Titel:
Kein Anspruch auf Ausnahmegenehmigung zur Anbringung eines verkleinerten zweizeiligen Kennzeichens für Chevrolet Corvette
Normenkette:
FZV § 10 Abs. 2, § 47 Abs. 1, Anl. 4 Abschn. 1 Nr. 4 S. 6
Leitsätze:
1. Gemäß Abschnitt 1 Nr. 4 S. 6 der Anl. 4 zur FZV ist der Halter verpflichtet, dafür zu sorgen, dass ein vorschriftsmäßiges amtliches Kennzeichen an seinem Fahrzeug angebracht werden kann. Nur wenn der Veränderungsaufwand hierfür im konkreten Einzelfall unverhältnismäßig ist (vorliegend verneint), darf die Behörde nach ihrem Ermessen eine Ausnahme von den Vorgaben des § 10 Abs. 2 Satz 2 FZV iVm Anl. 4 zur FZV genehmigen. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
2. Damit ist den maßgeblichen Vorschriften bereits eine Richtung der Ermessensausübung zu entnehmen (intendiertes Ermessen), da ein bestimmtes Ergebnis vom Normgeber vorgesehen und gewollt ist und davon nur ausnahmsweise abgesehen werden darf. Dies hat zur Folge, dass es im Falle des Fehlens der Voraussetzungen einer Ausnahme für die ablehnende Entscheidung schon keiner besonderen Begründung bedarf. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Untätigkeitsklage, Importfahrzeug (Chevrolet C5 Corvette), nicht den Vorschriften entsprechende Anbringungsstelle für ein hinteres vorschriftsmäßiges Kennzeichen, Ausnahmegenehmigung, verkleinertes zweizeiliges Kennzeichen, Verhältnismäßigkeit der Umbaumaßnahmen, Ermessensausübung, Fahrzeugzulassung, vorschriftsmäßiges Kennzeichen, Größe, Anbringungsstelle, Veränderungspflicht des Halters, Unverhältnismäßigkeit, Ermessen, Chevrolet Corvette
Fundstelle:
BeckRS 2022, 7815
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Anbringung eines verkleinerten zweizeiligen Kennzeichens für sein Fahrzeug.
2
1. Der Kläger kaufte im Juni 2020 das Fahrzeug Chevrolet C5 (Corvette, Bj. 1998) im zugelassenen Zustand und übernahm zunächst das Kennzeichen von Kassel (KS) im Rahmen der Umschreibung. Am 16. November 2020 sprach der Kläger beim Landratsamt H.(nachfolgend: Landratsamt) wegen der Zulassung dieses Fahrzeugs mit einer HAS-Nummer mit einem „kleinen“ Kennzeichen vor, da an der hinteren Stoßstange kein Platz für ein einzeiliges Kennzeichen sei (Platzaussparung: Höhe 18,5 cm, Breite 33 cm). Daraufhin wurde ihm mitgeteilt, dass ihm solche Schilder nach den Arbeitshinweisen zur Größe und Anbringung von Kennzeichen des Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr (StMI) vom 6. Februar 2018 (Az: IIE6-3614-1-13-2) nicht zugeteilt werden. Denn bei Fahrzeugen mit nicht den Vorschriften entsprechender Anbringungsstelle des hinteren Kennzeichens seien ggf. Umrüstungen durch den Fahrzeughalter vorzunehmen, um vorschriftskonforme Kennzeichen anbringen zu können. Nach einer Rücksprache mit der TÜV S. A. GmbH in H. (TÜV ...) sei dem Kläger der Umbau des Fahrzeuges möglich: die Nebelschlussleuchte, welche sich beim vorliegenden Fahrzeug in der Aussparung links neben dem Kennzeichen befindet, könne versetzt werden; hierfür gebe es mehrere Möglichkeiten. Die Kosten bewegten sich auch in einem angemessenen Rahmen (ca. 300 EUR).
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Mit Schreiben vom 23. November 2020 zeigten die Bevollmächtigten des Klägers ihre Vertretung an und führten aus, es verwundere, dass die Corvette nicht mit einem kleinen Kennzeichen zugelassen werden könne, da dies sowohl in Kassel als auch in Bamberg möglich sei. Nachdem das Fahrzeug bereits in Deutschland mit einem kleinen Kennzeichen zugelassen gewesen sei, gehe man davon aus, dass dies wieder mit einem kleinen Kennzeichen zugelassen werden könne. Die Zulassungsstelle fordere vom Kläger, sein Fahrzeug umzubauen und es somit zu „verfälschen“. Es werde ein Gutachten der TÜV N. M. GmbH & Co. KG in H. (TÜV ...) vom 28. November 2014 für diese Corvette vorgelegt, wonach unter anderem der Raum vorne und hinten für ein amtliches Kennzeichen nicht ausreichend und eine Ausnahmegenehmigung gemäß § 70 StVZO erforderlich sei.
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Mit Schreiben vom 30. November 2020 teilte das Landratsamt den Bevollmächtigten mit, man werde die Angelegenheit abklären und wandte sich an das StMI. Mit E-Mail vom 1. Dezember 2020 teilte das StMI mit, dass gemäß Abschnitt 1 Nr. 4 der Anlage 4 zur FZV vorliegend die Möglichkeit einer Umrüstung gegeben und sicherlich von einer Verhältnismäßigkeit auszugehen sei (Umrüstkosten < 5-10% des Fahrzeugwertes). Es bestünde jedenfalls kein Anspruch auf die Zuteilung eines Kennzeichens, weil das so in einem anderen Zuständigkeitsbereich gehandhabt werde.
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Mit Schreiben vom 9. Dezember 2020 teilte das Landratsamt den Bevollmächtigten des Klägers mit, dass vorliegend gemäß Anlage 4 zur FZV wegen des Unterscheidungszeichens HAS für das Fahrzeug ein einzeiliges Kennzeichen mit einer Breite von maximal 52 cm bzw. 37 cm bei kürzester Buchstaben-/Zahlenkombination und einer Höhe von 11 cm oder ein zweizeiliges Kennzeichen mit einer Breite von 28 cm und einer Höhe von 20 cm zuzuteilen wäre. Da nicht möglich sei, für ein Fahrzeug ein Kennzeichen zuzuteilen, das an der am Fahrzeug vorgesehenen Stelle angebracht werden könne, habe der Halter Veränderungen am Fahrzeug vorzunehmen, die die Anbringung eines vorschriftsmäßigen Kennzeichens ermöglichten, sofern die Veränderungen nicht unverhältnismäßigen Aufwand erforderten. In Zweifelsfällen könne die Zulassungsbehörde die Vorlage eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen für den Kraftfahrzeugverkehr verlangen. Da bereits im Vorfeld Rücksprache mit dem TÜV ... in H. erfolgt sei, sei davon auszugehen, dass ein Umbau technisch jederzeit möglich sei und die Veränderungen laut Aussage des Sachverständigen auch mit keinem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden seien. Soweit auf Ausnahmegenehmigungen für die Kreise Bamberg und Kassel verwiesen werde, bestünden deren Unterscheidungszeichen BA und KS nur aus zwei Buchstaben, sodass jederzeit kürzere Kennzeichenschilder vergeben werden könnten, die dennoch den vorgeschriebenen Maßen entsprächen. Nach Auskunft des StMI bestünde auch kein Anspruch auf Zuteilung eines kurzen Kennzeichens, weil es von anderen Behörden so praktiziert werde.
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Mit Schreiben vom 17. Dezember 2020 ließ der Kläger entgegnen, dass ein Umbau des Fahrzeuges nicht verhältnismäßig sei. Sowohl die Kosten als auch der Aufwand seien unverhältnismäßig, insbesondere weil es sich bei dem Fahrzeug um einen sogenannten Youngtimer handele. Das Fahrzeug sei zwischenzeitlich mehr als 20 Jahre alt und befinde sich im Originalzustand, welcher durch Umbaumaßnahmen verändert würde, was den Wert des Fahrzeugs, welches nicht zuletzt auch ein Anlageobjekt sei, nicht unerheblich im Wert sinken lassen würde. Diese Wertminderung sei bezüglich des Aufwandes in die Kalkulation mit einzubeziehen. Im Übrigen sei darauf zu verweisen, dass auch im Landkreis H. bereits kleinere Kennzeichen für Pkw vergeben worden seien. Bei der einschlägigen Vorschrift handele es sich um eine Ermessensvorschrift, sodass hier ein Ermessensspielraum des Landratsamtes bestehe. Mit weiterem Schreiben vom 18. Januar 2021 und 20. Februar 2021 erbat der Bevollmächtigte des Klägers unter Wiederholung der klägerseitigen Rechtsauffassung, einen rechtsmittelfähigen Bescheid zu erlassen, sollte der Erteilung eines kürzeren Kennzeichens nicht zugestimmt werden.
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Mit Schreiben vom 25. Februar 2021 schlug das Landratsamt vor, dass der Kläger mit seinem Fahrzeug bei der Zulassungsstelle vorfahre, um nach Lösungsmöglichkeiten bezüglich der Schildergröße bzw. Anbringung der Kennzeichen zu suchen.
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Ausweislich eines Aktenvermerks vom 13. April 2021 wurde das Fahrzeug des Klägers vor der Zulassungsstelle in Augenschein genommen. Für die ordnungsgemäße Anbringung des vorderen Kennzeichens sei nach der Begutachtung ausreichend Platz vorhanden, die vorhandene Aussparung für die Anbringung des hinteren Kennzeichens betrage ca. 33 cm auf 15 cm. Bei Zuteilung der kürzesten zulässigen Buchstaben-/Zahlenkombination betrage die Größe des Kennzeichens 37 cm auf 11 cm. Um dieses Kennzeichen anbringen zu können, müssten einige Veränderungen am Fahrzeug vorgenommen werden. Wie vorab auf Nachfrage vom TÜV ... bestätigt, könne eine der beiden Nebelschlussleuchten stillgelegt bzw. außer Betrieb genommen werden. Diese Leuchte müsste mit Folie überklebt werden. Durch die Ausfüllung der vorhandenen Aussparung bzw. der Mulde mit Distanzringen und des zusätzlichen Platzes durch die abgedeckte Nebelschlussleuchte sei die ordnungsgemäße Anbringung eines Kennzeichens möglich. Bei Verwendung eines selbstleuchtenden Kennzeichens könne auf die sonst erforderliche Kennzeichenbeleuchtung verzichtet werden. Dieser Sachverhalt sei dem Kläger mündlich mitgeteilt und ihm empfohlen worden, sich bei TÜV oder Dekra nach alternativen Lösungsmöglichkeiten zu erkundigen, die Angelegenheit mit seinem Anwalt zu besprechen und die Entscheidung dem Landratsamt mitzuteilen.
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Mit Schreiben vom 19. April 2021 wiesen die Bevollmächtigten des Klägers das Landratsamt darauf hin, dass eine Kontaktaufnahme mit dem Mandanten ohne ihre Zustimmung nicht statthaft sei. Daraufhin erwiderte das Landratsamt mit Schreiben 23. April 2021, dass eine Umgehung der Bevollmächtigten nicht beabsichtigt gewesen sei, sondern Lösungsmöglichkeiten für die Anbringung des hinteren Kennzeichens hätten aufgezeigt werden sollen, nachdem sich der Kläger im Rahmen der Zulassung eines anderen Fahrzeugs am 13. April 2021 in der Zulassungsstelle befunden habe und von der zuständigen Mitarbeiterin wegen der Corvette angesprochen worden sei. Das Landratsamt stehe weiterhin für ein Gespräch zur Klärung der Angelegenheit zur Verfügung.
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2. Sodann ließ der Kläger am 14. Mai 2021 Klage erheben und zuletzt in der mündlichen Verhandlung beantragen,
der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die beantragte Ausnahmegenehmigung zur Anbringung eines verkleinerten zweizeiligen Kennzeichens mit dem Unterscheidungszeichen „HAS“ gemäß § 47 FZV an dem Pkw Chevrolet C5, Corvette, Fahrzeugidentifizierungsnummer …, mit dem bisherigen Kennzeichen „… “ zu erteilen.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, die beantragte Genehmigung sei bis heute, mehr als drei Monate nach Antragseingang trotz umfangreicher Korrespondenz und mehrfacher Bitte um Erlass eines rechtsmittelfähigen Bescheides noch nicht verbeschieden. Ein Grund für die Verzögerung sei nicht ersichtlich, insbesondere sei ein Gutachten des TÜV ... vom 28. November 2014 vorgelegt worden, wonach der Sachverständige die Erteilung der erforderlichen Ausnahmegenehmigung befürworte. Eine Untätigkeitsklage sei folglich geboten. Der Kläger habe auch einen Anspruch auf Erteilung der beantragten Ausnahmegenehmigung. Die Voraussetzungen, um mangels vorhandenen Platzes am Fahrzeug des Klägers eine Ausnahmegenehmigung zu erteilen, seien gegeben. Bundesweit würden für Fahrzeuge des gleichen Typs regelmäßig sogenannte „kleine“ Kennzeichen genehmigt und die bisherige Verweigerung verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz. Der behördlich geforderte Umbau des Fahrzeugs sei mit einem unverhältnismäßigen Aufwand für den Kläger verbunden. Eine Umrüstung sei wirtschaftlich nicht zumutbar, was ein durch das Gericht einzuholende Sachverständigengutachten ergeben werde. Dies ergebe sich wegen des eingeschränkten Platzes und der Unmöglichkeit (Erhalt des technischen Kulturgutes). Die Unwirtschaftlichkeit des geforderten Umbaus des Fahrzeugs bestehe in einem Austausch der Schürze, was ohnehin einer weiteren Sondergenehmigung bedürfe. Insgesamt würden die vom Beklagten geforderten Maßnahmen das Fahrzeug verändern und Kosten in Höhe von ca. 5.000 EUR nach sich ziehen, was ein einzuholendes Sachverständigengutachten bestätigen werde. Des Weiteren handele es sich bei dem annähernd 23 Jahre alten Fahrzeug um einen sogenannten Youngtimer im Originalzustand. Dieser würde durch Umbaumaßnahmen verändert und der Wert des Fahrzeugs, welches auch ein Anlageobjekt sei, erheblich mindern.
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Der Beklagte, vertreten durch Landratsamt Haßberge, beantragte,
die Klage wird abgewiesen.
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Zur Begründung wurde ausgeführt, dass aus Sicht des Landratsamts die Möglichkeit bestehe, ein vorschriftsmäßiges Kennzeichen am besagten Fahrzeug anzubringen, sodass man nach Prüfung des Einzelfalles dem Anliegen des Klägers nicht nachgekommen sei. Die Ausgestaltung und Anbringung der Kfz-Kennzeichen sei in Anlage 4 zur FZV i.V.m. § 10 FZV geregelt, vom StMI seien hierzu mit Schreiben vom 6. Februar 2018 ermessenslenkende Arbeitshinweise ergangen. Demnach seien Ausnahmegenehmigungen für kleinere Kennzeichen grundsätzlich nicht zu erteilen, da in der Regel technische Lösungen für die Anbringung der Kennzeichen möglich seien. Vorliegend gebe es für das vordere Kennzeichen keine Notwendigkeit eines verkleinerten Kennzeichens, da für die ordnungsgemäße Anbringung genügend Platz vorhanden sei, was jedoch nicht für das hintere Kennzeichen zutreffe: Selbst bei kürzester Kombination und Verwendung von Engschrift wäre ein einzeiliges Kennzeichen mit einer Breite von mindestens 37 cm und einer Höhe von 11 cm zuzuteilen. Jedoch betrage die Aussparung zwischen den beiden Nebelschlussleuchten ca. 33 cm auf 15 cm. Das Fahrzeug sei am 13. April 2021 von Mitarbeitern der Zulassungsbehörde in Augenschein genommen und dem Kläger ein Lösungsvorschlag unterbreitet worden. Wegen der Umsetzung bzw. Machbarkeit sei vorab mit einem Sachverständigen des TÜV ... Rücksprache gehalten worden. Die Kosten für das Schild inklusive Anbringung mit einfachen Halterungen und die Stilllegung der Nebelschlussleuchten bewegten sich in einem überschaubaren Rahmen und seien somit jederzeit zumutbar. Aufgrund dieser eindeutigen Sachlage sei bisher auf die Vorlage eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen für den Kraftfahrzeugverkehr bzw. den Erlass eines Bescheides verzichtet worden.
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Mit Schriftsatz vom 6. Juli 2021 hielt der Kläger an seinem Vorbringen fest, wonach eine Umrüstung nicht zumutbar sei, da das Fahrzeug erheblich verändert und nicht mehr in seiner Anlageform und als Kulturgut aufrechterhalten würde. Ein Umbau wäre wie bereits dargelegt mit Kosten von ca. 5.000 EUR verbunden und daher unwirtschaftlich. Die Möglichkeit einer einfachen, hinsichtlich der Kosten überschaubaren kleineren Anpassung, welche das Fahrzeug nicht in seinem Originalzustand unwiderruflich verändere, werde bestritten.
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Auf Nachfrage des Gerichts erläuterte das Landratsamt mit Schriftsatz vom 4. August 2021, dass die Durchführbarkeit von Umbaumaßnahmen vom Sachverständigen des TÜV ... ausweislich der vom Kläger vorgelegten Bilder und Gutachten beurteilt worden sei. Der Sachverständige habe in Telefonaten der Zulassungsstelle erklärt, dass aufgrund der vorgelegten Bilder sowie des bekannten Fahrzeugmodells unterschiedliche Umbaumöglichkeiten durchführbar seien. Genannt worden sei unter anderem auch die kostengünstigste und mit geringstem Aufwand durchführbare Variante, welche dem Kläger entsprechend mitgeteilt worden sei.
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Auf Anforderung des Gerichts legte das Landratsamt mit Schriftsatz vom 22. September 2021 eine schriftliche Stellungnahme des TÜV ... H. vom 17. September 2021 vor, wonach kein Anspruch auf die Verwendung von verkleinerten Kennzeichen bestehe. Gegebenenfalls sei das Kennzeichen an anderer Stelle oder mit Distanzstücken vor der vorhandenen Aussparung anzubringen. Dadurch verdeckte Nebelschlussleuchten könnten funktionsunfähig gemacht und abgedeckt werden. Für die Vorschriftsmäßigkeit des Fahrzeugs könnten Nebelschlussleuchten an anderer Stelle entsprechend den Vorschriften angebracht werden. Die durch Veränderungen am Fahrzeug hervorgerufenen Umbaukosten müssten ins Verhältnis zum aktuellen Marktwert gesetzt werden. Optische und ästhetische Gesichtspunkte dürften bei der Umsetzung keine Rolle spielen, ebenso wie die Frage der Originalität und eine mit einem Umbau eventuell verbundene Wertminderung des Fahrzeugs, sodass die kostengünstigste Umbauvariante zu akzeptieren sei. Auf die Stellungnahme wird verwiesen.
