Inhalt

VGH München, Beschluss v. 02.05.2023 – 12 ZB 23.582
Titel:

Bayerische Eigenheimzulage – Meldebescheinigung als Grundlage für die Förderentscheidung – erfolgloser Antrag auf Zulassung der Berufung

Normenketten:
EHZR Nr. 5.2
GG Art. 3 Abs. 1
Leitsätze:
1. Die Anknüpfung an das in der sog. erweiterten Meldebescheinigung ausgewiesene Einzugsdatum in eine Wohnung oder ein Haus ist für die Zulagengewährung weder willkürlich noch mit dem Zweck der Zulagengewährung unvereinbar. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Unrichtigkeit des Einzugsdatums in der Meldebescheinigung beruht auf den persönlichen Angaben des Klägers und entstammt mithin seiner Sphäre. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Bewilligungsvoraussetzungen für Eigenheimzulage, Zeitpunkt des Wohnungsbezugs, Erweiterte Meldebescheinigung, Verwaltungspraxis der Zulagengewährung, Bayerische Eigenheimzulage, Bayerische Eigenheimzulagen-Richtlinie, Meldebescheinigung, Selbstbindung der Verwaltung, erweiterte Meldebescheinigung, Wohnungsbezug, Einzugsdatum, Förderpraxis
Vorinstanz:
VG Regensburg, Urteil vom 16.02.2023 – RN 7 K 21.2007
Fundstelle:
BeckRS 2023, 10135

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 10.000,- € festgesetzt.

Gründe

1
Der Kläger verfolgt mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung die Gewähr der Eigenheimzulage in Höhe von 10.000,- € für den Erwerb einer Eigentumswohnung in L. weiter. Der Zulassungsantrag hat indes keinen Erfolg, da die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen oder nicht den Erfordernissen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt sind.
2
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 16. Februar 2023, die nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO die Zulassung der Berufung gebieten, liegen unter Berücksichtigung der Darlegungen des Klägers nicht vor.
3
1.1 Dies gilt zunächst, soweit der Kläger vortragen lässt, dass das Verwaltungsgericht verkannt habe, dass eine gleichmäßige Verteilung der Fördermittel der Eigenheimzulage nicht vorliege, wenn, wie im vorliegenden Fall, für den Einzug auf das Datum der erweiterten Meldebescheinigung abgestellt werde. Soweit eine derartige Praxis in der Förderrichtlinie angelegt sei, gehe diese am Förderzweck vorbei und sei mit höherrangigem Recht nicht zu vereinbaren.
4
Wie der Senat jedoch bereits entschieden hat (BayVGH, B.v. 19.5.2021 – 12 ZB 21.430 – BeckRS 2021, 12512; B.v. 23.6.2021 – 12 ZB 21.1284 – BeckRS 2021, 16395), ist die Anknüpfung an das in der sog. erweiterten Meldebescheinigung ausgewiesene Einzugsdatum in eine Wohnung oder ein Haus für die Zulagengewährung weder willkürlich noch mit dem Zweck der Zulagengewährung unvereinbar. Entgegen der Auffassung des Klägers liegt in der Verwaltungspraxis des Beklagten und in ihrer Anwendung kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Insoweit zeigt der Kläger bereits nicht auf, dass im vorliegenden Fall eine Verletzung des Willkürverbots vorliegt, indem die maßgeblichen Kriterien für die Zulagengewähr, darunter die Anknüpfung an das Bezugsdatum der Immobilie, unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar wären und sich daher der Schluss aufdrängen würde, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhen. Vielmehr erweist sich das Abstellen auf die erweiterte Meldebescheinigung für die Bestimmung des Zeitpunktes des Wohnungsbezugs als sachgerecht und einfacher zu handhaben als die Ermittlung des Zeitpunktes anhand anderer Beweismittel, zumal die Meldebescheinigung auf den eigenen Angaben des Betroffenen beruht. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz ist in dieser Verwaltungspraxis des Beklagten jedenfalls nicht zu sehen (BayVGH, B.v. 19.5.2021 – 12 ZB 21.430 – BeckRS 2021, 12512 Rn. 13).
5
Im Übrigen trifft die Eigenheimzulagenrichtlinie selbst keine Regelung zur Bestimmung des Einzugsdatums als Anknüpfungspunkt der Sechsmonatsfrist für die Antragstellung. Es entspricht jedoch der ständigen Verwaltungspraxis des Beklagten, die sich in der Formblattgestaltung wie auch in den Hinweisen zur Antragstellung im Internet widerspiegelt, als Anknüpfungspunkt das in der erweiterten Meldebescheinigung genannte Einzugsdatum heranzuziehen. Dass der Beklagte von dieser Verwaltungspraxis in bestimmten Fällen abgewichen ist, d.h. das Einzugsdatum nicht nach der Angabe in der erweiterten Meldebescheinigung bestimmt hat, hat der Kläger weder im Ausgangsverfahren noch im Berufungszulassungsverfahren dargelegt; es ist auch sonst nicht ersichtlich (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 19.5.2021 – 12 ZB 21.430 – BeckRS 2021, 12512; ferner vorausgehend VG Würzburg, U.v. 14.12.2020 – W 8 K 20.862 – BeckRS 2020, 39893).
6
Darüber hinaus erweist sich der Rückgriff auf die Daten der Meldebescheinigung auch deshalb als sachgerecht – und nicht von sachfremden Erwägungen getragen –, weil das Melderecht den Betroffenen zur Angabe zutreffender Daten verpflichtet. Somit hätte es der Kläger im vorliegenden Fall selbst in der Hand gehabt, durch die Angabe des „richtigen“ Einzugsdatums bei der Meldebehörde die Gewährung der Eigenheimzulage zu erwirken. Dass das Einzugsdatum in der Meldebescheinigung fehlerhaft sein soll, liegt somit allein im Verantwortungsbereich des Klägers. Zwar wäre es grundsätzlich möglich gewesen, die Förderpraxis so auszugestalten, dass nur im Regelfall auf die Meldebescheinigung, bei einem anderweitigen Nachweis eines davon abweichenden Einzugsdatums jedoch auf dieses abgestellt würde. Von Rechts wegen ist dies jedoch nicht zwingend geboten. Denn die Unrichtigkeit des Einzugsdatums in der Meldebescheinigung beruht auf den persönlichen Angaben des Klägers und entstammt mithin seiner Sphäre (BayVGH, B.v. 23.6.2021 – 12 ZB 21.1284 – BeckRS 2021, 16395 Rn. 10 f.).
7
1.2 Auch soweit es nach der Auffassung des Klägers rechtlichen Bedenken begegnen soll, bei der Beurteilung der Anwendbarkeit der Eigenheimzulagenrichtlinie, auf das in der erweiterten Meldebescheinigung genannte Einzugsdatum auch dann abzustellen, wenn es sich nachweislich als falsch herausgestellt hat, kann er damit die Zulassung der Berufung nicht erwirken. Da, wie oben dargelegt, die zutreffende melderechtliche Erfassung des Einzugsdatums in die Sphäre des Klägers fällt, obliegt ihm – ungeachtet ob man ein Absehen von den Angaben der Meldebescheinigung für zulässig erachtet – der Nachweis der Unrichtigkeit sowie die gegenüber der Meldebehörde zu bewirkende Korrektur der „falschen“ Meldebescheinigung. Im Berufungszulassungsverfahren hat der Kläger indes weder vorgetragen, eine derartige Korrektur der Meldebescheinigung erwirkt zu haben, noch anderweitig ein von der Meldebescheinigung abweichendes Einzugsdatum in die Eigentumswohnung nachgewiesen. Im Hinblick auf die im Ausgangsverfahren geltend gemachte „Falschberatung“ durch die Mitarbeiter des Einwohnermeldeamts ist der Kläger gegebenenfalls auf die Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen zu verweisen.
8
1.3. Auf die Frage des Vorhandenseins einer Küche im Sinne einer Kochstelle zur Erfüllung der Fördervoraussetzungen nach Ziffer 5.2. der Eigenheimzulagenrichtlinie kommt es folglich nicht mehr entscheidungserheblich an, da das Verwaltungsgericht sein Urteil insoweit auf eine doppelte Begründung gestützt hat.
9
2. Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeiten nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO im Hinblick auf die Frage, „wann genau Bezug oder Meldung anzunehmen sind und ob eine Küche vorlag“ zuzulassen. Insoweit zeigt der Kläger weder auf, welche schwierigen und ungeklärten Tatsachenfragen die Durchführung eines Berufungsverfahrens erforderlich machen, noch, welche „besonders schwierigen Rechtsfragen“ der Klärung in einem Berufungsverfahren bedürfen. Insoweit kann auf die Ausführungen unter 1. verwiesen werden.
10
3. Weiter scheidet eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO aus. Der Kläger legt insoweit bereits keine konkrete Rechtsfrage dar, die grundsätzlicher Klärung in einem Berufungsverfahren bedarf. Der alleinige Hinweis, „über die o.a. Regelungen in den Förderrichtlinien“ sei, soweit ersichtlich, zweitinstanzlich noch nie abschließend entschieden worden, umschreibt keine grundsätzlich klärungsfähige Rechtsfrage. Im Übrigen hat der Senat zweitinstanzlich zum Rückgriff auf die erweiterte Meldebescheinigung bei Gewähr der Eigenheimzulage bereits, wie unter 1. dargelegt, mehrfach entschieden.
11
4. Schließlich hat der Kläger auch keinen durchgreifenden Verfahrensfehler geltend gemacht, der die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO erfordert. Soweit er eine Aufklärungsrüge dahingehend erhebt, dass das Verwaltungsgericht „dem Zeugenbeweisangebot /-antrag“ nicht nachgegangen sei, durch das der Beweis hätte erbracht werden können, „dass der tatsächliche Einzug zu einem anderen Datum erfolgt war“, ist zunächst festzuhalten, dass der Kläger mit dem Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 21. März 2023 lediglich eine Beweisanregung zur Zeugeneinvernahme der Umzugshelfer bzw. des zuständigen Beamten des Einwohnermeldeamts vorgetragen, indes keinen förmlichen Beweisantrag gestellt hat. Eine Verletzung der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht durch Nichterhebung von Beweisen kann indes dann nicht geltend gemacht werden, wenn ein anwaltlich vertretener Kläger, wie im vorliegenden Fall, von der Stellung eines förmlichen Beweisantrags abgesehen hat (vgl. hierzu etwa Roth in BeckOK VwGO, Stand 1.7.2022, § 124 Rn. 90). Insoweit stellt die Aufklärungsrüge kein geeignetes Mittel dar, eigene Versäumnisse im Verfahren erster Instanz zu kompensieren. Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich dem Verwaltungsgericht unter Zugrundelegung seiner Rechtsauffassung eine bestimmte Sachverhaltsermittlung nach den Umständen des Falles auch ohne Beweisantragstellung hätte aufdrängen müssen (vgl. etwa Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 75). Dies legt der Kläger mit seiner Zulassungsbegründung jedoch nicht dar. Die Beweiserhebung hätte sich dem Verwaltungsgericht von seiner Rechtsauffassung her, die maßgeblich auf den in der erweiterten Meldebescheinigung erfassten Einzugstermin abstellt, auch nicht aufdrängen müssen. Die Zulassung der Berufung kommt daher auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO in Betracht.
12
5. Der Kläger trägt nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Streitwert bestimmt sich für das Zulassungsverfahren nach § 47 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
13
Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.