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Widerruf von Waffenbesitzkarte und Entzug des Jagdscheins, vorläufiger Rechtsschutz, Verstoß gegen Aufbewahrungsvorschriften, jagd- und waffenrechtliche Unzuverlässigkeit (bejaht), Funktionsprüfung, Bagatellverstoß, kurzfristige Nachlässigkeit
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 24.04.2023 – 24 CS 23.412
Fundstelle:
BeckRS 2023, 10165
Tenor
1. Die Verfahren AN 16 S 23.141 und AN 16 S 23.174 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
2. Die aufschiebende Wirkung der Klagen AN 16 K 23.142 und AN 16 K 12.175 wird angeordnet, soweit sich diese gegen Ziffer 7 des Bescheides richten. Im Übrigen werden die Anträge abgelehnt.
3. Der Antragsteller hat die Kosten der Verfahren jeweils zu 5/6 zu tragen, der Antragsgegner zu 1/6.
4. Der Streitwert wird bis zur Verbindung für das Verfahren AN 16 S 23.141 auf 4.375,00 EUR und für das Verfahren AN 16 S 23.174 auf 4.000,00 EUR festgesetzt. Ab der Verbindung wird ein Gesamtstreitwert in Höhe von 8.375,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller begehrt die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Widerruf seiner Waffenbesitzkarte sowie seines Jagdscheines und weitere waffenrechtliche Nebenanordnungen.
2
Der Antragsteller ist Inhaber einer waffenrechtlichen Erlaubnis (Waffenbesitzkarte grün Nr. …*) mit 6 eingetragenen Waffen sowie Inhaber eines Jagd- (Nr. …*) und eines Falknerjagdscheines (Nr. …*).
3
Im Rahmen einer Durchsuchung der Wohnräume des Antragstellers stellte die Polizei am 17. August 2022 fest, dass eine Unterhebelrepetierbüchse der Marke Erma frei zugänglich an eine Wand gelehnt war und an dem sich in der Wohnung befindlichen Waffenschrank der Schlüssel im Schloss steckte, sodass die Tür durch bloßes Aufziehen geöffnet werden konnte. Ausweislich des polizeilichen Durchsuchungsprotokolls (vgl. Aktenvermerk Bl. 73 ff. der Behördenakte sowie Schlussbericht der Kriminalpolizeiinspektion … Bl. 77 ff. der Behördenakte) befanden sich im Waffenschrank eine Doppelflinte sowie eine halbautomatische Büchse und diverse Munition. Im Schlafzimmer wurde unter der Matratze ein Revolver der Marke Smith & Wesson aufgefunden und unter einem Hocker neben dem Bett die dazugehörige Munition. Im Flur auf einer Kommode befand sich Kleinkalibermunition. Die polizeiliche Durchsuchung der Geschäftsräume des Antragstellers, in denen sich zwei weitere Waffen inkl. Munition befanden, ergab keine Beanstandungen. Ausweislich des Durchsuchungsprotokolls stellte die Polizei nach Rücksprache mit dem Landratsamt sämtliche Waffen sowie Munition sicher und übergab diese dem Landratsamt.
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Mit Schreiben vom 21. September 2022 hörte das Landratsamt den Antragsteller zum beabsichtigten Widerruf der Waffenbesitzkarte sowie des Jagdscheines an. Er trug vor, am späten Abend des 16. August 2022 gegen ca. 21:30 Uhr eine Funktionsprüfung seines Revolvers Smith & Wesson durchgeführt zu haben. Da er bis ca. 1:30 Uhr nachts nicht fertig geworden sei, habe er den ungeladenen Revolver sowie die Munitionsschachtel mit ins Schlafzimmer genommen, um beides nicht unbeaufsichtigt zu lassen. Da er seine bereits schlafende Ehefrau nicht habe wecken wollen, habe er den Revolver tief unter der Matratze versteckt und die Munitionsschachtel unter den dicht neben seinem Bett stehenden kleinen Beistelltisch gelegt, sodass sie nicht sichtbar gewesen sei. Seine Ehefrau habe keine Kenntnis von diesem Vorgang gehabt und wisse auch nicht, wo die Schlüssel zum Waffenschrank verwahrt seien. In keinem Moment habe seine Frau Zugriff auf die Waffen oder auf Munition gehabt, sie habe nie tatsächlichen Besitz hieran ausgeübt. Am nächsten Morgen hätte er nach Fertigstellung seiner Untersuchung die Waffen samt Munition wieder in den Waffenschrank verbracht. Zunächst sei er aber gegen 9:00 Uhr kurz in sein nur wenige 100 Meter entferntes Büro gefahren, um seinem Mitarbeiter aufzusperren, was allenfalls 5 Minuten gedauert hätte. Diesen Plan habe er nur deshalb nicht durchführen können, weil für ihn überraschend eine Durchsuchung der Steuerfahndung in seinen beiden Anwesen stattgefunden habe und er nicht in sein Wohnhaus habe zurückkehren können, um dort die Waffenuntersuchung abzuschließen und die Waffen wieder in den Waffenschrank zu geben.
