Titel:
Verjährungsbeginn, Verjährungsfrist, Ausgangsprozess, Kausalität der Pflichtverletzung, Parteianhörung, Grob fahrlässige Unkenntnis, Fehlende Aktivlegitimation, Anspruchsbegründender Umstand, Vorprozess, Mandant, Sekundäre Darlegungslast, Rücknahme der Berufung, Nichterkennen, Grobe Fahrlässigkeit, Berufungsverfahren, Ausgangsverfahren, Schriftsatzfrist, Berufungsrücknahme, Aussicht auf Erfolg, Ausführung
Schlagworte:
Verjährung, Schadensersatzanspruch, Rechtsberaterhaftung, Glaubwürdigkeitsbeurteilung, Pflichtverletzung, Beweiswürdigung, Berufungsverfahren
Vorinstanz:
LG München I, Entscheidung vom 24.06.2022 – 4 O 6317/18
Rechtsmittelinstanzen:
OLG München, Beschluss vom 18.01.2023 – 15 U 4300/22 Rae
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 12.06.2025 – IX ZR 37/23
Fundstelle:
BeckRS 2022, 61129
Tenor
1. Es ist beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 24.06.2022, Az.: 4 O 6317/18, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Entscheidungsgründe
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1. Die klägerischen Ansprüche dürften verjährt sein:
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1.1. Die Verjährung des (unterstellten) Schadensersatzanspruchs des Klägers gegen die Beklagte richtet sich nach den §§ 194 ff BGB. Danach beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre (§ 195 BGB). Da kein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, wurde die Verjährungsfrist in Lauf gesetzt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden war und der Kläger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person der Beklagten als Anspruchsschuldnerin Kenntnis erlangt hatte oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (§ 199 Abs. 1 BGB).
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Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (zuletzt BGH, Urteil vom 6. Juni 2019 – IX ZR 104/18) entsteht der Schaden dann, wenn sich die Vermögenslage des Betroffenen durch die Pflichtverletzung des Beraters im Vergleich zu seinem früheren Vermögensstand objektiv verschlechtert hat. Dafür genügt es, dass der Schaden wenigstens dem Grunde nach erwachsen ist, mag auch seine Höhe noch nicht beziffert werden können. Es muss nicht feststehen, dass die Vermögenseinbuße bestehen bleibt und damit endgültig wird (BGH, Urteil vom 25. April 2013 – IX ZR 65/12, WM 2013, 1081 Rn. 10 m.w.N.; vgl. zur Steuerberaterhaftung: Urteil vom 29. Mai 2008 – IX ZR 222/06, WM 2008, 1416 Rn. 14 m.w.N.). In der Regel verschlechtert sich die Vermögenslage des Mandanten bereits mit der ersten nachteiligen Gerichtsentscheidung infolge anwaltlichen Fehlverhaltens in einem Verfahren. Seine frühere Auffassung, dass ein Schaden infolge eines Anwaltsfehlers im Prozess regelmäßig noch nicht eingetreten sei, solange nicht auszuschließen sei, dass die Entscheidung in einem weiteren Rechtszug zugunsten des Mandanten geändert werde, hat der Senat ausdrücklich aufgegeben (BGH, Urteil vom 9. Dezember 1999 – IX ZR 129/99, WM 2000, 959, 960 m.w.N.).
