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AG Augsburg, Kostenfestsetzungsbeschluss v. 08.12.2022 – 19 C 518/22
Titel:

Prozeßbevollmächtigter, Elektronisches Dokument, Verpflegungspauschale, Rechtspfleger, Erstattungsfähige, Elektronischer Rechtsverkehr, Kostenfestsetzungsverfahren, Allgemeiner Prozessaufwand, Zweckentsprechende Rechtsverfolgung, Gerichtskosten, Kostenfestsetzungsbeschluß, Verdienstausfall, Schriftsätze, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Kopierkosten, Wert des Beschwerdegegenstandes, Rechtsbehelf der Erinnerung, Sofortige Beschwerde, Qualifizierte elektronische Signatur, Reisekosten

Schlagworte:
Kostenschuld, Prozessaufwand, Auslagenersatz, Kopierkosten, Portokosten, Reisekosten, Verdienstausfall
Vorinstanz:
AG Augsburg, Endurteil vom 28.06.2022 – 19 C 518/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 59896

Tenor

Die von der Beklagtenpartei an die Klagepartei gem. § 104 ZPO nach dem vorläufig vollstreckbaren Endurteil des Amtsgerichts Augsburg vom 16.08.2022 zu erstattenden Kosten werden auf
266,52 €
(in Worten: zweihundertsechsundsechzig 52/100 Euro)
nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB hieraus seit 28.09.2022 festgesetzt.
Der Beklagtenpartei hat das Gericht gestattet, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110,00 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Klagepartei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110,00 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Entscheidungsgründe

Die zu berücksichtigenden Gerichtskosten betragen

174,00 €

Zahlung der Klagepartei

174,00 €

hiervon verrechnet auf Kostenschuld der Beklagtenpartei

174,00 €

1
Der auf die Kostenschuld der Beklagtenpartei verrechnete Betrag ist zu erstatten.
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Zusammengefasst sind folgende Beträge festsetzbar:

