Inhalt

VGH München, Urteil v. 14.03.2022 – 9 N 19.1989
Titel:

Unwirksamer Bebauuungsplan wegen fehlerhafter Lärmkontingentierung

Normenketten:
VwGO § 47 Abs. 1 Nr. 1
BauGB § 9 Abs. 1 Nr. 5
BauNVO § 1 Abs. 4 S. 1 Nr. 2, S. 2
BayBO Art. 81
BGB § 139
Leitsätze:
1. Festsetzungen im Bebauungsplan, zu denen weder § 9 BauGB iVm den Regelungen der BauNVO noch Art. 81 BayBO ermächtigen, sind der planenden Gemeinde verboten und mithin von vornherein unwirksam. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Dem Tatbestandsmerkmal des Gliederns iSd § 1 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 BauNVO wird nur Rechnung getragen, wenn das Baugebiet in einzelne Teilgebiete mit verschieden hohen Emissionskontingenten zerlegt wird. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei der Untergliederung eines Gewerbegebiets muss es in zumindest einem Teilgebiet möglich bleiben, dass sich dort entsprechend der allgemeinen Zweckbestimmung eines solchen Gebiets nicht erheblich belästigende Betriebe aller Art ansiedeln können. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
4. § 1 Abs. 4 S. 1 und 2 BauNVO bieten keine Grundlage, Flächen für den Gemeinbedarf nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB in die Gliederung von Gewerbegebietsteilflächen nach Emissionskontigenten einzubeziehen. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Normenkontrollantrag, Bebauungsplan, Typenzwang, Untergliederung eines Gewerbegebiets, Lärmkontingentierung, Emissionskontingent, Fläche für Gemeinbedarf, Gesamtunwirksamkeit
Fundstelle:
BeckRS 2022, 6581

Tenor

I. Der am 4. Oktober 2018 bekanntgemachte Bebauungsplan Nr. … "Entwicklungsgebiet R …" der Antragsgegnerin ist unwirksam.
II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1
Die Antragsteller wenden sich gegen den Bebauungsplan Nr. … „Entwicklungsgebiet R …“ der Antragsgegnerin.
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Mit dem streitgegenständlichen Bebauungsplan wird eine 14,8 ha große Fläche im Nordosten der Antragsgegnerin, begrenzt durch den H …-Ring im Norden, die Straße Zum Flughafen im Osten, die Ringstraße im Süden und die Nutzungsstraße im Westen, erstmals überplant. Im Wesentlichen werden eingeschränkte Gewerbegebietsflächen (eGE 1 bis eGE 3) im nordöstlichen Bereich, allgemeine Wohngebietsflächen (WA 1 bis WA 3) im Süden bzw. Südwesten, zwei Flächen für Gemeinbedarf mit den Zweckbestimmungen „Kulturelle Zwecke“ bzw. „Kita“ im Westen und Süden sowie Verkehrsflächen mit oder ohne besondere Zweckbestimmung und Grünflächen festgesetzt. Die drei Gewerbegebietsflächen und die beiden Flächen für Gemeinbedarf sind im zeichnerischen Planteil jeweils als „Flächen für bauliche Vorkehrungen“ zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen i.S.d. BImSchG (Schallemissionskontingente nach DIN 45961) umgrenzt. Nach den textlichen Festsetzungen unter 11.2 sind die eingeschränkten Gewerbegebiete und Flächen für Gemeinbedarf hinsichtlich ihrer zulässigen Geräuschimmissionen eingeschränkt. In einer Tabelle sind den drei Gewerbegebietsflächen (eGE1 bis eGE3) und den beiden Flächen für Gemeinbedarf für kulturelle Zwecke bzw. Kita als Teilflächen jeweils Emissionskontingente nach DIN 45691 für tags und nachts zugeordnet. Unter Angabe ihres Ursprungs sind zudem in einer weiteren Tabelle für die in einem kleineren Beiplan dargestellten Richtungssektoren A bis E Zusatzkontingente mit unterschiedlichen Werten für Tag und Nacht festgesetzt.
3
Die Antragsteller zu 1 und 2 sind Eigentümer des Grundstücks FlNr. … Gemarkung H … Der Antragsteller zu 3 ist Eigentümer der Grundstücke FlNr. …1 und …8 derselben Gemarkung. Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich des angefochtenen Bebauungsplans.
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Der Bebauungsplan Nr. … wurde am 18. Juli 2018 als Satzung beschlossen, am 31. Juli 2018 ausgefertigt und am 4. Oktober 2018 ortsüblich bekanntgemacht.
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Am 4. Oktober 2019 haben die Antragsteller einen Normenkontrollantrag gestellt. Sie machen geltend, dass ihre Grundstücke zwar bisher im Außenbereich gelegen hätten, das unbebaute Plangebiet aber erschlossen und von Wohnbebauung sowie gewerblich genutzten Gebäuden umgeben sei. Vor der Überplanung, für die es schon an der Erforderlichkeit fehle, hätten öffentliche Belange einem gewerblichen Vorhaben nicht entgegengehalten werden können. Eine solche Bebauung hätte insbesondere den Darstellungen des Flächennutzungsplans entsprochen. Dagegen seien nunmehr auf den Antragstellergrundstücken Verkehrsflächen, ein Leitungsrecht und eingeschränkte Gewerbegebietsflächen festgesetzt, ohne die Einschränkungen und besonderen Belastungen durch die Planung ordnungsgemäß abzuwägen. Soweit die Antragsgegnerin ein Umlegungsverfahren betreibe, sei aufgrund des großzügigen Zuschnitts der Fläche für kulturelle Zwecke und der öffentlichen Verkehrsflächen sowie Grünflächen zu befürchten, dass den Antragstellern keine gleichwertigen Grundstücke zugeteilt würden.
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Die Antragsteller beantragen,
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den am 4. Oktober 2018 bekannt gemachten Bebauungsplan Nr. … „Entwicklungsgebiet R …“ für unwirksam zu erklären.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Der Bebauungsplan, der insbesondere der Realisierung einer Stadthalle diene, sei erforderlich. Die Grundstücke der Antragsteller seien vor der Überplanung dem Außenbereich zuzuordnen gewesen. Die planbedingte Änderung der Nutzungsmöglichkeiten habe die Antragsgegnerin erkannt und die Interessen der Antragsteller ordnungsgemäß abgewogen. Diese würden verkennen, dass die Grundstücke nicht erschlossen seien und der Außenbereich grundsätzlich von Bebauung freizuhalten sei. Der Bebauungsplan führe die Antragsteller erst an ein Baurecht heran. Das Umlegungsverfahren diene dem Vollzug des Plans. Die Antragsgegnerin habe auch dieses als das Eigentumsrecht berührend erkannt und es im Rahmen ihrer Abwägung berücksichtigt.
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Die Landesanwaltschaft Bayern als Vertreterin des öffentlichen Interesses hat sich nicht am Verfahren beteiligt.
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Am 14. März 2022 fand die mündliche Verhandlung statt, in der die Beteiligten die schriftlich angekündigten Anträge stellten.
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Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Planaufstellungsakten der Antragsgegnerin verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Der Normenkontrollantrag hat Erfolg.
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I. Der Antrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ist zulässig. Er wurde innerhalb der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt. Die Antragsteller sind insbesondere antragsbefugt, weil sie Eigentümer im Plangebiet liegender Grundstücke sind und sich gegen bauplanerische Festsetzungen wenden, die ihre Grundstücke unmittelbar betreffen (vgl. BVerwG, B.v. 31.1.2018 - 4 BN 17.17 - juris Rn. 5 m.w.N.).
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II. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Der Bebauungsplan Nr. … „Entwicklungsgebiet R …“ ist gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO für unwirksam zu erklären.
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Der angegriffene Bebauungsplan ist mit der Folge seiner Gesamtunwirksamkeit materiell fehlerhaft, weil es für die mit ihm festgesetzte Lärmkontingentierung nach DIN 45691 keine Rechtsgrundlage gibt. Da es sich bei einem Normenkontrollverfahren nach § 47 Abs. 1 VwGO um ein objektives Rechtsbeanstandungsverfahren handelt, kommt es nicht darauf an, ob die Antragsteller durch unwirksamkeitsbegründende Mängel subjektiv-rechtlich betroffen sind (vgl. BayVGH, U.v. 9.6.2021 - 15 N 20.1412 - juris Rn. 58 m.w.N.). Ob auch die Einwendungen der Antragsteller durchgreifend wären oder noch weitere, zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans führende Fehler vorliegen, bedarf angesichts dessen keiner Erörterung.
