Titel:
Erfolgloser Berufungszulassungsantrag bei Nachbarklage
Normenkette:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, § 124a Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 2
Leitsätze:
1. Festsetzungen einer Mindestgrundstücksgröße und des Maßes der baulichen Nutzung haben grundsätzlich keine nachbarschützende Wirkung. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es hängt vom Willen der Gemeinde als Plangeber ab, ob Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung auch darauf gerichtet sind, dem Schutz des Nachbarn zu dienen. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Nachbarklage, Zulassungsgrund nicht substantiiert dargelegt, Rücksichtnahmegebot, Gebietserhaltungsanspruch, Berufungszulassungsverfahreen, Bauplanungsrecht, Darlegungsgebot, ernstliche Richtigkeitszweifel, rechtsgrundsätzliche Bedeutung, Nachbar, Nachbarschutz, Mindestgrundstücksgröße, Maß der baulichen Nutzung
Vorinstanz:
VG Regensburg, Urteil vom 17.01.2023 – RN 6 K 22.749
Fundstelle:
BeckRS 2023, 10139
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Die Klägerin wendet sich gegen den Vorbescheid des Landratsamtes K. zur Errichtung eines Einfamilienhauses durch den Beigeladenen.
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Mit Urteil vom 17. Januar 2023 wies das Verwaltungsgericht Regensburg die gegen den Vorbescheid vom 10. Februar 2022 gerichtete Klage ab.
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Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem der Beklagte entgegentritt und zu dem der Beigeladene sich nicht äußerte, verfolgt die Klägerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter. Sie ist der Ansicht, die Festsetzungen des Bebauungsplans zur Baugrundstücksgröße und zur Firstrichtung dienten auch nachbarlichen Interessen.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
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Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.
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1. Die Voraussetzungen des geltend gemachten Zulassungsgrunds ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen nicht vor bzw. sind nicht in einer Weise dargelegt worden, die den gesetzlichen Anforderungen gem. § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO genügt.
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Die Klägerin kommt ihrem Darlegungsgebot nach § 124a VwGO nicht nach, da sie sich mit dem Urteil des Verwaltungsgerichts nicht auseinandersetzt, sondern sich vielmehr darauf beschränkt, ihre Argumente aus ihren Schriftsatz vom 16. September 2022 aus dem erstinstanzlichen Verfahren lediglich zu wiederholen. Sie behauptet zwar, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans zur Baugrundstücksgröße und zur Firstrichtung auch nachbarlichen Interessen dienten, stellt aber nicht schlüssig dar, inwieweit die angegriffene Entscheidung unrichtig und der streitgegenständliche Bescheid rechtswidrig sein sollen. Das Verwaltungsgericht stellt zutreffend darauf ab, dass die Festsetzungen einer Mindestgrundstücksgröße und des Maßes der baulichen Nutzung grundsätzlich keine nachbarschützende Wirkung haben (vgl. UA S.5). Die Klägerin setzt sich hiermit nicht substantiiert auseinander und legt nicht dar, inwieweit sich aus den Festsetzungen oder aus der Begründung des Bebauungsplans entnehmen lässt, dass die streitgegenständlichen Festsetzungen nachbarschützend sein sollen.
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2. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
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Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete, noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr eine allgemeine, über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zugemessen wird (vgl. BayVGH, B.v. 23.3.2023 – 15 ZB 22.2634 – juris Rn. 23).
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Diese Anforderungen erfüllt die Zulassungsbegründung nicht. Die Klägerin formuliert schon keine entsprechende Rechts- oder Tatsachenfrage. Soweit die Klägerin unter Verweis auf den Gebietsprägungserhaltungsanspruch die Frage aufwirft, ob Mindestgrößenfestsetzungen generell nachbarschützende Wirkung zukommen können, hat die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt, dass es vom Willen der Gemeinde als Plangeber abhängt, ob Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung auch darauf gerichtet sind, dem Schutz des Nachbarn zu dienen (BVerwG, B.v. 11.6.2019 – 4 B 5.19 – juris Rn. 4).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Der Beigeladene trägt billigerweise seine außergerichtlichen Kosten selbst, weil er sich im Zulassungsverfahren nicht beteiligt hat (§ 162 Abs. 3 VwGO).
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Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der 2013 aktualisierten Fassung (abgedruckt in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, Anhang) und folgt in der Höhe der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).