Titel:
Vorläufige Vollstreckbarkeit, Rechtshängigkeit, Kosten des Berufungsverfahrens, Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, Klagepartei, Abschalteinrichtung, Kostenentscheidung, Sicherheitsleistung, Streitwert, Rechtsmittel, Gegenerklärung, Aussicht auf Erfolg, Berufungszurückweisung, Rechtsschutzziel, Zug-um-Zug, Abänderung, Angefochtenes Urteil, Rückruf, Entscheidung des Berufungsgerichts, Landgerichte
Schlagworte:
Berufungsverfahren, Rückrufaktion, Abgasproblematik, Abschalteinrichtung, Sachverhaltsaufklärung, Fahrzeugtechnik, Streitwertbestimmung
Vorinstanz:
LG Amberg vom 28.05.2019 – 13 O 1328/18
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Urteil vom 20.08.2025 – VIa ZR 1545/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 61311
Tenor
1. Die Berufung der Klagepartei gegen das Urteil des Landgerichts Amberg vom 28.05.2019, Aktenzeichen 13 O 1328/18, wird zurückgewiesen.
2. Die Klagepartei hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil und der vorliegende Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klagepartei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 55.000,00 € festgesetzt.
Gründe
1
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts Amberg vom 28.05.2019 und die einleitende Zusammenfassung im vorausgegangenen Hinweis des Senats Bezug genommen.
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Im Berufungsverfahren beantragt die Klagepartei:
1. Unter Abänderung des am 28.05.2019 verkündeten Urteils des Landgerichts Amberg, Az. 13 O 1328/18, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 55.000 nebst Zinsen hieraus i.H.v. 4 Prozent p.a. aus € 55.000 seit dem 15.05.2014 bis zur Rechtshängigkeit und ab Rechtshängigkeit i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszins der EZB, hilfsweise nebst Zinsen aus € 55.000 i.H.v. 5 Prozentpunkten p.a. über dem jeweils gültigen Basiszins der EZB ab Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe des PKW Audi A7 Sportback, FIN … an die Beklagte.
2. Es wird weiter festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebotes gemäß Ziff. in 1 Verzug befindet.
3
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
4
Wegen der Einzelheiten des jeweiligen Sachvortrags im Berufungsverfahren wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen.
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Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Amberg vom 28.05.2019, Aktenzeichen 13 O 1328/18, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht geboten ist.
6
Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats Bezug genommen.
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Auch die Ausführungen in der Gegenerklärung geben zu einer Änderung keinen Anlass.
8
Die Gegenerklärung erschöpft sich weitgehend in Darstellungen und Überlegungen tatsächlicher und rechtlicher Art, die von der Klagepartei im Verfahren bereits vorgetragen wurden und die der Senat geprüft und behandelt hat. Der Senat nimmt zur Kenntnis, dass die Klagepartei den Ausführungen des Senats ihre eigenen – abweichenden – Schlussfolgerungen und Bewertungen entgegensetzt; er hält jedoch an den im Hinweis dargelegten und begründeten Standpunkten fest.
9
Soweit die Klagepartei die Ausführungen des Senats unter dem Punkt c) auf Seite 12 des Hinweises, dass im streitgegenständlichen Fahrzeug kein Abgasnachbehandlungssystem verbaut sei, als unzutreffend moniert, beruht dies ersichtlich auf einem Missverständnis. Der Senat differenziert zwischen dem System der Abgasrückführung, das im hiesigen Fahrzeug unstreitig vorhanden ist, und dem (ergänzenden) System der Abgasnachbehandlung über Katalysatoren (NSK oder SCR). Über letztere verfügt das klägerische Fahrzeug auch nach dem Klägervortrag gerade nicht.
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Ins Leere geht der Vortrag, dass die Beklagte neben der Abgasrückführung die „SCR-Technik“ zur NOx-Reduktion hätte einsetzen können, aber aus Kostengründen hierauf verzichtet habe. Ein Hersteller handelt nicht verwerflich iSd § 826 BGB, wenn er diejenige Technik auswählt, mit der die Einhaltung der Grenzwerte (kostengünstig) aus seiner (damaligen) Sicht in Übereinstimmung mit der (damaligen) Einschätzung des KBA in zulässiger Weise erreicht werden kann.
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Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass das klägerische Fahrzeug nicht von einem Rückruf betroffen ist. In der als Anlage K 10 vorgelegten „Liste der betroffenen Fahrzeugvarianten im Zuständigkeitsbereich des KBA (Stand 24. September 2019)“ wird zum Fahrzeugtyp A7, Euro 5, 180kW, als Differenzierungsmerkmal die Genehmigungsnummer ...*09-11 angegeben, während das klägerische Fahrzeug ausweislich der Zulassungsbescheinigung Teil 1 die Genehmigungsnummer ...436*13 trägt. Die Klagepartei behauptet auch nicht, eine entsprechende Halterbenachrichtigung über einen Rückruf erhalten zu haben. In der über die Webseite des KBA öffentlich zugänglichen Liste des KBA ist in der aktuellen Fassung (Stand 13. Januar 2022) ein Rückruf betreffend die Motorkennbuchstaben CDUD wegen unzulässiger Abschalteinrichtung überdies nicht mehr vorhanden, vielmehr überhaupt nur noch ein Rückruf für Fahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 5 mit den Motorkennbuchstaben CGQB.
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Der Senat hält auch daran fest, dass die Abweichung der Messwerte im Realbetrieb von den Messwerten nach NEFZ angesichts der vorliegenden Unterschiede der Messbedingungen (z.B. starker Wind bei den im Rahmen der Untersuchungskommission „Volkswagen“ durchgeführten PEMS-Messungen an einem Audi A6, V6 3.0l, Euro 5) für sich genommen kein Indiz für das Vorhandensein einer Abschalteinrichtung bildet (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 2021 – VI ZR 128/20, juris, Rn. 23, wo ein Hinweis auf Diskrepanzen zwischen Stickoxidemissionen unter damals zur Erlangung der Typgenehmigung allein maßgeblichen Prüfstandsbedingungen und unter normalen Betriebsbedingungen auf der Straße nicht genügte). Dies gilt auch für die nunmehr erstmals vorgelegten PEMS-Messungen der Deutschen Umwelthilfe zu einem Audi A7 3.0 TDI, Euro 5, die bei Außentemperaturen von 8 bis 11 Grad erfolgten. Zudem ergibt sich nicht, dass diese gemessenen Werte auf eine andere Abschalteinrichtung als das vorhandene „Thermofenster“ zurückzuführen sind.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils und des vorliegenden Beschlusses erfolgte gemäß § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
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Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt. Maßgeblich ist das aus der Gesamtschau (Gestaltung der Anträge; etwaige eigene ausdrückliche Wertangaben) ersichtliche subjektive Rechtsschutzziel der Klagepartei (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2021 – VII ZR 206/21, Rn. 6 ff. bei juris).