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1. Für die nach dem zeichnerischen Teil des Plans und unter Nr. 11.2 der textlichen Festsetzungen getroffene Festlegung von Emissionskontingenten nach DIN 45691 für den Tag und die Nacht, für die sich in dem betreffenden Umgriff der Gewerbegebietsflächen und Flächen für den Gemeinbedarf die Zulässigkeit von Vorhaben (Betrieben und Anlagen) richten soll, fehlt die erforderliche Rechtsgrundlage.
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Für bauplanungsrechtliche Festsetzungen besteht ein Typenzwang. Durch den Bebauungsplan bestimmt der Plangeber Inhalt und Schranken des Eigentums der im Planbereich gelegenen Grundstücke. Hierfür bedarf er gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG einer gesetzlichen Grundlage. Solche finden sich in § 9 BauGB, in Art. 81 BayBO sowie in den Vorschriften der in Ergänzung zu § 9 BauGB und auf Basis von § 9a BauGB erlassenen Baunutzungsverordnung (BauNVO). Dort sind die planerischen Festsetzungsmöglichkeiten im Bebauungsplan jeweils abschließend geregelt. Ein darüberhinausgehendes Festsetzungsfindungsrecht steht dem Plangeber - abgesehen vom hier nicht einschlägigen Fall des § 12 Abs. 3 Satz 2 BauGB - nicht zu. Festsetzungen im Bebauungsplan, zu denen weder § 9 BauGB i.V.m. den Regelungen der BauNVO noch Art. 81 BayBO ermächtigt, sind der planenden Gemeinde daher verboten und mithin von vornherein unwirksam (zum Ganzen vgl. BayVGH, U.v. 15.6.2021 - 15 N 20.385 - juris Rn. 23 m.w.N.; U.v. 19.10.2020 - 9 N 15.2158 - juris Rn. 35 m.w.N.). Die §§ 214, 215 BauGB finden auf diesbezügliche Mängel keine Anwendung (vgl. BayVGH, U.v. 6.12.2019 - 15 N 18.636 - juris Rn. 29 m.w.N).
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a) Die hier vorgenommenen Festsetzungen zur Emissionskontingentierung sind nicht von § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und / oder Satz 2 BauNVO gedeckt.
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Nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO können für die in den §§ 4 bis 9 BauNVO bezeichneten Baugebiete im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet nach der Art der Betriebe und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften gliedern. Emissionskontingente nach der DIN 45691 sind dabei geeignet, das Emissionsverhalten als Eigenschaft von Betrieben und Anlagen im Sinne des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO zu kennzeichnen (vgl. BVerwG, U.v. 18.2.2021 - 4 CN 5.19 - juris Rn. 12; U.v. 7.12.2017 - 4 CN 7.16 - juris Rn. 8; BayVGH, U.v. 19.10.2020 - 9 N 15.2158 - juris Rn. 36 m.w.N.). Dem Tatbestandsmerkmal des Gliederns im Sinne des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO wird nur Rechnung getragen, wenn das Baugebiet in einzelne Teilgebiete mit verschieden hohen Emissionskontingenten zerlegt wird (vgl. BVerwG, U.v. 7.12.2017 a.a.O. Rn. 15; OVG NW, U.v. 10.11.2021 - 7 D 28/19.NE - juris Rn. 47). Nach § 1 Abs. 4 Satz 2 BauNVO können die Festsetzungen nach Satz 1 für mehrere Gewerbegebiete oder Industriegebiete einer Gemeinde auch im Verhältnis zueinander getroffen werden, was allerdings keine kombinierte Gliederung hinsichtlich dieser beiden Gebietstypen ermöglicht (vgl. BayVGH, U.v. 15.6.2021 - 15 N 20.385 - juris Rn. 34).
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Im Plangebiet sind hier einerseits Gewerbegebietsflächen (Teilflächen eGE 1 bis eGE 3) und damit ein Baugebiet nach den §§ 4 bis 9 BauNVO (oder ggf. mehrere Gewerbegebiete planintern) festgesetzt und der vorgenommenen Emissionskontingentierung unterworfen. Für die betreffenden Teilflächen gelten auch verschieden hohe Kontingente. Insoweit ist jedoch fraglich, ob auch die weitere Anforderung nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts an eine Gewerbegebietsuntergliederung erfüllt wäre, wonach es in Anbetracht der Kontingentierung in zumindest einem Teilgebiet möglich bleiben muss, dass sich dort entsprechend der allgemeinen Zweckbestimmung eines solchen Gebiets nicht erheblich belästigende Betriebe aller Art ansiedeln können (vgl. BVerwG, U.v. 7.12.2017 - 4 CN 7.16 - BVerwGE 161, 53 = juris Rn. 15; vgl. auch B.v. 20.2.2021 - 4 BN 37.21 - juris Rn. 9 m.w.N. zum Industriegebiet). Dies käme hier innerhalb des Plangebiets in Anbetracht der niedrigen für die Gewerbegebietsflächen festgesetzten Emissionskontingente für die Nacht von 37 bis 39 dB(A) allenfalls für die Teilfläche eGE1 in Betracht, soweit man unter Heranziehung der Zusatzkontingente A und E davon ausgehen könnte, dass der in Abstrahlrichtung ausschöpfbare Nachtwert von 53 bzw. 54 dB(A) hierfür unter Berücksichtigung der nach § 1 Abs. 5 BauNVO ausgeschlossenen Nutzungen (vgl. Nr. 1.2 der textlichen Festsetzungen) ausreichen würde (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.2021 - 4 CN 8.19 - juris Rn. 12 ff. m.w.N.). Der der Emissionskontingentierung zugrundeliegenden schallimmissionstechnischen Untersuchung der … … … … … … mbH (Bericht Nr. …) zufolge soll hier allerdings von Emissionskontingenten einschließlich Zusatzkontingenten auszugehen sein, die nur eine eingeschränkte Betriebsweise ermöglichen. Deshalb hat auch die Antragsgegnerin nach einem Hinweis des Landratsamts auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts versucht, eine gebietsübergreifende Gliederung im Sinne des § 1 Abs. 4 Satz 2 BauNVO unter Einbeziehung außerhalb des Plangebietes liegender unbeschränkter Gewerbegebiete umzusetzen (vgl. Planbegründung S. 18 f.), was ihr jedoch nicht gelungen ist. Die Antragsgegnerin hat zwar in der Begründung zum Bebauungsplan dokumentiert, dass sie die Gliederung auf im Stadtgebiet vorhandene gewerblich bzw. industriell genutzte und nicht kontingentierte Flächen nach § 30 bzw. § 34 BauGB außerhalb des Plangebiets ausdehnen will. Damit hat sie aber ein (festgesetztes) Ergänzungsgebiet, welches zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses und auch zukünftig diese Funktion einnehmen soll, nicht ausreichend konkretisiert (vgl. BVerwG, U.v. 7.12.2017 - 4 CN 7.16 - BVerwGE 161, 53 = juris Rn. 15, 17 f.; BayVGH, U.v. 12.8.2019 - 9 N 17.1046 - juris Rn. 31; U.v. 15.6.2021 - 15 N 20.398 - juris Rn. 32; vgl. auch U.v. 23.4.2009 - 4 CN 5.07 - juris Rn. 20 f. zum Festsetzungserfordernis).
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Letztlich kann hier die Frage der rechtskonformen Gliederung der Gewerbegebietsteilflächen aber dahinstehen, weil die Gliederung nach Emissionskontingenten vorliegend nicht nur die gewerblichen Flächen umfasst, sondern nach den zeichnerischen und textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans von der Antragsgegnerin auch die beiden Flächen für Gemeinbedarf (Kulturzentrum und Kita) als weitere Teilflächen einbezogen wurden. Hierfür bietet § 1 Abs. 4 Sätze 1 und 2 BauNVO keine Grundlage, weil eine Gemeinbedarfsfläche nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB, die die Antragsgegnerin grundsätzlich gleichrangig an Stelle eines Sondergebiets zur Festlegung der Art der baulichen Nutzung festsetzen durfte (vgl. BVerwG, B.v. 10.10.2005 - 4 B 56.05 - juris Rn. 4 m.w.N.), schon kein Baugebiet nach §§ 4 bis 9 BauNVO darstellt (vgl. § 1 Abs. 2 BauNVO). Zudem wäre eine gebietsübergreifende Gliederung nur im Verhältnis von Gewerbegebieten untereinander zulässig (vgl. BVerwG, U.v. 7.12.2017 a.a.O. Rn. 16; U.v. 23.4.2009 - 4 CN 5.07 - juris Rn. 22; BayVGH, U.v. 19.10.2020 - 9 N 15.2158 - juris Rn. 37; Bönker/Bischopink, BauNVO, 2. Aufl. 2018, § 1 Rn. 95; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauNVO, Stand August 2021, § 1 Rn. 47).
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b) § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB scheidet ebenfalls als Rechtsgrundlage für die Festsetzung von Emissionskontingenten auf Basis der DIN 45691 aus. Emissionskontingente sind entgegen der Formulierung in der Legende zu ihrer Darstellung im zeichnerischen Planteil keine baulichen oder technischen Vorkehrungen im Sinne der Vorschrift, weil sie nicht für sich geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen abzuwehren, wie dies beispielsweise bei einer Lärmschutzwand oder Schallschutzfenstern der Fall ist. Sie legen nur das Ziel des Immissionsschutzes fest, enthalten aber keine Aussage über die konkret zu treffenden Maßnahmen (vgl. BVerwG, U.v. 7.12.2017 - 4 CN 7.16 - juris Rn. 19 m.w.N.; U.v. 19.10.2020 - 9 N 15.2158 - juris Rn. 38 m.w.N.; U.v. 15.6.2021 - 15 N 20.398 - juris Rn. 33 m.w.N.; OVG NW, U.v. 2.3.2020 - 10 A 1136/18 - juris Rn. 71 ff.).
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c) Auch § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BauGB, nach dem in besonderen Fällen festgesetzt werden kann, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig sind, kommt nicht als gesetzliche Grundlage in Betracht. Abgesehen davon, dass selbstständige inhaltliche Festsetzungsmöglichkeiten durch § 9 Abs. 2 BauGB nicht eröffnet werden (vgl. Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 15. Aufl. 2022, § 9 Rn. 168 m.w.N.), soll die Norm - schon dem Wortlaut nach - die Möglichkeit eröffnen, die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines Vorhabens mit dem Eintritt einer aufschiebenden oder auflösenden Bedingung zu verknüpfen. Darum geht es bei der Ermessenskontingentierung aber nicht, weil die Verwirklichung der im Bebauungsplan vorgesehenen Nutzungen nicht in Abstimmung mit bestimmten Maßnahmen oder sonstigen Vorgängen gesteuert und auch nicht zeitlich oder nach (sonstigen) Kriterien abgestuft verwirklicht werden soll (vgl. BayVGH, U.v. 19.10.2020 - 9 N 15.2158 - juris Rn. 39; U.v. 15.6.2021 - 15 N 20.398 - juris Rn. 33).
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2. Der aufgezeigte materielle Mangel führt zur Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplans. Die Unwirksamkeit bestimmter Festsetzungen hat nur dann unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 139 BGB nicht die Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans zur Folge, wenn die übrigen Festsetzungen für sich betrachtet noch eine den Anforderungen des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB gerecht werdende, sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirken können und wenn mit Sicherheit anzunehmen ist, dass die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch eine Satzung ohne den unwirksamen Teil beschlossen hätte (vgl. BVerwG, U.v. 14.9.2017 - 4 CN 6.16 - juris Rn. 29; BayVGH, U.v. 6.12.2019 - 15 N 18.636 - juris Rn. 32). Von Letzterem kann in Anbetracht des Umstands, dass die Antragsgegnerin die Emissionskontingentierung als wesentlichen Bestandteil der Bewältigung des planbedingten Lärmkonflikts mit der Wohnnutzung innerhalb und außerhalb des Plangebiets angesehen hat (vgl. Planbegründung S. 18 f.) und mit der Unwirksamkeit der betreffenden Festsetzungen eine zentrale Frage der Gesamtplanung betroffen ist, nicht ausgegangen werden (vgl. BayVGH, U.v. 19.10.2020 - 9 N 15.2158 - juris Rn. 46; U.v. 15.6.2021 - 15 N 20.398 - juris Rn. 34).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung auf § 167 VwGO i.V. mit §§ 708 ff. ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).
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Gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO muss die Antragsgegnerin die Ziffer I. der Entscheidungsformel nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils in derselben Weise veröffentlichen, wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre.