Inhalt

AG Bayreuth, Urteil v. 27.10.2022 – 7 Ds 143 Js 2390/22
Titel:

Fahren ohne Fahrerlaubnis, Betäubungsmitteln, Freiheitsstrafen, Bewährungszeit, Tatbezeichnung, Bewährungshelfer, Tatmehrheit, Gesamtfreiheitsstrafe, Rechtskräftige, Gesondert Verfolgter, festgestellter Sachverhalt, Fahrerlaubnisbehörde, Fahrerlaubnissperre, Fahrten ohne Fahrerlaubnis, Neuerteilung der Fahrerlaubnis, Neue Fahrerlaubnis, Methamphetamin, Unerlässlichkeit, Betäubungsmittelabhängigkeit, Mindestwirkstoffgehalt

Schlagworte:
Fahrerlaubnisentzug, Betäubungsmittelabhängigkeit, Gesamtfreiheitsstrafe, Fahrerlaubnissperre, Sozialprognose
Rechtsmittelinstanzen:
LG Weiden, Urteil vom 11.04.2024 – 1 KLs 324 Js 6373/22
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 05.11.2024 – 6 StR 439/24
Fundstelle:
BeckRS 2022, 59890

Tenor

1. Der Angeklagte wird wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in 3 Fällen in Tatmehrheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln zur Gesamtfreiheitsstrafe von
10 Monaten
verurteilt.
2. Die Verwaltungsbehörde darf dem Angeklagten vor Ablauf von 1 Jahr und 6 Monaten keine neue Fahrerlaubnis erteilen.
3. Der Angeklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Angewendete Vorschriften:
§§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 1, 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BtMG, § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG, §§ 53, 69, 69a StGB, § 17 Abs. 2 BZRG.

Entscheidungsgründe

I.
Die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse des Angeklagten
1
Der 32-jährige Angeklagte lebt zusammen mit seiner Lebensgefährtin in A.. Er hat keine Kinder.
2
Der Angeklagte arbeitet seit etwa Juni 2022 als Baumaschinist. Dabei erzielt er ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.600 bis 1.700,- €. Der Angeklagte hat Schulden in Höhe von insgesamt etwa 12.000,- €, die aus allgemeinen Lebensführungskosten herrühren.
3
Der Angeklagte leidet unter einer Betäubungsmittelabhängigkeit. Eine zuletzt von Oktober 2020 bis April 2021 durchgeführte stationäre Entwöhnungsbehandlung zeigte beim Angeklagten keinen nachhaltigen Erfolg. Bereits wenige Monate nach Abschluss der Therapie wurde der Angeklagte aufgrund psychischer Belastungen nach dem Tod seines Vaters rückfällig und konsumierte erneut regelmäßig Methamphetamin. Zur Bewältigung seiner Drogenabhängigkeit möchte der Angeklagte eine weitere stationäre Entwöhnungsbehandlung im Rahmen einer Maßnahme nach § 35 BtMG absolvieren.
4
Der Angeklagte ist wie folgt vorgeahndet:
1. 24.09.2008 AG Erlangen
3 Ls 603 Js 43132/08
Rechtskräftig seit 02.10.2008
Tatbezeichnung: Vorsätzliche Körperverletzung in Tatmehrheit mit vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Kennzeichenmissbrauch in Tatmehrheit mit vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis
Datum der (letzten) Tat: 03.05.2008
3 Tage Jugendarrest
Erbringung von Arbeitsleistungen
Jugendarrest wegen Zuwiderhandlung gegen Auflagen 1 Woche
2. 14.04.2010 AG Neustadt a. d. A.
3 Ls 603 Js 49199/09
Rechtskräftig seit 22.04.2010
Tatbezeichnung: Gemeinschaftlicher Diebstahl im besonders schweren Fall
Datum der (letzten) Tat: 20.08.2009
3 Wochen Jugendarrest
3. 21.06.2011 AG Erlangen
3 Ls 603 Js 51017/10
Rechtskräftig seit 21.06.2011
Tatbezeichnung: Gemeinschaftlicher Diebstahl im besonders schweren Fall in 2 Fällen, in einem Fall mit Sachbeschädigung, Diebstahl in Tatmehrheit mit vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in 3 Fällen
Datum der (letzten) Tat: 30.10.2010
1 Jahr 4 Monate Jugendstrafe
Bewährungszeit 3 Jahre
Bewährungshelfer bestellt bis: 21.06.2013
Bewährungshelfer bestellt bis: 20.12.2013
Bewährungszeit verlängert bis 20.12.2014
Jugendstrafe erlassen mit Wirkung vom 09.04.2015
Strafmakel beseitigt
4. 23.04.2012 AG Neustadt a. d. A.
4 Ds 951 Js 160547/12
Rechtskräftig seit 01.05.2012
Tatbezeichnung: Sachbeschädigung
Datum der (letzten) Tat: 10.12.2011
60 Tagessätze zu je 30,- € Geldstrafe
5. 11.06.2012 AG Neustadt a. d. A.
4 Ds 951 Js 161032/12
Rechtskräftig seit 19.06.2012
Tatbezeichnung: Beleidigung in 3 tateinheitlichen Fällen
Datum der (letzten) Tat: 24.12.2011
90 Tagessätze zu je 40,- € Geldstrafe
Einbezogen wurde die Entscheidung vom 23.04.2012
6. 12.11.2012 AG Neustadt a. d. A.
4 Ds 605 Js 42316/12
Rechtskräftig seit 12.11.2012
Tatbezeichnung: Körperverletzung
Datum der (letzten) Tat: 11.03.2012
6 Monate Freiheitsstrafe
Bewährungszeit 3 Jahre
Bewährungshelfer bestellt bis: 11.11.2015
Einbezogen wurde die Entscheidung vom 11.06.2012
Bestellung eines Bewährungshelfers aufgehoben
Strafe erlassen mit Wirkung vom 25.02.2016
7. 08.01.2019 AG Bayreuth
7 Ds 127 Js 2709/18
Rechtskräftig seit 08.01.2019
Tatbezeichnung: Unerlaubte Veräußerung von Betäubungsmitteln in 2 Fällen und unerlaubte Abgabe von Betäubungsmitteln und unerlaubter Erwerb von Betäubungsmitteln in 12 Fällen und unerlaubter Besitz von Betäubungsmitteln
Datum der (letzten) Tat: 26.04.2018
10 Monate Freiheitsstrafe
Bewährungszeit 3 Jahre
Verbot der Beschäftigung, Beaufsichtigung, Anweisung und Ausbildung Jugendlicher (gesetzlich eingetretene Nebenfolge nach § 25 JArbSchG)
Bewährungshelfer bestellt
Strafaussetzung widerrufen
Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe zurückgestellt bis 20.10.2022
Zurückgestellt durch Entscheidung vom 12.10.2020+127 VRs 2709/18+D4300S+StA Bayreuth
Strafrest zur Bewährung ausgesetzt bis 30.06.2024
Bewährungshelfer bestellt
Der Verurteilung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
1. Der Angeklagte B1. veräußerte und übergab zwischen Mitte 2017 und April 2018 an die gesondert verfolgte Jasmin L. in 2 Fällen jeweils Crystal für einmal 20,00 EUR und einmal 25,00 EUR. Die Übergaben fanden in M. bzw. in Bayreuth statt. In einem weiteren Fall, etwa im Oktober 2017, überließ der Angeklagte an Jasmin L. eine Line Crystal zum unmittelbaren Konsum.
2. Der Angeklagte B1. besorgte sich in mindestens 12 Fällen im Zeitraum von Oktober 2016 bis April 2018 Methamphetamin von seinem Lieferanten Sven v. M. in Nürnberg zum Zwecke des Eigenkonsums. Der Einkaufspreis in Nürnberg, wo er jeweils 1 bis 4 Gramm Methamphetamin kaufte, lag bei 80,00 bis 130,00 EUR pro Gramm. Das Rauschgift verfügte jeweils über durchschnittliche Qualität und damit über einen Mindestwirkstoffgehalt von 60 % Methamfetaminbase.
3. Der Angeklagte B1. fuhr am 26.04.2018 gegen 11:15 Uhr mit dem Firmenfahrzeug VW Caddy, amtliches Kennz BT-… auf öffentlichen Straßen zu seiner Wohnanschrift … in M., obwohl er, wie er wusste, zu diesem Zeitpunkt unter dem Einfluss berauschender Mittel stand. Der beim Angeklagten durchgeführte Bluttest ergab einen Amphetaminwert von 46,2 ng/ml und Methamphetaminwert von 408 ng/ml Blut.
4. Der Angeklagte B1. befand sich am 26.04.2018 in seinem Anwesen … in M. im Besitz von Betäubungsmitteln und Betäubungsmittelutensilien, insbesondere 0,24 Gramm Methamphetamin mit einem Mindestwirkstoffgehalt von 60 % Methamphetaminbase und 2,47 Gramm Marihuana mit einem Mindestwirkstoffgehalt von 5 % THC.
8. 10.11.2020 AG Wunsiedel
2 Ls 313 Js 7563/20
Rechtskräftig seit 10.11.2020
Tatbezeichnung: Unerl. Einfuhr von Betäubungsmitteln (Anlage 1, Anlage 3 zum BtMG)
Datum der (letzten) Tat: 12.03.2020
1 Jahr Freiheitsstrafe
Bewährungszeit 3 Jahre
Verbot der Beschäftigung, Beaufsichtigung, Anweisung und Ausbildung Jugendlicher (gesetzlich eingetretene Nebenfolge nach § 25 JArbSchG)
Bewährungshelfer bestellt
Der Verurteilung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Angeklagte fuhr am 12.03.2020 mit seiner Lebensgefährtin Nicole E. in die Tschechische Republik, um dort Methamphetamin für den gemeinsamen Eigenkonsum zu erwerben. Auf dem Dragon-Basar in Eger erwarben die beiden für 200,- € Crystall. Anschließend fuhren sie mit dem Pkw Opel Zafira, amtliches Kennzeichen UFF … über den Grenzübergang Mühlbach in die Bundesrepublik Deutschland, wo sie gegen 19:40 Uhr auf der Bundesstraße 303 auf Höhe des Grenzübergangs Schirnding einer Kontrolle unterzogen wurden und die von ihnen mitgeführten 4,8 g Methamphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 60 % Methamphetaminbase aufgefunden und sichergestellt wurden. Wie der Angeklagte wusste, hatte er nicht die für den Umgang mit Betäubungsmitteln erforderliche Erlaubnis.
9. 18.03.2021 AG Tirschenreuth
1 Cs 24 Js 10570/20
Rechtskräftig seit 07.04.2021
Tatbezeichnung: Unerl. Besitz von Betäubungsmitteln (Anlage 1 zum BtMG)
Datum der (letzten) Tat: 19.11.2019
50 Tagessätze zu je 5,- € Geldstrafe
Verbot der Beschäftigung, Beaufsichtigung, Anweisung und Ausbildung Jugendlicher (gesetzlich eingetretene Nebenfolge nach § 25 JArbSchG)
Maßnahme nach: BtMG § 33
Dem Strafbefehl lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Am 19.11.2019 gegen 16:45 Uhr wurden der Angeklagte und die gesondert verfolgte Nicole E. in einem Pkw VW, amtliches Kennzeichen N-… nach Einreise aus Tschechien über den ehemaligen Grenzübergang Waldsassen einer Kontrolle unterzogen. Die Kontrolle ergab, dass der Angeklagte 11,2 Gramm Methamphetamin in das Bundesgebiet einführte, weshalb er und die gesondert verfolgte Nicole E. vorläufig festgenommen wurden. Die dahingehend weitergeführten Ermittlungen ergaben jedoch, dass ihm weder eine vorsätzliche noch fahrlässige Einfuhr des Betäubungsmittels zur Last gelegt werden kann.
Eine am 19.01.2019 gegen 22:00 Uhr durchgeführte Wohnungsdurchsuchung ergab aber, dass der Angeklagte in der von ihm und der gesondert verfolgten Nicole E. bewohnten Wohnung in … H., …, zusammen mit der gesondert verfolgten E. 2 Ecstasy-Tabletten in einem schwarzen Schlüsseltresor sowie diverse Utensilien zur Aufbewahrung und zum Konsum von Rauschgift wissentlich und willentlich aufbewahrten.
Das Betäubungsmittel hatte mindestens einen unterdurchschnittlichen Wirkstoffgehalt von 10 %.
Wie der Angeklagte wusste, besaß er nicht die für den Umgang mit Betäubungsmitteln erforderliche Erlaubnis.
10. 16.08.2021 AG Wunsiedel
2 Ls 313 Js 7563/20
Rechtskräftig seit 27.08.2021
1 Jahr 1 Monat Freiheitsstrafe
Bewährungszeit 3 Jahre
Aufrechterhaltene Nebenstrafe oder Maßnahme nach Gesamtstrafenbildung
Nachträglich durch Beschluss gebildete Gesamtstrafe
Einbezogen wurde die Entscheidung vom 10.11.2020
Einbezogen wurde die Entscheidung vom 18.03.2021
Bewährungshelfer bestellt.