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Mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2021 ließ der Kläger vortragen, dass es sich bei der Stellungnahme des TÜV ... vom 17. September 2021 um ein Parteigutachten handele, dessen Inhalt bestritten werde. Offenbar habe der Beklagte bereits vorgerichtlich einen Gutachter eingeschaltet, um die berechtigten Ansprüche des Klägers zu minimieren. Insbesondere nehme dieses Gutachten nicht zu Wertminderungen Stellung und sei daher unvollständig. Der Kläger habe ein Gutachten des TÜV ... vom 28. November 2014 vorgelegt, welches die Ausnahmegenehmigung befürworte. Es werde angeregt, ein Sachverständigengutachten anzuordnen. Mit ergänzendem Schriftsatz vom 19. Oktober 2021 wurde ausgeführt, dass die Überdeckung der Nebelschlussleuchten pro Polizeikontrolle eine Geldbuße von 20 EUR nach sich zöge, es sei denn, die Nebelschlussleuchten würden an anderer Stelle wieder angebracht, was so günstig, wie der Beklagte meine, nicht sei. Sollte der Originalzustand des Fahrzeugs verändert werden, könnte der Kläger in acht Jahren weder ein H-Kennzeichen beantragen noch das Fahrzeug zu vernünftigen Konditionen verkaufen. Bei einem Ersatzheckteil, was alleine mindestens 2.500 EUR koste (zzgl. Lackierung), sei zu befürchten, dass wenn in acht Jahren das Originalheckteil montiert werde, es aufgrund der langen Lagerzeit und der unterschiedlichen Umwelteinflüsse zu Farbabweichungen komme, was eine erneute Lackierung erforderlich mache. Hinzu kämen die Kosten für die Sondergenehmigung, wobei noch nicht einmal sicher sei, dass der TÜV die von Beklagtenseite vorgeschlagen Umbaumaßnahmen genehmigen würde. Insbesondere sei vorliegend unverständlich, dass bei H-Kennzeichen, welche noch einen Buchstaben mehr hätten, hingegen ein verkürztes Kennzeichen erteilt würde. Zahlreiche Behörden und auch das Landratsamt lösten dieses Problem anders. Der Kläger habe für seine zweite Corvette mit H-Kennzeichen das Kennzeichen …H erhalten. Der Kläger habe kein Wunschkennzeichen für das verfahrensgegenständliche Fahrzeug, sodass ein Buchstabe und eine Zahl in Engschrift möglich wären. Der Vorbesitzer habe für das gegenständliche Fahrzeug des Klägers in Borkum das Kennzeichen …4 bekommen. Auch für diese lange Kombination sei die Ausnahmegenehmigung in Borkum am 18. Dezember 2014 erteilt worden, Umbauten seien nicht notwendig gewesen. Erst kürzlich sei auf der Straße ein kurzes Kennzeichen …2 gesichtet worden, ebenso ein 2-zeiliges schmales Kennzeichen für einen Oldtimer.
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Mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2021 erwiderte der Beklagte, dass aus dem vorgelegten Gutachten des TÜV ... vom 28. November 2014 lediglich hervorgehe, dass die vorhandene Anbringungsstelle des hinteren Kennzeichens nicht den Vorschriften des § 10 Abs. 6 FZV entspreche. Auf eventuelle Umbaumöglichkeiten oder ob der Umbau wirtschaftlich außer Verhältnis stehe, werde dort nicht eingegangen. Ein Anspruch auf Erteilung der Ausnahmegenehmigung könne aus diesem Gutachten daher nicht abgeleitet werden. Nach Rücksprache mit dem StMI und dem Sachverständigen des TÜV ... seien unter Zugrundelegung von Nrn. 1.2 und 1.3 der Arbeitshinweise vom 6. Februar 2018 technische Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt worden, die mit keinem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden seien. Mit weiteren Schriftsatz vom 15. November 2021 wies das Landratsamt erneut darauf hin, dass davon auszugehen sei, dass durch einfache Umbaumaßnahmen ein den Vorschriften entsprechendes hinteres Kennzeichen montiert werden könne und damit eine ordnungsgemäße Teilnahme am Straßenverkehr möglich sei. Die von Klägerseite vorgetragenen kostenintensiven Umbaumaßnahmen seien im vorliegenden Fall nicht erforderlich. Das Überkleben der außer Betrieb genommenen Nebelschlussleuchten dürfte den Tatbestand für eine gebührenpflichtige Verwarnung nicht erfüllen. Soweit der Kläger auf seine andere Corvette mit H-Kennzeichen (Bj. 1980) verweise, handele es sich dabei um einen Oldtimer, für den als „fahrzeugtechnisches Kulturgut“ unter Nr. 5.1 der Arbeitshinweise des StMI eine Ausnahme vorgesehen sei; für die gesichtete Kennzeichenkombination … sei keine Ausnahmegenehmigung erteilt, da hierbei eine Kennzeichengröße von 380 mm verwendet werde, was den Eindruck eines verkleinerten Kennzeichens erwecke. Für früher erteilte Ausnahmegenehmigungen für ein Kennzeichen oder dessen Anbringungsfläche gelte keine Bestandsschutzregelung, die Voraussetzungen seien bei einer Umschreibung auf einen anderen Zulassungsbezirk neu zu prüfen.
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Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 25. November 2021 nahm der Kläger dahingehend Stellung, dass weiterhin die Möglichkeit einer einfachen und ordnungsgemäßen Anbringung eines üblichen Kennzeichens ohne Ausnahmegenehmigung bestritten werde und hielt am bisherigen Sachvortrag fest.
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In der mündlichen Verhandlung am 23. Februar 2022 stellten die Beteiligten ihre oben genannten Anträge und hielten an ihrer gegensätzlichen Rechtsauffassung fest. Auf das Protokoll wird verwiesen.
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Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Behördenakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage hat keinen Erfolg, denn sie ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung eines verkleinerten zweizeiligen Kennzeichens gemäß § 47 Abs. 1 Halbs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung über die Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr (Fahrzeug-Zulassungsverordnung - FZV).
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1. Die Klage ist als Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO zulässig. Es kann dahingestellt bleiben, ob das Verfahren bereits mit der Vorsprache des Klägers bei der Zulassungsbehörde am 16. November 2020 eingeleitet wurde oder ein Antrag auf Erteilung einer Ausnahme von den Vorgaben der Anlage 4 zur FZV in dem Schreiben seines Bevollmächtigten vom 23. November 2020 gesehen wird, da jedenfalls das Verwaltungsverfahren bis zur Klageerhebung am 14. Mai 2021 keinen offiziellen Verfahrensabschluss erfahren hat. Auch wenn in der Zwischenzeit der Kläger und die Zulassungsbehörde in regelmäßigem Austausch standen, hat sich das Verfahren seit der ablehnenden Stellungnahme des Landratsamts vom 9. Dezember 2020 inhaltlich nicht weiterentwickelt. Gründe, die eine Verzögerung der Entscheidung rechtfertigen könnten, sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Trotz mehrfacher Aufforderung seitens des Klägerbevollmächtigten (17.12.2020, 18.1.2021 und 20.2.2021) wurde kein rechtsmittelfähiger Bescheid erlassen, sodass die Erhebung einer Untätigkeitsklage geboten war.
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2. Die Klage ist unbegründet, denn der Kläger hat gegenüber der Zulassungsbehörde am Landratsamt H.keinen Anspruch auf Erteilung eines verkleinerten zweizeiligen Kennzeichens für sein Fahrzeug Chevrolet C5 (Corvette) mit dem derzeitigen Kennzeichen „… “. Ebenso wenig hat er einen Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten über seinen Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung erneut zu entscheiden, da das Ermessen fehlerfrei ausgeübt wurde. Denn vorliegend ist weder das Bestehen eines Ausnahmefalls noch sonstiger Ermessensfehler geltend gemacht oder ersichtlich.
25
2.1. Bei der Zulassung eines Fahrzeugs teilt die Zulassungsbehörde dem Fahrzeug ein Kennzeichen zu, um eine Identifizierung des Halters zu ermöglichen, § 8 Abs. 1 Satz 1 FZV. Das Kennzeichen besteht aus einem Unterscheidungszeichen (ein bis drei Buchstaben) für den Verwaltungsbezirk, in dem das Fahrzeug zugelassen ist, und einer auf das einzelne Fahrzeug bezogenen Erkennungsnummer, § 8 Abs. 1 Satz 2 FZV. Die Unterscheidungszeichen und Erkennungsnummern sind mit schwarzer Beschriftung auf weißem schwarz gerandetem Grund auf ein Kennzeichenschild aufzubringen, § 10 Abs. 1 Satz 1 FZV. Die Form, Größe und Ausgestaltung einschließlich der Beschriftung müssen den Mustern, Abmessungen und Angaben in Anlage 4 zur FZV entsprechen, § 10 Abs. 2 Satz 2 FZV. Gemäß § 47 Abs. 1 Halbs. 1 FZV können die zuständigen obersten Landesbehörden oder die von ihnen bestimmten oder nach Landesrecht zuständigen Stellen Ausnahmen von den Vorschriften der Abschnitte 1 bis 5 der FZV, jedoch nicht von § 12 Absatz 1 und Absatz 3 Satz 1 und § 8 Absatz 1a FZV, in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte einzelne Antragsteller genehmigen.
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Gegenstand der vorliegend begehrten Ausnahme nach § 47 Abs. 1 Halbs. 1 FZV sind die Anforderungen nach § 10 Abs. 2 Satz 2 FZV i.V.m. Abschnitt 1 Nr. 1 Satz 1 Buchst. d der Anlage 4 zur FZV.
27
Gemäß Abschnitt 1 Nr. 1 Satz 1 der Anlage 4 zur FZV ist das Größtmaß der Kennzeichen festgelegt (vorliegend für Pkw einzeilig: 520 mm Breite und 110 mm Höhe; zweizeilig: 340 mm Breite und 200 mm Höhe), das Mindestmaß wird mittelbar bestimmt durch die einheitlich zu verwendende Schrift (vgl. Abschnitt 1 Nr. 2 der Anlage 4 zur FZV) sowie die Ausgestaltung des Eurofeldes (Abschnitt 1 Nr. 3 der Anlage 4 zur FZV) und des Raumes für die Plaketten (Abschnitt 1 Nr. 6 der Anlage 4 zur FZV). Verkleinerte zweizeilige Kennzeichen dürfen gemäß Abschnitt 1 Nr. 1 Satz 2 der Anlage 4 zur FZV nur für Leichtkrafträder und Fahrzeuge nach § 10 Abs. 6 Nr. 2 FZV zugeteilt werden. Um die Anbringung und Sichtbarkeit eines vorschriftsmäßigen hinteren Kennzeichens sicherzustellen, müssen die Fahrzeughersteller die gemäß § 10 Abs. 6 FZV geltenden, europarechtlichen Vorgaben für die Ausgestaltung des Kennzeichenhalterungsplatzes einhalten.
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Ist es der Zulassungsbehörde nicht möglich, für ein Fahrzeug ein amtliches Kennzeichen zuzuteilen, das an der am Fahrzeug vorgesehenen Stelle angebracht werden kann, hat gemäß Abschnitt 1 Nr. 4 Satz 6 der Anlage 4 zur FZV der Halter Veränderungen am Fahrzeug vorzunehmen, die die Anbringung eines vorschriftsmäßigen Kennzeichens ermöglichen, sofern die Veränderungen nicht unverhältnismäßigen Aufwand erfordern; in Zweifelsfällen kann die Zulassungsbehörde die Vorlage eines Gutachtens eines amtlichen anerkannten Sachverständigen für den Kraftfahrzeugverkehr verlangen. Kann also an einem Fahrzeug - auf Grund technischer oder baugestalterischer Gegebenheiten - an der dafür vorgesehenen Stelle kein vorschriftsmäßiges amtliches Kennzeichen angebracht werden, so ist es vorrangig die Pflicht des Halters dieses Fahrzeugs, an seinem Fahrzeug die erforderlichen, insbesondere technischen Veränderungen vorzunehmen bzw. vornehmen zu lassen, damit ein vorschriftsmäßiges Kennzeichen angebracht werden kann. Sollte der dafür erforderliche (Umbau-)Aufwand unverhältnismäßig sein, dann kann eine Ausnahme zum Führen eines verkleinerten zweizeiligen Kennzeichens nach Abschnitt 1 Nr. 1 Satz 1 Buchst. d der Anlage 4 zur FZV genehmigt werden. Die Behörde kann in Zweifelsfällen die Vorlage eines Sachverständigengutachtens (insbesondere zur Frage des erforderlichen technischen Aufwands und der damit einhergehenden Aufwendungen) verlangen. Die diesbezügliche Ausnahmegenehmigung nach § 47 Abs. 1 Halbs. 1 FZV liegt im Ermessen der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde, vgl. § 47 Abs. 1 FZV i.V.m. § 14 ZustVVerk. Um eine bayernweit einheitliche Handhabung zu gewährleisten, hat das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr (StMI) am 6. Februar 2018 Arbeitshinweise „Größe und Anbringung von Kennzeichen“ (Az.: IIE6-3614-1-13-2) mit ermessenslenkenden Hinweisen erlassen.
