Titel:
einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung, Beschränkung der Vertretungsbefugnis, Beschränkung der Vertretungsmacht, Geschäfts- und Wohnraummiete, Grundstücksveräußerung, Mißbrauch der Vertretungsmacht, Auflassungsvormerkung, Geschäftsverteilungsplan, Aufschiebende Bedingung, Räumungsfrist, Geheimhaltungsklausel, Fehlende Vertretungsmacht, Eintragung im Grundbuch, Notarielle Eigenurkunde, Aufhebung des Versäumnisurteils, Nebenintervenient, Zurückverweisung, Rechtliches Interesse, Grenzen der Vertretungsmacht, offensichtliche Unwirksamkeit
Schlagworte:
Grundstücksveräußerung, Vereinsrecht, Vertretungsmacht, Aufschiebende Bedingung, Pachtvertrag, Räumungsklage, Fiktionswirkung
Vorinstanz:
LG München I, Endurteil vom 08.02.2021 – 31 O 12692/19
Fundstelle:
BeckRS 2022, 61419
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts München I vom 08.02.2021, Az. 31 O 12692/19, abgeändert:
Das Versäumnisurteil des Landgerichts München I vom 10.02.2020 wird aufrechterhalten.
Die Widerklage wird abgewiesen.
2. Die Berufung der Beklagten zu 1) – 6) wird zurückgewiesen.
3. Die Berufung des Beklagten zu 1) und Widerklägers wird zurückgewiesen.
4. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits sowie die Kosten der Nebenintervention zu tragen.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 25.000,- abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
6. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren hinsichtlich des Beklagten zu 1) auf EUR 20.849,92 und hinsichtlich der Beklagten zu 2) – 6) auf EUR 20.644,- festgesetzt. Für das erstinstanzliche Verfahren wird der Streitwert hinsichtlich des Beklagten zu 1) auf EUR 41.699,84 und hinsichtlich der Beklagten zu 2) – 6) auf EUR 41.288,- festgesetzt.
Entscheidungsgründe
1
Die Parteien streiten über die Räumung und Herausgabe einer Vereinsgaststätte und eines Kleingartengrundstücks.
2
1. Die Beklagten zu 1) und 2) betrieben aufgrund eines zwischen ihnen und dem Nebenintervenienten seit 1997 bestehenden Pachtvertrags die Vereinsgaststätte „…“ in den Räumen des Nebenintervenienten auf dessen Grundstück mit der Anschrift …, Flur Nr. …. Die Beklagten zu 3) bis 6) wohnen wie die Beklagten zu 1) und 2) im Obergeschoss der Gaststätte. Zudem bestand seit 2006 ein Pachtvertrag über das Gartengrundstück mit der Nr. … auf dem Grundstück Flur Nr. … der Gemarkung … zwischen dem Beklagten zu 1) und dem Nebenintervenienten.
3
a. Die Klägerin – ein Bauträger – hat mit dem Nebenintervenienten am 04.04.2018 einen notariellen Kaufvertrag über den Erwerb der Grundstücke, auf denen sich die Vereinsgaststätte und das Gartengrundstück befinden, geschlossen. Einen Teil des Grundstücks mit der ursprünglichen Flur Nr. … hat der Nebenintervenient noch behalten, dort ist der Bau einer Sporthalle mit Fitnesscenter beabsichtigt. Die Klägerin möchte auf den im Vertrag veräußerten Grundstücksflächen ein Wohnquartier mit überwiegender Wohnbebauung errichten. Ein Bebauungsplan liegt noch nicht vor, seitens der Baubehörden ist aber eine Einbeziehung des Gebiets in einen bereits bestehenden Bebauungsplan für das daneben liegende Gelände angedacht. Die Klägerin war schon vor Vertragsschluss Eigentümerin von Grundstücken in diesem in südlicher Richtung angrenzenden Gebiet. Im März 2018 wurde ein Beschluss zur Aufstellung eines Bebauungsplans für die verfahrensgegenständlichen Grundstücke gefasst. Der Nebenintervenient möchte den Erlös aus der Grundstücksveräußerung zur Schuldentilgung, für der Bau einer weiteren Halle auf einem weiteren Vereinsgelände des Nebenintervenienten an der … in … und für den Bau der Sporthalle auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück nutzen.
4
b. Die gesamte verkaufte Fläche beträgt ca. 30.000 m². Der Kaufpreis wurde nur in Höhe eines Mindestkaufpreises von 10 Millionen € konkret festgelegt und ist hinsichtlich des zweiten variablen Teils des Kaufpreises von der noch nicht feststehenden baurechtlichen Nutzung abhängig. Angesetzt werden 2.400 €/m² für Wohngeschossfläche und 800 €/m² für Gewerbefläche, wobei von der sich daraus ergebenden Summe noch Erschließungskosten abzuziehen sind. Auf Basis von Schätzungen wurde ein endgültiger Kaufpreis von 25.328.000,- € angenommen. Insoweit wird für Details auf die Regelungen in § 4 des Kaufvertrages (B 30) Bezug genommen.
5
In einer Sonderausgabe der vereinsinternen ...zeitung zur außerordentlichen Mitgliederversammlung vom 28.05.2018 (bei K 32) wurden die Vereinsmitglieder über den Kaufvertrag informiert und der Präsident des Nebenintervenienten führte u.a. Folgendes zum Kaufpreis aus:
„Derzeit gibt es für unser Grundstück weder einen rechtskräftigen Bebauungsplan noch eine bestandskräftige Baugenehmigung. Deswegen steht heute noch nicht fest, in welchem Umfang das Grundstück bebaut werden kann. Aus diesem Grund haben wir ein Vertragsmodell mit dem Käufer ausgehandelt, bei dem unser Erlös von dem Umfang der letztendlich möglichen Bebauung abhängt. (…) Da für Flächen in dieser Größe und Lage kein echter Wettbewerbsmarkt vorhanden ist, lässt sich kaum ein realistischer Vergleichspreis ermitteln. Wir haben deswegen den Preis durch ein Plausibilitäts-Gutachten der Unternehmensberatung … prüfen lassen. Dieser kommt zu dem Ergebnis, dass dieser Preis sachgerecht ist.“
6
c. Der Kaufvertrag wurde auf Seiten des Nebenintervenienten durch dessen Präsidenten unterzeichnet. In der Satzung des Nebenintervenienten ist zur Vertretung und zur Veräußerung von Grundstücken folgendes geregelt:
7
In „Kap. IV: Mitgliederversammlung“ der Satzung:
Aufgaben der ordentlichen Mitgliederversammlung sind:
h) Entscheidung über Erwerb, Belastung und Veräußerung von unbeweglichem Vereinsvermögen,
„§ 17: Entscheidungen, Beschlussfähigkeit und Sitzungsniederschrift (…)
5. Bei Beschlüssen über die Veräußerung von unbeweglichem Vereinsvermögen müssen mindestens 10% der stimmberechtigten Mitglieder anwesend sein. Zur Zustimmung sind drei Viertel der abgegebenen gültigen Stimmen notwendig. Wenn nicht 10% der stimmberechtigten Mitglieder anwesend sind, muss eine neue außerordentliche Mitgliederversammlung innerhalb von sechs Wochen einberufen werden, wobei dann die Zustimmung von drei Viertel der erschienen stimmberechtigten Mitglieder ausreichend ist.“ In „Kap. V: Präsidium“ der Satzung:
Das Präsidium erledigt alle im Vereinsbetrieb anfallenden Geschäfte, soweit sie nicht der Mitgliederversammlung oder dem Vereinsrat übertragen sind. (…)“ und
„§ 23: Vertretung des Vereins
Der Verein wird vom Präsidenten einzeln gesetzlich vertreten. Die übrigen Präsidiumsmitglieder sind nur zusammen mit einem anderen Präsidiumsmitglied vertretungsberechtigt (Vorstand im Sinne § 26 BGB).“
8
d. In § 17 des Kaufvertrages wurde vereinbart, dass die Parteien vorbehaltlich von Veröffentlichungen, zu denen eine Partei gesetzlich oder aufgrund üblicher vertraglicher Regelungen verpflichtet ist oder denen die Parteien vorab zugestimmt haben, Stillschweigen über den Vertrag und seinen Inhalt bewahren.
9
e. In § 6 des Vertrages wurde vereinbart, dass der Besitz an den Grundstücken mit Zahlung des ersten Kaufpreises an die Klägerin übergeht.
10
f. Der Kaufvertrag steht nach § 14 des Vertrages unter der aufschiebenden Bedingung der Zustimmung der Mitgliederversammlung des Nebenintervenienten. § 14 lautet:
„§ 14 Aufschiebende Bedingung
1. Dieser Kaufvertrag steht unter der folgenden in § 14 Nr. 2 aufgeführten aufschiebenden Bedingung.
Ausgenommen von der aufschiebenden Bedingung sind die Regelungen der §§ 12, 13, 16 und 17 des Grundstückskaufvertrags.
2. Dieser Kaufvertrag steht unter der aufschiebenden Bedingung, dass die Vereinsmitglieder des Verkäufers dem Abschluss des gegenwärtigen Kaufvertrags gemäß der Satzung des Verkäufers zustimmen. Die Satzung der Turnerschaft sowie das Protokoll der Mitgliederversammlung mit dem entsprechenden Beschluss wird dem Notar zu gegebener Zeit in Kopie übergeben.
3. Sollte die aufschiebende Bedingung nicht bis zum Ablauf des 30.06.2018 eingetreten sein, gilt die aufschiebende Bedingung als endgültig nicht eingetreten. In diesem Fall ist der Käufer verpflichtet, unverzüglich auf seine Kosten die Löschung der zu seinen Gunsten nach diesem Vertrag eingetragenen Auflassungsvormerkungen zu bewilligen und zu beantragen.
4. Der beurkundende Notar wird beauftragt und ermächtigt, den Eintritt der aufschiebenden Bedingung und Eintritt der Rechtswirksamkeit durch Eigenurkunde festzustellen. Mit Errichtung der Eigenurkunde gilt die in diesem § 14 vereinbarte aufschiebende Bedingung als eingetreten. Der Notar wird beauftragt, den Vertragsteilen, dem Finanzamt und dem Grundbuchamt von deren Errichtung Mitteilung zu machen.“
11
g. Mit Schreiben vom 07.02.2018 erfolgte die Einladung zur ordentlichen Mitgliederversammlung am 23.04.2018 (B 24), die unter Ziff. 5 folgenden Tagesordnungspunkt enthielt:
„Zustimmung zum Verkauf von Grundstücksflächen von insgesamt ca. 30785 qm des Vereinsgrundstücks in … an die …, … und der anschließenden Reinvestition des Verkaufserlöses in den Bau einer Sporthalle mit Fitnessbereich und Nebengebäuden in …, zur Sanierung der Gebäude/Neubau von Gebäuden/Verbesserung der Infrastruktur des Vereinsgeländes an der … und zur Reduzierung von Darlehen“
12
Da in der Versammlung vom 23.04.2018 das für eine Beschlussfassung über die Grundstücksveräußerung gemäß § 17 Ziff. 5 der Satzung erforderliche Anwesenheits-Quorum nicht erreicht wurde, wurde mit Schreiben vom 05.05.2018 zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung am 28.05.2018 eingeladen. Diese Einladung, für deren Inhalt im Einzelnen auf die Anlage B 26 verwiesen wird, enthielt u.a. den Hinweis, dass eine Beschlussfähigkeit hinsichtlich der Abstimmung über den Verkauf der Grundstücke unabhängig von der Anzahl der erscheinenden stimmberechtigten Mitglieder gegeben ist. Der Tagesordnungspunkt Zustimmung zum Verkauf der Grundstücksflächen in … an die … enthielt Details zu dem am 04.04.2018 geschlossenen Kaufvertrag, die in der Ladung zur ordentlichen Versammlung noch nicht angegeben waren.
13
Noch vor der außerordentlichen Mitgliederversammlung fand am 14.05.2018 in Anwesenheit des Notars eine Informationsveranstaltung über den Grundstücksverkauf statt, bei der der Vertragstext sowie eine vom Notar erstellte Zusammenfassung zur Ansicht auslagen. Vertragstexte zur Mitnahme lagen nicht aus.
14
In der außerordentlichen Mitgliederversammlung vom 28.05.2018 wurde die Zustimmung zum Kaufvertrag mit einer Mehrheit von 3/4 der anwesenden Stimmberechtigten erteilt.
15
In der Folgezeit wurde die Wirksamkeit der Zustimmung vereinsintern angezweifelt. In einem von neun Vereinsmitgliedern angestrebten vereinsinternen schiedsgerichtlichen Verfahren wurde der Zustimmungsbeschluss für unwirksam erklärt. Hiergegen wurde ein Aufhebungsantrag gem. § 1059 ZPO beim Bayerischen Obersten Landesgericht gestellt. Zudem wurde von einem Vereinsmitglied eine Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des Zustimmungsbeschlusses erhoben.
16
h. Der Notar errichtete am 15.06.2018 eine notarielle Eigenurkunde mit u.a. folgendem Inhalt (Bl. 169):
„Mit Urkunde des Notars … in M. vom 04.04.2018 (…) haben die … (…) und die … (…) einen Kaufvertrag geschlossen.
Dieser Kaufvertrag steht unter der aufschiebenden Bedingung, dass die Vereinsmitglieder des Verkäufers den Abschluss des gegenwärtigen Kaufvertrages gemäß der Satzung des Verkäufers zustimmen.
Der beurkundende Notar wurde beauftragt und ermächtigt, den Eintritt der aufschiebenden Bedingung und Eintritt der Rechtswirksamkeit durch Eigenurkunde festzustellen. Mit Errichtung der Eigenurkunde gilt die in diesem § 14 des Kaufvertrages vereinbarte aufschiebende Bedingung als eingetreten.
Diese Bedingung ist nunmehr eingetreten.
Die Satzung der Turnerschaft sowie das Protokoll der Mitgliederversammlung vom 28.05.2018 mit dem entsprechenden Beschluss liegen dem unterzeichneten Notar vor. Die Versammlung war gemäß der Satzung beschlussfähig. In der Mitgliederversammlung wurde dem Kaufvertrag zugestimmt. Die aufschiebende Bedingung ist somit eingetreten.“
17
i. Am 17.01.2019 wurde vor dem Notar die Auflassung erklärt, wobei die Klägerin zugleich für sich als auch für den Nebenintervenienten handelte. In § 12 Ziff. 1 des Kaufvertrages war dazu Folgendes geregelt:
„Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Eigentum am Vertragsgegenstand auf den Käufer zum Alleineigentum übergeht. Der Käufer wird auf seine Kosten die Vermessung der vertragsgegenständlichen nördlichen Teilfläche der FlNr. … auf Grundlage der Anlage 7 beantragen. Die Vertragsteile verpflichten sich, nach Zahlung der ersten Kaufpreisrate und Vorliegen des amtlichen Veränderungsnachweises die Messung anzuerkennen und die Auflassung zu erklären bzw. entgegenzunehmen. Der Verkäufer bevollmächtigt den Käufer unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB für ihn das Messungsergebnis anzuerkennen und die Auflassung zu erklären bzw. entgegenzunehmen. (…)“
18
Am 11.06.2019 wurde die Klägerin als Eigentümerin der verfahrensgegenständlichen Grundstücksflächen ins Grundbuch eingetragen.
19
j. Der Nebenintervenient erteilte der Klägerin unter Bezugnahme auf § 9 des Kaufvertrags am 07.02.2019 eine Vollmacht zur Ausübung von Gestaltungsrechten aus dem Pachtvertrag über die Vereinsgaststätte mit den Beklagten zu 1) und 2) (bei K5) und am 06.06.2019 eine Vollmacht zur Ausübung von Gestaltungsrechten aus dem Pachtvertrag über das Gartengrundstück mit dem Beklagten zu 1) (bei K19).
20
§ 9 des Kaufvertrages lautet auszugsweise:
„1. Der Käufer tritt ab Besitzübergang in alle in Anlagen 5.1, 5.2 und 5.3 beigefügten und aufgelisteten Nutzungsverträge ein. Mit Besitzübergang gehen deshalb alle Rechten und Pflichten aus diesen Nutzungsverhältnissen, soweit sie den Zeitraum ab Besitzübergang betreffen, auf den Käufer über. (…).
2. Der Verkäufer tritt seinerseits alle nach Besitzübergang entstehenden Rechte, soweit sie den Zeitraum ab Besitzübergang betreffen, an den dies annehmenden Käufer ab und ermächtigt den Käufer die Abtretung gegenüber den Nutzern offen zu legen.
3. Soweit solche Ansprüche nicht abtretbar sind, bevollmächtigt der Verkäufer hiermit den Käufer unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB, ab Besitzübergang diese Rechte in seinem Namen wahrzunehmen und geltend zu machen. Der Verkäufer wird dem Käufer auf Anforderung eine dementsprechende gesonderte schriftliche Vollmacht übergeben.“
21
Mit Schreiben vom 12.02.2019 sprach die Klägerin unter Vorlage der Vollmacht vom 07.02.2019 gegenüber den Beklagten zu 1) und 2) hinsichtlich des Pachtvertrages eine Abmahnung wegen verschiedener Vertragsverletzungen sowie hilfsweise eine ordentliche Kündigung zum 31.10.2019 aus (K 5). Mit Schreiben vom 20.03.2019 erklärte die Klägerin den Beklagten zu 1) und 2) eine fristlose Kündigung des Pachtverhältnisses wegen andauernder Vertragsverletzungen und forderte zur Räumung bis 01.04.2018 auf (K 14). Mit Schreiben vom 14.08.2019 (Anlagenkonvolut K 17) teilte die Klägerin den Beklagten zu 3)-6) mit, dass aufgrund der Kündigung des Pachtverhältnisses auch sie das Grundstück zu räumen hätten und forderte zur Räumung und Herausgabe bis 28.08.2019, hilfsweise bis 31.10.2019 auf.
22
Mit Schreiben vom 07.06.2019 (K 19) erklärte die Klägerin dem Beklagten zu 1) unter Vorlage der Vollmacht vom 06.06.2019 die ordentliche Kündigung des Pachtvertrags über das Gartengrundstück.
23
Mit Schreiben vom 30.10.2020 (K 33) hat der Nebenintervenient die Klägerin dazu ermächtigt, „den Räumungs- und Herausgabeanspruch bezüglich der Vereinsgaststätte der … (…) sowie den Räumungs- und Herausgabeanspruch gegen Herrn … bezüglich des auf dem Grundstück Fl.-Nr. … (…) gelegenen Gartengrundstücks (…) selbst und in eigenem Namen gerichtlich geltend zu machen, und zwar auf Räumung und Herausgabe an sich selbst, sowie nur hilfsweise und höchst vorsorglich für den Fall, dass dies rechtlich nicht möglich sein sollte, auf Räumung und Herausgabe an unseren Verein.“
24
2. Die Klägerin begehrt mit der Klage die Räumung und Herausgabe der Vereinsgaststätte sowie des Gartengrundstücks an sie selbst unter Bezugnahme auf die ausgesprochenen Kündigungen und ihre Eigentümerstellung. Nach ihrer Auffassung hat sie über den Kaufvertrag und die spätere Auflassung und Eintragung im Grundbuch das Eigentum an den verfahrensgegenständlichen Grundstücken erworben. Die Zustimmung zum Abschluss des Kaufvertrages in der Mitgliederversammlung sei wirksam erteilt worden, da die Ladungen zu den Mitgliederversammlungen ordnungsgemäß erfolgt seien, insbesondere sei durch die Angaben zum Tagesordnungspunkt Ziff. 5 in der Ladung vom 07.02.2018 erkennbar gewesen, dass über die Zustimmung der Mitglieder zu einem konkret anstehenden Verkauf einer Fläche von 30.785 m² an die Klägerin zu entscheiden sei. Letztlich komme es auf die Wirksamkeit des Zustimmungsbeschlusses aber gar nicht an, da die aufschiebende Bedingung der Zustimmung im Kaufvertrag auch unabhängig von der Wirksamkeit des Zustimmungsbeschlusses über die Fiktionswirkung der notariellen Eigenurkunde eingetreten sei. Der Kaufpreis sei unter Berücksichtigung des Umstandes, dass ein Baurecht auf den Flächen durch die Klägerin noch zu schaffen sei, nicht zu niedrig festgesetzt worden.
25
Zudem sei die Klägerin auch aufgrund der nach § 891 BGB gegenüber jedermann geltenden Vermutungswirkung des Grundbuchs als Eigentümerin anzusehen.
26
Die Kündigungen der Pachtverträge seien selbst für den Fall, dass der Kaufvertrag unwirksam sei, aufgrund der von dem Nebenintervenienten erteilten Vollmachten, die unabhängig vom Grundgeschäft gültig seien, wirksam.
27
Die Mitglieder seien vor der Mitgliederversammlung am 28.05.2018 vollständig über den Vertragsinhalt informiert worden.
28
Die flexible zweite Rate des Kaufpreises ermögliche es, den Verein an dem zu schaffenden Baurecht angemessen zu beteiligen. Der Preis von 800,- €/m² entspreche dem Preis für unbebaute gewerbliche Grundstücke ohne Bebauungsplan gemäß der Bodenrichtwertkartei der Stadt M. . Der Verein habe es in den Jahren vor der Veräußerung nicht geschafft, Baurecht für die Vereinsgrundstücke zu schaffen. Die Ausgangssituation für die Entwicklung von Bauland sei dadurch günstiger geworden, dass die Klägerin bereits Eigentümerin eines in südlicher Richtung angrenzenden Grundstücks ist, und nun durch die Planung der Gesamtfläche die Umsetzung eines erweiterten städtebaulichen Konzepts der Landeshauptstadt möglich ist.
29
Die hilfsweise beantragte Räumung und Herausgabe an den Nebenintervenienten begründet die Klägerin mit der Ermächtigung des Nebenintervenienten vom 30.10.2020.
30
3. Die Beklagten sind der Auffassung, in der Mitgliederversammlung vom 28.05.2018 sei kein wirksamer Zustimmungsbeschluss gefasst worden. Gerügt wird insbesondere, dass der Tagesordnungspunkt in der Ladung zu der der außerordentlichen Mitgliederversammlung vorangegangenen ordentlichen Mitgliederversammlung vom 23.04.2018 keine ausreichenden Informationen enthalten hätte. Die aufschiebende Bedingung im Kaufvertrag sei daher nicht eingetreten.
31
Zudem sei der Kaufvertrag auch wegen der Geheimhaltungsklausel und der sittenwidrig niedrigen Preise nichtig. Bei der Preisermittlung sei nicht Bauland, sondern allenfalls Bauerwartungsland zugrunde gelegt worden und zugleich seien dem Verein die Erschließungskosten auferlegt worden. Damit müsse der Verein für das Herstellen der Baureife aufkommen, ohne den Preis für Bauland zu erhalten. Der Kaufpreis hätte bei Bauland anstelle von den im Vertrag vorgesehen 800,- €/m² zwischen 6.000,- und 10.000,- €/m² betragen. Im Interesse des Vereins hätte die Erstellung des Bebauungsplans für das Gelände abgewartet werden müssen. Die Höhe der flexiblen Rate sei vollkommen ungewiss und die Fälligkeit trete gemäß § 5 des Vertrages erst nach Rechnungslegung des Investors ein, was Jahre dauern könne. Auch seien die in § 4 des Vertrages geregelten Abzüge vom Kaufpreis unangemessen und die Einzelheiten dazu den Mitgliedern vorenthalten worden. Vor Abschluss eines so umfangreichen Geschäfts hätte ein Wertgutachten eingeholt und eine Ausschreibung durchgeführt werden müssen. Das Grundstück habe einen tatsächlichen Marktwert von 30 bis 40 Millionen und zahlreiche weitere Projektentwickler hätten ein Interesse am Erwerb des Grundstücks.
32
Hinsichtlich der ausgesprochenen Kündigungen wird gerügt, es fehle an einem Grund für die außerordentliche Kündigung. Auch die ordentliche Kündigung sei nicht wirksam, da die Bevollmächtigung zur Kündigung unwirksam sei. Diese stehe in untrennbarem Zusammenhang mit dem Kaufvertrag und sei daher wie dieser unwirksam.
33
4. Am 10.02.2020 erging ein Versäumnisurteil gegen die Beklagten, gegen das mit Schriftsatz vom 02.03.2020 Einspruch eingelegt wurde.
34
5. Der Beklagte zu 1) hat am 16.10.2020 Widerklage auf Feststellung der Unwirksamkeit des notariellen Kaufvertrages vom 04.04.2020 erhoben. Er beruft sich insoweit auf die im Rahmen der Verteidigung gegen die Klage vorgetragenen Gründe.
35
6. Die Klägerin ist der Auffassung, es fehle an dem für den Widerklageantrag erforderlichen Feststellungsinteresse.
36
7. Die Klägerin hat dem Nebenintervenienten mit Schriftsatz vom 02.11.2020 den Streit verkündet, dieser ist dem Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 18.12.2020 auf Seiten der Klägerin beigetreten.
37
8. Das Landgericht hat auf den klägerischen Hilfsantrag unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 10.02.2020 die Beklagten zu 1) – 6) samtverbindlich verurteilt, die Vereinsgaststätte des Streithelfers der Klägerin zu räumen und geräumt an den Streithelfer herauszugeben, und den Beklagten zu 1) verurteilt, das Gartengrundstück zu räumen und an den Streithelfer herauszugeben. Insoweit lägen die Voraussetzungen einer gewillkürten Prozessstandschaft vor.
38
Eine von den Beklagten beantragte Räumungsfrist hat das Landgericht nicht bewilligt.
39
Im Übrigen hat es die Klage sowie die Widerklage abgewiesen.
40
Zur Begründung führt das Gericht aus, die ordentlichen Kündigungen seien wirksam erklärt worden und die Beklagten hätten daher kein Recht zum Besitz, Gaststätte und Grundstück seien an den Nebenintervenienten als Eigentümer herauszugeben. Ein Eigentumserwerb der Klägerin habe dagegen nicht stattgefunden. Zwar sei der Kaufvertrag nicht wegen Sittenwidrigkeit nichtig, die aufschiebende Bedingung der Zustimmung der Mitgliederversammlung aus § 14 des Kaufvertrages sei aber nicht eingetreten, da der Beschluss der Mitgliederversammlung vom 28.05.2018 unwirksam gewesen sei. Die Angaben in der Ladung zu der ordentlichen Mitgliederversammlung vom 23.04.2018 seien hinsichtlich der Angaben zum Tagesordnungspunkt der Zustimmung für den Verkauf von Grundstücksflächen zu unbestimmt gewesen. Es habe zwar trotzdem mit der Ladung vom 05.05.2018, die hinsichtlich des Tagesordnungspunktes der Zustimmung für den Verkauf nun auch ausreichend bestimmt gewesen sei, eine außerordentliche Mitgliederversammlung einberufen werden können, bei der Abstimmung über den Verkauf in dieser Versammlung habe aber das nach § 17 Ziff. 5 Satz 1 der Satzung erforderliche Quorum der Anwesenheit von 10% der stimmberechtigten Mitglieder gegolten. Die Erleichterungen des § 17 Ziff. 5 S. 3 der Satzung seien nicht anwendbar gewesen, da eine wirksame Beschlussfassung in der vorangegangenen Versammlung vom 23.04.2018 nicht nur deshalb nicht möglich gewesen sei, weil das Anwesenheitsquorum nicht erfüllt war, sondern auch, weil es an einer ausreichend bestimmten Ladung gefehlt habe. Die daher erforderliche Anwesenheit von 10% der Mitglieder sei am 28.05.2018 nicht erfüllt gewesen.
41
Die notarielle Eigenurkunde entfalte auch keine materielle Fiktionswirkung, die eine Überprüfung der Wirksamkeit des Bedingungseintritts ausschließe.
42
Die Vermutung des § 891 BGB sei widerlegt, da auch die Auflassung aufgrund des Nichteintritts der aufschiebenden Bedingung unwirksam sei. Die Vertretungsmacht des Präsidenten sei durch die Regelung in der Satzung, wonach für die Veräußerung von Grundstücken die Zustimmung der Mitgliederversammlung erforderlich ist, beschränkt.
43
Die Widerklage des Beklagten zu 1) auf Feststellung der Unwirksamkeit des notariellen Kaufvertrags vom 04.04.20218 zwischen der Klägerin und ihrem Streithelfer sei unzulässig, da es schon an einem über die Klärung der Eigentümerstellung der Klägerin hinausgehenden rechtlichen Interesse zur Klärung des Drittrechtsverhältnisses fehle.
44
9. Hinsichtlich des weiteren Vortrags und des Sach- und Streitstands in der ersten Instanz wird auf die ausgetauschten Schriftätze und die Feststellungen im landgerichtlichen Urteil Bezug genommen.
45
10. Gegen das Urteil haben die Klägerin, die Beklagten und der Widerkläger Berufung eingelegt. Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung ihren Hauptantrag auf Verurteilung zur Herausgabe an sie selbst weiter, die Beklagten verfolgen das Ziel der Klageabweisung insgesamt und der Widerkläger die Durchsetzung seines Feststellungsantrags.
46
a. Die Klägerin beruft sich mit der Berufung weiterhin auf den Eigentumserwerb durch die in Vollzug des Kaufvertrages wirksam erfolgte Auflassung und die Eintragung im Grundbuch. Die aufschiebende Bedingung sei sowohl aufgrund der Wirksamkeit des Zustimmungsbeschlusses – auch die Ladung zur Mitgliederversammlung vom 23.04.2018 entspreche den vom Bundesgerichtshof im Urteil vom 2. 7. 2007 – II ZR 111/05 (Clubhausentscheidung) aufgestellten Bestimmtheitsanforderungen – als auch aufgrund der Fiktionswirkung der notariellen Eigenurkunde eingetreten. Soweit das Landgericht seine Entscheidung auf die fehlende Bestimmtheit der Ladung gestützt habe, sei dies überraschend und unter Verletzung des rechtlichen Gehörs der Klägerin erfolgt. Die Fiktionswirkung der notariellen Eigenurkunde sei eingetreten.
47
Die Geheimhaltungsklausel in § 17 des Kaufvertrages gelte nicht gegenüber dem Verein, da dieser nicht Dritter sei.
48
Selbst wenn die Bedingung nicht eingetreten wäre, sei die in § 12 des Kaufvertrages erklärte Auflassung wirksam, da der Präsident des Nebenintervenienten diesen bei Abschluss des Kaufvertrages im Außenverhältnis unbeschränkt vertreten habe und daher die Auflassung wirksam habe erklären können. Die Wirksamkeit der Auflassung ergebe sich auch aus dem Abstraktionsprinzip.
49
Zudem habe das Landgericht die Widerlegung der Vermutung des § 891 BGB zu Unrecht angenommen. Insoweit fehle es schon an einem ausreichenden rechtlichen Interesse der Beklagten an der Widerlegung der Vermutung, das nur demjenigen zustehe, der selbst ein Recht zu haben behauptet, welches das eingetragene Recht ausschließt oder beschränkt. Auch sei nicht ersichtlich, aufgrund welcher Unterlagen das Landgericht die Vermutung als widerlegt angesehen habe.
50
Weiter sei der Eintritt der Klägerin in das Pachtverhältnis nach § 566 BGB unabhängig von der Wirksamkeit des Grundgeschäfts erfolgt und auch der Besitz sei gemäß § 6 des Kaufvertrages auf die Klägerin übergegangen. Die Besitzverschaffung sei ein rein tatsächlicher Vorgang bzw. eine geschäftsähnliche Handlung, die hier im Rahmen der Bevollmächtigung zur Kündigung der Pachtverhältnisse erfolgt sei. Die Klägerin könne auch deshalb Herausgabe an sich selbst verlangen.
51
Zudem habe das Landgericht nicht berücksichtigt, dass der Nebenintervenient die Klägerin in der Erklärung vom 30.10.2020 auch zur Herausgabe an sich selbst ermächtigt habe.
52
Ergänzend beruft sich die Klägerin auf folgenden unstreitigen Sachverhalt:
53
Am 02.09.2021 schlossen der Nebenintervenient und die Klägerin vor dem Hintergrund einer für den 27.09.2021 anberaumten weiteren Mitgliederversammlung einen Nachtrag zum Kaufvertrag vom 04.04.2018, in dem die Regelungen des ursprünglichen Vertrags bestätigt wurden und ein zusätzlicher Kaufpreis in Höhe von 2,5 Millionen Euro unter der Bedingung, dass der beabsichtigte Bebauungsplan bis spätestens 31.12.2023 rechtskräftig vorliegt, vereinbart wurde (K 46). In der Mitgliederversammlung, die virtuell durchgeführt wurde, wurde der Kaufvertrag erneut zur Abstimmung gestellt. Bei Berücksichtigung der per Briefwahl an der Abstimmung teilnehmenden Mitglieder wurde das Anwesenheitsquorum von 10% der stimmberechtigten Mitglieder sowie eine Zustimmung von 87,43% der Abstimmenden erreicht.
54
Die Klägerin ist der Auffassung, dass selbst für den Fall der Unwirksamkeit des Beschlusses vom 28.05.2018 und des Nichteintritts der Fiktionswirkung mit diesem Beschluss Heilung eingetreten sei.
55
Die Klägerin beantragt,
I. Das Endurteil des Landgerichts München I vom 08.02.2021, Az. 31 O 12692/19, wird insoweit aufgehoben, als das Versäumnisurteil vom 10.02.2020 aufgehoben und die Klage abgewiesen wurde.
II. Das Versäumnisurteil des LG München I vom 10.02.2020, Az. 31 O 12692/19 wird aufrechterhalten.
56
Hinsichtlich der Berufungen der Beklagten und des Widerklägers beantragt sie die Zurückweisung der Berufung.
57
Der Nebenintervenient hat sich den Anträgen sowie dem Vortrag der Klägerin angeschlossen. Er hat ergänzend vorgetragen, es seien keine belastbaren Angebote von anderen Interessenten zum Erwerb der Grundstücke abgegeben worden.
58
b. Die Beklagten zu 1) – 6) beantragen,
- 1.
-
Das Endurteil des Landgerichts München I (Az. 31 O 12692/19) vom 08.02.2021 in Ziffer 2 und 3 sowie in Ziffer 5 abzuändern.
- 2.
-
Die Klage insgesamt abzuweisen.
- 3.
-
Hilfsweise den Beklagten eine angemessene Räumungsfrist nach § 721 ZPO zu gewähren.
59
Sie tragen u.a. vor, es fehle an den Voraussetzungen der gewillkürten Prozessstandschaft, da die Ermächtigung vom 30.10.2020 wegen kollusiven Zusammenwirkens der Klägerin mit dem Präsidenten des Nebenintervenienten unwirksam sei.
60
Zudem wird weiter vorgetragen, der Kaufvertrag sei wegen des objektiven Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung und dem kollusiven Zusammenwirken der Klägerin mit dem Präsidenten des Nebenintervenienten, das sich aus der Ausgestaltung des Kaufvertrages ergebe, unwirksam.
61
Auch die Kündigungen seien wegen der Unwirksamkeit der Bevollmächtigung unwirksam und es bestünde weiterhin ein Recht zum Besitz.
62
Soweit am 27.09.2021 erneut über die Zustimmung zum Kaufvertrag abgestimmt wurde, sei auch dieser Beschluss wegen zahlreicher Verstöße gegen die Satzung des Nebenintervenienten und gegen gesetzliche Bestimmungen zum Vereinsrecht unwirksam.
63
Sodann haben die Beklagten erstmalig im Schriftsatz vom 27.01.2022 gerügt, das Landgericht habe gegen das Gebot des gesetzlichen Richters verstoßen. Gerügt wird dabei zum einen, dass die Kammer am Landgericht unter Verletzung des § 348 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO in unzulässiger Weise durch den Proberichter Richter S. als Einzelrichter entschieden habe. Gerügt wird zum anderen, dass es an einem für die Bestimmung des gesetzlichen Richters ausreichenden Geschäftsverteilungsplan fehle, da zum einen der im Laufe des Jahres abgeänderte Geschäftsverteilungsplan für die 31. Zivilkammer des Landgerichts München I für die Zeit ab dem 01.08.2019 auf der Präsidialgeschäftsstelle des Landgerichts nur als nicht unterzeichneter per E-Mail übersandter Papierentwurf vorliege. Zudem fehle eine Regelung, wonach die „vor dem xx.yy.zz eingegangenen Rechtsstreitigkeiten […] in der jeweiligen Spruchgruppe/beim jeweiligen Einzelrichter mit der ursprünglichen Besetzung [verbleiben]“ und die Formulierung „Als Berichterstatter bzw. als Einzelrichter sind zuständig gem. ZK-Endziffern.“ anstelle einer Formulierung „…wird zuständig“ sei auslegungsbedürftig.
64
c. Der Widerkläger beantragt,
Es wird festgestellt, dass der notarielle Kaufvertrag vom 04.04.2020 zwischen dem Nebenintervenienten und der Klägerin unwirksam ist.
65
Er trägt vor, sein Feststellungsinteresse ergebe sich aus der essenziellen Bedeutung der Frage der Eigentümerstellung der Klägerin, zumal er zusätzlich zu der Vereinsgaststätte auch die Gartenparzelle gepachtet habe, die gleichfalls von der Klägerin und nicht von dem Nebenintervenienten gekündigt worden sei.
66
11. Die Klägerin bestreitet die von den Beklagten vorgetragenen Mängel des Beschlusses vom 27.09.2021. Auch habe das Landgericht nicht gegen das Gebot des gesetzlichen Richters verstoßen.
67
12. Hinsichtlich des weiteren Vortrags in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
68
13. Der Senat hat am 19.03.2021 und am 30.11.2021 (Bl. 601f) Hinweise erteilt.
69
Der mit Berufungseinlegung am 08.02.2021 gestellte Antrag der Beklagten auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung wurde mit Beschluss vom 27.08.2021 (Bl. 551/556) zurückgewiesen. Ein weiterer Antrag der Beklagten auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung vom 27.01./03.02.2022 wurde mit Beschluss vom 11.02.2022 zurückgewiesen.
70
Der Senat hat am 03.02.2022 mündlich verhandelt.
71
14. Mit Schriftsatz vom 18.03.2022 haben die Beklagten die Verlegung des Verkündungstermins und den Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung beantragt. Sie berufen sich dazu weiterhin auf eine Verletzung des Gebots des gesetzlichen Richters in der ersten Instanz und tragen zudem vor, die Vertretungsbefugnis des Präsidenten sei durch eine Eintragung im Vereinsregister vom 17.07.2017 beschränkt worden. Sie legen dazu einen Auszug aus dem Vereinsregister vom 05.05.2020 vor, der unter Spalte 3 folgende Ausführungen enthält:
„Allgemeine Vertretungsregelung von Amts wegen berichtigt:
Der Präsident ist einzelvertretungsberechtigt; die übrigen Vorstandsmitglieder vertreten jeweils zusammen mit einem anderen Vorstandsmitglied. Bei Erwerb, Belastung oder Veräußerung von unbeweglichen Vereinsvermögen ist die Zustimmung der Mitgliederversammlung erforderlich.“
72
Unter Spalte 4 ist eingetragen:
„Die Mitgliederversammlung vom 24.04.2017 hat die Neufassung der Satzung beschlossen.“
73
Eine Schriftsatzfrist war den Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht gewährt worden.
74
Auf die zulässige und begründete Berufung der Klägerin war das erstinstanzliche Urteil abzuändern. Die zulässigen Berufungen der Beklagten und des Widerklägers blieben erfolglos.
75
1. Soweit die Beklagten und der Widerkläger erstmals im Schriftsatz vom 27.01.2022 (Bl. 631ff) einen erstinstanzlichen Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters gerügt haben, ergibt sich daraus kein Verfahrensmangel, der zur Aufhebung und Zurückweisung des Verfahrens nach § 538 Abs. 2 Satz 1 ZPO führen würde. Vielmehr konnte das Berufungsgericht gemäß § 538 Abs. 1 ZPO selbst entscheiden, da das Verfahren entscheidungsreif war und die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung nicht vorliegen.
76
a. Soweit die Verletzung des § 348 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO gerügt wird, wird verkannt, dass gemäß dem Beschluss vom 22.10.2019 (Bl. 31/32 d.A.) Richter S. nicht als originärer Einzelrichter im Sinne des § 348 Abs. 1 ZPO eingesetzt wurde, sondern ihm das Verfahren als obligatorischer Einzelrichter nach § 348a Abs. 1 ZPO übertragen wurde. Der Ausschluss des Einsatzes von Richtern auf Probe nach § 348 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gilt aber im Rahmen des § 348a ZPO nicht (Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Aufl. 2022, § 348 ZPO, Rz. 6).
77
b. Soweit Mängel des kammerinternen Geschäftsverteilungsplans gerügt werden, kann dies unabhängig von der Frage, ob darin ein Verstoß gegen den gesetzlichen Richter liegt, nicht zu einer Zurückverweisung an das Landgericht München I führen. Voraussetzung für die beantragte Zurückverweisung nach § 538 Abs. 1 Nr. 1 ZPO wäre das Vorliegen eines wesentlichen Mangels des Verfahrens im ersten Rechtszug sowie eine aufgrund dieses Mangels notwendige umfangreiche oder aufwendige Beweisaufnahme. Zudem darf eine Zurückverweisung in allen Fällen des § 538 Abs. 2 ZPO nur dann erfolgen, wenn eine weitere Verhandlung der Sache vor dem Erstgericht erforderlich ist (BGH, Urteil vom 28. 2. 2005 – II ZR 220/03).
78
Nach diesen Voraussetzungen kommt eine Zurückverweisung des Verfahrens an das Landgericht schon deshalb nicht in Betracht, weil das Verfahren entscheidungsreif ist. Selbst bei Mängeln der Beweisaufnahme des Landgerichts wäre eine weitere Beweisaufnahme schon deshalb nicht erforderlich, weil die in den bisherigen Hinweisen vom Berufungsgericht vertretene Auffassung nicht auf der vom Erstgericht durchgeführten Beweisaufnahme, sondern auf einer von der Auffassung der Beklagten abweichenden rechtlichen Beurteilung des unstreitigen Sachverhalts zum Inhalt von Vereinssatzung, Notarvertrag und Ermächtigung beruht.
79
Etwas anderes könnte sich bei einem erstinstanzlichen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nur dann ergeben, wenn das erstinstanzliche Verfahren überhaupt keine Grundlage für das Berufungsverfahren darstellen könnte (BGH, Beschluss vom 17.03.2008 – II ZR 313/06). Dafür liegen aber keine Anhaltspunkte vor. Insbesondere kann dies nicht aus dem Umstand geschlossen werden, dass grundsätzlich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts für einen Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters durch fehlerhafte Geschäftsverteilungspläne kein sogenannter qualifizierter Verstoß in Form einer willkürlichen Entscheidung erforderlich ist, sondern die Rechts- und Verfassungsmäßigkeit der Geschäftsverteilung ist auf jeden Rechtsverstoß zu untersuchen ist (BGH 16.10.08 – IX ZR 183/06; BVerfG, Beschluss vom 16. 2. 2005 – 2 BvR 581/03). Denn selbst wenn man hier annähme, dass im Zusammenhang mit dem Geschäftsverteilungsplan ein Verstoß gegen den gesetzlichen Richter vorläge, führt das ja gerade nicht zwangsläufig zur Zurückverweisung nach § 538 Abs. 1 Nr. 1 ZPO (BGH, Beschluss vom 17.03.2008 – II ZR 313/06). Es müssen vielmehr weitere Umstände hinzukommen, aus denen sich ergibt, dass das erstinstanzliche Verfahren keine Grundlage für das Berufungsverfahren sein kann. Solche sind hier aber nicht ersichtlich. Das Verfahren wurde auf den Richter übertragen, der nach der von der Kammer getroffenen und inhaltlich nicht beanstandeten Zuständigkeitsregelung zuständig war. Auch wurden Beanstandungen des Verfahrens überhaupt erstmals mit dem Schriftsatz vom 27.01.2022 gerügt. Eine Auswirkung der gerügten Verstöße gegen die formalen Vorgaben an die Bekanntgabe sowie hinsichtlich einzelner Regelungen im Geschäftsverteilungsplan auf das konkrete Verfahren in einem Ausmaß, das dazu führte, dass dieses Verfahren nicht mehr Grundlage des Berufungsverfahrens sein kann, ist unter diesen Umständen nicht erkennbar.
80
c. Rein vorsorglich ist auch festzustellen, dass durch die gerügten Mängel der gesetzliche Richter nicht entzogen wurde.
81
Denn die vom Bundesverfassungsgericht postulierte Anforderung, dass auch die die gesetzlichen Regelungen ergänzenden Bestimmungen in den Geschäftsverteilungsplänen der Gerichte die wesentlichen Merkmale gesetzlicher Vorschriften aufweisen müssen, um die Bestimmung des gesetzlichen Richters im Voraus so eindeutig wie möglich festzulegen, ist vor dem Zweck des durch Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten gesetzlichen Richters zu sehen (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 16. 2. 2005 – 2 BvR 581/03). Mit der Garantie des gesetzlichen Richters soll der Gefahr vorgebeugt werden, dass die Justiz durch eine Manipulation der rechtsprechenden Organe sachfremden Einflüssen ausgesetzt wird und es soll vermieden werden, dass durch eine auf den Einzelfall bezogene Auswahl der zur Entscheidung berufenen Richter das Ergebnis der Entscheidung – gleichgültig von welcher Seite – beeinflusst werden kann (ebenda). Diese Manipulationsgefahr ist aber bei einem lediglich formalen Verstoß im Rahmen der Bekanntgabe der Geschäftsverteilung, der keinerlei inhaltliche Auswirkung auf die Geschäftsverteilung hat, nicht gegeben. Insoweit unterscheidet sich der hiesige Fall auch von dem der Entscheidung des BGH vom 08.02.2017 – 1 StR 493/16 zugrunde liegendem Sachverhalt, da vorliegend ein Geschäftsverteilungsplan zumindest in Textform gegeben ist, während es im dortigen Verfahren nur einen mündlichen Beschluss gab. Im Unterschied zu einem nur mündlichen Beschluss kann ein Beschluss in Textform – wie hier erfolgt – Außenstehenden jederzeit zugänglich gemacht werden und damit auch von außen überprüft werden, nach welchen Kriterien die Verfahren zugeteilt werden. Zudem ist die dortige Entscheidung auch deshalb nicht auf das hiesige Verfahren übertragbar, da sie nicht zu § 538 ZPO, sondern zu den Revisionsvorschriften der StPO ergangen ist. Da im Zivilprozess das Berufungsgericht anders als das Revisionsgericht im Strafprozess eine zweite Tatsacheninstanz darstellt, sind die Erwägungen zu Zurückweisungen an die erste Instanz dort an anderen Vorgaben zu messen als im Zivilprozess.
82
Auch wenn es darauf im Hinblick auf die Erwägungen unter lit a) und b) nicht ankommt, ist ein Verstoß gegen den gesetzlichen Richter durch das Erstgericht daher nicht festzustellen.
83
2. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Herausgabe der Grundstücke an sich selbst nach §§ 581 Abs. 2, 546 Abs. 1 BGB sowie nach § 985 BGB, die Beklagten waren daher zur Herausgabe der Grundstücke an die Klägerin zu verurteilen und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen. Dabei kann die Frage nach der Wirksamkeit des Beschlusses in der Mitgliederversammlung vom 28.05.2018 sowie im Falle der Unwirksamkeit die Frage der Heilung durch den Beschluss vom 27.09.2021 dahinstehen, da die aufschiebende Bedingung aufgrund der notariellen Eigenurkunde vom 15.06.2018 als eingetreten anzusehen ist (a) und der notarielle Vertrag vom 04.04.2018 unabhängig von der Zustimmung der Mitgliederversammlung wirksam geschlossen wurde (b). Die Beklagten haben aufgrund der wirksamen Kündigung kein Recht zum Besitz (c). Die Klägerin ist gem. §§ 581 Abs. 2, 566 Abs. 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus dem Pachtvertrag eingetreten (d). Die Klägerin ist zudem durch die erfolgte Auflassung und die Eintragung im Grundbuch Eigentümerin der Grundstücke geworden (e). Selbst bei Unwirksamkeit des Vertrages hätte die Klägerin aufgrund der Ermächtigung des Nebenintervenienten vom 30.10.2020 die Herausgabe an sie selbst einklagen können (f). Den Beklagten war auch kein Räumungsschutz nach § 721 ZPO zu gewähren (g).
84
a. Mit Ausstellung der notariellen Eigenurkunde am 15.06.2018 ist die Fiktion der Zustimmung der Mitgliederversammlung und damit die aufschiebende Bedingung für die Wirksamkeit des Kaufvertrags vom 04.04.2018 eingetreten. Dies ergibt sich aus § 14 Abs. 4 Satz 2 des Vertrages, der mit der Formulierung „gilt als eingetreten“ ausdrücklich eine Fiktionswirkung vorsieht. Soweit das Landgericht der Eigenurkunde die Fiktionswirkung abspricht, weil der Vertrag von der Zustimmung der Mitgliederversammlung abhängig gemacht wurde und die Bedingung daher nicht als eingetreten betrachtet werden könne, wenn der Zustimmungsbeschluss unwirksam sei, verkennt es die Bedeutung einer Fiktion. Durch eine Fiktion können Sachverhalte als gegeben angesehen werden, die in Wirklichkeit nicht bestehen (vgl. Groh in Weber, Rechtswörterbuch, 27. Edition 2021, Fiktion). Aus dem Kontext der Regelung im Vertrag ist auch ersichtlich, dass die Parteien damit Rechtssicherheit schaffen und Schwebezustände verhindern wollten. So wurde in § 14 Abs. 3 des Vertrages geregelt, dass die Zustimmung als nicht eingetreten gilt, wenn sie nicht bis 30.06.2018 erfolgt. Damit wäre endgültig festgestanden, dass der Vertrag nicht zustande kommt und keiner der Vertragspartner wäre gebunden gewesen. Beide Parteien hätten bei Verzögerungen im Rahmen der Abstimmung über die Zustimmung keine vertraglichen Ansprüche mehr geltend machen können. Andererseits sollte bei einer vor dem 30.06.2018 erfolgten Abstimmung eine dahingehende Sicherheit geschaffen werden, dass bei Bestätigung des Beschlusses durch die Eigenurkunde Streitigkeiten über die Wirksamkeit des Beschlusses nichts mehr am Zustandekommen des Vertrages ändern können. Eine entsprechende Regelung ist zur Gewinnung von Planungssicherheit grundsätzlich möglich. Zweifel an dem Eintritt der Fiktionswirkung könnten nur bei einer missbräuchlichen Beurkundung bestehen. Dafür liegen aber keine Anhaltspunkte vor. Allein aus dem Umstand, dass es Zweifel an der Wirksamkeit des Zustimmungsbeschlusses gibt, ergeben sich keine Anhaltspunkte für ein kollusives Zusammenwirken zwischen der Klägerin und dem Nebenintervenienten oder zwischen diesen und dem beurkundenden Notar.
85
Vielmehr ist die Fiktionswirkung gerade für Fälle des Zweifels gedacht. Da der Zustimmungsbeschluss vom 28.05.2018 zumindest nicht offensichtlich unwirksam war und Mängel des Beurkundungsverfahrens nicht ersichtlich sind, ist die aufschiebende Bedingung der Zustimmung als eingetreten anzusehen.
86
b. Die Regelung in § 14 des Kaufvertrages wurde auch wirksam vereinbart, da der Präsident des Nebenintervenienten diesen bei Abschluss des Kaufvertrages am 04.04.2018 unabhängig vom Vorliegen einer Zustimmung der Mitgliederversammlung wirksam vertreten hat.
87
aa. Grundsätzlich wird der Verein gem. § 26 Abs. 1 Satz 2 BGB durch den Vorstand vertreten, gem. § 26 Abs. 1 Satz 3 BGB kann der Umfang der Vertretungsmacht durch die Satzung beschränkt werden. Eine solche Beschränkung muss aber eindeutig aus der Satzung zu entnehmen sein. Allein der Umstand, dass in der Satzung für bestimmte Entscheidungen die Zustimmung der Mitgliederversammlung erforderlich ist, genügt dafür nicht (vgl. BGH, Urteil vom 22.04.1996 – II ZR 65/9). Vielmehr muss eine den Handlungsspielraum des Vorstands einschränkende Regelung in der Satzung auch zum Ausdruck bringen, dass damit auch die Vertretungsmacht beschränkt werden soll (vgl. BGH, Urteil vom 28. 4. 1980 – II ZR 193/79). Ansonsten hat eine den Handlungsspielraum des Vorstands einschränkende Regelung nur vereinsinterne Bedeutung (ebd.). Wenn sich einer Satzung bei der Auslegung von Genehmigungs- oder Zustimmungserfordernissen nicht klar und eindeutig entnehmen lässt, ob diese Erfordernisse auch die Vertretungsmacht beschränken sollen, führen insoweit verbleibende Zweifel dazu, diese Satzungsklausel lediglich als Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis im Innenverhältnis zu bewerten (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss vom 20.5.2015 – 12 W 882/15).
88
(bb) Nach diesen Kriterien ergibt sich aus der Satzung des Nebenintervenienten keine Beschränkung der Vertretungsmacht des Präsidenten bei Verträgen über die Veräußerung von Grundstücken. Insbesondere führt weder die Regelung in § 13 lit. h) der Vereinssatzung, wonach die Entscheidung über die Veräußerung von unbeweglichem Vereinsvermögen zu den Aufgaben der Mitgliederversammlung gehört, noch die Regelung in § 17 Ziff. 5 der Satzung, wonach bei Beschlüssen über die Veräußerung von Grundstücken besondere Zustimmungsquoren zu erfüllen sind, zu einer Einschränkung des in § 23 der Satzung uneingeschränkt dem Präsidenten eingeräumten Vertretungsrecht. Dies ergibt sich schon aus der Stellung der genannten Vorschriften unter „Kapitel IV: Mitgliederversammlung“ und nicht im Zusammenhang mit der unter „Kapitel V: Präsidium“ geregelten Vertretungsmacht. Auch die Aufspaltung der Aufgabenbereiche durch die in § 13 aufgelisteten Aufgaben der Mitgliederversammlung und den in § 21 geregelten Aufgaben des Präsidiums einerseits und die ohne jegliche Einschränkung oder Differenzierung erfolgte Regelung des Vertretungsrechts andererseits, spricht dafür, dass das uneingeschränkte Vertretungsrecht des Präsidenten auch für den Aufgabenbereich der Mitgliederversammlung gilt. Aus den in § 17 Ziff. 5 geregelten besonderen Anforderungen an Beschlüsse der Mitgliederversammlung bei der Veräußerung unbeweglichen Vermögens ergibt sich sodann zwar die besondere Bedeutung, die solchen Rechtsgeschäften zukommt, daraus folgt aber noch keine Einschränkung der Vertretungsmacht, zumal eine solche Einschränkung allein aufgrund der Bedeutung eines Geschäfts zu unbestimmt wäre.
89
Auch die Hinterlegung der Satzung im Vereinsregister führt zu keiner Beschränkung der Vertretungsmacht, da sich aus der Satzung eine solche Beschränkung gerade nicht ergibt. Mit der Hinterlegung wird der Verein lediglich den Anforderungen aus § 59 Abs. 2 BGB gerecht.
90
Ebenso wenig könnte eine nicht mit der Satzung in Einklang stehende Eintragung der Beschränkung der Vertretungsmacht im Vereinsregister zu einer Beschränkung im Außenverhältnis führen, da über §§ 68, 70 BGB nur die negative Publizität geschützt wird, also der gute Glaube daran, dass das, was nicht eingetragen ist, nicht gilt, nicht hingegen der gute Glaube daran, dass das, was eingetragen ist, rechtlich gilt (Leuschner in MüKo, 9. Auflage 2021, Rz. 1 zu § 68 BGB). Entscheidend ist insoweit der Regelungsgehalt der Satzung.
91
Die Zuweisung der Veräußerung von unbeweglichem Vermögen zum Aufgabenbereich der Mitgliederversammlung führt daher nur dazu, dass der Präsident im Innenverhältnis dazu angehalten ist, Verträge über eine solche Veräußerung nur mit Zustimmung der Mitgliederversammlung abzuschließen. Überschreitet er diese Kompetenz im Außenverhältnis hat grundsätzlich der Verein als Vertretener das Risiko eines Missbrauchs zu tragen und die vom Präsidenten in Überschreitung seiner Kompetenzen abgeschlossenen Verträge bleiben wirksam.
92
cc. Eine Unwirksamkeit des abgeschlossenen Vertrages könnte sich nur aus einer missbräuchlichen Verwendung der Vollmacht ergeben. Nach der Rechtsprechung des BGH sind zwei Fallgruppen des Missbrauchs der Vollmacht anerkannt, in denen die Überschreitung der Vertretungsbefugnis im Innenverhältnis auch zu einer Unwirksamkeit des abgeschlossenen Geschäfts im Außenverhältnis führt. Dies ist zum einen dann der Fall, wenn ein Vertreter kollusiv mit dem Vertragsgegner zum Nachteil des Vertretenen ein Geschäft abschließt. Ein solches Geschäft verstößt gegen die guten Sitten und ist gem.§ 138 BGB nichtig. Zum anderen ist der Vertretene gegen einen erkennbaren Missbrauch der Vertretungsmacht im Verhältnis zum Vertragspartner dann geschützt, wenn der Vertreter von seiner Vertretungsmacht in ersichtlich verdächtiger Weise Gebrauch gemacht hat, so dass beim Vertragspartner begründete Zweifel bestehen mussten, ob nicht ein Treueverstoß des Vertreters gegenüber dem Vertretenen vorliege, wobei eine massive Verdachtsmomente voraussetzende objektive Evidenz des Missbrauchs erforderlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 11.5.2017 – IX ZR 238/15). Die Beweislast für das Fehlen der Vertretungsmacht trägt dabei derjenige, der sich auf die Unwirksamkeit eines Vertragsschlusses wegen fehlender Vertretungsmacht beruft (vgl. BGH, Urteil vom 23. 9. 2008 – XI ZR 253/07).
93
(1) Hier ist schon fraglich, ob der Präsident des Nebenintervenienten seine Kompetenzen im Innenverhältnis überschritten hat. Hierfür könnte sprechen, dass der notarielle Vertrag bereits am 04.04.2018 und damit unstreitig vor einer Abstimmung der Mitgliederversammlung über die Veräußerung geschlossen wurde. Dagegen spricht aber wiederum, dass der Vertrag unter die aufschiebende Bedingung der Zustimmung der Mitgliederversammlung gestellt wurde und damit die vereinsinterne Aufgabenverteilung gerade eingehalten werden sollte. Da zudem bei der Abstimmung für die Mitglieder auch erkennbar sein muss, worüber sie abstimmen, hat es für sie auch Vorteile, wenn die konkreten Veräußerungsbedingungen schon vor der Zustimmung vertraglich und damit auch für den Vertragspartner bindend festgehalten werden. Bedenken könnten sich nur aus der Fiktionswirkung der notariellen Eigenurkunde sowie aus dem Umstand, dass die Auflassung aufgrund deren Bedingungsfeindlichkeit von der aufschiebenden Bedingung der Zustimmung ausgenommen war, ergeben. Über die Fiktionswirkung wurde ermöglicht, bei vereinsinternen Streitigkeiten über die Wirksamkeit des Vertrages – wie hier geschehen – eine Fiktion der Zustimmung auszulösen und damit war eine Veräußerung der Grundstücke ohne wirksame Zustimmung nicht gänzlich ausgeschlossen. Allerdings ist hier auch zu berücksichtigen, dass auch diese Klausel unter Rechtssicherheitsgesichtspunkten auch im Interesse des Vereins war und dass die Hürden für die Fiktionswirkung durch die vorgesehene notarielle Prüfung des Bedingungseintritts hoch waren. Hinsichtlich der Ausnahme der in § 12 geregelten Auflassung vom Eintritt der aufschiebenden Bedingung ist festzustellen, dass die Auflassung nach der vertraglichen Regelung erst nach Zahlung der ersten Kaufpreisrate erklärt werden sollte. Deren Höhe und Fälligkeit wiederum waren in §§ 4 und 5 des Kaufvertrages geregelt, die nicht von der aufschiebenden Bedingung ausgenommen waren. Damit konnte die Eigentumsübertragung letztlich doch erst nach Wirksamwerden des Kaufvertrages im übrigen erfolgen, eine über die Regelung der Zustimmungsfiktion hinausgehende Möglichkeit der Eigentumsübertragung ohne Zustimmung der Mitgliederversammlung ist in § 12 des Vertrages daher nicht angelegt. Letztlich kann aber offenbleiben, ob der Präsident des Nebenintervenienten im Innenverhältnis seine Kompetenzen überschritten hat, da keiner der zwei Fälle vorliegt, in denen ein solcher Missbrauch zu einer Unwirksamkeit des Vertrages führen könnte.
94
(2) Der Vertragsschluss stellt zum einen kein kollusives Verhalten zum Nachteil des Vereins als Vertretenem dar. Soweit die Beklagten hier auf für den Verein nachteilige Regelungen im Vertrag und insbesondere auf einen zu niedrigen Kaufpreis abstellen, liegen dafür keine Anhaltspunkte vor. Die Kriterien für die Preisfindung wurden von der Klägerin schlüssig dargelegt, nach dem Vortrag des Nebenintervenienten gab es keine weiteren belastbaren Angebote. Dies ist auch nachvollziehbar, da unstreitig ein enger Zusammenhang zwischen der Bebauung der veräußerten Grundstücke und den bereits im Eigentum der Klägerin befindlichen angrenzenden Grundstücken besteht. Der pauschale Vortrag der Beklagten zu höheren Grundstückspreisen ist vor diesem Hintergrund schon nicht geeignet, Anhaltspunkte für einen nachteiligen Kaufpreis zu liefern, da eine besondere Interessenlage vorliegt. Seitens des Nebenintervenienten wurde die Preisfindung auch durch ein Plausibilitätsgutachten einer Unternehmensberatung überprüft. Die von den Beklagten gerügte Abwälzung der Entschließungskosten auf den Verein ist Teil dieser Preisfindung. Das von den Beklagten angekündigte Wertgutachten wurde nicht vorgelegt. Die Preise sowie die Gründe für die Preisfindung wurden zumindest vor der Mitgliederversammlung am 28.05.2018 auch gegenüber den Vereinsmitgliedern kommuniziert. Auch der Umstand, dass durch den Nachtrag vom 02.09.2021 der Preis um 2,5 Millionen erhöht wurde, ist kein Indiz für einen ursprünglich zu niedrigen Preis, sondern trägt dem Umstand der Wertentwicklung während der Dauer des Rechtsstreits Rechnung und steht zudem unter der Bedingung baldiger Planungssicherheit. Konkrete Anhaltspunkte für eine für den Verein nachteilige Regelung zur Preisfindung im Vertrag liegen daher nicht vor.
95
Soweit die Beklagten die Interessen des Vereins durch die Geheimhaltungsklausel verletzt sehen, galt diese nicht gegenüber dem Verein als Partei des Vertrages. Die Vereinsmitglieder konnten sich auch bei der Informationsveranstaltung nicht nur über den Vertrag informieren, sondern diesen auch selbst durchsehen. Dies ergibt sich nicht nur aus dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin, sondern auch aus dem Umstand, dass die von den Beklagten vorgelegten Auszüge aus dem Vertrag den Aufdruck „Informationsveranstaltung am 14.05.2018“ enthalten (B 30). Dass an die Vereinsmitglieder zur Wahrung der Geheimhaltung vorsichtshalber keine Exemplare des Vertrages zur Mitnahme herausgegeben wurden, ist unschädlich, da im Rahmen der Informationsveranstaltung eine ausreichende Möglichkeit zur Information gegeben war. Auch hier ist eine Verletzung der Interessen des Vereins daher nicht ersichtlich.
96
Zudem spricht auch der Umstand, dass der Veräußerung der Grundstücke an die Klägerin bei allen vorgenommenen Abstimmungen mit großer Mehrheit zugestimmt wurde, gegen eine für den Verein nachteilige Vertragsgestaltung. Insbesondere bei der Abstimmung am 27.09.2021 ist davon auszugehen, dass den Vereinsmitgliedern die von den Beklagten gegen den Vertrag vorgetragenen Argumente im Hinblick auf die verschiedenen Gerichtsverfahren und die Dauer der Streitigkeiten bekannt gewesen sein dürften.
97
Anhaltspunkte für kollusives Verhalten liegen daher nicht vor.
98
(3) Auch ein Fall des erkennbaren Missbrauchs der Vertretungsmacht liegt nicht vor. Zwar ist davon auszugehen, dass der Klägerin die Satzung des Vereins und damit der Umstand, dass die Veräußerung von Grundstücken in den Aufgabenbereich der Mitgliederversammlung fällt, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannt war. Ist dem Vertragspartner bekannt oder muss sich ihm aufdrängen, dass der Geschäftsführer die Grenzen, die seiner Vertretungsbefugnis im Innenverhältnis gezogen sind, missachtet, muss er sich diesen Missbrauch entgegenhalten lassen (vgl. BGH, Urteil vom 14.03.1988 – II ZR 211/87). Ein Handeln des Vertreters zum Nachteil des Vertretenen ist dann nicht erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 2. 7. 2007 – II ZR 111/05).
99
Wie bereits ausgeführt, ist hier aber schon fraglich, ob in dem Vertragsschluss ein Überschreiten der Grenzen der Vertretungsmacht im Innenverhältnis liegt. Ein solches könnte sich nur aus der Fiktionswirkung der Eigenurkunde ergeben. Da hier aber das Vorliegen der Zustimmung der Mitgliederversammlung als Umsetzung der vereinsinternen Zustimmungsregeln und damit als klares Indiz gegen einen Missbrauch der Vollmacht von einem Notar überprüft werden sollte und zudem auch die Regelung der Zustimmungsfiktion als Vertragsbestandteil Gegenstand der Einsichtnahme im Rahmen der Informationsveranstaltung war, liegen hier keinerlei verdächtigte oder konspirative Verhaltensweisen vor, die auf einen erkennbaren Missbrauch der Vollmacht hindeuten. Der Sachverhalt unterscheidet sich damit grundlegend von dem der Entscheidung des BGH vom 14.03.1988 (II ZR 211/87) zugrunde liegenden Fall, in dem ein Geschäftsführer die Genehmigung zur Abtretung von Gesellschaftsanteilen ohne Einholung eines im Innenverhältnis dafür erforderlichen Gesellschafterbeschlusses erteilt hat, was der BGH trotz der Stellung des Geschäftsführers als Mehrheitsgesellschafter als Missbrauch der Vollmacht angesehen hat. Dagegen sollte hier die Veräußerung erst mit Vorliegen des im Innenverhältnis erforderlichen Beschlusses wirksam werden. Ein Fall des Missbrauchs der Vertretungsmacht lag daher nicht vor, denn auch wenn insoweit kein Verhalten zum Nachteil des Vertretenen erforderlich ist, setzt das erkennbar missbräuchliche Nutzen einer Vollmacht zumindest eine bewusste Kompetenzüberschreitung und -umgehung voraus, an der es im Hinblick auf die im Vertrag vorgesehene Mitwirkung des intern zuständigen Organs fehlt.
100
Der notarielle Vertrag wurde daher wirksam geschlossen. Es liegen auch keine Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit vor, insoweit wird auf die obigen Ausführungen zur Preisfindung und zur Geheimhaltungsklausel verwiesen.
101
c. Die Beklagten haben kein Besitzrecht, da die Verträge wirksam gekündigt wurden. Die Klägerin wurde von dem Nebenintervenienten zur Kündigung der Pachtverträge bevollmächtigt. Ein Veräußerer kann einen Erwerber zum Ausspruch von Kündigungen vor Eintragung ins Grundbuch bevollmächtigen (Cramer, Mietrecht, 2019, H Rz. 76). Wie bereits im Beschluss des Senats vom 27.08.2021 (Bl. 551/556) ausgeführt, wäre die Vollmacht auch im Falle der Unwirksamkeit des Kaufvertrages wirksam gewesen, insoweit wird auf die Ausführungen im dortigen Beschluss Bezug genommen. Darauf kommt es aber im Hinblick auf die ohnehin gegebene Wirksamkeit des Kaufvertrags nicht an. Da die Frist der ordentlichen Kündigung sowohl für den Pachtvertrag über die Vereinsgaststätte als auch für das Gartengrundstück abgelaufen ist, kann die Frage des Vorliegens eines Grundes für eine außerordentliche Kündigung hinsichtlich der Vereinsgaststätte offenbleiben.
102
d. Mit Vollzug des Eigentumsübergangs durch Eintragung im Grundbuch sind die Rechte und Pflichten aus den Pachtverhältnissen gemäß §§ 581 Abs. 2, 566 BGB auf die Klägerin übergegangen (vgl. Landwehr in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 5. Auf. 2019. Kap. II Rz. 2684) und diese kann den Rückgabeanspruch nach §§ 581 Abs. 2, 546 Abs. 1 BGB geltend machen.
103
e. Selbst bei Nichteintritt der Fiktionswirkung hätte die Klägerin aufgrund der erklärten Auflassung und der Eintragung im Grundbuch Eigentum erworben. Die in der Auflassung nach § 925 BGB liegende dingliche Einigung ist aufgrund des Abstraktionsprinzips grundsätzlich unabhängig von der Wirksamkeit des zugrundeliegenden schuldrechtlichen Geschäfts, Mängel des Kausalgeschäfts wirken sich nur dann auch auf das dingliche Geschäft aus, wenn der gleiche Mangel beiden Geschäften anhaftet (vgl. dazu Kohler in MüKo, 8. Auflage 2020, Rz. 50f zu § 873 BGB). Hier liegt ein Mangel in Form der fehlenden Vertretungsbefugnis weder für den notariellen Kaufvertrag als Grundgeschäft noch für die Auflassung vor, da der Präsident des Nebenintervenienten für beide Geschäfte vertretungsbefugt war (s.o.). Soweit die Wirksamkeit des Grundgeschäfts von der aufschiebenden Bedingung der Zustimmung abhängig gemacht wurde, galt diese Bedingung ausdrücklich nicht für die Auflassung. Selbst wenn man daher zu dem Ergebnis käme, dass weder ein wirksamer Beschluss der Mitgliederversammlung vorlag noch die Bedingung trotz Fehlen eines solchen Beschlusses über die Fiktionswirkung eingetreten wäre, wäre die Auflassung wirksam erklärt worden und der Eigentumserwerb durch die Eintragung im Grundbuch erfolgt. Auf die Frage der Auswirkungen des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs nach §§ 891, 892 BGB kommt es daher nicht an. Die Klägerin hätte selbst bei Nichteintritt der aufschiebenden Bedingung gegenüber den Beklagten einen Anspruch auf Herausgabe nach § 985 BGB. Die Beklagten könnten sich diesem gegenüber auch nicht unter Bezugnahme auf die Unwirksamkeit des Grundgeschäfts auf die dolo agit Einrede nach § 242 BGB wegen einer Verpflichtung zur alsbaldigen Rückgewähr berufen, da ein Anspruch auf Rückübereignung nur durch den Verein geltend gemacht werden könnte und sie selbst aufgrund der wirksamen Kündigung weder gegenüber der Klägerin noch gegenüber dem Verein eine Wiederherstellung ihres Besitzes verlangen könnten.
104
f. Zudem könnte die Klägerin selbst dann, wenn sie nicht Eigentümerin geworden wäre, aufgrund der Ermächtigung vom 30.10.2020 die Herausgabe an sich selbst verlangen. Die Klägerin wird darin ausdrücklich zur Herausgabe an sich und nur hilfsweise zur Räumung und Herausgabe an den Verein ermächtigt. Wäre der Nebenintervenient Eigentümer geblieben, hätte er gegenüber den Beklagten aufgrund der wirksamen Kündigung Ansprüche auf Räumung und Herausgabe nach §§ 581 Abs. 2, 546 Abs. 1 BGB sowie nach § 985 BGB gehabt. Beide Ansprüche können im Rahmen einer Ermächtigung auch vom Nichteigentümer geltend gemacht werden, der Anspruch aus § 546 Abs. 1 BGB könnte auch Gegenstand einer Abtretung sein (vgl. Streyl in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 15. Auflage 2021, Rz. 61 zu § 546 BGB). Zwar kann der Ermächtigte nicht immer Herausgabe oder Leistung an sich, sondern gegebenenfalls auch nur an den Gläubiger verlangen (vgl. Roth/Kieninger in MüKo, 8. Auflage 2019, Rz. 50 zu § 398 BGB), das ist aber eine Frage der Ausgestaltung der Ermächtigung, die hier ausdrücklich die Leistung an den Ermächtigten vorsieht. Diese Ausgestaltung war auch rechtlich möglich, zumal der Anspruch aus § 546 Abs. 1 BGB auch hätte abgetreten werden können. Anhaltspunkte für ein kollusives Verhalten im Zusammenhang mit der Ermächtigung vom 30.10.2020 sind nicht ersichtlich.
105
g. Den Beklagten war auch keine Räumungsfrist zu gewähren. Zwar ist § 721 ZPO hier grundsätzlich anwendbar, da die Räume zumindest auch zu Wohnzwecken genutzt wurden (vgl. dazu Fleindl in BeckOK Mietrecht, 27. Ed., Stand: 01.05.2021, Rz. 112ff zu Zwangsvollstreckung mwN). Die Beklagten haben auch einen entsprechenden Antrag gestellt. Eine Abwägung der Interessen der Parteien ergibt aber nicht die Voraussetzungen für die Einräumung einer Räumungsfrist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass § 721 ZPO insbesondere den Mieter von Wohnraum vor drohender Obdachlosigkeit oder vor dem Bezug unzumutbaren Ersatzwohnraums schützen soll (vgl. Lehmann-Richter in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 15. Auflage 2021, Rz. 19 zu § 721 ZPO). Seitens der Beklagten wurden als Gründe für das Erfordernis einer Räumungsfrist primär vorgetragen und durch Unterlagen belegt, dass bislang keine neue Gaststätte gepachtet werden konnte. Damit wird aber nicht dargelegt, dass Gewährung von Räumungsschutz zur Vermeidung von Obdachlosigkeit oder Bezug von unzumutbarem Ersatzwohnraum erforderlich ist. Hinsichtlich des Findens neuen Wohnraums wird von den Beklagten nur pauschal darauf verwiesen, bislang keine neue Wohnung gefunden zu haben. Hinsichtlich des Gartengrundstücks wurden keine gesonderten Gründe vorgetragen. Damit wurde das Fehlen zumutbaren Ersatzwohnraums nicht ausreichend dargelegt (vgl. zu den Anforderungen vgl. Lehmann-Richter in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 15. Auflage 2021, Rz. 21 zu § 721 ZPO). Die Erfolglosigkeit der Suche nach einer neuen Gaststätte fällt nicht in den Schutzbereich des § 721 ZPO. Insbesondere ist das Interesse eines Mieters an einem Ersatzobjekt, in dem erneut die gewerblich genutzten Räume mit Wohnräumen verbunden sind, nicht durch § 721 ZPO geschützt. Auf der anderen Seite sind die Interessen der Klägerin zu berücksichtigen, die bereits seit dem Urteil des Landgerichts vom 08.02.2021 über einen vorläufig vollstreckbaren Räumungstitel verfügt. Selbst wenn für die verfahrensgegenständlichen Grundstücke aktuell noch keine Baugenehmigung vorliegt, kann das weitere Planungsverfahren durch eine Räumung erleichtert werden. Hinzu kommt, dass aktuell im Hinblick auf Verstöße gegen die Brandschutzvorschriften die Genehmigungsfähigkeit des Gaststättenbetriebs fraglich ist. Unter diesen Gesichtspunkten ist ein weiteres Hinausschieben der Räumung nicht gerechtfertigt.
106
3. Die zulässige Berufung des Widerklägers war zurückzuweisen, da die Beurteilung der Widerklage durch das Landgericht als unzulässig mangels Feststellungsinteresse zutreffend ist.
107
Die Unwirksamkeit des notariellen Vertrages als Gegenstand des Feststellungsantrags ist kein Rechtsverhältnis zwischen dem Widerkläger und der Widerbeklagten, sondern zwischen der Widerbeklagten und dem Streitverkündeten und damit ein Drittrechtsverhältnis. Ein solches kann nur Gegenstand einer Feststellungsklage sein, wenn es zugleich für die Rechtsbeziehungen der Parteien untereinander von Bedeutung ist und der Kläger ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Klärung hat (Greger in Zöller, ZPO, 34. Aufl. 2022, Rz. 3b zu § 256 ZPO mwN). Hier ist schon fraglich, ob die Wirksamkeit des notariellen Vertrages für die Rechtsposition des Widerklägers überhaupt von Bedeutung ist, da die Räumung und Herausgabe an die Widerbeklagte von dieser auch unabhängig von der Wirksamkeit des Vertrages verlangt werden könnte (s.o. Ziff. 2.f.). Ein rechtliches Interesse im Sinne des § 256 ZPO ist gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr oder Unsicherheit droht und das Feststellungsurteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (vgl. Becker-Eberhard in MüKo, 6. Auflage 2020, Rz. 39 zu § 256 ZPO mwN). Die Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrages würde für den Widerkläger hier aber die Gefahr der Unsicherheit für seinen geltend gemachten Anspruch auf Besitz im Hinblick auf die unabhängig davon wirksame Kündigung der Pachtverträge nicht beseitigen. Es ist auch nicht ersichtlich, welches zusätzliche Interesse sich aus der Position des Widerklägers als Pächter des Gartengrundstücks ergeben sollte. Ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrags liegt daher nicht vor. Davon unabhängig wäre der Antrag im Hinblick auf die Wirksamkeit des Vertrags (s.o. Ziff. 2.b.) auch unbegründet.
108
4. Ein Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung war aufgrund des Vortrags im Schriftsatz der Beklagten vom 18.03.2022 nicht veranlasst. Hinsichtlich des vorgetragenen Verstoßes gegen das Gebot des gesetzlichen Richters wird auf die obigen Ausführungen verwiesen, neuer Vortrag liegt insoweit nicht vor. Soweit auf eine Beschränkung der Vertretungsbefugnis auch im Außenverhältnis durch die Eintragung im Vereinsregister verwiesen wird, wird damit der bislang nur pauschal erhobene Vortrag, eine Beschränkung sei im Vereinsregister eingetragen, erstmals konkretisiert. Es handelt sich dabei um neuen Sachvortrag in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz nach Schluss der mündlichen Verhandlung, der gemäß §§ 525, 296a ZPO präkludiert ist.
109
Auch bei Berücksichtigung des Vortrags wäre die Berufungsentscheidung aber aufrechtzuerhalten, da die Eintragung einer Beschränkung der Vollmacht ohne entsprechende Grundlage für die Beschränkung in der Satzung nicht zu einer Beschränkung im Außenverhältnis führen würde (vgl. oben Ziff. 2. lit b.bb). Die Satzung vom 24.04.2017, auf die die Eintragung im Vereinsregister Bezug nimmt, enthält aber gerade keine solche Einschränkung (B 15).
110
1. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97, 101 ZPO. Gemäß dem Rechtsgedanken des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO haften die Beklagten trotz des hinsichtlich des Beklagten zu 1) geringfügig höheren Streitwerts als Gesamtschuldner.
111
2. Die Entscheidung zur Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
112
3. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen.
113
4. Der Streitwert für die Klageanträge ergibt sich gem. § 48 Abs. 2 GKG aus der Jahrespacht für die Gaststätte (12 mal 1.720,34 €) sowie hinsichtlich des Beklagten zu 1) zusätzlich aus der Jahrespacht für das Gartengrundstück (205,92 €). Die Widerklage wirkt gem. § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG nicht streitwerterhöhend, da sie denselben Gegenstand betrifft. Für den Streitwert des erstinstanzlichen Verfahrens waren die Hilfsanträge der Klägerin, über die in erster Instanz entschieden wurde, streitwerterhöhend zu berücksichtigen, da es sich bei der Herausgabe an den Nebenintervenienten um einen anderen Gegenstand als die Herausgabe an die Klägerin handelt. Auch den Hilfsanträgen war eine Jahrespacht zugrunde zu legen.