Titel:
Erledigung eines Normenkontrollverfahrens gegen eine Veränderungssperre
Normenketten:
VwGO § 92 Abs. 3, § 161 Abs. 2 S. 1
BauGB §§ 14 ff.
Leitsätze:
1. Die Anforderungen, die im Zeitpunkt des Erlasses einer Veränderungssperre an die Konkretisierung der planerischen Vorstellungen der Gemeinde zu stellen sind, sind zwar mit Rücksicht auf die gemeindliche Planungshoheit denkbar gering. Allerdings muss sich ein Mindestmaß dessen erkennen lassen, was Gegenstand und Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans ist. (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)
2. Nach Erlass der Veränderungssperre vorgenommene Konkretisierungen der Planung können nicht berücksichtigt werden. (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Normenkontrolle, Veränderungssperre, Erledigung der Hauptsache, Konkretisierung der planerischen Vorstellungen, Mindestmaß, Entwicklung Planungskonzept, nachträgliche Konkretisierungen
Fundstelle:
BeckRS 2023, 1002
Tenor
I. Das Verfahren wird eingestellt.
II. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
III. Der Streitwert wird auf 10.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Das Verfahren ist aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Antragstellerin (Schriftsatz vom 19.1.2023) und der Antragsgegnerin (Schriftsatz vom 26.1.2023) beendet und in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.
2
Die Kostenentscheidung beruht auf § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Maßgeblich hierfür ist nach billigem Ermessen, dass sich die Erfolgsaussichten des Rechtsschutzbegehrens der Antragstellerin unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nicht ohne weiteres übersehen lassen und eine weitere Sachaufklärung oder auch die Klärung schwieriger Rechtsfragen in diesem Rahmen nicht stattfindet (vgl. BayVGH, B.v. 28.7.2021 - 9 N 21.1123 - juris Rn. 2). Die Antragstellerin griff im Wege des Normenkontrollverfahrens als betroffene Grundstückseigentümerin im Geltungsbereich eine Veränderungssperre an, deren Geltungsdauer um ein Jahr verlängert wurde. Fraglich ist insbesondere, ob bei streitiger Entscheidung das erforderliche Mindestmaß an Konkretisierung der Planung zu bejahen gewesen wäre (vgl. BVerwG, B.v. 22.7.2008 - 4 BN 18.08 - juris Rn. 3). Die Anforderungen, die im Zeitpunkt des Erlasses einer Veränderungssperre an die Konkretisierung der planerischen Vorstellungen der Gemeinde zu stellen sind, sind zwar mit Rücksicht auf die gemeindliche Planungshoheit denkbar gering. Allerdings muss sich ein Mindestmaß dessen erkennen lassen, was Gegenstand und Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans ist. Die Gemeinde muss bereits positive planerische Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans so weit entwickelt haben, dass diese geeignet sind, die Entscheidung der Genehmigungsbehörde über die Vereinbarkeit eines Vorhabens mit der beabsichtigten Planung zu steuern (vgl. BayVGH, U.v. 14.3.2022 - 1 N 21.1155 - juris Rn. 14). Ob dies hier der Fall war und die Gemeinde mit der Veränderungssperre nicht erst Zeit für die Entwicklung eines bestimmten Plankonzepts gewinnen wollte (vgl. BVerwG, U.v. 19.2.2004 - 4 CN 16.03 - BVerwGE 120, 138), lässt sich anhand der Formulierung im Aufstellungsbeschluss, dass mit dem Bebauungsplan die historische Abgrenzung des Altortes gesichert und in ihrer ökologischen Funktion sowie als Pufferzone zwischen der Altortbebauung und den späteren Siedlungserweiterungen erhalten werden soll, sowie auf Basis der bisher im Verfahren vorgelegten Unterlagen nicht mit dem erforderlichen Maß an Sicherheit abschließend beantworten. Nach Erlass der Veränderungssperre vorgenommene Konkretisierungen der Planung können insoweit nicht berücksichtigt werden.
3
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und 8 GKG i.V.m. Nr. 9.8.4 und 9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
4
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1, § 158 Abs. 2 VwGO).