Inhalt

VG München, Beschluss v. 24.01.2023 – M 20 P 21.2952
Titel:

Erfolgreiche Anfechtung einer Personalratswahl - Nichtzulassung eines Wahlvorschlags

Normenketten:
BayPVG Art. 25
WO-BayPVG § 8, § 10
Leitsätze:
1. Wahlvorschläge von Beschäftigten nach § 8 Abs. 5 WO-BayPVG müssen einheitliche Urkunden sein. Dies setzt eine körperlich feste Verbindung von Bewerber- und Unterschriftenliste nicht zwingend voraus. Die Einheitlichkeit kann sich vielmehr - ebenso wie bei Vertragsurkunden - auch aus anderen den Schriftstücken anhaftenden Umständen, namentlich aus der Wiedergabe des Kennworts der Liste auf den einzelnen Blättern, ergeben. So bildet der ursprüngliche Wahlvorschlag, dem die hinreichende Anzahl an Stützunterschriften fest verbunden angeheftet ist, mit dem ergänzenden, korrigierten und inhaltlich nicht zu beanstandenden Wahlvorschlag eine hinreichende Einheit durch die gemeinsame Verwendung des identischen Kennworts. (Rn. 15 – 17) (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei der Möglichkeit in  10 Abs. 5 WO-BayPVG, die Mängel der Wahlvorschläge innerhalb einer Frist von fünf Kalendertagen zu beseitigen, handelt es sich um eine Nachbesserungsmöglichkeit innerhalb einer einmalig gesetzten Frist, in der auch noch weitere Nachbesserungen vorgenommen werden können. Die Wahlvorschläge sind nach § 10 Abs. 5 S. 2 WO-BayPVG erst ungültig, wenn die Mängel nicht fristgerecht beseitigt werden. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei § 8, § 10 WO-BayPVG handelt es sich um wesentliche Vorschriften iSv Art. 25 BayPVG. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
(Landes) Personalvertretungsrecht, Anfechtung einer Personalratswahl (begründet), Heilung von Mängeln bei Wahlvorschlägen, Anforderungen an Verbundenheit, Wahlvorschlag mit Stützunterschriften, Unzulässige Angaben auf Wahlvorschlägen
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 10.06.2024 – 17 P 23.1078
Fundstelle:
BeckRS 2023, 10069

Tenor

Die Wahl des Personalrats beim Universitätsklinikum … der Gruppe der Arbeitnehmer/innen vom 18./19. Mai 2021 wird für ungültig erklärt.

Gründe

I.
1
Die Antragsteller begehren die Ungültigerklärung der Wahl des Personalrats der Gruppe der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vom 18./19. Mai 2021 beim Universitätsklinikum … im Wege der Wahlanfechtung nach Art. 25 Bayerisches Personalvertretungsgesetz (BayPVG).
2
Am 18./19. Mai 2021 fand beim Universitätsklinikum … die Wahl des Personalrats statt. Hierzu war für die Gruppe der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein Wahlvorschlag mit dem Kennwort „Aktiv für Entlastung“ vom Wahlvorstand nicht zur Wahl zugelassen worden.
3
Der Nichtzulassung dieses Wahlvorschlags lag zugrunde, dass der fristgerecht eingereichte Wahlvorschlag zunächst vom Wahlvorstand an einen Vertretungsberechtigten zur Beseitigung von Mängeln (vier nicht wählbare Kandidatinnen sowie fehlende genaue Angaben zum Einsatzort im Klinikum) bis zum 4. April 2021 zurückgegeben worden war. Die Vertretungsberechtigten hatten daraufhin die nicht wählbaren Wahlbewerber auf dem ursprünglichen Wahlvorschlag, dem die erforderlichen Stützunterschriften untrennbar verbunden anhefteten, handschriftlich gestrichen sowie ein neues Dokument ohne die gestrichenen Kandidaten mit der nunmehr zutreffenden Nummerierung und um die jeweiligen Stationen im Klinikum, denen die Wahlbewerber zugewiesen waren, erstellt. Bei Wahlvorstand hatten sie sodann am 31. März 2021 um 12:30 Uhr den ursprünglichen Wahlvorschlag mit den handschriftlichen Streichungen und verbundenen Stützunterschriften sowie das neue Dokument mit der nunmehr zutreffenden Nummerierung und Angabe der Beschäftigungsstelle jeweils unter dem gleichen Kennwort „Aktiv für Entlastung“ eingereicht. Am 1. April 2021 hatte daraufhin der Wahlvorstand entschieden, den Wahlvorschlag nicht zur Wahl zuzulassen. Der aktuelle Wahlvorschlag sei nicht den Anforderungen des § 8 Abs. 5 WO-BayPVG entsprechend unteilbar mit den Unterstützungsunterschriften zusammengefügt sowie nicht den Anforderungen des § 8 Abs. 4 WO-BayPVG entsprechend unterschrieben. Der Wahlvorschlag sei daher ungültig. Nach weiteren Bemühungen der Vertretungsberechtigten bis zum 4. April 2021 noch eine Heilung der vom Wahlvorstand aufgezeigten Mängel herbeizuführen, u.a. durch Unterzeichnung des neuen Dokuments verweigerte der Wahlvorstand eine weitere Beschlussfassung.
4
Nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses am 21. Mai 2021 haben sich die Antragsteller mit einer Wahlanfechtung durch ihren Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 1. Juni 2021, per Telefax vorab am gleichen Tage bei Gericht eingegangen, an das Verwaltungsgericht München gewandt. Zur Begründung wird argumentiert, der Wahlvorschlag mit dem Kennwort „Aktiv für Entlastung“ hätte vom Wahlvorstand nicht zurückgewiesen werden dürfen. Dadurch sei es zu einem wesentlichen Verstoß gegen die Wahlvorschriften gekommen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Vorbringen im Schriftsatz vom 1. Juni 2021, den am 14. Februar 2022 bei Gericht eingegangenen ergänzenden Schriftsatz und die Ausführungen in der Anhörung am 24. Januar 2023 Bezug genommen.
5
Die Antragsteller beantragen daher:
Die Wahl des Personalrats der Gruppe der Arbeitnehmer/innen 18./19.05.2021 wird für ungültig erklärt.
6
Der Beteiligte zu 1), der Personalrat des Klinikums, hat auf die Wahlanfechtung mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 3. September 2021 sowie Ausführungen in der Anhörung am 24. Januar 2023 erwidert. Er beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
8
Der Beteiligte zu 2) ist mit Schriftsatz vom 10. September 2021 der Wahlanfechtung entgegengetreten. Zudem hat sich die Vertreterin der Dienststellenleitung in der mündlichen Verhandlung am 24. Januar 2023 geäußert. Einen Antrag hat er nicht gestellt.
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Hinsichtlich der weiteren Ausführungen wird auf die Gerichtsakte, insbesondere die Niederschrift über die Anhörung der Beteiligten am 24. Januar 2023, und den beigezogenen Ordner des Wahlvorstands zur Personalratswahl 2021 und Bezug genommen.
II.
10
Die im Sinne von Art. 25 BayPVG zulässig durch drei Wahlberechtigte erhobene Anfechtung der Personalratswahl beim Klinikum … hinsichtlich der Gruppe der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist begründet. Durch die Nichtzulassung des Wahlvorschlags „Aktiv für Entlastung“ wurde gegen wesentliche Wahlvorschriften verstoßen, wodurch das Wahlergebnis beeinflusst werden konnte.
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Gemäß § 10 Abs. 5 Satz 1 Buchst. a) und b) WO-BayPVG hat der Wahlvorstand Wahlvorschläge, die nicht wählbare Personen bezeichnen oder den Erfordernissen des § 8 Abs. 4 WO-BayPVG nicht entsprechen, mit der Aufforderung zurückzugeben, die Mängel innerhalb einer Frist von 5 Kalendertagen zu beseitigen; werden die Mängel nicht fristgerecht beseitigt, sind diese Wahlvorschläge ungültig.
12
Zum Ablauf der vom Wahlvorstand vorliegend gesetzten Frist zum 4. April 2021 waren die ursprünglichen Mängel des Wahlvorschlags, nämlich die Kandidatur von vier nicht wählbaren Personen durch deren Streichung auf dem ursprünglichen Wahlvorschlag und korrekt nummerierten Auflistung auf ergänzenden, neuen Dokument sowie die nachgeholte korrekte Angabe der Stationen des Universitätsklinikums als Beschäftigungsstellen (vgl. zum Begriff der Beschäftigungsstelle in Abgrenzung zur Dienststelle auch OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 10.2.2022 – OVG 62 PV 1/21 – beck-online Rn. 24 ff.), fristgerecht beseitigt worden (1.). Der Vorhalt des Wahlvorstands, der neue Wahlvorschlag habe nicht die erforderlichen Stützunterschriften enthalten, vermag nicht durchzudringen, da der ursprüngliche Wahlvorschlag mit den verbundenen Stützunterschriften und gleichem Kennwort wie das zusätzlich neu eingereichte Dokument eine Einheit durch die gleiche Kennwortbenennung bilden (2.). Es fehlt auch nicht an einer etwaig erforderlichen Unterschrift durch die Vertretungsberechtigten (3.).
13
1. Entgegen der Regelungen im Bundespersonalvertretungsrecht (§ 10 Abs. 5 Wahlordnung zum Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVWO)) bzw. Betriebsverfassungsgesetz (§§ 6 ff. Erste Verordnung zur Durchführung des Betriebsverfassungsgesetzes (Wahlordnung)) sieht die Wahlordnung zum Bayerischen Personalvertretungsgesetz ausdrücklich die Möglichkeit der Heilung von Mängeln in Wahlvorschlägen vor, sofern diese nicht wählbare Personen bzw. die Erfordernisse des § 8 Abs. 4 WO-BayPVG mit Angabe der Namen der Bewerber, ihren Berufs- oder Funktionsbezeichnungen und Beschäftigungsstelle etc. betreffen.
14
Die Argumentation des Bevollmächtigten der Antragsteller ist zutreffend, dass das Gesetz diesbezüglich eine Abweichung vom an sich bestehenden Verbot der Veränderung von Wahlvorschlägen (vgl. § 8 Abs. 4 Satz 5 WO-BayPVG) eröffnet. Die seitens des Beteiligten zu 2) zitierte Rechtsprechung zum Bundespersonalvertretungsrecht und Betriebsverfassungsrecht zur Ungültigkeit von Streichungen bei Wahlvorschlägen aufgrund deren Unabänderlichkeit ist schon insofern nicht einschlägig, als – wie ausgeführt – dort keine vergleichsweise Regelung zur Heilung des Mangels durch nicht wählbare Wahlbewerber existiert. Unabhängig von der regelmäßig tatsächlichen Unmöglichkeit, einen neuen Wahlvorschlag mit neuen Stützunterschriften etc. einzureichen, ist der gesetzlichen bayerischen Regelung gerade eine Heilungsmöglichkeit des vorhandenen Wahlvorschlags zu entnehmen. Entgegen der Auffassung des Wahlvorstands im Wahlverfahren bedurfte es daher gerade keines „neuen“ Wahlvorschlags, sondern einer Mängelbeseitigung des eingereichten Wahlvorschlags. Die Beteiligten vermochten insoweit in der Anhörung nicht aufzuzeigen, wie außer einer Streichung und gegebenenfalls noch ergänzend eingereicht zum korrigierten Wahlvorschlag eine entsprechend korrigierte Fassung des Wahlvorschlags eine solche Heilung durch Mängelbeseitigung vorzunehmen sein soll.
15
2. Entgegen der Auffassung des Wahlvorstands bilden der ursprüngliche Wahlvorschlag, dem die hinreichende Anzahl an Stützunterschriften fest verbunden angeheftet war, mit dem ergänzenden, korrigierten und inhaltlich nicht zu beanstandenden Wahlvorschlag eine hinreichende Einheit durch die gemeinsame Verwendung des identischen Kennworts, so dass kein Verstoß gegen § 8 Abs. 5 WO-BayPVG vorlag.
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Dem Erfordernis, dass die Stützunterschriften und der Wahlvorschlag eine zusammenhängende Urkunde bilden müssen (BVerwG, B.v. 4.10.1957 – VII P 5.57 – beck-online, VGH Kassel, B.v. 23.3.2017 – 22 A 2145/16 – beck-online Rn. 37) ist vorliegend Rechnung getragen.
17
Das Gericht schließt sich insoweit den nachstehend zitierten Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs Kassel in der zuvor genannten Entscheidung an:
„Ausgehend von der danach geltenden Schriftform (§ 126 BGB) wird gemeinhin gefordert, dass Wahlvorschläge einheitliche Urkunden sein müssen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Oktober 1957 – VII P 5.57 – PersV 1958/59, 211 f.; v. Roetteken/Rothländer, HBR, § 7 WO-HPVG Rdnr. 31 ff.; § 10 Rn. 60 m.w.N.).
Der Senat folgt dabei hierzu ergangener Rechtsprechung, nach der dies nicht zwingend voraussetzt, dass die Bewerberliste und die Liste mit den Stützunterschriften körperlich fest miteinander verbunden sind (VG Potsdam, Beschluss vom 3. Mai 2006, 21 L 229/06.PVL, PersV 2007, 31 ff.; VG Hamburg, Beschluss vom 11. Dezember 1992, 1 VG FB 30/92 –, Der Personalrat, 1993, 508 ff.; OVG des Landes Niedersachsen, Urteil vom 4. März 1981, – P OVG L 5/80 5, PersV 1983, 18 [19]; zu § 14 Abs. 4 BetrVG, hinsichtlich der Anforderungen an die Gültigkeit von Personalratswahlen vergleichbar: BAG, Beschluss vom 25. Mai 2005 – 7 ABR 39/04 – juris, Rdnr. 13 f.; LAG Hamm, Beschluss vom 3. März 2006 – 13 TaBV 18/06 – juris, Rdnr. 58; a.A. BVerwG, Beschluss vom 4. Oktober 1957, a.a.O.).
Aus § 8 Abs. 3 Satz 1 WO-HPVG folgen keine besonderen Anforderungen an die äußere Beschaffenheit der Urkunde. Auch Sinn und Zweck der Regelung gebieten es nicht, einen aus mehreren Blättern bestehenden Wahlvorschlag nur dann als einheitliche Urkunde anzusehen, wenn die Blätter körperlich fest miteinander verbunden sind. Die Bewerberliste und die Unterstützerunterschriften müssen zwar eine einheitliche Urkunde bilden, damit sichergestellt ist, dass sich die Unterschriften auf diesen Wahlvorschlag und nicht auf eine andere Erklärung beziehen. Eine körperlich feste Verbindung von Bewerber- und Unterschriftenliste ist jedoch nicht die einzige Möglichkeit, deren Zusammengehörigkeit kenntlich zu machen. Die Einheitlichkeit kann sich vielmehr – ebenso wie bei Vertragsurkunden (vgl. dazu: BGH, Urteil vom 24. September 1997 – XII ZR 234/95 – BGHZ 136, 257 = NJW 1998, 58) – auch aus anderen den Schriftstücken anhaftenden Umständen, z.B. aus fortlaufender Paginierung, fortlaufender Nummerierung, einheitlicher graphischer Gestaltung, inhaltlichem Zusammenhang des Textes oder ähnlichen Merkmalen ergeben, namentlich auch aus der Wiedergabe des Kennworts der Liste auf den einzelnen Blättern der Unterstützerunterschriften (BAG, Beschluss vom 25. Mai 2005, a.a.O., juris Rdnr. 14, und VG Potsdam, Beschluss vom 3. Mai 2006, a.a.O.). Die Bewerberliste und die Unterstützerunterschriften müssen zwar eine einheitliche Urkunde im Sinne des § 126 BGB bilden, damit sichergestellt ist, dass sich die Unterschriften auf diesen Wahlvorschlag und nicht auf eine andere Erklärung beziehen. Aus § 8 Abs. 3 Satz 1 WO-HPVG folgen jedoch keine, über die gesetzliche Regelung des § 126 BGB hinausgehende Anforderungen an die äußere Beschaffenheit von Wahlvorschlags. Eine zwingende feste körperliche Verbindung ist auch nicht zum Schutz vor Manipulationen geboten. Ein hinreichender Schutz der Wahlberechtigten vor Verfälschungen wird durch die nach § 13 Abs. 1 WO-HPVG vorgeschriebene Bekanntmachung der Wahlvorschläge erreicht, wodurch etwaige nachträgliche Veränderungen der den Unterzeichnern zur Unterschrift vorgelegten Bewerberliste bereits vor Beginn der Stimmabgabe offenbart werden. Zudem gewährleistet auch eine feste Verbindung mehrerer Blätter zu einer einheitlichen Urkunde mittels einer Heftmaschine keinen absoluten Schutz gegen nachträgliche Manipulationen (BAG, Beschluss vom 25. Mai 2005, a.a.O.).
Entscheidend ist danach, dass nach den konkreten Umständen des Einzelfalls eindeutig und zweifelsfrei erkennbar ist, dass sich die geleisteten Unterschriften auf den betreffenden Wahlvorschlag beziehen und mit ihm eine einheitliche Urkunde bilden.“
18
(VGH Kassel, B.v. 23.3.2017 – 22 A 2145/16 – beck-online Rn. 37 ff.)
19
Auch das Bundesarbeitsgericht verlangt keine körperlich feste, gegen Trennung gesicherte Verbindung, z.B. im Sinne einer Zusammenheftung, sondern lässt eine Verbindung zu einer einheitlichen Urkunde aus anderen Merkmalen wie einer fortlaufenden Paginierung, aus der graphischen Gestaltung oder aus der Wiedergabe des Kennworts der Vorschlagsliste auf den einzelnen Blättern des Wahlvorschlags ausreichen (BAG, B.v. 25.5.2005 – 7 ABR 39/04 – beck-online; vgl. auch VG Potsdam, B.v. 3.5.2006 – 21 L 229/06 – beck-online Rn. 11).
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Diese Maßstäbe auf die vorliegende Konstellation übertragen führt mit sich, dass nicht nur der ursprüngliche Wahlvorschlag mit den Stützunterschriften als Einheit zu betrachten sind, sondern auch das neue Dokument mit gleichem Kennwort einzubeziehen ist. Dass dieses erst später entstanden ist, ist insoweit ausnahmeweise unbeachtlich, als es nur i.S.v. § 10 Abs. 5 WO-BayPVG zulässige Mängelkorrekturen enthält.
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3. Soweit auf dem neuen, ergänzenden Wahlvorschlagsdokument zum Zeitpunkt der Abgabe am 31. März 2021 eine Unterzeichnung der Vertretungsberechtigten gefehlt haben soll – auf § 8 Abs. 6 Satz 2 WO-BayPVG wird jedoch hingewiesen – wurde dies in der noch offenen Nachbesserungsfrist bis zum 4. April 2021 jedenfalls nachgeholt und ein etwaiger Mangel geheilt, soweit die ursprünglich unterschriebene Fassung insofern nicht bereits als ausreichend angesehen wird.
22
Das Gericht folgt insoweit nicht der teilweise vertretenen Auffassung (z.B. Dörner in Richardi/Dörner/Weber, Personalvertretungsrecht, 5. Auflage 2020, § 19 BPersVG Rn. 73 a.E. mit Verweis auf BVerwG, B.v. 1.3.1984 – 6 P 36.83, das insoweit aber (nur) ein „mehrfaches Aufeinanderfolgen von Aufforderungen“ verneint; Reiner in Bößmann/Steffen/Romböck, PdK Bay C-17a BayPVG – Erläuterungen zu § 10 WO-BayPVG – beck-online;), dass das Gesetz nur eine einmalige Nachbesserungsmöglichkeit vorsehe. Vielmehr handelt es – schon ausgehend von Wortlaut und Systematik des § 10 Abs. 5 WO-BayPVG – nach Auffassung des vorliegend erkennenden Gerichts um eine Nachbesserungsmöglichkeit innerhalb einer einmalig gesetzten Frist, innerhalb der auch noch weitere Nachbesserungen vorgenommen werden können. Die Wahlvorschläge sind nach § 10 Abs. 5 Satz 2 WO-BayPVG (erst) ungültig, wenn die Mängel nicht fristgerecht beseitigt werden.
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Der Wahlvorstand hätte somit nicht bereits am 31. März 2021 den Wahlvorschlag endgültig als ungültig erklären dürfen, sondern den Vertretungsberechtigten bis zum Ablauf der gesetzten Frist Zeit für eine Heilung der Mängel belassen müssen. Insofern stellt sich auch als fehlerhaft dar, als der Wahlvorstand am 4. April 2021 nicht mehr über die eingereichten Unterlagen der Vertretungsberechtigten des Wahlvorschlags entschied.
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Dahinstehen kann, ob ein Wahlvorstand innerhalb der noch offenen Nachbesserungsfrist nochmals gehalten ist, im Wege eines Hinweises auf neue oder noch vorhandene Mängel und die noch offene ursprüngliche Nachbesserungsfrist hinzuweisen (vgl. zur Hinweispflicht VGH Kassel a.a.O. Rn. 44 ff.). Ein etwaiger Mangel lag jedenfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt des Ablaufs der Frist am 4. April 2021 nicht (mehr) vor. Nicht von Belang ist daher insofern, dass § 8 Abs. 6 WO-BayPVG nicht ausdrücklich in § 10 Abs. 5 WO-BayPVG genannt ist, da es gerade nicht darum geht, dass der Wahlvorstand i.S. dieser Vorschrift einen Wahlvorschlag zur Mängelbeseitigung unter (erneuter) Fristsetzung zurückzugeben hat. Die Nachholung einer Unterschrift der Vertretungsberechtigten auf dem ergänzenden Dokument stellt keine unzulässige Änderung des Wahlvorschlags i.S.v. § 8 Abs. 4 Satz 5 WO-BayPVG dar.
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Bei den Regelungen des §§ 8 und 10 WO-BayPVG handelt es sich um wesentliche Vorschriften i.S.v. Art. 25 BayPVG, gegen die folglich vorliegend verstoßen wurde.
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Die Nichtzulassung eines Wahlvorschlags ist geeignet, wesentlichen Einfluss auf das Wahlergebnis auszuüben. Insofern führt der Vorstoß gegen die wesentlichen Wahlvorschriften im Zusammenhang mit der Ungültigerklärung des Wahlvorschlags „Aktiv für Entlastung“ zur Begründetheit der beantragten Wahlanfechtung.
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Folglich war die Wahl für ungültig zu erklären.
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Dahinstehen kann daher – und bedurfte es keiner Gewährung der in der mündlichen Verhandlung diesbezüglich durch die Beteiligten zu 1) und 2) beantragten ergänzenden Schriftsatzfrist –, dass der zur Personalratswahl zugelassene Wahlvorschlag mit dem Kennwort „PersonalrätInnen und FreundInnen“ durch die Angaben „Personalrat bzw. PRV, stellv.PRV“ in der Spalte „Amts-/Berufsbezeichnung“ sowie „Personalrat“ bei der Beschäftigungsstellenbezeichnung der Wahlbewerber unzulässig war und daher hätte zurückgewiesen werden müssen (vgl. VG Aachen, B.v. 30.10.2008 - 16 K 1304/08.PVL und B.v. 30.8.2012 – 16 K 1612/12.PVL – je beck-online, OVG Bautzen, B.v. 1.3.2018 – 9 A 53/17.PL – beck-online Rn. 25 ff.).
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Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Des Verfahrens gerichtskostenfrei.