Kosten

Betrag

Gerichtskosten 1. Instanz

174,00 €

Gerichtskosten

174,00 €

Verdienstausfall nach § 22 JVEG

50,00 €

Reisekosten nach § 5 Abs. 2 JVEG

15,12 €

Parkkosten

4,00 €

Kopier-/Papierkosten

23,40 €

Summe

266,52

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Auf den weiteren Schriftsatz des Klägers vom 30.11.2022 als Antwort auf das gerichtliche Schreiben vom 17.11.2022 wird wie folgt ausgeführt:
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Kopier- und Druckerzeugniskosten sind nicht zu gewähren, diese gehören regelmäßig zum allgemeinen Prozessaufwand und sind nicht gesondert erstattungsfähig.
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Erbrachte Auslagen für Porti sind nachzuweisen hinsichtlich Höhe und Entstehung. Die Erstattung der Kosten der Klagepartei (ohne anwaltliche Vertretung) für Kopien und Porto erfolgt auf der Grundlage der § 91 Abs. 1 ZPO i.V.m. dem JVEG in entsprechender Anwendung der dort für Zeugen geltenden Vorschriften.
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Grundsätzlich erstattungsfähig sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten des Rechtsstreites gemäß § 91 Abs. 1 ZPO.
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Zu den Kosten des Rechtsstreits gehören alle unmittelbar prozessbezogenen Kosten, nicht jedoch der nur allgemeine Prozessaufwand einer Partei für die Prozessvorbereitung und -führung und die Information des Prozessbevollmächtigten.
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Die hierzu ergangene obergerichtliche Rechtsprechung geht einheitlich davon aus, dass die Partei die für den Verkehr mit dem eigenen Prozessbevollmächtigten entstandenen Aufwendungen nicht erstattet erhält. Grund hierfür ist, dass der Prozessbevollmächtigte im Rahmen seiner Vergütung insbesondere auch bereits Kopierkosten und sonstige Auslagen (ggf. pauschal) erstattet erhält und die Aufwendungen der Partei nicht unmittelbar zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig sind. Anders ist dies jedoch zu beurteilen, wenn die Partei nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten wird und daher Schriftsätze selbst an das Gericht zu fertigen hat. In diesem Fall ist, wie vorliegend, zum einen nicht bereits durch die Vergütung des Rechtsanwalts der allgemeine Aufwand für Porto- und Kopierkosten abgegolten und zum anderen steht der Aufwand der Partei damit unmittelbar im Zusammenhang mit dem gerichtlichen Verfahren und dient nicht lediglich der Vorbereitung.
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Denn die Einreichungen der Schriftsätze (nebst Ablichtungen) waren zur Durchführung des Verfahrens erforderlich. Damit sind die Kosten für die Fertigung der Schriftsätze (einschließlich der Abschriften) sowie für deren Einreichung bei Gericht als unmittelbare Kosten der notwendigen Rechtsverfolgung erstattungsfähig i.S.v. § 91 Abs. 1 ZPO.
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Die von dem Kläger in Ansatz gebrachten Kosten entsprechen den Regelungen für Zeugen gem. §§ 19 Abs. 1, 7 Abs. 2 JVEG (0,50 € für die ersten 50 Seiten, 0,15 € für jede weitere Seite). Die Anzahl der Schriftsätze ist anhand der Verfahrensakte nachvollziehbar. Der Kläger hat, wie aus dem Antrag in Übereinstimmung mit dem Akteninhalt ersichtlich ist, fünfmal Schriftsätze bei Gericht eingereicht. Dem Kläger sind die insoweit geltend gemachten Kosten für Schriftsätze in dreifacher Ausfertigung i.H.v. 0,50 € pro Seite für die ersten 50 Seiten und in Höhe von 0,15 Euro für jede weitere zusätzlich, die ersten 50 übersteigende Seiten, zu erstatten (siehe auch: Amtsgericht Zeitz Beschluss, 12. März 2018 – 4 C 252/17). Daneben sind die Portokosten nicht erstattungsfähig, da auch auf gerichtlicher Aufforderung hin, nicht nachgewiesen, weder vom Anfall her, noch der Höhe nach.
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Es waren daher 23,40 Euro für Kopierkosten erstattungsfähig.
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Reisekosten waren erstattungsfähig in Höhe von 15,12 Euro, bestehend aus 2 × 21,6 km = 43,2 km × 0,35 €/km. Berechnet mit google maps.
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Parkkosten waren hier insoweit nur berücksichtigungsfähig, als das Gericht keinerlei Kenntnis von den Parkhaustarifen hat, und auch die Gegenseite einer Festsetzung in Höhe von 4,00 Euro nicht widersprach. Grundsätzlich wäre jedoch eine Parkdauer in der Länge von 1 Stunde und 13 Minuten nicht in dieser Höhe festsetzbar, da es keinerlei Grund gab, bereits um 13.07 Uhr einzuparkieren, obwohl die Verhandlung erst auf 14.00 Uhr terminiert war.
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Verdienstausfall konnte lediglich für 2 Stunden gewährt werden. Es liegt folgende Berechnung zugrunde: 30 Minuten Körperpflege und umziehen (der Kläger geht einem „verschmutzungsträchtigen Beruf“ nach), 45 Minuten Fahrt zum Gericht, Parkieren, Fußweg und Wahrnehmung des Termines mit Sicherheitspuffer (ohne Hetze, „nicht auf den letzten Drücker“ zum Termin zu erscheinen), 10 Minuten Dauer der mündlichen Verhandlung, 34 Minuten Rückfahrt inkl. Weg zum Parkhaus. Insgesamt 1 Stunde 59 Minuten. Somit sind 2 Stunden als ausreichend festzusetzen. Das Gericht hat hier auch die Zubilligung der Gegenseite berücksichtigt.
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Eine sogenannte Verpflegungspauschale war nicht zu gewähren, da hier in keinerlei Betrachtungsweise eine Abwesenheit von mehr als 8 Stunden vorliegt. Die Verpflegungspauschalen nach § 9 Abs. 4 a Einkommensteuergesetz (EStG) betragen bei inländischen Auswärtstätigkeiten seit 2014 bei einer Abwesenheitsdauer am Kalendertag von bis 8 Stunden 0 EUR. (Die bisherige [bis 2014] Verpflegungspauschale von 6 EUR ist aufgrund der zweistufigen Neuregelung der Mindestabwesenheitszeiten entfallen.)
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Die o.a. Schreiben des Gerichtes vom 17.11.2022, sowie das Schreiben des Klägers vom 30.11.2022 erhält der Beklagtenvertreter in der Anlage dieses Beschlusses zur Kenntnis.
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Der offensichtlich als Handwerker in juristischen Belangen wenig versierte Kläger möge es doch zukünftig unterlassen, die rechtspflegerische Unabhängigkeit in Frage zu stellen und sich merken, dass der Rechtspfleger in Kostenfestsetzungsverfahren sehr wohl Recht spricht. Auch sähe der Unterfertigende es in der Tat als fördernd an, wenn der Kläger zum ein oder anderen Sachverhalt sich dann doch einmal seines „Hausanwaltes“ bedienen würde.