29
Die hier begehrte Genehmigung zum Führen eines verkleinerten zweizeiligen Kennzeichens (vgl. Abschnitt 1 Nr. 4 Satz 7 der Anlage 4 zur FZV) knüpft an besondere, einschränkende Voraussetzungen: Nach dem eindeutigen Wortlaut von Abschnitt 1 Nr. 4 Satz 6 der Anlage 4 zur FZV ist der Halter verpflichtet, dafür zu sorgen, dass ein vorschriftsmäßiges amtliches Kennzeichen an seinem Fahrzeug angebracht werden kann. Nur wenn der Veränderungsaufwand hierfür im konkreten Einzelfall unverhältnismäßig ist, darf die Behörde nach ihrem Ermessen eine Ausnahme von den Vorgaben des § 10 Abs. 2 Satz 2 FZV i.V.m. Anlage 4 zur FZV genehmigen. Damit ist den maßgeblichen Vorschriften bereits eine Richtung der Ermessensausübung zu entnehmen (intendiertes Ermessen), da ein bestimmtes Ergebnis vom Normgeber vorgesehen und gewollt ist und davon nur ausnahmsweise abgesehen werden darf. Dies hat zur Folge, dass es im Falle des Fehlens der Voraussetzungen einer Ausnahme für die ablehnende Entscheidung schon keiner besonderen Begründung bedarf (vgl. zum Begriff des intendierten Ermessens insbesondere BVerwG, U.v. 5.7.1985 - 8 C 22/83 - BVerwGE 72, 1 ff., m.w. Nachw.).
30
Der Wille des Normgebers ist nicht nur den Vorgaben des § 10 Abs. 2 Satz 2 FZV i.V.m. Anlage 4 zur FZV zu entnehmen. Mit § 10 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 FZV, welcher die einheitliche Ausgestaltung für die Anbringung und Sichtbarkeit von hinteren Kennzeichen für Fahrzeuge gemäß europarechtlichen Vorgaben regelt (Typengenehmigung), wollte der Normgeber sicherstellen, dass bereits die hierfür vorgesehene Anbringungsstelle passend für ein vorschriftsmäßiges Kennzeichen ist, welches seinerseits gemäß den Vorgaben der Anlage 4 zur FZV einheitlich gestaltet ist. Der Halter wird folglich nur dann zu Veränderungen angehalten, wenn das vorschriftsmäßige Kennzeichen aufgrund der besonderen Bauart des Fahrzeugs nicht passt, was in der Regel bei außereuropäischen Importen - wie hier einem US-Fabrikat - der Fall sein wird. Nur wenn der hierfür erforderliche Aufwand unverhältnismäßig ist, (dann erst) besteht Raum für eine Ausnahmegenehmigung (so auch VG Koblenz, U.v. 15.5.2006 - 4 K 1442/05 - BeckRS 2006, 24440, beck-online).
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Mit diesen rechtlichen Vorgaben gehen im Übrigen auch die - das Gericht als Verwaltungsinterna nicht bindenden - Ausführungen des StMI in den Arbeitshinweisen vom 6. Februar 2018 konform, sodass deren Anwendung durch die Behörde nicht per se einen Ermessensfehlgebrauch indizieren kann.
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2.2. Vorliegend ist für die Anbringung eines vorderen Kennzeichens ausreichend Platz vorhanden, jedoch ermöglicht die Ausgestaltung der Anbringungsstelle für das hintere Kennzeichen am Heck des Fahrzeugs nicht die Anbringung eines vorschriftsmäßigen Kennzeichens. Denn der am Heck der Corvette vorgesehene Raum für die Anbringung eines amtlichen Kennzeichens befindet sich innerhalb einer Einbuchtung bzw. Vertiefung zwischen zwei Nebelschlussleuchten und beträgt maximal 320 mm auf 150 mm. Davon hat sich das Gericht durch Vorlage von Fotos vom Heck des Fahrzeugs des Klägers sowie den Ausführungen im Gutachten des TÜV ... vom 28. November 2014 überzeugen können.
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Auf Grund der Vorgaben über die bei der Erstellung eines Kennzeichens zu verwendende Schrift und die einzuhaltenden Mindestabstände (vgl. Abschnitt 1 Nr. 2.2.1 und 2.2.2 sowie Abschnitt 2 Nr. 1 und Nr. 2 der Anlage 4 zur FZV) kann weder ein einzeiliges noch ein zweizeiliges Kennzeichen in gängiger Größe - selbst unter Verwendung von Engschrift - angebracht werden, selbst wenn es neben dem Unterscheidungszeichen „HAS“ für den Landkreis H. eine Buchstaben-/Zahlenkombination aus nur einem Buchstaben und einer Zahl (Mindestanforderung) enthielte. Dieser Umstand ist zwischen den Beteiligten unstreitig und wurde zudem rechnerisch durch das Gericht nachgeprüft. Die theoretische Berechnung der kürzest und auch knappest möglichen Zusammensetzung anhand der Vorgaben der Anlage 4 zur FZV ergibt 346,5 mm für ein einzeiliges Kennzeichen und überschreitet den vorhandenen Raum.