II.
Das strafbare Verhalten des Angeklagten
5
Dem Angeklagten wurde mit bestandskräftiger Entscheidung der Fahrerlaubnisbehörde des Landratsamts Bayreuth vom 10.04.2019 seine Fahrerlaubnis unanfechtbar entzogen. Dies wusste der Angeklagte. Dennoch kam es im Zeitraum vom 10.02.2022 bis 28.04.2022 zu den nachfolgend geschilderten Fahrten des Angeklagten zum Zwecke des Erwerbs von Methamphetamin durch den unter einer Drogenabhängigkeit leidenden Angeklagten.
Im Einzelnen handelte es sich um folgende Fahrten:
6
1. Der Angeklagte fuhr mit seinem Pkw, amtliches Kennz AN …, auf der BAB 9, Richtung Berlin, PWC Sophienberg/Ost, Abschnitt 380, Km 3.800, bei 5444 Bayreuth, obwohl er die erforderliche Fahrerlaubnis nicht hatte und obwohl er unter dem Einfluss berauschender Mittel stand.
7
Eine bei dem Angeklagten am 10.02.2022 um 17:22 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Methamphetaminkonzentration von über 250 ng/ml sowie eine Amphetaminkonzentration von 73 ng/l.
8
Aufgrund der Gesamtumstände hätte der Angeklagte erkennen können und müssen, dass er unter der Wirkung berauschender Mittel stand.
9
2. Der Angeklagte befuhr als alleiniger Fahrzeuginsasse mit dem auf die gesondert Verfolgte Eva M. zugelassenen Pkw, amtliches Kennz AN …, am 19.03.2022 gegen 20:42 Uhr die Bundesautobahn A 9 auf Höhe der Anschlussstelle Hormersdorf in Fahrtrichtung Berlin, obwohl er nicht im Besitz der hierfür erforderlichen Fahrerlaubnis war.
10
Die Fahndnungskontrollgruppe F., bestehend aus POK B2. und POK K2., nahm mit dem zivilen Einsatzfahrzeug die Verfolgung auf und beabsichtigte, den Angeklagten am Parkplatz Sperbes einer Kontrolle zu unterziehen. Dem Anhalteversuch mittels Anhaltesingalgeber „BITTE FOLGEN“ widersetzte sich der Angeklagte, überholte den Streifenwagen und fuhr an der Anschlussstelle Pegnitz auf die Bundesstraße B85 Richtung Auerbach i.d.Opf. Ab. Der Angeklagte bog erst nach links und sodann nach rechts in den dort befindlichen Parkplatz ab, verlangsamte seine Geschwindigkeit und warf einen zu diesem Zeitpunkt noch nicht näher identifizierten, weißen Gegenstand aus dem Beifahrerfenster, der in den angrenzenden Grünstreifen fiel.
11
Der Angeklagte fuhr anschließend wieder auf die B 85 in Richtung Auerbach i.d.Opf. auf und fuhr bis zum Industriegebiet in Michelfeld, um dort zu wenden und auf der B 85 wieder in Richtung Pegnitz zu fahren. Den Anhaltesignalen der auf Höhe der Abfahrt Michelfeld positionierten Streifenbesatzung der Polizeiinspektion P., bestehend aus PHK H3. und PHM E3., leistete der Angeklagte abermals keine Folge und beabsichtigte weiterhin, sich einer Polizeikontrolle zu entziehen.
12
Kurz nach dem Anhalteversuch warf der Angeklagte erneut einen zu diesem Zeitpunkt noch nicht näher identifizierten Gegenstand aus dem Beifahrerfenster, der in den neben der Fahrbahn befindlichen rechten Grünstreifen fiel.
13
Eine weitere Streifenbesatzung der Verkehrspolizeiinspektion Bayreuth, bestehend aus PHK B4. und PHM Sch., die im Bereich Spänfleck positioniert war und sich dem entgegenkommenden Fahrzeug mit entsprechenden Anhaltesignalen entgegenstellte, konnte den Angeklagten ebenfalls nicht zum Anhalten bewegen. Der Angeklagte entzog sich erneut der Polizeikontrolle, indem er sehr langsam weiterfuhr und wenige Meter vor dem Streifenwagen nach rechts in den angrenzenden Parkplatz in verbotswidriger Weise entgegen der Fahrtrichtung abbog.
14
Durch Festsetzung des Fahrzeugs mittels Einkesselung durch zwei Streifenwagen von vorne und hinten konnte das Fahrzeug letztlich zum Stillstand gebracht werden. Nachdem sich der Angeklagte trotz mehrfacher Aufforderung weigerte, aus dem Fahrzeug auszusteigen, wurde er aus dem Fahrzeug herausgezogen. Dadurch löste sich die Fußbremse rollte das Fahrzeug nach vorne und stieß gegen den Streifenwagen der Verkehrspolizeiinspektion Bayreuth. Am vom Angeklagte geführten Fahrzeug wurde dadurch das Scheinwerferglas verkratzt, der Sachschaden wird auf 100,00 € geschätzt. Am Streifenwagen entstand kein Sachschaden.
15
Zu einer konkreten Gefährdung der eingesetzten Polizeibeamten oder anderer Verkehrsteilnehmer kam es zu keinem Zeitpunkt.
16
Eine beim Angeklagten am 19.03.2022 um 23:00 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Amphetamin-Konzentration von 104 ng/ml und eine Methamphetamin-Konzentration von über 250 ng/ml.
17
Aufgrund der Gesamtumstände hätte der Angeklagte erkennen können und müssen, dass er unter der Wirkung berauschender Mittel stand.
18
Bei den nach erfolgter Absuche der zurückgelegten Fahrtstrecke aufgefundenen Gegenständen handelte es sich um zwei weiße Dosen mit Methamphetamin-Anhaftungen, insgesamt wurden 0,4 g Methampetamin sichergestellt.
19
Das vom Angeklagten mitgeführte Betäubungsmittel hatte mindestens einen Wirkstoffgehalt von 60 % Methamphetaminbase.
20
Wie der Angeklagte wusste, besaß er nicht die für den Umgang mit Betäubungsmitteln erforderliche Erlaubnis.
21
3. Der Angeklagte fuhr am 28.04.2022 um 20:15 Uhr auf der Bundesautobahn A 9 im Bereich Bindlach, Abschnitt 340, km 0.000, mit dem PKW, Marke: Opel, amtliches Kennzeichen: AN-…, obwohl er die erforderliche Fahrerlaubnis nicht hatte.
22
Der Angeklagte wies bei der Fahrt überdies eine Amphetaminkonzentration von 98 ng/ml sowie eine Methamphetaminkonzentration von mehr als 250 ng/ml auf.
23
Aufgrund der Gesamtumstände hätte der Angeklagte erkennen können und müssen, dass er unter der Wirkung berauschender Mittel stand.
24
Der Angeklagte hat alle Taten aufgrund seiner Betäubungsmittelabhängigkeit begangen.
III.
Beweiswürdigung
25
1. Die Feststellungen zu den wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen des Angeklagten beruhen auf dessen eigener glaubhafter Einlassung, der Auskunft aus dem Bundeszentralregister vom 21.10.2022 und dem Fahreignungsregister vom 15.06.2022 sowie den Feststellungen in den Urteilen des Amtsgerichts Bayreuth vom 08.01.2019, des Amtsgerichts Wunsiedel vom 10.11.2020 und des Amtsgerichts Tirschenreuth vom 18.03.2021.
26
2. Der Angeklagte hat den festgestellten Sachverhalt in vollem Umfang eingeräumt und die Taten in objektiver und subjektiver Hinsicht entsprechend den getroffenen Feststellungen geschildert. Sein Geständnis ist glaubhaft, da es widerspruchsfrei die Entstehung und Ausführung der Taten erklärt. Die Angaben des Angeklagten wurden zudem bestätigt durch die mit Einverständnis des Angeklagten, seines Verteidigers und der Staatsanwaltschaft verlesenen Sachverhaltsberichte des Polizeibeamten POM Munzert vom 11.02.2022, des Polizeibeamten PHM E3. vom 28.04.2022 und des Polizeibeamten POM K. vom 28.04.2022.
27
Die Feststellungen zu den Betäubungsmittelkonzentrationen im Blut des Angeklagten beruhen auf der Verlesung der Gutachten des Labors Krone vom 23.02.2022, 04.04.2022 und 12.05.2022.
IV.
Rechtliche Würdigung
28
Aufgrund des unter Ziffer II festgestellten Sachverhalts hat sich der Angeklagte wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in 3 Fällen in Tatmehrheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln gemäß §§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 1, 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BtMG, § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG, 53 StGB schuldig gemacht.
V.
Strafzumessung
29
1. Bei der Bemessung der Strafen ging das Gericht hinsichtlich des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis jeweils vom Strafrahmen des § 21 Abs. 1 StVG und hinsichtlich des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln vom Strafrahmen des § 29 Abs. 1 BtMG aus.
30
2. Unter Zugrundelegung der Grundsätze des § 46 StGB berücksichtigte das Gericht bei der Bildung der jeweiligen Einzelstrafen folgende Umstände:
31
Zu Gunsten des Angeklagten fiel insbesondere ins Gewicht:
Er war vollumfänglich geständig.
-
Bei den sichergestellten Betäubungsmitteln handelt es sich nur um eine geringe Menge.
-
Die Betäubungsmittel waren für den Eigenkonsum des unter einer Abhängigkeitserkrankung leidenden Angeklagten bestimmt.
32
Zu Lasten des Angeklagten waren insbesondere zu berücksichtigen:
-
Er ist bereits vielfach, auch einschlägig, vorgeahndet.
-
Er hat bereits Strafhaft verbüßt.
-
Er hat die Taten in gleich zweifacher offener Bewährung begangen und sich auch durch die Verhängung einer Geldstrafe innerhalb der Bewährungszeit nicht von den vorliegenden Taten abhalten lassen.
-
Er stand bei den Fahrten unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln.
-
Er hat die Taten nach der Entziehung seiner Fahrerlaubnis begangen.
-
Er hat seine Fahrten ohne Fahrerlaubnis mit hoher Rückfallgeschwindigkeit fortgesetzt, obwohl er bereits bei der ersten Tat am 10.02.2022 von der Polizei auf frischer Tat betroffen wurde.
33
Nach Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände und insbesondere unter Berücksichtigung seiner Vorstrafen und der hohen Rückfallgeschwindigkeit war die Verhängung von Freiheitsstrafen in allen Fällen unter Berücksichtigung der Vorschrift des § 47 Abs. 1 StGB unerlässlich. Dabei hielt das Gericht folgende Einzelfreiheitsstrafen für tat- und schuldangemessen:
Ziffer II.1: 5 Monate
Ziffer II.2: 6 Monate (vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis), 2 Monate (unerlaubter Besitz von Betäubungsmitteln)
Ziffer II.3: 6 Monate
34
Gemäß §§ 53, 54 StGB war unter Erhöhung der Einsatzstrafe eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden. Dabei würdigte das Gericht die Persönlichkeit des Angeklagten und die Taten unter Berücksichtigung der oben dargelegten Umstände zusammenfassend nochmals. Zugunsten des Angeklagten sah das Gericht insbesondere den engen motivatorischen und situativen Zusammenhang der Einzeltaten.
35
Unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände hielt das Gericht daher einer Gesamtfreiheitsstrafe von
10 Monaten
für tat- und schuldangemessen.
36
3. Die Vollstreckung der Strafe konnte nicht zur Bewährung ausgesetzt werden, weil dem Angeklagten keine günstige Sozialprognose gestellt werden kann und daher die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 StGB nicht erfüllt sind. Denn der Angeklagte leidet unter einer bisher nicht bewältigten Betäubungsmittelabhängigkeit. Er hat die Taten zudem in gleich zweifacher offener Bewährung begangen. Dies zeigt, dass der Angeklagte durch die bloße Verhängung einer Freiheitsstrafe nicht ausreichend zu beeindrucken ist. Vielmehr ist der Vollzug der verhängten Freiheitsstrafe unerlässlich. Dabei hat das Gericht nicht verkannt, dass der Angeklagte einer geregelten Arbeit nachgeht und in einer festen Beziehung lebt. Doch sind diese Umstände allein nicht geeignet, eine in der Gesamtschau positive Sozialprognose zu begründen.
VI.
Fahrerlaubnissperre
37
Gemäß §§ 69, 69 a StGB war eine Sperre für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis auszusprechen, da sich der Angeklagten durch sein hartnäckiges Fahren ohne Fahrerlaubnis unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln als charakterlich unzuverlässig und damit ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen hat. Die Dauer der Sperrfrist war nach der Dauer der voraussichtlichen charakterlichen Unzuverlässigkeit des Angeklagten zu bemessen. Unter Abwägung aller Umstände erschien dem Gericht dabei eine Sperrfrist von 1 Jahr und 6 Monaten notwendig, aber auch ausreichend, um die erforderliche charakterliche Nachreifung beim Angeklagten zu bewirken.
VII.
Kosten
38
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 464, 465 Abs. 1 StPO.