Inhalt

VG Würzburg, Urteil v. 21.03.2022 – W 8 K 21.1488
Titel:

Keine nachträgliche Zuweisung von Zahlungsansprüchen bei Antragstellung im Namen von anderen

Normenketten:
BayVwVfG Art. 21
VO (EU) 1307/2013 Art. 24, Art. 30, Art. 32 Abs. 1, Art. 41 Abs. 1, Art. 43 Abs. 1, Art. 50 Abs. 1
InVeKoSV § 21
Leitsätze:
1. Die Mitwirkung eines - unterstellt - befangenen Behördenmitarbeiters an der angegriffenen Entscheidung ist ohne Belang, wenn letztlich offensichtlich keine andere Entscheidung in der Sache hätte herauskommen können. (Rn. 51) (redaktioneller Leitsatz)
2. Einem Landwirt als Einzelperson stehen unter seiner eigenen Betriebsnummer keine landwirtschaftlichen Zahlungsansprüche und Direktzahlungen zu, wenn er - vermutlich aus finanziellen Erwägungen - versucht hat, über von ihm fingierte andere Antragsteller mit seiner Wohnanschrift an die Fördergelder zu kommen, und diese Anträge bestandskräftig abgelehnt wurden. (Rn. 66 – 70) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Mehrfachantrag für Direktzahlungen 2019, Erwerb von Zahlungsansprüchen, Aktivierung von Zahlungsansprüchen, fehlende Zuweisung von Zahlungsansprüchen im Jahr 2015, Beantragung von Betriebsnummer und Zahlungsansprüchen im Jahr 2015 ausdrücklich im Namen eines Anderen, keine Zahlungsansprüche im eigenen Namen, bestandskräftige Ablehnungsbescheide und rechtskräftige Gerichtsentscheidungen ab dem Jahr 2015, Ablehnung eines Sachbearbeiters bei Behörde, Direktzahlung, Mehrfachantrag, Zahlungsanspruch, Zuweisung, Antrag im Namen eines anderen, Ablehnung, Sachbearbeiter, Befangenheit
Fundstelle:
BeckRS 2022, 7246

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt vom Beklagten (vertreten durch die Staatliche Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - FüAk) die nachträgliche Zuweisung von Zahlungsansprüchen für einen Mehrfachantrag sowie in der Folge die Auszahlung von Direktzahlungen für das Jahr 2019.
I.
2
Der Kläger stellte am 27. Februar 2015 beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Karlstadt unter Angabe der … als Antragsteller einen Antrag auf Zuteilung einer Betriebsnummer. Gleichzeitig stellte der Kläger weiter - ohne Angabe einer Betriebsnummer - unter Angabe von … als Antragsteller einen Antrag auf Förderung von Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen. Am 13. Mai 2015 reichte der Kläger - ohne Angabe einer Betriebsnummer - unter Angabe … … als Antragsteller einen Mehrfachantrag ein. Als Rechtsform des Antragstellers gab der Kläger jeweils „Privatperson“ bzw. „Privatunternehmen“ an. Die Anträge wurden mit Bescheid des AELF Karlstadt vom 21. Januar 2016 abgelehnt. Dagegen legte … Widerspruch ein. Laut einem Aktenvermerk der FüAk vom 24. März 2016 erklärte der Kläger telefonisch, dass es sich bei … um eine Privatperson („türkischer Händler“) handele. Er, der Kläger, habe seine schlechten und nicht marktfähigen Flächen nur deshalb damals an die … übergeben, damit er Rente erhalte. Er, der Kläger, selbst bewirtschafte aber die Flächen weiter. Mit Widerspruchsbescheid vom 20. April 2016 wies die FüAK den Widerspruch zurück.
3
Am 17. Mai 2016 erhob der Kläger im Namen von Herrn „A* … S* …“ für diesen Klage gegen den Bescheid vom 21. Januar 2016 mit dem Hinweis, dass vorrangig Prozesskostenhilfe beantragt werde. Die FüAk wies mit Schreiben vom 6. Juni 2016 an das Verwaltungsgericht Würzburg darauf hin, dass der Name A* … S* … weder im Antragsverfahren noch im Laufe des Widerspruchsverfahrens aufgetaucht sei. Mit Beschluss (nicht: Urteil) vom 27. Juli 2016 lehnte die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Würzburg im Verfahren W 3 K 16.513 den Antrag auf Gewährung der Prozesskostenhilfe ab, wobei es neben dem fehlenden Nachweis der Bedürftigkeit auch auf Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage hinwies. Weiter teilte das Verwaltungsgericht mit Schreiben an die Beteiligten vom 24. August 2016 mit, dass die Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrags rechtskräftig sei. Das Verfahren sei abgeschlossen. Es habe sich um eine bedingt erhobene Klage gehandelt.
4
Am 13. Mai 2016 stellte der Kläger - ohne Angabe einer Betriebsnummer -unter Benennung von A* … S* … als Antragsteller und unter derselben Anschrift wie … einen Mehrfachantrag beim AELF für das Jahr 2016. Mit Bescheid des AELF Karlstadt vom 4. Januar 2017 wurden die mit Mehrfachantrag von 2016 beantragten Maßnahmen abgelehnt. Eine Zustellung an den Antragsteller A* … S* … erfolgte nicht, da der Adressat unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln war. Mit Schriftsatz vom 7. April 2017, eingegangen am 10. April 2017, erhob der Kläger im eigenen Namen Klage und beantragte, das AELF habe die erforderliche Beratung zu leisten, ihm alle erforderlichen Anträge vollständig auszuhändigen und die Anträge anzunehmen. Das VG Würzburg lehnte die Klage mit Urteil vom 12. März 2018 (W 8 K 17.372 - juris) ab. In den Gründen des Urteils ist unter anderem ausgeführt, dass der Bescheid des AELF vom 21. Januar 2016 betreffend das Jahr 2015 bestandskräftig und die Abgabefrist für die Mehrfachanträge 2015 und 2016 mittlerweile jeweils abgelaufen sei.
5
Mit Beschluss vom 12. Juni 2017 (W 8 E 17.477 - juris) lehnte das Verwaltungsgericht Würzburg des Weiteren einen Eilantrag der Ehefrau des Klägers - bezogen auf das AELF Karlstadt - auf Aushändigung aller erforderlichen Unterlagen für eine Mehrfachantragstellung und Zuteilung der Betriebsnummer sowie entsprechende Beratung ab. Eine dagegen eingelegte Beschwerde verwarf der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 16. August 2017 (13a CE 17.1326). Eine in die gleiche Richtung zielende Klage des Klägers im eigenen Namen wies das VG Würzburg mit Urteil vom 12. März 2018 (W 8 K 17.519 - juris) zurück.
