Inhalt

OLG München, Hinweisbeschluss v. 07.03.2022 – 7 U 240/22
Titel:

Auskunftsanspruch eines Treugeberkommanditisten auf Auskunft über die Namen und Anschriften der anderen (mittelbaren und unmittelbaren) Gesellschafter

Normenketten:
ZPO § 522 Abs. 2 S. 2, § 719 Abs. 1
DSGVO Art. 6 Abs. 1b
BGB § 226, § 242
Leitsätze:
1. Sind im Innenverhältnis zur Publikumskommanditgesellschaft und den Direktgesellschaftern die Treugeber wirtschaftlich wie Direktkommanditisten zu behandeln und können die Treugeber an den Beschlussfassungen der Gesellschaft teilnehmen und die auf ihre Beteiligung entfallenden mitgliedschaftlichen Rechte unmittelbar selbst ausüben, so steht den Treugebern aus dem durch den Gesellschaftsvertrag begründeten Vertragsverhältnis ein Anspruch gegen die Publikumskommanditgesellschaft auf Auskunft über die Namen und Anschriften der anderen (mittelbaren und unmittelbaren) Gesellschafter zu. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Existiert neben dem Kommanditgesellschaftsverhältnis aufgrund der jeweiligen vertraglichen Ausgestaltung gleichzeitig auch ein Innengesellschaftsverhältnis der Treugeberkommanditisten (gegebenenfalls auch unter Einschluss der Direktkommanditisten), so kann der Anspruch auf Auskunft über die Person der Mittreugeberkommanditisten auch aus dem Innengesellschaftsverhältnis abgeleitet werden. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein Auskunftsbegehren des Gesellschafters, gerichtet auf Mitteilung der Namen und Anschriften der Mitgesellschafter, ist nur durch das Verbot der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) und das Schikaneverbot gem. § 226 BGB begrenzt. Eine abstrakte Missbrauchsgefahr allein rechtfertigt es nicht, einem Vertragspartner das Recht zuzugestehen, gegenüber dem anderen seinen Namen und seine Anschrift zu verheimlichen. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
4. IRd § 719 Abs. 1 ZPO kommt eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht in Betracht, wenn das Rechtsmittel aussichtslos ist. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Publikumskommanditgesellschaft, Auskunftsanspruch, Treugeberkommanditist, Direktkommanditist, Mitgesellschafter, personenbezogene Daten, Innengesellschaftsverhältnis
Vorinstanz:
LG München I, Endurteil vom 10.12.2021 – 35 O 1977/21
Fundstelle:
BeckRS 2022, 7836

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 10.12.2021, Az. 35 O 1977/21, durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis 30.03.2022.
3. Der Antrag der Beklagten, die Zwangsvollstreckung aus dem am 10.12.2021 verkündeten Endurteil des Landgerichts München I, Aktenzeichen: 35 O 1977/21, gegen Sicherheitsleistung einstweilen einzustellen, wird zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

A.
1
Der Senat weist die Parteien gemäß § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, da sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat.
2
Die Parteien streiten um Auskunftsansprüche des Klägers.
3
Die Beklagte zu 1) ist eine Publikumskommanditgesellschaft, an der sich der Kläger über die Beklagte zu 2), die Treuhandkommanditistin der Beklagten zu 1), mit einem Anteil von 110.000 € als Treugeber beteiligte. Bis zum 15.11.2021 erhöhte der Kläger seinen Anteil an der Beklagten zu 1) auf 310.000,00 €.
4
Der Gesellschaftsvertrag der Beklagten zu 1) laut Anl. B 1 (im Folgenden als GV abgekürzt) lautet auszugsweise wie folgt:
„§ 4 Beteiligung von Anlegern
(…)
(3) Die Treugeber sind im Außenverhältnis keine Kommanditisten der Gesellschaft. Im Innenverhältnis zur Gesellschaft und den Direktgesellschaftern (…) werden die Treugeber wirtschaftlich aber wie Direktkommanditisten behandelt. Die Direktgesellschafter sind dementsprechend ausdrücklich damit einverstanden, dass die Treugeber an den Beschlussfassungen der Gesellschaft teilnehmen und die auf ihre Beteiligung entfallenden mitgliedschaftlichen Rechte unmittelbar selbst ausüben können
(…).
§ 12 Schriftliches Umlaufverfahren, Gesellschafterversammlung
(…)
(6) Anleger, die einzeln oder gemeinsam mindestens 5% des Kommanditanteils halten, können die Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung schriftlich unter Angabe der Tagesordnung verlangen.
§ 30 Beteiligungsregister, Datenschutz, Datenmitteilung, Kommunikation auf elektronischem Weg
(…)
(3) (…)
Ein Anspruch auf Mitteilung von Daten anderer Anleger besteht nicht. Der Komplementärin, der Treuhandkommandistin ist es nicht gestattet, Anlegern personenbezogene Daten über andere Gesellschafter zu übermitteln.“
5
Der Kläger verlangte von den Beklagten mit Schreiben vom 04.01.2021, ihm Auskunft über die Person seiner Mitgesellschafter zu geben.
6
Der Kläger behauptete, er benötige die Auskünfte, um mit seinen Mitgesellschaftern in Kontakt zu treten, über Anteilsübertragungen zu sprechen, Gesellschafterentscheidungen herbeizuführen oder sich generell darüber zu informieren, mit welchen Gesellschaftern er in einem Boot sitze und für diese gegebenenfalls mithafte. Schließlich stehe bei der W. ein Wechsel in der Eigentümerstruktur bevor, was zu einem gesteigerten Abstimmungsbedürfnis innerhalb der Anleger führe.
7
Der Kläger beantragte,
Die Beklagten werden verurteilt, dem Kläger Namen, Adressen und Nominalen [sic] sämtlicher Mitgesellschafter (Treugeberkommanditisten und Direktkommanditisten) der W. I. Deutschland 32 GmbH & Co KG mitzuteilen.
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Die Beklagten beantragte
Klageabweisung
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Sie erwiderten, dass sich aufgrund der Entscheidung des BGH vom 19.11.2019 - II ZR 263/18 die Rechtslage hinsichtlich von Auskunftsansprüchen eines Mitgesellschafters maßgeblich verändert habe. Nunmehr setze ein Auskunftsanspruch das Bestehen einer Treugeberinnengesellschaft voraus, an der es aber im streitgegenständlichen Fall fehle. Der Auskunftsanspruch sei auch nicht mit Datenschutzrecht vereinbar, da zwischen dem nur treugeberisch beteiligten Kläger und den weiteren Anlegern kein Vertragsverhältnis bestehe, sodass es an einem nach Art. 6 Abs. 1 b DS-GVO für die Zulässigkeit der Verarbeitung erforderlichen Vertragsverhältnis fehle. Das Auskunftsverlangen des Klägers sei auch rechtsmissbräuchlich, da es nur dazu diene, gegenüber anderen Anlegern Werbung für die Beteiligungsankaufsangebote des Klägers zu machen.
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Mit Endurteil vom 10.12.2021, Az. 35 O 1977/21, verurteilte das Landgericht München I die Beklagten antragsgemäß, dem Kläger die Namen, Adressen und Nominale sämtlicher Mitgesellschafter (Treugeberkommanditisten und Direktkommanditisten) der W. I. Deutschland 32 GmbH & Co KG mitzuteilen.
11
Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Landgericht u.a. aus, dass das Auskunftsrecht eines Gesellschafters bezüglich der Person seiner Mitgesellschafter ein sich unmittelbar aus dem Gesellschaftsvertrag ergebendes mitgliedschaftliches Recht sei, das lediglich durch das Gebot unzulässiger Rechtsausübung und das Schikaneverbot begrenzt sei. Dieses Recht stehe auch einem - wie hier - nach dem Gesellschaftsvertrag einem Direktkommanditisten gleichgestellten Treugeberkommanditisten zu. Einer gesonderten Innnengesellschaft der Treugeber bedürfe es zur Begründung des Auskunftsanspruchs nicht, da sich dieser bereits aus dem Gesellschaftsvertrag ergebe. Eine Rechtsmissbräuchlichkeit des Auskunftsverlangens sei zu verneinen, da auch unter Berücksichtigung des mehrfach geänderten Vortrags des Klägers zur Motivation seines Auskunftsverlangens eine Rechtsmissbräuchlichkeit nicht zu erkennen sei. Schließlich stehe auch die Datenschutzgrundverordnung einer Auskunftserteilung nicht entgegen.
12
Im Übrigen wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
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Die Beklagten verfolgen unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags ihr Klageabweisungsziel vollumfänglich weiter.
14
Die Beklagten beantragen daher:
Das Endurteil des Landgerichts München I vom 10.12.2021, Aktenzeichen 35 O 1977/21, wird abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
15
Der Kläger beantragt,
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
B.
16
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet, da der vom Landgericht zugesprochene Auskunftsanspruch des Klägers besteht.
I.
17
Entgegen der Ansicht der Beklagten hat sich das Landgericht nicht über die höchstrichterliche Vorgabe hinweggesetzt, wonach ein Anspruch eines Treugeberkommanditisten auf Auskunft über die Person seiner Mittreugeberkommanditisten nur unter der Voraussetzung gegeben sei, dass zwischen den Treugebern im Innenverhältnis eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestehe (vgl. Berufungsbegründung S. 7, Bl. 129 d.A.). Vielmehr hat das Landgericht in jeder Hinsicht zutreffend und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH ausgeführt, dass es aufgrund der gesellschaftsvertraglichen Gleichstellung der Treugeberkommanditisten mit den Direktkommanditisten nicht auf das Vorliegen einer Innengesellschaft ankomme, da sich der Auskunftsanspruch bereits unmittelbar aus dem Kommanditgesellschaftsvertrag ergebe (LGU S. 5 unter Punkt 4).
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1. Die Gleichstellung von Treugeber- und Direktkommanditisten ergibt sich im streitgegenständlichen Fall aus § 4 Abs. 3 GV. Demnach werden „(i) m Innenverhältnis zur Gesellschaft und den Direktgesellschaftern (…) die Treugeber wirtschaftlich (…) wie Direktkommanditisten behandelt. Die Direktgesellschafter sind dementsprechend ausdrücklich damit einverstanden, dass die Treugeber an den Beschlussfassungen der Gesellschaft teilnehmen und die auf ihre Beteiligung entfallenden mitgliedschaftlichen Rechte unmittelbar selbst ausüben können.“ Derart gleichgestellten Gesellschaftern steht aber nach der Rechtsprechung des BGH ein Anspruch auf Auskunft über die Namen und Anschriften der anderen (mittelbaren und unmittelbaren) Gesellschafter zu (vgl. BGH, Urteil vom 16.12.2014 - II ZR 277/13, Rdnrn 9 ff.). Dabei handelt es sich um ein unentziehbares mitgliedschaftliches Recht aus dem durch den Gesellschaftsvertrag begründeten Vertragsverhältnis als solchem (vgl. BGH, Urteil vom 16.12.2014 - II ZR 277/13, Rdnr. 11, ebenso schon BGH, Urteil vom 05.02.0 2013 - II ZR 134/11; vgl. auch Grunewald in Münchener Kommentar zum HGB, 4. Auflage, München 2019, Rdnr. 15 zu § 166 HGB). Der Begründung einer gesonderten Innengesellschaft der Treugeberkommanditisten bedarf es insoweit nicht (vgl. BGH, Urteil vom 16.12.2014 - II ZR 277/13, Rdnr. 9, ebenso Oetker in ders., Handelsgesetzbuch, 7. Auflage, München 2021, Rdnr. 54).
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2. Existiert neben dem Kommanditgesellschaftsverhältnis aufgrund der jeweiligen vertraglichen Ausgestaltung gleichzeitig auch ein Innengesellschaftsverhältnis der Treugeberkommanditisten (gegebenenfalls auch unter Einschluss der Direktkommanditisten), so kann der Anspruch auf Auskunft über die Person der Mittreugeberkommanditisten auch aus dem Innengesellschaftsverhältnis abgeleitet werden (vgl. BGH, Urteil vom 11.01.2011 - II ZR 187/09).