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Mit Bescheid vom 4. Januar 2023 widerrief das Landratsamt in Ziffer 1 die dem Antragsteller erteilte waffenrechtliche Erlaubnis (Waffenbesitzkarte Nr. …*) und gab dem Antragsteller auf, seine in der Waffenbesitzkarte aufgeführten Schusswaffen und Munition bis spätestens 17. Februar 2023 einem Berechtigten zu überlassen oder unbrauchbar zu machen und dem Landratsamt entsprechende Nachweise vorzulegen (Ziffer 2). Es erklärte den Jagdschein für ungültig und zog diesen ein (Ziffer 3). In Ziffer 4 ordnete das Landratsamt an, die in Ziffer 1 genannte waffenrechtliche Erlaubnis sowie den Jagdschein bis spätestens 17. Februar 2023 beim Landratsamt abzugeben. Die sofortige Vollziehung der Ziffern 2 bis 4 des Bescheides wurde in Ziffer 5 angeordnet. Für den Fall der Nichterfüllung der in Ziffer 2 genannten Pflichten wurde die Sicherstellung der Schusswaffen angeordnet (Ziffer 6). In Ziffer 7 ordnete das Landratsamt an, dass für den Fall der Nichterfüllung der in Ziffer 4 genannten Pflicht ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR fällig sei. Es begründete seine Entscheidung damit, dass der Antragsteller aufgrund von Verstößen gegen waffenrechtliche Aufbewahrungspflichten gem. § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 2b WaffG nicht die erforderliche Zuverlässigkeit im Sinne des Waffenrechtes besitze.
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Über seinen Bevollmächtigten hat der Antragsteller am 20. Januar 2023 Klagen erhoben (Az. AN 16 K 23.142, AN 16 K 23.175) und die streitgegenständlichen Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt.
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Zur Begründung lässt der Antragsteller im Wesentlichen vortragen, die Regelvermutung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG sei vorliegend durch besondere Umstände entkräftet. Die Entscheidung des Landratsamtes sei ermessensfehlerhaft ergangen, da die Umstände des konkreten Einzelfalls nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Gegen den Kernvorwurf der persönlichen Unzuverlässigkeit spreche u.a., dass der Antragsteller keine Vorstrafen habe und keine waffenrechtlichen Ordnungswidrigkeiten begangen habe. Er sei als Familienvater und Unternehmer stets zuverlässig und verhalte sich verantwortungsbewusst. Auch das wegen der waffenrechtlichen Verstöße eingeleitete Strafverfahren gegen den Antragsteller sei mittlerweile gegen Geldauflage eingestellt. Zudem habe nie eine Gefahr für Dritte bestanden. Die Ehefrau des Antragstellers habe zu keinem Zeitpunkt Kenntnis darüber gehabt, dass sich Waffen nicht im Waffenschrank befunden hätten. Wäre der Antragsteller nicht von der zeitgleichen, sehr belastenden Doppeldurchsuchung seiner Wohn- und Geschäftsräume, deren Erforderlichkeit und Angemessenheit auch aufgrund der Funktion des Antragstellers als bloßer Zeuge bezweifelt werde, festgehalten worden, wäre er rechtzeitig, bevor seine Frau aufstanden wäre, zuhause gewesen und hätte den Revolver samt Munition in den Waffenschrank eingeschlossen. Auf dem Geschäftsanwesen des Antragstellers sei kein waffenrechtlicher Verstoß festgestellt worden, vielmehr habe der Antragsteller seine Waffen dort beanstandungslos aufbewahrt. Bei dem Aufbewahrungsverstoß auf seinem Privatanwesen habe es sich um eine absolute Ausnahme gehandelt. Auch als Jäger habe sich der Antragsteller nichts zuschulden kommen lassen. Die Entziehung der waffenrechtlichen Erlaubnisse und die Ungültigerklärung des Jagdscheines seien völlig unverhältnismäßig, da der Antragsteller damit in seiner Existenz als hauptberuflicher Greifvogelzüchter gefährdet wäre. Die Waffen würden in diesem Kontext auch der Abwehr von wildlebenden Raubvögeln durch Schreckschüsse dienen, die die Zuchttiere in ihren Volieren angreifen. Der Jagdschein sei für die Forstpflege im Waldgrundstück des Antragstellers aus tierschutzrechtlicher Sicht essentiell, damit verletztes Wild notwendigenfalls gezielt und schmerzfrei erlöst werden könne. Ziffer 5 des Bescheides gehe völlig ins Leere, da sämtliche Waffen des Antragstellers, einschließlich derjenigen, die ordnungsgemäß aufbewahrt gewesen seien, beschlagnahmt worden seien. Insoweit gehe auch die Anordnung Ziffer 2 des Bescheides ins Leere, da der Antragsteller zurzeit keine Waffe besitze. Gleiches gelte für die Waffenbesitzkarte, die ebenfalls eingezogen worden sei. Insofern fehle auch ein besonderes öffentliches Vollzugsinteresse. Auch bestehe kein besonderes Eilbedürfnis, nachdem sich das Landratsamt aufgrund des Vorfalls vom 17. August 2022 fast fünf Monate Zeit genommen habe bis zum Erlass des angefochtenen Bescheides.
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Der Antragsteller beantragt,
Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklagen gegen den zum Az.
… erlassenen Bescheid zum Widerruf von waffenrechtlichen Erlaubnissen sowie zur Einziehung und Ungültigerklärung eines Jagdscheines vom 4. Januar 2023 des Antragstellers wird wiederhergestellt.
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Der Antragsgegner beantragt Antragsablehnung und bezieht sich zur Begründung auf den angegriffenen Bescheid. Es sei nicht nur ein Verstoß gegen die Aufbewahrungspflichten festgestellt worden, sondern eine Vielzahl von Verstößen. Auch nur eine vorübergehende Verwahrung, hier beispielhaft des Revolvers Smith & Wesson, unter der Matratze des Antragstellers begründe die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit. Die Umstände, unter denen die Verstöße gegen die Aufbewahrungspflichten festgestellt worden seien, hier die angeordnete Wohnungsdurchsuchung der Steuerfahndung, seien unerheblich, da zum Zeitpunkt des Verlassens des Hauses die Durchsuchung dem Antragsteller noch nicht habe bekannt sein können. Der Antragsteller habe die nicht ordnungsgemäß verwahrten Waffen am Morgen des 17. August 2022 ohne jeglichen Zeit- oder Ereignisdruck zurückgelassen, um einem Mitarbeiter die Firma aufzusperren. Ein kausaler Zusammenhang zwischen der Hausdurchsuchung und den Aufbewahrungsverstößen sei daher nicht erkennbar. Vielmehr deute die Tatsache, dass der Antragsteller auf die ordnungsgemäße Aufbewahrung verzichtet habe, nur um seine Frau nicht zu wecken, und dann am nächsten Tag nicht unverzüglich eine sichere Aufbewahrung hergestellt, sondern erst noch das Haus verlassen habe, auf einen regelmäßig laxen Umgang mit den waffenrechtlichen Vorschriften hin. Eine ordnungsgemäße Aufbewahrung von Waffen und Munition sei jederzeit sicherzustellen, auch und gerade in psychischen Ausnahmesituationen. Irrelevant sei auch, dass die Ehefrau des Antragstellers keinerlei Kenntnis von den Waffen gehabt habe. Die alleinige vorübergehende Verwahrung außerhalb des Waffenschrankes sei an sich unzulässig. Im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 2b WaffG stehe der Waffenbehörde im Gegensatz zu § 5 Abs. 2 WaffG, wo von einem Regeltatbestand gesprochen werde, kein Ermessen zu. Der weiteren Ausübung der Falkenzucht des Antragstellers stehe nichts im Wege, da der Falknerjagdschein des Antragstellers gem. § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG, § 15 Abs. 7, §§ 5 und 6 des WaffG nicht zu widerrufen gewesen sei. Auch ein allgemeines Waffenbesitzverbot gegen den Antragsteller sei nicht ausgesprochen worden, sodass ihm die Möglichkeit zum Erwerb von erlaubnisfreien Waffen zum Schutz seiner Zuchttiere verbleibe. Die unter Ziffer 2 aufgegebene Verpflichtung zur Munitionsabgabe an Berechtigte sei notwendig gewesen, um einen eventuellen rechtswidrigen Munitionsbesitz des Antragstellers zu unterbinden, da dem Landratsamt nicht bekannt sei, ob und inwieweit sich ggf. weitere, nicht durch die Polizei sichergestellte Munition im Eigentum des Antragstellers befindet. Der angeordnete Sofortvollzug der Ziffern 3 und 4 sei notwendig gewesen, um mögliche Erwerbungen von Waffen und Munition über die dort aufgeführten Erlaubnisse zu unterbinden.
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Die Sicherstellung und vorübergehende Einlagerung der Schusswaffen hätten der konkreten Gefahrenabwehr vor Ort aufgrund der vorgefundenen Aufbewahrungssituation gedient. Davon unbenommen sei die weitere ordnungsgemäße Verwertung bzw. das Überlassen der Waffen an Berechtigte. Eine andauernde Aufbewahrung der Waffen am Landratsamt sei dem Grunde nach nicht vorgesehen.
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Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Behörden- und Gerichtsakten in den Eilverfahren sowie in den zugehörigen Klageverfahren verwiesen.
12
Die Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung der Klagen gegen den Bescheid vom 4. Januar 2023 wiederherzustellen bzw. anzuordnen, sind zulässig. Die Anträge, die aufschiebende Wirkung der Klagen hinsichtlich Ziffer 7 des Bescheides anzuordnen, sind begründet. Im Übrigen sind die Anträge nicht begründet und daher abzulehnen.
13
1. Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den unter Ziffer 1 des Bescheides verfügten Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis anzuordnen (der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage „wiederherzustellen“ wird insoweit gem. § 88 VwGO ausgelegt), ist gem. § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alt. VwGO statthaft, da der Widerruf von Erlaubnissen nach dem Waffengesetz gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 45 Abs. 5 WaffG sofort vollziehbar ist. Gleiches gilt für die Zwangsgeldandrohung unter Ziffer 7 (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V.m. Art. 21a VwZVG) und die Erhebung der Bescheidsgebühr unter der Ziffer 8 (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Im Hinblick auf die in Ziffern 2 bis 4 angeordnete Unbrauchbarmachung oder Überlassung der Waffen und Munition an einen Berechtigten, die Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheines sowie die Rückgabeverpflichtung der waffenrechtlichen Erlaubnis sind die Anträge nach § 80 Abs. 5 Satz 1 2. Alt. VwGO statthaft, weil das Landratsamt insoweit die sofortige Vollziehbarkeit angeordnet hat (§ 80 Abs. 4 VwGO).
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2. Die zulässigen Anträge sind überwiegend nicht begründet. Lediglich die Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klagen bzgl. der Zwangsgeldandrohung haben Erfolg.
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Entfaltet ein Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung gem. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO anordnen bzw. wiederherstellen. Bei der vom Gericht im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu treffenden Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs kann das Verwaltungsgericht neben einer etwaigen gesetzlichen Wertung (vgl. § 45 Abs. 5 WaffG) und der Bewertung eintretender Folgen für den Fall der Anordnung und den Fall der Nichtanordnung der aufschiebenden Wirkung für den Betroffenen und für das öffentliche Interesse auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens berücksichtigen. Ergibt die Prüfung der Erfolgsaussichten, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Sind die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren als offen anzusehen, findet eine reine Interessenabwägung statt.
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In Anwendung dieser Grundsätze ist im vorliegenden Fall dem öffentlichen Interesse an der Durchsetzung des streitgegenständlichen Bescheides der Vorrang gegenüber dem privaten Interesse des Antragstellers, vorläufig von Vollzugsmaßnahmen verschont zu bleiben, einzuräumen. Der Bescheid vom 4. Januar 2023 erweist sich bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung überwiegend als rechtmäßig.
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2.1. Der unter Ziffer 1 verfügte Widerruf der Waffenbesitzkarte des Antragstellers ist aller Voraussicht nach rechtlich nicht zu beanstanden.
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Rechtsgrundlage für den Widerruf ist § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Danach sind Erlaubnisse nach dem Waffengesetz, hier der Waffenbesitzkarte, zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Eine waffenrechtliche Erlaubnis ist gem. § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 5 WaffG u.a. dann zu versagen, wenn der Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Gem. § 5 Abs. 1 Nr. 2b WaffG besitzen die erforderliche Zuverlässigkeit Personen nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden.
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Diese Widerrufsvoraussetzung ist im Fall des Antragstellers nach summarischer Prüfung erfüllt. Die Kammer schließt sich der Auffassung des Antragsgegners an, dass der auf § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG gestützte Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis rechtmäßig ist und der Antragsteller die für eine waffenrechtliche Erlaubnis erforderliche Zuverlässigkeit gem. § 5 Abs. 1 Nr. 2b WaffG nicht besitzt. Der Antragsteller hat gegen die Waffenaufbewahrungsvorschriften verstoßen, indem er Waffen sowie Munition jedenfalls am 17. August 2022 nicht ordnungsgemäß verwahrt hat.
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Gem. § 36 Abs. 1 WaffG hat derjenige, der Waffen oder Munition besitzt, die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass diese Gegenstände abhandenkommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen. Gem. § 13 Abs. 1 der Allgemeinen Waffengesetz-Verordnung (AWaffV) sind Schusswaffen, deren Erwerb und Besitz erlaubnispflichtig sind, ungeladen und in einem Behältnis aufzubewahren, dass mindestens der Norm DIN/EN 1143-1 mit dem in Absatz 2 geregelten Widerstandsgrad und Gewicht entspricht. Die Aufbewahrungsvorschriften für Munition finden sich in § 13 Abs. 2 AWaffV. Diese ist mindestens in einem verschlossenen Behältnis bzw. einem Stahlblech- oder Sicherheitsbehältnis aufzubewahren.
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Dieser Pflicht ist der Antragsteller nicht nachgekommen, in dem er in seiner Wohnung Waffen sowie Munition frei zugänglich und nicht in entsprechenden Behältnissen aufbewahrt hat. Der Antragsteller hat damit in mehrfacher Hinsicht gegen die Verpflichtung verstoßen, erforderliche Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass Waffen oder Munition unbefugt an Dritte gelangen. Dass die Ehefrau des Antragstellers die Waffen inkl. Munition gegebenenfalls nicht bemerkt hat und sich das Risiko, dass ein unbefugter Dritter diese oder Munition tatsächlich an sich nimmt, nicht realisiert hat, ist für den Verstoß gegen die Waffenaufbewahrungspflicht irrrelevant, da es hier auf das Verhalten des Waffenerlaubnisinhabers ankommt. Jeder Verstoß gegen die Aufbewahrungsvorschriften berührt zugleich die Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit, jedenfalls im Sinn einer abstrakten Gefährdung (vgl. BayVGH, B.v. 24.02.2016 – 21 ZB 15.1949 – juris Rn. 20; B.v. 9.1.2008 – 21 C 07.3232 juris Rn. 6). Im Rahmen der Prüfung und Wartung einer Waffe ist zudem zu fordern, dass jeweils nur diejenige Waffe aus dem Sicherheitsbehältnis entnommen wird, die gereinigt oder überholt werden soll (vgl. VG Köln, U.v. 29.4.2010 – 20 K 7833/08 Rn. 25) und sich die Waffe auch nur für die Dauer der Funktionsprüfung außerhalb der sicheren Aufbewahrung befindet. Beides hat der Antragsteller nicht beachtet. Für eine Lagerung mehrerer Waffen inkl. Munition über einen langen Zeitraum, hier jedenfalls ca. 12 Stunden, außerhalb des Waffenschrankes bestand keinerlei objektive Notwendigkeit.
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Die vorliegenden mehrfachen Verstöße gegen § 36 Abs. 1 WaffG rechtfertigen die Annahme, dass der Antragsteller auch künftig mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren wird (§ 5 Abs. 1 Nr. 2b WaffG). Die diesbezüglich anzustellende Prognose hat sich an dem Zweck zu orientieren, die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz ohnehin verbunden sind, nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen. Dieses Vertrauen kann einer Person nicht (mehr) entgegengebracht werden, wenn sie eine waffenrechtliche Verpflichtung missachtet, die einem vordringlichen und wesentlichen Ziel des Waffengesetzes dient (vgl. BVerwG, U.v. 22.10.2014 – 6 C 30.13 – NJW 2015, 1127). An die in § 5 Abs. 1 Nr. 2b WaffG geforderte Prognose dürfen keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. Es bedarf nicht des Nachweises, dass der Betroffene mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen in § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG normierten Unzuverlässigkeitstatbestand verwirklichen wird. Ausreichend ist vielmehr, dass eine hinreichende Wahrscheinlichkeit hierfür besteht. Die Prognose der Unzuverlässigkeit ist bei Berücksichtigung des strikt präventiven, auf die Umsetzung grundrechtlicher Schutzpflichten gerichteten Regelungskonzepts des Waffengesetzes nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Tatsachen, auf die sie gestützt ist, nach aller Lebenserfahrung kein plausibles Risiko dafür begründen, dass die in Rede stehende Person künftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG begehen wird (vgl. BVerwG, U. v. 28.1.2015 – 6 C 1.14 – juris Rn. 17).
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Dies ist bei den vorgenannten und gleich mehrfach festgestellten, schwerwiegenden Verstößen gegen § 36 Abs. 1 WaffG, der gewährleisten soll, dass Waffen nicht an Unberechtigte gelangen, nicht der Fall. Die Pflichtverletzung des Antragstellers wiegt so schwer, dass sie auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit die Prognose rechtfertigt, er werde auch künftig mit Waffen nicht vorsichtig umgehen. Indem der Antragsteller gleich mehrfach sowohl Waffen als auch Munition frei zugänglich in seiner Wohnung aufbewahrt hat, hat er gezeigt, dass er die im Waffenrecht erforderliche Sorgfalt nicht besitzt. Er hat mit dem sorglosen Umgang mit Schusswaffen und Munition Tatsachen geschaffen, die nach aller Lebenserfahrung ein plausibles Risiko dafür begründen, dass er auch künftig eine Verhaltensweise im Sinn des § 5 Abs. 1 Nr. 2b WaffG an den Tag legen wird. Entgegen der Ausführungen des Antragstellers handelte es sich auch nicht lediglich um einen einzelnen Verstoß bzgl. des Revolvers Smith & Wesson im Rahmen einer nicht abgeschlossenen, nächtlichen Funktionsprüfung, sondern um mehrfache Verstöße bzgl. Waffen und auch Munition, die gleich an unterschiedlichen Stellen in der Wohnung nicht ordnungsgemäß gelagert waren, da sie sich teils außerhalb des Waffenschranks befanden, teilweise zwar innerhalb des Waffenschranks, in dessen Schloss jedoch der Schlüssel steckte, sodass die Tür durch bloßes Aufziehen zu öffnen war. Unterstrichen wird der fahrlässige Umgang des Antragstellers dadurch, dass er offenbar davon ausgegangen ist, zulässigerweise sein Wohnhaus mit teils völlig offen herumliegender Munition und frei zugänglichen Waffen verlassen zu dürfen. Nach alledem ist auch weder von einem einmaligen Verstoß im Rahmen einer Sondersituation oder einem bloßen Bagatellverstoß auszugehen. Im Übrigen bestehen nach der Rechtsprechung die Gefahren, die mit einer für Nichtberechtigte zugänglichen Verwahrung von Schusswaffen und Munition verbunden sind, nicht nur bei einer nicht sorgfältigen Verwahrung auf Dauer. Bereits eine nur äußerst kurzfristige Nachlässigkeit im Umgang mit Schusswaffen kann genügen, um diese Gegenstände in die Hände Nichtberechtigter gelangen zu lassen (vgl. VGH BW, B.v. 3.8.2011 – 1 S 1391/11 – juris Rn. 4 und 6, BayVGH, B.v. 24.02.2016 – 21 ZB 15.1949 – juris Rn. 20; BayVGH, B.v. 27.7.2018 – 21 CS 17.2506 – juris; VG München, B.v. 25.11.2019 – M 7 S 19.4360 – juris).
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Vor diesem Hintergrund war entgegen der Ausführungen des Antragstellers eine günstige Prognose auch nicht deshalb veranlasst, weil der Antragsteller in seinen Geschäftsräumen seine Waffen ordnungsgemäß verwahrte, sich bislang nichts zuschulden hat kommen lassen, die Strafverfolgung wegen der waffenrechtlichen Verstöße gegen Geldauflage eingestellt wurde und der Antragsteller als Greifvogelzüchter in besonderem Maße auf waffenrechtliche Erlaubnisse angewiesen sein soll. Dieses und auch das weitere Vorbringen des Antragstellers, mit dem er sein im Übrigen tadelloses und verantwortungsbewusstes Verhalten darzutun versucht, war nicht geeignet, um von einer günstigen Prognose i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 2b WaffG auszugehen. Gleiches gilt für den Hinweis auf die lange unbeanstandete Zeit als Jäger und Falkner. Dem Antragsteller hätten seine waffenrechtlichen Aufbewahrungspflichten in Anbetracht seiner langjährigen Erfahrung und seiner beruflichen Befassung mit Waffen umso präsenter sein müssen und ihm angesichts der vorgetragenen Bedeutung der waffenrechtlichen bzw. jagdrechtlichen Erlaubnisse daran gelegen sein müssen, sich nichts zuschulden kommen zu lassen. Die vom Antragsteller gleich mehrfach missachtete Sorgfalt im Zusammenhang mit der Aufbewahrung von Waffen und Munition zeigt vielmehr seine sorglose Fehleinstellung im Umgang mit Waffen und Munition. Es liegt auch kein außergewöhnlich langer Zeitraum zwischen der Anhörung bzw. dem zugrundeliegenden Verstoß und dem Bescheidserlass, der die Prognose zu Gunsten des Antragstellers beeinflussen könnte (vgl. BayVGH, B.v. 25.10.2017 – 21 CS 17.1077 – juris Rn. 13).
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2.2 Rechtsgrundlage für die dem Antragsteller in Ziffer 2 des Bescheides aufgegebene Verpflichtung, seine in der Waffenbesitzkarte aufgeführten Schusswaffen und Munition bis zum 17. Februar 2023 Berechtigten zu überlassen oder unbrauchbar zu machen und dem Landratsamt entsprechende Nachweise vorzulegen, ist § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG, dessen Voraussetzungen vorliegend erfüllt sind. Soweit der Antragsteller der Auffassung ist, die Anordnung ginge hinsichtlich der bereits sichergestellten Schusswaffen ins Leere, ist dem nicht zu folgen, da die Sicherstellung der Waffen im Rahmen der Wohnungsdurchsuchung durch die Polizei polizeilicher Natur gewesen ist und es zur Herstellung rechtmäßiger Besitzverhältnisse auf Dauer der ergänzenden Verfügung des Landratsamtes als Waffenbehörde bedarf (vgl. auch Ziff. 6 des Bescheides auf der Grundlage von § 46 Abs. 2 Satz 2 WaffG). Zudem wird mit der Verfügung dem Antragsteller die Möglichkeit gegeben, die Waffen und Munition auch einem Berechtigten zu übergeben und dies dem Landratsamt entsprechend nachzuweisen. Ermessensfehler im Rahmen der Kann-Vorschrift des § 46 Abs. 2 WaffG sind nicht ersichtlich.
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2.3 Die Anordnung bzgl. der Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheines beruht auf § 18 Satz 1, § 17 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BJagdG. Gem. § 18 Satz 1 BJagdG ist die Behörde, wenn Tatsachen, welche die Versagung des Jagdscheines begründen, erst nach Erteilung des Jagdscheines eintreten oder der Behörde, die den Jagdschein erteilt hat, bekannt werden, in den Fällen des § 17 Abs. 1 BJagdG verpflichtet, den Jagdschein für ungültig zu erklären und einzuziehen. Zu den Fällen des § 17 Abs. 1 BJagdG zählt gemäß dessen Nr. 2 auch die fehlende Zuverlässigkeit, die beim Antragsteller aufgrund der vorstehend beschriebenen Verstöße gegen die Waffenaufbewahrungspflicht gegeben ist.
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2.4 Die in Ziffer 4 des Bescheides getroffene Anordnung des Landratsamtes zur Rückgabe der Waffenbesitzkarte war obsolet, da das Landratsamt nach der im Eilverfahren unbestritten gebliebenen Aussage des Antragstellers bereits im Besitz der Waffenbesitzkarte des Antragstellers ist. Zudem folgt die Rückgabeverpflichtung unmittelbar aus § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG selbst (vgl. Adolph, Waffenrecht § 46 Rn. 11), sodass die diesbzgl. Anordnung des Landratsamtes rein deklaratorischer Natur ist. Sie hat für den Antragsteller, der sich gegen die Erfüllbarkeit der Anordnung wendet, damit keinerlei regelnden Charakter oder eine – von der darauf beruhenden Zwangsgeldandrohung abgesehene (siehe hierzu im Folgenden Ziffer 2.6) – eigene Beschwer. Die Aufforderung an den Antragsteller, den Jagdschein bis zum 17. Februar 2023 an das Landratsamt zurück zu geben, hat ihre Rechtsgrundlage in § 18 Satz 1 BJagdG. Die Verpflichtung der Behörde zur Einziehung des Jagdscheines schließt die Ermächtigung zur Anordnung der Rückgabe ein (vgl. VG Münster, B.v. 5.3.2010 – 1 L 106/10 – juris Rn. 20).
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2.5 Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffern 2 bis 4 des Bescheides hat das Landratsamt gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO zutreffend schriftlich begründet. Der Antragsteller sollte nach dem im Bescheid genannten Termin nicht länger in Besitz von Waffen, Munition sowie des Jagdscheines sein, um das damit verbundene erhebliche Sicherheitsrisiko möglichst gering zu halten.
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2.6 Hinsichtlich der in Ziffer 7 verfügten, sofort vollziehbaren Androhung eines Zwangsgeldes für den Fall der Nichterfüllung der in Ziffer 4 des Bescheides angeordneten Pflicht zur Rückgabe der Waffenbesitzkarte und des Jagdscheines wird die Anfechtungsklage voraussichtlich Erfolg haben, sodass die aufschiebende Wirkung der Klagen insoweit anzuordnen war. Gem. Art. 31 Abs. 1 VwZVG kann die Vollstreckungsbehörde den Pflichtigen durch ein Zwangsgeld zur Erfüllung anhalten, wenn die Pflicht zu einer Handlung, einer Duldung oder einer Unterlassung nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit erfüllt wird. Da den Antragsteller voraussichtlich keine Pflicht zur Rückgabe der Waffenbesitzkarte mehr trifft, fehlt es bereits an einer Handlungspflicht, die mit einem Zwangsmittel durchgesetzt werden soll. Zudem hätte gem. Art. 36 Abs. 3 Satz 1 VwZVG keine einheitliche Zwangsmittelandrohung in Höhe von 500,00 EUR für die Nichterfüllung der Rückgabepflichten ergehen dürfen. Bei mehreren gebotenen selbständigen Handlungen, Duldungen oder Unterlassungen, in denen Zwangsgeld durchgesetzt werden soll, ist grundsätzlich für jede Maßnahme ein bezifferter Betrag anzugeben (vgl. Giehl, VwZVG, Art. 31 II. 1). Die Androhung eines einheitlichen Zwangsgeldes ist aus Bestimmtheitsgründen dann rechtswidrig, wenn der Adressat der Verfügung mit diesem Mittel zur Erfüllung von mehreren selbständigen Unterlassungen oder Duldungen angehalten werden soll, ohne dass sich aus der Verfügung ergibt, welche Folgen sich aus der Nichterfüllung des einzelnen Gebotes für den Betroffenen ergeben. Dies ist vorliegend der Fall. Aus Ziffer 7 geht nicht hervor, welches Zwangsmittel den Antragsteller für die Nichterfüllung nur jeweils der Abgabe der Waffenbesitzkarte oder des Jagdscheines trifft. Eine Auslegung der Zwangsmittelandrohung dahingehend, dass das Zwangsgeld in voller Höhe auch dann fällig werden soll, wenn nur eine der beiden Verpflichtungen nicht erfüllt wird, scheidet aus, da die beiden Abgabeverpflichtungen nicht im Sinne einer einheitlichen Verpflichtung in engem rechtlichen oder tatsächlichen Zusammenhang stehen und dies voraussichtlich auch nicht angemessen wäre (vgl. BayVGH, B.v. 7.11.2002 – 22 CS 02.2577 –, juris Rn. 14).
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3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Vorliegend entspricht es billigem Ermessen, die Kosten zwischen den Parteien in einem Verhältnis von 5/6 zu 1/6 zu teilen, da der Antragsteller hinsichtlich Ziffer 7 des Bescheides zwar teilweise obsiegt, allerdings mit seinen übrigen (Haupt-)forderungen unterliegt.
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4. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5, 20.3 und 50.2 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Danach sind wegen des Entzugs des Jagdscheines 8.000,00 EUR, für den Widerruf der Waffenbesitzkarte einschließlich einer Waffe der Auffangstreitwert (5.000,00 EUR) zzgl. 750,00 EUR für jede weitere Waffe (hier 5) anzusetzen. Die sich daraus ergebenden Streitwerte sind in dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren (Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs).