Titel:
Vorbescheid für Einfamilienhaus - Festsetzung einer Waldfläche
Normenketten:
BayBO Art. 71
BayWG Art. 2, Art. 15
BauGB § 9 Abs. 1 Nr. 18 lit. b, § 35 Abs. 2
BWaldG § 2 Abs. 1 S. 2
Leitsätze:
1. Sowohl die Beseitigung eines Waldes zugunsten einer anderen Bodennutzungsart (Rodung) als auch ein in Form einer Bewirtschaftungsmaßnahme vorgenommener Kahlschlag ändern nichts daran, dass eine im Bebauungsplan als Waldfläche nach § 9 Abs. 1 Nr. 18 lit. b BauGB festgesetzte Vorhabenfläche weiterhin rechtlich als Wald iSd Art. 2 Abs. 1 BayWaldG bzw. § 2 Abs. 1 S. 2 BWaldG anzusehen ist. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine bauplanerische Festsetzung kann funktionslos sein, wenn und soweit die tatsächlichen Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, ihre Verwirklichung auf unabsehbare Zeit ausschließen und diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
3. Auf die Größe einer Vorhabenfläche für die Qualifizierung als Waldfläche kommt es nicht an, da im bayerischen Waldgesetz auf die Flächengröße als bestimmendes Merkmal verzichtet wurde. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Vorbescheid, Festsetzung einer Waldfläche, Abgrenzung Innen- und Außenbereich, Funktionslosigkeit, Waldqualität, Baulücke
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 07.04.2022 – M 11 K 19.4003
Fundstelle:
BeckRS 2023, 10116
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 20.000 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Der Kläger begehrt die Erteilung eines Vorbescheids für die Errichtung eines Einfamilienhauses auf dem Grundstück FlNr. …1, Gemarkung H ….
2
Das unbebaute Vorhabengrundstück liegt in zweiter Reihe in einer Hanglage am Ortsrand von H… im Geltungsbereich des Bebauungsplans „5. Änderung Bebauungsplan Nr. 3, S… Nord“, der am 10. August 2001 bekannt gemacht wurde (nachfolgend Bebauungsplan 2001). Für den Bereich des Vorhabengrundstücks ist eine Waldfläche festsetzt. Die zunächst erfolgte Festsetzung eines teilweisen Baufensters im Bereich des Vorhabengrundstücks im ursprünglichen Bebauungsplan 1968 wurde mit der 1. Änderung des Bebauungsplans im Jahr 1993 aufgehoben und der Bebauungsplan in der Folgezeit mehrfach geändert. Den Antrag des Klägers vom 3. April 2019 auf Erteilung eines Vorbescheids, mit dem das Maß der baulichen Nutzung und die überbaubare Grundstücksfläche abgefragt wurden, lehnte das Landratsamt ab.
3
Die hiergegen gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht nach Durchführung einer Ortseinsicht abgewiesen. Das geplante Vorhaben sei in Bezug auf die überbaubare Grundstücksfläche planungsrechtlich unzulässig. Der Bebauungsplan 2001 setze für den Vorhabenbereich eine Waldfläche fest. Die vorgelegten Luftbildaufnahmen belegten zweifelsfrei, dass sich die Festsetzung auf eine Waldfläche nach § 2 BWaldG bezogen habe. Die Ortseinsicht habe ergeben, dass die Fläche ungeachtet der vom Kläger veranlassten Fällarbeiten weiterhin als „Wald“ zu qualifizieren sei. Ein Anspruch auf Befreiung von den festgesetzten Baugrenzen bestehe nicht, da die Grundzüge der Planung berührt würden. Auch bei Annahme der Unwirksamkeit des Bebauungsplans 2001 wäre das geplante Vorhaben nicht genehmigungsfähig, da nach den insoweit maßgeblichen früheren Fassungen des Bebauungsplans das ursprünglich auf dem Vorhabengrundstück vorgesehene Baufenster bereits mit der 1. Änderung des Bebauungsplans 1993 aufgehoben worden sei. Sofern auf den ursprünglichen Bebauungsplan 1968 abgestellt werde, halte das Vorhaben das durch Baulinien festgesetzte Baufenster nicht ein. Eine Befreiung von den festgesetzten Baugrenzen komme auch hier nicht in Betracht. Sehe man auch diesen Bebauungsplan als unwirksam an, richte ich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach § 35 BauGB; der geplante Vorhabenstandort liege dann im Außenbereich. Nach dem im Rahmen der Ortseinsicht gewonnenen Eindruck werde der westliche Bereich des Vorhabengrundstücks maßgeblich durch das sich im Osten erstreckende Waldgebiet geprägt. Der Abstand zwischen der südlich angrenzenden Bebauung auf dem Grundstück FlNr. 738/2 und den weiter nördlich gelegenen Anwesen auf den Grundstücken FlNr. 742/15 und 742 betrage ca. 66 m und sei angesichts der eher kleinteiligen Bebauung des Ortsteils zu groß, als dass sich die Flächen als zwanglose Fortsetzung eines Bebauungszusammenhangs darstellen könnten. Topografische Besonderheiten, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten, seien nicht ersichtlich. Eine klare Waldkante, die ausnahmsweise eine Zuordnung der Fläche zum Ortsrand rechtfertigen könne, sei nicht erkennbar. Als sonstiges Bauvorhaben gemäß § 35 Abs. 2 BauGB beeinträchtige das geplante Vorhaben öffentliche Belange. Aufgrund des fehlenden Bauraums bzw. einer anzunehmenden Außenbereichslage fehle es an der Grundvoraussetzung eines Baurechts in diesem Bereich, an das mit den Vorbescheidsfragen angeknüpft werden könnte.
4
Mit dem Zulassungsantrag verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Das Verwaltungsgericht habe seinem Urteil falsche Sachverhaltsannahmen und Prognosen zugrunde gelegt. Die Planungsgrundlage sei aufgrund der faktischen Entwicklung auf dem Vorhabengrundstück entfallen, da die Fläche ihre Waldqualität verloren habe. Eine fachliche Expertise sei nicht eingeholt worden. Bei der kleineren Fläche handle es sich nach § 2 Abs. 2 Nr. 4 BWaldG nicht um Wald. Daher sei auf den ursprünglichen Bebauungsplan 1968 abzustellen, der ein Baufenster im Bereich des geplanten Vorhabens festsetze. Im Übrigen sei die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des streitgegenständlichen Vorhabens nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beurteilen. Die starke Durchgrünung – wie hier der bestehende Baumbewuchs im nördlichen Bereich – oder eine stark aufgelockerte Bebauung stünde der Annahme eines Bebauungszusammenhangs nicht entgegen. In eng besiedelten Wohngebieten würden Baulücken bereits bei 60 m Distanz angenommen, bei aufgelockerten dörflichen Bebauungen wie hier regelmäßig auch bei bis zu 90 m Entfernung. Nach Osten bestehe durch die Waldkante auf der Anhöhe eine klare Trennung zwischen dem Bebauungszusammenhang und den sich anschließenden Waldflächen. Die gestellte Vorbescheidsfrage 1 sei positiv zu beantworten. Die Fragestellung sei nicht beanstandet worden. Das Urteil beruhe auf einem Verfahrensfehler, da für die belastbare Beurteilung der Zukunftsvegetation auf dem Vorhabengrundstück die Einholung eines fachlichen Gutachtens erforderlich gewesen wäre.
5
Der Beklagte tritt dem Zulassungsantrag entgegen. Die Frage der „faktischen“ Eignung des Vorhabengrundstücks für eine Wiederaufforstung bzw. natürliche Wiederentwicklung von Wald sei hier gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 BWaldG nicht von Bedeutung, da der vorgenommene Kahlschlag nichts daran ändere, dass die Fläche weiterhin als Wald im Rechtssinne anzusehen sei. Mit der Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass bei Anwendung des ursprünglichen Bebauungsplans das geplante Vorhaben aufgrund der abweichenden Lage in Bezug auf die abgefragte überbaubare Grundstücksfläche nicht genehmigungsfähig sei, setze sich der Kläger nicht auseinander. Die Zulassungsbegründung zeige auch nicht auf, dass die Würdigung des Verwaltungsgerichts, wonach das Vorhabengrundstück dem Außenbereich zuzuordnen sei, rechtsfehlerhaft sei. In Bezug auf die Frage nach der planungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens nach dem Maß der baulichen Nutzung fehle es bereits am Sachbescheidungsinteresse. Ein Verfahrensfehler liege nicht vor.
6
Die Beigeladene hat sich nicht geäußert.
7
Ergänzend wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
8
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), besonderer rechtlicher und tatsächlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und des Vorliegens eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) liegen nicht vor bzw. sind nicht dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).
9
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, B.v. 8.5.2019 – 2 BvR 657/19 – juris Rn. 33; B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838). Das ist nicht der Fall.
10
1.1 Soweit mit der Zulassungsbegründung geltend gemacht wird, dass das Verwaltungsgericht seinem Urteil fehlerhafte Sachverhaltsannahmen und Prognosen in Bezug auf die Neuentwicklung des Waldes zugrunde gelegt habe, werden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung nicht aufgezeigt. Dieser Vortrag ist bereits nicht entscheidungserheblich. Denn sowohl eine Beseitigung des Waldes zugunsten einer anderen Bodennutzungsart (Rodung) als auch ein in Form einer Bewirtschaftungsmaßnahme vorgenommener Kahlschlag ändern nichts daran, dass die im Bebauungsplan als Waldfläche nach § 9 Abs. 1 Nr. 18b BauGB festgesetzte Vorhabenfläche weiterhin rechtlich als Wald im Sinn des Art. 2 Abs. 1 BayWaldG bzw. § 2 Abs. 1 Satz 2 BWaldG anzusehen ist (vgl. BVerwG, U.v. 27.10.2011 – 4 CN 7.10 – NVwZ 2012, 318; BayVGH, U.v. 18.9.2002 – 19 B 97.3564 – juris Rn. 53; U.v. 18.9.2002 – 19 B 97.3564 – juris Rn. 35). Eine solche Fläche ist nach Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayWaldG innerhalb von drei Jahren wieder aufzuforsten (vgl. BayVGH, B.v. 17.2.2022 – 19 ZB 21.2767 – juris Rn. 9). Das Vorliegen einer (nachträglichen) Rodungserlaubnis macht auch der Kläger nicht geltend. Da es sich bei der Verpflichtung zur Aufforstung um eine unmittelbar kraft Gesetzes geltende Rechtspflicht handelt, ist eine entsprechende Festsetzung im Bebauungsplan entbehrlich.
11
Demzufolge stellt sich auch die in der Zulassungsbegründung aufgeworfene Frage der Funktionslosigkeit der Festsetzung als Waldfläche nicht. Eine bauplanerische Festsetzung kann funktionslos sein, wenn und soweit die tatsächlichen Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, ihre Verwirklichung auf unabsehbare Zeit ausschließen und diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient. Die Festsetzung muss geeignet sein, zur städtebaulichen Ordnung im Sinn des § 1 Abs. 3 BauGB im Geltungsbereich des Bebauungsplans einen wirksamen Beitrag zu leisten. Erst wenn die tatsächlichen Verhältnisse vom Planinhalt so massiv und so offenkundig abweichen, dass der Bebauungsplan insoweit eine städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich zu erfüllen vermag, kann von einer Funktionslosigkeit die Rede sein. Das setzt voraus, dass die Festsetzung unabhängig davon, ob sie punktuell durchsetzbar ist, bei einer Gesamtbetrachtung die Fähigkeit verloren hat, die städtebauliche Entwicklung noch in einer bestimmten Richtung zu steuern (vgl. BVerwG, B.v. 9.10.2003 – 4 B 85.03 – BauR 2004, 1128). Das ist hier nicht der Fall.
12
Denn die Vorhabenfläche hat – wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt – weder ihre Waldqualität verloren noch ist dadurch die Planungsgrundlage entfallen. Auf die Größe der Vorhabenfläche für die Qualifizierung als Waldfläche kommt es nicht an, da im bayerischen Waldgesetz auf die Flächengröße als bestimmendes Merkmal verzichtet wurde (vgl. BayVGH, B.v. 17.2.2022 – 19 ZB 21.2767 – juris Rn. 11). Soweit vorgetragen wird, dass nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden könne, dass sich die Fläche überhaupt in einen Waldzustand entwickeln könne, fehlt es bereits an einem substantiierten Vortrag. Der Verweis darauf, dass Wälder sensibel auf den Klimawandel reagieren, genügt hier ebenso wenig wie der Vortrag zu Sturmschäden und Borkenkäferbefall in der Vergangenheit. Vielmehr ist es Aufgabe des Waldbesitzers, mit der Aufforstung ggf. auf veränderte Verhältnisse zu reagieren, wie beispielsweise von Monokulturen abzusehen und klimaresistente Baumarten zu pflanzen. Im Übrigen ist den vorliegenden Luftbildern in der Bauakte zu entnehmen, dass sowohl auf den unmittelbar angrenzenden Grundstücken als auch in der Umgebung ein weitläufiges Waldgebiet vorhanden ist. Nach den unwidersprochen gebliebenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts ist auf dem Vorhabengrundstück bereits erkennbarer Bewuchs mit Sträuchern und Jungbäumen vorhanden (UA Rn. 21).
13
Mangels Funktionslosigkeit der festgesetzten Waldfläche kommt es auf die geltend gemachte fehlerhafte Folgenbetrachtung durch das Verwaltungsgericht zur Vereinbarkeit des geplanten Vorhabens mit den Festsetzungen des Bebauungsplans 1968 nicht mehr an. Im Übrigen setzt sich die Zulassungsbegründung mit den diesbezüglichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts (UA Rn. 30, 31) nicht substantiiert auseinander.
14
1.2 Hinsichtlich der Annahme des Verwaltungsgerichts, dass sich der Vorhabenstandort bei unterstellter Unwirksamkeit aller Bebauungspläne im Außenbereich befindet, werden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit nicht aufgezeigt. Die Zulassungsbegründung zeigt keine Umstände auf, die eine Zurechnung des Vorhabenstandorts zu einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinn des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB rechtfertigen könnten.
15
Ein Bebauungszusammenhang im Sinn von § 34 BauGB ist nach ständiger Rechtsprechung anzunehmen, soweit die aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört. Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern aufgrund einer umfassenden Würdigung der tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten einzelfallbezogen zu entscheiden. Die Grenzlinie zwischen Innen- und Außenbereich muss nicht gradlinig verlaufen, sondern kann grundsätzlich auch vor- und zurückspringen (vgl. BVerwG, B.v. 4.7.1990 – 4 B 103.90 – BayVBl 1991, 473; BayVGH, U.v. 16.6.2021 – 1 B 19.221 – juris Rn. 16). Der Bebauungszusammenhang endet regelmäßig am letzten Baukörper. Örtliche Besonderheiten können es im Einzelfall aber ausnahmsweise rechtfertigen, ihm noch bis zu einem Geländehindernis, einer Erhebung oder einem Einschnitt (Damm, Böschung, Graben, Fluss, Waldrand o.ä.) ein oder mehrere Grundstücke zuzuordnen, die unbebaut sind oder trotz des Vorhandenseins von Baulichkeiten sonst nicht zur Prägung der Siedlungsstruktur beitragen (vgl. BVerwG, B.v. 8.10.2015 – 4 B 28.15 – ZfBR 2016, 67; U.v. 30.6.2015 – 4 C 5.14 – BVerwGE 152, 275; B.v. 17.1.2005 – 4 B 3.05 – juris Rn. 7; U.v. 12.12.1990 – 4 C 40.87 – NVwZ 1991, 879). Eine unbebaute Fläche ist – als Baulücke – Teil des Bebauungszusammenhangs, wenn sie von der angrenzenden zusammenhängenden Bebauung so stark geprägt wird, dass die Errichtung eines Gebäudes auf dieser Fläche als zwanglose Fortsetzung der vorhandenen Bebauung erscheint.
16
Gemessen an diesen Maßstäben ist das Verwaltungsgericht auf der Grundlage der im Rahmen einer Ortseinsicht getroffenen Feststellungen nachvollziehbar davon ausgegangen, dass der westliche Bereich des Vorhabengrundstücks maßgeblich durch das sich im Osten erstreckende Waldgebiet geprägt wird. Ohne Erfolg macht der Kläger hiergegen geltend, dass es sich bei dem zur Bebauung vorgesehen Vorhabengrundstück um eine Baulücke handle, da es von drei Seiten im Süden, Westen und Norden umbaut sei. Der Vortrag, der Abstand zur Bebauung in nördlicher Richtung auf dem Grundstück FlNr. 742/15 sei bereits im Gebietsumgriff angelegt, da ein vergleichbarer Abstand zwischen der bestehenden Bebauung auf den Grundstücken FlNr. 742/15 und 738/2 vorliege sowie die bloße Zitierung von Rechtsprechung reicht dazu nicht aus. Die Zulassungsbegründung lässt insoweit unberücksichtigt, dass die Frage, ob der Vorhabenstandort am Bebauungszusammenhang teilnimmt, eine wertende Gesamtbetrachtung erfordert. Diese hat das Verwaltungsgericht vorgenommen und kam rechtsfehlerfrei unter Berücksichtigung der umliegenden Bebauung und der konkreten örtlichen Verhältnisse mit der kleinteiligen Bebauung des Ortsteils zu der Einschätzung einer Außenbereichslage. Örtliche Besonderheiten, die ausnahmsweise eine Ausdehnung des Bebauungszusammenhangs nach Osten rechtfertigen könnten, sind weder substantiiert dargelegt noch sind sie ersichtlich. Die in der Zulassungsbegründung behauptete klare Trennung zwischen dem Bebauungszusammenhang und den sich anschließenden Waldflächen durch eine Waldkante auf der Anhöhe im Osten hat das Verwaltungsgericht nach seinem Eindruck in der Ortseinsicht nicht erkennen können (UA Rn. 36). Zudem muss hier die Aufforstungspflicht des Klägers berücksichtigt werden.
17
Dazu, dass das geplante Vorhaben als sonstiges Bauvorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB im Außenbereich nicht zulässig ist, weil öffentliche Belange beeinträchtigt werden können, verhält sich die Zulassungsbegründung nicht.
18
2. Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich zugleich, dass die Streitsache keine besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufweist, die eine Zulassung der Berufung erforderlich machen würden. Die vom Kläger aufgeworfene Frage der unzureichenden Ermittlung der Qualität der für den Bau vorgesehenen Fläche als Wald stellt sich aus den oben genannten Gründen nicht. Eine rechtliche Schwierigkeit der Rechtssache ergibt sich nicht aus der Annahme des Verwaltungsgerichts, dass aufgrund der bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit des Vorhabens hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche auch kein Anspruch auf positive Beantwortung der Frage 1 des Vorbescheids bestehen könne und es damit an der Grundvoraussetzung für die Beurteilung der rechtlichen Ausgangssituation fehle. Denn insoweit fehlt es dem Kläger am schutzwürdigen Sachbescheidungsinteresse für den Erlass des beantragten Vorbescheids und damit am Rechtsschutzinteresse. Das kann vor allem dann der Fall sein, wenn die begehrte Genehmigung aufgrund von vorhabenhinderlichen Vorschriften u.a. des Bauleitplanungsrechts ersichtlich nutzlos wäre. Voraussetzung für die Verneinung des Sachbescheidungsinteresses ist dabei, dass sich das Hindernis „schlechthin nicht ausräumen“ lässt (vgl. BVerwG, B.v. 12.8.1993 – 7 B 123.93 – NVwZ-RR 1994, 381). Das trifft auf die vorliegende Fallkonstellation zu, da ein Vorbescheid, der zwar die Frage des Maßes der baulichen Nutzung positiv beantwortet, jedoch in Bezug auf die überbaubare Grundstücksfläche mangels planungsrechtlich zulässigem Bauraum bzw. anzunehmender Außenbereichslage nicht realisiert werden kann, für den Kläger nutzlos ist. Im Übrigen können die aufgeworfenen Fragen ohne Weiteres anhand der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und der Rechtsprechung bereits im Zulassungsverfahren geklärt werden. Allein die unterschiedliche Bewertung des vorliegenden Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht und die Kläger genügt nicht für die Darlegung besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten (vgl. BayVGH, B.v. 30.7.2018 – 9 ZB 16.1068 – juris Rn. 14).
19
3. Die Berufung ist auch nicht wegen des geltend gemachten Verfahrensmangels in Form der Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO i.V.m. § 86 Abs. 1 VwGO) zuzulassen.
20
Die Rüge des Klägers, das Verwaltungsgericht sei seiner Verpflichtung, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, nicht nachgekommen, indem es die Fläche ohne Einholung einer fachlichen Expertise als „Wald“ eingestuft habe, greift nicht durch. Die Frage der künftigen Entwicklung des derzeitigen Pflanzbestands stellt sich aus den oben genannten Gründen nicht. Dazu, ob sich die Fläche überhaupt in einen Waldzustand entwickeln kann, fehlt es an einem substantiierten Vortrag. Hinzu kommt, dass das Vorhaben selbst für den Fall, dass das Vorhabengrundstück nicht als Wald einzustufen wäre, bauplanungsrechtlich unzulässig wäre, weil es mit den Festsetzungen des dann maßgeblichen Bebauungsplans nicht übereinstimmt bzw. dem Außenbereich zuzuordnen ist. In der Sache wendet sich der Kläger mit der Rüge eines Verfahrensfehlers gegen die aus seiner Sicht unrichtige Bewertung des Sachverhalts. Hierauf kann ein Verfahrensfehler nicht gestützt werden.
21
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladene, die sich nicht geäußert hat, ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO). Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1‚ § 47 Abs. 1 und 3‚ § 52 Abs. 1 GKG und entspricht dem vom Verwaltungsgericht festgesetzten Betrag.
22
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).