Inhalt

VG München, Urteil v. 30.03.2023 – M 17 K 18.1564
Titel:

Fortbestehen der Entsorgungsverantwortung

Normenketten:
KrWG § 7, § 9, § 15, § 22, § 62
BayVwVfG Art. 37, Art. 39
Leitsätze:
1. Die Anwendung des § 62 KrWG iVm § 7 Abs. 2, § 15 Abs. 1 S. 1 auf bereits vor Inkrafttreten des KrWG vom 24. Februar 2012 erzeugte und einem beauftragten Dritten überlassene Abfälle ist nicht deshalb unzulässig, weil darin eine unzulässige Rückwirkung liegt. (Rn. 56) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Abfallbesitzer, der einen Dritten mit der Entsorgung der Abfälle beauftragt und diesem hierzu den Besitz daran überträgt, bleibt weiterhin für deren ordnungsgemäße Entsorgung verantwortlich. (Rn. 62) (redaktioneller Leitsatz)
3. Für die Tatsache, dass der für die Entsorgung in Anspruch Genommene Erzeuger bzw. ursprünglicher Besitzer der Abfälle ist, trägt die Verwaltung nach allgemeinen Grundsätzen die materielle Beweislast. (Rn. 65) (redaktioneller Leitsatz)
4. Ein zur Entsorgung Verpflichteter bleibt im Falle einer Vermischung der Abfälle bei einem mit der Entsorgung beauftragten Dritten mit Abfällen gleicher Art weiterhin für einen Anteil an der Gesamtmenge des vermischten Abfalls verantwortlich. (Rn. 82) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Abfallrecht, Anordnung, Abfallerzeuger, Abfallbesitzer, Beauftragung eines Dritten mit der Entsorgung, Fortbestehen der Entsorgungsverantwortung, Vermischung, Zweitabfall, Zuordenbarkeit der Abfälle, Anteilige Haftung bei Vermischung mit Abfällen gleicher Art
Fundstelle:
BeckRS 2023, 10067

Tenor

I.Der Bescheid des Landratsamts Altötting vom 14. Juli 2016 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 1. September 2022 wird aufgehoben.
II.Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
III.Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.  

Tatbestand

1
Die Klägerin wendet sich gegen die Anordnung des Landratsamts Altötting (Landratsamt), mineralische Abfälle, die aus den sog. … …n stammen sollen und auf dem Gelände der … … … lagern, zu entfernen sowie ordnungsgemäß und schadlos zu verwerten bzw. zu beseitigen.
2
Die Klägerin ist seit 1973 Eigentümerin der Grundstücke, auf denen die sog. „… …“ lagen. Auf dem zwei Hektar großen Areal sind zwischen 1959 und 1975 auf 60.000 m³ in drei speziell angelegten Erdteichen Industrieabfälle, Klärschlämme, Fäkalien, Lackreste und Altöle abgelagert worden. Die Ablagerung bzw. Verfüllung mit Industrie- und Fäkalschlamm war nacheinander in den Jahren 1959, 1968 und 1973 durch das Landratsamt Konstanz genehmigt worden. In den Jahren 1973 bis 1975 war die Klägerin Betreiberin der genehmigten Deponie „…“. Im Zuge der Sanierung der … … im Jahr 2010 beauftragte die Klägerin die Beigeladene mit der Entsorgung des schadstoffbelasteten Bodenmaterials. Im Rahmen des Auftragsverhältnisses war die Beigeladene gegenüber der Klägerin weisungsgebunden.
3
Die Beigeladene beauftragte die … … … als Nachunternehmerin mit der Entsorgung der Abfälle. Die Materialien wurden von der … … … zu ihrer Behandlungsanlage nach … transportiert. Die Beigeladene vereinbarte mit der … … … die Abnahme von 8.426 t des Bodenmaterials zur vakuum-thermischen Behandlung in der sog. … auf deren Betriebsgelände in … (Grundstücke FlNr. … … … … … der Gemarkung …*). Die … … … betrieb in den Jahren 2001 bis 2012 auf diesen Grundstücken eine mit Bescheid vom 12. Januar 2001 und nachfolgenden Änderungsbescheiden immissionsschutzrechtlich genehmigte Anlage zur thermischen und mechanischen Behandlung von kontaminierten mineralischen Abfällen. In der Genehmigung bzw. den nachfolgenden Änderungsbescheiden war unter anderem geregelt, dass Abfälle mit Schadstoffgehalten über dem Zuordnungswert Z2 der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) für Boden überdacht zu lagern sind und im Freien weder zwischengelagert noch sortiert oder sonst behandelt werden dürfen. Lediglich das Abladen auf dem Freigelände zum Zwecke der unverzüglichen Verbringung in die Lagerhallen war zulässig.
4
Das Landratsamt hat die Anlagengenehmigung der … … … wegen festgestellter Unregelmäßigkeiten im Umgang mit schadstoffbelasteten Abfällen mit Bescheid vom 13. November 2012 widerrufen. Der Betrieb ist seit 14. November 2012 eingestellt. Auf dem Betriebsgelände lagerten Haufwerke mit mineralischen Abfällen (Bodenaushub, Gleisschotter und Bauschutt sowie Gemische) unterschiedlicher Belastungen mit einem Gesamtvolumen von 30.816 m³. Über das Vermögen der … … … und über das Vermögen der … … … (Besitzgesellschaft, Eigentümerin der Betriebsgrundstücke) wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Staatsanwaltschaft leitete ein Ermittlungsverfahren wegen Betrugs und unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Abfällen gegen Verantwortliche der Firma … … … ein. Mit Urteil des Landgerichts München II vom 19. Oktober 2015 (im Folgenden: Strafurteil) wurde u.a der ehemalige Geschäftsführer und Hauptgesellschafter beider Gesellschaften (jeweils 95% der Geschäftsanteile) … … … zu einer vierjährigen Haftstrafe verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass dieser in den Jahren 2007 bis 2012 in erheblichem Umfang mit Schadstoffen kontaminierte Abfälle von Abfallerzeugern angenommen, diese Abfälle aber nicht schadstoffsenkend behandelt, sondern unter Vortäuschung der Behandlung entweder in hierfür nicht zugelassenen Gruben und Deponien ausgelagert oder unbehandelt auf dem Betriebsgelände in … gelagert, mit anderen Abfällen vermischt und zum Teil auf unbekannten Wegen entsorgt hat.
5
Das Strafgericht stellte u.a. fest, dass die angelieferten Materialien bereits in den Deklarationsanalysen der Abfallerzeuger durchgehend aufgrund einer zu geringen Anzahl von Proben keine verlässliche Aussage über den konkreten Schadstoffgehalt der Abfälle zuließen (S. 21, 22, 208, 212, 240, 242 des Strafurteils). Auch seitens der … … … wurde die vorgeschriebene Mindestanzahl der genommenen Proben nicht eingehalten (S. 22 des Strafurteils). Bei der Beprobung der Materialien durch die … … … wurden zudem gezielt einzelne Bestandteile des Material ausgewählt, welche augenscheinlich geringere Belastungen aufwiesen (S. 15 des Strafurteils). Gegebenenfalls sollte die (unsachgemäße) Beprobung so lange wiederholt werden bis ein entsprechendes Ergebnis zustande kam (S. 15, 17 des Strafurteils). Auf diese Weise sollte der Bearbeitungsaufwand minimiert werden und die angenommenen Materialien schneller wieder in Gruben oder Deponien ausgelagert werden konnten (S. 15 des Strafurteils). Weiterhin wurden Verträge über die Annahme immer größerer Materialmengen abgeschlossen, wodurch es zu Platzproblemen auf dem Betriebsgelände kam. Infolge der vermehrten Annahme von Materialien wurde im Jahr 2011 eine Kapazitätserhöhung der Gesamtanlage von 133.225 t jährlich auf 266.400 t jährlich beantragt und mit Bescheid vom 14. Juli 2011 genehmigt (S. 16 des Strafurteils). Es wurden in großem Maße Materialien in der Dokumentation als „behandelt“ erfasst, obwohl eine Behandlung in Wahrheit nicht stattgefunden hatte (S. 16 des Strafurteils). Bei Kontrollen des Landratsamts wurde ein ordnungsgemäßer Betriebsablauf vorgespiegelt und z.B. angegeben, bei den im Freien gelagerten Materialien handle es sich um behandelte Abfälle, obwohl dies nicht zutraf (S. 17 des Strafurteils). Aus den Abfallbilanzen 2007 bis 2011 ergab sich ein Verstoß gegen die im Rahmen des Anlagenbetriebs bestehenden Dokumentationspflichten, der als Dauerdelikt im gesamten Tatzeitraum bestand (S. 211, 244 des Strafurteils). In den Abfallbilanzen fanden sich zahlreiche Ungereimtheiten (S. 211, 224 des Strafurteils). Angaben zum Verbleib der angeblich in der … behandelten Materialien fehlten durchgängig (S. 211 des Strafurteils). In der Mietendokumentation 2009 fanden sich Mieten, die eine Behandlung in der … im Zeitraum August 2008 bis Dezember 2009 auswiesen, obwohl die Anlage während dieses Zeitraums stillgestanden hatte (S. 224 des Strafurteils). Die Abfallbilanz 2007 wies einen Hallenbestand von 88.303,03 t aus, obwohl die gesamte Lagerkapazität für den Hallen- und Außenbereich laut Genehmigungsbescheid nur 50.000 t betrug (S. 225 des Strafurteils). Die Hallenfläche betrug 6.000 m² mit einer Höhe von 7 m (S. 227 des Strafurteils). Bei genauerer Überprüfung hätte das Landratsamt wegen der nur rudimentären und lückenhaften Dokumentationen jederzeit den Betrieb wegen Verstoßes gegen die Genehmigung untersagen können, was jedoch nicht geschah (S. 227 des Strafurteils). Ein Zeuge gab an, man habe von den behördlichen Kontrollen jeweils im Vorfeld gewusst. Die Behörden hätten nie bemängelt, wenn beispielsweise Haufwerke aufgrund Platzmangels zusammengeschoben worden seien (S. 229 des Strafurteils).
6
Mit Bescheid vom 14. Juli 2016 wurde der Klägerin aufgegeben, die ihr als Abfallerzeuger zuzuordnenden und auf dem Grundstück … … … … … der Gemarkung … als Haufwerke lagernden mineralischen Abfälle zu entfernen sowie ordnungsgemäß und schadlos zu verwerten oder – soweit eine Verwertung nicht zulässig bzw. möglich ist – ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu beseitigen (Ziff. 1.1). Bei den zu entsorgenden Abfällen handele es sich um folgende Haufwerke:

Haufwerks-Nr (Vermessungsamt).

