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LG Ingolstadt, Endurteil v. 08.04.2022 – 72 O 2023/20 Die
Titel:

Abschalteinrichtung, Sittenwidrigkeit, Beweiserhebungspflicht, Klagepartei, Sittenwidrige Schädigung, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Unzulässigkeit, Klageabweisung, Gerichtsbekanntheit, Kostenentscheidung, Nutzungsentschädigung, Mängel der Kaufsache, Sachverständigengutachten, Außergerichtliche Rechtsverfolgung, Schädigungsvorsatz, Besondere Verwerflichkeit, Deliktischer Anspruch, Inverkehrbringen, Feststellung des Annahmeverzugs, Substantiierte Darlegung

Schlagworte:
Sittenwidrigkeit, Thermofenster, Darlegungs- und Beweislast, Täuschungsvorsatz, Motorenschutzmaßnahme, Substantiierungspflicht
Rechtsmittelinstanz:
OLG München, Hinweisbeschluss vom 04.08.2025 – 32 U 2799/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 61292

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 32.331,32 € festgesetzt.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten um deliktische Ansprüche nach einem Pkw-Kauf.
2
Die Klagepartei erwarb am 11.03.2019 einen von der Beklagten hergestellten Audi A6 Avant V6
3
3.0 TDI (200 kW) und Schadstoffklasse EURO 6 als Gebrauchtwagen zu einem Kaufpreis in Höhe von 31.999,00 € brutto mit einem Kilometerstand von 79.000 km von der Automobile A. GmbH und finanzierte es über ein Darlehen, wofür Kosten in Höhe von 3.106,46 € anfielen.
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Die Beklagte nimmt auf Anordnung des Kraftfahrbundesamt (KBA) eine Aktualisierung der Motorensoftware der Fahrzeuge des streitgegenständlichen Typs vor, da festgestellt wurde, dass die Reagenseindüsung in den SCR-Katalsysator bei Erreichen der Reagens-Restreichweite von weniger als 2.400 km unter gewissen Bedingungen in reduziertem Maß durchgeführt wurde.
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In dem Fahrzeug ist außerdem unstreitig ein sog. Thermofenster verbaut.
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Die Klagepartei trägt im Wesentlichen vor:
Die Beklagte habe in der Motorsteuerung des Motors illegale Abschalteinrichtungen verwendet, um die geltenden Abgasnormen zu umgehen. Das Fahrzeug sei daher durch die Beklagte werksseitig manipuliert gewesen hinsichtlich der Schadstoffwerte. Auch das sog. Thermofenster stelle ein sog. unzulässige Abschalteinrichtung dar.
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Die Klagepartei stützt ihre Ansprüche gegen die Beklagte auch auf § 826 BGB.
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Der Kläger beantragt,
1.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerpartei EUR 35.105,46 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.07.2020 abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von EUR 2.774,14 Zug-um-Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeuges mit der Fahrgestellnummer …61 zu zahlen.
2.
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte seit dem 08.07.2020 mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1. bezeichneten Gegenstands in Annahmeverzug befindet.
3.
Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von EUR 2.199,36 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.07.2020 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte führt im Wesentlichen aus:
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Sie bestreitet im Wesentlichen, die Klagepartei vorsätzlich sittenwidrig getäuscht und geschädigt zu haben. Der Kläger habe zudem keinen kausalen Schaden erlitten. Dieser könne das betroffene Fahrzeug uneingeschränkt und technisch sicher nutzen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Parteien erklärten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zwar zulässig, aber unbegründet und hat daher keinen Erfolg.
A.
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Das Landgericht Ingolstadt ist nach § 17 ZPO für die Klage zuständig.
B.
14
Die Klage ist aber unbegründet.
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Dem Kläger stehen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zu.
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I. Der Kläger hat das Fahrzeug nicht bei der Beklagten erworben, sodass vertragliche oder quasivertragliche Ansprüche ausscheiden.
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II. Die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs aus § 826 BGB sind vorliegend ebenfalls nicht erfüllt.
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1.) Die Entscheidung der Beklagten, dass ein – mit einer laut KBA unzulässigen Abschalteinrichtung versehener Motor – in das streitgegenständliche Fahrzeug eingebaut und dieses mit der erschlichenen Typgenehmigung in Verkehr gebracht wird, könnte grundsätzlich eine sittenwidrige Handlung darstellen.
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a) Die Beklagte selbst räumt ein, dass das Fahrzeug der Klagepartei von der Anordnung des Rückrufes des Kraftfahrtbundesamtes im Bezug auf dessen Emissionsverhalten betroffen ist. Dieser Umstand ist daher gemäß § 138 Abs. 3 ZPO der Entscheidung zugrunde zu legen.
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Aus dem aus anderen hier anhängigen Verfahren gerichtsbekannten bestandskräftigen, am 12.11.2018 freigegebenen Rückrufbescheid des Kraftfahrt-Bundesamtes für den gegenständlichen Fahrzeugtyp ergibt sich, dass die betroffenen Fahrzeuge einen SCR-Kctalysator besitzen, der systembedingt mit Reagens beladen werden muss. Dabei wird bei diesen Fahrzeugen nach Aktivierung des Aufforderungssystems nicht über die gesamte Restreichweite des Fahrzeugs gleich viel Reagens in den SCR-Katalysator eingedüst (bezogen auf vergleichbare Betriebsbedingungen vor Erreichen der Restreichweite). Dies soll der Sicherstellung der geforderten Reagens-Restrelchweite von 2.400 km dienen. Die Zurücknahme der Reagenseindüsung erfolgt ausschließlich im Onlinebetrieb ab einem durchschnittlichen Reagens-Langzeitverbrauch von mehr als 1,3 I / 1.000 km. Der Korrelkurfaktor liegt bei 0,95. Das KBA hat dies als unzulässige Abschalteinrichtung bewertet. Weitere unzulässige Abschalteinrichtungen wurden in dem Bescheid nicht festgestellt oder moniert.
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Die Beklagte räumt selbst ein, dass sie auf Anordnung des KBA für Fahrzeuge des streitgegenständlichen Typs eine Aktualisierung der Motorsoftware vornimmt.
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Die Herstellung und das Inverkehrbringen von Dieselmotoren unter Verwendung einer Motorsteuerungssoftware, durch welche unzulässig auf das Emissionsminderungssystem eingewirkt wird und damit das Emissionsverhalten des Motors auf dem Prüfstand im Normzyklus anders gesteuert wird als im regulären Fährbetrieb, kann die Voraussetzungen einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung der jeweiligen Käufer derartiger Fahrzeuge im Sinne von § 826 BGB erfüllen.
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b) Das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung allein würde aber noch nicht zwingend dazu führen, dass der Kläger einen Anspruch gegen die Beklage wegen sittenwidriger Schädigung hat.
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Vorliegend ist zu sehen, dass die Funktionsweise der hier streitgegenständlichen Software sich maßgeblich von derjenigen im Motor vom Typ EA 189 unterscheiden dürfte, als dort die Software erkannte, ob sich das Fahrzeug auf dem Rollenprüfstand oder im normalen Fahrbetrieb befindet, während es hier um eine Einschränkung der Arbeitsweise des SCR-Katalysators geht, wenn der Ad-Blue Tank zur Neige geht und der Fahrer hochdynamisch fährt. Aufgrund der vorbeschriebenen Art und Arbeitsweise der konkret eingesetzten Technik dürfte hier nicht ohne Weiteres der Schluss naheliegen, dass Sinn und Zweck dieser Technik gerade die manipulative Erzielung besonders günstiger Abgaswerte war, wie dies vom Bundesgerichtshof für den Motor EA 189 angenommen worden sei. Auch die Argumentation des Bundesgerichtshofs für die Annahme einer bewussten Täuschung staatlicher Stellen, die Qualifizierung des Verhaltens als sittenwidrig sowie die Annahme der subjektiven Voraussetzungen des § 826 BGB ist auf vorliegenden Fall nicht übertragbar (so auch OLG München 21 U 3148/20 und 21 U 3221/20).
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Der Kläger hätte hier substantiiert darlegen und ggf. beweisen müssen, worin vorliegend insbesondere die Sittenwidrigkeit zu sehen ist und woraus der Schluss auf einen Täuschungs- und Schädigungsvorsatz der Organe der Beklagten zu ziehen ist. Da laut dem gerichtsbekannten Rückrufbescheid keine Software Verwendung gefunden hat, die zwischen zwei unterschiedlichen Betriebsmodi unterscheidet, können die zum EA 189 vorliegenden Ermittlungsergebnisse und Erwägungen zur Funktionsweise, die zur Annahme eines vorsätzlichen Verhaltens von Organen der Beklagten geführt haben, hier nicht herangezogen werden. Dass die Beklagte vorliegend die zuständige Typgenehmigungsbehörde bewusst getäuscht und in dem Bewusstsein gehandelt hat, gegen gesetzliche Vorschriften zu verstoßen und dies billigend in Kauf genommen hat, hat der Kläger nicht vorgetragen und liegt im Hinblick auf die in Art. 5 Abs. 2 der VO (EG) 715/2007 genannten Ausnahmetatbestände nicht von vornherein auf der Hand. Anders ist dies bei einer Software, die aufgrund ihrer Funktionsweise vergleichbare Schlüsse rechtfertigt, nämlich dass durch sie gezielt und manipulativ günstigere Emissionswerte auf dem Prüfstand gegenüber dem realen Betrieb vorgetäuscht werden. Die von der Beklagten – unbestritten – dargelegte Technik bietet hierfür keinen hinreichenden Anhalt.
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2.) Dem Kläger stehen in Bezug auf das in dem streitgegenständlichen Fahrzeug verbauten Thermofenster die geltend gemachten Ansprüche ebenfalls unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Im Hinblick auf die weiteren Behauptungen der Klagepartei zum Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung war der klägerische Vortrag zu unsubstantiiert und löste daher keine Beweiserhebungspflicht des Gerichts aus.
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a) Ansprüche aus § 826 BGB ergeben sich auch nicht wegen des in dem streitgegenständlichen Fahrzeug unstreitig verbauten Thermofensters.
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Für die anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale ist die Klagepartei vollumfänglich darlegungs- und beweisbelastet. Da das Vorhandenseins des sogenannten Thermofensters vorliegend unstreitig ist, müsste die Klagepartei neben der Tatsache, dass es sich hierbei um eine unzlässige Abschalteinrichtung handelt, weiter ein vorsätzliches oder gar sittenwidriges Handeln der Beklagten beweisen.
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Während die Klagepartei – ohne nähere Begründung – von der Eigenschaft des Thermofensters als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2, Art. 3 Nr. 10 EG VO 715/2007 ausgeht, hat die Beklagte dies bestritten und sich auf die Ausnahmeregelungen nach Art. 5 Abs. 2 lit. a) EG VO 715/2007 berufen. Die Abgasrückführung sei bei bestimmten Temperaturen deshalb (signifikant) reduziert worden, weil dies aus Gründen des Motorenschutzes erforderlich sei.
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Es ist bereits nicht klar, ob es sich bei dem Thermofenster um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt. Die Gesetzeslage hierzu ist aufgrund der o.g. Ausnahmevorschrift, auf welche sich die Beklagte beruft, keinesfalls eindeutig; der Einsatz von Thermofenstern kann nicht per se als rechtswidrig beurteilt werden, worauf das KBA auch hingewiesen hat (vgl. Auch OLG München, Urteil vom 03.04.2020; Az. 5 U 941/20). Gegen das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung spricht auch bereits die Tatsache, dass das hier in Rede stehende Thermofenster vom Grundsatz her im normalen Fahrbetrieb in gleicher Weise arbeitet wie auf dem Prüfstand, während zum Beispiel bei der in den EA189-Motoraggregaten verbaute Software auf einer Umschaltlogik basierte, so dass der Schadstoffausstoß nur auf dem Rollenprüfstand vermindert wurde. Das Problem der Versottung von Bauteilen bei Kondensierung von unverbrannten Rückständen in den kalten Rohrleitungen hat nicht nur die Beklagte erkannt und ist dem mittels einer von der Außentemperatur abhängigen Abgasrückführung begegnet. Vielmehr benutzt die Mehrzahl der Autohersteller dieses System, um Bauteile zu schützen. Wenn die Klagepartei hier von „Absprachen im Rahmen des Autokartells“ spricht, mag dies verwerflich klingen, ändert aber an der zugrunde liegenden Problematik und der Frage, ob es sich bei einem Thermofenster um eine unzulässige Abschalteinrichtung oder eine zulässige Maßnahme zum Motorenschutz handelt, nichts.
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Letztlich kann es jedoch dahin stehen, ob es sich objektiv gesehen bei dem verbauten Thermofenster um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt. Denn das Gericht ist der Überzeugung, dass sich das Inverkehrbringen des streitgegenständlichen Fahrzeugs wegen dem verbauten Thermofenster jedenfalls nicht als sittenwidrige Handlung qualifizieren lässt.
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Es ist höchst umstritten, ob es sich bei der Verwendung des sogenannten Thermofensters um eine zulässige Motorenschutzmaßnahme handelt. Die Gesetzeslage hierzu ist auch keinesfalls eindeutig, was die – auslegungsfähigen – Ausnahmevorschriften (s.o.) belegen. Auch nach Einschätzung der vom Bundesverkehrsministerium (BMVI) eingesetzten Untersuchungskommission Volkswagen liegt ein Gesetzesverstoß durch die von allen Autoherstellern eingesetzten Thermofenster jedenfalls nicht eindeutig vor. So heißt es im Bericht der Kommission zur Auslegung der Ausnahmevorschrift des Art. 5 Abs. 2 Satz 2 a) VO (EG) 715/2007 ausdrücklich (BMVI, Bericht der Untersuchungskommission Volkswagen, Stand April 2016, S. 123):
„Zudem verstößt eine weite Interpretation durch die Fahrzeughersteller und die Verwendung von Abschalteinrichtungen mit der Begründung, dass eine Abschaltung erforderlich ist, um den Motor vor Beschädigung zu schützen und um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten, angesichts der Unschärfe der Bestimmung, die auch weite Interpretationen zulässt, möglicherweise nicht gegen die Verordnung (EG) Nr. 715/2007. Konsequenz dieser Unschärfe der europäischen Regelung könnte sein, dass unter Berufung auf den Motorschutz die Verwendung von Abschalteinrichtungen letztlich stets dann gerechtfertigt werden könnte, wenn von Seiten des Fahrzeugherstellers nachvollziehbar dargestellt wird, dass ohne die Verwendung einer solchen Einrichtung dem Motor Schaden droht, sei dieser auch noch so klein.“
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Schließlich zeigt auch der in der Literatur (vgl. Führ, NVwZ 2017, 265) betriebene erhebliche Begründungsaufwand, um das „Thermofenster“ als unzulässige Abschalteinrichtung einzustufen, dass keine klare und eindeutige Rechtslage gegeben ist, gegen welche die Beklagte bewusst verstoßen hätte (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 21.10.2019 – 12 U 246/19, BeckRS 2019, 25135, beck-online, mwN).
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Eine Auslegung, wonach ein Thermofenster eine zulässige Abschalteinrichtung darstellt, ist daher jedenfalls nicht unvertretbar.
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Selbst wenn man wie die Klagepartei aus den jüngsten Entscheidungen des BGH und EuGH zum Thermofenster dessen generelle Unzulässigkeit herauslesen will, besagt dies noch lange nichts über einen entsprechenden- und hier ausschließlich relevanten – Vorsatz der Beklagten zur sittenwidrigen Täuschung im Zeitpunkt der Implementierung. Ein Handeln unter – zumindest zum damaligen Zeitpunkt – vertretbarer Auslegung des Gesetzes kann nicht als besonders verwerfliches Verhalten angesehen werden (vgl. OLG Stuttgart, Urteil v. 30.07.2019, 10 U 134/19, Rn. 90). Denn eine Auslegung, wonach ein Thermofenster eine zulässige Abschalteinrichtung darstellt, ist bzw. war, wie eben dargelegt, jedenfalls nicht unvertretbar. Ein Handeln unter vertretbarer Auslegung des Gesetzes kann aber nicht als besonders verwerfliches Verhalten angesehen werden.
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b) Der weitere Vortrag der Klagepartei hinsichtlich der Behauptung weiterer unzulässiger Abschalteinrichtungen, welche in dem streitgegenständlichen Fahrzeug verbaut sein sollen, ist jedenfalls zu unsubstantiiert, um eine Beweiserhebungspflicht des Gerichts auszulösen, so dass auch diesbezüglich die Klage abzuweisen war.
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Zwar ist die Frage, ob in dem streitgegenständlichen Fahrzeug eine weitere unzulässige Abschalteinrichtung verbaut ist, grundsätzlich nicht abhängig von einem entsprechenden KBA-Rückruf für den betreffenden Pkw. Ein erfolgter Rückrufbescheid des KBA entfaltet diesbezüglich jedoch Tatbestandswirkung, wenn der Rückruf wegen des Vorhandenseins einer unzulässigen Abschalteinrichtung erfolgt ist. Zweifellos kann auch dann eine unzulässige Abschalteinrichtung im streitgegenständlichen Fahrzeug verbaut sein, wenn – wie hier – (noch) kein KBA-Rückruf vorliegt. In diesem Fall kommt es jedoch darauf an, ob der Vortrag der Klagepartei substantiiert genug ist, eine Beweiserhebungspflicht des Gerichts auszulösen, dies auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des BGH vom 28.01.2020 (VIII ZR 57/19).
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In Abweichung von der zitierten BGH-Entscheidung kommen vorliegend nur deliktische Ansprüche gegen die Beklagte in Betracht, andere macht die Klagepartei auch nicht geltend. Die zitierte BGH-Entscheidung befasst sich indes lediglich mit einer übermäßigen Überspannung der Substantiierungsanforderungen an die Darlegung des Vorhandenseins eines Sachmangels. Die Anforderungen an einen substantiierten Vortrag der Klagepartei sind daher vorliegend anders gelagert als in dem vom BGH entschiedenen Fall. So genügt es nicht, Anhaltspunkte für einen evtl. vorhandenen Mangel der (Kauf-)Sache zu liefern (wie in dem vom BGH entschiedenen Fall); vielmehr muss eine rechtswidrige Schädigungshandlung schlüssig dargetan werden, welche von der Beklagten in zurechenbarer Weise mit entsprechendem Schädigungsvorsatz ausgeübt worden sein und beim Kläger zu einem kausalen Schaden geführt haben muss; darüber hinaus muss, da in Fällen wie dem Vorliegenden regelmäßig ein Anspruch nach § 826 bzw. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB zu überprüfen sein wird – evtl. auch zu einer möglichen Sittenwidrigkeit/besonderen Verwerflichkeit des Handelns der Beklagten vorgetragen werden. Auch unter Berücksichtigung der vom BGH in dem genannten Urteil aufgestellten Maßstäbe erscheint der Vortrag der Klagepartei vor diesem Hintergrund als nicht hinreichend konkret (vgl. auch OLG München, B. v. 17.03.2020, 21 U 6698/19).
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Der Vortrag der Klagepartei zu den behaupteten Abschalteinrichtungen in dem streitgegenständlichen Pkw lässt jeglichen Bezug zum konkreten Fall vermissen. Die Klagepartei folgert aus Rückrufen für andere Motoren der Beklagten mit 3.0 Liter und der Schadstoffklassen EU 6, dass deswegen auch der vorliegende Motor von weiteren Abschalteinrichtungen betroffen sein müsse. Dies ist jedoch reine Vermutung der Klagepartei.
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Die Erholung eines Sachverständigengutachtens aufgrund dieser letztlich von der Klagepartei geäußerten reinen Vermutungen würde zur Überzeugung des Gerichts eine unzulässige Ausforschung des Sachverhalts darstellen (so auch OLG München, B. v. 22.03.2019, 21 U 533/19; OLG München, B. v. 17.03.2020, 21 U 6698/19).
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Es ist allgemein bekannt, dass es im Volkswagenkonzern in der Vergangenheit zum Einsatz von unerlaubten Abschalteinrichtungen kam. Dies kann jedoch nicht dazu führen, dass die Klagepartei im einzelnen Fall nicht mehr konkret darlegen muss, weshalb auch gerade in ihrem Fall konkrete Anhaltspunkte für eine solche Abschalteinrichtung im jeweils streitgegenständlichen Fahrzeug vorliegen. Rein spekulative und pauschale Verdachtsäußerungen, die ohne Bezug auf den konkreten Einzelfall zunächst in einer Art Generalverdacht vorgetragen werden und von denen das Gericht sich quasi die passenden heraussuchen soll, können nicht als hinreichend konkrete Anhaltspunkte für das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung dienen.
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Zwar ist es der Klagepartei prozessual grundsätzlich nicht verwehrt, Tatsachen zu behaupten, über die sie keine genauen Kenntnisse hat, die sie jedoch für wahrscheinlich hält. Jedoch muss, um eine ausufernde Beweiserhebungspflicht des Gerichts zu vermeiden, zunächst der Vortrag der Klagepartei zu den behaupteten Anspruchsgrundlagen hinreichend konkret sein. Andernfalls sind Darlegungserleichterungen wie die sekundäre Darlegungslast, nicht gerechtfertigt (vgl. Hierzu ausführlich OLG Köln, U. v. 11.04.2019, 3 U 67/18).
43
III. Mangels Bestehen eines Hauptanspruchs kann der Kläger auch nicht die Feststellung des Annahmeverzugs der Zurücknahme des Fahrzeugs beanspruchen, ebenso wenig den Ersatz vorgerichtlicher Kosten.
C.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 S.2 ZPO.