6
Mit Antrag vom 7. Juni 2017, beim AELF eingegangen am 8. Juni 2017, stellte der Kläger unter der von ihm gewählten Bezeichnung Geschäftsführer („Gf.“) der … - unter Angabe der ihm zugeteilten Betriebsnummer … - einen Mehrfachantrag für das Jahr 2017. Das AELF lehnte den Mehrfachantrag 2017 mit Bescheid vom 9. April 2018 ab. Die FüAk wies den dagegen eingelegten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30. August 2018 zurück. Die Bescheide wurden nicht gerichtlich angefochten.
7
Eine bei Gericht am 16. März 2018 eingegangene Klage der Ehefrau des Klägers - mit Verweis auf die Mehrfachanträge für die Jahre 2015, 2016 und 2017 - mit dem Antrag, das AELF habe die erforderliche Beratung zu leisten, ihm alle erforderlichen Anträge vollständig auszuhändigen und die Anträge anzunehmen, wies das VG Würzburg mit Urteil vom 3. Dezember 2018 (W 8 K 18.351 - juris) zurück.
8
Für das Jahr 2018 erfolgte keine Mehrfachantragstellung - weder durch den Kläger im eigenen Namen noch als Vertreter im fremden Namen. Der Kläger hatte die vom AELF vorgeschlagenen Beratungstermine nicht wahrgenommen. Er wurde seitens des AELF auf die erforderliche elektronische Antragstellung hingewiesen. Eine Antragstellung des Klägers für seine Frau mit deren Vollmacht über den Bauernverband scheiterte wegen fehlender Unterlagen zur Prüfung der Antragsberechtigung. Eine Klage des Klägers auf Übermittlung der Daten für den Mehrfachantrag an den Bauernverband wies das Verwaltungsgericht Würzburg mit Urteil vom 3. Dezember 2018 zurück (W 8 K 18.1019 - juris).
9
Mit weiterem Urteil vom 3. Dezember 2018 (W 8 K 18.1274 - juris) wies das Verwaltungsgericht Würzburg eine Klage des Klägers auf Auszahlung von ihm bescheidsmäßig gewährten landwirtschaftlichen Fördergeldern ab, weil das AELF die klägerischen Forderungen zulässiger Weise mit Gegenforderungen (bestandskräftig festgesetzten Rückforderungsbeträgen) aufgerechnet hatte.
10
Am 15. Mai 2019 stellte der Kläger im eigenen Namen unter Angabe der ihm zugeteilten Betriebsnummer … einen Mehrfachantrag für das Jahr 2019 (Online-Antragstellung).
II.
11
Mit Fax vom 31. Mai 2019, bei Gericht eingegangen am 1. Juni 2019, erhob der Kläger im Verfahren W 8 K 19.660 Klage gegen den Beklagten und beantragte,
1.
Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Karstadt hat die vorhandenen Zahlungsansprüche für den beantragten Mehrfachantrag für 2019 zu übertragen.
2.
Der Sachbearbeiter Herr B* … ist aufgrund seines Verhaltens von der Antragsbearbeitung zu entbinden.
12
Zur Begründung führte der Kläger im Wesentlichen aus: Vom Landwirtschaftsministerium habe er die Nachricht erhalten, er müsse 2015 einen Antrag stellen, um seine Zahlungsansprüche zu erhalten. Termin 15. Mai 2015. Am 27. Februar 2015 sei er im Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten erschienen. Der Sachbearbeiter Herr B* … habe ihn in seiner Amtsstube angebrüllt. Danach habe er einen verlangten Antrag in der Diele auf den Tisch geworfen. Er, der Kläger, habe eine Beratung verlangt und das Amtszimmer betreten. Herr B* … sei aufgesprungen und habe ihm angedroht, ihn hinauszuschmeißen. Eine Beratung sei nicht erreichbar gewesen. Er, der Kläger, habe einen Antrag ausgefüllt. Herr B* … habe die Annahme abgelehnt. Der Antrag sei dann einen Stock tiefer abgegeben worden mit Eingangsbestätigung 13. Mai 2015. Aufgrund der nicht geleisteten Beratung könnten Punkte offen sein. Der Antrag für 2019 sei ordnungsgemäß über den Bauernverband eingereicht worden.
13
Der Sachbearbeiter Herr B* … teilte auf telefonische Nachfrage der Rechtsantragstelle des Gerichts am 3. Juni 2019 mit, dass der Antrag für 2019 erst eingereicht und ein Bescheid noch nicht erlassen sei.
14
Mit Fax vom 7. Juni 2019 brachte der Kläger weiter vor, der Streitwert betrage 3,5 x 350,00 EUR = 1.225,00 EUR.
15
Mit Schriftsatz vom 5. Juli 2019 teilte der Beklagte hinsichtlich des Streitwerts mit, dass der Kläger nach seinen Unterlagen im Jahr 2015 eine förderfähige landwirtschaftliche Fläche von 3,37 ha in der Feldstückliste angegeben habe. Der Wert eines Zahlungsanspruchs betrage im Jahr 2015 in der Region Bayern einheitlich ca. 189,00 EUR/ha, die Greeningprämie ca. 88,00 EUR/ha und die Umverteilungsprämie ca. 50,00 EUR/ha. Die auf Zahlungsansprüche basierenden Direktzahlungen ergäben in der Summe einen Wert von rund 327,00 EUR/ha. 337 ha x 327,00 EUR/ha seien 1.001,99 EUR im Jahr. Nachdem für den Kläger im Jahr 2015 keine Zahlungsansprüche zugewiesen worden seien, habe der Kläger, jeweils eine ordnungsgemäße Mehrfachantragstellung vorausgesetzt, auch für spätere Jahre keine Direktzahlungen erhalten können.
16
Mit Schriftsatz vom 29. August 2019 beantragte der Beklagte:
17
Die Klage wird abgewiesen.
18
Zur Begründung der Klageerwiderung führte der Beklagte im Wesentlichen aus: Der Kläger begehre, die - wie behauptet - „vorhandenen“ Zahlungsansprüche (ZA) für den eingereichten Mehrfachantrag (MFA) für 2019 zu übertragen. Ein Bescheid sei noch nicht ergangen. Eine Anfechtungsklage sei nicht statthaft. Der Kläger gehe davon aus, dass ihm Zahlungsansprüche aus den Jahren vor 2015 oder Zahlungsansprüche, die von ihm im Jahr 2015 beantragt worden seien, als Grundlage für eine Auszahlung des Förderjahres 2019 zur Verfügung stünden. Betreffend die Jahre vor 2015 hätten alle Zahlungsansprüche ihre Gültigkeit verloren. Die Zahlungsansprüche hätten neu beantragt werden müssen. Ab dem Jahre 2015 seien Zahlungsansprüche nach Beantragung und Bewilligung per Bescheid durch die Ämter für Ernährung Landwirtschaft und Forsten (AELF) zunächst gemäß Art. 24 bzw. Art. 30 VO (EU) 1307/2013 zugewiesen worden. Daraufhin werde gemäß Art. 32 Abs. 1 VO (EU) 1307/2013 eine Stützung gewährt, sofern und soweit Zahlungsansprüche für Direktzahlungen mit beihilfefähiger Fläche aktiviert würden. Diese dienten dann jährlich als Grundlage für die weitere Gewährung einer Stütze. Im Jahr 2015 sei der Kläger nicht Antragsteller gewesen, sondern die „…“. Alle im Jahr 2015 gestellten Anträge seien aufgrund eines unvollständigen Antrags bzw. fehlender Antragsberechtigung und fehlender Nachweise abgelehnt worden. Der Ablehnungsbescheid in Form des Widerspruchsbescheids vom 20. April 2016 sei bestandskräftig geworden. Im Jahr 2016 habe der Kläger unter den Namen „A* … S* …“ und im Jahr 2017 wieder unter dem Namen „…“ einen Mehrfachantrag gestellt. Auch diese Anträge seien abgelehnt worden. In den Jahren 2016 und 2017 sei nicht die Zuweisung von Zahlungsansprüchen beantragt worden, sondern lediglich die Aktivierung vorhandener Zahlungsansprüche. Für das Förderjahr 2018 sei es nicht zu einem Mehrfachantrag gekommen. Die Ehefrau habe die verpflichtende Online-Antragstellung nicht abwickeln können. Somit seien aus den Jahren 2015-2018 und aus den Jahren davor keine Zahlungsansprüche vorhanden, auf Basis derer Direktzahlungen hätten gewährt oder von den jeweiligen Antragstellern hätten übertragen werden können. Auf die sich mit den Jahren 2015 bis 2018 befassenden Urteile des VG Würzburg werde Bezug genommen.
19
Das Verwaltungsgericht Würzburg setzte das Verfahren W 8 K 19.660 mit Beschluss vom 16. September 2019 bis 31. Januar 2020 aus, weil er ein zureichender Grund im Sinne des 75 Abs. 3 VwGO zu bejahen war, um den Beklagten Gelegenheit zu geben, über den Förderantrag des Klägers wie auch über alle anderen Mehrfachanträge nach dem üblichen Prozedere zentral bis Ende 2019 zu entscheiden und die Bescheide Anfang 2020 zu versenden.
III.
20
Mit Bescheid vom 10. Dezember 2019 lehnte das AELF Karlstadt den Antrag des Klägers für das Jahr 2019 vom 15. Mai 2019 ab. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger verfüge nicht über die entsprechenden Zahlungsansprüche. Gemäß Art. 32 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1307/2013 i.V.m. § 21 der InVeKoSV seien entsprechende Zahlungsansprüche Voraussetzung für den Erhalt der Basisprämie. Die Gewährung der Greeningprämie, der Umverteilungsprämie sowie die Zahlung für Junglandwirte setzten nach Art. 43 Abs. 1, Art. 41 Abs. 1, Art. 50 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1307/2013 ein Anrecht auf die Basisprämie voraus. Der Antrag auf Direktzahlungen werde deshalb abgelehnt.
21
Der Kläger legte am 6. April 2020 Widerspruch ein.
22
Mit Schriftsatz vom 12. Mai 2021 teilte die FüAk dem Gericht im Verfahren W 8 K 19.660 mit, dass nach förmlicher Zustellung des Bescheides vom 10. Dezember 2019 form- und fristgerecht Widerspruch eingelegt worden sei. Die beantragten Direktzahlungen seien abgelehnt worden, weil der Kläger nicht über Zahlungsansprüche verfüge. Der Kläger verweise zur Begründung im Wesentlichen auf die Antragssituation 2015 bezüglich der Erstzuteilung von Zahlungsansprüchen. Für dieses Jahr liege kein Antrag des Klägers auf Zuteilung von Zahlungsansprüchen vor. Der Mehrfachantrag 2015 inklusive des Antrags auf Zuweisung von Zahlungsansprüchen sei von der „…“ gestellt und bestandskräftig abgelehnt worden.
23
Mit Schriftsatz vom 9. Juni 2021 teilte die FüAk dem Gericht im Verfahren W 8 K 19.660 mit, dass vom Kläger für das Verpflichtungsjahr 2020 kein Mehrfachantrag gestellt worden sei. Der Kläger habe mitgeteilt, dass er keinen Mehrfachantrag stellen wolle, weil er für das Jahr 2019 keine Auszahlung der Direktzahlungen bekommen habe. Er sei auch darüber informiert worden, dass er eine Mehrfachantragstellung, abgesehen von der Ausgleichszulage, (relativ) wenig Sinn mache, wenn er keine Zahlungsansprüche habe. Der Kläger möchte sich auch keine Zahlungsansprüche kaufen. Er möchte kein Geld für die Mehrfachantragstellungerfassung durch den Bayerischen Bauernverband bezahlen, wenn er hinterher keine Fördergelder bekomme. Der Kläger habe für das Jahr 2019 AGZ (Ausgleichszulage) bekommen. Auch für das Jahr 2021 sei seitens des Klägers kein Mehrfachantrag eingereicht worden.
24
Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2021 wies die FüAk den Widerspruch zurück. In den Gründen ist im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe am 15. Juni 2021 zur angekündigten Zurückweisung des Widerspruchs Stellung genommen. Dabei habe er vorgetragen, dass der Mehrfachantrag 2015 im Namen der … nur erfolgt sei, um nachweisen zu können, dass er, der Kläger am AELF Karlstadt vorstellig gewesen sei. Bei dem Namen „…“ würde es sich um einen türkischen Bekannten handeln, der ihm Schafe abgekauft habe. Er, der Kläger, selbst habe Schulden und die Fördergelder kämen wegen verschiedener Pfändungsbeschlüsse nicht bei ihm an. Der Kläger sei durch den Ablehnungsbescheid vom 10. Dezember 2019 nicht in seinen Rechten verletzt. Gemäß Art. 32 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1307/2013 i.V.m. § 21 der InVeKoSV seien entsprechende Zahlungsansprüche Voraussetzung für den Erhalt der Basisprämie. Die Gewährung der Greeningprämie, der Umverteilungsprämie sowie die Zahlung für Junglandwirte setzten nach Art. 43 Abs. 1, Art. 41 Abs. 1, Art. 50 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1307/2013 ein Anrecht auf Basisprämie voraus. Der Kläger habe jedoch die Basisprämie durch Aktivierung von Zahlungsansprüchen beantragt, ohne über entsprechende Zahlungsansprüche (ZA) zu verfügen. Dabei gehe der Kläger davon aus, dass ihm Zahlungsansprüche aus dem Jahr 2015 oder Zahlungsansprüche, die im Jahr 2015 unter „… c/o T* …“ beantragt worden seien, unter Umständen als Grundlage für eine Auszahlung des Förderjahrs 2019 zustehen würden. Betreffend die Jahre vor 2015 hätten alle früheren Zahlungsansprüche im Zuge der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik 2015 (GAP-Reform) am 31. Dezember 2014 ihre Gültigkeit verloren. Sie hätten für das Förderjahr 2015 neu beantragt werden müssen. Grundsätzlich würden ab dem Jahr 2015 Zahlungsansprüche nach Beantragung und Bewilligung per Bescheid durch die Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) zunächst gemäß Art. 24 bzw. Art. 30 VO (EU) Nr. 1307/2013 zugewiesen. Daraufhin werde gemäß Art. 32 Abs. 1 der VO (EU) Nr. 1307/2013 den Betriebsinhabern eine Stützung gewährt, sofern und soweit Zahlungsansprüche für Direktzahlungen mit beihilfefähiger Fläche aktiviert würden. Wenn die Zahlungsansprüche einmal aktiviert worden seien, dienten diese jährlich als Grundlage für die Gewährung einer Stütze. Im Jahr 2015 sei der Kläger aber nicht als natürliche Person bei der Mehrfachantragstellung als Antragsteller aufgetreten, sondern die „…- …, deren Rechtsfähigkeit bis heute nicht geklärt sei. Vermutlich wegen finanzieller Erwägungen habe der Kläger versucht, über einen von ihm fingierten (anderen) Antragsteller mit seiner (des Klägers) Wohnanschrift an die Fördergelder zu kommen. Im Nachhinein sei die Antragstellung unter „Elit-Urprodukte“ vom Kläger nur als Nachweis für seine fristgerechte Anwesenheit am AELF dargestellt worden. Tatsächlich habe der Kläger bereits am 27. Februar 2015 beim AELF Karlstadt im Namen von „…“ einen Antrag auf Zuteilung einer Betriebsnummer gestellt. In Nr. 1 des Antrags sei als Rechtsform „Privatunternehmen“ angegeben worden. Zugleich habe der Kläger am 27. Februar 2015 beim AELF Karlstadt im Namen von „…“ die Förderung von Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen nach dem Kulturlandschaftsprogramm beantragt. Entsprechend sei das weitere Antragsverfahren abgelaufen. Auch bei dem anschließenden Widerspruchsverfahren sei die „…“ mit dem Geschäftsführer R* … T* … als Widerspruchsführer aufgetreten. Der Kläger selbst habe auf dem Widerspruchsschreiben vom 8. Februar 2016 angegeben „…Gf. R* … T* …“. Mit Bescheid des AELF Karlstadt vom 21. Januar 2016 in Form des Widerspruchsbescheids der FüAk vom 20. April 2016 seien alle im Jahr 2015 gestellten Anträge aufgrund eines unvollständigen Antrags bzw. fehlender Nachweise und damit fehlender Antragsberechtigung abgelehnt worden. Trotz mehrmaliger Aufforderung sei nicht belegt worden, ob die „…“ rechtsfähig sei bzw. welche Rechtsform diese überhaupt aufweise. Auch die im Rahmen des Art. 12, 79 BayVwfG erforderliche Legitimation des Klägers als gesetzlicher Vertreter der „…“ sei nicht erbracht worden. Der Ablehnungsbescheid in Form des Widerspruchsbescheides vom 20. April 2016 sei nicht vom Kläger angefochten worden und sei damit bestandskräftig geworden (siehe auch die Feststellung zur Verfristung der ZA-Beantragung im Urteil des VG Würzburg vom 12.3.2018, W 8 K 17.372). Damit bestehe bezüglich der bestandskräftig abgelehnten Zuweisung von Zahlungsansprüchen für das Jahr 2015 kein Rechtsschutzbedürfnis mehr. Der Kläger habe im Jahr 2015 (auch schon zeitlich vor der Mehrfachantragstellung 2015) nicht selbst als Antragsteller in Erscheinung treten wollen und habe daher bewusst unter dem Kunstnamen „…Gf. R* … T* …“ verschiedene Anträge gestellt bzw. nach deren Ablehnung auch Widerspruch erhoben.
IV.
25
1. Am 16. August 2021 erhob der Kläger aufgrund der unzutreffenden Rechtsbehelfsbelehrungim Widerspruchsbescheid Klage beim Verwaltungsgericht Ansbach.
26
Mit Beschluss vom 12. November 2021 erklärte sich das Verwaltungsgericht Ansbach (AN 14 K 21.01508) für örtlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Würzburg, bei dem das Verfahren unter dem Aktenzeichen W 8 K 21.1488 aufgenommen wurde.
27
Das Verwaltungsgericht Würzburg teilte den Beteiligten mit Schreiben vom 24. November 2021 mit, dass es das mit Beschluss vom 16. September 2019 befristet ausgesetzte Verfahren W 8 K 19.660 unter Einbeziehung der vom Verwaltungsgericht Ansbach verwiesenen Klage gemeinsamen unter dem Aktenzeichen W 8 K 21.1488 fortführe.
28
Der Kläger beantragte in dem am 16. August 2021 beim Verwaltungsgericht Ansbach eingegangenen Schriftsatz,
die bestehende Betriebsnummer mit den Zahlungsansprüchen zu verwenden.
29
Zur Begründung führte der Kläger im Wesentlichen aus: Er habe vor Jahren einen landwirtschaftlichen Betrieb im AELF angemeldet. Dieser sei unter der Nummer 6771480991 geführt worden. Ihm sei vom Ministerium mitgeteilt worden, dass er vor dem 15. Mai 2015 im AELF einen entsprechenden Antrag stellen müsse, um seine Ansprüche aufrechtzuerhalten. Da er am 27. Februar 2015 falsch beraten worden sei, er müsse eine Betriebsnummer neu beantragen, habe ihm das Ministerium geraten nun mit einem Zeugen das AELF aufzusuchen. Seine Betriebsnummer sei dem AELF bekannt gewesen. Er sei im AELF von Herrn B* … mit dem Gerichtsvollzieher bedroht worden. Ihm sei von Herrn B* … die Aushändigung des Antrags verweigert worden. Er, der Kläger, habe ihn, den Mitarbeiter, darauf hingewiesen, dass er verpflichtet sei, ihnen einen Antrag zu geben. Der Mitarbeiter sei dem nachgekommen und habe den Antrag in der Diele auf den Tisch geworfen, aber nicht vollständig. Da Fragen aufgetreten seien, hätten sie die Amtsstube von Herrn B* … betreten. Herr B* … sei aufgesprungen und habe geschrien, ihn hinauszuschmeißen. Eine Beratung sei nicht möglich gewesen. Der hingeworfene Antrag sei von Herrn B* … nicht angenommen worden. Der Antrag sei mit irgendeinem Namen versehen worden und habe zum Beweis seiner, des Klägers, Anwesenheit am 13. Mai 2015 gedient. Der Antrag sei im Amt ein Stock tiefer einer Frau R* … aufgedrängt worden. Er habe einen Strafantrag gegen Herrn B* … gestellt, weil dieser ihn „Lügner“ genannt habe. Eine Beschwerde beim Vorgesetzten sei ohne Erfolg geblieben. Der Vorgesetzte habe empfohlen, Zahlungsansprüche zu kaufen. Dies habe gezeugt, dass er sich der Sache nicht angenommen habe, da eine Betriebsnummer bestanden habe und die Zahlungsansprüche am 13. Mai 2015 ins Leben hätten gerufen werden können.
30
Mit Schriftsatz vom 30. Januar 2022 beantragte der Kläger:
1. Auf Grund der Zugangsbeschränkung ist das Verfahren in schriftlicher Form durchzuführen.
2. Die Betriebs-Nr. … … … ist ab 2015 in Kraft zu setzen.
31
Zur Begründung brachte der Kläger im Wesentlichen wiederholend vor: Er sei 2015 auf Anweisung des Ministeriums im AELF Karlstadt gewesen und habe seine Zahlungsansprüche geltend gemacht. Der zuständige Herr B … habe die Überreichung eines Antrags verweigert. Hernach habe Herr B* … einen unvollständigen Antrag auf den Tisch geworfen. Er habe gedroht und gebrüllt. Eine Beratung sei nicht zu erhalten gewesen. Auch die Annahme des Antrags sei verweigert worden. Herr B* … habe ihn als Lügner bezeichnet. Dessen Vorgesetzter habe vorgeschlagen, der Kläger solle sich Zahlungsansprüche kaufen, obwohl er diese angemeldet gehabt habe.
32
2. Die FüAk beantragte mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2021 für den Beklagten:
33
Die Klage wird abgewiesen.
34
Der streitgegenständliche Ablehnungsbescheid vom 10. Dezember 2019 sei erstmalig am 7. Januar 2020 an den Kläger versandt worden und an ihn am 2. April 2020 mit Postzustellungsurkunde erneut zugestellt worden, nachdem dieser den Erhalt des bereits versandten Ablehnungsbescheides bestritten habe. Der Kläger habe im Zuge der Widerspruchseinlegung bzw. der Klageerhebung bezüglich der Ablehnung der Gewährung von Direktzahlungen für das Verpflichtungsjahr 2019 bereits wiederholt verwaltungsgerichtlich überprüfte Sachverhalte vorgetragen. Er gebe das für die Zuweisung von Zahlungsansprüchen wichtige Antragsgeschehen im Jahr 2015 verkürzt wieder, indem er vortrage, dass er den nicht im eigenen, sondern für die „…“, als deren Geschäftsführer er aufgetreten sei, eingereichten Mehrfachantrag, nur habe stellen wollen, um beweisen zu können, dass er tatsächlich fristgerecht am AELF Karlstadt erschienen gewesen sei. Eine weitergehende Beratung sei ihm dann verwehrt worden. Das im Vorfeld stattgefundene Verfahren zur Prüfung der Antragsberechtigung der … sei dabei vollkommen unterschlagen worden. Bis heute lägen die mündlich und schriftlich angeforderten Informationen zu diesem undefinierten Betriebsinhaber nicht vor. Daher seien die Widersprüche gegen die Ablehnung der Mehrfachantragstellung 2015 (einschließlich des Antrags auf Zuteilung von Zahlungsansprüchen) von der FüAk bereits am 20. April 2016 zurückgewiesen worden. Die hiergegen beim Verwaltungsgericht Würzburg erhobene Klage sei bedingt gestellt worden für den Fall, dass Prozesskostenhilfe gewährt werde. Der Prozesskostenhilfeantrag sei mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 27. Juli 2016 rechtskräftig abgelehnt worden (Az.: W 3 K 16.513). Des Weiteren werde auf die Ausführungen im Urteil des VG Würzburg vom 12. März 2018 mit Aktenzeichen W 8 K 17.372 verwiesen. In diesem Urteil werde bestätigt, dass der ablehnende Bescheid des AELF vom 21. Januar 2016 in Form des Widerspruchsbescheids der FüAk vom 20. April 2016 bestandskräftig sei. Nachdem der Kläger daher nach wie vor über keine Zahlungsansprüche verfüge und auch keine erworben habe, hätten ihm auch für das Jahr 2019 keine Direktzahlungen durch das AELF Karlstadt gewährt werden können. Gemäß Art. 32 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1307/2013 i.V.m. § 21 der Verordnung über die Durchführung von Stützungsregelungen und des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems (InVeKoSV) seien entsprechende Zahlungsansprüche Voraussetzung für den Erhalt der Basisprämie.
35
In der mündlichen Verhandlung am 21. März 2022 war von den Beteiligten - wie von ihnen selbst angekündigt - niemand erschienen.
36
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akten der Verfahren W 3 K 16.513, W 8 K 17.372, W 8 E 17.477, W 8 K 18.351, W 8 K 17.519, W 8 K 18.1019, W 8 K 18.1274 und W 8 K 19.660) sowie die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

37
Das Gericht konnte über die Klage entscheiden, obwohl von den Beteiligten niemand in der mündlichen Verhandlung erschienen war (§ 102 Abs. 2 VwGO). Die Beteiligten sind in der Ladung auf diese Möglichkeit der Entscheidung hingewiesen worden. Sie haben gleichwohl jeweils an der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung verzichtet.
38
Die Beteiligten haben keinen Anspruch auf Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, auch wenn beide Beteiligte damit einverstanden sind, weil das Gericht nicht verpflichtet ist, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, da das Absehen von der mündlichen Verhandlung im Ermessen steht (Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl. 2021, § 101 Rn. 5).
39
Bei verständiger und interessengeleiteter Würdigung des Vorbringens des anwaltlich nicht vertretenen Klägers (§ 88 VwGO) geht es ihm um die nachträgliche Aktivierung bzw. Zuweisung von Zahlungsansprüchen für einen Mehrfachantrag unter seiner eigenen Betriebsnummer sowie in der Folge die Auszahlung von Direktzahlungen für das Förderjahr 2019. Er begehrt damit in der Sache die Aufhebung des Bescheides des Amtes für Ernährung und Landwirtschaft und Forsten (AELF) Karlstadt vom 10. Dezember 2019 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Staatlichen Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (FüAk) vom 26. Juli 2021 und die Verpflichtung des Beklagten, Zahlungsansprüche für den Mehrfachantrag betreffend das Jahr 2019 zu aktivieren und ihm die beantragten Direktzahlungen in Höhe von 1.001,99 EUR zu gewähren.
40
Die weiter beantragte Ablehnung des Sachbearbeiters ist kein zulässigerweise gesondert anfechtbarer Streitgegenstand, sondern inzident zu prüfen.
41
Die so verstandene Klage ist zulässig, aber unbegründet.
42
Die zunächst als Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO erhobene Klage war ausgehend vom Antrag am 15. Mai 2019 bei der Behörde verfrüht, da bei Klageerhebung am 1. Juni 2019 noch keine drei Monate verstrichen (§ 75 S. 2 VwGO) waren. Mittlerweile sind weit über drei Monate verstrichen.
43
Darüber hinaus wurde das Verfahren wegen Vorliegens eines zureichenden Grundes mit Beschluss vom 16. September 2019 (W 8 K 19.660) ausgesetzt (§ 75 S. 3 VwGO). Das Verfahren wurde nach Erlass der streitgegenständlichen Bescheide fortgesetzt und unter dem Aktenzeichen W 8 K 21.1488 geführt.
44
Die Klage ist nunmehr als Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage (§ 42 Abs. 1 Halbs. 2 Alt. 1 VwGO) statthaft und auch im Übrigen zulässig.
45
Die beantragte Ablehnung des Sachbearbeiters ist kein gesonderter Streitgegenstand, sondern inzident im vorliegenden Verfahren gegen die Sachentscheidung geltend zu machen (§ 44a Satz 1 VwGO; Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 22. Aufl. 2021, § 21 Rn. 23).
46
Die zulässige Klage ist jedoch unbegründet, weil der streitgegenständliche Bescheid des AELF vom 10. Dezember 2019 und der Widerspruchsbescheid der FüAk vom 26. Juli 2021 rechtmäßig sind und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrten Zahlungsansprüche und Direktzahlungen für das Jahr 2019 (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
47
Die streitgegenständlichen Bescheide sind formell rechtmäßig.
48
Insbesondere liegt kein beachtlicher Verstoß gegen Art. 21 BayVwVfG vor.
49
Eine Befangenheit nach Art. 21 BayVwVfG ist schon nicht glaubhaft gemacht, weil unklar ist, ob und inwieweit Herr B* … an der Entscheidung (Ausgangsbescheid vom 10.12.2019) mitgewirkt hat. Immerhin hat er das Vorlage- und Nichtabhilfeschreiben an die FüAk unterschrieben und ist auch gegenüber dem Gericht aufgetreten. Der Kläger hat weiter nicht vorgebracht, dass er seine Gründe für eine Besorgnis der Befangenheit überhaupt unverzüglich gegenüber der Behörde geltend gemacht (Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 22. Aufl. 2021, § 21 Rn. 4).
50
Allerdings ist aus den früheren - im Tatbestand aufgeführten behördlichen und gerichtlichen Verfahren - gerichtsbekannt, dass der Kläger dem einen Behördenmitarbeiter äußerst kritisch und ablehnend gegenübersteht bis hin zu einer gestellten Strafanzeige.
51
Aber selbst, wenn man die Mitwirkung eines befangenen Mitarbeiters - bezogen auf das Förderjahr 2019 - zugunsten des Klägers unterstellen wollte, wäre dies im Ergebnis ohne Belang, weil letztlich offensichtlich keine andere Entscheidung in der Sache hätte herauskommen können, da über die in den Jahren 2015 bis 2017 erfolgten Vorgänge schon rechtskräftig entschieden wurde. Betreffende behördliche Entscheidungen zur Ablehnung der Zuteilung von Zahlungsansprüchen im Jahr 2015 als Grundvoraussetzung für die nunmehr begehrten streitgegenständlichen Direktzahlungen für das Jahr 2019 sind bestandskräftig (siehe im Einzelnen nachfolgend).
52
Nach Art. 46 BayVwVfG wäre ein eventueller Mangel unbeachtlich, weil hier nicht die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Verfahrensfehler die angegriffene Entscheidung anders ausgefallen wäre (Heßhaus in BeckOK VwVfG, Bader/Ronellenfitsch, 54. Ed. Stand: 01.01.2022, § 21 Rn. 17; Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 22. Aufl. 2021, § 21 Rn. 28). Die Mitwirkung eines Amtsträgers, bei dem Befangenheit zu besorgen war, ist nach Art. 46 BayVwVfG unbeachtlich, wenn offensichtlich ist, dass der Fehler die Verwaltungsentscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. An der Kausalität fehlt es offensichtlich, wenn die Verwaltung weder über einen Beurteilungs-, noch einen Ermessens- noch einen planerischen Gestaltungsspielraum verfügt (Schuler-Harms in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Werkstand: 1. EL August 2021, § 21 VwVfG Rn. 44). Zudem erfolgte eine erneute umfassende Prüfung seitens der FüAk im Widerspruchsverfahren ohne Beteiligung des vom Kläger kritisierten Mitarbeiters.
53
Die streitgegenständlichen Bescheide sind auch materiell rechtmäßig.
54
Dass die Voraussetzungen für die nachträgliche Zuweisung von Zahlungsansprüchen für einen Mehrfachantrag sowie in der Folge für die Auszahlung von Direktzahlungen für das Jahr 2019 an den Kläger nicht vorliegen, hat der Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Karlstadt vom 10. Dezember 2019 und im Widerspruchsbescheid der Staatlichen Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (FüAk) vom 26. Juli 2021, auf deren Gründe, die sich das Gericht zu eigen macht, zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird (§ 117 Abs. 5 VwGO), zutreffend begründet und mit Schriftsätzen vom 5. Juli 2019, 29. August 2019, 12. Mai 2021, 9. Juni 2021 und 9. Dezember 2021 vertiefend ausführlich erläutert.
55
Der Kläger hat bislang keine Belege/Nachweise (vgl. § 21 Abs. 3 InVeKoSV) vorgelegt, dass ihm Zahlungsansprüche zustehen, die nunmehr für den Mehrfachantrag 2019 übertragen oder dafür aktiviert werden könnten.
56
Betreffend die Jahre vor 2015 haben alle Zahlungsansprüche kraft gesetzlicher Regelung ihre Gültigkeit verloren.
57
Ab dem Jahre 2015 sind Zahlungsansprüche nach Beantragung und Bewilligung per Bescheid durch die Ämter für Ernährung Landwirtschaft und Forsten (AELF) zunächst gemäß Art. 24 bzw. 30 VO (EU) 1307/2013 zugewiesen worden. Daraufhin wurde und wird gemäß Art. 32 Abs. 1 VO (EU) 1307/2013 eine Stützung gewährt, sofern und soweit Zahlungsansprüche für Direktzahlungen mit beihilfefähiger Fläche aktiviert wurden. Diese dienen dann jährlich als Grundlage für die weitere Gewährung einer Stütze.
58
Gemäß Art. 32 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1307/2013 i.V.m. § 21 InVeKoSV sind entsprechende Zahlungsansprüche Voraussetzung für den Erhalt der Basisprämie. Die Gewährung der Greeningprämie, der Umverteilungsprämie sowie die Zahlung für Junglandwirte setzen nach Art. 41 Abs. 1, Art. 43 Abs. 1, Art. 50 Abs. 1 VO (EU) Nr. 1307/2013 ein Anrecht auf die Basisprämie voraus. Der Kläger verfügt jedoch über keine entsprechenden Zahlungsansprüche (ZA) und hat auch keinen Anspruch auf eine Zuweisung von Zahlungsansprüchen.
59
Der Kläger begehrt, die angeblich „vorhandenen“ Zahlungsansprüche für den eingereichten Mehrfachantrag für 2019 zu übertragen bzw. zu aktivieren. Der Kläger, der kein Junglandwirt ist, begehrt damit die nachträgliche Zuweisung von Zahlungsansprüchen für einen Mehrfachantrag sowie in der Folge die Auszahlung von Direktzahlungen für das Jahr 2019. Der Kläger geht davon aus, dass ihm Zahlungsansprüche aus den Jahren vor 2015 oder Zahlungsansprüche, die von ihm im Jahr 2015 beantragt worden seien, als Grundlage für eine Auszahlung des Förderjahres 2019 zur Verfügung stünden bzw. dass er diese infolge einer unzureichenden bzw. verweigerten Beratung nicht ordnungsgemäß habe beantragen können.
60
Das klägerische Vorbringen beschränkt sich allein auf den Vorfall aus dem Jahr 2015 mit den - aus früheren Verfahren gerichtsbekannten - Problemen bei der Antragstellung. Letztlich wurden alle im Jahr 2015 gestellten Anträge aufgrund eines unvollständigen Antrags bzw. fehlender Antragsberechtigung und fehlender Nachweise (rechtskräftig) abgelehnt (vgl. U.v. 12.3.2018 - W 8 K 17.372 - juris Rn. 18; B.v. 27.7.2016 - W 3 K 16.513 PKH).
61
Abgesehen davon wäre auch in der Sache eine andere Beurteilung nicht gerechtfertigt.
62
Im Februar und Mai des Jahres 2015 ist der Kläger offenbar unter bewusster Nichtnennung seiner ihm zugeteilten Betriebsnummer und unter bewusster Angabe eines anderen Antragstellers gerade nicht selbst als Antragsteller aufgetreten, sondern die … Für die … wurde zudem im Februar ausdrücklich die Vergabe einer neuen Betriebsnummer beantragt.
63
Laut einem Aktenvermerk der FüAk vom 24. März 2016 erklärte der Kläger telefonisch, dass es sich bei … um eine Privatperson („türkischer Händler“) handele. Er, der Kläger, habe seine schlechten und somit nicht marktfähigen Flächen nur deshalb damals an die … übergeben, damit er Rente erhalte. Er, der Kläger, selbst bewirtschafte aber die Flächen weiter bzw. er selbst engagiere dafür Helfer.
64
Der Kläger hat weiter am 15. Juni 2021 gegenüber der FüAK zur angekündigten Zurückweisung des streitgegenständlichen Widerspruchs telefonisch Stellung genommen. Dabei habe er vorgetragen, dass der Mehrfachantrag 2015 im Namen der … nur erfolgt sei, um nachweisen zu können, dass er, der Kläger am AELF Karlstadt vorstellig gewesen sei. Bei dem Namen „…“ würde es sich um einen türkischen Bekannten handeln, der ihm Schafe abgekauft habe. Er, der Kläger, selbst habe Schulden und die Fördergelder kämen wegen verschiedener Pfändungsbeschlüsse nicht bei ihm an (vgl. Widerspruchsbescheid vom 26.7.2021, S. 4).
65
Im Widerspruchsbescheid ist weiter plausibel ausgeführt:
66
Vermutlich wegen finanzieller Erwägungen habe der Kläger versucht, über einen von ihm fingierten (anderen) Antragsteller mit seiner (des Klägers) Wohnanschrift an die Fördergelder zu kommen. Im Nachhinein sei die Antragstellung unter „…“ vom Kläger nur als Nachweis für seine fristgerechte Anwesenheit am AELF dargestellt worden. Tatsächlich habe der Kläger bereits am 27. Februar 2015 beim AELF Karlstadt im Namen von „…“ einen Antrag auf Zuteilung einer Betriebsnummer gestellt. In Nr. 1 des Antrags sei als Rechtsform „Privatunternehmen“ angegeben worden. Zugleich habe der Kläger am 27. Februar 2015 beim AELF Karlstadt im Namen von „…“ die Förderung von Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen nach dem Kulturlandschaftsprogramm beantragt. Entsprechend sei das weitere Antragsverfahren abgelaufen. Auch bei dem anschließenden Widerspruchsverfahren sei die … mit dem Geschäftsführer R* … T* … als Widerspruchsführer aufgetreten. Der Kläger selbst habe auf dem Widerspruchsschreiben vom 8. Februar 2016 angegeben „…Gf. R* … T* …“ (vgl. Widerspruchsbescheid vom 26.7.2021, S. 6). Der Kläger habe im Jahr 2015 (auch schon zeitlich vor der Mehrfachantragstellung 2015) nicht selbst als Antragsteller in Erscheinung treten wollen und habe daher bewusst unter dem Kunstnamen „…Gf. R* … T* …“ verschiedene Anträge gestellt bzw. nach deren Ablehnung auch Widerspruch erhoben (vgl. Widerspruchsbescheid vom 26.7.2021, S. 7).
67
Dass die Befürchtungen des Klägers berechtigt waren, dass Fördergelder nicht bei ihm ankommen würden, zeigt auch ein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Würzburg (siehe VG Würzburg, U.v. 3.12.2018 - W 8 K 18.1274 - juris), in dem das Gericht eine Klage des Klägers auf Auszahlung von ihm bescheidsmäßig gewährten landwirtschaftlichen Fördergeldern abwies, weil das AELF die klägerischen Forderungen zulässiger Weise mit Gegenforderungen (bestandskräftig festgesetzten Rückforderungsbeträgen) aufgerechnet hatte.
68
Auch die weiteren Behörden- und Gerichtsverfahren, die teilweise unter dem Namen „A* … S* …“ - möglicherweise der Name des vom Kläger erwähnten türkischen Staatsangehörigen -, vertreten durch den Kläger, geführt wurden, belegen, dass der Kläger bewusst nicht unter eigenen Namen auf- und in Erscheinung treten, aber gleichwohl die landwirtschaftlichen Subventionen erhalten wollte. Das Gleiche gilt, für entsprechende Anträge des Klägers im Namen seiner Ehefrau.
69
Selbst wenn es dem Kläger im Jahr 2015 darum gegangen sein sollte (wie er in früheren Gerichtsverfahren angedeutet hat), eine Beratung des AELF dahingehend erhalten zu wollen, unter welchem rechtlichen Konstrukt unter Beteiligung einer oder mehrerer anderer Personen ein neuer landwirtschaftlicher Betrieb hätte gegründet und mit eigener neuer Betriebsnummer hätte versehen werden sollen, ist eine solche Betriebsgründung unter offener oder stiller Beteiligung mehrerer Personen jedenfalls nicht rechtsgültig erfolgt. Aus diesem fehlgeschlagenen Vorhaben lässt sich aber unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt herleiten, dass dem Kläger nun als Einzelperson unter seiner eigenen (alten) Betriebsnummer landwirtschaftliche Zahlungsansprüche und Direktzahlungen zustünden, weil er als Einzelperson unter seiner Betriebsnummer gerade keinen Antrag stellen wollte und auch keinen gestellt hat.
70
Jedenfalls sind alle im Jahr 2015 gestellten Anträge, einschließlich des Antrags auf Zuweisung von Zahlungsansprüchen, aufgrund unvollständiger Anträge bzw. fehlender Antragsberechtigung und fehlender Nachweise - vgl. zu diesem Erfordernis § 21 Abs. 3 InVeKoSV („unter Beifügen geeigneter Nachweise“) - bestandskräftig abgelehnt worden, nachdem auch der Kläger trotz entsprechender Hinweise des Beklagten nicht zu einer rechtzeitigen und ordnungsgemäßen Aufklärung der näheren Umstände im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht, auch zur eigenen Legitimation, beigetragen hatte (vgl. U.v. 12.3.2018 - W 8 K 17.372 - juris Rn. 18 u. 20; B.v. 27.7.2016 - W 3 K 16.513 PKH).
71
Seine Betriebsnummer … verwendete der dann auch im eigenen Namen auftretende Kläger zwar wieder bei der streitgegenständlichen Online-Antragstellung für das Jahr 2019. Letztlich sind aber aus den Jahren 2015 bis 2018 und aus den Jahren davor keine Zahlungsansprüche vorhanden, auf Basis derer Direktzahlungen gewährt werden könnten. Von Rechts wegen können den Kläger bei der vorliegenden Fallkonstellation (z.B. kein Junglandwirt, kein Fall höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände) auch nicht rückwirkend die Zahlungsansprüche auf seine Betriebsnummer übertragen werden. Der Kläger hat auch trotz entsprechenden behördlichen Hinweises bewusst keine Zahlungsansprüche nachträglich gekauft.
72
So wie sich der gesamte Sachverhalt darstellt, ist nicht dem Beklagten, sondern dem Kläger mangels ordnungsgemäßer Antragstellung anzulasten, dass er im Jahr 2015 für sich auf seine eigene Betriebsnummer keine Zahlungsansprüche zugewiesen bekommen und in der Folge auch keine Direktzahlungen erhalten hat.
73
Auch aus europarechtlicher Sicht rechtfertigt sich keine andere Beurteilung. Soweit der Kläger in der Sache ein rechtswidriges Verhalten des Mitarbeiters B* … im Jahr 2015 moniert, aufgrund dessen ihm keine Zahlungsansprüche zugeteilt worden sind, sodass er solche nunmehr auch nicht als Voraussetzung für Direktzahlungen aktivieren kann, führt dies nicht dazu, dass er diese Ansprüche quasi als Folgenbeseitigung trotz Fehlens der Anspruchsvoraussetzungen gleichwohl beanspruchen könnte. Vielmehr wäre er insoweit auf einen Amtshaftungsanspruch zu verweisen, den er vor der ordentlichen Gerichtsbarkeit geltend machen müsste (vgl. schon VG Würzburg, U.v. 12.3.2018 - W 8 K 17.519 - juris Rn. 14 - BA S. 5 mit Verweis auf den Verweisungsbeschluss im Verfahren W 8 K 18.308). Grundsätzlich sind Schadensersatzansprüche infolge unrichtiger behördlicher Informationen aus europarechtlicher Sicht möglich (vgl. die Schlussanträge der Generalanwältin beim EuGH vom 24.2.2022 - C-36/21 - juris Rn. 31 ff.). Allerdings kann eine Schadensersatzklage weder zur (nachträglichen) Zuweisung von Zahlungsansprüchen nach der VO (EU) 1307/2013 noch zur Gewährung von Zahlungen nach dieser Verordnung führen (Schlussanträge der Generalanwältin beim EuGH vom 24.2.2022 - C-36/21 - juris Rn. 39).
74
Auf die sich mit den Jahren 2015 bis 2018 befassenden Beschlüsse und Urteile des VG Würzburg wird ergänzend Bezug genommen (vgl. W 3 K 16.513, W 8 K 17.372, W 8 E 17.477, W 8 K 18.351, W 8 K 17.519, W 8 K 18.1019, W 8 K 18.1274 und W 8 K 19.660).
75
Nach alldem hat die Klage keinen Erfolg.
76
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
77
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.