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In seinem Urteil vom 29. Oktober 2020 – IX ZR 10/20 hat der BGH weiter ausgeführt:
Allerdings machen es die Besonderheiten der Rechtsberaterhaftung erforderlich, nicht schon dann von einer Kenntnis im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB auszugehen, wenn dem Mandanten nur die tatsächlichen Umstände bekannt sind, aus denen der Schadensersatzanspruch gegen den Berater folgt. Hinzukommen muss die Kenntnis von solchen Tatsachen, aus denen sich für den Mandanten – zumal wenn er juristischer Laie ist – ergibt, dass der Rechtsberater von dem üblichen rechtlichen Vorgehen abgewichen ist oder Maßnahmen nicht eingeleitet hat, die aus rechtlicher Sicht zur Vermeidung eines Schadens erforderlich waren (BGH, Urteil vom 6. Februar 2014 – IX ZR 245/12, BGHZ 200, 172 Rn. 15). Dies findet seinen Grund darin, dass der Mandant in der Regel nicht fachkundig ist, seine rechtlichen Belange dem dazu berufenen Fachmann anvertraut und dessen etwaige Fehlleistungen – eben wegen seiner Rechtsunkenntnis – häufig nicht zu erkennen vermag. Die Fachkunde des Rechtsanwalts und das Vertrauen seines Auftraggebers begründen typischerweise im Rahmen eines Anwaltsvertrags eine Überlegenheit des Anwalts gegenüber seinem regelmäßig rechtsunkundigen Mandanten (vgl. BGH, Urteil vom 6. Februar 2014, a.a.O.).
Für ein fehlerhaftes Verhalten des Beraters ist aus der Sicht des Mandanten regelmäßig kein Anhalt im Sinne grob fahrlässiger Unkenntnis gegeben, wenn der in Betracht kommende Fehler im Rechtsstreit kontrovers beurteilt wird und der Berater gegenüber dem Mandanten oder in Ausübung des Mandats nach außen hin die Rechtsansicht vertritt, ein Fehlverhalten liege nicht vor. Der Mandant darf sich darauf verlassen, dass der von ihm beauftragte Berater die anstehenden Rechtsfragen fehlerfrei beantwortet und der erteilte Rechtsrat zutreffend ist. Dem Mandanten obliegt es nicht, den Anwalt zu überwachen oder dessen Rechtsansichten durch einen weiteren Rechtsberater überprüfen zu lassen. Rät der Berater zur Fortsetzung des Rechtsstreits, hat der Mandant in der Regel sogar dann keine Kenntnis von der Pflichtwidrigkeit des Beraters, wenn das Gericht oder der Gegner zuvor auf eine Fristversäumung hingewiesen hat (BGH, Urteil vom 6. Februar 2014, a.a.O. Rn. 17; vom 25. Oktober 2018 – IX ZR 168/17, WM 2019, 787 Rn. 9).
Anders liegt allerdings der Fall, wenn der Mandant aus den ihm bekannten Umständen selbst den Schluss auf einen gegen den Berater gerichteten Schadensersatzanspruch gezogen hat.
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1.2. Vorliegend wirft der Kläger der Beklagten vor, wichtige Tatsachenfeststellungen versäumt zu haben, weil sie in der Berufungsverhandlung wesentliche Fragen an den Kläger als Zeugen nicht gestellt habe. Zudem habe sie unzureichende Hinweise an das Gericht gegeben (BB Seite 60). Dem Kläger hätte bereits anhand der Sitzung vor dem OLG im Ausgangsprozess bewusst sein müssen, dass die Beklagte (aus seiner Sicht) wesentliche Fragen/Vorhalte nicht vorgebracht hatte. Nachdem ausweislich des Urteils des OLG im Ausgangsprozess der Grund für den Prozessverlust dem Kläger eindeutig vor Augen geführt wurde (insbesondere fehlende Glaubwürdigkeit seiner Person), musste dem Kläger klar sein, dass dies auf – aus seiner Sicht – fehlendem Vortrag bzw. fehlenden Fragen an ihn als Zeugen seitens der Beklagten beruhte.
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Die Verjährung der vom Kläger behaupteten Regressansprüche lief damit am 31.12.2011 ab.
2. Aktivlegitimation des Klägers:
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Soweit diesbezüglich eine Überraschungsentscheidung des Landgerichts behauptet wird, liegt ein Verstoß gegen § 139 ZPO nicht vor, weil sich ausweislich des Ersturteils (dort Seite 14 unten/Seite 15 oben, Blatt 404/405 der Akte) ergibt, dass die fehlende Aktivlegitimation ein Hauptargument im Vorbringen der Beklagten war und der Klägervertreter in 1. Instanz hierauf auch reagiert hat. In der Sache selbst kann die Frage, ob die landgerichtliche Entscheidung zu Aktivlegitimation zutreffend ist, offenbleiben, da dies nicht entscheidungserheblich ist. Die Richtigkeit der Entscheidung ergibt sich aus Ziffer 1 und den nachfolgenden Ausführungen.
3. Kein Verstoß gegen § 156 ZPO:
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Dass die Entscheidung über die Wiedereröffnung des Verfahrens auf null reduziert gewesen sein soll, ist weder aufgrund des Vortrags in der Berufungsbegründung noch aufgrund des in Bezug genommenen Schriftsatzes vom 10.11.2021, erkennbar. Insbesondere ist nicht erkennbar, was – hätte das Landgericht gemäß § 156 ZPO das Verfahren wiedereröffnet – an entscheidungserheblichem Vortrag des Klägers zu berücksichtigen gewesen wäre. Erkennbar wird dies lediglich unter Ziffer 4.12 (BB Seite 13, Blatt 501 der Akte) vorgetragen, inhaltlich ist das, was der Kläger ergänzend vorgetragen hätte, nicht ansatzweise belegt.
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Die Ausführungen des Klägers – soweit von Relevanz – wurden jedoch als Angriffe gegen das Ersturteil im Rahmen der Berufung berücksichtigt.
4. Kein Verstoß gegen § 139 ZPO; keine Relevanz im Berufungsverfahren:
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Im Berufungsverfahren ist – wenn ein Verstoß gegen § 139 ZPO behauptet wird – darzulegen, welcher Hinweis konkret zu erteilen gewesen wäre, was auf diesen Hinweis vorgetragen worden wäre und wie dadurch die Entscheidung hätte beeinflusst werden können.
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Die Ausführungen in der Berufungsbegründung hierzu (BB ab Seite 13, Blatt 501 der Akte) zeigen dies nicht ansatzweise auf, sondern beschränken sich auf eine bloße Beschreibung des Verfahrensgang.
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Im Übrigen gilt auch hier wieder, dass das Vorbringen des Klägers im Rahmen der Frage zu prüfen ist, ob seinen Angriffen gegen das Ersturteil im Rahmen der Berufung stattzugeben ist oder nicht.
5. Kein Gehörsverstoß, Art. 103 Abs. 1 GG:
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Insoweit gelten die Ausführungen unter Ziffer 4. entsprechend.
6. Behauptete verweigerte Parteianhörung:
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Soweit die Berufung den Begriff der Parteieinvernahme verwendet, ist darauf hinzuweisen, dass diese in §§ 445 ff ZPO geregelt ist und nur unter bestimmten Voraussetzungen eine Parteieinvernahme zulässig ist. Die Parteianhörung ist in § 141 ZPO geregelt und stellt kein eigentliches Beweismittel der ZPO dar.
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Dass das Ermessen des Landgerichts auf null reduziert gewesen wäre und der Kläger zwingend – weiter – anzuhören gewesen wäre, ist nicht erkennbar.
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7. Unrichtig ist es, wenn die Berufung meint (BB Seite 19 ff, Blatt 507 der Akte), vor dem Regressgericht hätte die Anhörung des Klägers deshalb – umfangreich – wiederholt werden müssen, weil der Regressrichter feststellen müsste, wie der Inzidenzprozess aus seiner Sicht richtigerweise hätte entschieden werden müssen.
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Um diese Thematik geht es vorliegend nicht. Die entscheidende Frage ist vielmehr, inwieweit ein pflichtgemäßes Verhalten der Beklagten (im Sinne der klägerseits vorgeworfenen Pflichtverletzungen im Ausgangsverfahren) den Ausgangsprozess zugunsten des Klägers beeinflusst hätte.
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Es geht an dieser Stelle um die Zurechnungsproblematik hinsichtlich des für den Kläger nachteiligen Urteils im Ausgangsprozess. Nur wenn mit dem Beweismaß des § 287 ZPO feststellbar wäre, dass – behauptetes pflichtgemäßes Verhalten der Beklagten im Vorprozess unterstellt – ein dem Kläger günstigeres Urteil zu erzielen gewesen wäre, könnte der Regressanspruch erfolgreich sein.
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Es geht also insbesondere nicht darum, inwieweit der Kläger vor dem jetzigen Berufungssenat bestätigen kann, „dass die Beklagte keine Fragen an ihn mit Bezug auf Aussageinhalte der zuvor durchgeführten Zeugenvernehmungen gestellt hat, er von den Bankberatern nicht über die Risiken des Emittentenhandels, die speziellen Risiken und wirtschaftlichen Zusammenhänge der getätigten Termindirektgeschäfte mit Optionen (…)“ (BB Seite 19/20).
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Die entscheidende Frage ist, inwieweit das behauptete pflichtgemäße Verhalten der Beklagten zu einer anderen Entscheidung des OLG im Vorprozess hätte führen können (gegen BB Seite 20 ff).
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8. Nicht entscheidungsrelevant ist es daher, wenn die Berufung meint, der Erstrichter habe verkannt, dass die Beklagte der ihr obliegenden Beweislast für eine ordnungsgemäße Aufklärung nicht nachgekommen sei (BB Seite 24). Dies wäre ein Argument auf der Pflichtverletzungsebene, diese wird zugunsten des Klägers unterstellt.
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Wenn man aber zugunsten des Klägers unterstellt, dass die Beklagte im Ausgangsprozess weitere Fragen (an ihn/an die Bankmitarbeiter) hätte stellen müssen, bleibt die entscheidende Frage, ob bei behauptetem pflichtgemäßem Verhalten das OLG insbesondere zu einer anderen Glaubwürdigkeitsbeurteilung gekommen und ein Urteil zugunsten des Klägers ergangen wäre.
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Insoweit geht es auch nicht darum, ob der Erstrichter verkannt habe, dass aufgrund der „unstreitig nicht erfolgten Übergabe von Aufklärungsunterlagen“ die beklagte Bank dafür beweisbelastet gewesen sei, dass ausführliche Risikoinformationen mündlich erteilt worden seien (BB Seite 25 f).
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Mit dem pauschalen Hinweis darauf, dass die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, auf diese Punkte hinzuweisen (BB Seite 26), wird nicht plausibel – etwa anhand der Argumentation des OLG Urteils im Vorprozess – aufgezeigt, dass eine andere Entscheidung möglich gewesen wäre.
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9. Nachdem der Kläger nicht im Regressprozess – etwa vor dem Senat – darüber zu vernehmen ist, wie er bei behaupteter pflichtgemäßer Beratung ausgesagt hätte, liegt auch keine unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung durch das Landgericht vor (so aber BB Seite 26).
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Der Kläger muss das Regressgericht nicht davon überzeugen, wie er heute aussagen würde, sondern davon (§ 287 ZPO), ob eine andere Aussage seinerseits im Vorprozess das OLG zu einer anderen, dem Kläger günstigen Entscheidung veranlasst hätte.
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10. Soweit die Berufung die fehlerhafte Tatsachenwürdigung des Erstgerichts rügt (BB Seite 27 ff), führt auch dies nicht weiter:
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Argumentiert wird hier auf der Ebene der Pflichtverletzung, wonach die Beklagte sich vorhalten lassen müsse, pflichtwidrig nicht zu der Verletzung der Aufklärungspflichten der Bank und der Kausalität der Pflichtverletzungen vorgetragen zu haben (BB Seite 27). Die entscheidende Frage im Regressverfahren ist aber, ob das behauptete pflichtgemäße Handeln der Beklagten im Vorprozess das OLG zu einer anderen Bewertung hinsichtlich der Glaubwürdigkeit des Kläger hätte veranlassen können.
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Den Darstellungen in der Berufungsbegründung (BB Seite 27, Ziffer 7: Risikobereitschaft des Klägers) befassen sich – trotz anderslautender Behauptung – gerade nicht mit der – entscheidenden – Frage, wie das damals zur Entscheidung berufene OLG zu einer Entscheidung zugunsten des Klägers hätte kommen können. Insbesondere die Ausführungen unter Ziffer 7.3 (BB Seite 29/30) setzen sich an keiner Stelle mit der Frage der Glaubwürdigkeitsbeurteilung des Klägers durch das damalige OLG auseinander.
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Die Ausführungen unter Ziffer 8 (BB Seite 31) befassen sich ebenfalls nicht mit dieser Thematik.
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11. Ein Eingehen auf die behauptete fehlerhafte Beweiswürdigung des Erstgerichts zur Schadensfeststellung (BB Seite 32 ff) ist nach der hier vertretenen Rechtsansicht (fehlende Kausalität/Zurechnung, Verjährung) ohne entscheidende Relevanz.
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12. Die Ausführungen zur behaupteten fehlenden Auseinandersetzung mit relevanter BGH-Rechtsprechung (BB Seite 37) lassen wiederum nicht erkennen, wie das OLG im Ausgangsverfahren zu einer anderen Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Klägers hätte kommen können.
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13. Dass Vortrag zu § 826 BGB im Ausgangsprozess zum Erfolg geführt hätte (BB Seite 38), ist nicht ansatzweise belegt.
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14. Der Vortrag zur behaupteten fehlenden Unterminierung der gegnerischen Zeugenaussagen im Ausgangsprozess (BB Seite 41 ff) lässt ebenfalls nicht erkennen, ob die Zeugenaussagen im Ausgangsprozess durch die von der Beklagten verlangten weiteren Fragen/Vorhalte die Aussage des Zeugen W. tatsächlich im klägerischen Sinne beeinflusst hätte. Dass – so der Kläger – durch einen Vorhalt der Beklagten in der mündlichen Verhandlung der Zeuge W. hätte einräumen müssen, „dass er den Kläger auf dieses spezielle erhebliche Risiko erst verspätet und gerade nicht vor dem ersten Erwerb der beim Emittenten gehandelten Optionsscheine hingewiesen habe“ (BB Seite 41), stellt eine nicht bewiesene Behauptung des Klägers auf, der an dieser Stelle lediglich seine Vorstellung von dem, was der Zeuge ausgesagt hätte, darlegt.
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15. Soweit die Berufung (BB Seite 42) darauf abstellen möchte, dass das Erstgericht fälschlicherweise festgestellt habe, die beklagte Bank habe ihre sekundäre Darlegungslast im Ausgangsprozess erfüllt, gehen auch diese Ausführungen an der entscheidenden Frage vorbei, durch Vermeidung welcher konkreten Pflichtverletzung der Beklagten im Ausgangsprozess das OLG im Ausgangsprozess zu einer anderen Entscheidung hätte gelangen müssen.
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16. Die Berufung geht fehl, wenn sie meint, der Erstrichter (im Regressverfahren) hätte feststellen müssen, dass die Darlegung der beklagten Bank (im Ausgangsverfahren) so unsubstantiiert gewesen sei, dass eine vernünftige Stellungnahme hierzu nicht möglich gewesen sei und habe zudem verkannt, dass mangels Erfüllung der sekundären Darlegungslast die fehlerhafte Aufklärung als zugestanden zu unterstellen gewesen sei. Entscheidend ist – wie bereits ausgeführt – wie die Beklagte im Ausgangsprozess durch weiteren/anderen Vortrag das OLG des Ausgangsprozesses zu einem dem Kläger günstigen Urteil hätte veranlassen können.
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17. Soweit der Kläger behauptet, bei zutreffender Würdigung hätte das Erstgericht zu dem Ergebnis kommen müssen, dass die Anhörung des Klägers als Zeugen (im Ausgangsprozess) bei richtiger und vollständiger Fragestellung den Berufungssenat (des Ausgangsprozesses) davon überzeugt hätte, dass er von den Bankberatern nicht ausreichend aufgeklärt worden sei, stellt dies eine Behauptung dar, die jedoch nicht mit dem Beweismaß des § 287 ZPO belegt ist. Die Ausführungen, wonach der Kläger lediglich ergänzende, vielleicht auch klarstellende Antworten gegeben hätte, sich aber nicht in Widerspruch zu den bereits getätigten Antworten gesetzt hätte, vermag nicht aufzuzeigen, warum dann das OLG im Ausgangsverfahren eine andere Glaubwürdigkeitsbeurteilung des Klägers hätte vornehmen müssen.
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18. Auch die behauptete unterlassene Beantragung einer Schriftsatzfrist durch die Beklagte im Ausgangsprozess (BB Seite 47 ff) vermag nicht ansatzweise aufzuzeigen, wie hierdurch das OLG im Ausgangsprozess zu einer anderen Beurteilung hätte gelangen können, nachdem die Zeugeneinvernahme bereits beendet war.
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Im Übrigen ist nicht erkennbar, dass – selbst wenn man den Vortrag in der Berufungsbegründung (BB Seite 50-52) heranzieht – das OLG überhaupt zu dem Ergebnis hätte kommen müssen, dass eine Schriftsatzfrist gemäß § 283 ZPO einzuräumen gewesen wäre. Auch die Behauptung (BB Seite 52), dass „die Beklagte den negativen Eindruck des Klägers hätte beseitigen können, indem sie auf weitere Punkte hingewiesen hätte“, lässt schon mangels konkreter Auseinandersetzung mit der Argumentation des OLG-Urteils im Ausgangsprozess nicht erkennen, wie ein Urteil zugunsten des Klägers hätte ergehen können. Es geht auch nicht darum (so aber die Berufung auf Seite 53), dass „dieser überaus substantiierte Parteivortrag des Klägers im vorliegenden Verfahren weder ausdrücklich noch konkludent substantiiert bestritten worden und deshalb im hiesigen Regressprozess gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden zu behandeln“ ist; entscheidend ist auch hier allein die Frage, inwieweit dieser Vortrag im Ausgangsprozess zu einem anderen Ergebnis hätte führen können.
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19. Auch die Ausführungen in der Berufung zum nicht eingereichten Schriftsatz vom 30.04.2008 (Anlage K 26) führen nicht weiter: Selbst wenn man auch in diesem Zusammenhang wieder eine Pflichtverletzung der Beklagten unterstellt, wird nicht aufgezeigt, wie der Hinweis auf die „entscheidungsrelevante Rechtsprechung des BGH im Urteil vom 28.09.2004 – IX ZR 259/03“ das Urteil des OLG im Ausgangsprozess hätte beeinflussen können. Dies wird zwar behauptet (BB Seite 55 unter teilweiser Wiedergabe der Argumentation des BGH), verhält sich aber nicht zur entscheidenden Frage der negativen Glaubwürdigkeitsbeurteilung durch das OLG.
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Selbst wenn man aber zugunsten des Klägers unterstellt, dass das OLG im Ausgangsprozess den Inhalt des Schriftsatzes vom 30.04.2008 zur Kenntnis genommen hätte, wird wiederum nicht aufgezeigt, wie allein dieser Inhalt das OLG insbesondere zu einer anderen Glaubwürdigkeitsbeurteilung hätte veranlassen können.
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20. Soweit unter dem Punkt „fehlerhafte Belehrung über Stop-Loss-Limits“ (BB Seite 57) Ausführungen durch den Kläger erfolgen, wird an dieser Stelle lediglich die Pflichtverletzung der im Ausgangsprozess beklagten Bank dargestellt und die Folge für die Anlageentscheidung des Klägers, nicht aber, durch welchen unterlassenen Vortrag der Beklagten das OLG im Ausgangsprozess zu einem anderen Ergebnis hätte gelangen müssen.
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21. Zur Thematik „Hinweise des OLG zur Anweisungslage“ (BB Seite 58) verweist die Berufung auf die in der Klageschrift auf den Seiten 24 ff dargestellten Tatsachenbehauptungen, die eine Tatsachengrundlage für die Entscheidung des OLG im Ausgangsprozess hätten schaffen können, die aus rechtlichen Gründen einer Anweisungslage entgegenstehen.
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Allerdings ist nicht erkennbar, warum der vom Kläger verlangte zusätzliche Sachvortrag der Beklagten zu einer anderen Beurteilung des OLG im Ausgangsprozess hinsichtlich einer Anweisungslage hätte führen müssen. Die Berufung beschränkt sich darauf, die weiteren Hinweise darzustellen, setzt sich aber mit der Argumentation des OLG-Urteils im Ausgangsprozess nicht auseinander. Im Übrigen bleibt auch im Unklaren, inwieweit der Beklagten die vom Kläger zugrunde gelegten Informationen überhaupt bekannt waren (z.B. „durch Gewährung dieses Darlehens durch die beiden Eheleute … und die Absicherung durch die Grundschuld auf dem selbst bewohnten Eigenheim [sollten] die Forderungen der beklagten Bank gegen den Kläger abgesichert werden“, Klage Seite 25).
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Entscheidend ist aber folgendes: Selbst wenn der Berufung des Klägers in diesem Punkt recht zu geben wäre, hätte das OLG im Ausgangsprozess die Klage auch hinsichtlich der von der Ehefrau aufgewendeten Geldmittel abweisen müssen. Denn dann wären gegenüber der Ehefrau des Klägers wiederum die Gründe entscheidend gewesen, die für das OLG ausschlaggebend waren, die Klage gegenüber dem Kläger als Zedenten abzuweisen.
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22. Abschließend sei auf die Ausführungen des OLG im Ausgangsprozess hingewiesen, die sich mit der Zeugenaussage des Klägers [dem Zeugen E.] befassen:
„Der Zeuge … hat diesen Angaben [der Zeugen … und …] widersprochen. Seine Angaben kann der Senat nicht nachvollziehen. Er machte einen unglaubwürdigen Eindruck. Fragen hat er ausweichend und weitschweifig beantwortet. Er konnte auch auf Nachfragen des Senats keinen Grund dafür angeben, warum er ausschließlich auf die Ratschläge der Angestellten der Beklagten vertraut haben will, obwohl sich diese in einer Vielzahl von Fällen als absolute Fehlschläge erwiesen haben. Der Zedent [der Kläger] hat im streitgegenständlichen Verfahren weit über 100 Geschäfte getätigt. Er hat hierbei wiederholt massive finanzielle Verluste erlitten. Dennoch meint er, ihm sei das Risiko derartiger Geschäfte nicht bekannt gewesen. Der Senat ist hinsichtlich der Angaben des Zeugen … zu der Überzeugung gelangt, dass er bewusst und zielgerichtet die Verantwortung für sein Handeln nicht nur herunterspielt, sondern sie in Kenntnis der tatsächlichen Lage auf die Angestellten der Beklagten abwälzen will. Der Senat hält aufgrund dieser Gesamtumstände und des persönlichen Eindrucks von den Zeugen die Angaben der Zeugen … und … für glaubwürdig, dass der Zedent entgegen ihrem Rat durch immer spekulativere Anlagen versucht hat, seine massiven Verluste auszugleichen und sich als beratungsresistent erwiesen hat. Bei dieser Sachlage hatte die Beklagte nicht die Pflicht, weitere Aufklärungsarbeit zu leisten oder ihn von den Geschäften abzuhalten […]“.
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Die Ausführungen in der Berufung vermögen nicht ansatzweise aufzuzeigen, wie das OLG im Ausgangsprozess zu einer anderen Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Klägers hätte gelangen können.
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Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, wird aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahegelegt. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).
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Es ist beabsichtigt, den Streitwert des Berufungsverfahrens auf 2.271.213,49 € festzusetzen.