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3. Etwas anderes lässt sich auch nicht der von den Beklagten in Bezug genommenen (vgl. Berufungsbegründung S. 7 und 8, Bl. 129/130 d.A.) Entscheidung des BGH vom 19.11.2019 - II ZR 263/18 entnehmen. Dort wird zwar der Auskunftsanspruch aus dem Bestehen einer Innengesellschaft der Treugeber abgeleitet und diese Innengesellschaft mit der konkreten vertraglichen Ausgestaltung der Treuhandverhältnisse (insbesondere der Existenz einer von der Gesellschafterversammlung zu unterscheidenden Anlegerversammlung, die über das Stimmverhalten der Treuhandkommandistin in der Gesellschafterversammlung zu entscheiden hat) begründet. Jedoch findet sich in der Entscheidung kein Hinweis darauf, dass der BGH damit seine bisherige Rechtsprechung zur Ableitung eines Auskunftsanspruchs auch aus dem Fonds- bzw. Kommanditgesellschaftsverhältnis modifizieren oder gar aufgeben wollte. In der Entscheidung vom 19.11.2019 konnte der BGH auch gar nicht auf das Fondsgesellschaftsverhältnis abstellen, da sich die Rechtsverhältnisse innerhalb der Fondsgesellschaft und damit auch die Stellung von deren Gesellschafter nicht nach deutschem, sondern nach italienischem Recht bemaßen (vgl. BGH, Urteil vom 19.11.2019 - II ZR 263/18, Rdnrn 2 und 22). Eine Ableitung des Auskunftsanspruchs aus dem Fondsgesellschaftsverhältnis wie bei einer nach deutschem Recht zu beurteilenden Publikums(kommandit) gesellschaft war daher nicht möglich, ohne eine Aussage zum italienischen Recht zu treffen. Die im Verhältnis der Treugeberkommanditisten daneben bestehende Innengesellschaft war jedoch nach deutschem Recht zu beurteilen, sodass der Auskunftsanspruch auf das Innengesellschaftsverhältnis der Treugeber gestützt werden konnte, ohne dass es auf die nach italienischem Recht zu beurteilende Fondsgesellschaft angekommen wäre.
21
Da der Auskunftsanspruch aber - wie oben dargelegt - alternativ entweder auf das Fonds- bzw. Kommanditgesellschaftsverhältnis oder ein etwaig gleichzeitig daneben bestehendes Innengesellschaftsverhältnis der Treugeber gestützt werden kann, besagt das Urteil des BGH vom 19.11.2019, in dem letzteres der Fall ist, nicht, dass es nunmehr nur noch auf das Bestehen eines Innengesellschaftsverhältnisses ankommen solle. Die von der Berufung zur Stützung ihrer Ansicht in Bezug genommene Literaturmeinung (Lutz, BGH: Auskunftsanspruch über treuhänderisch beteiligte Mitanleger in einer Publikums KG auch unter Geltung der DSGVO, wenn die Treugeber eine Innengesellschaft bilden, RdF 2020, 230) verkennt dies schon im Ansatz, da dieser Autor - ohne die bisherige BGH-Rechtsprechung zu Publikumskommanditgesellschaften auch nur zur Kenntnis zu nehmen - offenbar die Meinung vertritt, der Auskunftsanspruch eines Treugeberkommanditisten setzte stets eine im Verhältnis der Treugeber bestehende Innengesellschaft voraus.
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4. § 30 Abs. 3 S. 3 und 4 GV steht dem Auskunftsrecht des Klägers nicht entgegen, da diese Regelung unwirksam ist. Sie hält der - auf den Gesellschaftsvertrag einer Publikumsgesellschaft anwendbaren - Inhaltskontrolle gemäß § 242 BGB nicht stand. Auch bei einer Publikumsgesellschaft in Form einer Kommanditgesellschaft handelt es sich um ein „Schuldverhältnis”, d.h. die jeweiligen Gesellschafter schließen untereinander einen Vertrag, mit dem sie sich zur Verwirklichung und Förderung eines gemeinsamen Zwecks zusammenschließen (§ 705 BGB). Das Recht, seinen Vertragspartner zu kennen, ist in jedem Vertragsverhältnis derart selbstverständlich, dass es nicht wirksam ausgeschlossen werden kann (vgl. BGH, Hinweisbeschluss vom 21.09.2009 - II ZR 264/08, Rdnr. 10 zum Gesellschaftsvertrag einer Publikumsgesellschaft in Form einer BGB-Gesellschaft; für eine Publikums KG gilt nichts anderes, vgl. BGH, Urteil vom 16.12.2014 - II ZR 277/13, Rdnrn 23 ff., vgl. auch Grunewald in Münchener Kommentar zum HGB, 4. Auflage, München 2019, Rdnr. 133 zu § 161 HGB).
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Hier kommt hinzu, dass § 30 Abs. 3 S. 3 und 4 GV ein wesentliches Gesellschafterrecht, nämlich dasjenige, eine außerordentliche Gesellschafterversammlung einzuberufen, faktisch beseitigt. Die fünf Prozent des Kommanditkapitals, die gemäß § 12 Abs. 6 S. 1 GV für eine solche Einberufung erforderlich sind, kann ein Gesellschafter - soweit er nicht ausnahmsweise schon allein diese Schwelle mit seiner Beteiligung überschreitet - nämlich nur erlangen, wenn er sich mit anderen Mitgesellschaftern zusammenschließt, was aber zwingend voraussetzt, dass er deren Namen und Anschriften kennt (vgl. BGH, Hinweisbeschluss vom 21.09.2009 - II ZR 264/08, Rdnr. 11).
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5. Ein Auskunftsbegehren des Gesellschafters, gerichtet auf Mitteilung der Namen und Anschriften der Mitgesellschafter, ist nur durch das Verbot der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) und das Schikaneverbot gemäß § 226 BGB begrenzt. Eine abstrakte Missbrauchsgefahr allein rechtfertigt es nicht, einem Vertragspartner das Recht zuzugestehen, gegenüber dem anderen seinen Namen und seine Anschrift zu verheimlichen (BGH, Urteil vom 16.12.2014 - II ZR 277/13, Rdnr. 26).
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a. Der Senat hat bereits bei früherer Gelegenheit entschieden, dass und mit ausführlicher Begründung warum es keine unzulässige Rechtsausübung und keinen Missbrauch der Gesellschafterstellung darstellt, wenn ein Gesellschafter bzw. Treugeber - etwa durch den Ankauf weiterer Gesellschaftsanteile - anstrebt, seine Gesellschafterstellung auszubauen und damit seinen Einfluss in der Gesellschaft zu vergrößern (Senat, Urteil vom 16.01.2019 - 7 U 342/18, Rdnrn 23 ff., worauf auch das Landgericht seine Entscheidung gestützt hat, LGU S. 6). Damit hat es auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens (dort S. 9 bis 12, Bl. 131 - 134 d.A.) nach wie vor sein Bewenden. Die Beklagten räumen insoweit selbst ein, dass es legitim sei, weitere Anteile aufkaufen zu wollen. Illegitim sei es aber, zur Umsetzung dieser Absicht, „den genuin gesellschaftsrechtlichen Auskunftsanspruch geltend zu machen“. Denn der gesellschaftsrechtliche Auskunftsanspruch dürfe nur zur Wahrnehmung von Gesellschafterrechten eingesetzt werden, wobei ein Gesellschafterrecht in diesem Sinne nur ein Recht sei, das ausschließlich von einem Gesellschafter, nicht aber von einem Dritten wahrgenommen werden könne (Berufungsbegründung S. 11, Bl. 133 d.A.). Für einen derartig eng gefassten Rechtebegriff gibt es jedoch keine Veranlassung. Vielmehr ist eine unzulässige Rechtsausübung iSd. § 242 BGB, auf die - wie oben dargelegt - der BGH in seiner Rechtsprechung abstellt, erst anzunehmen, wenn mit der Geltendmachung des Auskunftsrechts vertragsfremde oder unlautere Ziele verfolgt werden (vgl. Grüneberg in ders., BGB, 81. Auflage, München 2022, Rdnr. 50 zu § 242 BGB). Der Ankauf weiterer Anteile an der Fondsgesellschaft ist jedoch schon deshalb nicht vertragsfremd, da die Übertragung von Beteiligungen eines Anlegers im Gesellschaftsvertrag (§ 20 GV) ausdrücklich vorgesehen ist. Zwar ist in § 20 Abs. 1 S. 1 GV von einer Übertragung „an einen Dritten“ die Rede. Wenn aber die Übertragung auf einen Dritten möglich ist, so fällt darunter jedenfalls auch ein Gesellschafter, der die Anteile eines anderen Gesellschafters erwirbt.
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b. Entgegen der Ansicht der Berufung (Berufungsbegründung S. 13, Bl. 135 d.A.) war deshalb zu den tatsächlichen Motiven des Klägers bei der Geltendmachung des Auskunftsanspruchs auch kein Beweis zu erheben. Denn selbst wenn man die Behauptung der Beklagten, dem Kläger gehe es „in Wahrheit ausschließlich darum, die herausverlangten persönlichen Daten dazu zu verwenden, den Anlegern Ankaufsangebote für ihre Beteiligung zu unterbreiten“, als wahr unterstellt, würde dies den Anspruch des Klägers nicht zu Fall bringen.
II.
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1. Insoweit als die Berufung rügt, das Landgericht habe verkannt, dass die DS-GVO einer Auskunftserteilung entgegenstehe, dringt sie damit ebenfalls nicht durch. Der Senat hält auch diesbezüglich an seiner bisherigen Rechtsprechung (Senat, Urteil vom 16.01.2019 - 7 U 342/18, Rdnrn 29 ff., worauf auch das Landgericht seine Entscheidung gestützt hat, LGU S. 7 und 8) fest. Aus dem Hinweisbeschluss des BGH vom 19.11.2019 lässt sich nichts entnehmen, was den Senat zu einer Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung veranlassen könnte. Vielmehr hat der BGH dort ausdrücklich ausgeführt, dass Art. 6 Abs. 1b DS-GVO die Verarbeitung der Daten zur Erfüllung eines Vertrags, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist, erlaube. Dazu gehöre auch die Mitgliedschaft in einer Gesellschaft (vgl. BGH, Beschluss vom 19.11.2019 - II ZR 263/18, Rdnr. 30 m.w.N. aus der datenschutzrechtlichen Literatur). Entgegen der Ansicht der Berufung (Berufungsbegründung S. 16, Bl. 138 d.A.) liegt, auch wenn man mit der Berufung - was der Senat allerdings ausdrücklich offenlässt - davon ausgehen sollte, dass zwischen den Treugeberkommanditisten im streitgegenständlichen Fall keine Innengesellschaft besteht, allein aufgrund des Kommanditgesellschaftsverhältnisses eine solche Mitgliedschaft der Treugeber in einer Gesellschaft vor. Dies ergibt sich aus der - wie bereits oben dargelegt - im Gesellschaftsvertrag (§ 4 Abs. 3 GV) stipulierten Gleichstellung von Direkt- und Treugeberkommanditisten. Zwischen einem Treugeberkommanditisten wie dem Kläger, den übrigen Treugeberkommanditisten und den unmittelbaren Gesellschaftern besteht damit nämlich ein durch den Gesellschaftsvertrag und den Treuhandvertrag begründetes Rechtsverhältnis, das infolge der Verzahnung von Gesellschafts- und Treuhandverhältnis dadurch gekennzeichnet ist, dass ein Treugeber über seine schuldrechtliche Beziehung zu der Treuhänderin hinaus entsprechend einem unmittelbaren Gesellschafter in den Gesellschaftsverband einbezogen ist. Durch diese Einbeziehung in den Gesellschaftsverband unterscheidet sich die vorliegende Gestaltung von dem klassischen Treuhandverhältnis mit bloß schuldrechtlichen Beziehungen (vgl. BGH, Urteil vom 16.12.2014 - II ZR 277/13, Rdnr. 12). Aufgrund dessen hat ein Treugeberkommanditist im Innenverhältnis zu den anderen Treugebern, den Direktkommanditisten, der Komplementärin und der Fondsgesellschaft eine solche einem unmittelbaren Gesellschafter entsprechende Rechtsstellung erlangt (vgl. BGH, Urteil vom 16.12.2014 - II ZR 277/13, Rdnr. 15) und ist die Datenverarbeitung nach Art. 6 Abs. 1 b DS-GVO zulässig. Dies gilt auch für den Fall, dass - wie die Beklagten behaupten - der Kläger die erstrebte Auskunft zum Ankauf weiterer Beteiligungen nutzen sollte.
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2. Der Vorlagebeschluss des Amtsgerichts München vom 21.12.2021 - 132 C 22992/20 (Anl. BB 2) veranlasst den Senat aus den oben angeführten Gründen nicht zu einer Änderung seiner Rechtsprechung und auch nicht zu einer Abweichung von der Rechtsprechung des BGH, auch wenn das Amtsgericht der Meinung ist, „die Rechtsprechung des BGH (dürfte) mit geltendem Datenschutzrecht nicht in Einklang“ stehen (vgl. Verfügung vom 18.03.2021, dort S. 2 zweiter Absatz laut Anl. B 4).
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3. Auch wenn es in Anbetracht des für die Beklagten nur minimalen Aufwands, die bei ihnen gespeicherten Daten der Treugeberkomanditisten an den Kläger herauszugeben, und der damit wohl lediglich im dreistelligen Eurobereich liegenden Beschwer der Beklagten gegen ein etwaiges Urteil des Senats kein Rechtsmittel gibt, besteht keine Notwendigkeit, nach Art. 267 AEUV eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs einzuholen. Die Vorlagepflicht setzt nämlich voraus, dass in einem schwebenden Verfahren eine Frage des Gemeinschaftsrechts gestellt wird, es sei denn, dass die gerichtliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum bleibt. Von letzterem ist hier auszugehen. Dass der Kenntnisnahme von Daten zur Identifizierung und Kontaktaufnahme zu Mitgesellschaftern die Datenschutz-Grundverordnung und insbesondere Art. 5 und Art. 6 DS-GVO nicht entgegensteht, ergibt sich auch offenkundig bereits aus Nr. 48 der Erwägungen zur Datenschutz-Grundverordnung, worin die Datenverarbeitung sogar innerhalb einer Unternehmensgruppe als mögliches berechtigtes Interesse aufgeführt ist. Der Senat geht deshalb - wie der BGH in seinem Beschluss vom 19.11.2019 - II ZR 263/18 (dort Rdnr. 37) bei Ableitung des Auskunftsanspruchs aus dem Bestehen einer Treugeberinnengesellschaft - auch bei Begründung des Auskunftsanspruchs aus dem Kommanditgesellschaftsverhältnis von einem acte éclairé aus.
30
Da nach alledem die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, regt der Senat an, die Berufung zurückzunehmen.
C.
31
Der Antrag der Beklagten, die Zwangsvollstreckung aus dem am 10.12.2021 verkündeten Endurteil des Landgerichts München I, Aktenzeichen: 35 O 1977/21, gegen Sicherheitsleistung einstweilen einzustellen, war zurückzuweisen. Denn wie im Falle des § 719 Abs. 2 ZPO (dazu vgl. BGH, Beschluss vom 16.09.2015 - VIII ZR 135/15, Rdnr. 1), so kommt auch im Rahmen des § 719 Abs. 1 ZPO eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht in Betracht, wenn das Rechtsmittel aussichtslos ist, was hier nach den obigen Ausführungen zu B der Fall ist.