Inhalt

VG Regensburg, Beschluss v. 31.01.2023 – RN 4 S 23.92
Titel:

Bescheid, Waffenbesitzkarte, Waffen, Gerichtsvollzieher, Landratsamt, Widerruf, Ermessen, Antragsteller, Haftung, Verwaltungsakt, Anfechtungsklage, Frist, Widerspruch, Anordnung, Bundesrepublik Deutschland, aufschiebende Wirkung, waffenrechtliche Erlaubnis

Schlagworte:
Bescheid, Waffenbesitzkarte, Waffen, Gerichtsvollzieher, Landratsamt, Widerruf, Ermessen, Antragsteller, Haftung, Verwaltungsakt, Anfechtungsklage, Frist, Widerspruch, Anordnung, Bundesrepublik Deutschland, aufschiebende Wirkung, waffenrechtliche Erlaubnis
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 20.04.2023 – 24 CS 23.295
Fundstelle:
BeckRS 2023, 10162

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage wird hinsichtlich Nr. 6 des Bescheids vom 20.12.2022 angeordnet, soweit sich diese auf die in den Waffenbesitzkarten eingetragenen Waffen bzw. Teile von Schusswaffen bezieht. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
III. Der Streitwert wird auf 11.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen waffen- und jagdrechtliche Anordnungen.
2
Der 1962 geborene Antragsteller ist Inhaber der vom Landratsamt N. am 28.9.2012 ausgestellten Waffenbesitzkarte Nr. …1, in die insgesamt sieben Waffen eingetragen sind, der vom Landratsamt K. am 20.4.2021 ausgestellten Waffenbesitzkarte Nr. …2, in welche eine Waffe und ein Schalldämpfer eingetragen sind, des am 6.3.2020 vom Landratsamt K. ausgestellten Europäischen Feuerwaffenpasses Nr. …3, gültig bis 5.3.2025 sowie des zuletzt am 9.2.2021 durch das Landratsamt K. verlängerten Jagdscheins Nr. …4, gültig bis 31.3.2024.
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Im Rahmen der Vollstreckung einer offenen Forderung der Landesjustizkasse Bamberg in Höhe von 255,50 € sandte der Antragsteller ein Schreiben vom 13.5.2022 an den zuständigen Gerichtsvollzieher S., welches als Absender die Angaben enthielt:
„… [ …] Mensch mit Natürlicher Person entsprechend § 1 des staatlichen BGB, Stand 1896
P. [ …] …*) R.“.
4
Als Adressat war angegeben:
„Persönlich Gerichtsvollzieher
F.
D.
… K.“
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Im Schreiben selbst mit dem Betreff „AKZEPTANZ“ war u. a. ausgeführt:
„Ein Einspruch oder Widerspruch liegt nicht vor; Ihr Angebot wird unter folgenden Voraussetzungen anerkannt:
a) Sie erbringen Ihre amtliche Legitimation. Sie weisen darin in notariell beglaubigter Form nach, wofür, wie, wodurch und von wem Sie Rechte zur Vornahme hoheitlicher Handlungen übertragen bekommen haben. Gleichzeitig weisen Sie nach, auf welchen Staat Sie vereidigt worden sind.
b) Sie erbringen eine notarielle Beglaubigung der Gründungsurkunde des Staates, auf den Sie Ihre Vereidigung begründen.
c) Sie erbringen eine notarielle Beglaubigung der Gründungsurkunde des Bundeslandes, sowie des Regierungspräsidiums der Stadt, auf den Sie Ihre Vereidigung begründen.
Ihnen wird hiermit Gelegenheit, dieses innerhalb einer angemessenen Frist von 21 Tagen unter Eid und unter unbeschränkter Haftung zu erbringen. … Sollte dies nicht erfolgen, wird davon ausgegangen, dass Sie selbst privat- und vertragsrechtlich und Ihre Firma etc. nach Firmen- und Vertragsrecht als Unternehmen (Seerecht/Handelsrecht/UCC/HGB) handeln und arbeiten oder für solche im Auftrag handeln, dass Sie oder übergeordnete Entitäten in internationalen Verzeichnissen als solche und damit gewerblich gelistet sind.“
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Für den Fall, dass der Gerichtsvollzieher „die geforderten Beweise“ innerhalb der Frist nicht erbringe oder widerlege, wurden ihm als Konsequenzen angedroht:
„a) als Ihre unwiderrufliche und absolute Zustimmung zu einem privaten, kommerziellen Pfandrecht in Höhe von 255,50 € …, Person gemäß staatlichen BGB § 1 vom 18. August 1896 Ihnen persönlich gegenüber als auch Ihrer „Behörde“/“Amt“/“Service“ etc. in Höhe von 255,50 € (Haftung gem. BGB § 823).
b) …“
7
Außerdem wurde Folgendes erklärt:
„Kann der oben genannte Nachweis von Ihnen nicht innerhalb der oben genannten Frist erbracht werden, zeigen Sie damit an, dass es zwischen den bezeichneten „Ämtern“, „Behörden“ und „Gerichten“ und …, Person gemäß staatlichem BGB § 1 vom 18. August 1896, keine öffentlich-rechtliche Vertragsbasis gibt, auf der eine gesetzliche und/oder staatliche Forderung begründen ließe. Ebenso fehlt eine Vertragsbasis zwischen dem jeweiligen Mitarbeiter solcher „Ämter“, „Behörden“ etc. und …, Person gemäß staatlichem BGB § 1 vom 18. August 1896.
Alle Verträge, die eventuell versehentlich und unter Täuschung im Rechtsverkehr Ihrerseits durch konkludentes Handeln der Person … in der Vergangenheit zustande gekommen sind, z. B. durch Annahme von Steuernummern oder Akten- und Geschäftszeichen, Beitragskonten, werden hiermit ausdrücklich widerrufen und gekündigt. Es wird vorsorglich auf BGB § 119 des staatlichen BGB vom 18. August 1896 geltend gemacht.“
8
Der Brief ist unterschrieben mit:
„ …: a. d. H. [ … without prejudice UCC 1 bis 308
alle Rechte vorbehalten.“
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Aufgrund dieses Schreibens wurde durch die Kriminalpolizeiinspektion (KPI) L. gegen den Antragsteller ein Strafverfahren wegen Nötigung eingeleitet.
10
Mit Schreiben vom 26.10.2022 teilte die KPI (Z) Niederbayern dem Landratsamt K. Erkenntnisse im Zusammenhang mit der Zugehörigkeit zur Reichsbürgerbewegung hinsichtlich des Antragstellers mit und ersuchte gleichzeitig um Prüfung eines Waffenverbots für den Einzelfall sowie um Überprüfung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit. Im Schreiben wurde auf das Schreiben des Antragstellers vom 13.5.2022 an den Gerichtsvollzieher S. sowie auf ein weiteres, inhaltlich identisches Schreiben des Antragstellers vom 23.5.2022 an das Finanzamt K. Bezug genommen. In diesem Schreiben sei lediglich die Höhe des privaten und kommerziellen Pfandrechts auf 3.556,09 € erhöht worden. Hintergrund seien offene Steuerrückstände, da der Antragsteller seinen steuerlichen Pflichten nicht nachkomme.
11
Mit Schreiben vom 7.11.2022 wies das Landratsamt K. den Antragsteller auf die gegen ihn vorliegenden Erkenntnisse hin und hörte ihn zum beabsichtigten Widerruf sämtlicher waffenrechtlicher Erlaubnisse, der Einziehung des Jagdscheines und zum Erlass eines Waffenbesitzverbotes an.
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Der Antragsteller bat hierauf um Akteneinsicht, welche ihm erteilt wurde. Eine weitere Rückäußerung des Antragstellers erfolgte nicht.
13
Unter dem 20.12.2022 erließ das Landratsamt K. gegenüber dem Antragsteller einen Bescheid, mit welchem der ausgestellte Jagdschein ab Zustellung des Bescheids für ungültig erklärt und eingezogen wurde (Nr. 1) und die ihm erteilten waffenrechtlichen Erlaubnisse in Form der ausgestellten Waffenbesitzkarten mit den Nrn. …1 und …2 und des Europäischen Feuerwaffenpasses mit der Nr. …3, gültig bis 5.3.2025 ab Zustellung dieses Bescheids widerrufen wurden (Nr. 2). Gleichzeitig wurde dem Antragsteller nach Ablauf von vier Wochen ab Zustellung des Bescheids der Erwerb und Besitz von erlaubnisfreien Waffen und erlaubnisfreier Munition, sowie der Besitz von Waffen und Munition, deren Erwerb der Erlaubnis bedarf, untersagt (Nr. 3). Der Antragsteller wurde aufgefordert, den Jagdschein (Nr. 4) sowie die Waffenbesitzkarten Nr. …1 und …2 sowie den Europäischen Feuerwaffenpass Nr. …3 (Nr. 5) dem Landratsamt K. spätestens nach vier Wochen ab Zustellung des Bescheids zurückzugeben. Weiter wurde der Antragsteller verpflichtet, innerhalb von vier Wochen ab Zustellung des Bescheids die in seinen Waffenbesitzkarten eingetragenen Waffen bzw. Teile von Schusswaffen, welche im Einzelnen bezeichnet wurden, an einen Berechtigten zu überlassen und die vorhandene erlaubnispflichtige Munition dauerhaft unbrauchbar zu machen oder einem Berechtigten zu überlassen und dies dem Landratsamt K. spätestens nach vier Wochen ab der Zustellung des Bescheids nachzuweisen. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist von vier Wochen ab Zustellung des Bescheids würden Waffen und Munition vom Landratsamt K. sichergestellt werden (Nr. 6). Unter Nr. 7 wurde die sofortige Vollziehung der Nr. 1 und 3 bis 6 des Bescheids angeordnet und darauf hingewiesen, dass der Widerruf unter Nr. 2 kraft Gesetzes sofort vollziehbar sei. Für den Fall, dass der Antragsteller die unter Nr. 4 und 5 genannten Verpflichtungen nicht fristgerecht erfülle, wurde für die Nichtrückgabe des Jagdscheins ein Zwangsgeld in Höhe von 250,- € sowie für die Nichtrückgabe der Waffenbesitzkarten sowie des Europäischen Feuerwaffenpasses ein Zwangsgeld in Höhe von 250,- € je waffenrechtlicher Erlaubnisurkunde zur Zahlung angedroht (Nr. 8). Dem Antragsteller wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt, wobei für die Anordnungen Gebühren von insgesamt 600,00 € und Auslagen von 3,45 € errechnet wurden.
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In den Gründen stützte sich das Landratsamt K. hinsichtlich der Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins in Nr. 1 auf § 18 Satz 1 Bundesjagdgesetz (BJagdG) sowie auf § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BJagdG. Der Antragsteller sei mit Schreiben der KPI (Z) Niederbayern als Reichsbürger eingestuft worden. In seinen Schreiben vom 13.5.2022 bzw. 23.5.2022 an einen Gerichtsvollzieher bzw. das Finanzamt K., in welchen er u. a. eine notarielle Beglaubigung der Gründungsurkunde des Staates und des Bundeslandes fordere, welcher bzw. welches diese ernannt oder vereidigt habe, komme zum Ausdruck, dass der Antragsteller die Existenz der Bundesrepublik Deutschland offensichtlich anzweifle. Er negiere die Legitimation der Bundesrepublik Deutschland, Gesetze mit auch für ihn bindender Wirkung zu erlassen. Zur Rechtsordnung zählten auch das Bundesjagdgesetz und das Waffengesetz. Wer Bundes- und Landesgesetze generell nicht als für sich verbindlich anerkenne und sich deshalb auch nicht verpflichtet sehe, die darin enthaltenen Vorschriften im Einzelnen jederzeit zu beachten, gebe Anlass zur Befürchtung, dass er auch die Regelungen des Jagdgesetzes und des Waffengesetzes nicht strikt befolgen werde. Ihm müsse daher die erforderliche Zuverlässigkeit abgesprochen werden.
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Den Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis stützte das Landratsamt auf § 45 Abs. 2 Satz 1 Waffengesetz (WaffG). Der Antragsteller besitze die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG nicht. Insoweit verwies das Landratsamt auf § 5 Abs. 1 Nr. 2 b und c WaffG.
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Das Waffenbesitzverbot begründete das Landratsamt mit § 41 Abs. 1 Nr. 1 WaffG. Im Hinblick auf die Verhütung von Gefahren für die Sicherheit sei ein stets sorgsamer und verantwortungsbewusster Umgang mit Waffen unabdingbar. Die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz zwangsläufig verbunden seien, könnten bei Personen, die kein Vertrauen darin verdienten, dass sie mit Waffen und Munition sorgsam umgingen, nicht hingenommen werden. Der Antragsteller erkenne die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland nicht an und verdiene kein Vertrauen dahingehend, dass er mit Waffen und Munition sorgsam umgehen werde. Zur Verhütung von Gefahren für die Sicherheit sei daher ein Verbot des Erwerbes und Besitzes erlaubnisfreier Waffen und Munition geboten. Gleiches gelte gemäß § 41 Abs. 2 WaffG hinsichtlich erlaubnispflichtiger Waffen und Munition. Das Waffenverbot für erlaubnisfreie und erlaubnispflichtige Waffen werde nach pflichtgemäßem Ermessen erlassen. Es sei zur Erreichung des Zieles, Gefahren für die Sicherheit zu verhüten, geeignet. Es sei auch erforderlich, um zu verhindern, dass der Antragsteller mit Waffen und Munition rechtmäßig umgehen könne. Es sei angemessen und die Anwendung eines milderen Mittels sei nicht ersichtlich.
17
Hinsichtlich der Rückgabeverpflichtungen in Nr. 4 und 5 zog das Landratsamt Art. 52 Satz 1 und 2 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) heran. Auch diese Anordnung erfolge nach pflichtgemäßem Ermessen. Ein milderes Mittel sei nicht ersichtlich.
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Zur Anordnung unter Nr. 6 verwies das Landratsamt auf § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Zwar bestehe nach dem Wortlaut dieser Vorschriften ein Wahlrecht des Betroffenen, die Waffen oder Munition dauerhaft unbrauchbar zu machen oder diese einem Berechtigten zu überlassen, jedoch komme im Hinblick auf das angeordnete Waffenbesitzverbot, welches auch für unbrauchbar gemachte Waffen gelte, hinsichtlich der Waffen die erste Alternative nicht in Betracht. Auch diese Anordnung werde nach pflichtgemäßem Ermessen erlassen.
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Die Anordnung der sofortigen Vollziehung in Nr. 7 des Bescheids stützte das Landratsamt darauf, dass bei Abwägung des Interesses des Antragstellers an einer abschließenden Klärung der Rechtmäßigkeit der Anordnungen und der Notwendigkeit der Maßnahmen zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit das Interesse des Antragstellers zurückstehen müsse. Der Antragsteller sei jagd- und waffenrechtlich unzuverlässig. Mit der Zielsetzung des Jagd- und Waffenrechts sei es nicht vereinbar, wenn Personen, deren jagd- und waffenrechtliche Zuverlässigkeit in Zweifel stehe, bis zum Abschluss eines unter Umständen Jahre dauernden Rechtsstreits in Deutschland auf die Jagd gehen sowie Waffen und Munition erwerben und besitzen dürften. Das damit verbleibende Risiko eines unzuverlässigen Umgangs mit auch tödlichen Waffen und den daraus resultierenden Folgen für Leib und Leben Dritter wögen höher als die Freiheit, auf die Jagd zu gehen und Waffen und Munition erwerben und besitzen zu dürfen. Der Antragsteller sei nach Aktenlage der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zugehörig bzw. habe sich deren Ideologie zu eigen gemacht. Verbindendes Element dieser Reichsbürgerbewegung sei die Ablehnung der Legitimität und Souveränität der Bundesrepublik Deutschland sowie deren bestehender Rechtsordnung. Nach dem Verfassungsschutzbericht sei die Reichsbürgerideologie geeignet, Personen in ein geschlossenes, verschwörungstheoretisches Weltbild zu verstricken, in dem aus Staatsverdrossenheit Staatshass werden könne. Dies könne wiederum Grundlage für eine Radikalisierung sein bis hin zur Gewaltanwendung. Aus Gründen der Gefahrenabwehr und der Gefahr für überragende Rechtsgüter überwiege daher das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Anordnungen.
20
Zur Anordnung des Zwangsgelds unter Nr. 8 bezog sich das Landratsamt auf Art. 19, 29, 30, 31 und 36 des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG).
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Zur Kostenentscheidung zog das Landratsamt Art. 1, 2, 6 und 10 des Kostengesetzes (KG) i. V. m. den entsprechenden Tarifnummern des Kostenverzeichnisses (KVz) heran.
22
Gegen diesen Bescheid, welcher ihm am 23.12.2022 zugestellt wurde, hat der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten am 11.1.2023 Klage erhoben.
23
Mit weiterem Schriftsatz seines Bevollmächtigten hat der Antragsteller am 19.1.2023 zudem um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.
24
Er trägt vor, dass der Bescheid des Antragsgegners vom 20.12.2022 bereits bei summarischer Prüfung rechtswidrig sei und den Antragsteller in seinen Rechten verletze. Der Bescheid beruhe darauf, dass dem Antragsteller vorgeworfen werde, ein sog. Reichsbürger zu sein. Dies sei völlig unzutreffend. Der Antragsteller sei weder Teil der sog. Reichsbürger-Szene noch sympathisiere er mit deren Ideen. Er lehne die Ideologie der sog. Reichsbürger ausdrücklich ab. Der Antragsteller bedauere es sehr, dass durch das streitgegenständliche „Akzeptanz-Schreiben“ ein falscher Eindruck entstanden sei. Die Vorlage für dieses Schreiben habe er von einem Bekannten erhalten und das Schreiben so übernommen, ohne näher darüber nachzudenken. Dies sei sein Fehler gewesen. Es tue ihm sehr leid und er distanziere sich ausdrücklich von diesem Schreiben. Er sei bereit, dem Gericht in einem Erörterungstermin diesbezüglich Rede und Antwort zu stehen. Der gesamte Familien- und Bekanntenkreis des Antragstellers könne bestätigen, dass der Antragsteller nicht mit den Gedanken der Reichsbürger-Bewegung sympathisiere. Hierzu wurden zwei eidesstattliche Erklärungen von Freundinnen des Antragstellers vorgelegt.
25
In der eidesstattlichen Versicherung der Frau M. ist Folgendes ausgeführt:
„Herr … ist kein Mitglied der Reichsbürger oder irgendeiner Reichsbürger-Bewegung. Ich kenne Herrn … seit vielen Jahren und er ist ein verantwortungsbewusster und rechtschaffender Jäger.“
26
Frau D. erklärt in ihrer eidesstattlichen Versicherung wörtlich:
„Herr … sympathisiert nicht mit der sog. Reichsbürger-Bewegung. Dies kann ich an Folgendem festmachen: Herr. hatte in meiner Gegenwart über der sog. Reichsbürger-Bewegung nie gesprochen, nicht mal ansatzweise angedeutet. Sehr hilfsbereiter und freundlicher Mann!“
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Der Antragsteller beantragt wörtlich,
die aufschiebende Wirkung der Klage vom 11.1.2023 bezüglich der Ziffern 1 sowie 3 bis 6 des Bescheids des Antragsgegners vom 20.12.2022 wiederherzustellen und bezüglich Ziffer 2 des Bescheids des Antragsgegners vom 20.12.2022 anzuordnen.
28
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
29
Er verweist darauf, dass die Ausführungen des Antragstellers in Widerspruch zu den Erkenntnissen der KPI (Z) Niederbayern und den Handlungen des Antragstellers stünden, der wiederholt sog. „Akzeptanz-Schreiben“ mit reichsbürgertypischem Inhalt verschickt habe. Anhaltspunkte, wonach die erfolgte Einstufung des Antragstellers als Reichsbürger fehlerhaft sei, seien nicht ersichtlich.
30
Für den Sachverhalt und das Vorbringen der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf die in elektronischer Form vorgelegte Behördenakte sowie die Gerichtsakte und die wechselseitigen Schriftsätzen. Die Akten im Verfahren … wurden beigezogen.
II.
31
1. Der zulässige Antrag ist nur im Umfang des Entscheidungssatzes begründet, überwiegend bleibt er ohne Erfolg.
32
Gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) haben Widerspruch und Klage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt allerdings nach § 80 Abs. 2 Satz 1 VwGO dann, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist (hier für die Nr. 2 des Bescheids gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 45 Abs. 5 WaffG oder die Behörde die sofortige Vollziehbarkeit eines Verwaltungsakts im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten besonders anordnet (hier für die Nr. 1 bis 3 und 6 des Bescheids). In diesen Fällen kann das Gericht nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung von Klage und Widerspruch anordnen (wenn diese aufgrund Gesetzes ausgeschlossen ist) oder wiederherstellen (wenn eine Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO vorliegt). Das Gericht trifft insoweit eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat dabei zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind vorrangig die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die gebotene summarische Prüfung, dass Rechtsbehelfe gegen den angefochtenen Bescheid keinen Erfolg versprechen, tritt das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung regelmäßig hinter das Vollziehungsinteresse zurück und der Antrag ist unbegründet. Erweist sich die erhobene Klage hingegen bei summarischer Prüfung als zulässig und begründet, dann besteht kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheids und dem Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist stattzugeben. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht ausreichend absehbar, muss das Gericht die widerstreitenden Interessen im Einzelnen abwägen. Die Begründetheit eines Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann sich daneben auch daraus ergeben, dass die behördliche Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtswidrig ist, weil sie den formellen Anforderungen nicht genügt.
33
Vor dem Hintergrund dieser Maßstäbe stellt sich der Antrag als weitgehend unbegründet dar. Zum einen genügt die Begründung des angeordneten Sofortvollzugs den formellen Anforderungen (dazu a)). Zum anderen ergibt die summarische Prüfung, dass die erhobene Klage in dem hier interessierenden Umfang in der Hauptsache voraussichtlich überwiegend erfolglos bleiben wird (dazu b)).
34
a) Die behördliche Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit genügt den formellen Anforderungen. Insbesondere ist dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO Genüge getan. Diese Begründungspflicht verlangt von der zuständigen Behörde, das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit eines Bescheids unter Bezugnahme auf die Umstände des konkreten Einzelfalls darzustellen (BayVGH, B.v. 14.2.2002 – 19 ZS 01.2356 – NVwZ-RR 2002, 646). § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO hat unter anderem eine Warnfunktion für die handelnde Behörde. Damit soll sichergestellt werden, dass sich die Behörde des Ausnahmecharakters ihrer Anordnung bewusst wird und die konkret betroffenen Interessen sorgsam prüft und abwägt (BayVGH, B.v. 3.5.2018 – 20 CS 17.1797 – juris Rn. 2). Nichtssagende, formelhafte Wendungen reichen deshalb nicht aus. Allerdings genügt dann, wenn immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen eine typische Interessenlage zugrunde liegt, dass die Behörde diese Interessenlage aufzeigt und deutlich macht, dass sie auch im vorliegenden Fall gegeben ist. Dies kommt insbesondere im Bereich des Sicherheitsrechts, zu dem auch der streitgegenständliche Bescheid gehört, in Betracht (BayVGH, B.v. 10.3.2008 – 11 CS 07.3453 – juris Rn. 16).
35
Gemessen an diesen Maßstäben ist die zu prüfende Begründung des Sofortvollzugs ausreichend. Der Antragsgegner hat sich in genügender Weise auf die hier widerstreitenden Interessen des betroffenen Antragstellers und das Vollzugsinteresse der Allgemeinheit bezogen und erläutert, warum er dem öffentlichen Interesse den Vorrang einräumt. Insbesondere hat die Behörde dargelegt, dass nicht hingenommen werden kann, dass der als waffen- und jagdrechtlich nicht als geeignet angesehene Antragsteller für die Dauer eines etwaigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens weiterhin auf die Jagd gehen bzw. Waffen oder Munition besitzen oder erwerben darf. Dies erachtet das Gericht als ausreichend. Ob diese Begründung auch in der Sache trägt, ist eine Frage des materiellen Rechts.
36
b) Bei summarischer Prüfung stellt sich die erhobene Klage in dem hier interessierenden Umfang als zulässig, aber nur im Umfang des Entscheidungssatzes als begründet dar. Im Übrigen ist der Bescheid vom 20.12.2022 rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies gilt für den in Nr. 2 erfolgten Widerruf der Waffenbesitzkarte (dazu aa)), die in Nr. 1 erfolgte Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins (dazu bb)), das Erwerbs- und Besitzverbot hinsichtlich erlaubnisfreier und erlaubnispflichtiger Waffen und Munition in Nr. 3 (dazu cc)), die Rückgabeverpflichtungen in Nr. 4 und 5 (dazu dd)). Demgegenüber wird die Klage bei summarischer Prüfung Erfolg haben, soweit die in Nr. 6 des Bescheids enthaltene Verpflichtung des Antragstellers, die in seinen Waffenbesitzkarten eingetragenen Waffen bzw. Teile von Schusswaffen an einen Berechtigten zu überlassen, betroffen ist. Soweit sie auf die Verpflichtung des Antragstellers gerichtet ist, die vorhandene erlaubnispflichtige Munition dauerhaft unbrauchbar zu machen oder einem Berechtigten zu überlassen und dies dem Landratsamt K. spätestens nach vier Wochen ab der Zustellung des Bescheids nachzuweisen, wird sie voraussichtlich ohne Erfolg bleiben (dazu ee).
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aa) Die Kammer geht nach der gebotenen summarischen Prüfung davon aus, dass der Widerruf der Waffenbesitzkarten und des Europäischen Feuerwaffenpasses in Nr. 2 zu Recht erfolgt ist. Die Maßnahmen in Nr. 2 stützen sich in zulässiger Weise auf § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Danach sind waffenrechtliche Erlaubnisse – vorliegend die Waffenbesitzkarten und der Europäische Feuerwaffenpass – zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten oder bekannt werden, die zur Versagung hätten führen müssen. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG setzt eine waffenrechtliche Erlaubnis unter anderem voraus, dass der Antragsteller die erforderliche Zuverlässigkeit gem. § 5 WaffG besitzt.
38
Die Anwendung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG setzt eine auf zutreffend ermittelte Tatsachen gestützte Prognose des zukünftig zu erwartenden Verhaltens des Betroffenen voraus (Gade, WaffG, 3. Aufl. 2022, § 5 Rn. 18). An die Prognose dürfen indes keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Denn das Zuverlässigkeitserfordernis dient dem Zweck, die mit jedem Waffenbesitz verbundenen Risiken nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten das uneingeschränkte Vertrauen verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen werden (vgl. BVerwG, U.v. 22.10.2014 – 6 C 30/13 – NJW 2015, 1127). Ein Restrisiko braucht folglich nicht hingenommen zu werden (BayVGH, B.v. 2.10.2013 – 21 CS 13.1564 – juris Rn. 10). Die behördliche Prognose der Unzuverlässigkeit ist in Anlegung dieses Maßstabs nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Tatsachen, auf die sie gestützt wird, nach aller Lebenserfahrung kein plausibles Risiko dafür begründen, dass die in Rede stehende Person künftig Verhaltensweisen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG begehen werde (vgl. BVerwG, U.v. 28.1.2015 – 6 C 1.14 – NJW 2015, 1594, 1596).
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Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs besitzen Personen, die der „Reichsbürgerbewegung“ zugehörig sind oder sich deren Ideologie als für sich verbindlich zu eigen gemacht haben, nicht die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit (vgl. BayVGH, B.v. 20.12.2021 – 24 ZB 20.1386 – juris Rn. 33). Bei einem Verhalten, das eine ideologische Nähe zur Reichsbürgerbewegung erkennen lässt, ist es Sache des Betroffenen, die berechtigten Zweifel an seiner waffenrechtlichen Zuverlässigkeit selbst zu entkräften (vgl. BayVGH, B.v. 26.5.2021 – 24 ZB 20.594 – juris Rn. 3).
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Die Szene der Reichsbürger und Selbstverwalter ist den Verfassungsschutzbehörden zufolge äußerst heterogen und besteht vorwiegend aus Einzelpersonen, aber auch aus Kleinst- und Kleingruppen, deren verbindendes Element die fundamentale Ablehnung der Legitimität und Souveränität der Bundesrepublik Deutschland (bzw. der Repräsentanten des Staates) und ihrer Rechtsordnung ist, wobei viele Angehörige der Bewegung die Bezeichnung „Reichsbürger“ oder „Selbstverwalter“ für sich selbst ablehnen (dazu und im Folgenden Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (Hrsg.), Verfassungsschutzbericht 2021, S. 102 ff.; Bundesamt für Verfassungsschutz (Hrsg.) „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“, Dezember 2018; Bayerisches Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration (Hrsg.), Verfassungsschutzbericht 2021, S. 230 ff.). Reichsbürger und Selbstverwalter nutzen unterschiedliche Begründungen – unter anderem die Berufung auf das historische Deutsche Reich, verschwörungstheoretische Argumentationsmuster oder ein selbst definiertes Naturrecht – um die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtssystem abzulehnen. Sie sprechen den demokratisch gewählten Repräsentanten die Legitimation ab oder definieren sich als außerhalb der Rechtsordnung stehend. Es besteht deshalb nach den Erkenntnissen des Bundesamts für Verfassungsschutz die Besorgnis, dass Reichsbürger und Selbstverwalter mitunter massive Verstöße gegen die Rechtsordnung begehen. Die Vorgehensweisen der Reichsbürger und Selbstverwalter sind nach wie vor sehr unterschiedlich. Regelmäßig überziehen Angehörige der Reichsbürgerszene Behörden und Gerichte mit querulatorischen Schreiben, in denen sie der öffentlichen Verwaltung und der Justiz ihre Autorität oder ihre Existenz absprechen. In der gerichtlichen Auseinandersetzung ist der Aktivismus von Angehörigen der Reichsbürgerszene ambivalent; einerseits schöpfen sie den Rechtsweg weitestgehend aus und überhäufen Gerichte mit Anträgen und Eingaben, andererseits bleiben sie häufig Gerichtsterminen fern, wirken nicht am ordentlichen Verfahren mit und versuchen, Strafbefehle einfach ins Leere laufen zu lassen und nicht zu beachten. Obgleich Ausweisdokumente der Bundesrepublik Deutschland sehr häufig abgelehnt werden, beantragen viele Reichsbürger und Selbstverwalter bei staatlichen Stellen, die sie selbst gar nicht anerkennen, einen Staatsangehörigkeitsausweis. Ihr Vorgehen ist oftmals von bewussten Provokationen bestimmt, insbesondere um den behördlichen und rechtsstaatlichen Ablauf zu stören. Zu diesem Zweck versuchen Reichsbürger und Selbstverwalter, Behördenmitarbeiter einzuschüchtern und bei der Durchsetzung staatlicher Maßnahmen aktiv Widerstand zu leisten.
41
Ob eine Person der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zuzuordnen ist bzw. sich deren Ideologie zu eigen gemacht hat, ergibt sich aus einer Gesamtwürdigung aller Umstände des konkreten Einzelfalls, insbesondere der Persönlichkeit des Betroffenen und seinen prozessualen und außerprozessualen Verhaltensweisen und Einlassungen (BayVGH, U.v. 27.1.2022 – 24 B 20.2539 – juris Rn. 21).
42
Unter Heranziehung dieser Maßstäbe liegen beim Antragsteller Umstände vor, die auf eine ideologische Nähe bzw. Zugehörigkeit zur Reichsbürgerbewegung schließen lassen (dazu (1)). Die dadurch begründeten Zweifel an seiner waffenrechtlichen Zuverlässigkeit vermochte der Antragsteller nicht zu entkräften (dazu (2)).
43
(1) Der Antragsteller hat vorliegend durch die an den Gerichtsvollzieher S. und das Finanzamt gerichteten Schreiben ein nach außen wahrnehmbares Verhalten an den Tag gelegt, das den Rückschluss auf eine innere Einstellung als Anhänger des Gedankenguts der Reichsbürger nahelegt (vgl. BayVGH U.v. 27.1.2022 – 24 B 20.2539 – juris Rn. 22). Rückschlüsse auf eine ideologische Nähe zur Reichsbürgerbewegung ergeben sich dabei vorliegend sowohl aus der äußeren Form als auch aus den Inhalten der verfassten Schreiben. Die Einschätzung der Behörde, die sich hierbei auf die Stellungnahme der KPI gestützt hat, ist insoweit nicht zu beanstanden.
44
So hat der Antragsteller in dem an den Gerichtsvollzieher S. gerichteten Schreiben ausdrücklich sowohl dessen Recht zur Vornahme „hoheitlicher“ Handlungen als auch die Legitimation der Bundesrepublik Deutschland in Zweifel gezogen. Erschwerend kommt hinzu, dass er in diesem Schreiben dem in Ausübung seiner staatlichen Befugnisse handelnden Gerichtsvollzieher „Konsequenzen“ angedroht hat. Die Formulierung „unter Täuschung im Rechtsverkehr zustande gekommene Verträge“ zu widerrufen und zu kündigen, sowie die bei den Worten Behörde und Amt verwendeten Anführungszeichen zeigen zudem eindeutig das reichsbürgertypische Gedankengut, hoheitliche Organe als Subjekte des Privatrechts einzuordnen, so dass für das Gericht auf der Hand liegt, dass der Antragsteller in letzter Konsequenz die Verbindlichkeit staatlichen Handelns nicht anerkennt.
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Das vom Antragsteller selbst verfasste Schreiben stuft das Gericht auch als ernsthaft ein, weil es zum einen an ein staatliches Vollzugorgan gerichtet war und zum anderen auch noch gegenüber einer Behörde, nämlich dem Finanzamt K. wiederholt wurde.
46
(2) Bei summarischer Prüfung vermochte der Antragsteller weder die durch die Annahme einer ideologischen Nähe zur Reichsbürgerszene begründeten Zweifel an seiner waffenrechtlichen Zuverlässigkeit zu entkräften noch lässt sich bei ihm eine glaubhafte Distanzierung erkennen (vgl. BayVGH, B.v. 29.7.2021 – 8 ZB 21.812 – juris Rn. 18)..
47
Nach Aktenlage hat sich der Antragsteller im Rahmen der Anhörung im Verwaltungsverfahren überhaupt nicht geäußert.
48
Soweit der Antragsteller im gerichtlichen Verfahren vortragen lässt, er lehne die Ideologie der sog. Reichsbürger ausdrücklich ab, steht dies seiner Zuordnung zur Ideologie der Reichsbürgerbewegung nicht entgegen. Nach den o.g. Erkenntnissen lehnen Reichsbürger die Bezeichnung als solche für sich selbst regelmäßig ab.
49
Das weitere Vorbringen des Antragstellers, er habe die Vorlage für das Schreiben von einem Bekannten erhalten und so übernommen, ohne näher darüber nachzudenken, stuft das Gericht als unglaubhafte Schutzbehauptung ein. Gegen die Darstellung des Antragstellers spricht schon, dass dieser das Schreiben in nicht unerheblichem Maß auf seine individuelle Situation zuschneiden musste, indem er seine persönlichen Daten in Briefkopf, Text und Unterschrift eingefügt und reichsbürgertypisch „umgestaltet“ hat. Mit der bloßen Kopie eines vorgefertigten Schreibens lässt sich das nicht in Einklang bringen. Im Übrigen ist festzustellen, dass die vom Antragsteller verwendeten Formulierungen aus Sicht des Gerichts derart eindeutig die Legitimation staatlichen Handelns in Frage stellen, dass auch eine unkritische Übernahme einer solchen Vorlage die Zweifel an der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit des Antragstellers nicht ausräumen könnten.
50
Ohne jeden Belang bleiben auch die von der Antragstellerseite vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen.
51
Soweit Frau M. erklärt, dass der Antragsteller „kein Mitglied der Reichsbürger oder irgendeiner Reichsbürger-Bewegung“ sei, handelt es sich schon nicht um eine Tatsache, welche dem Beweis zugänglich wäre, sondern um eine persönliche Bewertung. Die Einschätzung der Frau M., der Antragsteller sei ein „verantwortungsbewusster und rechtschaffender Jäger“ stellt sich ebenfalls als rein subjektive Einschätzung der Frau M. dar, die nicht einmal im Ansatz geeignet sein kann, die vom Antragsteller durch sein Handeln geschaffenen Zweifel an seiner waffenrechtlichen Zuverlässigkeit auszuräumen.
52
In ähnlicher Weise bleibt auch die weitere von Frau D. vorgelegte eidesstattliche Versicherung für das vorliegende Verfahren völlig ohne Belang. Die Behauptung, dass der Antragsteller „nicht mit der sog. Reichsbürgerbewegung sympathisiere“ stellt sich wiederum als rein subjektive Meinungsäußerung und nicht als Tatsachenbehauptung dar. Der insoweit einzig verbleibende tatsächliche Gehalt, dass der Antragsteller in Anwesenheit von Frau D. über die sog. Reichsbürgerbewegung nie gesprochen habe, lässt für sich genommen keinerlei Rückschlüsse darauf zu, ob sich der Antragsteller deren Gedankengut zu eigen gemacht hat bzw. ob oder inwieweit er die Rechtsordnung als für sich verbindlich anerkennt.
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bb) Auch die Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins in Nr. 1 des angefochtenen Bescheids werden sich bei summarischer Prüfung als rechtmäßig erweisen. Diese Maßnahmen stützen sich in zulässiger Weise auf § 18 Satz 1 BJagdG. Danach ist ein Jagdschein für ungültig zu erklären und einzuziehen, wenn nach Erteilung des Jagdscheins Tatsachen eintreten oder bekannt werden, die die Versagung des Jagdscheins begründen. Ein solch nachträglich eingetretener Versagungsgrund liegt für den Antragsteller gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BJagdG vor, denn ihm fehlt die erforderliche Zuverlässigkeit. Insoweit ist wegen der von § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG geforderten Beachtung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit auf die Feststellungen unter aa) zu verweisen.
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cc) Keine durchgreifenden Zweifel bestehen auch hinsichtlich des vom Antragsgegner verfügten Waffen- und Besitzverbots hinsichtlich erlaubnisfreien bzw. erlaubnispflichtigen Waffen und Munition. Gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 41 Abs. 2 WaffG konnte das Landratsamt das Waffenverbot auf die fehlende Zuverlässigkeit des Antragstellers stützen. Es hat hierfür zutreffend die Tatbestände der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit nach § 5 WaffG herangezogen (BayVGH, B.v. 22.1.2014 – 21 ZB 13.1781 – juris Rn. 13) und ist rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass der Antragsteller waffenrechtlich unzuverlässig ist. Das Landratsamt hat vorliegend das ihm insoweit zustehende Ermessen erkannt und ausgeübt, wobei Ermessensfehler nicht erkennbar sind. Insbesondere sieht das Gericht das Waffenverbot als verhältnismäßig an. Mildere Mittel standen der Behörde nicht zur Verfügung und das Verbot erscheint in Anbetracht der von der Behörde getroffenen tatsächlichen Feststellungen auch angemessen.
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dd) Die Rückforderung des Jagdscheins in Nr. 4 des Bescheids bis spätestens vier Wochen nach Zustellung des Bescheides, stützt sich auf Art. 52 Satz 1 und 2 BayVwVfG, wonach die Behörde im Fall eines unanfechtbaren Widerrufs oder wenn die Wirksamkeit eines Verwaltungsakts aus anderen Gründen nicht oder nicht mehr gegeben ist, die aufgrund dieses Verwaltungsakts erteilten Urkunden zurückfordern kann. Insoweit folgt das Gericht der Auffassung, dass eine Rückforderung bereits dann nach Art. 52 BayVwVfG erfolgen kann, wenn Widerruf, Rücknahme bzw. ein anderer die Unwirksamkeit auslösender Verwaltungsakt nach § 80 Abs. 2 VwGO sofort vollziehbar sind, so dass einem Widerspruch oder eine Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung zukäme (Ramsauer in Kopp, VwVfG, 19. Aufl. 2018, § 52, Rn. 7). Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Die gewährte Frist ist angemessen.
56
Gleiches gilt für die Verpflichtung zur Rückgabe der Waffenbesitzkarten und des Europäischen Feuerwaffenpasses in Nr. 5 des Bescheids gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG.
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ee) Bei summarischer Prüfung wird die Klage Erfolg haben, soweit Nr. 6 des Bescheids die Verpflichtung des Antragstellers betrifft, die in seinen Waffenbesitzkarten eingetragenen Waffen bzw. Teile von Schusswaffen an einen Berechtigten zu überlassen. Soweit sie auf die Verpflichtung des Antragstellers gerichtet ist, die vorhandene erlaubnispflichtige Munition dauerhaft unbrauchbar zu machen oder einem Berechtigten zu überlassen und dies dem Landratsamt K. spätestens nach vier Wochen ab der Zustellung des Bescheids nachzuweisen, wird sie voraussichtlich ohne Erfolg bleiben.
58
Gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WaffG kann die zuständige Behörde, wenn jemand entgegen einem vollziehbaren Verbot nach § 41 Abs. 1 oder 2 WaffG eine Waffe oder Munition besitzt, anordnen, dass er binnen angemessener Frist die Waffe oder Munition dauerhaft unbrauchbar macht oder einem Berechtigten überlässt.
59
Insoweit ergibt sich, worauf das Landratsamt selbst hinweist, aus dem Wortlaut eindeutig, dass der Adressat der Maßnahme Waffen bzw. Munition innerhalb einer bestimmten Frist einem Berechtigten zu überlassen o d e r unbrauchbar zu machen hat. Danach stellt die Behörde die beiden Alternativen dem Betroffenen zur Auswahl (vgl. Gerlemann in Steindorf, Waffenrecht, 10. Aufl. 2015, § 46 Rn. 4). Gründe, die es vorliegend ausnahmsweise rechtfertigen würden, dem Kläger diese Auswahl zu nehmen, sind nicht ersichtlich.
60
Insbesondere teilt das Gericht nicht die vom Landratsamt angestellten Überlegung, dass auch unbrauchbar gemachte Schusswaffen den Waffenbegriff des Waffenrechts erfüllen, so dass im Hinblick auf das in Nr. 3 angeordnete Waffenbesitzverbot, welches auch für unbrauchbar gemachte Waffen gelte, hinsichtlich der Waffen die erste Alternative nicht in Betracht komme.
61
Vielmehr werden Schusswaffen als Gegenstände definiert, die zum Angriff oder zur Verteidigung, zur Signalgebung, zur Jagd, zur Distanzinjektion, zur Markierung, zum Sport oder zum Spiel bestimmt sind und bei denen Geschosse durch einen Lauf getrieben werden, so dass eine Schusswaffeneigenschaft jedenfalls dann ausscheidet, wenn eine Waffe dauerhaft funktionsunfähig ist, da dann keine Geschosse mehr durch den Lauf getrieben werden können (Heinrich in Steindorf, Waffenrecht, 11. Aufl. 2022, § 1 WaffG, Rn. 8).
62
Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht daraus, dass in der Anlage 1 zum Waffengesetz in Abschnitt 1, Unterabschnitt 1 unter „Schusswaffen“ unter Nr. 1.4 „Unbrauchbar gemachte Schusswaffen (Dekorationswaffen)“ aufgeführt sind. Denn unbrauchbar gemachte Schusswaffen (Dekorationswaffen) sind ebenso wie Anscheinswaffen (insbesondere Nachbildungen) gerade keine Schusswaffen und unterfallen damit auch nicht dem WaffG (Heinrich in Steindorf, a.a.O., Rn. 9).
63
Dies steht zum einen in Einklang mit dem Gesetzeszweck. Anknüpfung für die Schusswaffeneigenschaft ist nach dem Gesetzeszweck die objektive Gefährlichkeit, die im Fall einer dauerhaften Unbrauchbarmachung einer Schusswaffe gerade nicht besteht, weil ein bloßer Anschein nicht die gleiche Gefahr birgt wie funktionsfähige Waffen oder Waffenteile.
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Im Übrigen läge bei einer weitergehenden Auffassung auch ein Widerspruch darin, dass das Gesetz die Möglichkeit der Unbrauchbarmachung auch für den Fall eines Waffenbesitzverbots nach § 46 Abs. 2 Satz 1 bzw. Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 WaffG ausdrücklich vorsieht und mithin einen etwaig verbleibenden Anschein grundsätzlich in Kauf nimmt.
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Da dem Antragsteller als Adressat der Maßnahme die von § 46 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 WaffG eingeräumte Auswahl genommen wird, spricht im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vieles dafür, dass durch die Formulierung des Antragsgegners ein nicht gerechtfertigter Eingriff in Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und damit eine Rechtsverletzung des Antragstellers vorliegt.
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Soweit sich die Anordnung in Nr. 6 auf die Munition bezieht, sind demgegenüber Zweifel an der Rechtmäßigkeit nicht ersichtlich, weil der Antragsgegner diesbezüglich dem Antragsteller das ihm nach § 46 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 WaffG zustehende Wahlrecht zwischen dauerhafter Unbrauchbarmachung und Überlassung an einen Berechtigten belassen hat. Ermessensfehler sind insoweit nicht ersichtlich. Die gewährte Frist ist angemessen.
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2. Die gerichtliche Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.
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3. Rechtsgrundlage der Streitwertfestsetzung sind § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Gerichtskostengesetz. Die Kammer hat Nr. 20.3, 50.2 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit bei ihrer Entscheidung berücksichtigt.