Titel:
Kein Anspruch auf Schadensersatz wegen des Einbaus unzulässiger Abschalteinrichtung (Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung) in ein Dieselfahrzeug (hier: Mercedes-Benz V 250d)
Normenketten:
BGB § 823 Abs. 2, § 826
Fahrzeugemissionen-VO Art. 5 Abs. 2
ZPO § 142 Abs. 1, § 522 Abs. 2
Leitsätze:
1. Wenn das KBA die KSR teilweise nicht als unzulässige Abschalteinrichtung einstuft und dementsprechend von Rückrufen absieht, obwohl es die KSR in anderen Fahrzeugtypen mit teilweise demselben Dieselmotortyp beanstandet, erschließt sich nicht, warum bei dieser Sachlage der Herstellerin ein wenigstens billigendes Inkaufnehmen eines Gesetzesverstoßes, welches Voraussetzung für eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung gem. § 826 BGB ist, vorzuwerfen sein soll. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Gericht darf die Urkundenvorlegung nach § 142 Abs. 1 ZPO nicht zum Zwecke bloßer Informationsgewinnung, sondern nur bei Vorliegen eines schlüssigen, auf konkrete Tatsachen bezogenen Vortrags anordnen. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Diesel-Abgasskandal, OM 651 (Schadstoffklasse Euro 6), unzulässige Abschalteinrichtung, Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung (KSR), KBA, Rückruf, billigendes Inkaufnehmen eines Gesetzesverstoßes, Urkundenvorlegung, bloße Informationsgewinnung
Vorinstanzen:
OLG Bamberg, Hinweisbeschluss vom 06.05.2022 – 10 U 72/21
LG Aschaffenburg, Endurteil vom 05.08.2020 – 31 O 267/19
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Urteil vom 12.11.2024 – VIa ZR 906/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 59681
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 05.08.2020, Aktenzeichen 31 O 267/19, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Aschaffenburg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klagepartei kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags die vorläufige Vollstreckung abwenden, soweit nicht die Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 80.000,00 € festgesetzt.
Gründe
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Die Klagepartei nimmt die beklagte Fahrzeugherstellerin auf Schadensersatz wegen Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung für die Abgasreinigung in Anspruch.
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1. Die Klagepartei erwarb am ... 2017 von der Beklagten ein Neufahrzeug der Marke X., Typ … zum Kaufpreis von 75.472,18 € (Anlage K 1), das ihr in der Folge übergeben wurde. Auf den Kaufpreis zahlte die Klagepartei 26.000,00 € an. Den Restkaufpreis finanzierte sie mit einem Darlehen der X. Bank, wodurch ihr Finanzierungskosten in Höhe von insgesamt 2.052,31 € entstanden (Anlage K 2). Das Fahrzeug ist mit einem von der Beklagten hergestellten Dieselmotor des Typs OM 651 Euro 6 sowie mit einem SCR-Katalysator ausgestattet. Das Fahrzeug ist von einem Rückruf durch das Kraftfahrtbundesamt betroffen. Die Beklagte entwickelte daraufhin in Absprache mit dem KBA ein Software-Update zur Behebung der Beanstandungen. Das Software-Update wurde vom KBA freigegeben und in der Folge auf das Fahrzeug der Klagepartei aufgespielt.
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In der Klageschrift vom 16.07.2019, die der Beklagten am 16.08.2019 zugestellt wurde, erklärte die Klagepartei den Rücktritt vom Kaufvertrag (Seite 10 der Klageschrift). Zum 06.07.2020 betrug der Kilometerstand 34.576 km.
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2. Die Klagepartei hat in erster Instanz vorgetragen, in dem von ihr erworbenen Fahrzeug kämen mehrere unzulässige Abschalteinrichtungen zum Einsatz (Thermofenster, „schmutziger Onlineberechnungsmodus“). Zu Beginn der Warmlaufphase und/oder bei positiven einstelligen Außentemperaturen (Seite 4 der Klage bzw. „bei in Deutschland normalen Außentemperaturen“, Seite 9 der Klage bzw. „bei 14° C und weniger“, Seite 4 der Replik) werde der Grad der Abgasrückführung reduziert bzw. die Zufuhr von AdBlue verringert oder ganz ausgesetzt (Seite 4 der Klage). Das AGR-System und der SCR-Katalysator würden zudem ab einer bestimmten Drehzahl reduziert oder gar in Gänze abgeschaltet (Seite 4 der Klage). Das Fahrzeug schalte in einen anderen Modus („online“), nachdem eine bestimmte Menge NOx von den NOx-Sensoren nach dem Motorstart gemessen worden sei. Im „online“-Modus werde die AdBlue Zuführungsrate offenbar stark verringert (Seite 14 des Schriftsatzes vom 26.04.2022). Auf dieser Grundlage hat die Klagepartei in erster Instanz zuletzt beantragt,
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Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 24.823,98 EUR sowie Zinsen in Höhe von 2.971,32 EUR, nebst weiterer Zinsen aus 33.486,93 EUR in Höhe von 4 Prozent pro Jahr seit dem 27.06.2020 zu zahlen, und die Klagepartei von den aktuell noch bestehenden Verbindlichkeiten gegenüber der X. Bank aus dem Darlehensvertrag zur Darlehensvertragsnummer … in Höhe von derzeit noch 44.037,56 EUR freizustellen, Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeuges X. …-Klasse mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ... und Übertragung des der Klagepartei gegenüber der X. Bank zustehenden Anwartschaftsrechts auf Übereignung des vorstehend bezeichneten Fahrzeuges.
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Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des in Ziffer 1 genannten Fahrzeugs zwei Wochen nach Rechtshängigkeit in Annahmeverzug befindet.
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Die Beklagte ist dem Vortrag der Klagepartei in erster Instanz entgegengetreten und hat Klageabweisung beantragt.
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Das Landgericht hat die Klage mit Endurteil vom 05.08.2020 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 04.09.2020 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
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Der Klagepartei stehe mangels Rücktrittsrechts kein Anspruch aus einem Rückgewährschuldverhältnis und auch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung des Kaufpreises für das Fahrzeug zu.
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Ein Anspruch aus §§ 346 i.V.m. 437 Nr. 2, 440, 323 BGB scheitere jedenfalls daran, dass es an einer nach §§ 437 Nr. 2, 440 BGB erforderlichen Nachfristsetzung fehle. Das klägerseits behauptete Verhalten unterfalle nicht einem arglistigen Verhalten, denn dass die Beklagte vorsätzlich gehandelt habe, also sie selbst davon ausgegangen sei zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses, dass eine unzulässige Abschalteinrichtung vorliege, sei nicht ausreichend dargetan. Angesichts der äußerst kontroversen Diskussionen über die Zulässigkeit des „Thermofensters“ sei eine Auslegung dahingehend, dass ein „Thermofenster“ eine zulässige Abschalteinrichtung darstellt, jedenfalls nicht unvertretbar, so dass ein zumindest bedingt vorsätzliches Handeln der Beklagten fern liege. Gleiches gelte zu dem Vortrag zur Dosierung der AdBlue-Menge im SCR-System. Auch wenn die Klägerseite aus dem eigenen Vortrag der Beklagtenseite schlussfolgern will, dass diese selbst zwei Modi und damit einen sauberen und einen „schmutzigen“ Modus geschaffen habe, könne aus dem klägerseits herangezogenen Beklagtenvortrag gerade nicht gefolgert werden, dass diese zwei Modi abhängig von der Erkennung einer Prüfstandsumgebung sind. Umstände hierfür seien nicht dargetan und insbesondere aus dem eigenen Vortrag der Beklagten nicht ersichtlich.
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Ein Anspruch der Klagepartei aus §§ 826, 31 BGB bzw. § 831 BGB, scheide schon deshalb aus, weil das klägerseits behauptete Verhalten der Beklagten unter keinem Gesichtspunkt als sittenwidrig anzusehen sei.
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Wegen des Sach- und Streitstands in erster Instanz im Übrigen wird Bezug genommen auf die Feststellungen im angegriffenen Ersturteil (§ 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO).
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5. Gegen das vorgenannte Endurteil wendet sich die zulässige Berufung der Klagepartei. Sie trägt im Wesentlichen vor:
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Im Fahrzeug der Klagepartei kämen Abschalteinrichtungen zum Einsatz, unter anderem eine temperaturabhängige Steuerung der Abgasrückführung als auch ein „schmutziger Onlineberechnungsmodus“. Durch die verwendeten Abschalteinrichtungen werde die Wirkung dieser Systeme reduziert, wodurch die Stickoxid-Emissionen anstiegen. Wegen der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtungen sei das Fahrzeug der Klagepartei mit einem Sachmangel behaftet. Die Mangelhaftigkeit folge aus dem Umstand, dass wegen der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtungen eine Betriebseinschränkung nach § 5 Abs. 1 FZV drohe. Die Klagepartei habe gegen die Beklagte zudem einen Anspruch auf Rückzahlung des gezahlten Betrags abzüglich einer Nutzungsentschädigung Zug-um-Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs. Der Anspruch folge aus § 826 BGB, aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Verordnung (EG) 715/2007, sowie aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB und § 831 BGB und aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 16 UWG.
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Die Klagepartei beantragt,
unter Abänderung des am 05.08.2020 verkündeten Urteils des Landgerichts Aschaffenburg, Az. 31 O 267/19, wie folgt zu entscheiden:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 24.823,98 EUR sowie Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, und die Klagepartei von den aktuell noch bestehenden Verbindlichkeiten gegenüber der X. Bank aus dem Darlehensvertrag zur Darlehensvertragsnummer … in Höhe von derzeit noch 44.037,56 EUR freizustellen, Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeuges X. …-Klasse mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ... und Übertragung des der Klagepartei gegenüber der X. Bank zustehenden Anwartschaftsrechts auf Übereignung des vorstehend bezeichneten Fahrzeuges.
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des in Ziffer 1. genannten Fahrzeuges zwei Wochen nach Rechtshängigkeit in Annahmeverzug befindet.
3. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit im Übrigen erledigt ist.
4. Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt die Zurückweisung der Berufung. Sie hält der Berufung insbesondere entgegen:
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Das streitgegenständliche Fahrzeug sei zwar von einem Rückruf betroffen. Die für das streitgegenständliche Fahrzeug angeordneten nachträglichen Nebenbestimmungen könnten jedoch unproblematisch umgesetzt werden. Das maßgebliche Software-Update sei von der Beklagten bereits entwickelt und vom KBA nach intensiver Prüfung freigegeben worden. Das Software-Update habe keinen relevanten Einfluss auf die zertifizierten Werte zum Kraftstoffverbrauch und zu CO₂-Emissionen und auch nicht auf die Motorleistung, das Drehmoment, die Geräuschemissionen und die Dauerhaltbarkeit des Fahrzeugs. Dazu habe die Beklagte umfangreiche Erprobungen durchgeführt und dabei keine relevanten Abweichungen feststellen können. Das KBA habe der Beklagten auf dieser Basis die erforderliche Genehmigung für das Software-Update des Fahrzeugs erteilt (Anlage B 8). Die geänderte Motorsteuerungssoftware sei bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug bereits aufgespielt worden. Eine Betriebsbeschränkung oder -untersagung könne daher im vorliegenden Fall nicht mehr drohen, weil die Klägerin das für ihr Fahrzeug entwickelte Software-Update bereits habe aufspielen lassen, so dass es keine verwaltungsrechtliche Anordnung (mehr) gebe, gegen die verstoßen werden könne.
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Wegen des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren im Übrigen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen.
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Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 05.08.2020, Aktenzeichen 31 O 267/19, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
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Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweisbeschluss des Senats vom 06.05.2022 Bezug genommen. Die Ausführungen der Klägerin in der Stellungnahme vom 27.05.2022 zu dem Hinweisbeschluss des Senats, die der Senat zur Kenntnis genommen und erwogen hat, geben auch nach nochmaliger Prüfung der Sach- und Rechtslage keine Veranlassung zu einer abweichenden Beurteilung. Insoweit sind nur die nachfolgenden ergänzenden Anmerkungen veranlasst:
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1. Der Senat hält daran fest, dass das Vorbringen der Klägerin zur KSR verspätet ist. Entgegen dem Vorbringen in der Stellungnahme vom 27.05.2022 (dort Seite 8), wird im Schriftsatz vom 03.05.2022 (dort Seite 18) lediglich mit Blick auf die Anlage BK 10 ausgeführt: „Den Prozessbevollmächtigten der Klagepartei ist das Gutachten am 28.07.2021 zur Kenntnis gelangt, was anwaltlich versichert wird.“ Weiter heißt es (dort Seite 24): „Der BR-Bericht ist den Prozessbevollmächtigten der Klagepartei am 10.02.2021 zur Kenntnis gelangt, was anwaltlich versichert wird.“ Hinsichtlich des Sachvortrags zur KSR wird dagegen nicht erläutert, weshalb ein rechtzeitiger Vortrag unmöglich war (oder jedenfalls ohne die vorgenannten Angriffsmittel unmöglich war), zumal erste Fahrzeuge der Beklagten wegen der KSR bereits im Jahr 2019 zurückgerufen worden waren. Auf die als Anlage BK 15 vorgelegte Entscheidung des BGH kommt es daher nicht an.
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Letztlich hätte die Berufung auch bei Zulassung des Sachvortrags und der Angriffsmittel keine Aussicht auf Erfolg. Jedenfalls aber lässt sich ein Schädigungsvorsatz der Beklagten nicht feststellen. Gegen einen solchen spricht schon die unsichere Rechtslage bei der Beurteilung der Zulässigkeit der KSR (BGH, Beschluss vom 10.11.2021, VII ZR 415/21, juris Rn. 35 und 37; Beschluss vom 12.01.2022, VII ZR 424/21, juris Rn. 38). Das KBA hat zudem die KSR teilweise nicht als unzulässige Abschalteinrichtung eingestuft – und dementsprechend von Rückrufen abgesehen –, obwohl es die KSR in anderen von der Beklagten hergestellten Fahrzeugtypen mit teilweise demselben Dieselmotortyp beanstandet hat. Warum bei dieser Sachlage der Beklagten ein wenigstens billigendes Inkaufnehmen eines Gesetzesverstoßes, welches Voraussetzung für eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung gemäß § 826 BGB ist, vorzuwerfen sein soll, erschließt sich nicht (BGH, Beschluss vom 13.10.2021, VII ZR 179/21, juris Rn. 23 Beschluss vom 10.11.2021, VII ZR 415/21, juris Rn. 37; Beschluss vom 12.01.2022, VII ZR 424/21, juris Rn. 38).
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2. Der Vortrag der Klagepartei zur Verurteilung von Mitarbeitern der Beklagten ist ebenfalls verspätet (vgl. Seite 3 des Schriftsatzes vom 03.05.2022).
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3. Anders als die Klagepartei meint (vgl. Seite 4 ff. des Schriftsatzes vom 03.05.2022) ist für ein wirksames Bestreiten ihres Vortrags nicht die Vorlage eines Rückrufbescheids oder des Typgenehmigungsantrags erforderlich. Offenkundig kann Bestreiten auch in anderer Weise substantiiert erfolgen.
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a) Eine Sachverhaltsaufklärung von Amts wegen war entgegen der Auffassung der Klagepartei nicht veranlasst. § 142 Abs. 1 ZPO befreit die Partei, die sich auf eine Urkunde bezieht, nicht von ihrer Darlegungs- und Substantiierungslast. Dementsprechend darf das Gericht die Urkundenvorlegung nicht zum Zwecke bloßer Informationsgewinnung, sondern nur bei Vorliegen eines schlüssigen, auf konkrete Tatsachen bezogenen Vortrags anordnen. Die Beweislast bleibt im Übrigen in jedem Falle bei der Klagepartei. Das gilt auch für die Erholung amtlicher Auskünfte nach § 273 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Auch § 273 ZPO gibt dem Gericht keine Befugnis zur Amtsaufklärung. Zulässig sind demnach im Grundsatz nur solche Vorbereitungsmaßnahmen, die im Vorbringen der Parteien eine Grundlage finden und, soweit sie auf die Beibringung von Beweismitteln abzielen, die für die entsprechenden Beweiserhebungen geltenden Vorschriften der ZPO beachten (OLG München, Beschluss vom 1. März 2021 – 8 U 4122/20 –, juris Rn. 67 und 71).
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b) Entgegen der Auffassung der Klagepartei traf die Beklagte schließlich keine sekundäre Darlegungslast, der sie nicht nachgekommen wäre. Denn Anhaltspunkte zur Substantiierung des Vortrags, mit dem die darlegungsbelastete Klagepartei die Tatbestandsmerkmale der von ihr angezogenen Anspruchsgrundlage ausfüllen muss und die eine sekundäre Darlegungslast erst auslösen könnten, fehlen gerade vollständig. Der Vortrag der Klagepartei erschöpft sich vielmehr in Spekulationen und Mutmaßungen (vgl. BGH, Beschluss vom 29.09.2021, VII ZR 72/21, juris Rn. 21).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgt gemäß §§ 708 Nr. 10 Satz 2, 709 Satz 2, 711 ZPO.