Haufwerks-Nr. bzw. Mietenbezeichnung der …

Volumen Vermessungsamt in m³

Lagerort

49

H 18

363

Freigelände und Halle Süd

68

HS 13 (M1985-S1/1 und 1985-S1/2)

1.675

Halle Süd

7
Die Pflicht zur ordnungsgemäßen Abfallentsorgung sei innerhalb von 3 Monaten nach Unanfechtbarkeit dieses Bescheides zu erfüllen. Als Hinweis wurde angegeben, dass aus Gründen des vorsorgenden Grundwasserschutzes im Auftrag des Landratsamtes ein Teil des Haufwerks Nr. 49 zwischenzeitlich von der nicht versiegelten Freifläche des ehemaligen Betriebsgeländes in die Halle Süd sowie auf die befestigte Freifläche westlich der Halle Süd verbracht worden sei. Das Haufwerk Nr. 49 sei mittlerweile in zwei kleinere Haufwerke aufgeteilt.
8
Zudem wurde die Klägerin in Nr. 1.2 des Bescheides verpflichtet, bei der Vorbereitung und Durchführung der Entsorgung der in Nr. 1.1 und 1.2 genannten Abfälle vorzugehen wie folgt (stufenweise Erarbeitung und Umsetzung eines Beprobungs- und Entsorgungskonzeptes):
9
a) Für jedes Haufwerk Erstellung eines Beprobungsplanes unter Beachtung der LAGA PN 98 und eines Vorschlages zum Analyseumfang im Hinblick auf die jeweils in Betracht kommenden Entsorgungswege sowie Vorlage gegenüber dem Landratsamt zur Abstimmung innerhalb von vier Wochen nach Unanfechtbarkeit dieses Bescheids,
10
b) für jedes Haufwerk Veranlassung der Durchführung der Beprobung entsprechend dem mit dem Landratsamt abgestimmten Beprobungsplan,
11
c) für jedes Haufwerk Veranlassung der Durchführung der Analytik (inklusive Probenaufbereitung) entsprechend dem mit dem Landratsamt abgestimmten Vorschlag zum Analysenumfang durch ein geeignetes und zertifiziertes Analysenbüro, nachfolgende Bewertung der Analysenergebnisse im Hinblick für die Entsorgung des jeweiligen Haufwerkes geeignete Entsorgungsanlagen und Vorlage der Bewertung und Analysenergebnisse (inklusive Probennahmeprotokolle) an das Landratsamt,
12
d) Abschluss der vorstehend unter Buchstaben b) und c) aufgeführten Maßnahmen bis zum Ablauf von fünf Wochen nach Erfolgen der unter Buchstabe a) vorgesehenen Abstimmung mit dem Landratsamt,
13
e) Unterbreitung von Vorschlägen zu in Frage kommenden Entsorgungsanlagen nach Einverständnis des Landratsamts mit der unter Buchstabe c) genannten Bewertung der Analysenergebnisse.
14
Sollte aufgrund der Gegebenheiten vor Ort (insbesondere der Platzverhältnisse) eine andere als die in dieser Ziffer festgelegte Vorgehensweise erforderlich erscheinen, bedarf die alternative Vorgehensweise der vorherigen Zustimmung des Landratsamts.
15
Unter Nr. 1.3 des Bescheides wurde die Klägerin unbeschadet der vorgenannten Nummern sowie etwaiger, bereits aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften bestehender Informations-, Dokumentations-, Nachweis- und Registerpflichten, zu folgendem Verhalten verpflichtet:
16
a) Information des Landratsamts mindestens zwei Wochen vor Aufnahme der jeweiligen Abfallentsorgungsmaßnahmen (Abtransport von Abfällen zu einer Entsorgungsanlage),
17
b) Übermittlung der relevanten Daten der jeweiligen zu entsorgenden Abfälle an den Betreiber der beauftragten Entsorgungsanlage (Erstmeldung), insbesondere hinsichtlich der Analytik, einer detaillierten Abfallbeschreibung im Sinne einer grundlegenden Charakterisierung, der genauen Haufwerkskennzeichnung sowie der zu entsorgenden Menge (auch Anfall der vorgesehenen Transporte),
18
c) Veranlassung des Betreibers der beauftragten Entsorgungsanlage zur Rückmeldung an die Klägerin, ob die Abfälle tatsächlich angenommen werden können (Prüfung der Geeignetheit der Entsorgungsanlage),
19
d) Dokumentation der Anlieferung jeder einzelnen Abfallcharge bei der Entsorgungsanlage in einem nur auf diese Abfallcharge eindeutig bezogenen Begleitdokument,
20
e) Veranlassung des Betreibers der beauftragten Entsorgungsanlage zur Rückmeldung bezüglich der Annahme sowie bezüglich der nachfolgend durchgeführten ordnungsgemäßen und schadlosen Entsorgung jeder einzelnen im Begleitdokument dokumentierten Abfallcharge in dem unter Buchstabe d) bezeichneten Begleitdokument an die Klägerin,
21
f) Dokumentenechte Dokumentation der unter Buchstabe b) bis e) angeordneten Maßnahmen. Die Dokumentation ist dem Landratsamt nach Abschluss der Entsorgung in Papierform zur Prüfung vorzulegen.
22
Soweit die unter Buchstabe b) bis e) vorgesehenen Schritte inhaltlich bereits in elektronischen Entsorgungsnachweisen und Begleitscheinen nach Teil 2 der Nachweisverordnung vom 20. Oktober 2006 dokumentiert werden, reicht es aus, wenn entsprechende Ausdrucke in die geforderte Dokumentation aufgenommen werden.
23
Des Weiteren wurde die Klägerin verpflichtet, den Angehörigen des Landratsamtes und deren Beauftragten jederzeit in die Tätigkeiten der Klägerin im Zusammenhang mit der Entsorgung der unter Nummer 1.1 genannten Abfälle auf dem ehemaligen …-Betriebsgelände sowie in die zugehörige Dokumentation zu gestatten (Nr. 1.4). Das Landratsamt verpflichtete unter Nr. 2 des Bescheides die Firma … … … … dazu, die Entfernung der unter Nr. 1.1 des Bescheides genannten Abfälle zu dulden. Schließlich wurden die Kosten des Verfahrens der Klägerin auferlegt, wobei eine Gebühr in Höhe von 1.500,- € und Auslagen in Höhe von 3,45 € festgesetzt wurden (Nr. 3).
24
Als Anlagen wurden beigefügt: Lageplan des Betriebsgeländes mit gekennzeichneten Haufwerken Nr. 49 und Nr. 68 (Anlage 1, Bl. … der Behördenakte – BA), Mietendokumentation der … … … mit Prüfberichten der … … … zu den Haufwerken Nr. 48 und 48 (Anlage 2, Bl. … ff. BA); Prüfberichte der ARGUS GmbH/ … … … … zu den Haufwerken Nr. 49 und 68 (Anlage 3, Bl. … ff. BA), Kostenrechnung (Anlage 4).
25
Zur Begründung des Bescheids wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Haufwerke in Auswertung der Mietendokumentation der … … … (Anlage 2) der Klägerin zugeordnet worden seien. Das Haufwerk Nr. 68 (Miete 1985), das sich in der Halle Süd befinde, habe ursprünglich aus den im Zeitraum vom 7. Mai 2010 bis 18. Mai 2010 angelieferten Abfällen mit einer Tonnage vom 969,50 t bestanden und sei nachfolgend mit weiteren Materialien aus dem Sanierungsvorhaben „… …“ vergrößert worden. Die Tonnage habe insgesamt 4.888,42 t betragen. Aufgrund von Platzmangel in der Halle sei Zeugenaussagen im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren zufolge Material aus dem Sanierungsvorhaben … … auf das Freigelände ausgelagert worden. Hierbei handele es sich um das Haufwerk Nr. 49. Auch das Landgericht München II sei nach umfassender Sachaufklärung und Beweiserhebung zum Ergebnis gekommen, dass es sich bei dem Haufwerk M 1985 um Material aus der Altlastensanierung der … … handele; das Landgericht sei davon ausgegangen, dass Abfälle in einem Umfang von maximal 3.000 t in der Halle des ehemaligen …-Betriebsgeländes gelagert worden seien. Die Klägerin werde gem. § 62 KrWG als Erzeuger und ursprünglicher Besitzer von Stoffen, derer sie sich entledigt habe und auch entledigen habe wollen, herangezogen. Sie sei Abfallersterzeuger, da sie als vertraglicher Auftraggeber die Ursache für die Bauvorhaben (Sanierung der …*) gesetzt habe. Als Besitzer der Grundstücke, auf denen die Abfälle während der Bauvorhaben angefallen seien, sei sie zudem ursprünglicher Besitzer der Abfälle. Zwar habe die Klägerin die Beigeladene vertraglich mit der Entsorgung des streitgegenständlichen Materials beauftragt, die Verantwortlichkeit der Klägerin für die Erfüllung ihrer abfallrechtlichen Verwertungs- bzw. Beseitigungspflichten bleibe aber auch bei einer Beauftragung Dritter so lange bestehen, bis die Entsorgung endgültig und ordnungsgemäß abgeschlossen sei. Die Beigeladene werde als Auftragnehmerin der Klägerin nicht als Abfallbesitzer herangezogen, da die Klägerin als vertraglicher Auftraggeber die Ursache für die Durchführung des Bauvorhabens gesetzt habe, bei dem die zu entsorgenden Abfälle angefallen seien. Zudem habe ein Weisungsrecht der Klägerin aus dem Vertragsverhältnis mit der Beigeladenen bestanden. Unter Würdigung der Kriterien der Herrschaft über den Vorgang der Abfallentstehung und der Abgrenzung von Risikosphären sowie mit Blick auf den Grundsatz der Effektivität der Störungsbeseitigung werde die Beigeladene daher nicht zur Entsorgung der streitgegenständlichen Abfälle verpflichtet.
26
Mit Schriftsatz vom 11. August 2016, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangen am selben Tag, erhob der Prozessbevollmächtigte der Klägerin Klage und beantragte,
27
den Bescheid vom 7. Juni 2016 (gemeint wohl: 14. Juli 2016) aufzuheben.
28
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das in den Haufwerken Nr. 49 und Nr. 68 gelagerte Material nicht Abfällen aus den … …n zugeordnet werden könne. Voraussetzung für die tatsächliche Abfallzuordnung sei die Feststellung eines bestimmten „chemischen Fingerprints“. Das Landratsamt habe selbst eingeräumt, dass die vorgenommenen Untersuchungen durch die Fa. … … … bzw. … … … … nicht den zwingenden Anforderungen der LAGA PN 98 (Richtlinie der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall für das Vorgehen bei physikalischen, chemischen und biologischen Untersuchungen im Zusammenhang mit der Verwertung/Beseitigung von Abfällen) entsprochen hätten. Damit sei eine zuverlässige Feststellung der Analyseergebnisse nicht möglich. Dies führe auch dazu, dass eine Vergleichbarkeit zwischen der chemischen Zusammensetzung von Abfällen, die derzeit insgesamt auf dem Betriebsgelände der … … lagern und einem bestimmten Abfallerzeuger nicht möglich sei und ein Bezug zu diesem bzw. zu einer bestimmten Abfallfraktion nicht hergestellt werden könne. So werde auf Seite 9 des streitgegenständlichen Bescheids vom Landratsamt ausgeführt, dass aus den Untersuchungsergebnissen keine belastbaren Aussagen zur Schadstoffbelastung der Haufwerke Nr. 49 und Nr. 68 abgeleitet werden könnten. Es lasse sich deshalb nicht einmal eine bestimmte chemische Zusammensetzung der in den Haufwerken lagernden Abfälle feststellen. Sämtliche Chargen von Abfällen aus den … …n, die zur thermischen Desorption auf das Betriebsgelände in … gebracht worden seien, hätten hohe Konzentrationen an organischen Schadstoffen wie MKW, WTEX, LHKW und EOX und einen hohen Chloridgehalt im Eluat aufgewiesen. Die Klägerin habe durch die HPC AG eine eigene Beprobung der Haufwerke Nr. 49 und Nr. 68 durchführen lassen, die durch das … … … durchgeführt worden sei. Es habe sich eine erhebliche Durchmischung unterschiedlicher Materialien in den Haufwerken Nr. 49 und Nr. 68 ergeben, die nicht aus den … …n stamme. Die Feststellung im streitgegenständlichen Bescheid, dass die Materialien (z.B. Bauschutt, Verbrennungsrückstände, Kies) aus den … …n stammen, sei rein hypothetisch und entbehre jeglicher Grundlage. Soweit sich die Beklagte auf die rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung des Geschäftsführers der … … berufe, könne hieraus nicht in zulässiger Weise auf die Zuordnung einer bestimmten Abfallmenge zu Material aus den … …n geschlossen werden. Die rechtskräftige Verurteilung des Geschäftsführers stelle keinen hinreichenden Beleg für die Eigenschaft der Klägerin als Abfallerzeugerin dar. Das Landratsamt könne sich im abfallrechtlichen Verfahren auch nicht auf nicht näher verifizierte Aussagen namentlich nicht bekannter Zeugen im Strafverfahren gegen den Geschäftsführer berufen. Der streitgegenständliche Bescheid beruhe auf keiner ausreichenden Rechtsgrundlage, da das Gesetz zur Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts erst am 1. Juni 2012 in Kraft getreten sei, während die Anlieferung der Abfälle aus den … …n in der Zeit vom 28. Januar bis 21. Mai 2010 erfolgt sei. Der Beklagte habe sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Bestimmungen des KrWG auch auf Sachverhalte anwendbar seien, die bereits vor dem Inkrafttreten des KrWG abgeschlossen gewesen seien. Da die Klägerin weder im tatsächlichen noch im rechtlichen Sinne als Abfallerzeugerin einzustufen sei, sei sie zur Entfernung und Verwertung der Abfälle nicht verpflichtet. Es sei nicht nachgewiesen worden, dass in den Haufwerken Nr. 49 und Nr. 68 Anteile enthalten seien, die den … …n zuzuordnen seien. Zudem habe bei den in den Haufwerken Nr. 49 und Nr. 68 lagernden Abfällen eine offensichtliche Durchmischung stattgefunden. Es fehle daher bereits an der Störereigenschaft der Klägerin. Soweit die Klägerin als alleinige Abfallerzeugerin in Anspruch genommen werde, liege eine fehlerhafte Ermessensausübung vor, weil die Klägerin faktisch als Gesamtschuldnerin für die Beseitigung von Abfällen herangezogen werde, die nicht aus den … …n stammen.
29
Der Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 15. September 2016,
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die Klage abzuweisen.
31
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Klägerin aufgrund ihrer fortbestehenden Verantwortlichkeit bis zur ordnungsgemäßen Abfallentsorgung für die an die Fa. … … … gelieferten Abfälle aus dem Sanierungsvorhaben der … … in Anspruch genommen werde könne, selbst wenn eine konkrete Abfallzuordnung nicht möglich wäre. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) bleibe jeder Entsorgungspflichtige im Fall einer Vermischung von Abfällen mit Abfällen gleicher Art bei einem mit der Entsorgung beauftragten Dritten für einen Anteil an der Gesamtmenge des vermischten Abfalls verantwortlich, der mengenmäßig seinem Beitrag entspreche. Das Gleiche müsse gelten, wenn die Abfälle bei dem beauftragten Dritten weder behandelt noch mit anderen Abfällen vermischt worden seien (wie bei Haufwerk Nr. 68) bzw. wenn zusätzlich eine Lagerung ohne eindeutige Kennzeichnung der Abfallherkunft (wie bei Haufwerk Nr. 49) erfolgt sei. Die vertraglich vereinbarte Behandlung der angelieferten Abfälle durch die … sei gar nicht möglich gewesen, da das von der Staatsanwaltschaft München II in Auftrag gegebenen Gutachten ergeben habe, dass feinteilige, schluffige Materialien – wie die als Haufwerke Nr. 49 und 68 gelagerten Abfälle – in der zur thermischen Verarbeitung von Schüttgütern konzipierten Anlage nicht behandelt werden hätten können. Eine mechanische Behandlung durch Brechen und Sieben sei nach der Aussage des ehemaligen Betriebsstättenleiters Wolfgang Bogdan im strafrechtlichen Verfahren nicht möglich, da das Material hierzu zu feucht gewesen sei. Unabhängig davon, ob es sich bei den Haufwerken Nr. 49 und Nr. 68 um Abfälle aus dem Sanierungsvorhaben der … … handele, seien diese Materialien jedenfalls Abfälle gleicher Art im Sinne der Rechtsprechung des BVerwG. Die Abfälle aus dem Sanierungsvorhaben … … seien unter den AVV-Nrn. 170503 (Boden und Steine, die gefährliche Stoffe enthalten) und 191303 (Schlämme aus den Sanierung von Böden, die gefährliche Stoffe enthalten) zur Fa. … … … geliefert worden. Die Haufwerke Nr. 49 und Nr. 68 seien im Rahmen der strafrechtlichen Ermittlungen durch das Büro … … und nachfolgend im Auftrag des Landgerichts München II von der … … … beprobt worden. Die allgemeinen Abfallbeschreibungen „Bodenaushub/Schlamm/Schlacke“ des Büros … … bzw. der … … … stimmten mit den jeweiligen Anliefermeldungen überein. Zudem seien die bei den Abfällen aus dem Sanierungsvorhaben der … … auffälligen Parameter MKW, PAK, Cyanid, Kupfer, Chrom und Zink (jeweils Feststoff) sowie Chlorid (Eluat) in z.T. erheblichen Konzentrationen nachgewiesen worden. Die Abfälle seien in ihrer Ansprache und hinsichtlich der Schadstoffbelastung dem Material aus dem Sanierungsvorhaben der … … zumindest sehr ähnlich. Die Klägerin sei somit bereits unabhängig davon, ob es sich bei den Materialien der Haufwerke Nr. 49 und Nr. 68 um Abfälle aus dem Sanierungsvorhaben der … … handele, hinsichtlich dieser Materialien mit einer Kubatur von insgesamt 2.038 m³ weiterhin entsorgungspflichtig. Die Inanspruchnahme der Klägerin erfordere nicht die Feststellung eines bestimmten chemischen Fingerprints bzw. die Durchführung einer den Vorgaben der LAGA PN 98 entsprechenden Beprobung der Abfallhaufwerke. Aus den bei Anlieferung der Abfälle aus dem Sanierungsvorhaben der … … vorgelegten Deklarations- bzw. Eingangsanalysen habe der Schadstoffgehalt der Materialien nicht belastbar festgestellt werden können. Dies falle in den Verantwortungsbereich des Abfallerzeugers. Ein konkreter Vergleich der Schadstoffbelastung im Jahr 2010 und im Jahr 2016 könne auch dahinstehen, da schon aufgrund der mehrjährigen Lagerzeit und durch Umschlag, Transport und Vergleichmäßigung eine gewisse Senkung der Schadstoffbelastung eintrete. Die Ergebnisse der Beprobungen durch das Büro … … und die … … … stimmten hinsichtlich der Parameter Cyanide ges., PAK, PCB, Arsen, Blei, Cadmium, Chrom, Kupfer, Nickel, Zink und Chlorid in einer Schwankungsbreite mit den bei den Eingangsanalysen festgestellten Schadstoffkonzentrationen überein. Hinsichtlich der Parameter Quecksilber, EOX und MKW, bei denen dies nicht zutreffe, sei festzuhalten, dass bereits die Deklarationsanalysen selbst hohe Schwankungsbreiten aufwiesen (MKW: zwischen 170.000 mg/kg (HW 27) und 17.000 mg/kg (HW 11); EOX: zwischen 530 mg/kg (HW 27) und 8,4 mg/kg (HWm11); Quecksilber: zwischen 4,2 mg/kg (HW 6) und 0,2 mg/kg (HW 26, 27). Trotz der begrenzten Aussagekraft von jeweils nur einer Deklarationsanalyse pro Haufwerk deuteten die Ergebnisse auf eine sehr heterogene Zusammensetzung der Abfälle aus den … …n hin. Vor diesem Hintergrund und der mehrjährigen Lagerzeit der Haufwerke seien die Analyseergebnisse des Büros … … … bezüglich des Haufwerks Nr. 68 von MKW 2.900 mg/kg, EOX 2,2 mg/kg und Quecksilber 7,7 mg/kg plausibel. Eine erhebliche Durchmischung der Haufwerke Nr. 49 und Nr. 68 mit unterschiedlichen Materialien sei nicht gegeben. Der Rückgriff auf die Erkenntnisse, die im Zuge der strafrechtlichen Aufarbeitung des Falles … zu Tage getreten seien, sei geboten und nicht unzulässig. Eine faktisch gesamtschuldnerische Haftung unterschiedlicher Abfallerzeuger werde mit der streitgegenständlichen Entsorgungsanordnung nicht begründet.
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Die Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen beantragte mit Schriftsatz vom 8. Februar 2017,
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den Bescheid vom 14. Juli 2016 aufzuheben.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass der Abfall nicht von der Klägerin stamme. Voraussetzung für die tatsächliche Abfallzuordnung sei, dass der „chemische Fingerprint“ der Abfälle aus den … …n mit dem der Haufwerke Nr. 49 und 68 übereinstimme. Der Beklagte müsse dies nachweisen; es sei nicht ausreichend, dass die Schadstoffbelastung der Abfälle derjenigen der … … „sehr ähnlich“ sei. Die Mietendokumentation der Firma … könne diesbezüglich nicht herangezogen werden, da diese unter Berücksichtigung des vom Landgericht München II festgestellten jahrelangen kriminellen Geschäftsgebarens der Verantwortlichen nicht glaubhaft sei. Nach der Anlieferung sei das weitere Schicksal der angelieferten Abfälle ungewiss. Es sei nicht gesichert, dass die Zusammensetzung der angelieferten Abfälle richtig dokumentiert worden sei. Auch sei nicht bekannt, ob diese an andere Standorte verbracht worden seien, umgelagert worden seien oder mit anderen Abfällen vermischt oder vermengt worden seien. Das Wasserwirtschaftsamt … habe in seiner Stellungnahme vom … … … ausgeführt, dass eine bedeutende Schadstoffmobilität und eine damit verbundene Gefahr einer Schadstoffverfrachtung nachgewiesen sei. Nach dem vergangenen Zeitablauf sei davon auszugehen, dass der abgelieferte Abfall nicht mehr in seiner ursprünglichen Qualität bestehe. Die Gründe des Urteils des Landgerichts München II würden an verschiedenen Stellen belegen, dass eine konkrete Abfallzuordnung nicht möglich gewesen sei. Auch der Nachweis der Zuordnung der angelieferten Abfallchargen zur Beigeladenen sei nicht erbracht worden. Die Mietendokumentation der Firma … bilde nur den Materialeingang ab, wobei sich der Ort der Ablagerung aus handschriftlichen Vermerken ergebe, die keine Datumsangabe und keinen Hinweis auf den Ersteller enthalten würden. Den Aufzeichnungen sei auch nicht zu entnehmen, ob und wann die erfassten Abfälle umgelagert oder ausgelagert worden seien. Die Fotodokumentation, die auf Seite 7 des Bescheids genannt werde, sei nicht aussagekräftig. Im Übrigen könne eine Fotodokumentation aus dem Jahr 2012 keinen Aufschluss über den Verbleib der Abfälle im Jahr 2017 geben. Die abfallrechtliche Verantwortlichkeit des früheren Abfallbesitzers ende im Falle der Verarbeitung des Abfalls bzw. im Falle seiner Verwertung durch Vorbehandlungen, Mischungen oder sonstige Behandlungen, die eine Veränderung der Beschaffenheit oder der Zusammensetzung der Abfälle bewirkten. Für eine Veränderung bezüglich der Zusammensetzung reiche eine Veränderung des Inhalts oder der anteilsmäßigen Zusammensetzung des Abfalls aus; eine solche Veränderung habe durch die Vermischung mit anderen Abfällen stattgefunden. Der Beklagte beziehe sich zu Unrecht auf das Urteil des BVerwG, wonach bei der Vermischung von Abfällen gleicher Art die Entsorgungspflichtigkeit für einen Anteil an der Gesamtmenge des vermischten Abfalls bestehen bleibe. Das BVerwG führe eindeutig aus, dass dies nur für ununterscheidbare Abfälle gelte, bei denen eine Mischung keine Veränderung der Natur oder Zusammensetzung herbeigeführt habe. Vorliegend lägen keine Abfälle gleicher Art vor. Die Anordnung sei zudem nicht bestimmt, da es für die Klägerin und die Beigeladene nicht möglich sei, die Haufwerke unter hunderten von Haufwerken zu identifizieren. Der dem Bescheid beigefügte Lageplan lasse keinen Schluss auf die genauen Umrisse der Haufwerke und deren tatsächliche Lage zu, da er keine topografische Vermessung des Betriebsgeländes abbilde. Es handle sich nur um eine skizzenhafte Darstellung der Gegebenheiten auf dem Betriebsgelände, der nicht einmal die genauen Umrisse der einzelnen Haufwerke zu entnehmen sei.
35
Der Vertreter des Beklagten erwiderte mit Schriftsatz vom 8. März 2017, dass das kriminelle Geschäftsgebahren der … … … nicht zur Folge habe, dass die streitgegenständlichen Abfälle erst durch die Lagerung auf dem Betriebsgelände mit anderen gefährlicheren Schadstoffen belastet worden seien. Hinsichtlich des Haufwerks Nr. 68 gehe diese Annahme bereits deshalb fehl, weil die Abfälle nach ihrer Anlieferung nachweislich unmittelbar an den aktuellen Lagerort verbracht worden seien. Dass eine rückwirkende Abfallzuordnung anhand der betrieblichen Unterlagen des mit der Abfallentsorgung Beauftragten, hier der … … …, vorgenommen werden müssen, liege in der Natur der Sache. Vorliegend ergebe sich auch aus dem Urteil des Landgerichts München II, dass es sich bei dem Haufwerk 68 (M 1985 nach Nummerierung …*) um Material aus der Altlastensanierung der … … handele. Die Zuordnung des Haufwerkes Nr. 49 (Nr. 18 nach Nummerierung …*) stütze sich hingegen auf die Ermittlungsergebnisse der Kriminalpolizei … Zudem komme den Materialien aus dem Sanierungsvorhaben der … … aufgrund ihrer Zusammensetzung, Beschaffenheit und Qualität ein Alleinstellungsmerkmal zu. Eine Abfallvorbehandlung durch die … … … sei nicht erfolgt. Die konkrete Lage der einzelnen Haufwerke sei anhand der dem Bescheid beigefügten Anlagen mit hinreichender Bestimmtheit erkennbar.
36
Das Landratsamt ließ im Jahr 2017 in Amtsvornahme eine den Vorgaben der LAGA PN 98 entsprechende Beprobung auf der Basis eines Beprobungsplanes und eine analytische Untersuchung aller am ehemaligen … Betriebsstandort lagernden Haufwerke vornehmen. Anlass der Beprobung sei gewesen, dass die Beprobungen aus dem Jahr 2013 und aus dem Jahr 2015 nicht vollumfänglich den Vorgaben der LAGA PN 98 entsprochen hätten und deshalb die zur Aufzeigung des Entsorgungsweges festgestellten Schadstoffklassen nicht ausreichend belastbar gewesen seien. Die durchgeführte erneute Haufwerksbeprobung habe jedoch zu keiner Zeit die Zielsetzung verfolgt, Herkunft und Zuordnung der Abfälle erneut zu hinterfragen. Ziel sei allein die Sicherstellung der erforderlichen Entsorgungswege gewesen.
37
Auf Nachfrage des Gerichts teilte das Landratsamt am 1. September 2022 mit, dass eine Umrechnung von Gewicht in Volumen nicht stattgefunden habe. Die im streitgegenständlichen Bescheid enthaltenen Angaben in Tonnage würden aus der Dokumentation der … … stammen. Unabhängig davon sei das Volumen der auf dem Betriebsgelände lagernden Haufwerke behördlicherseits vermessen worden. Auf der Grundlage dieser Vermessung sei im Tenor des Bescheids eine Angabe in Volumen erfolgt. Eine Umrechnung von Gewicht in Volumen könne nicht aussagekräftig sein, da diese abhängig von der Dichte der Haufwerke sei. Die Dichte sei jedoch vor Erlass der streitgegenständlichen Anordnung nicht ermittelt worden.
38
Mit Änderungsbescheid vom 1. September 2022 wurde der Bescheid vom 14. Juli 2016 in Ziffer 1.1 unter Ziff. 1 „Anordnungen“ dahingehend geändert, dass es sich bei den zu entsorgenden Abfällen um folgende Haufwerke handele:

Haufwerks-Nr (Vermessungsamt).

Haufwerks-Nr. bzw. Mietenbezeichnung der …

Volumen Vermessungsamt in m³

Lagerort

49

H 18

363

Halle Süd

68

HS 13 (M1985-S1/1 und 1985-S1/2)

1.675

Freigelände

39
Als Hinweis wurde angegeben, dass aufgrund von Beprobungen der Haufwerke auf dem ehemaligen Betriebsgelände im Jahr 2017 die Haufwerke Nr. 49 und Nr. 68 im Auftrag des Landratsamts umgelagert worden seien. Dabei sei das in zwei kleinere Haufwerke aufgeteilte Haufwerk Nr. 49 in die Halle Süd verbracht und wieder zu einem Haufwerk zusammengefasst worden. Das Haufwerk Nr. 68 sei innerhalb der Halle Süd umgelagert worden. Die konkrete Lage der Haufwerke ergebe sich aus dem als Anlage 1 beiliegenden Lageplan – Stand Juli 2020.
40
Mit Schriftsatz vom 5. Oktober 2022 erweiterte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin seine Klage und beantragte sinngemäß,
41
den Bescheid vom 7. Juni 2016 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 1. September 2022 aufzuheben.
42
Zur Begründung wurde im Wesentlichen der bisherige Vortrag zum Ausgangsbescheid wiederholt und vertieft. Ausgeführt wurde insbesondere, dass es nicht nachvollziehbar sei, dass die im Jahr 2013 und in 2015 durchgeführten Beprobungen eine Aussage zur Herkunft des beprobten Materials ermöglicht haben solle, während die weitere Untersuchung im Jahr 2017 nur dazu gedient haben solle, den weiteren Entsorgungsweg aufzuzeigen. Da auch die Deklarationsanalysen der Beigeladenen gegenüber der … … … bei Anlieferung des Materials nach Aussage des Beklagten keine hinreichende bzw. belastbare Aussagekraft zur Schadstoffbelastung bzw. Schadstoffverteilung besessen hätten, sei auch ein Rückschluss von Proben, die den Haufwerken Nr. 49 und Nr. 68 entnommen worden seien, auf das von der Beigeladenen angelieferte Material nicht möglich.
43
Auf Nachfrage des Gerichts führte der Vertreter des Beklagten mit Schreiben vom 28. Februar 2023 aus, dass sich das Haufwerk Nr. 49 vor der in Ziff. 1.1 des Ausgangsbescheids genannten Aufteilung in zwei Haufwerke und Umlagerung in die Halle Süd sowie auf die Freifläche westlich der Halle Süd auf der westlichen Seite des Flurstücks 1240 der Gemarkung … befunden habe. Als Anlage wurde ein Lagerbestandsplan vom 22. Oktober 2013 beigefügt, in dem das Haufwerk Nr. 49 eingezeichnet war. Angaben zur mengenmäßigen Verteilung des Haufwerks bei der Umlagerung lägen nicht vor. Eine Eingangsdokumentation zur Miete 1996 liege dem Landratsamt nicht vor. Bei den Eintragungen unter Ziff. 3.2 des Ausgangsbescheids in Spalte 3 der Tabelle „BV/Halde“ handele es sich um die Nummern, die durch den Abfallerzeuger vergeben wurden. Zur Abwicklung auf der Baustelle sei es erforderlich, dass vom Erzeuger für die einzelnen Haufwerke auf der Baustelle Nummern vergeben würden. Diese Nummern seien im Rahmen der betrieblichen Dokumentation von der … … … in den Unterlagen notiert worden. Vom Landratsamt seien keine handschriftlichen Vermerke auf der Mietendokumentation der … … … vorgenommen worden. Von wem die Vermerke/Nummern angebracht worden seien und zu welchem Zweck dies erfolgt sei, sei dem Landratsamt nicht bekannt.
44
Mit Schriftsatz vom 8. März 2023 führte der Kläger ergänzend aus, dass die Ergebnisse der im Jahr 2017 durchgeführten Beprobung zeigten, dass es sich bei den in den Haufwerken 49 und 68 lagernden Abfällen nicht um Abfälle aus den … …n handeln könne. Das im Jahr 2010 aus den … …n angelieferte Material habe eklatant hohe Konzentrationen an organischen Parametern wie MKW, BTEX, LHKW, TOC und DOC aufgewiesen. Die MKW-Gehalte hätten im Mittel bei 65.000 mg/kg gelegen. Die Beprobung im Jahr 2017 habe dann nur noch Werte von 1.600 mg/kg (HW 49) bzw. 5.170 mg/kg aufgewiesen. Eine derartige Reduzierung sei trotz der zeitlichen Dauer der Lagerung in plausibler Form nicht zu erklären. Auch die Schwermetallgehalte (Blei, Chrom, Kupfer, Nickel und Zink) hätten weit unter den Eingangswerten gelegen. Die Quecksilbergehalte seien hingegen gegenüber der Analyse aus dem Jahr 2010 um das Doppelte (HW 68) bzw. um das Zehnfache (HW 49) gestiegen, was nicht durch die Dauer der Lagerung zu erklären sei. Außerdem sei der feinkörnige Anteil des Materials bei Anlieferung wesentlich höher gewesen als bei der Beprobung im Jahr 2017 vorgefunden. Die Zuordnung der Haufwerke 49 und 68 zu Abfällen aus den … …n bleibe spekulativ. Es lasse sich nicht mehr nachvollziehen, wer die handschriftlichen Vermerke zu welchem Zeitpunkt auf der Mietendokumentation angebracht habe und welchen Zwecken diese gedient haben.
45
Die Bevollmächtigte der Beigeladenen wiederholte und vertiefte den bisherigen Sachvortrag mit Schriftsatz vom 22. März 2023. Auf den Inhalt wird Bezug genommen.
46
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und auf die vorgelegten Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 30. März 2023 Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Entscheidungsgründe

47
Die zulässige Klage ist begründet.
48
Der Bescheid vom 14. Juli 2016 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 1. September 2022 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
49
Der Bescheid ist zwar formell rechtmäßig, jedoch materiell rechtswidrig.
50
I. Der Bescheid ist formell nicht zu beanstanden.
51
1. Nach Auffassung der Kammer genügt er den Anforderungen an die Bestimmtheit, Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Gemäß Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG müssen Verwaltungsakte inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Inhaltlich hinreichende Bestimmtheit setzt voraus, dass insbesondere für den Adressaten des Verwaltungsaktes die von der Behörde getroffene Regelung so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar ist, dass er sein Verhalten danach richten kann. Es reicht aus, wenn sich die Regelung aus dem gesamten Inhalt des Bescheides, insbesondere seiner Begründung sowie den weiteren den Beteiligten bekannten oder ohne weiteres erkennbaren Umständen unzweifelhaft erkennen lässt. Zulässig sind auch Bezugnahmen auf dem Betroffenen bekannte Unterlagen, wenn diese ihrerseits hinreichend bestimmt sind. Bei der Auslegung ist dabei auf den Horizont eines verständigen Adressaten in der Situation eines objektiven Empfängers abzustellen. Vorliegend ist aus dem als Anlage 1 zum Änderungsbescheid beigefügten Lageplan des Betriebsgeländes mit gekennzeichneten Haufwerken Nr. 49 und 68 ersichtlich, auf welche Haufwerke sich die Anordnung bezieht. Die Lage des Haufwerks Nr. 68 am südwestlichen Rand der Halle und die Lage des Haufwerks Nr. 49 am südöstlichen Rand der Halle kann nachvollzogen werden. Vor Ort befindet sich ein Schild mit der Haufwerksbezeichnung im Haufwerk. An das Haufwerk 49 grenzt kein anderes Haufwerk an. Beim Haufwerk Nr. 68 ist die Abgrenzung zum Haufwerk 51 erkennbar (vgl. vom Beklagten mit Schriftsatz vom 28. Februar 2023 vorgelegte Bildaufnahmen).
52
2. Der Bescheid enthält auch die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe, die das Landratsamt zu seiner Entscheidung bewogen haben, Art. 39 BayVwVfG. „Wesentliche tatsächliche Gründe“ iSd § 39 Abs. 1 S. 2 sind diejenigen Umstände des Sachverhalts, die aus Sicht der Behörde im konkreten Fall das für den Verwaltungsakt maßgebliche rechtliche Entscheidungsprogramm ausfüllen. Darzustellen sind die Gründe, die die Behörde nach ihrer subjektiven Rechtsauffassung zu ihrer Entscheidung bewogen haben (Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 39 Rn. 29, 30). Ob die Begründung objektiv richtig ist, ist keine Frage des Art. 39 BayVwVfG als Verfahrensvorschrift, sondern der materiellen Rechtmäßigkeit des Bescheids.
53
II. Der Bescheid ist materiell rechtswidrig.
54
1. Die Anordnungen finden ihre Rechtsgrundlage in § 62 i.V.m. § 7 Abs. 2, § 15 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen (Kreislaufwirtschaftsgesetz – KrWG). Nach § 62 KrWG kann die zuständige Behörde im Einzelfall die erforderlichen Anordnungen zur Durchführung des KrWG und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen treffen. Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 KrWG sind die Erzeuger und Besitzer von Abfällen zur Verwertung ihrer Abfälle verpflichtet. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 KrWG sind die Erzeuger und Besitzer von Abfällen, die nicht verwertet werden, verpflichtet, diese zu beseitigen.
55
Da es dem Landratsamt vorliegend primär um die Durchsetzung der Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwertung und Beseitigung ging (§§ 7, 15 KrWG), hat es die streitgegenständliche Anordnung zutreffend auf § 62 KrWG und nicht auf Art. 31 Abs. 2 des Gesetzes zur Vermeidung, Verwertung und sonstigen Entsorgung von Abfällen in Bayern (Bayerisches Abfallwirtschaftsgesetz – BayAbfG) gestützt.
56
Die Heranziehung der Klägerin verstößt nicht gegen das grundgesetzliche Verbot der Rückwirkung von Gesetzen. Die Anwendung des § 62 KrWG i.V.m. § 7 Abs. 2, § 15 Abs. 1 Satz 1 auf bereits vor Inkrafttreten des KrWG vom 24. Februar 2012 erzeugte und einem beauftragten Dritten überlassene Abfälle ist nicht deshalb unzulässig, weil darin eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung läge. Vielmehr stellt die Anordnung der ordnungsgemäßen Verwertung und Beseitigung gegenüber dem Abfallerzeuger und ursprünglichen Abfallbesitzer für solche Sachverhalte nur eine tatbestandliche Rückanknüpfung bzw. unechte Rückwirkung dar. Eine solche liegt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) immer dann vor, wenn eine Norm den Eintritt ihrer Rechtsfolgen von Gegebenheiten aus der Zeit vor ihrer Verkündung abhängig macht, während eine „Rückbewirkung von Rechtsfolgen“ bzw. echte Rückwirkung dann anzunehmen ist, wenn die normativ angeordneten Rechtsfolgen für einen bestimmten, vor dem Zeitpunkt der Verkündung liegenden Zeitraum eintreten sollen (zur Unterscheidung vgl. insbesondere BVerfG, B.v. 14.5.1986 – 2 BvL 2/83, BVerfGE 72, S. 200, 241 f.; BVerfG,B.v. 3.12.1997 – 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, S. 67, 78 f.). Letzteres ist hier nicht ersichtlich. Die Begründung der Rechtsfolge – die Verpflichtung des Abfallerzeugers bzw. ursprünglichen Abfallbesitzers zur Entfernung und Entsorgung der Abfälle – knüpft zwar an die vor Inkrafttreten des Gesetzes liegende Erzeugung von Abfällen an. Die sich aus §§ 7 Abs. 2, 15 Abs. 2 Satz 1 und 22 KrWG ergebende Verantwortlichkeit zur Verwertung und Beseitigung Verpflichteten auch nach Beauftragung eines Dritten mit der Erfüllung seiner Pflichten gilt jedoch nur für nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des KrWG erforderliche Maßnahmen. Dass die Regelung bereits für einen davor liegenden Zeitraum Rechtsfolgen bewirken sollte, ist nicht ersichtlich.
57
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat klargestellt, dass eine derartige „unechte“ Rückwirkung bzw. tatbestandliche Rückanknüpfung keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet (vgl. BVerwG, U.v. 16.3.2006 – 7 C 3.05). Eine Rückwirkung ist vorliegend bereits deshalb nicht anzunehmen, weil auch das bis zum 31. Mai 2012 geltende Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) in §§ 5 Abs. 2, 11 Abs. 1 und 16 Abs. 1 vorsah, dass der Abfallerzeuger und ursprüngliche Abfallbesitzer zur Verwertung bzw. Beseitigung der Abfälle verpflichtet ist und die Verantwortlichkeit für die Erfüllung der abfallrechtlichen Pflichten bei Beauftragung Dritter unberührt bleibt.
58
2. Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Klägerin als Verhaltensverantwortliche für die in Ziff. 1.1 des Ausgangsbescheids in Gestalt des Änderungsbescheids bezeichneten Abfälle liegen jedoch nicht vor.
59
Verantwortlicher und damit zutreffender Adressat einer Anordnung nach § 62 i.V.m. § 7 Abs. 2, § 15 Abs. 1 Satz 1 KrWG ist der Erzeuger (§ 3 Abs. 8 KrWG) oder Besitzer (§ 3 Abs. 9 KrWG) von Abfällen als abfallrechtlich Pflichtiger.
60
Zwar handelt es sich bei den auf den Grundstücken des ehemaligen Betriebsgeländes der … … … lagernden Haufwerken unstreitig um Abfälle im Sinne von § 3 KrWG und wurden unstreitig im Jahr 2010 auch Abfälle aus dem Sanierungsvorhaben der Klägerin auf das Betriebsgelände der … … … verbracht. Es wurde jedoch seitens der darlegungspflichtigen Behörde nicht bzw. nicht ausreichend nachgewiesen, dass sich die aus dem Sanierungsvorhaben der Klägerin stammenden Abfälle im Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung noch auf dem Betriebsgelände der … … … befanden bzw. dass es sich bei den in den Haufwerken Nr. 68 und Nr. 49 lagernden Abfällen um Abfälle aus dem Sanierungsvorhaben der Klägerin handelt.
61
2.1 Die Klägerin wird durch den Bescheid als Erzeugerin bzw. ursprüngliche Besitzerin der Abfälle aus dem Sanierungsprojekt „… …“ in Anspruch genommen.
62
2.1.1 Die abfallrechtliche Verantwortlichkeit der Klägerin ist nicht dadurch erloschen, dass sie die Beigeladene mit der Entsorgung des schadstoffbelasteten Bodenmaterials beauftragt hat, welche ihrerseits im Jahr 2010 die … … … mit der Übernahme und vakuum-thermischen Behandlung der Abfälle beauftragt hat. Nach § 22 Satz 2 KrWG bleibt die Verantwortlichkeit für die Erfüllung der abfallrechtlichen Pflichten von einer Beauftragung Dritter mit der Erfüllung der Pflichten unberührt und solange bestehen, bis die Entsorgung endgültig und ordnungsgemäß abgeschlossen ist. Das BVerwG hat bereits zu der Vorgängerregelung des § 16 Abs. 1 KrW-/AbfG entschieden, dass ein Abfallbesitzer, der einen Dritten mit der Entsorgung der Abfälle beauftragt und diesem hierzu den Besitz daran überträgt, weiterhin für deren ordnungsgemäße Entsorgung verantwortlich bleibt. Die Verantwortlichkeit der Klägerin für die Abfälle aus dem Sanierungsvorhaben „… …“ besteht deshalb fort, bis die Entsorgung dieser Abfälle endgültig und ordnungsgemäß abgeschlossen ist (BVerwG, U.v. 28.6.2007 – 7 C 5/07, juris).
63
2.1.2 Ob die abfallrechtliche Verantwortlichkeit der Klägerin dadurch erloschen ist, dass die aus dem Sanierungsvorhaben stammenden Abfälle des Abfallschlüssels nach der Abfallverzeichnisverordnung (AVV) 191303* und des Abfallschlüssels … … auf dem Betriebsgelände der … … … durch Mitarbeiter der … … … unter Verletzung des für gefährliche Abfälle geltenden absoluten Vermischungsverbots des § 9 Abs. 2 KrWG (§ 9a Abs. 1 KrWG nF) außerhalb der Einwirkungsmöglichkeiten der Klägerin vermischt worden sind, bedarf keiner abschließenden Klärung. Das Landratsamt kam in Auswertung der herangezogenen Betriebsaufzeichnungen der … … … zu dem Schluss, dass die Miete 1985 (* … …, Bl. 606) schrittweise um die Haufwerke Nr. 6 (AVV 191303*, Bl. 595), Nr. 8 (* … …, Bl. 591). Nr. 5 (* … …, Bl. 593), Nr. 12 (AVV 191303, Bl. 597), Nr. 11 (* … … bzw. 191303*, Bl. 599), Nr. 20 (* … …, Bl. 601), Nr. 21 (AVV 191303*, Bl. 603) vergrößert worden sei (vgl. Ziff. 3.3 des Bescheids). Bei Wahrunterstellung dieser Schlussfolgerung wäre demnach durch die sukzessive Anhäufung der Abfälle ein Abfallgemisch aus Abfällen des AVV-Schlüssel 170503* und 191303* entstanden. Die Vermischung hat zur Folge, dass ein Zweitabfall entstanden ist (§ 3 Abs. 8 Nr. 2 KrWG). Denn durch die auf Anregung des Bundesrats in § 9 Abs. 2 KrWG eingefügte Formulierung „Kategorien von“ wurde klargestellt, dass sich das Vermischungsverbot von gefährlichen Abfällen nicht auf bestimmte Abfallobergruppen, sondern auf die in der Anlage zur AVV aufgeführten Abfallarten bezieht, sodass gefährliche Abfälle mit unterschiedlichen Abfallschlüsseln nicht miteinander vermischt werden dürfen (Jarass/Petersen, KrWG, 2. Aufl. 2022, § 9a Rn. 13). Ob die Entstehung eines Zweitabfalls durch Vermischung dazu führt dazu, dass die abfallrechtliche Verantwortlichkeit des Abfallerzeugers bzw. des ursprünglichen Abfallbesitzers endet, ist umstritten und höchstrichterlich nicht geklärt. Zwar ist die Auslegung des Erzeugerbegriffs nach der Rechtsprechung des BVerwG am Ziel einer effektiven Abfallbeseitigung auszurichten und deshalb nicht zu eng vorzunehmen, sodass grundsätzlich davon auszugehen ist, dass der Abfallersterzeuger neben dem Abfallzweiterzeuger weiterhin bis zur vollständigen Verwertung oder Beseitigung des Abfalls verantwortlich ist. Dies dürfte jedoch nicht uneingeschränkt gelten; für Härtefalle – wie etwa im Falle eines rechtswidrigen Handelns des Beauftragten außerhalb des Herrschaftsbereichs des Abfallersterzeugers – dürfte eine Beendigung der Verantwortung des Ersterzeugers und früheren Besitzers anzunehmen sein (Jarass/Petersen, KrWG, 2. Aufl. 2022, § 9 Rn. 27; Kropp, ZUR 2008, 401 ff.).
64
2.2 Vorliegend ist nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachgewiesen, dass es sich bei den Abfällen, für deren Entsorgung die Klägerin in Anspruch genommen wird, um Abfälle der Klägerin aus dem Sanierungsvorhaben „… …“ handelt.
65
2.2.1 Für die Tatsache, dass die Klägerin Erzeugerin bzw. ursprüngliche Besitzerin der Abfälle ist, für deren Entsorgung sie in Anspruch genommen wird, trägt die Beklagtenpartei nach allgemeinen Grundsätzen die materielle Beweislast. Die Behörde trägt die Beweislast für das Vorliegen des Sachverhalts, auf den der angegriffene Verwaltungsakt in tatsächlicher Hinsicht gestützt wird und aus dem sich die Voraussetzungen für die Anordnung ergeben. Die Behörde ist verpflichtet, die Voraussetzungen für ihr ordnungsbehördliches Einschreiten zu prüfen. Sie hat insoweit den erforderlichen Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, Art. 24 BayVwVfG (Beckmann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand September 2022, § 62 KrWG Rn. 16). Nach rechtsstaatlichen Grundsätzen müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen von der Verwaltung bewiesen werden, da diese andernfalls bereits nur bei Vorliegen eines Verdachts in die Rechtssphäre des Betroffenen eingreifen könnte. Eine Inanspruchnahme der Klägerin kommt deshalb nur in Betracht, wenn die Verantwortlichkeit objektiv feststeht. Die Haftung kann nicht auf bloße Vermutungen zu etwaigen Kausalverläufen gestützt werden.
66
2.2.2 Das Landratsamt stützt die Zuordnung der im Zeitraum vom 8. Februar 2010 bis zum 18. Mai 2010 auf dem Betriebsgelände der … … … angelieferten Abfälle auf die Betriebsaufzeichnungen der … … …, auf Auszüge aus dem Strafurteil im Strafverfahren gegen den ehemaligen Geschäftsführer und drei Mitarbeiter der … … … bzw. aus den Ermittlungsakten hierzu sowie auf die chemische Zusammensetzung der Abfälle. Hierbei handelt es sich jedoch nur um Indizien, mit deren Hilfe ein vermuteter Kausalverlauf hergestellt wurde. Ein lückenloser Nachweis konnte nicht geführt werden.
67
a) Aus den Betriebsaufzeichnungen der … … … ergibt sich nicht zweifelsfrei, dass es sich bei den Abfällen der Haufwerke Nr. 68 und Nr. 49 um Abfälle handelt, die aus dem Sanierungsvorhaben der Klägerin stammen.
68
Bereits die Anlieferscheine (Anlage 2 zum Ausgangsbescheid), die im Jahr 2010 jeweils vor der Anlieferung der Materialien erstellt wurden, sind unvollständig (für HW 26/Miete 1996 ist kein Anlieferschein vorhanden). Die auf den Anlieferscheinen, die die zur Abwicklung auf der Baustelle vergebene Nummer der Halde enthalten, handschriftlich vermerkten Zahlen, die die Miete auf dem Betriebsgelände ausweisen sollen, lassen weder den Urheber, noch ein Datum erkennen. Dass die Mieten M 1932 (HW 5), M 1919 (HW 6), M 1923 (HW 8), M 1955 (HW 11), M 1945 (HW 12), M 1967 (HW 20), M 1975 (HW 21), M 1996 (HW 26) sukzessive auf M 1985 in der Halle angehäuft wurden, ergibt sich aus den Anlieferscheinen nicht. Das Landratsamt hat dies der Excel-Datei „Auslagerungen aktuell“ der … … … entnommen. Aus dem in den Anlieferscheinen enthaltene Anlieferungsdatum ergibt sich jedoch, dass die o.g. Haufwerke zeitlich vor dem Haufwerk 1985 (Anlieferung ab 7.5.2010) angeliefert worden waren, nämlich das HW 5 ab 1.3.2010, das HW 6 ab 8.2.2010, das HW 8 ab 16.2.2010, das HW 11 ab 17.3.2010, das HW 12 ab 15.3.2010, das HW 20 ab 15.4.2010 und das HW 26 ab 26.4.2010. Da es sich bei den Abfällen um gefährliche Abfälle handelte, ist nicht nachvollziehbar, wo und in welcher Weise diese ab dem 1. März 2010 bis zur Anlieferung des HW 27 (M 1985) auf dem nicht überdachten Betriebsgelände zwischengelagert worden sein könnten, um dann sukzessive auf das HW 27 angehäuft zu werden. Es ist zwar nicht auszuschließen, dass die … … … entsprechend vorgegangen ist, für einen gesicherten Nachweis genügen die Betriebsaufzeichnungen jedoch nicht, zumal dem Landratsamt bekannt war, dass die Dokumentation der … … … vielfach unzutreffend war (vgl. S. 211, 220, 224, 225, 227, 244 des Strafurteils).
69
b) Selbst wenn der vom Landratsamt anhand der Betriebsaufzeichnungen der … … … vermutete Kausalverlauf zutreffen würde, so bezieht sich dies auf die Zeitspanne von Februar 2010 bis Mai 2010. Angesichts der Feststellungen im Strafurteil kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die vom Landratsamt am 12. November 2012 erstellte Fotodokumentation die Zustände wiedergibt, wie sie sich im Mai 2010 darstellten. Es ist nicht nachgewiesen, dass die Abfälle zwischen Mai 2010 und der Betriebseinstellung der … … … am 14. November 2012 unverändert geblieben sind. Dies ist insbesondere deshalb zweifelhaft, weil gerade im letzten Betriebsjahr die vermehrte Annahme von Abfällen zu Platzproblemen auf dem Betriebsgelände geführt hat und behördlicherseits ein Zusammenschieben aufgrund Platzmangels nicht beanstandet worden ist (dazu unten).
70
Das Landratsamt geht selbst davon aus, dass Material aus dem Sanierungsvorhaben … … aufgrund von Platzmangel in der Halle Süd nachfolgend auf das Freigelände ausgelagert wurde, wobei es sich diesbezüglich auf Zeugenaussagen von Mitarbeitern der Firma … im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren stützt. Eine mengenmäßige Dokumentation der Auslagerung lag dem Landratsamt nicht vor. Das Landratsamt zieht aus den (ebenfalls nicht näher bezeichneten) Einlassungen der Angeklagten, Zeugenaussagen im Strafverfahren sowie den Ermittlungsergebnissen der Kriminalpolizei … den Schluss, dass es sich bei dem ausgelagerten Material um Haufwerk Nr. 49 handele und das restliche Material in Haufwerk Nr. 68 in der Halle verblieben sei. Dies ist den in den Behördenakten enthaltenen Aussagen bzw. dem Strafurteil jedoch nicht zu entnehmen. Die Aussagen beschränken sich vielmehr darauf, dass Material aus der Halle aus Platzmangel in der Halle ins Freigelände ausgelagert wurde. Bezüglich der konkreten Lage wurden lediglich Vermutungen geäußert.
71
Ob und welche Bewegungen des im Zeitraum vom 8. Februar 2010 bis zum 21. Mai 2010 angelieferten Materials während des noch über zwei Jahre laufenden Betriebs stattgefunden haben, ist nicht bekannt. Auf dem Betriebsgelände befanden sich im Zeitpunkt der Betriebseinstellung 30.816 m³ Abfälle. Dass es auf dem Betriebsgelände nicht nur in Einzelfällen vorgekommen ist, dass Haufwerke zusammengeschoben und ungeordnet durchmischt worden, wird bereits im Ausgangsbescheid deutlich, was zeigt, dass dies auch dem Landratsamt bewusst war. Auf Seite 5 des Bescheids wird ausgeführt, dass ein Gesamthaufwerk von 6.995 m³ entlang des nord-östlichen Randdamms vorhanden sei, das erkennbar aus einer Vielzahl von Einzelhaufwerken zusammengeschoben und aufgebaut worden sei, wobei offensichtlich eine ungeordnete Durchmischung unterschiedlicher Materialien erfolgt sei. Diese Vorgehensweise wurde auch im Strafurteil des Landgerichts München II vom 19. Oktober 2015 festgestellt. Hier hat der Zeuge Os. ausgesagt, dass die Behörden bei Kontrollen z.B. nie bemängelt hätten, wenn beispielsweise Haufwerke aus Platzgründen zusammengeschoben worden seien (S. 229 des Strafurteils). Das Strafgericht ist davon ausgegangen, dass die Inanspruchnahme weiterer Abfallerzeuger oder Abfallbesitzer aufgrund tatsächlicher Vermischung unwahrscheinlich werde (S. 238 des Strafurteils). Der Beklagte hat die Feststellungen des Strafurteils weder in Zweifel gezogen noch ist er dem diesbezüglichen Vortrag der Klagepartei substantiiert entgegengetreten.
72
In verwaltungsgerichtlichen Verfahren besteht zwar grundsätzlich keine rechtliche Bindung an die Tatsachenfeststellungen von Gerichten anderer Gerichtszweige, so auch der Strafgerichte. Allerdings geht von den strafgerichtlichen Feststellungen regelmäßig eine faktische Bindungswirkung dergestalt aus, dass Verwaltungsgerichte im Regelfall nicht gehalten sind, die strafrechtlich relevanten Tatsachen eigenständig festzustellen und zu würdigen, sofern sich dies ob der Besonderheiten des Einzelfalles nicht aufdrängt (BVerwG, U.v. 22.3.2017 – 5 C 4.16, juris Rn. 26). Grundsätzlich gilt, dass die tatsächlichen Feststellungen, die in einem rechtskräftigen Strafurteil enthalten sind, regelmäßig zur Grundlage einer behördlichen oder der gerichtlichen Beurteilung gemacht werden dürfen, soweit sich nicht gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Feststellungen ergeben.
