Titel:
Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, Kampfhund Kategorie I (American, Staffordshire Terrier): Rassezugehörigkeit, American Staffordshire, Terrier(mischling): F1-Generation, Haltungsuntersagung, Abgabe- und Nachweisverpflichtung, Anordnungsvorbehalt, Haltung ohne erforderliche Erlaubnis: nicht offensichtlich erlaubnisfähig, Verhältnismäßigkeit, intendiertes Ermessen
Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5
LStVG Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3
Art. 37 Abs. 1 LStVG i.V.m. § 1 Abs. 1 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit (KampfhundeV)
LStVG Art. 37 Abs. 4 Nr. 1
Schlagworte:
Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, Kampfhund Kategorie I (American, Staffordshire Terrier): Rassezugehörigkeit, American Staffordshire, Terrier(mischling): F1-Generation, Haltungsuntersagung, Abgabe- und Nachweisverpflichtung, Anordnungsvorbehalt, Haltung ohne erforderliche Erlaubnis: nicht offensichtlich erlaubnisfähig, Verhältnismäßigkeit, intendiertes Ermessen
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 25.04.2023 – 10 CS 23.506
Fundstelle:
BeckRS 2023, 10127
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes u.a. gegen eine ihm gegenüber verfügte Haltungsuntersagung seines Hundes samt Abgabeverpflichtung und Verpflichtung eines Nachweises darüber.
2
Der Antragsteller ist seit dem 22. März 2018 Halter des Hundes „N.“, weiblich, Wurftag, Farbe: blue-line und weiß.
3
Zum 1. Mai 2018 meldete der Antragsteller beim Kämmerei- und Steueramt der Antragsgegnerin seinen Hund als „American Bully“ zur Hundesteuer an.
4
Mit Schreiben vom 30. Mai 2018 wurde der Antragsteller von der Antragsgegnerin zur Vorlage eines Rasse- oder DNA-Nachweises seines Hundes aufgefordert.
5
Daraufhin legte der Antragsteller eine „Adoptionsbestätigung“ eines Gnadenhofs in Mecklenburg-Vorpommern (ehemalige Eigentümer von „N.“) vor, der zu entnehmen ist, dass der Antragsteller einen Welpen aus der „Labrador-Doggen Mix Hündin ... x Boxer-American Bully Rüden“ adoptiert habe. Die Hündin sei hoch trächtig zur Pflege übernommen worden. Es habe geheißen, dass ein „Boxer-American Bully Mischling“ der Vater der Welpen sein solle.
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Am 12. Oktober 2019 ereignete sich ein Beißvorfall. Eine Frau ging mit ihrer minderjährigen Tochter und zwei Hunden auf dem Fußweg parallel zur Dr.-D.-Str. im Stadtgebiet der Antragsgegnerin spazieren, als „N.“ auf die Hunde zurannte. Ein Abruf von „N.“ durch den Antragsteller gelang nicht mehr, sodass die Hundehalterin einen von ihr ausgeführten Hund (Dackel) auf den Arm nahm, um diesen zu schützen. „N.“ biss den hochgehobenen Dackel in den Fuß, woraufhin dieser seine Halterin in die Schulter biss. „N.“ habe die Hundehalterin in den Finger gebissen. Auch der Antragsteller sei am Mittelfinger und Ringfinger verletzt worden, als dieser versucht habe, die Hunde zu trennen.
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Daraufhin wurde der Hund des Antragstellers durch die Diensthundestaffel der zuständigen Polizeidienststelle am 30. November 2019 überprüft. Dem Bericht hierüber ist u.a. zu entnehmen, dass sich „N.“ bei der Überprüfung gegenüber fremden Personen „vorbildlich sicher und in keinster Weise aggressiv“ gezeigt habe. Eine gesteigerte Aggression gegenüber anderen Hunden habe nicht festgestellt werden können. Zur Rassebestimmung findet sich die Einschätzung, dass es sich bei „N.“ dem äußeren Erscheinen nach eventuell um einen „American-Staffordshire“-Hund handeln könne.
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Mit Schreiben vom 13. Januar 2020 wurde der Antragsteller von der Antragsgegnerin um Mitteilung gebeten, ob ein Rassegutachten beauftragt worden sei bzw. bereits vorgelegt werden könne.
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Am 28. Januar 2020 sprach der Antragsteller persönlich bei der Antragsgegnerin vor und erklärte sich dazu bereit, einen Termin für einen DNA-Test zu vereinbaren.
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Mit Schreiben vom 30. September 2020 versuchte die Antragsgegnerin erfolglos, den Antragsteller an die Übermittlung eines Rassegutachtens für seinen Hund zu erinnern. In diesem Zusammenhang wurde der Antragsgegnerin bekannt, dass der Antragsteller zum 20. Juni 2020 verzogen war, woraufhin die Antragsgegnerin das Verfahren zur Überprüfung der Kampfhundeeigenschaft von „N.“ zwischenzeitlich einstellte, es erst mit dem Wiedereinzug des Antragstellers zum 30. Oktober 2020 wiederaufnahm und den Antragsteller erneut mit Schreiben vom 11. November 2020 um Übermittlung eines Rassegutachtens für seinen Hund bat.
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Am 4. Dezember 2020 ging bei der Antragsgegnerin ein Befund des Labors L. vom 26. November 2020 ein, aus dem u.a. hervorgeht, dass die Wahrscheinlichkeit, dass „N.“ einer Rasse der Datenbank des Labors zugeordnet werde, für alle verfügbaren Rassen < 30% sei. Eine Zuordnungswahrscheinlichkeit < 30% bedeute, dass es sich mit höchster Wahrscheinlichkeit weder um einen reinrassigen Hund der in der Datenbank enthaltenen Rassen noch um einen Mischling der F1-Generation handele.
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Hierzu nahm das Amt für Verbraucherschutz und Veterinärwesen der Antragsgegnerin am 7. April 2021 u.a. dahingehend Stellung, dass das DNA-Gutachten eine Zuordnung von „N.“ zur Kategorie 1 oder 2 nach der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit nicht ausschließe, weshalb der Antragsteller von der Antragsgegnerin mit E-Mail vom selben Tag um Vorlage eines Rassegutachtens eines Hundesachverständigen gebeten wurde.
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Mit Schreiben vom 22. Juni 2021 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin – am 29. Juni 2021 eingegangen – für den Fall, dass „N.“ als „Listenhund“ angesehen werde, ein Negativzeugnis und legte ein Gutachten des Sachverständigen Dr. G. vom 10. Mai 2021 vor, das sowohl eine Rassefeststellung als auch einen Wesenstest umfasste. Aus dem Gutachten ergibt sich u.a., dass „N.“ hinsichtlich der Rassezuordnung als „American-Bulldog-Mix“ eingestuft werden könne. Von gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit könne derzeit bei „N.“ nicht ausgegangen werden; die Befreiung von der Erlaubnispflicht werde jedenfalls befürwortet.
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Das Amt für Verbraucherschutz und Veterinärwesen der Antragsgegnerin hielt weder das Gutachten vom 10. Mai 2021 (Stellungnahme vom 11. August 2021) noch die auf Aufforderung der Antragsgegnerin hin vorgelegten entsprechenden Ergänzungen vom 5. September 2021 (Stellungnahme vom 20. Oktober 2021) sowie vom 14. November 2021 und 21. November 2021 (Stellungnahme vom 30. März 2022) für anerkennungsfähig, da die Mindestanforderungen an ein Sachverständigengutachten nicht in vollem Umfang erfüllt bzw. fehlende Informationen/ Inhalte nicht nachgeliefert worden seien.
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Mit Telefonat vom 18. Mai 2022 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass beabsichtigt sei, eine Begutachtung von „N.“ durch einen von der Antragsgegnerin beauftragten Gutachter durchzuführen, was der Antragsteller ablehnte.
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Am 4. Juli 2022 verweigerte der Antragsteller eine Begutachtung von „N.“ vor Ort durch die Antragsgegnerin im Rahmen eines unangekündigten Aufsuchens an seiner Wohnanschrift, eine eingeräumte Möglichkeit zur Terminvereinbarung nahm er nicht wahr.
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Am 11. August 2022 erließ das Amtsgericht Augsburg (Gz. ...) auf Antrag der Antragsgegnerin hin im Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller wegen des Verdachts der Begehung einer Ordnungswidrigkeit nach Art. 37 Abs. 4 Nr. 1 LStVG einen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss.
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Am 28. August 2022 ließ der Antragsteller Klage beim Verwaltungsgericht Augsburg zunächst mit dem Ziel der Feststellung, dass es sich bei „N.“ um keinen Kampfhund im Sinne der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit handele bzw. der hilfsweisen Verpflichtung der Antragsgegnerin, ihm für seinen Hund „N.“ ein Negativzeugnis zu erteilen (Au 8 K 22.1756), über die noch nicht entschieden ist, erheben. Den parallel gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verwies das Verwaltungsgericht Augsburg mit Beschluss vom 15. September 2022 an das Amtsgericht Augsburg (Au 8 E 22.1757).
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Nachdem weitere Durchsuchungstermine der Antragsgegnerin fehlschlugen, wurde am 5. Oktober 2022 einvernehmlich ein Termin für die Begutachtung von „N.“ hinsichtlich der Rasseeigenschaft durch den Hundesachverständigen S. durchgeführt und hierbei „N.“ auch eine Speichelprobe für einen Gentest entnommen.
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Am 7. November 2022 legte der Sachverständige S. der Antragsgegnerin sein Gutachten vom 2. November 2022 sowie ein Rassezertifikat des Labors F. vor. Dem Sachverständigengutachten lässt sich u.a. entnehmen, dass es sich bei „N.“ weit überwiegend um einen Hund der Rasse „American Staffordshire Terrier“ handele. „N.“ sei ein American Staffordshire Terriermischling, der Hund habe bei der Überprüfung eine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen und Artgenossen eindeutig nicht gezeigt. Aus dem Rassezertifikat geht u.a. hervor, dass „N.“ ein Mix aus den Rassen „American Staffordshire Terrier und Mischlingshund“ sei. Bei einem Elternteil des Hundes „N.“ handele es sich um einen reinrassigen Hund der Rasse „American Staffordshire Terrier“, bei dem anderen Elternteil handele es sich um einen Mix aus „American Staffordshire Terrier und Mischlingshund“. Der prozentuale Rasseanteil am American Staffordshire Terrier liege bei 87,5%.
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Am 7. November 2022 wurde der Antragsteller von der Antragsgegnerin u.a. zur beabsichtigten Ablehnung des Antrags auf Erteilung eines Negativzeugnisses, der Haltungsuntersagung des Hundes „N.“ samt Abgabe-/ Nachweisverpflichtung angehört.
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Das Amt für Verbraucherschutz und Veterinärwesen der Antragsgegnerin nahm am 9. November 2022 dahingehend Stellung, dass das Gutachten des Sachverständigen S. vom 2. November 2022 anerkannt werden könne.
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Am 30. November 2022 ließ der Antragsteller Stellung nehmen und im Wesentlichen vorbringen, dass unter Beachtung der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 2. April 2019 (10 CS 19.277) „N.“ noch nicht einmal ein „Listenhund“ sei. Das Gutachten des Sachverständigen S. sei nicht aussagekräftig für die Feststellung eines „American Staffordshire“. Im Gutachten des Sachverständigen Dr. G. werde „N.“ als „American Bulldog“ eingestuft. Auch die beiden DNA-Gutachten seien nicht valide. Die Antragsgegnerin habe für den Hund „N.“ ein Negativzeugnis auszustellen.
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Am 13. Dezember 2022 erläuterte der Sachverständige S. sein Gutachten dahin, dass er sich bei der Rassebeurteilung von „N.“ ausschließlich auf den FCI-Rassestandard Nr. 286 bezogen habe. Es sei ihm vorliegend zweifellos möglich gewesen, „N.“ anhand der phänotypischen Merkmale der Rasse des „American Staffordshire Terrierhundes“ zuzuordnen. Einen DNA-Test (F.) habe er nur ergänzend durchgeführt, seine Feststellungen bei der Rassezuordnung seien bestätigt worden. Das Amt für Verbraucherschutz und Veterinärwesen der Antragsgegnerin stimmte am 23. Dezember 2022 in allen Punkten mit der Einschätzung des Sachverständigen S. überein.
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Mit Bescheid vom 28. Dezember 2022 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag des Antragstellers auf Erteilung eines Negativzeugnisses vom 29. Juni 2021 für den Hund „N.“ ab (Ziffer 1) und untersagte ihm nach Ablauf von einem Monat nach Bekanntgabe dieses Bescheids unbefristet die Haltung des Hundes; das Verbot schließe auch den Wiedererwerb des Hundes mit ein (Ziffer 2.1). Dem Antragsteller wurde aufgegeben, den Hund bis spätestens einen Monat nach Bekanntgabe dieses Bescheids an eine zuverlässige, für die Haltung des Kampfhundes berechtigte Person oder an eine für die Aufnahme eines Kampfhundes geeignete Einrichtung abzugeben (Ziffer 2.2) sowie der Ordnungsbehörde der Antragsgegnerin bis spätestens sechs Wochen nach Bekanntgabe dieses Bescheids einen Nachweis – was näher ausgeführt wurde – hierüber vorzulegen (Ziffer 2.3). Der Erlass weiterer Anordnungen bleibe ausdrücklich vorbehalten (Ziffer 2.4). Die sofortige Vollziehung der Ziffern 2.1, 2.2, 2.3 und 2.4 dieses Bescheids wurde angeordnet (Ziffer 3). Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 2.1 des Bescheids wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 EUR (Ziffer 4.1), für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 2.2 des Bescheids ein solches in Höhe von 500,00 EUR (Ziffer 4.2) sowie für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 2.3 des Bescheids ein solches in Höhe von 300,00 EUR (Ziffer 4.3) angedroht. Ferner enthielt der Bescheid eine Kostenentscheidung bzw. -festsetzung (Ziffer 5).
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die Ablehnung des Antrags aus Ziffer 1 des Bescheids auf Art. 37 Abs. 1 Satz 2 LStVG i.V.m. § 1 Abs. 1 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit stütze. Der Hund „N.“ sei ein „American-Staffordshire-Terrier-Mix“. Das DNA-Gutachten der Firma L. und die Ausführungen des Antragstellers dazu würden nicht genügen, um zu belegen, dass es sich bei „N.“ nicht um einen Hund mit Zugehörigkeit zur Kategorie 1 oder 2 gemäß der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit handele. Das vom Antragsteller vorgelegte Gutachten vom Sachverständigen Dr. G. erfülle wie auch die Ergänzungen nicht die Mindestanforderungen. Daher habe die Antragsgegnerin den Hundesachverständigen S. mit der Rassebegutachtung von „N.“ beauftragt. Das DNA-Gutachten der Firma F. habe ergeben, dass es sich bei „N.“ um einen Mix aus den Rassen American Staffordshire Terrier und Mischlingshund handele. So sei ein Elternteil von „N.“ ein reinrassiger Vertreter der Rasse „American Staffordshire Terrier“ sowie der zweite Elternteil ein Mix aus den Rassen „American Staffordshire Terrier“ und „Mischlingshund“. Nach der Stellungnahme des Gutachters S. handele es sich bei „N.“ überwiegend um einen Hund der Rasse „American Staffordshire Terrier“. Dieses Gutachten habe nach Stellungnahme des Amtes für Verbraucherschutz und Veterinärwesen anerkannt werden können. Die Vermutung als Kampfhund gelte unwiderlegbar. Auf eine tatsächliche Steigerung der Aggressivität und Gefährlichkeit eines konkreten Tieres komme es nicht an. Die Antragsablehnung in Ziffer 1 des Bescheids sei erfolgt, da „N.“ ein Kampfhund der Kategorie 1 sei. Ein Negativzeugnis habe nicht erteilt werden können, da eine Erlaubnispflicht bestehe.
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Die Anordnungen unter Ziffer 2 des Bescheids würden sich auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 LStVG stützen. Der Antragsteller besitze nicht die erforderliche Erlaubnis zur Haltung des Kampfhundes nach Art. 37 Abs. 1 LStVG und erfülle den Tatbestand des Art. 37 Abs. 4 Nr. 1 LStVG. Es bestehe bei der vom Antragsteller erfolgten Haltung des Kampfhundes „N.“ eine konkrete Gefahr für die Schutzgüter des Lebens und der Gesundheit von Menschen oder Sachwerte, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten erscheine, i.S.d. Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG; nach § 1 Abs. 1 Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit werde die Eigenschaft als Kampfhund bei einem American Staffordshire Terrier und dessen Kreuzungen stets vermutet. Die von „N.“ ausgehende Gefahr habe sich bereits durch den Beißvorfall am 12. Oktober 2019 realisiert. Ein Gutachten, das die „Friedfertigkeit“ des Hundes nachweise, stehe der Annahme einer konkreten Gefahr regelmäßig nicht entgegen. Die Prognoseentscheidung der Antragsgegnerin zur Einstufung über das Vorliegen einer konkreten Gefahr werde dahingehend getroffen, dass es ohne den Erlass des Haltungsverbots des Kampfhundes „N.“ gegenüber dem Antragsteller mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer weiteren Verletzung der o.g. Rechtsgüter kommen werde.
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Die Untersagung und die Anordnungen in Ziffer 2 entsprächen einer pflichtgemäßen Ermessensausübung. Der Antragsteller sei richtiger Adressat der Anordnungen. Diese seien geeignet, erforderlich und auch angemessen.
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Die sofortige Vollziehung der Ziffer 2 des Bescheids gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO liege im besonderen öffentlichen Interesse. Dieses liege darin, die Bürger unverzüglich in ihren Rechten auf körperliche Unversehrtheit zu schützen und nicht durch eine ungeeignete Hundehaltung beeinträchtigen zu lassen. Vorliegend sei insbesondere das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit von Menschen gefährdet. Die Allgemeinheit habe einen Anspruch darauf, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch Maßnahmen zur Einhaltung der Rechtsordnung aufrechterhalten werde, die durch die Verwirklichung ordnungswidrigkeitenrechtlicher Tatbestände gestört werde. Die Allgemeinheit habe einen Rechtsanspruch darauf, vor Gefahr für Leben, Gesundheit und Eigentum, wie sie von Kampfhunden ausgehen würden, geschützt zu werden. Die getroffenen Anordnungen würden hierzu dienen und seien erforderlich. Ein Zuwarten bis zur Unanfechtbarkeit hätte zur Folge, dass der Antragsteller den Hund „N.“, dessen Kampfhundeeigenschaft wegen der Rasse „American Staffordshire Terrier-Mix“ stets vermutet werde, halten dürfe. Die erheblichen Gefahren für o.g. Rechtsgüter würden ein sofortiges Einschreiten erfordern. Die Interessen der Allgemeinheit würden das Interesse des Antragstellers an einer weiteren Hundehaltung überwiegen.
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Die Zwangsgeldandrohungen unter Ziffer 4 des Bescheids seien in ihrer Bemessung angemessen und würden sich auf Art. 18, 19, 29, 31 und 36 VwZVG stützen.
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Die Kostenfestsetzung beruhe auf Art. 1 Abs. 1 Satz 1 und Art. 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 5, 6, 10, 11, 15 KG i.V.m Tarif-Nummer 2.II.1/1 des KVz zum Kostengesetz.
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Auf die Begründung des Bescheids wird im Einzelnen verwiesen.
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Am 25. Januar 2023 ließ der Antragsteller seine Klage umstellen, nunmehr mit dem Ziel der Aufhebung des Bescheids vom 28. Dezember 2022 bzw. der Verpflichtung der Antragsgegnerin, ihm für seinen Hund ein Negativzeugnis zu erteilen (Au 8 K 22.1756).
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Gleichzeitig begehrt der Antragsteller im vorliegenden Verfahren einstweiligen Rechtsschutz in der Form des Erlasses einer einstweiligen Anordnung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO und ließ beantragen,
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den Bescheid der Antragsgegnerin vom 28. Dezember 2022 über den Vollzug des LStVG hinsichtlich der in Ziffer 2 mit den Unterziffern 2.1 bis 2.4 sowie Ziffer 3 ergangenen Anordnungen bis zur Rechtskraft der im anhängigen Hauptsacheverfahren ergehenden Entscheidung auszusetzen und die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass eine anderweitige Rechtshängigkeit nicht gegeben sei. Die „Beschwerde“ vor dem Landgericht Augsburg sei hinsichtlich des an das Amtsgericht Augsburg verwiesenen Rechtsstreits in Bezug auf den am „29.08.2022“ gestellten Antrag auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung „zurückgenommen“ worden. Der streitgegenständliche Bescheid der Antragsgegnerin sei rechtswidrig und verletze den Antragsteller in seinen Rechten. Zur Begründung werde zunächst auf die erweiterte Klage verwiesen: Das F.-Gutachten habe angesichts der Tatsache, dass sowohl American Staffordshire Terrier, Pit Bull Terrier, American Bully gleiche Gen-Marker und Rassen wie der Old English Bulldog einen hohen Anteil an Gen-Markern eines American Staffordshire Terrier hätten, keine eindeutige Rassenbestimmung vornehmen können. Danach sei es vielmehr möglich, dass selbst dann, wenn das Vatertier ein Mischling von American Bully und Old English Bulldog und das Muttertier ein Mix von Old English Bulldog und American Staffordshire Terrier sei, der DNA-Test bis zu 100% American Staffordshire Terrier detektiere. Auf „N.“ bezogen, würde der Hund selbst in diesem extremen Fall trotz der attestierten 87,5% American Staffordshire Terrier-Anteile zur F2-Generation gehören. Auch das Gutachten des Sachverständigen S. sei nicht aussagekräftig, da wesentliche äußere Merkmale eines American Staffordshire Terrier bei „N.“ dem FCI-Standard 286 nicht entsprochen hätten, wie insbesondere die Kopfform, die Ohrenform, die Größe und das Verhalten. Im Gegenteil hätte der Sachverständige Dr. G. bei „N.“ folgende Merkmale rassetypisch für einen American Bulldog entsprechend dem UKC-Standard gesehen wie Größe, Gewicht, Schnauze, sehr flacher Stopp. Die Antragsgegnerin könne nicht den Nachweis führen, dass „N.“ eine F1-Generation von einem American Staffordshire Terrier und damit überhaupt ein Kampfhund sei. Jedenfalls könne man nicht davon ausgehen, dass ein Elterntier von „N.“ ein reinrassiger American Staffordshire Terrier sei.
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Unter diesen Umständen wären die Erfolgsaussichten des Hauptverfahrens zumindest offen. Allerdings überwiege bei der gebotenen Interessenabwägung das Interesse des Antragstellers, bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens „N.“ bei sich behalten zu dürfen, das öffentliche Interesse an der Abgabe des Hundes. Das Verhalten des Hundes sei sowohl bei der Überprüfung bei Dr. G. und Herrn S. friedlich, freundlich, unbefangen, ausgeglichen und geduldig, führig und willig gewesen. Eine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen und Artgenossen habe „N.“ eindeutig nicht gezeigt. Soweit die Antragsgegnerin auf den Beißvorfall vom 12. Oktober 2019 hinweise und daraus eine von „N.“ ausgehende Gefahr für diesbezügliche Vorfälle folgere, vermöge – abgesehen davon, dass der Vorfall drei Jahre zurückliege – die von „N.“ behauptete ausgehende Gefahr das ausgesprochene Haltungsverbot nicht zu begründen. Denn dieser behaupteten Gefahr, die nach den Feststellungen der Sachverständigen so gut wie nie gegeben sei, würde die Antragsgegnerin ohne Weiteres mit einem milderen Mittel, wie z.B. Leinenzwang, begegnen können.
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Auf die Antragsbegründung wird im Einzelnen verwiesen.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Antrag unbegründet sei. Die Prüfung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache ergebe, dass der Bescheid vom 28. Dezember 2022 rechtmäßig sei und die Klage deshalb abzuweisen sein werde. Der Bescheid sei formell rechtmäßig. Die Anordnung des Sofortvollzugs beruhe auf § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO. Das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts sei schriftlich begründet worden. Der Bescheid sei materiell rechtmäßig.
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Rechtsgrundlage für die Ablehnung des Antrags auf Erteilung des Negativzeugnisses sei Art. 37 Abs. 1 LStVG i.V.m. § 1 Abs. 1 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit. Der Antragsteller halte einen Hund der Rasse „American Staffordshire Terrier-Mix“. Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit werde bei dieser Rasse sowie deren Kreuzung mit anderen Hunden die Eigenschaft als Kampfhund stets unwiderlegbar vermutet. Dies gelte auch unter Beachtung der Rechtsprechung des BayVGH (u.a. B.v. 2.4.2019 – 10 CS 19.277). Aufgrund der gutachterlichen Stellungnahme des Sachverständigen S. sowie seiner ergänzenden Stellungnahme nebst Rassezertifikat des Labors F. stehe für die Antragsgegnerin fest, dass es sich beim Hund „N.“ um einen American Staffordshire Terriermischlingshund handele. Ausweislich des Ergebnisses der Rassebestimmung des Labors F. sei ein Elternteil von „N.“ ein reinrassiger American Staffordshire Terrier gewesen. Hinsichtlich der Bedenken des Antragstellers, dass das Gutachten des Sachverständigen S. nicht aussagekräftig sei, werde auf die ergänzende Stellungnahme des Gutachters S. verwiesen. Dort stelle dieser klar, dass er sich ausschließlich auf den Rassestandard FCI Nr. 286 bezogen habe. Ziel des Rassestandards sei die Beschreibung eines „idealen Vertreters“ der jeweiligen Rasse. Eine hundertprozentige Übereinstimmung mit dem Rassestandard gebe es in der Praxis nicht. Die markant und signifikant feststellbaren phänotypischen Merkmale des American Staffordshire Terriers seien durch den Gutachter S. festgestellt und dementsprechend beschrieben worden.
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Die unter Ziffer 2 des Bescheids getroffenen Anordnungen würden auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 LStVG beruhen. Die Haltung eines Kampfhundes sei erlaubnispflichtig. Die erforderliche Erlaubnis besitze der Antragsteller nicht. Die Haltung ohne Erlaubnis stelle nach Art. 37 Abs. 4 Nr. 1 LStVG eine Ordnungswidrigkeit dar. Um die weitere Begehung zu unterbinden, hätten die Anordnungen getroffen werden können. Ebenso könnten Anordnungen getroffen werden, um Gefahren für Leben oder Gesundheit von Menschen oder Sachwerte, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten erscheinen, abzuwehren. Die Haltung von „N.“ ohne Erlaubnis stelle eine konkrete Gefahr dar.
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Das der Antragsgegnerin zustehende Ermessen sei pflichtgemäß ausgeübt worden. Weniger belastende Maßnahmen kämen nicht in Betracht.
45
Auf die Antragserwiderung wird im Einzelnen verwiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, auch in den Verfahren Au 8 K 22.1756 und Au 8 E 22.1757, sowie der vorgelegten Behördenakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.
47
Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz bleibt ohne Erfolg.
48
Das Gericht geht nach Maßgabe der §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO in Auslegung des Rechtsschutzbegehrens davon aus, dass der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz im Wege des § 80 Abs. 5 VwGO, und nicht in Form des Erlasses einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO erstrebt. Das Begehren des Antragstellers erstreckt sich nicht auf eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegen Ziffern 4 und 5 des Bescheids vom 28. Dezember 2022, weil sich der vom anwaltlichen Bevollmächtigten des Antragstellers begehrte vorläufige Rechtsschutz gemäß § 80 Abs. 5 VwGO explizit nur gegen Ziffern 2 und 3 des verfahrensgegenständlichen Bescheids wendet. Eine über das so ausdrücklich formulierte Antragsbegehren hinausgehende Auslegung ist dem Gericht verwehrt, zumal der Antragsteller in der Hauptsache (Au 8 K 22.1756) ohne eine solche Beschränkung auf bestimmte Ziffern den Bescheid vom 28. Dezember 2022 angreift (respektive die Erteilung eines Negativzeugnisses begehrt), so dass die durch den anwaltlich vertretenen Antragsteller vorgenommene ausdrückliche Beschränkung des Eilantrags nach § 80 Abs. 5 VwGO dahingehend zu beachten ist.
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1. Der Antrag des Antragstellers nach § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung seiner erhobenen Klage insoweit wiederherzustellen, ist zulässig, aber unbegründet. Die im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 80 Abs. 5 VwGO durch das Verwaltungsgericht vorzunehmende eigenständige Abwägung zwischen dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers und dem öffentlichen Vollzugsinteresse fällt zu Lasten des Antragstellers aus. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung dürfte die Klage des Antragstellers in dem zur Entscheidung des Gerichts gestellten Umfang voraussichtlich ohne Erfolg bleiben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Gründe, gleichwohl im Interesse des Antragstellers die aufschiebende Wirkung seiner erhobenen Klage wiederherzustellen, sind nicht ersichtlich.
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In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO hat das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung anhand der in § 80 Abs. 2 Satz 1 VwGO niedergelegten Kriterien zu treffen. Es hat zu prüfen, ob das Vollzugsinteresse so gewichtig ist, dass der Verwaltungsakt sofort vollzogen werden darf, oder ob das gegenläufige Interesse des Antragstellers an der Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage (bzw. seines Widerspruchs) überwiegt. Wesentliches Element im Rahmen der insoweit gebotenen Abwägung der widerstreitenden Vollzugs- und Suspensivinteressen ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache, die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechend nur aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen kann. Erweist sich der Rechtsbehelf als offensichtlich Erfolg versprechend, so wird das Interesse des Antragstellers an einer Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage stärker zu gewichten sein, als das gegenläufige Interesse des Antragsgegners. Umgekehrt wird eine Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage grundsätzlich nicht in Frage kommen, wenn sich der Rechtsbehelf als offensichtlich aussichtslos darstellt. Sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs nicht eindeutig zu beurteilen, sondern nur tendenziell abschätzbar, so darf dies bei der Gewichtung der widerstreitenden Interessen – dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers einerseits und dem Vollzugsinteresse des Antragsgegners andererseits – nicht außer Acht gelassen werden. Lassen sich nach summarischer Überprüfung noch keine Aussagen über die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs machen, ist also der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen, findet eine allgemeine, von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs unabhängige Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt (vgl. zum Ganzen BVerfG, B.v. 24.2.2009 – 1 BvR 165/09 – NVwZ 2009, 581; BVerwG, B.v. 11.11.2020 – 7 VR 5.20 u.a. – juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 17.9.1987 – 26 CS 87.01144 – BayVBl. 1988, 369; Eyermann, 16. Aufl. 2022, VwGO, § 80 Rn. 65 ff. m.w.N.).
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Soweit die Behörde die sofortige Vollziehung ausdrücklich gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet hat, d.h. die aufschiebende Wirkung der Klage nicht bereits kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, hat das Gericht zunächst zu prüfen, ob sich bereits die Anordnung der sofortigen Vollziehung als formell rechtswidrig erweist, insbesondere ob sich die behördliche Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung im Sinne des § 80 Abs. 3 VwGO als nicht ausreichend erweist; ist dies der Fall, hat das Gericht ohne weitere Sachprüfung die Vollziehungsanordnung aufzuheben (vgl. Eyermann, VwGO, § 80 Rn. 54 ff., 98).
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2. Der Antrag des Antragstellers nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig, insbesondere nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO statthaft. Eine anderweitige Rechtshängigkeit ist bezogen auf den Streitgegenstand (Ziffern 2 und 3 des Bescheids vom 28. Dezember 2022) bzw. den im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes verfolgten prozessualen Anspruch auch vor dem Hintergrund des ergangenen Beschlusses des Gerichts vom 15. September 2022 im Verfahren Au 8 E 22.1757 (VG Augsburg, B.v. 15.9.2022 – Au 8 E 22.1757) nicht ersichtlich.
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3. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist formell rechtmäßig, insbesondere sind die sich aus § 80 Abs. 3 VwGO ergebenden Begründungserfordernisse gewahrt. An die Begründung sind keine übermäßig hohen Anforderungen zu stellen (Eyermann, VwGO, § 80 Rn. 43 ff.). Die vorliegende Begründung genügt den Anforderungen nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Sie setzt sich hinreichend mit den Besonderheiten des Einzelfalls unter Berücksichtigung der typischen Interessen bei einer sicherheitsrechtlichen Haltungsuntersagung bei Kampfhunden und einer damit verbundenen Abgabeverpflichtung und Nachweisverpflichtung etc. auseinander. Sie berücksichtigt insbesondere die Gesamtumstände des Einzelfalls und verfolgt (der Sache nach) das Ziel einer effektiven Gefahrenabwehr unter Abwägung der fortwährenden Beeinträchtigung des reibungslosen und effektiven Vollzugs von Art. 37 LStVG sowie schutzwürdiger Belange von Personen, namentlich von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. Die Antragsgegnerin hat zutreffend die widerstreitenden Interessen erkannt und ihrer konkreten Abwägung und Prüfung zugrunde gelegt. Sie hat auch zu erkennen gegeben, weswegen sie eine Anordnung des Sofortvollzugs des Verwaltungsakts für geboten erachtet. Ob diese Aspekte das besondere Vollzugsinteresse nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO tragen, ist für die Frage der formellen Rechtmäßigkeit des Sofortvollzugs unerheblich. Sonstige Gründe, welche die Anordnung der sofortigen Vollziehung als formell rechtswidrig erscheinen lassen könnten, sind weder substantiiert vorgetragen noch ersichtlich.
54
4. Die gebotene, aber auch ausreichende summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage ergibt, dass die Klage gegen Ziffer 2 des Bescheids voraussichtlich keinen Erfolg haben wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Es wird insoweit auf den streitgegenständlichen Bescheid, einschließlich seiner ausführlichen Begründung zur Ablehnung des Antrags auf Erteilung eines Negativzeugnisses, Bezug genommen (vgl. §§ 122 Abs. 2, 117 Abs. 5 (analog) VwGO). Lediglich ergänzend wird ausgeführt:
55
a) Es kann offenbleiben, ob die Anordnungen auf von der Hundehaltung ausgehende, konkrete Gefahren im Sinne von Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG für Leben und Gesundheit von Menschen oder Sachwerte, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten erscheint, gestützt werden können. Ob diese trotz des unstrittigen Beißvorfalls am 12. Oktober 2019 verhältnismäßig sind, erscheint bei – wie hier – fehlenden vorherigen Anordnungen nach Art. 18 Abs. 2 LStVG fraglich. Darauf kommt es vorliegend aber nicht an, weil die von der Antragsgegnerin (der Sache nach) gegebene Begründung trägt, die ungenehmigte Haltung des als Kampfhund einzustufenden Hundes „N.“ verwirkliche die Ordnungswidrigkeit des Art. 37 Abs. 4 Nr. 1 LStVG und sei deshalb nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG zu unterbinden.
56
b) Ihre Rechtsgrundlage finden die Anordnungen in Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG. Nach dieser Vorschrift können die Sicherheitsbehörden zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Einzelfall Anordnungen treffen, um rechtswidrige Taten, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder einer Ordnungswidrigkeit verwirklichen, zu verhüten oder zu unterbinden. Der Antragsteller hält einen Kampfhund im Sinne des Art. 37 Abs. 1 LStVG i.V.m. § 1 Abs. 1 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit (KampfhundeV). Bei dem von dem Antragsteller gehaltenen Hund handelt es sich (zumindest) um eine Kreuzung aus einem reinrassigen American Staffordshire Terrier und einem anderen Hund, demgemäß um einen Hund einer Hunderasse, die in § 1 Abs. 1 KampfhundeV als Kampfhund gelistet ist und aufgrund dieser Rassezuordnung einer Erlaubnispflicht nach Art. 37 Abs. 1 LStVG unterliegt.
57
Entgegen der Auffassung der Antragstellerseite ist auch die Rassezuordnung des vom Antragsteller gehaltenen Hundes nicht zweifelhaft.
58
Die Kampfhundeeigenschaft wird bei den in § 1 Abs. 1 der KampfhundeV genannten Hunden sowie deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden stets vermutet. Bei Kreuzungen wird nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs die Kampfhundeeigenschaft allerdings nur bis zur sog. F1-Generation angenommen, d.h. ein Elternteil des Mischlingshundes ist ein reinrassiger Kampfhund im Sinne des § 1 Abs. 1 KampfhundeV (vgl. etwa BayVGH, B.v. 2.4.2019 – 10 CS 19.277 – juris Rn. 15 m.w.N.).
59
Sind – wie hier – die Elterntiere des Hundes „N.“ nicht bekannt, so kann dessen Rasse grundsätzlich nach dem äußeren Erscheinungsbild (Phänotyp), insbesondere Größe, Körperbau, Kopfform etc., bestimmt werden. § 1 Abs. 1 KampfhundeV setzt hierbei keine „Reinrassigkeit“ bzw. „volle Entsprechung“ zum Rassestandard voraus, da von der Einstufung als Kampfhund auch Kreuzungen der genannten Rassen und Gruppen erfasst sind (vgl. BayVGH, B.v. 2.10.2019 – 10 ZB 18.2134 – juris Rn. 6). Nur wenn eine solche (vorrangige) Rassebestimmung durch einen Sachverständigen nach dem Äußeren (Phänotyp) nicht zuverlässig möglich ist, ist eine Rassezuordnung gemäß den drei Kriterien Phänotyp, Wesen und Bewegungsablauf vorzunehmen; die Zuordnung eines Hundes zu einer Rasse ist in einem solchem Fall nur möglich, wenn alle drei Zuordnungskriterien gleichzeitig erfüllt sind (vgl. etwa BayVGH, B.v. 14.5.2019 – 10 CS 19.230 – juris Rn. 8; vgl. auch BayVGH, B.v. 2.4.2019 – 10 CS 19.277 – juris Rn. 17, ohne von dem vorgenannten Grundsatz, dass eine Zuordnung auch bei einem Mischlingshund allein nach dem Äußeren (Phänotyp) möglich sein kann, abzuweichen; im konkreten Einzelfall bestanden Zweifel an einer phänotypischen Zuordnung). Auch die aktuelle Fassung der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern zum Vollzug des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes (VollzBekLStVG), geht in entsprechender Weise von diesen Maßstäben aus und legt im Einklang mit der Rechtsprechung (vgl. bereits BayVGH, B.v. 2.4.2019 – 10 CS 19.277 – juris) zugrunde, dass eine alleinige Gen-Analyse (DNA-Gutachten) zur Rassezuordnung nicht hilfreich ist, da eine eindeutige genetische Zuordnung von vielen verschiedenen Faktoren (z.B. Bandbreite körperlicher und genetischer Merkmale einer Rasse; der als Vergleichsbasis verwendete Genpool kann stark variieren) abhängig und derzeit kaum möglich ist. Eine Gen-Analyse kann zur Unterstützung einer Rassebestimmung allerdings sinnvoll sein (Nr. 37.3.1 VollzBekLStVG; vgl. zum Ganzen auch BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, 20. Edition, Stand: 1. Juli 2022, Art. 37 LStVG Rn. 27 ff. m.w.N.).
60
aa) Es begegnet keinen durchgreifenden Bedenken, dass die Antragsgegnerin davon ausgeht, dass eine eindeutige Rassezuordnung des Hundes „N.“ auf Grundlage des vom Antragsteller vorgelegten Befunds des Labors L. vom 26. November 2020 nicht möglich ist. Es wird auf die zutreffende Begründung im angegriffenen Bescheid Bezug genommen und auf die vorgenannten Schwierigkeiten bei einer Gen-Analyse zur Rassezuordnung verwiesen (vgl. oben Rn. 59). Hinzukommt, dass nach der Einordnung des Labors L. ermittelte Zuordnungswahrscheinlichkeiten – wie hier – von < 30% „nicht aussagekräftig“ seien (vgl. Bl. 57 der Behördenakte, obschon eine solche darauf hinweise, dass es sich „weder um ein reinrassiges Tier der in der Datenbank hinterlegten Rassen, noch um einen Mischling, bei dem ein Elternteil zu einer der Referenzpopulationen“ gehöre, handele). Des Weiteren umfasst die Datenbank des Labors L. nicht alle Hunderassen der Kategorie 1 oder 2 im Sinne des § 1 KampfhundeV (vgl. Bl. 56 der Behördenakte).
61
bb) Mit der Antragsgegnerin ist davon auszugehen, dass die Rassezuordnung des Hundes „N.“ als „American-Bulldog-Mix“ auf Grundlage des vom Antragsteller vorgelegten Gutachtens des Sachverständigen Dr. G. vom 10. Mai 2021 samt den entsprechenden Ergänzungen vom 5. September 2021, 14. November 2021 und 21. November 2021 nicht schlüssig ist. Die aufgeworfene Frage der „mögliche[n] Abstammung von Staffordshire-Terriern“ wird nicht plausibel aufgelöst. Im Gutachten wird nicht dargelegt, in welcher Hinsicht der Hund vom Rassestandard des American Bulldog abweicht. Es leuchtet nicht ein, dass nur, da kein Abstammungsnachweis von „N.“ existiere, der Hund künftig ausschließlich als „American-Bulldog-Mix“ bezeichnet werden könne (vgl. Bl. 79 ff. der Behördenakte). Daneben fällt die Rassebestimmung teils (zu) knapp aus, sodass die Nachvollziehbarkeit der vorgenommenen Zuordnung zum gegenwärtigen Sach- und Streitstand substanziell in Zweifel gezogen ist. Überdies bleibt im Gutachten unerwähnt, dass für „N.“ der Befund einer Gen-Analyse existiert(e).
62
Obgleich der Sachverständige Dr. G. in seinen Ergänzungen vom 5. September 2021 Rassestandards des American Bulldogs und des American Staffordshire Terriers aufschlüsselt, vermag auch weiterhin nicht plausibel nachvollzogen zu werden, aufgrund welcher Merkmale (konkret) die Rassezuordnung erfolgt (vgl. hierzu etwa Bl. 89 der Behördenakte: „Der o.g. Vergleich der Rassestandards spricht somit eindeutig“ für „N.“). Aus den Ergänzungen vom 14. November 2021 und 21. November 2021 ergibt sich nichts Anderes. Im Übrigen wird auf die zutreffende Begründung im streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen.
63
cc) Demgegenüber kann auf Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen S. vom 2. November 2022 mit der ergänzenden Stellungnahme vom 13. Dezember 2022 von einer nachvollziehbaren und schlüssigen Zuordnung des Hundes „N.“ zur Rasse American Staffordshire Terrier bzw. Folgerung von „N.“ als Mischling mit weit überwiegenden Merkmalen dieser Rasse und damit als – Kreuzung aus einem reinrassigen American Staffordshire Terrier und einem anderen Hund – einem Kampfhund gemäß § 1 Abs. 1 KampfhundeV ausgegangen werden.
64
Nach den Feststellungen des Sachverständigen S. in seinem Gutachten ist der Hund „N.“ insbesondere aufgrund der phänotypischen Merkmale als auch dem Bewegungsablauf nach „weit überwiegend“ der Rasse American Staffordshire Terrier zuzuordnen. Der Sachverständige S. hat entgegen der Auffassung der Antragstellerseite bei der durchgeführten Begutachtung des Hundes „N.“ am 5. Oktober 2022 die Rassebestimmung in rechtlich nicht zu beanstandender Weise nach dem Äußeren vorgenommen. Da er aufgrund dieser Beurteilung – für ihn zweifelsfrei – den Hund der Rasse des American Staffordshire Terriers zuordnen konnte bzw. folgerte, dass „N.“ ein Mischling mit weit überwiegenden Merkmalen dieser Rasse (Kampfhund der Kategorie 1 gemäß § 1 Abs. 1 KampfhundeV) ist, war im konkreten Fall eine Rassebestimmung nach den drei Zuordnungskriterien Phänotyp, Wesen und Bewegungsablauf fachlich nicht mehr geboten. Plausibel hat der Sachverständige S. dies auch im Hinblick auf vorgebrachte Zweifel der Antragstellerseite in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 13. Dezember 2022 nochmals ausdrücklich bestätigt. Warum eine Rassezuordnung im konkreten Fall nach phänotypischen Merkmalen durch einen Sachverständigen bei dem Hund nicht zuverlässig möglich sein soll, ist weder substantiiert und schlüssig dargelegt noch ersichtlich. Bei der Rassebestimmung von „N.“ hat der Sachverständige S. die markant und signifikant feststellbaren äußeren Merkmale des American Staffordshire Terriers auf Grundlage des Rassestandards Nr. 286 der Federation Cynologique Internationale (FCI) festgestellt und beschrieben sowie, soweit aus Sicht des Sachverständigen für eine eindeutige Rassezuordnung geboten, entsprechende Abweichungen zwischen dem Rassestandard und dem streitgegenständlichen Hund einbezogen.
65
Die Rassezuordnung beruht insbesondere auf Feststellungen zu den Merkmalen Kopf (Oberkopf: Schädel/ Stirnabsatz; Gesichtsschädel: wie z.B. Fang, Lefzen, Backen), Haarkleid, allgemeines Erscheinungsbild, Körper(bau), Gangwerk sowie Rute und ist nachvollziehbar und schlüssig vor dem Hintergrund, dass ausgehend vom Idealtypus des Rassestandards Abweichungen (auch in einzelnen Merkmalen) die Einstufung von „N.“ als Hund der Rasse American Staffordshire Terrier respektive als Mischling (der F1-Generation) mit weit überwiegenden Merkmalen dieser Rasse und demnach einen Kampfhund gemäß § 1 Abs. 1 KampfhundeV nicht nachhaltig in Frage stellt. Dies gilt insbesondere, wenn – wie hier – festgestellte Abweichungen zum Rassestandard des American Staffordshire Terriers (z.B. Übergröße, abfallendes Schädeldach, zeitweise fehlerhafte Ohrhaltung) plausibel eingeordnet und der Rassebestimmung bewertend („weit überwiegend“) zugrunde gelegt wurden. Bei summarischer Prüfung vermögen die von der Antragstellerseite vorgebrachten Einwände die Feststellungen des Sachverständigen S. nicht durchgreifend in Zweifel zu ziehen. Eine aussagekräftige Rassebestimmung nach dem Äußeren setzt keine volle Entsprechung zum Rassestandard voraus (vgl. oben Rn. 59). Angesichts dessen, dass der FCI-Rassestandard Nr. 286 im Rahmen der Zucht dieser Rasse ein Idealbild formuliert, welchem auch reinrassige Zuchtexemplare nur nahekommen, aber wohl nie völlig erreichen können, ist es plausibel, wenn ein Gutachter Abweichungen feststellt und unter Berücksichtigung dieser Abweichungen gleichwohl zu der Folgerung gelangt, dass die (weit) überwiegend festgestellten Merkmale eine eindeutige Zuordnung der Rassezugehörigkeit ermöglichen.
66
Das Rassezertifikat des Labors F. stützt schließlich die Feststellungen des Sachverständigen S.: „N.“ sei ein Mix aus den Rassen American Staffordshire Terrier und Mischlingshund; bei einem Elternteil handele es sich um einen reinrassigen Hund der Rasse American Staffordshire Terrier, bei dem anderen Elternteil handele es sich um einen Mix aus American Staffordshire Terrier/ Mischlingshund; der prozentuale Rasseanteil am American Staffordshire Terrier liege bei 87,5%. Es kommt in diesem Zusammenhang nicht mehr entscheidend darauf an, ob mittlerweile Gen-Analysen geeignet sind, die Rassezugehörigkeit eines Hundes valide zu bestimmen und damit die getroffenen Feststellungen zu bestätigen bzw. ob die von der Antragstellerseite im konkreten Fall insoweit vorgebrachten Einwände verfangen. Einer ggf. unterstützenden (im Einzelfall bestätigend oder in Zweifel ziehend) genetischen Analyse (Nr. 37.3.1 VollzBekLStVG) bedurfte es vorliegend nicht, wenn – wie hier – eindeutig wegen des Phänotyps eine Rassezuordnung in die Kategorie 1 gemäß § 1 Abs. 1 KampfhundeV mit (jedenfalls) hinreichender Sicherheit möglich ist (vgl. auch BayVGH, B.v. 2.10.2019 – 10 ZB 18.2134 – juris Rn. 6 zu einem nicht möglichen bzw. verweigerten DNA-Test).
67
c) Gerichtlich nach § 114 Satz 1 VwGO überprüfbare Ermessensfehler sind ebenso nicht ersichtlich. Insbesondere sind die Anordnungen in Ziffer 2 des Bescheids vom 28. Dezember 2022 verhältnismäßig (aa). Die Antragsgegnerin hat nicht verkannt, dass die verfügten Anordnungen – grundsätzlich – in ihrem Ermessen stehen, und dieses in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeübt sowie alle relevanten Belange mit dem ihnen zustehenden Gewicht eingestellt (bb). Zu beachten ist insoweit jedoch, dass hinsichtlich der gesetzlichen Wertung der Gefahrenlage in Art. 37 Abs. 1 LStVG grundsätzlich kein Ermessensspielraum verbleibt (sog. intendiertes Ermessen), die Haltung eines Kampfhundes ohne die erforderliche Erlaubnis also regelmäßig zu unterbinden und die Abgabe anzuordnen ist (vgl. dazu etwa BayVGH, B.v. 27.2.2019 – 10 CS 19.180 – juris Rn. 19; B.v. 19.3.2020 – ZB 19.459 – juris Rn. 28).
68
aa) An der Verhältnismäßigkeit (Art. 8 LStVG) der Anordnungen in Ziffer 2 des Bescheids zur Unterbindung der Haltung eines Kampfhundes ohne die erforderliche Erlaubnis (Ordnungswidrigkeit i.S.v. Art. 37 Abs. 4 Nr. 1 LStVG, Art. 1 Abs. 2 LStVG) bestehen keine Zweifel. Ein milderes Mittel zur Unterbindung dieser rechtswidrigen Tat im Sinne des Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG ist entgegen dem Vorbringen der Antragstellerseite unter Verweis auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18. September 2013 (10 CS 13.1544 – juris) auch nicht ersichtlich; etwaige (strengere) Auflagen zur Hundehaltung nach Art. 18 Abs. 2 LStVG sind zur Erreichung des Maßnahmenzwecks gerade nicht geeignet (vgl. auch etwa BayVGH, B.v. 14.5.2019 – 10 CS 19.230 – juris Rn. 11).
69
Der nicht unerhebliche, aber nicht irreversible (vgl. Art. 8 Abs. 3 LStVG), Eingriff in die von Art. 14 GG geschützte Eigentumsfreiheit wiegt nicht so schwer, dass dieser das bereits dargelegte (vgl. dazu oben Rn. 53) der Regelung des Art. 37 LStVG zugrundeliegende öffentliche Interesse, d.h. einem nicht widerlegbaren bzw. nicht widerlegten Gefahrenpotential eines Kampfhundes für höchstrangige Rechtsgüter wie Leben und körperliche Unversehrtheit von Menschen im Vorfeld effektiv zu begegnen, vorliegend überwiegen könnte (vgl. auch, obgleich mit etwas anderer Akzentsetzung, BayVGH, B.v. 12.1.2016 – 10 CS 15.2239 – juris Rn. 18; U.v. 19.3.2019 – 10 BV 18.1917 – juris Rn. 28 und 31).
70
Der Antragsteller vermag den Anordnungen mit Blick darauf, dass er seinen Hund bereits seit dem Jahre 2018 hält, zudem keinen „Duldungsanspruch“ entgegenzuhalten. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Antragsgegnerin die unerlaubte Hundehaltung bisweilen unbeanstandet hingenommen hätte. Im Übrigen existiert in dem Bereich der Gefahrenabwehr ein solche Duldung nicht (vgl. dazu etwa BayVGH, B.v. 20.3.2006 – 24 CS 06.437 – juris Rn. 21).
71
Auch im Hinblick auf tierschutzrechtliche Belange erweisen sich die Anordnungen nicht als unverhältnismäßig. Es ist weder substantiiert dargetan noch erkennbar, welchen schwerwiegenden tierschutzrechtlichen Interessen nicht auch durch einen neuen berechtigten Halter hinreichend Rechnung getragen werden könnte. Der Abbruch der Halter-Tier-Beziehung ist, auch wenn dies für den Antragsteller und seinen Hund „N.“ belastend sein mögen, typische Folge einer nach o.g. Maßgaben (vgl. oben Rn. 54 ff.) Haltungsuntersagung mit Abgabeverpflichtung und kann als solches keinen hiervon, ggf. abweichend zu beurteilenden, extremen Ausnahmefall begründen (vgl. dazu auch BayVGH, B.v. 19.3.2020 – 10 ZB 19.459 – juris Rn. 28 f.).
72
bb) Die angegriffenen Anordnungen sind des Weiteren nicht ermessensfehlerhaft bzw. unverhältnismäßig, weil die Kampfhundehaltung lediglich formell illegal wäre und der bestehende rechtswidrige Zustand in Kürze rechtmäßig werden würde (vgl. BayVGH, B.v. 30.6.2014 – 10 CS 14.1245 u.a. – juris Rn. 18; B.v. 27.2.2019 – 10 CS 19.180 – juris Rn. 19). Zwar ist von einer Haltungsuntersagung samt Abgabeverpflichtung etc. abzusehen, wenn sich sicher absehen lässt, dass sich der rechtswidrige Zustand in Kürze ändern wird, d.h. eine Haltung offensichtlich erlaubnisfähig wäre (vgl. BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht, Art. 18 LStVG Rn. 207; vgl. auch BayVGH, B.v. 27.2.2019 – 10 CS 19.180 – juris Rn. 19). Ein solcher Fall ist im Hinblick auf den Hund „N.“ indes nicht gegeben.
73
Der Antragsteller besitzt weder die erforderliche Erlaubnis noch hat er ein berechtigtes Interesse im Sinne des Art. 37 Abs. 2 LStVG nachgewiesen. Der Antragsteller hat aller Voraussicht nach keinen Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis für die Haltung seines Kampfhundes gemäß Art. 37 Abs. 1 und 2 LStVG. Die Haltung ist nach den insoweit existierenden restriktiven Maßgaben, v.a. zur Frage eines berechtigten Interesses (vgl. BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht, Art. 37 LStVG Rn. 66 ff.; vgl. auch BayVGH, B.v. 15.10.2018 – 10 CS 18.102 – juris Rn. 26 ff. m.w.N.), jedenfalls nicht offensichtlich erlaubnisfähig. Etwas Anderes ist weder dargetan noch ersichtlich. Insbesondere kann allein die Tatsache, dass bereits mit der Haltung begonnen wurde, für sich genommen nicht dazu führen, dass ein berechtigtes Interesse an der Hundehaltung entsteht, weil andernfalls das präventive Verbot mit Erlaubnisvorbehalt in Art. 37 Abs. 1 LStVG vielfach leerliefe (vgl. BayVGH, B.v. 19.3.2020 – 10 ZB 19.459 – juris Rn. 23).
74
cc) Es sind letztlich keine außergewöhnlichen Umstände substantiiert dargetan oder ersichtlich, die das Art. 37 LStVG zugrundeliegende Besorgnispotenzial, zum Beispiel alters- oder gesundheitsbedingt, für jedermann offensichtlich in Zweifel ziehen könnten (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 19.3.2020 – 10 ZB 19.459 – juris Rn. 28; vgl. auch BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Art. 18 LStVG Rn. 206).
75
5. Selbst wenn man davon ausgeht, dass zur Gewinnung einer erforderlichen vollen richterlichen Überzeugung der Kampfhundeeigenschaft von „N.“ der Sachverständige S. im Hauptsacheverfahren unter Umständen noch näher einordnen müsse, anhand welcher ganz konkreten Merkmale er auch unter Berücksichtigung der festgestellten Abweichungen zum Rassestandard zu seiner Zuordnung zur Rasse American Staffordshire Terrier bzw. Folgerung als Mischling mit weit überwiegenden Merkmalen dieser Rasse gekommen ist, bliebe die Klage des Antragstellers jedenfalls voraussichtlich mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auch ohne Erfolg.
76
Das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung der angeordneten Haltungsuntersagung samt Abgabeverpflichtung etc. überwiegt sowohl unter Berücksichtigung der für das vorliegende Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausreichenden „Indizwirkung“ der durch den Sachverständigen S. vorgenommenen Zuordnung zur Rasse des American Staffordshire Terriers als auch eingedenk des Umstands, dass sich das bei Kampfhunden dieser Kategorie (Kategorie 1, § 1 Abs. 1 KampfhundeV) angenommene Gefährdungspotential für höchstrangige Rechtsgüter wie Leben und körperliche Unversehrtheit von Menschen (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) bei „N.“ bereits durch den nicht unerheblichen Beißvorfall vom 12. Oktober 2019 realisiert und „N.“ das im vorgenannten Sinne angenommene Gefährdungspotential durch sein Verhalten – ungeachtet der Feststellungen nach den Überprüfungen durch die Sachverständigen Dr. G. und S. zur Frage einer gesteigerten Aggressivität und Gefährlichkeit von „N.“ – bestätigt hat, das Interesse des Antragstellers, seinen Hund „N.“ vorläufig weiter halten zu dürfen (vgl. auch BayVGH, B.v. 14.5.2019 – 10 CS 19.230 – juris Rn. 7 und 14).
77
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
78
7. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG. Das Gericht hat bei der Höhe des Streitwertes die Ziffern 35.2 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit berücksichtigt.