Inhalt

VG Augsburg, Urteil v. 06.04.2022 – Au 4 K 21.595
Titel:

Erfolgreiche Klage gegen Ausübung von Vorkaufsrecht unter Bezugnahme auf Sanierungssatzung

Normenkette:
BauGB § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 28 Abs. 2 S. 1, § 142 Abs. 3
Leitsatz:
In förmlich festgesetzten Sanierungsgebieten muss sich die Ausübung des Vorkaufsrechts grundsätzlich an den konkreten Erfordernissen der Sanierung orientieren. Die Sanierungsziele müssen dabei nicht in der Sanierungssatzung selbst festgelegt sein. Sie können sich auch aus ihrer Begründung, aber auch aus den Ergebnissen der vorbereitenden Untersuchungen ergeben. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Baurecht, Vorkaufsrecht, Sanierungsgebiet, Rechtfertigung der Ausübung des Vorkaufsrechts, Wohl der Allgemeinheit, Negativzeugnis, Sanierungssatzung, Anspruch auf Negativzeugnis
Fundstelle:
BeckRS 2022, 8143

Tenor

I.Der Bescheid der Beklagten vom 12. Februar 2021, Az. VI/7.6.6 VK 1046, wird aufgehoben.
II.Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger ein Negativzeugnis über die Nichtausübung des Vorkaufsrechts für den Kaufvertrag vom 8. Dezember 2020 über die Grundstücke Fl.Nrn. * und *, Gemarkung *, zu erteilen.
III.Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
IV.Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.   

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid, mit dem die Beklagte ein Vorkaufsrecht unter Bezugnahme auf ihre Sanierungssatzung ausgeübt hat.
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Der Kläger verkaufte mit notariellem Vertrag vom 8. Dezember 2020 die Grundstücke Fl.Nrn. * und, Gemarkung, mit einer Fläche von 210 m² bzw. 769 m² zu einem Gesamtpreis von 180.000,- EUR. Die teilweise bebauten Grundstücke befinden sich östlich bzw. westlich der * an der *straße (Fl.Nr. *) bzw. *straße (Fl.Nr. *). Der Fluss und beide Straßen verlaufen auf der Höhe der Grundstücke in nord-südlicher Richtung. Der Stadtkern bzw. die Stadtmitte befinden sich auf dem * mit Schloss, Kirche, Blockhausturm und *-Kapelle. Die Altstadt hat sich um den * ellipsenförmig entwickelt. Auf der zweiten Höhenstufe in östlicher Richtung bildet die Stadtstraße den ersten Ring um den *. Die Bereiche u.a. der *- und *straße bilden die unterste Stufe des Ringes und sind der Rand der Altstadt der Beklagten.
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Beide Straßen sind Teile des Sanierungsgebiets, welches mit Satzung vom 3. März 1994 (Satzung über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebiets „Altstadt“ vom 3.3.1994, zuletzt geändert am 6.8.1999) festgesetzt wurde. Zu der Sanierungssatzung gibt es eine vorbereitende Untersuchung zur Sanierung der Altstadt - Abschlussbericht - mit Stand September 1987 der * Stadtplanung und Architektur (Vorbereitende Untersuchung). Zur u.a. der *- und *straße sowie zur Bebauung an der * enthält die Vorbereitende Untersuchung eine umfassende Bestandsaufnahme. Als Sanierungskonzept wird u.a. zur *straße ausgeführt, dass diese mit ihrer kleinteiligen dörflichen Struktur erhalten werden müsse. Der Durchgangsverkehr aus u.a. der *straße müsse ausgelagert werden. Diese müsse aber in einer Übergangsphase einen Teil des Durchgangsverkehrs aus der Stadtstraße übernehmen. Hinsichtlich des ruhenden Verkehrs eigneten sich insbesondere u.a. die *straße für Langzeitparker, während die *straße der Kurzzeitparkregelung zuzuordnen sei. Vorgeschlagen werde auch der Bau von Tiefgaragen unter Ausnutzung der besonderen topographischen Verhältnisse u.a. im Bereich der Kreuzung *- … straße. Bezüglich des Fußgängerverkehrs sollten neben Einbahnstraßenregelung und anderen verkehrsberuhigenden Maßnahmen sowie Sanierung der Treppenanlagen als wichtige Verbindungen der Ostwestquerbeziehungen neue Brücken über die * geschaffen werden. Der „Maßnahmenkatalog“ (S. 64) sieht bezüglich der *straße vor:
1987/88 
Treppe *straße - *straße,
1988
Neubau bzw. Umbaumaßnahmen *straße mit,, *straße,
1989
Umbau *straße mit *berg, Kreuzung *straße.
4
Als zeitlich nicht bestimmte Maßnahmen werden u.a. definiert:
- Rückbau der Verkehrsknoten (Knoten *straße/*straße),
- Erschließung neuer Fuß- und Radwege (von *straße und *straße in geplantes Baugebiet „Bleiche“ in Verbindung mit neuen Brücken über die *),
- Schaffung einer öffentlichen Grünzone in Verbindung mit fußläufiger Erschließung der *ufer,
- Errichtung eines Parkhauses Kreuzung *straße / *berg
- Umbau der *straße in Verbindung mit verkehrsberuhigenden Maßnahmen und Erhalt des positiven Milieubereichs sowie
- durch Einbahnregelung und Auslagerung des Durchgangsverkehrs Verbesserung der Situation des Fußgängers und Erhöhung des Parkplatzangebotes für Kurzzeitparker.
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Die Sanierungssatzung selbst legt als allgemeine Zielvorstellungen u.a. die Verbesserung und Aufwertung des Wohnumfeldes, Erhaltung der typischen Mischstruktur Wohnen - Gewerbe, Herausnahme des Durchgangsverkehrs, Entsiegelung weitgehend asphaltierter Flächen, Neuordnung des ruhenden Verkehrs und Erhöhung des Parkplatzangebotes, Verbesserung der Durchlässigkeit der gesamten Altstadt durch Ausbau und Neuerrichtung von fußläufigen Verbindungen v.a. in Ost-Westrichtung sowie die Aufwertung der Grünbeziehung entlang der * fest. In der Maßnahmenübersicht sind für die *straße/*berg/*straße „Neuordnung und Neugestaltung der Verkehrsflächen mit Gliederung der Verkehrsflächen für fahrenden und ruhenden Verkehr unter den Gesichtspunkten der Verkehrsberuhigung, Errichtung von sicheren Gehwegen, Eingrünung des Straßenraums und Verbesserung des Wohnumfelds“ aufgeführt. Bezogen auf das *ufer ist die „Nutzung und Ausbau der Uferzone als altstadtnahe Grünzone und Gliederungselemente, Errichtung von Fußgängerbrücken zur besseren fußläufigen Vernetzung der einzelnen Stadtquartiere in Ost-West-Richtung“ angegeben. Unter der Rubrik Ablauf und Kosten der Sanierungsmaßnahmen wurden für den Komplex „*straße/*berg/*straße“ Baukosten in Höhe von rund 2,5 Mio. DM (Planung und Realisierung, 1989/1990) und für „*ufer“ Planungen ab 1993 im Zusammenhang mit dem Bebauungsplan zwischen * und * an der * in Höhe von 200.000,- DM eingestellt.
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Mit am 19. August 1999 in Kraft getretenen Bebauungsplan „Untere Altstadt“ hat die Beklagte für den Bereich zwischen * und *kanal einige ihrer Vorstellungen auf Grundlage der Vorbereitenden Untersuchung umgesetzt. Vom Umgriff ist das Grundstück Fl.Nr., nicht aber das Grundstück Fl.Nr. * mit Steg erfasst. Laut Begründung vom 2. März 1998 sei Ziel des Bebauungsplans die Erhaltung und Verbesserung des noch erkennbaren eigenständigen Milieucharakters des Mischgebiets an der *straße. Die Verkehrsberuhigung solle soweit als möglich im Bebauungsplan integriert werden, um damit die Wohnfeldsituation im Besonderen und die Verkehrssituation im Allgemeinen zu verbessern. Sanierungsziele und mögliche Maßnahmen aus der Vorbereitenden Untersuchung fänden im hier vorliegenden Bebauungsplan ihren Niederschlag. Wichtige Zielvorstellung in der „Vorbereitenden Untersuchung“ sei die Nutzung und der Ausbau der *ufer als altstadtnahe Grünzone. Die *straße sei verkehrsgerecht ausgebaut mit ein- oder beidseitigen Gehwegen, die teilweise relativ eng ausgebaut seien und damit wenig angenommen würden. Der Versiegelungsgrad sei hoch und beeinträchtige das Umfeld gestalterisch und ökologisch. Laut Plankonzept schreibe der Bebauungsplan ein Mischgebiet fest. Der kleinteilige Maßstab mit grundsätzlich offener Bauweise werde als typisch für den Gebietscharakter beibehalten. Das Wohnen solle besonders gestärkt werden. Die großen Privatgärten zum Ufer der * seien zu erhalten und von der Bebauung freizuhalten. Der südliche Bereich am Wäldchen werde maßvoll verdichtet. Die Verkehrssituation im südlichen Bereich der *straße prädestiniere, diesen Abschnitt als verkehrsberuhigten Bereich festzusetzen, wobei die Straßenraumgestaltung späterer Detailplanung vorbehalten bleibe. Zusätzliche Stellflächen seien hier möglich und sollten im Rahmen der Detailplanung eingeplant werden. Der ruhende Verkehr werde weitgehend auf den Privatgrundstücken untergebracht. Die fußläufige Verflechtung des Gebietes zur Kernaltstadt müsse verstärkt werden. Die Flussufer seien von Bebauung zu schützen und als Grünflächen zu sichern. Entlang der * solle ein mindestens 7 m breiter Grünstreifen zur Gewässerunterhaltung von der Bebauung freigehalten werden. In der *straße solle die weitere Straßenbegrünung durch Hausbäume straßenseitig zwischen den Gebäuden erreicht werden.
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Im Jahr 2006 hat die Beklagte das „Anwesen *straße *“, bestehend aus den streitbefangenen Grundstücken Fl.Nrn. * und * Gemarkung *straße, erworben und zunächst an Dritte vermietet. Mit notariellem Vertrag vom 18. September 2015 hat sie die Grundstücke an den Kläger verkauft. Im Grundbuchstand (Ziff. I.) ist angeführt, dass „die Sanierung (Sanierungsgebiet „Altstadt“) durchgeführt wird, lastend an beiden Grundstücken“. Unter der Rubrik Verkauf (Ziff. II.) ist ausgeführt, dass die Grundstücke zum Alleineigentum an den Käufer verkauft werden mit allen Rechten und wesentlichen Bestandteilen, jedoch ohne Zubehör, den in Ziffer I. bezeichneten Grundbesitz sowie den Fußsteg über das fließende Gewässer „*“, der die beiden vertragsgegenständlichen Grundstücke verbindet und nach Erklärung des Verkäufers einen beweglichen Gegenstand darstellt. Sonstige bewegliche Gegenstände werden nicht mitverkauft (wird näher ausgeführt).