73
Soweit das Landratsamt im Ausgangsbescheid ausführt, dass auch das Landgericht München II in seinem Urteil vom 19. Oktober 2015 nach umfassender Sachaufklärung und Beweiserhebung davon ausgehe, dass es sich bei dem Haufwerk M 1985 um Material aus der Altlastensanierung der … … handele, wobei das Landgericht eine Umrechnung der vorliegenden Kubatur auf 3.000 t vorgenommen habe, zieht es eine unzutreffende Schlussfolgerung aus einer aus dem Kontext gelösten Feststellung des Strafurteils. Unter der Überschrift „Umweltdelikt“ heißt es auf S. 206/207 des Strafurteils:
74
Von den Materialien betreffend die Bo. … befand sich zu Beginn des Ermittlungsverfahrens noch eine Menge von maximal 3.000 t in der Halle auf dem Betriebsgelände. (…) Die Umrechnung auf 3.000 t erfolgte zugunsten des Angeklagten C. (…) Unbeschadet des Umstands, dass von Seiten der G. GmbH eine Identität des in der Halle befindlichen Materials mit dem von ihr angelieferten Material angezweifelt wird, hat die Kammer eine solche Identität dennoch zugunsten des Angeklagten C. angenommen.
75
Gegenstand des Strafverfahrens war insoweit die Begehung eines Umweltdelikts durch die Lagerung gefährlicher Abfälle auf dem Freigelände. Der Umstand, dass Teile der gefährlichen Abfälle aus dem Sanierungsvorhaben … … ggf. in der Halle gelagert waren, was mangels Entscheidungserheblichkeit nicht abschließend aufgeklärt werden musste, wurde zugunsten des Angeklagten berücksichtigt. Eine gesicherte Feststellung, dass 3.000 t Material aus dem Sanierungsvorhaben … … in der Halle gelagert worden war, ist dem Strafurteil nicht zu entnehmen.
76
c) Weiterhin ist nicht lückenlos und unter jeweiliger mengenmäßigen Angabe dokumentiert, wie die Haufwerke Nr. 48 und Nr. 49 nach der Betriebsstillegung verändert wurden.
77
Unter Ziff. 1.1 des Ausgangsbescheids wird darauf hingewiesen, dass aus Gründen des vorsorgenden Grundwasserschutzes im Auftrag des Landratsamtes ein Teil des Haufwerks Nr. 49 zwischenzeitlich von der nicht versiegelten Freifläche des ehemaligen Betriebsgeländes in die Halle Süd sowie auf die befestigte Freifläche westlich der Halle Süd verbracht worden sei. Das Haufwerk Nr. 49 sei mittlerweile in zwei kleinere Haufwerke aufgeteilt. Aus dem als Anlage 1 beigefügten Lageplan ist am östlichen Rand der Halle Süd ein Haufwerk Nr. 50/49 eingezeichnet. Welche Materialmenge hieraus auf das Haufwerk Nr. 49 entfällt ist nicht erkennbar. Auch die mengenmäßige Aufteilung des Haufwerks Nr. 49 in zwei Haufwerke fehlt.
78
Unter Ziff. 1.1 des Änderungsbescheids wird weiterhin darauf hingewiesen, dass aufgrund von Beprobungen der Haufwerke auf dem ehemaligen Betriebsgelände im Jahr 2017 die Haufwerke Nr. 49 und Nr. 68 im Auftrag des Landratsamts umgelagert worden seien. Dabei sei das in zwei kleinere Haufwerke aufgeteilte Haufwerk Nr. 49 in die Halle Süd verbracht und wieder zu einem Haufwerk zusammengefasst worden. Das Haufwerk Nr. 68 sei innerhalb der Halle Süd und gelagert worden. Im Rahmen der Umlagerung erfolgte keine Aufzeichnung der umgelagerten Materialmengen.
79
d) Auch eine Zuordnung anhand der chemischen Zusammensetzung bzw. der Schadstoffbelastung der Abfälle konnte nicht nachgewiesen werden.
80
Soweit das Landratsamt auf die bei der Eingangsanalytik auffälligen Parameter MKW, PAK, Cyanid, Kupfer, Chrom und Zink (jeweils Feststoff) sowie Chlorid (Eluat) verweist, ist der Eingangsanalytik ist kein fundierter Erkenntniswert zu entnehmen, da jeweils nur eine analysierte Laborprobe entnommen wurde und die Beprobungen deshalb nicht den Vorgaben der LAGA PN 98 entsprachen.
81
Entgegen der Auffassung des Vertreters des Beklagten kann die Nichterweislichkeit nicht der Klägerin angelastet werden, auch wenn die Eingangsanalyse im Verantwortungsbereich der Klägerin lag. Wie oben (unter 2.2.1) ausgeführt, trägt die Behörde die Beweislast für die Tatsache, dass die Klägerin Erzeugerin bzw. ursprüngliche Besitzerin der Abfälle ist, für deren Entsorgung sie in Anspruch genommen wird. Ein Verstoß gegen die Vorgaben der LAGA PN 98 bei der Eingangsanalyse führt nicht dazu, dass die Klägerin ggf. für Abfälle in Anspruch genommen werden kann, deren Erzeugerin bzw. ursprüngliche Besitzerin sie nicht ist. Im Übrigen hat das Strafgericht festgestellt, dass die Unterschreitung der Mindestanzahl der genommenen Proben seitens der Behörden zu keinem Zeitpunkt bemängelt wurde (S. 22 des Strafurteils). Auch die im Jahr 2013 im Auftrag der Kriminalpolizei … durchgeführte Beprobung durch die Fa. … … und die im Jahr 2015 im Auftrag des Landgerichts München II durchgeführte Beprobung durch die Fa. … … … und … … … … entsprachen nicht den Vorgaben der LAGA PN 98.
82
2.3 Die Verantwortlichkeit der Klägerin ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des BVerwG, wonach ein zur Entsorgung Verpflichteter im Falle einer Vermischung der Abfälle bei einem mit der Entsorgung beauftragten Dritten mit Abfällen gleicher Art weiterhin für einen Anteil an der Gesamtmenge des vermischten Abfalls verantwortlich bleibt (BVerwG, U.v. 28.6.2007 – 7 C 5.07, juris Rn. 15 ff.; BVerwG, B.v. 14.4.2014 – 7 B 26.13, juris Rn. 10).
83
a) Vorliegend spricht vieles dafür, dass die von der Klägerin angelieferten Abfälle bereits im Jahr 2010 von der … … … jeweils mit Abfällen anderer Art vermischt worden sind, indem Abfälle des Abfallschlüssels AVV 191303* und des Abfallschlüssels … … auf dem Betriebsgelände in der Halle zu einem Großhaufwerk zusammengeführt wurden. Das Landratsamt kam in Auswertung der herangezogenen Betriebsaufzeichnungen der … … … zu dem Schluss, dass die Miete 1985 (* … …, Bl. …*) schrittweise um die Haufwerke Nr. 6 (AVV …, Bl. …*), Nr. 8 (* … …, Bl. …*). Nr. 5 (* … …, Bl. …*), Nr. 12 (AVV …, Bl. …*), Nr. 11 (* … … bzw. …, Bl. …*), Nr. 20 (* … …, Bl. …*), Nr. 21 (AVV …, Bl. …*) vergrößert worden sei (vgl. Ziff. 3.3 des Bescheids). Bei Wahrunterstellung dieses Sachverhalts hat somit bereits keine Vermischung von Abfällen gleicher Art vorgelegen, wie sie dem Urteil des BVerwG vom 28.6.2007 (a.a.O.) zugrunde lag. Eine Vermischung von Abfällen gleicher Art ist nur anzunehmen, solange die Abfallkategorie unverändert bleibt. Das Vermischungsverbot von gefährlichen Abfällen bezieht sich nicht auf bestimmte Abfallobergruppen, sondern auf die in der Anlage zur AVV aufgeführten Abfallarten (vgl. 2.1. b).
84
b) Das Landratsamt hat die Klägerin im streitgegenständlichen Bescheid auch nicht für einen Anteil an der Gesamtmenge eines vermischten Abfalls in Anspruch genommen. Eine Inanspruchnahme auf dieser Grundlage findet weder im Ausgangsbescheid noch im Änderungsbescheid Erwähnung.
85
Soweit die Beklagtenpartei im gerichtlichen Verfahren Erwägungen zu der hilfsweisen Inanspruchnahme der Klägerin auf der Grundlage einer anteiligen Haftung an der Gesamtmenge vermischten Abfalls nachgeschoben hat, vermag dies nicht die Rechtmäßigkeit der Anordnung zu begründen. Nach der Rechtsprechung des BVerwG haftet der Erzeuger im Falle einer Vermischung gleichartiger Abfälle nicht gesamtschuldnerisch mit anderen Abfallerzeugern und/oder Abfallbesitzern, sondern anteilig für die Entsorgung der Abfälle, die er erzeugt bzw. besessen hat oder einer gleich großen Menge an Abfällen gleicher Art. Bei Vorliegen einer Vermischung mit Abfällen gleicher Art ist dem Entsorgungspflichtigen somit ein der von ihm angelieferten Menge entsprechender Anteil der vermischten Abfälle gleicher Art zuzurechnen, d.h. er ist im Fall einer ununterscheidbaren Vermischung mit Abfällen gleicher Art nur für die Entsorgung einer gleich großen Menge Abfälle gleicher Art verantwortlich. Die Entsorgungspflicht vermindert sich allerdings, wenn und soweit ein Teil der vom Entsorgungspflichtigen angelieferten Abfälle bzw. der mit Abfällen anderer Anlieferer vermischten Abfälle noch verwertet wurden (BVerwG, U.v. 28.6.2007 – 7 C 5.07, juris Rn. 22 f.; OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 14.11.2019 – OVG 11 S 11.18, juris Rn. 22). Gleiches gilt, wenn Teile der mit Abfällen anderer Anlieferer vermischten Abfälle der jeweiligen Abfallkategorie ausgelagert wurden.
86
Dies zugrunde gelegt, fehlt es bereits an der Ermittlung der Gesamtmenge der im Zeitpunkt der Anordnung auf dem Betriebsgelände lagernden Abfälle der AVV-Nr. 170503* und der AVV – Nr. 191303*. Auch Angaben zu der jeweiligen Menge der nicht einzelnen Abfallerzeugern zuordenbaren Abfälle, die von anderen Anlieferern auf das Betriebsgelände verbracht wurden, und zu dem Anteil an der Gesamtmenge, der verwertet, ausgelagert oder mit anderen Abfällen vermischt wurde, lässt der Bescheid vermissen. Zudem wurde keine Berechnung der jeweiligen Quote der anteiligen Haftung vorgenommen.
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3. Da die Anordnung in Ziff. 1.1 des Bescheids rechtswidrig ist, entfällt auch der Regelungsgegenstand der Ziff. 1.2 bis 1.4 und 2. Mangels tragfähiger Grundlage waren diese daher ebenfalls aufzuheben.
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Da sich die Anordnungen in Ziff. 1 und 2 des Bescheids nach dem oben Gesagten als rechtswidrig erweisen, dürfen für sie auch keine Kosten erhoben werden, Art. 16 Abs. 5 KG.
89
4. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren für erstattungsfähig zu erklären, weil sie sich durch die Antragstellung im Verfahren einem Kostenrisiko unterworfen hat.
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5. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.