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2.3. Nachdem die Anbringung eines vorschriftsmäßigen hinteren Kennzeichens nicht möglich ist, hat der Halter Veränderungen am Fahrzeug vorzunehmen, um eine Anbringung zu ermöglichen. Dies gilt nur dann nicht, wenn der hierfür erforderliche Aufwand unverhältnismäßig wäre, Abschnitt 1 Nr. 4 Satz 6 und Satz 7 der Anlage 4 zur FZV. Bei der Frage, ob ein Veränderungsaufwand unverhältnismäßig ist, muss sowohl der technische als auch der finanzielle Aufwand festgestellt und in Beziehung zum Zeitwert des Fahrzeugs gesetzt werden.
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Es ist unstrittig, dass eine Veränderung jedenfalls nicht unmöglich ist, da es verschiedene technische Möglichkeiten gibt, das Fahrzeug des Klägers so zu verändern, um die Anbringung eines vorschriftsmäßigen Kennzeichens zu ermöglichen.
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Entgegen der Auffassung des Klägers sind die vorzunehmenden technischen Veränderungen, welche die Anbringung eines vorschriftsmäßigen Kennzeichens ermöglichen, unter dem wirtschaftlichen Gesichtspunkt auch nicht unverhältnismäßig.
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Nach Äußerungen des TÜV ... (vgl. Bl. 24 der Behördenakte und Stellungnahme vom 17.9.2021) kann die vorhandene Aussparung für das hintere Kennzeichen mit Distanzstücken überbrückt und ein vorschriftsmäßiges Kennzeichen vor der Aussparung angebracht werden. Die dadurch verdeckte Nebelschlussleuchte kann funktionsunfähig gemacht und abgedeckt werden. Eine Nebelschlussleuchte kann an anderer Stelle entsprechend den Vorschriften der StVZO angebracht werden. Die Kosten für diesen Umbau werden seitens der Behörde mit ca. 300 EUR beziffert. Die Stellungnahme des TÜV ... kann hierbei nicht als Parteigutachten im zivilprozessualen Sinne gesehen werden, da es sich hierbei um einen amtlich anerkannten Sachverständigen handelt, dessen Zulassung strengen gesetzlichen Vorgaben unterliegt (vgl. auch Anlage VIIIb zur StVZO). Eine Befangenheit oder besondere Parteinahme zulasten des Klägers kann den Ausführungen des TÜV ... weder entnommen werden, noch ist sie dargelegt.
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Diesem Umbauvorschlag und seiner Kostenbemessung tritt der Kläger auch nicht substantiiert entgegen, sondern hält diesen Umbauvorschlag für untauglich, da dadurch der Originalzustand des Fahrzeuges verändert und die Corvette, welche nicht zuletzt auch ein Anlageobjekt sei, im Wert sinken würde; gleiches gelte für das Anbringen einer zusätzlichen Nebelschlussleuchte durch Anbohren des Hecks. Der Kläger wendet ein, er könne damit in Zukunft weder ein H-Kennzeichen beantragen noch das Fahrzeug zu vernünftigen Konditionen verkaufen, sodass aus seiner Sicht auch diese Wertminderung in die Kalkulation einzubeziehen sei. Eine den Belangen des Klägers entsprechende Umrüstung könne nur in dem Erwerb eines Ersatzheckteils (Kosten ca. 2.500 EUR) bestehen, welches entsprechend lackiert und umgebaut würde, während das Original-Heckteil eingelagert und bis zum Erreichen des Oldtimer-Alters von 30 Jahren aufbewahrt würde. Der hierdurch insgesamt verursachte finanzielle Aufwand stünde nach Ansicht des Klägers in keinem Verhältnis zum Zeitwert des Fahrzeugs.
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Diese Auffassung geht fehl, da sie Umstände miteinzubeziehen versucht, die jedoch außer Acht zu bleiben haben. Die Vorgaben des Normgebers sind ausschließlich darauf ausgerichtet, die Anbringung eines vorschriftsmäßigen Kennzeichens zu ermöglichen, welches dank der Erkennbarkeit und Sichtbarkeit des Kennzeichens und der damit möglichen Identifizierung des einzelnen Verkehrsteilnehmers den besonderen Interessen der Allgemeinheit im öffentlichen Straßenverkehr dient. Denn ein Fahrzeug darf nur dann auf öffentlichen Straßen in Betrieb gesetzt werden, wenn es zum Verkehr zugelassen ist (§ 3 Abs. 1 Satz 1 FZV), wobei die Zulassung selbst durch Zuteilung eines Kennzeichens erfolgt (§ 3 Abs. 1 Satz 3 FZV). Die Zulassung wird auf Antrag erteilt, wenn das Fahrzeug einem genehmigten Typ entspricht oder eine Einzelgenehmigung erteilt ist und eine dem Pflichtversicherungsgesetz entsprechende Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung besteht, § 3 Abs. 1 Satz 2 FZV. Optische oder ästhetische Gesichtspunkte bleiben bei der Frage der Zulassung eines Fahrzeugs außer Betracht, wie auch persönliche Präferenzen und eventuelle wirtschaftliche Interessen des Halters, die ihn zum Erwerb und zur Zulassung eines solchen Fahrzeugs bewegt haben könnten (z.B. das Fahrzeug als Anlageobjekt oder eine etwaige zukünftige Zulassung als Oldtimer). Folglich geht es auch ausweislich des klaren Wortlauts des Abschnitt 1 Nr. 4 Satz 6 und Satz 7 der Anlage 4 zur FZV bei den in Frage stehenden Umbaumaßnahmen (nur) darum, die Anbringung eines vorschriftsmäßigen Kennzeichens durch entsprechende Veränderungen am Fahrzeug zu ermöglichen. Erst wenn festgestellt ist, dass diese konkreten Veränderungen einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, kann eine Ausnahme genehmigt werden. Damit orientiert sich die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Kosten ausschließlich daran, was erforderlich ist, um die Anbringung eines Kennzeichens möglich zu machen, nicht jedoch, was dies ggf. für ästhetische Beeinträchtigungen oder mittelbare (Folge-)Kosten für den Halter des Fahrzeugs mit sich bringt.
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Selbst wenn bei der beklagtenseits vorgeschlagenen Umbaumaßnahme mit geschätzten Kosten i.H.v. 300 EUR zusätzliche Kosten für eine Einzelgenehmigung der nachgerüsteten Nebelschlussleuchte hinzukämen, ist es weder ersichtlich noch dargelegt, dass die Gesamtkosten mehr als 1.000 EUR betragen könnten. Damit stünden diese jedenfalls im Verhältnis zum derzeitigen Fahrzeugwert (laut Aussage des Klägers in der mündlichen Verhandlung ca. 20.000 bis 22.000 EUR). Ohne dass der vorliegende Fall Anlass bietet, allgemein festzulegen, ab welchem Anteil des Zeitwertes eines Fahrzeugs ein Veränderungsaufwand für die Anbringung eines vorschriftsmäßigen amtlichen Kennzeichens unverhältnismäßig erscheint, kann jedenfalls festgestellt werden, dass ein Aufwand in Höhe von etwa 1/20 des Zeitwertes keinesfalls unverhältnismäßig ist. Soweit der Kläger einwendet, er werde gezwungen, sein Fahrzeug unwiderruflich wertmindernd zu verändern, führt dies zu keiner anderen Beurteilung, da ihm als Halter eine aufwändigere bzw. teurere Umbaumaßnahme unbenommen bleibt. Dennoch muss sich die Frage der Verhältnismäßigkeit an der kostengünstigsten bzw. einfachsten Umbauvariante messen lassen, da es nur darauf ankommt, die Anbringung eines vorschriftsmäßigen Kennzeichens möglich zu machen.
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Unter diesen Voraussetzungen durfte die Beklagte die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung in Anlehnung an die normative Wertung des Abschnittes 1 Nr. 4 der Anlage 4 zur FZV ablehnen, ohne dass es weiterer Ermessenserwägungen bedurfte.
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Unbehelflich ist der Verweis des Klägers auf das Gutachten des TÜV ... vom 28. November 2014 und die dortige Feststellung des Sachverständigen, dass er die erforderlichen Ausnahmegenehmigungen - und nach Ansicht des Klägers damit auch eine Ausnahmegenehmigung für die Erteilung eines verkleinerten zweizeiligen Kennzeichens - befürworte. So handelt es sich bei dem vorgelegten Gutachten des TÜV ... nicht um ein Sachverständigengutachten i.S.d. Abschnitt 1 Nr. 4 Satz 6 der Anlage 4 zur FZV, sondern um ein Gutachten, das Stellung zu den festgestellten Ausnahmen und den jeweils erforderlichen Einzelgenehmigungen von den technischen Vorgaben der StVZO im Rahmen der Einzelzulassung nach § 21 StVZO nimmt. Zudem ist der im Gutachten festgestellte Umstand, dass die Fläche für die Anbringung eines Kennzeichens nicht den Vorgaben des § 10 Abs. 6 FZV entspricht, zwar zutreffend, aber nicht mit der vorliegend verfahrensgegenständlichen begehrten Ausnahme von den Vorgaben des § 10 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Anlage 4 zur FZV identisch. Diesbezüglich folgt der Sachverständige dem von ihm herangezogenen „Merkblatt für die Begutachtung von Fahrzeugen“ des Bundesministeriums für Verkehr vom 12. November 1998 (i.d.F. vom 26.3.2018, VkBl. 2018, 475), demnach im Gutachten anzugeben ist, wenn die Fläche der serienmäßigen Anbringungsstelle die in § 10 Abs. 6 Nr. 1 FZV i.V.m. VO(EU) 1003/2010 angegebenen Mindestabmessungen - wie hier - unterschreitet. Dieser Vermerk im Gutachten begründet ausweislich der Klarstellung im Merkblatt selbst keinen Rechtsanspruch auf Zuteilung eines entsprechenden Kennzeichens (vgl. VkBl 2018, 475 (482)).
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2.4. Es ist unerheblich, dass dem Vorbesitzer 2014 im Kreis Borkum (Unterscheidungszeichen BOR) im Bundesland Niedersachsen eine Ausnahmegenehmigung für ein verkleinertes zweizeiliges Kennzeichen für das verfahrensgegenständliche Fahrzeug genehmigt wurde. Nachdem die Ausnahmegenehmigung nicht vom Beklagten, sondern von der Behörde eines anderen Bundeslandes erteilt wurde, und der Begünstigte ein anderer als der Kläger gewesen ist, kann sich der Kläger weder auf Vertrauensschutz noch auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) berufen. Die behördliche Praxis von Zulassungsstellen in anderen Bundesländern kann den hiesigen Beklagten nicht binden. Es liegt in der Natur einer Ermessensentscheidung, dass verschiedene Behörden ihren Ermessensspielraum unterschiedlich ausfüllen (so auch VG Berlin, U.v. 18.11.2015 - 11 K 330.15 - juris, Rn. 16). Dies muss erst recht aufgrund des Föderalismusprinzips gelten (vgl. Art. 20 Abs. 1 GG).
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Eine etwaige Ungleichbehandlung innerhalb des Freistaates Bayern ist ebenso wenig ersichtlich oder dargelegt. So gibt es zur Vereinheitlichung der Handhabung der bayerischen Behörden die entsprechenden Arbeitshinweise des StMI vom 6. Februar 2018 (s.o.). Zu den vom Kläger im Verfahren benannten Kennzeichen, die für andere Fahrzeuge im Landkreis H. erteilt wurden, hat der Beklagte entsprechend Stellung genommen und ausgeführt, weshalb eine vergleichbare Situation mit der des Klägers nicht vorliegt. So handelte es sich einmal um einen Oldtimer, der aufgrund seiner besonderen Eigenschaft als fahrzeugtechnisches Kulturgut anders zu bewerten ist. Das andere benannte Kennzeichen war ein reguläres einzeiliges Kennzeichen, das aufgrund seiner Kürze (nur ein Buchstabe und eine Ziffer) als „verkürzt“ erschien. Soweit klägerseits ausgeführt wird, dass in anderen Landkreisen (Bamberg, Schweinfurt) eine andere Handhabe für verkürzte Kennzeichen möglich sei, ist dies dem Umstand geschuldet, dass die Unterscheidungszeichen für beide Landkreise nur aus zwei Buchstaben (BA bzw. SW) bestehen, was per se ein kürzeres (einzeiliges) Kennzeichen möglich macht.
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3. Daher konnte die Klage keinen Erfolg haben und war mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.