Titel:
Schadensersatzklage, Fahrzeughersteller, Abgasreinigung, Verjährungseinrede, Berufungsverfahren, Sittenwidrigkeit
Schlagworte:
Schadensersatzklage, Fahrzeughersteller, Abgasreinigung, Verjährungseinrede, Berufungsverfahren, Sittenwidrigkeit
Vorinstanz:
LG Aschaffenburg, Urteil vom 11.07.2022 – 31 O 435/21
Rechtsmittelinstanzen:
OLG Bamberg, Beschluss vom 15.02.2023 – 7 U 38/22
BGH, Urteil vom 30.09.2025 – VIa ZR 354/23
Fundstelle:
BeckRS 2022, 61597
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 11.07.2022, Az. 31 O 435/21, im Beschlussverfahren gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen und den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 43.468,61 € festzusetzen.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis längstens 28.12.2022.
Entscheidungsgründe
1
Der Kläger nimmt die beklagte Fahrzeugherstellerin auf Schadensersatz wegen Verwendung von unzulässigen Abschalteinrichtungen für die Abgasreinigung in Anspruch.
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1. Der Kläger erwarb am 16.10.2012 von einem Autohaus den Pkw M. GLK 250 CDI 4-matic BlueTEC FIN …, als Gebrauchtfahrzeug mit einem Kilometerstand von 3.000 km zum Kaufpreis von 55.200 €. Das Fahrzeug wurde nach Klageerhebung noch genutzt. Am 11.10.2022 betrug der Kilometerstand 108.625 km (Bl. 3 der Berufungsbegründung)
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Das Fahrzeug ist mit einem von der Beklagten entwickelten und hergestellten Dieselmotor des Typs OM 651 ausgestattet und unterliegt der Abgasnorm Euro 6.
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Zur Reduzierung der Stickstoffemissionen wird jedenfalls eine Abgasrückführung eingesetzt. Hierbei wird ein Teil der Abgase zurück in das Ansaugsystem des Motors geführt und nimmt erneut an der Verbrennung teil. Die Rückführung von Abgas in das Ansaugsystem wird bei Überschreiten gewisser Temperaturen jedenfalls reduziert.
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Beim streitgegenständlichen Fahrzeug wird die Temperatur des Kühlmittels über ein Thermostat gesteuert, wobei für bestimmte Betriebsbedingungen die eigentliche Öffnungstemperatur des Thermostats abgesenkt wird (geregeltes Kühlmittelthermostat).
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Das Fahrzeug verfügt eine EG-Typengenehmigung. Ein wirksamer Widerruf der bestandskräftigen Idee EG-Typengenehmigung liegt nicht vor.
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Für das Fahrzeug wurde ein Rückruf von Kraftfahrzeugbundesamt angeordnet. Das KBA hat auch für weitere Fahrzeuge und Motoren der Beklagten Rückrufbescheide erlassen, wobei in den jeweiligen Bescheiden entweder ausgeführt wurde, dass eine unzulässige Abschalteinrichtung oder eine unzulässige Reduzierung der Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems vorliege. Die Beklagte ist gegen diese Bescheide auch hinsichtlich des streitgegenständlichen Fahrzeugs vorgegangen. Eine manipulative Prüfstanderkennung wurde vom KBA nicht beanstandet.
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Ein Software-Update wurde beim Fahrzeug nicht durchgeführt.
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Die Beklagte hat vorsorglich die Einrede der Verjährung erhoben.
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2. Die Klagepartei hat in 1. Instanz vorgetragen, dass in dem von ihr erworbenen Fahrzeug mit Wissen und Wollen der Organe der Beklagten mehrere unzulässige Abschalteinrichtungen zum Einsatz kämen. Die Klagepartei ist der Auffassung, dass ihr bereits durch den Abschluss des Kaufvertrags ein Schaden entstanden sei, wobei im Weg der Vorteilausgleichung die gezogenen Nutzungen auf Basis einer gewöhnlichen Laufleistung von 500.000 km anzurechnen seien.
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Auf dieser Grundlage hat die Klagepartei in 1. Instanz zuletzt beantragt,
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 43.812,58 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.04.2020 zu zahlen. Die Verurteilung erfolgt Zug um Zug
gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs der Marke M. vom Typ GLK 250 CDI 4-Matic BlueTEC der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) … nebst zwei Fahrzeugschlüsseln, Kfz-Schein und Kfz-Brief.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Schadensersatz zu zahlen für Schäden, die aus dem Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung i. S. v. Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007 durch die Beklagte in das Fahrzeug der Marke M. vom Typ GLK 250 CDI 4-Matic BlueTEC der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) … resultieren.
3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der vorgenannten Klageanträgen genannten Zug-um-Zug-Leistungen im Annahmeverzug befindet.
4. Es wird festgestellt, dass der in Antrag zu 1. bezeichnete Anspruch aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung der Beklagten herrührt.
5. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten des Klägers entstandenen Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 2.994,04 € freizustellen.
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3. Die Beklagte ist dem Vortrag der Klagepartei in 1. Instanz entgegengetreten und hat Klageabweisung beantragt.
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4. Das Landgericht hat die Klage mit Endurteil vom 11.07.2022 abgewiesen.
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Wegen des Sach- und Streitstands in erster Instanz im Übrigen wird Bezug genommen auf die Feststellungen im angegriffenen Ersturteil (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
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5. Gegen das vorgenannte Endurteil wendet sich die zulässige Berufung der Klagepartei, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ihre Sachanträge weiterverfolgt.
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Die Klagepartei beantragt,
unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils wie folgt zu erkennen:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 43.468,61 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 09.04.2020 zu zahlen. Die Verurteilung erfolgte Zug um Zug
gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs der Marke M. vom Typ GLK 250 CDI 4-Matic BlueTEC der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) … nebst zwei Fahrzeugschlüsseln, Kfz-Schein und Kfz-Brief.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Schadensersatz zu zahlen für Schäden, die aus dem Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung i. S. v. Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007 durch die Beklagte in das Fahrzeug der Marke M. vom Typ GLK 250 CDI 4-Matic BlueTEC der Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) … resultieren.
3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der vorgenannten Klageanträgen genannten Zug-um-Zug-Leistungen Annahmeverzug befindet.
4. Es wird festgestellt, dass der in Antrag zu 1. bezeichnete Anspruch aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung der Beklagten herrührt.
5. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten des Klägers entstandenen Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 2.994,04 € freizustellen.
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Wegen des Vorbringens der Klagepartei im Berufungsverfahren im Übrigen wird Bezug genommen auf die Berufungsbegründung vom 11.10.2022.
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Der Senat ist davon überzeugt, dass der Berufung des Klägers die Erfolgsaussicht fehlt und auch die weiteren Voraussetzungen für eine Entscheidung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO vorliegen. Die gemäß §§ 511 ff. ZPO zulässige Berufung des Klägers erweist sich als unbegründet, weil ihm keine Ansprüche gegen die Beklagte zustehen.
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Zu Recht hat das Erstgericht die Klage abgewiesen. Auf die zutreffenden Gründe wird Bezug genommen.
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1. Die Tatbestandsvoraussetzungen eines Anspruchs nach §§ 826, 31 BGB sind nicht gegeben bzw. sind nicht hinreichend vorgetragen.
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a) Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, Rn. 15; Beschluss vom 19.01.2021 – VI ZR 433/19, Rn. 14; Urt. v. 13.07.2021 – VI ZR 128/20, Rn. 11).
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b) Nach diesen Maßstäben liegt ein sittenwidriges Verhalten der Beklagten nicht deshalb vor, weil sie den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp mit einer temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems (sog. Thermofenster) ausgestattet hat.
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Bei einer auf dem Prüfstand wie auch im Realbetrieb gleichsam arbeitenden Abschalteinrichtung reicht deren Vorhandensein für sich genommen nicht aus, um eine objektive Sittenwidrigkeit des Verhaltens der Beklagten zu begründen, und zwar auch dann nicht, wenn – wie der Kläger behauptet – die Abgasrückführung außerhalb eines bestimmten Temperaturkorridors reduziert wird (BGH, Urt. v. 13.07.2021 aaO, Rn. 13 m. w. N.). Dabei kann zugunsten des Klägers in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unterstellt werden, dass eine derartige temperaturbeeinflusste Steuerung der Abgasrückführung als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung 715/2007/EG zu qualifizieren ist (BGH aaO).
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aa) Für die Annahme von Sittenwidrigkeit bedarf es vielmehr weiterer Umstände, die das Verhalten der für die Beklagte handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen lassen. Dabei trägt die Darlegungs- und Beweislast für diese Voraussetzung nach allgemeinen Grundsätzen der Kläger als Anspruchsteller (vgl. BGH, Beschluss vom 19.01.2021 aaO, Rn. 19; Urt. v. 13.07.2021 aaO, Rn. 13). Die Annahme von Sittenwidrigkeit setzt jedenfalls voraus, dass die für die Beklagte handelnden Personen bei der Entwicklung und/oder Verwendung der temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen. Fehlt es hieran, ist bereits der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit nicht erfüllt (BGH, Urt. v. 13.07.2021 aaO, Rn. 13; BGH Urt. v. 16.9.2021 – VII ZR 321/20, Rn. 16).
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Die Rechtslage hinsichtlich der Zulässigkeit eines Thermofensters ist – bis heute – zweifelhaft. Eine möglicherweise nur fahrlässige Verkennung der Rechtslage genügt aber für eine Haftung der Beklagten nicht (BGH, Urteil vom 16.09.2021, VII ZR 190/20, juris Rn. 31 f.). Auch folgt allein aus der – unterstellten – objektiven Unzulässigkeit der Abschalteinrichtung in Form des Thermofensters kein Vorsatz hinsichtlich der Schädigung der Fahrzeugkäufer. Im Hinblick auf die unsichere Rechtslage ist nicht dargetan, dass sich den für die Beklagte tätigen Personen die Gefahr einer Schädigung des Klägers hätte aufdrängen müssen (BGH, Urteil vom 16.09.2021, VII ZR 190/20, juris Rn. 32).
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Dass bestimmte Ausgestaltungen des Thermofensters nunmehr vom Generalanwalt beim EuGH als unzulässige Abschalteinrichtungen angesehen werden (vgl. die Schlussanträge des Generalanwalts beim EuGH vom 23.09.2021 – C-128/20, Celex-Nr. 62020CC0128, juris Rn. 104) und denkbar ist, dass diese Sicht in Zukunft auch vom KBA übernommen wird, ändert an der vorstehenden Beurteilung nichts. Denn für diese sind die damaligen, vor Erwerb des streitgegenständlichen Fahrzeuges liegenden, Vorstellungen und Erkenntnisse maßgeblich (OLG Stuttgart, Urteil vom 25.01.2022, 16a U 138/19, juris Rn. 38).
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c) Bei dem Vortrag bezüglich des OBD-Systems handelt es sich schon nach dem eigenen Vorbringen des Klägers nicht um ein System, das den Motor steuert bzw. in dessen Systeme eingreift, sondern lediglich um ein Überwachungssystem. Im Übrigen spricht der Umstand, dass das OBD keine Fehlermeldung erzeugt, wenn die Abgasrückführung durch das Thermofenster reduziert wird, nicht zwingend für ein objektiv sittenwidriges Verhalten. Entscheidend ist, dass mit dem Thermofenster eine Abschalteinrichtung installiert ist, die auf dem Prüfstand und im normalen Fahrbetrieb im Grundsatz in gleicher Weise arbeitet und daher nicht von vornherein von Arglist geprägt ist (BGH, Urt. v. 28.10.2021 – III ZR 261/20, Tz. 27; Urt. v. 23.11.2021 – VI ZR 839/20, Tz. 20).
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d) Ein sittenwidriges Verhalten der Beklagten liegt nicht deshalb vor, weil die Beklagte den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp mit einem hot restart/KSR ausgestattet hat.
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aa) Der Kläger hat nicht substanitiiert vorgetragen, dass die KSR auf dem Prüfstand unterschiedliche als im Regelbetrieb arbeitet. Das Vorhandensein der KSR als solche reicht aber nicht aus, um eine objektive Sittenwidrigkeit des Verhaltens der Beklagten zu begründen. Dabei kann zugunsten des Klägers in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unterstellt werden, dass eine derartige Steuerung der Abgasrückführung als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung 715/2007/EG zu qualifizieren ist (BGH aaO). Selbst wenn sich die KSR nur innerhalb eines kurzen Zeitraums auswirkt, ändert dies nichts daran, dass keine Prüfstandbezogenheit der Abschalteinrichtung vorliegt (vgl. BGH, Beschluss vom 29.09.2021 – VII ZR 126/21, Rn. 17). Darüber hinaus ist der diesbezügliche Vortrag des Klägers unsubstantiiert, weil der Kläger schon nicht vorbringt, welche Werte auf dem Prüfstand einzuhalten sind (vgl. BGH, Urt. v. 10.11.2021 – VII ZR 415/21, Rn. 30)
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bb) Für die Annahme von Sittenwidrigkeit bedarf es daher weiterer Umstände, die das Verhalten der für die Beklagte handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen lassen. Der Kläger hat derartige Umstände nicht vorgetragen. Soweit er geltend macht, die Beklagte habe keine ausreichenden Angaben über den Schadstoffausstoß gegenüber den für die Typenzulassung zuständigen Stellen gemacht, ist die Beklagte dem substantiiert entgegengetreten. Insofern kann der Vortrag des Klägers nicht als ausreichend substantiiert für ein die besondere Sittenwidrigkeit begründendes Verschweigen gegenüber der Typengenehmigungsbehörde angesehen werden.
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Zudem bestehen nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch Zweifel, ob dieser Vortrag einer unterlassenen Offenlegung überhaupt im Ansatz geeignet ist, das Bewusstsein über die Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung zu begründen (BGH, Urt. v. 13.07.2021 aaO, Rn. 17). Im Übrigen ergeben sich aus einer etwaigen unterbliebenen Offenlegung der genauen Wirkungsweise des KSR keine Anhaltspunkte dafür, dass für die Beklagte tätige Personen in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden. Selbst wenn die Beklagte im Typengenehmigungsverfahren – erforderliche – Angaben zu den Einzelheiten der Abgasrückführung unterlassen haben sollte, wäre die Typengenehmigungsbehörde nach dem Amtsermittlungsgrundsatz gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwVfG gehalten gewesen, diese zu erfragen, um sich in die Lage zu versetzen, die Zulässigkeit der Abschalteinrichtung zu prüfen (BGH Beschluss vom 29.9.2021 – VII ZR 126/21, Rn. BeckRS 2021, 33038 Rn. 20).
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e) Selbst ein verpflichtender Rückruf seitens des KBA – von dem das streitgegenständliche Fahrzeug unstreitig erfasst ist – indiziert nicht ausreichend das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung, über die das KBA bei Erteilung der Typengenehmigung getäuscht worden sein muss (BGH, Beschluss vom 29.09.2021 aaO, Rn. 14). Vielmehr müssen weitere Umstände hinzutreten, die das Verhalten der für die Beklagten handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen lassen. Derartige Umstände hat der Kläger – wie ausgeführt – nicht substantiiert dargetan.
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f) Der Vortrag der Klagepartei im Schriftsatz vom 11.10.2022 zu weiteren acht Abschalteinrichtungen und zu Bewährungsstrafen gegen …-Mitarbeiter ist neu. Unabhängig davon, dass die Beklagte insoweit Verspätung gerügt hat, ist dieser Vortrag nicht zu berücksichtigen, denn der Kläger hat schon nicht ausreichend substantiiert vorgetragen, aus welchen Gründen die Mitarbeiter der Beklagten verurteilt wurden und dass die acht weiteren Abschalteinrichtung auch im streitgegenständlichen Fahrzeug verbaut seien. Der pauschale Verweis auf ein Gutachten von X. ist insoweit nicht ausreichend. Das Gutachten wurde nicht innerhalb der Berufungsbegründungsfrist vorgelegt.
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2. Ein Anspruch des Klägers aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 263 StGB, 31 BGB scheitert am Fehlen der Bereicherungsabsicht und der in diesem Zusammenhang erforderlichen Stoffgleichheit des erstrebten rechtswidrigen Vermögensvorteils mit einem etwaigen Vermögensschaden (vgl. im einzelnen BGH, Urteil vom 30.07.2020, Az. VI ZR 5/20, Tz. 17 ff. und Tz. 24 ff.).
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3. Dem Kläger steht auch kein Anspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV, Art. 5 VO 715/2007/EG oder Art. 12, 18 RL Nr. 2007/46/EG zu. Diese Verordnungen bzw. diese Richtlinie stellen keine Schutzgesetze im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB dar, da das Interesse, nicht zur Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit veranlasst zu werden, nicht im Aufgabenbereich dieser Normen liegt (BGH, Urteil vom 25. 5. 2020, VI ZR 252/19 Rn. 72 ff; BGH, Urteil vom 30.07.2020, VI ZR 5/20, Rn. 10 ff.; Beschluss vom 07.07.2021 – VIII ZR 218/21, Rn. 1ff.).
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Die Berufungsangriffe erfordern keine Erörterung in mündlicher Verhandlung.
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Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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Der Senat regt daher – unbeschadet der Möglichkeit zur Stellungnahme – die kostengünstigere Rücknahme der aussichtslosen Berufung an, die zwei Gerichtsgebühren spart (vgl. Nr. 1220, 1222 Kostenverzeichnis GKG).