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Mit notariellem Vertrag vom 8. Dezember 2020 verkaufte der Kläger die beiden Grundstücke. Mit am 14. Dezember 2020 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben wurde diese um Ausstellung eines Negativzeugnisses gemäß § 28 BauGB gebeten.
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In der Sitzung des Stadtrats vom 2. Februar 2021 beschloss die Beklagte die Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB für die Grundstücke Fl.Nr. * und Fl.Nr. * und erließ am 12. Februar 2021 den angefochtenen Bescheid. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die Grundstücke im Geltungsbereich der Sanierungssatzung „Altstadt“ vom 3. März 1994 befänden. Die Beklagte plane in der *straße eine Änderung der Verkehrsregelung bzw. -führung, welche eine Verlagerung der Verkehrsströme in die *straße zur Folge habe. Die *straße sei zur Aufnahme des Verkehrs zu schmal. Im Zuge der Einbahnstraßenregelung würden Parkplätze entlang der Straße entfallen. Außerdem sei die *straße sanierungsbedürftig. Im Rahmen der Sanierung sei eine Verbreiterung der Straße und des Gehwegs vorgesehen. Deswegen sollten auf dem Grundstück Fl.Nr. * u.a. Parkplätze geschaffen werden. Für den Bereich der „Bleiche“ sei im Bebauungsplan „Untere Altstadt“ eine fußläufige Verbindung über die * vorgesehen. Nach dem Bebauungsplan „*“ solle auf dem Grundstück Fl.Nr. * ein Parkdeck errichtet werden. Insoweit entsprächen die beiden Bebauungspläne bezüglich der fußläufigen Verbindung und der Schaffung von Parkraum einem funktional abgestimmten Konzept. Beide Grundstücke befänden sich gegenüberliegend an der * und seien bereits jetzt über einen Steg verbunden. Durch den Abbruch der vorhandenen Bausubstanz auf dem Grundstück Fl.Nr. * könnten damit neben einer fußläufigen Verbindung auch innenstadtnahe Stellplätze geschaffen werden. Die Ufer der * zwischen *- und *straße seien eng bebaut und für die Allgemeinheit nicht zugänglich. Über eine entsprechende Freiflächengestaltung werde in diesem Bereich eine bessere Zugänglichkeit zu dem Fluss für die Bürger erreicht. Die Ausübung des Vorkaufsrechts aus Allgemeinwohlgründen sei gerechtfertigt, weil die Vorkaufsflächen zur Umsetzung der Ziele der Sanierungssatzung erforderlich seien. Besonders schutzwürdige Belange des Klägers und der Käufer seien nicht zu erkennen; unter Abwägung dieser Belange falle die Ermessensentscheidung zugunsten des Gemeinwohls aus.
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Hiergegen ließ der Kläger am 12. März 2021 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg Klage erheben. Für ihn ist beantragt,
den Bescheid vom 12. Februar 2021 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, einen Nichtausübungsbescheid zu erlassen.
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Der Bescheid sei rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten. Die 15-jährige Frist, für die es maximal möglich sei, eine Sanierungssatzung zu erlassen, sei abgelaufen. Gründe für die Vorkaufsrechtsausübung seien nicht gegeben. Ein Planungskonzept für eine Verkehrsregelung und -führungsänderung in der *straße gebe es nicht. Es sei weder nachvollziehbar, dass Parkplätze im Zuge dieser Maßnahmen entfielen, noch, dass die Sanierung der *straße zwingend eine Verbreiterung der Straße gerade im fraglichen Bereich erfordere. Auf dem Grundstück Fl.Nr. * sei die Schaffung von Parkplätzen weder möglich noch geschuldet. Dieses Grundstück trage in keiner Weise zur Verbreiterung der *straße mit Parkraumgewinn bei, da es insofern an der falschen Stelle liege. Soweit nach dem Bebauungsplan „Untere Altstadt“ eine fußläufige Verbindung über die * vorgesehen sei, sei dies zwar grundsätzlich möglich. Allerdings befänden sich sowohl westlich als auch östlich des Grundstücks in kurzer Distanz je eine Zufahrt über die Bleiche mit beiderseitigem Gehweg über die, so dass sich die Notwendigkeit eines weiteren Brückenbaus - abgesehen von den Kosten - hier nicht erschließe. Da sich der Zugang zum Aufzug zur Innenstadt an der westlichen Zufahrt zur *straße befinde, werde der Zugang auch künftig über die *brücke im Westen erfolgen. Auch die angedachte Schaffung eines Parkdecks auf dem Grundstück Fl.Nr. * vermöge keinen nachvollziehbaren Grund für die Vorkaufsrechtsausübung zu schaffen, weil die Beklagte 2018/2019 den Beschluss gefasst habe, mangels Bedarfs und wegen der hohen Kosten (5 Mio. EUR) kein Parkdeck zu errichten. Es existiere kein Verkehrsgutachten, das den Bedarf für ein Parkdeck belege. Öffentliche Parkplätze entlang der *straße seien in erheblichem Umfang und völlig ausreichend für die entsprechende Begehung der Innenstadt vorhanden. Eine fußläufige Verbindung und Schaffung von Parkraum sei daher weder im Sinne einer funktional abgestimmten städtebaulichen Sichtweise notwendig noch tatsächlich angedacht, sondern aufgrund des gegenteiligen Beschlusses der Beklagten bereits obsolet. Insoweit erweise sich der Bebauungsplan als faktisch außer Kraft getreten. Die Anzahl der durch den Abbruch entstehenden neuen Parkplätze sei darüber hinaus viel zu gering. Das Grundstück sei sehr schmal. Der Platz für die fußläufige Verbindung müsse ohnehin freigehalten werden. Die Erforderlichkeit der Schaffung neuer innerstädtischer Parkplätze sei durch das eingeholte Verkehrsgutachten widerlegt. Auch könne eine Zugänglichkeit des Uferbereichs der * für die Allgemeinheit nicht erreicht werden, da das Flussufer bereits eng bebaut sei und sich die Grundstücke im Privatbesitz befänden. Durch die Errichtung weiteren Parkraums werde auch kein zusätzlicher Erholungswert generiert. Das Wohl der Allgemeinheit rechtfertige die Vorkaufsrechtsausübung nicht, da weder die streitgegenständliche Fläche notwendig sei, um die Ziele der Sanierungssatzung zu erreichen, noch werde das Grundstück dann der Versorgung der Allgemeinheit dienen. Auf der anderen Seite diene eine Umsiedlung des Betriebs der Käufer aus einem Wohngebiet wegen der dortigen Immissionsproblematik in die gewerblich genutzten Hallen dem Allgemeinwohl mehr als die Schaffung einer Freifläche. Sowohl an der *- wie auch entlang der *straße grenzten ganz überwiegend gewerblich genutzte Einheiten an. Hinzu komme, dass die Beklagte noch 2015 dem jetzigen Verkäufer und Kläger das Grundstück verkauft habe. Dadurch werde deutlich, dass die vermeintlichen Ziele des Allgemeinwohls seinerzeit nicht mehr verfolgt worden wären.
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Zugleich ließen die Käufer durch ihren Bevollmächtigten Klage gegen den Bescheid vom 12. Februar 2021 erheben. Das Verfahren wird unter dem Az. Au 4 K 21.596 geführt.
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Die Beklagte trat der Klage unter dem 4. Juni 2021 entgegen. Für sie ist beantragt,
die Klage wird abgewiesen.
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Aufgrund von vorbereitenden Untersuchungen habe die Beklagte die Sanierungssatzung vom 3. März 1994 erlassen. Nach den allgemeinen Zielvorstellungen zur Altstadtsanierung solle eine Neuordnung des ruhenden Verkehrs und eine Erhöhung des Parkplatzangebotes erfolgen. Zudem sei eine Verbesserung der Durchlässigkeit der gesamten Altstadt durch Ausbau und Neuerrichtung fußläufiger Verbindungen sowie eine Verbesserung der Aufenthaltsfunktion im öffentlichen Raum geplant wie etwa die Aufwertung der Grünbeziehungen entlang der * und der * an der * als wertvolle, günstig gelegene Naherholungsbereiche. Insbesondere für die Bereiche *straße/ … straße seien die Neuordnung und -gestaltung der Verkehrsflächen mit Gliederung für fahrenden und ruhenden Verkehr vorgesehen. Am *ufer sei die Nutzung und der Ausbau der Uferzonen als altstadtnahe Grünzone und Gliederungselemente sowie die Errichtung von Fußgängerbrücken zur besseren fußläufigen Vernetzung der einzelnen Stadtquartiere in Ost-West-Richtung geplant. 1998 habe die Beklagte einige ihrer Vorstellungen im Bebauungsplan für einen Bereich zwischen * und *kanal (Baugebiet Untere Altstadt) festgesetzt. 2015 habe die Beklagte beide Grundstücke an den Kläger verkauft. Durch ein im Bau befindliches großes Einzelhandelsprojekt mit Hotel an der *straße werde sich der Verkehr im Kreuzungsbereich *- … straße/*berg voraussichtlich wesentlich erhöhen. Der Kreuzungsbereich müsse deswegen fußgängerfreundlich umgestaltet werden. 2020 habe die Beklagte daher in Erwägung gezogen, die *straße komplett als Einbahnstraße einzurichten. Nachdem die Zufahrt zur *straße und den östlich gelegenen Wohngebieten über die *straße nicht mehr möglich sei, würden sich die Verkehrsströme verlagern und sich das Verkehrsaufkommen in der *straße erhöhen. Diese sei viel zu schmal und werde von Anwohnern und Beschäftigten der Innenstadt stark beparkt. Mittelfristig würden Umbaumaßnahmen notwendig sein. Kurzfristig werde zumindest in Teilbereichen ein Parkverbot angeordnet werden müssen. Die dringend benötigten Parkplätze wären andernorts wieder zur Verfügung zu stellen. Die beiden Grundstücke würden sich hierfür in jedem Falle eignen. Die Beklagte rechne mit einer Bestätigung dieser Ergebnisse durch ein Verkehrsgutachten 2021. Dieser städtebauliche Gesichtspunkt sei beim ursprünglichen Verkauf noch nicht bekannt gewesen. Auch die Planungen für die innerörtliche Hochwasserfreilegung hätten sich, wenn auch derzeit noch nicht ganz konkretisiert, weiterentwickelt. Die Flussläufe innerorts sollten begehbar und erlebbar gemacht werden. Dies könnte durch den Kauf der Grundstücke erreicht werden. Die Planungen im Rahmen des begleitenden staatlichen Programms Gewässer Pro 2030 befänden sich im Entwurfsstadium. Jedenfalls bestünden Überlegungen zur entsprechenden Anpassung des Bebauungsplans „Untere Altstadt“.
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Aufgrund der Übergangsregelung des § 235 Abs. 4 BauGB habe bei Ausübung des Vorkaufsrechts die 15-Jahresfrist des § 142 Abs. 3 Satz 3 BauGB noch nicht gegolten. Die Sanierungssatzung sei daher taugliche Grundlage für die Ausübung des Vorkaufsrechts. Die klägerischen Ausführungen zum fehlenden konkreten Planungskonzept würden übersehen, dass das Wohl der Allgemeinheit im Falle einer Sanierungssatzung bereits dann gerechtfertigt sei, wenn mit dem gemeindlichen Grunderwerb die Durchführung der Sanierung und damit das Erreichen der konkret verfolgten Ziele erleichtert werde. Entscheidend sei, dass nach längerer Zeit seit Inkrafttreten der Sanierungssatzung weiterhin Maßnahmen durchzuführen seien, die der Umsetzung der festgelegten Sanierungsziele dienten. Dies sei aktueller denn je. Daran ändere sich auch nichts, wenn die Beklagte 2015 fehlerhafterweise die Grundstücke an den Kläger verkauft habe. Die unverändert gültigen Sanierungsziele würden jedenfalls mit Erwerb der beiden Grundstücke erleichtert. Entgegen der Auffassung des Klägers diene die Prüfung der Rechtfertigung der Vorkaufsrechtsausübung wegen des Wohls der Allgemeinheit nicht einer Abwägung unterschiedlicher Allgemeinwohlbelange. Daher könne allenfalls im Rahmen der Ermessensbetätigung der Aspekt der beabsichtigten Gewerbeansiedlung durch den Käufer Berücksichtigung finden. Allerdings erscheine dies fraglich, weil es sich bei einem Bauunternehmen um einen im Mischgebiet regelmäßig störenden Betrieb handle. Die mittlerweile aufgenommene Nutzung dürfte bauplanungsrechtlich unzulässig sein.
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Die Klagepartei entgegnete, dass die Käufer die Grundstücke benötigten und im Rahmen der zulässigen Nutzung zu nutzen beabsichtigten.
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Am 25. März 2022 legte die Beklagte die Verkehrsuntersuchung (Untersuchung zum ruhenden Verkehr im Ortskern) vom 2. Oktober 2019 der Planungsgesellschaft Stadt-Land-Verkehr GmbH sowie den Auszug aus der Niederschrift über die Stadtratssitzung vom 5. November 2019 vor, in der die Untersuchung vorgestellt worden ist. Laut Sitzungsniederschrift sei Kernaussage des Gutachtens, dass die vorhandenen Parkplätze im Schnitt zu 64% ausgelastet seien. In Anbetracht dessen, dass keine zusätzlichen Parkplätze geschaffen würden, da diese nicht erforderlich seien, erscheine der Bau eines Parkdecks zum jetzigen Zeitpunkt aus Sicht der Verwaltung nicht sinnvoll. Der Stadtrat beschloss, den Bau eines Parkdecks in der *straße vorerst nicht weiter zu verfolgen.
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Am 18. März 2022 stimmte die Beklagte und am 31. März 2022 der Kläger eine Entscheidung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu.
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Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten, auch aus dem Verfahren Au 4 K 21.596, verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Über die Klage konnte aufgrund des Einverständnisses der Parteien ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
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Die zulässige Klage ist begründet. Der Vorkaufsbescheid der Beklagten vom 12. Februar 2021 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat einen Anspruch auf Ausstellung eines Negativzeugnisses (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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1. Entgegen der Auffassung der Klagepartei ist davon auszugehen, dass im Zeitpunkt des Bescheiderlasses bzw. innerhalb von zwei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags (§ 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB) die Frist, in der die Sanierung durchgeführt werden soll, nicht überschritten war. Die Regelung, wonach die Gemeinden mit dem Beschluss über die Sanierungssatzung zugleich durch Beschluss die Frist festzulegen haben, in der die Sanierung durchgeführt werden und die 15 Jahre nicht überschreiten soll (§ 142 Abs. 3 Satz 3 und 4 BauGB), galt bei Erlass der maßgeblichen Satzung noch nicht. Sie ist erst mit dem Gesetz zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte (Gesetz vom 21.12.2006, BGBl. I S. 3316) ergänzt worden (vgl. Mitschang in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 15. Aufl. 2022, § 142 Rn. 29a; Krautzberger in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand August 2021, § 235 Rn. 48). Laufende Sanierungssatzungen, also solche die - wie hier - vor dem Inkrafttreten der Innenentwicklungsnovelle 2007 bekannt gemacht worden sind, sind nach der Übergangsregelung des § 235 Abs. 4 Halbs. 1 BauGB grds. spätestens zum 31. Dezember 2021 aufzuheben. Zum hier maßgeblichen Zeitpunkt (vgl. BayVGH, U.v. 6.2.2014 - 2 B 13.2570 - juris Rn. 14) des Bescheiderlasses bzw. innerhalb von zwei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags (§ 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB) war diese Frist noch nicht abgelaufen.
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2. Die Ausübung des Vorkaufsrechts ist im vorliegenden Fall jedoch nicht durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt (§ 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB).
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Der Begriff des Wohls der Allgemeinheit ist ähnlich wie im Bereich des verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes (Art. 14 Abs. 2 und 3 GG) und den speziellen Enteignungsvorschriften (§ 87 Abs. 1 BauGB) nicht mit dem Begriff des öffentlichen Interesses gleichzusetzen. Erst ein qualifiziertes, sachlich objektiv öffentliches Interesse als Ergebnis einer Abwägung der im Einzelfall miteinander in Widerstreit stehenden privaten und öffentlichen Interessen kann mit dem Wohl der Allgemeinheit identifiziert werden (vgl. Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand August 2021, § 24 Rn. 63). An die Ausübung des Vorkaufsrechts werden jedoch gegenüber einer Enteignung, die nur zulässig ist, wenn das Wohl der Allgemeinheit diese erfordert, qualitativ geringere Anforderungen gestellt. Es genügt, wenn der Erwerb des Grundstücks im Rahmen der tatbestandlichen Voraussetzungen zu den vom Gesetzgeber gebilligten bodenpolitischen, eigentumspolitischen und städtebaulichen Zwecken erfolgt und dabei überwiegende Vorteile für die Allgemeinheit angestrebt werden (vgl. BVerwG, B.v. 15.2.1990 - 4 B 245.89 - NJW 1990, 2703; BayVGH, U.v. 6.2.2014 - 2 B 13.2570 - juris Rn. 16; Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand August 2021, § 24 Rn. 64). Das Vorliegen dieser Voraussetzung unterliegt im vollen Umfang der gerichtlichen Nachprüfung und richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Im Gegensatz zur Enteignung kann das Vorkaufsrecht durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt sein, wenn die benötigten Grundstücksflächen nicht sofort, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt benötigt werden (vgl. VGH BW, U.v. 24.10.1986 - 8 S 1881/86 - juris; Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand August 2021, § 24 Rn. 64).
25
In förmlich festgesetzten Sanierungsgebieten muss sich die Ausübung des Vorkaufsrechts daher grundsätzlich an den konkreten Erfordernissen der Sanierung orientieren (vgl. BayVGH, B.v. 14.1.2021 - 9 ZB 19.2064 - juris Rn. 7; U.v. 6.2.2014 - 2 B 13.2570 - juris Rn. 17, U.v. 9.3.2000 - 2 B 96.467 - juris). Die Sanierungsziele müssen dabei nicht in der Sanierungssatzung selbst festgelegt sein. Sie können sich auch aus ihrer Begründung, aber auch aus den Ergebnissen der vorbereitenden Untersuchungen ergeben (vgl. BayVGH, U.v. 6.2.2014 - 2 B 13.2570 - juris Rn. 17; U.v. 2.10.2013 - 1 BV 11.1944 - juris). An die Konkretisierung dieser Ziele dürfen dabei bei Erlass der Sanierungssatzung nur relativ geringe Anforderungen gestellt werden. Doch werden die Anforderungen mit fortschreitendem Sanierungsverfahren höher (vgl. BVerwG, U.v. 4.3.1999 - 4 C 8.98 - juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 30.7.2018 - 9 ZB 16.1068 - juris Rn. 8; U.v. 2.10.2013 - 1 BV 11.1944 - juris; B.v. 10.8.2007 - 26 ZB 06.1731 - juris). Die erforderliche Konkretisierung kann insbesondere in einem Sanierungsbebauungsplan, einem sonstigen Bebauungsplan oder sogar durch eine informelle städtebauliche Planung erfolgen (vgl. BayVGH, U.v. 2.10.2013 - 1 BV 11.1944 - juris). Ist dies geschehen, können die Sanierungsziele auch nach einem längeren Zeitraum die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtfertigen (vgl. BVerwG, B.v. 15.3.1995 - 4 B 33.95 - NVwZ 1995, 897; BayVGH, U.v. 2.10.2013 - 1 BV 11.1944 - juris; VGH BW, U.v. 30.9.2021 - 3 S 2595/20 - juris Rn. 33).
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Gemessen hieran rechtfertigt im vorliegenden Fall das Wohl der Allgemeinheit die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht. Es ist insbesondere nicht wegen Zuwiderlaufens der Pläne der Vertragsparteien gegen die Sanierungsziele der Beklagten gerechtfertigt. Da das Sanierungsgebiet einen größeren Bereich der Gemeindefläche der Beklagten umfasst, ergeben sich aus der Begründung der Sanierungssatzung selbst keine konkreten Sanierungsziele für die beiden streitgegenständlichen Grundstücke. Die Satzung definiert nur eine Reihe allgemeiner Zielvorstellungen, welche neben einer Vielzahl weiterer Aspekte u.a. auch die Neuordnung des ruhenden Verkehrs und Erhöhung des Parkplatzangebotes sowie die Verbesserung der Durchlässigkeit der gesamten Altstadt durch Ausbau und Neuerrichtung von fußläufigen Verbindungen v.a. in Ost-Westrichtung und schließlich die Aufwertung der Grünbeziehung entlang der * betreffen. Selbst in der sog. „Maßnahmenübersicht“ der Sanierungssatzung sind die Maßnahmen bezogen auf die Straßen, an denen die streitbefangenen Grundstücke anliegen, nur allgemein und übergreifend festgehalten. So sind für den Komplex „*straße/*berg/*straße“ die „Neuordnung und Neugestaltung der Verkehrsflächen mit Gliederung der Verkehrsflächen für fahrenden und ruhenden Verkehr unter den Gesichtspunkten der Verkehrsberuhigung, Errichtung von sicheren Gehwegen, Eingrünung des Straßenraums und Verbesserung des Wohnumfelds“ aufgeführt. Bezogen auf das *ufer sind die „Nutzung und Ausbau der Uferzone als altstadtnahe Grünzone und Gliederungselemente, Errichtung von Fußgängerbrücken zur besseren fußläufigen Vernetzung der einzelnen Stadtquartiere in Ost-West-Richtung“ angegeben.
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Auch in der Vorbereitenden Untersuchung von 1987 werden bspw. im „Maßnahmenkatalog“ nur bezogen auf einzelne Straßen bzw. mehrere Straßenbereiche umfassende mögliche Maßnahmen angeführt wie u.a. die Erschließung neuer Fuß- und Radwege (von *straße und *straße in geplantes Baugebiet „*“ in Verbindung mit neuen Brücken über die *), Umbau der *straße in Verbindung mit verkehrsberuhigenden Maßnahmen und Erhalt des positiven Milieubereichs sowie durch Einbahnregelung und Auslagerung des Durchgangsverkehrs Verbesserung der Situation des Fußgängers und Erhöhung des Parkplatzangebotes für Kurzzeitparker; ferner die Schaffung einer öffentlichen Grünzone in Verbindung mit fußläufiger Erschließung der *ufer.
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Konkrete Planungen zur Umsetzung dieser verschiedenen Maßnahmenbündel liegen für das hier streitbefangene Grundstück Fl.Nr. * (an der *straße) überhaupt nicht vor, insbesondere ist vorliegend nicht erkennbar, dass die Beklagte im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung das Nutzungskonzept in einer Weise fortgeschrieben und konkretisiert hätte, das die Ausübung des Vorkaufsrechts zur Verwendung des Grundstücks für innenstadtnahe Parkplätze rechtfertigen könnte (vgl. VGH BW, U.v. 30.9.2021 - 3 S 2595/20 - juris Rn. 38). Die von der Beklagten insbesondere im Rahmen der Klageerwiderung weiter angeführten „Erwägungen“ zur fußgängerfreundlichen Umgestaltung des Kreuzungsbereichs *straße/*straße/*berg im Zuge der Realisierung eines großen Einzelhandelsprojekts mit Hotel mögen ihre derzeitigen städtebaulichen Zielvorstellungen sein, sie spiegeln aber nicht die seinerzeit festgesetzten Sanierungsziele wider. Es handelt sich vielmehr um ein neues Projekt, welches weder Gegenstand der Vorbereitenden Untersuchung noch bei Erlass der Sanierungssatzung in den Blick genommen worden war. Es handelt sich auch nicht um eine konkretisierende Fortentwicklung der Planungen aus der Sanierungssatzung, sondern vielmehr um davon losgelöste und zudem (noch) recht allgemein formulierte Überlegungen zur Änderung der Verkehrsregelung und -führung in der *straße. Erst recht sehen die in der Sanierungssatzung dargestellten Maßnahmen bezogen auf die *straße (u.a. „Neuordnung und Neugestaltung der Verkehrsflächen mit Gliederung der Verkehrsflächen für fahrenden und ruhenden Verkehr unter den Gesichtspunkten der Verkehrsberuhigung, Errichtung von sicheren Gehwegen, Eingrünung des Straßenraums und Verbesserung des Wohnumfelds“) nicht konkret den Abbruch der auf dem Grundstück Fl.Nr. * vorhandenen Bausubstanz zur Schaffung von Parkraum („innenstadtnahe Stellplätze“) vor. Hinzu kommt, dass ausweislich der Verkehrsuntersuchung (Untersuchung zum ruhenden Verkehr im Ortskern) vom 2. Oktober 2019 sowie der Niederschrift über die Stadtratssitzung vom 5. November 2019 die vorhandenen Parkplätze im Schnitt nur zu 64% ausgelastet seien und in Anbetracht dessen weder zusätzliche Parkplätze geschaffen würden, noch der Bau eines Parkdecks weiterverfolgt werde. Das im Stadtratsbeschluss vom 2. Februar 2021 erwähnte „geplante“ Verkehrsgutachten ist nach Aktenlage nicht (mehr) erstellt bzw. nicht vorgelegt worden. Soweit im streitbefangenen Bescheid die bessere Zugänglichkeit des *ufers als Allgemeinwohlbelang aufgeführt wird, fehlt es an der erforderlichen Fortentwicklung und Konkretisierung der Planungsziele. Für den Bereich entlang der *straße zum westlichen Flussufer liegt diesbezüglich kein Sanierungsbebauungsplan, ein sonstiger Bebauungsplan oder eine informelle städtebauliche Planung vor.
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Hinsichtlich des Grundstücks Fl.Nr. * (an der *straße) existiert zwar ein sonstiger Bebauungsplan (Untere Altstadt), der laut Begründung der Verwirklichung einiger Sanierungsziele dienen soll. Konkret bezogen auf das Grundstück Fl.Nr. * finden diese Ziele aber keinen Niederschlag in den Planfestsetzungen dergestalt, dass - wie im streitbefangenen Bescheid als Nutzungsgrund zugrunde gelegt und als Allgemeinwohlbelang geltend gemacht - dort zusätzlicher Parkraum, ein Zugang zum Uferbereich und/oder eine fußläufige Verbindung zu schaffen ist. Die Grenzen des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans laufen an der östlichen Uferseite entlang; ein 7 m breiter Grünstreifen ist aber nicht dort, sondern an der * an der * festgesetzt. Vom Geltungsbereich des Bebauungsplans ausgenommen ist auch der Steg über die *. Erst recht sieht der Bebauungsplan keine Entfernung der Bausubstanz und/oder die Schaffung von Parkraum in diesem Bereich vor. Vielmehr erschöpft sich die Planung in Bezug auf die Verkehrsraumgestaltung im Kern darin, dass für die *straße ein verkehrsberuhigter Bereich („VB“) festgesetzt wird. Ohnehin sollen laut Planbegründung die Straßenraumgestaltung und insbesondere die als möglich erachtete Schaffung zusätzlicher Stellflächen einer Detailplanung vorbehalten bleiben. Es ist weder ersichtlich noch schlüssig vorgetragen, inwiefern die von den Käufern beabsichtigte Grundstücksnutzung der festgesetzten Verkehrsraumgestaltung entgegenstünde. Weitere konkrete Festsetzungen in Umsetzung der Sanierungsziele aus der Sanierungssatzung bzw. deren Vorbereitender Untersuchung enthält der Bebauungsplan konkret in Bezug auf das Grundstück Fl.Nr. * hier nicht. Für die im Bescheid dargelegten Überlegungen zur konkreten Nutzung des Grundstücks Fl.Nr. * findet sich keine (in) formelle Planungsgrundlage, in welcher jene als offizielles Nutzungskonzept bestätigt worden wäre. Soweit eine „funktional abgestimmte Sichtweise“ aus der Schaffung von Parkraum i.V.m. fußläufigen Verbindungen über die * abgeleitet wird, steht dem bereits entgegen, dass ausweislich des Stadtratsbeschlusses vom 5. November 2019 der Bau eines Parkdecks in der *straße vorerst nicht weiterverfolgt wird. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Vorkaufsrechtsausübung lag auch das in der Klageerwiderung in Bezug genommene für 2021 angekündigte Verkehrsgutachten nicht vor. Gegen eine stetige, den aktuellen Entwicklungen angepasste sowie weiter detaillierte Konkretisierung der Sanierungsziele, wie es auch im Rahmen einer städtebaulichen Sanierung erforderlich ist (vgl. BayVGH, U.v. 6.2.2014 - 2 B 13.2570 - juris Rn. 19), spricht schließlich auch der Umstand, dass die Beklagte in Kenntnis der im Grundbuch vermerkten Belastungen zur Sanierung die beiden streitbefangenen Grundstücke inklusive den Steg noch am 18. September 2015 an den Kläger verkauft hat, ohne dass das Sanierungsziel vertraglich und/oder dinglich in irgendeiner Weise abgesichert worden wäre.
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Insgesamt sind die Sanierungsziele hinsichtlich der Kaufgrundstücke nicht so hinreichend konkretisiert und bestimmt, dass sich beurteilen ließe, ob die Käufer mit dem Kauf Maßnahmen planten, die überhaupt Sinn und Zweck der Sanierungsmaßnahmen zuwiderlaufen bzw. welche konkreten städtebaulichen Missstände an den streitgegenständlichen Grundstücken bestehen und durch welche konkreten Maßnahmen diese beseitigt werden sollen (vgl. BayVGH, B.v. 30.7.2018 - 9 ZB 16.1068 - juris Rn. 9 und 19). Der Sanierungssatzung und der Vorbereitenden Untersuchung lassen sich allenfalls bezogen auf den weiteren Umgriff der *- bzw. der *straße allgemein und übergreifend bestimmte Sanierungsziele und ein Katalog möglicher Maßnahmen („Maßnahmenübersicht“) entnehmen.
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Nach alledem ist der angefochtene Bescheid rechtswidrig und aufzuheben.
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3. Die Klage hat auch insoweit Erfolg, als sie auf Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung eines Negativzeugnisses gemäß § 28 Abs. 1 Satz 3 BauGB gerichtet ist (vgl. BVerwG, U.v. 9.11.2021 - 4 C 1.20 - juris Rn. 29; VG Schwerin, U.v. 26.11.2020 - 2 A 979/19 SN - juris Rn. 20 und 28). Die Beteiligten haben auf Antrag einen Rechtsanspruch auf Ausstellung eines Negativattests, wenn ein Vorkaufsrecht nicht besteht (vgl. Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand August 2021, § 28 Rn. 113 m.w.N.).
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 ff ZPO.
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Die Berufung ist nicht zuzulassen, weil die Gründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO nicht vorliegen (§ 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO).