Titel:
Wesentliche Beeinträchtigung, Anderes Grundstück, Unterlassungsanspruch, Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, Sachvortrag, Wirtschaftliche Zumutbarkeit, Ordnungshaft, Lärmimmissionen, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Vorgerichtliche Anwaltskosten, Sicherheitsleistung, Verkehrslärm, Hühnerhaltung, Substantiiertes Bestreiten, Ortsüblichkeit, Ordnungsgeld, Lärmbeeinträchtigung, Nachbarschaftsverhältnisse, Allgemeines Wohngebiet, Abwehranspruch
Schlagworte:
Unterlassungsanspruch, Wesentliche Beeinträchtigung, Störerhaftung, Ortsübliche Benutzung, Duldungspflicht, Wirtschaftliche Zumutbarkeit, Maßnahmen zur Vermeidung
Rechtsmittelinstanz:
OLG München, Beschluss vom 07.10.2024 – 212 U 454/23 e
Fundstelle:
BeckRS 2022, 59605
Tenor
1. Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, auf dem Grundstück Geflügel in der Weise zu halten, dass eine wesentliche Beeinträchtigung des Grundstücks des Klägers erfolgt.
2. Dem Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 25.000 Euro und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.
3. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 492,54 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5-%- Punkten über dem Basiszinssatz seit 19.06.2021 zu bezahlen.
4. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
5. Das Urteil ist in Ziffer 1. für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.500,00 € und hinsichtlich Ziffer 3. und der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar
Tatbestand
1
Der Kläger macht gegen den Beklagten einen Unterlassungsanspruch wegen von dessen Grundstück ausgehender Lärmemissionen durch Hahnengeschrei geltend.
2
Der Kläger ist Eigentümer des Anwesens xxx. Das Anwesen befindet sich in einem allgemeinen Wohngebiet.
3
Der Beklagte ist Eigentümer des Anwesens xxx.
4
Die beiden Grundstücke befinden sich in einer Entfernung von ca. 100 m Luftlinie zueinander.
5
Sie werden voneinander durch die xxxstraße, auf der Straßenverkehr stattfindet, getrennt.
6
Der Beklagte betreibt seit ca. 2019 hobbymäßig die Haltung und Zucht von Hähnen / Hühnern auf seinem vorbenannten Grundstück. In dem nordwestlichen, dem Grundstück des Klägers zugewandten und von diesem lediglich durch eine spärliche Bepflanzung getrennten Bereich seines Grundstücks befinden sich drei Gehege, die jeweils mit einem Hahn und mehreren Hennen bestückt sind. Das von den Hähnen ausgehende Krähen ist auf dem Grundstück des Klägers und in den darauf befindlichen Anwesen hörbar.
7
Mit den als Anlage K4 und K5 vorgelegten Schreiben vom 13.08.2020 und 15.09.2020 war der Beklagte erfolglos dazu aufgefordert worden, durch geeignete Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass das von seinem Grundstück ausgehende unzumutbare Hahnengeschrei künftig unterlassen wird.
8
Der Kläger behauptet, dass von den auf dem Grundstück des Beklagten befindlichen Hähnen den ganzen Tag über ohne größere Pausen allenfalls durchbrochen von wenigen Minuten Pause Krähen ausginge. Stundenweise erfolge ein Dauerkrähen. Hinsichtlich Dauer und Anzahl des Krähens wird auf die Schilderungen in dem Schriftsatz des Klägers in der Klageschrift vom 01.06.2021, dort Seite 3 (Blatt 3 d. A.) Bezug genommen.
9
Der Kläger vertritt die Auffassung, dass die von den Hähnen ausgehenden Emmisionen die Lärmwerte nach der TA Lärm am Anwesen des Klägers erheblich überschritten. Es werde eine Lautstärke von weit über 70 dB (A) erreicht.
10
Das Krähen zeichne sich durch besondere Modulation und Tonalität aus und stelle daher eine wesentliche Beeinträchtigung für den Kläger dar. Eine Duldungsverpflichtung des Klägers bestehe nicht. Der Kläger könne sich auch nicht auf baurechtliche Privilegien berufen.
11
Der Kläger stellt zuletzt nachfolgende Sachanträge:
1. Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, auf dem Grundstück Geflügel in der Weise zu halten, dass davon ausgehendes Hahnenkrähen im Haus zu hören ist.
2. Hilfsweise wird der Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, auf dem Grundstück Geflügel in der Weise zu halten, dass davon ausgehendes Hahnenkrähen Lautstärken von über 70 dB(A), und damit eine Differenz von 20 bis 40 dB(A) zum Ruhepegel, erreicht.
3. Hilfsweise wird der Beklagte verurteilt, es zu unterlassen auf dem Grundstück mehr als einen Hahn zu halten.
4. Dem Beklagten wird angedroht, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, eine Ordnungshaft oder eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten gegen ihn festgesetzt wird.
5. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 492,54 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5-%- Punkten über dem Basiszinssatz seit 19.06.2021 zu bezahlen.
12
Der Beklagte behauptet, die Geräuschemissionen auf das Grundstück des Klägers überstiegen einen Dauerschallpegel von 55 dB (A) tagsüber und 40 dB (A) nachts sowie Lärmspitzen von 75 dB (A) tagsüber und 60 dB (A) nachts nicht.
13
Das Grundstück des Beklagten befinde sich im Außenbereich. Hier sei eine landwirtschaftliche Nutzung und damit auch die vom Beklagten durchgeführte Hühnerhaltung zulässig.
14
Im Rahmen des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs sei ein Abwägung der beiderseitigen Interessen geboten. Die tatsächliche Situation und bauplanungsrechtliche Einordnung der Grundstücke sei zu berücksichtigen. Aus der konkreten Lage der beiden Grundstücke, insbesondere der unmittelbaren Nähe zu einer stark frequentierten Straße und zwei lärmintensiven Gewerbebetrieben ergäben sich erhöhte Schallrichtwerte für das klägerische Grundstück. Ein Abwehranspruch für den Kläger bestehe unterhalb dieser Richtwerte nur ausnahmsweise.
15
Zu berücksichtigen sei zudem, dass die Nutzung des Grundstücks durch den Beklagten keinen Verstoß gegen öffentlichrechtliche Vorschriften darstelle.
16
Nach Ansicht des Beklagten könnte das Hahnengeschrei auch nicht mit vertretbaren Maßnahmen verhindert werden.
17
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
18
In der Angelegenheit wurde mehrfach mündlich verhandelt. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21.09.2021 (Bl. 27/29 d. A.) und vom 18.02.2022, in dessen Rahmen ein richterlicher Augenschein durchgeführt wurde (Bl. 74/76 d.A.) wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
19
Die zulässige Klage erweist sich als begründet. Dem Kläger stehen die von ihm geltend gemachten Unterlassungsansprüche gegen die vom Grundstück des Beklagten ausgehenden Emissionen nach §§ 1004, 906 BGB zu.
20
1. Das Gericht geht mit der Klägerseite davon aus, dass das Eigentum des Klägers durch das vom Grundstück des Beklagten ausgehende Hahnengeschrei beeinträchtigt wird.
21
Die Beklagtenseite hat sich bereits nicht grundsätzlich gegen die von der Klägerseite behaupteten Lärmimmissionen gewandt, sondern sich nur gegen die substantiierten Behauptungen hinsichtlich des Beginns und des Endes des Krähens und der Anzahl der krähenden Hähne sowie die von ihnen ausgehende Lärmbeeinträchtigung hinsichtlich des Schallpegels gewandt. Nach Auffassung des Gerichts ist es bereits nicht möglich, das substantiierte Vorbringen des Klägers zu Umfang und Dauer des Krähens alleine (mit Nichtwissen) zu bestreiten. Vielmehr wäre der Kläger angesichts der Tatsache, dass er das Krähen seiner Henne nicht bestritten hat, gehalten gewesen, angesichts des Sachvortrags der Klägerseite in derselben Vortragsdichte zu Umfang und der Dauer des Krähens der auf seinem Grundstück gehaltenen Hähne vorzutragen.
22
Aufgrund des dann folgerichtig zugrunde zu legenden, weil als zugestanden geltenden Ausmaßes des Krähens geht das Gericht auf Grundlage seiner eigenen Erfahrungen des täglichen Lebens davon aus, dass das von der Klägerseite beschriebene Hahnenkrähen zu nicht vorherbestimmbaren Tages- und Nachtzeiten zu einer lästigen Beeinträchtigung des Klägers auf dessen Grundstück führt.
23
Selbst wenn man von einem substantiierten Bestreiten der Beklagtenseite hinsichtlich des Bestehens von Lärmemissionen und einer dadurch gegebenen Beeinträchtigung des Grundstücks des Beklagten ausgeht, ist der diesbezügliche Sachvortrag aufgrund des vom Gericht durchgeführten Augenscheins bewiesen.
24
Das Gericht konnte sich im Rahmen des Augenscheins eine Überzeugung davon verschaffen, dass von den 3 aneinander angrenzenden Gehegen auf dem Grundstück des Beklagten, die zum Grundstück des Klägers hin gelegen sind, erhebliche Lärmemissionen ausgehen. Die zum Zeitpunkt des Augenscheins vorhandenen 3 Hähne haben während der ca. einstündigen Dauer des Augenscheins unregelmäßig aber durchgehend gekräht, wobei das Krähen eines Hahnes jeweils die beiden anderen Hähne zu einem „Antwortkrähen“ veranlasst hat. Die entsprechenden Lärmemissionen waren auch trotz der zwischen den beiden Grundstücken befindlichen, zum Zeitpunkt des Augenscheins in nicht unerheblichen Umfang befahrenen Durchgangsstraße auf dem Grundstück des Klägers deutlich zu hören.
25
2. Entgegen der Auffassung der Beklagtenseite kann auch nicht von einer Unwesentlichkeit der Beeinträchtigung des klägerischen Grundstücks ausgegangen werden.
26
Der Beklagte ist als Störer in vollem Umfang für die Unwesentlichkeit der Beeinträchtigung beweispflichtig (BGH Urteil vom 12.07.1985-V ZR 172/84 Rz. 20-juris). Bei der Beurteilung, ob eine wesentliche Beeinträchtigung vorliegt, ist auf das Empfinden eines Durchschnittsbenutzers abzustellen und nicht auf das subjektive Empfinden des Gestörten (vergleiche OLG Hamm Urteil vom 08.10.2002-34 U 25/01 Rz. 24 – juris). Bei einer Einwirkung von Geräuschen kommt dabei neben dem Schallpegel (Lautstärke) auch der Dauer und Häufigkeit, der Frequenz(en) und deren Zusammensetzung, der Nähe der Schallquelle und der Tageszeit, zu dem die Geräusche auftreten, entscheidende Bedeutung zu (vgl. LG München I Urteil vom 03.03.1989, NJW-RR 1989, 1178 m.w. N.). Für ein Wohngrundstück ist dabei maßgeblich, ob das Wohnen selbst durch die Immissionen an Annehmlichkeit verliert.
27
Unter Anwendung der vorstehenden Grundsätze ist von einer wesentlichen Beeinträchtigung des klägerischen Grundstücks aus zu gehen.
28
Das Vorbringen des Beklagten greift insoweit zu kurz, als es alleine auf den Schallpegel abstellt, da die Lautstärke bei der Beurteilung der Störung nur eine von mehreren zu berücksichtigenden Komponenten darstellt (so auch OLG Köln Urteil vom 07.06.1993-12 U 40/93 Rz. 13 – juris). Zu berücksichtigen sind in diesem Zusammenhang vielmehr auch die Tatsache, dass die Lärmimmissionen der Vögel nicht durchgehend sind, aber jederzeit mit einem relevanten Auftreten von Geräuschen gerechnet werden muss. Das Bewusstsein einer jederzeit möglichen erheblichen Ruhestörung entfaltet damit einen zusätzlichen Störungscharakter (vergleiche hierzu auch Landgericht Lübeck Urteil vom 16.12.2005-14 S 33/04 Rz. 7 – juris). Auch die Tatsache, dass das Krähen eines Hahnes von kurzzeitigen Impulsen mit hoher Frequenz bestimmt ist (Landgericht Ingolstadt Urteil vom 30.11.1989-4O 1179/88, NJW-RR 1991,654), zwischen den betroffenen Grundstücken keine schalldämmenden Einflüsse vorhanden sind und sich der Störungscharakter durch das Zusammenspiel mehrerer Hähne noch steigert ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen und führt zu der vom Gericht vorgenommenen Wertung.
29
Hierbei stellte die Lautstärke des Hahnengeschreis nur eine Komponente dar, ohne dass einem Geräusch mit lediglich geringem Schallpegel die Fähigkeit abgesprochen werden könnte, sich in das Bewußtsein einer Person zu drängen, die dieses nicht hören möchte. Daneben führen in vorliegendem Fall die Tatsache, dass aufgrund des Konkurrenzcharakters der Hähne untereinander in kurzer Zeit mehrfach plötzlich Hahnengeschrei auftritt, dieses durch kurzzeitige Impulse mit hoher Frequenz bestimmt wird, die im Vergleich zu einem Dauergeräusch als wesentlich lästiger empfunden werden, dazu, den vom Beklagten Grundstück ausgehenden Emissionen eine besondere Lästigkeit und der Beeinträchtigung auf Seiten des Grundstücks des Klägers eine Wesentlichkeit zuzusprechen.
30
Der von der Beklagtenseite in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Frage, ob das Anwesen des Klägers in einem reinen Wohngebiet liegt, braucht nach Auffassung des Gerichts nicht nachgegangen zu werden, weil es erkennbar mit den für das jeweilige Gebiet geltenden Schallpegeln in Zusammenhang zu sehen ist und damit alleine auf die Lautstärke eines Geräusches abstellt, während diese für die Frage der Wesentlichkeit nur eine von mehreren Komponenten darstellt.
31
3. Nach Auffassung des Gerichts wird die Wesentlichkeit der von den Hähnen der Beklagten ausgehenden Emissionen auch nicht durch das Vorhandensein anderer wesentlicher Beeinträchtigungen, hier des von der zwischen den beiden Anwesen gelegenen Straße ausgehenden Verkehrslärms oder den Emissionen vom Betriebsgelände des Steinmetzbetriebs, der sich in etwa in derselben Entfernung wie die beanstandeten Hähne zum Grundstück des Klägers befindet, ausgeschlossen.
32
Nach Auffassung des Gerichts ist grundsätzlich jede Lärmquelle gesondert zu betrachten. Selbst wenn der von der Straße ausgehende Verkehrslärm oder der vom Steinmetzbetrieb ausgehende Lärm seinerseits eine wesentliche Beeinträchtigung des klägerischen Grundstücks darstellen sollte, führt dies nicht dazu, dem Hahnengeschrei den Charakter einer wesentlichen Beeinträchtigung zu nehmen. Eine andere Sichtweise würde dazu führen, dass jede gegenüber der wesentlichsten Lärmquelle der Umgebung leisere Lärmquelle keine wesentliche Beeinträchtigung mehr darstellen würde, selbst wenn sie für sich genommen eine wesentliche Beeinträchtigung darstellte.
33
Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass sich die von der Straße bzw. dem Betrieb ausgehende Lärmbelästigung auf bestimmte Zeiten beschränkt, während mit der von den Hähnen der Beklagten ausgehenden Lärmbelästigung jederzeit gerechnet werden muss.
34
Darüber hinaus unterscheiden sich die von beiden Lärmquellen ausgehenden Belästigungen auch durch die Art des Geräusches. Während der Verkehrslärm im wesentlichen durch einen gewissen Dauerpegel und ein nur geringfügiges An- und Abschwellen desselben gekennzeichnet ist, ergibt sich die besondere Lästigkeit des Gockelkrähens aus seiner Plötzlichkeit, der besonderen Tonalität und Modulation.
35
4. Entgegen der Auffassung der Beklagtenseite ist der Kläger auch nicht gemäß § 906 Abs. 2 BGB zur Duldung der vorbeschriebenen wesentlichen Beeinträchtigung verpflichtet. Eine wesentliche Beeinträchtigung ist dann zu dulden, wenn sie durch die ortsübliche Benutzung herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind.
36
Für die vorgenannten kumulativen Voraussetzungen ist die Beklagtenseite darlegungs- und beweisbelastet, ohne dass hierzu bislang ein belastbarer Sachvortrag erfolgt wäre.
37
Eine ortsübliche Benutzung im vorgenannten Sinn ist dann gegeben, wenn in einem maßgeblichen Vergleichsbezirk, regelmäßig in Grundstücken der näheren Umgebung eine nach Art und Umfang vergleichbare Nutzung mit vergleichbarer beeinträchtigender Wirkung auf andere Grundstücke vorliegt. Die Beklagtenseite ist in diesem Zusammenhang trotz gerichtlichen Hinweises im Beschluss vom 12.09.2022 jeglichen Sachvortrag dazu, dass überhaupt in räumlicher Nähe zum Grundstück des Beklagten eine Hühnerhaltung, geschweige denn eine Hühnerzucht mit entsprechenden Geräuschemissionen betrieben wird, schuldig geblieben.
38
Der in diesem Zusammenhang bislang von der Beklagtenseite allein getätigte Sachvortrag, wonach sich das Grundstück des Beklagten im Außenbereich befindet, in dem die Hühnerhaltung zulässig ist, ist für die Überprüfung der Ortsüblichkeit unergiebig, ohne dass der Richtigkeit der hierfür maßgeblichen Behauptung nachgegangen werden müsste. Die Beklagtenseite misst den planungsrechtlichen Vorgaben hierbei eine Bedeutung bei, die ihnen tatsächlich nicht zukommt.
39
Nach vorläufiger Einschätzung dürfte auch eine fehlende wirtschaftliche Zumutbarkeit, bei der ein objektiver Maßstab unter Berücksichtigung des nachbarschaftlichen Verhältnisses, der Vor- und Nachteile der Emissionsquelle, der technischen und organisatorischen Möglichkeiten und der Leistungsfähigkeit eines durchschnittlichen Benutzers des emittierenden Grundstücks einzuhalten ist, nicht gegeben sein. Dem Beklagten stehen verschiedene, ihm wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen zur Verfügung, durch die die Beeinträchtigung durch das Hahnengeschrei auf das zumutbare Maß zurückgedrängt werden kann. Hierbei ist vor allem die Möglichkeit zu nennen, den Umfang der von ihm betriebenen Hühnerzucht einzuschränken. Darüber hinaus dürfte sich auch eine Trennung/Verlegung der Hühnergehege insgesamt oder zumindest teilweise auf die Lärmentwicklung positiv auswirken, wenn die derzeit bestehende Konkurrenzsituation zwischen den Hähnen in Wegfall geriete. Hierzu bestehen auf dem insgesamt sehr großen Grundstück auch ausreichende Möglichkeiten. So könnten die Gehege beispielsweise auf die vom Klägergrundstück abgewandte Seite des Beklagtengrundstücks verlegt werden, wodurch sich das auf dem Grundstück befindliche Anwesen schalldämmend für den Kläger auswirken würde. Auch scheinen schalldämmende Maßnahmen zwischen den beiden Grundstücken scheinen nicht ausgeschlossen und mit wirtschaftlich zumutbaren Aufwand für den Beklagten zu verwirklichbar.
40
5. Der Beklagte ist zu verurteilen, Maßnahmen zu treffen, die in Zukunft eine wesentliche Beeinträchtigung des klägerischen Anwesens ausschließen.
41
Entgegen der Auffassung der Beklagtenseite ist die Beschränkung auf eine bestimmte Lautstärke hier nicht angezeigt, da sich die Lästigkeit gerade nicht nur aus der Lautstärke allein ergibt.
42
Da der Unterlassungsanspruch des Klägers allein darauf gerichtet, daß die Störung unterbleibt, nicht aber auf ein bestimmtes Handeln zur Vermeidung künftiger Störung, ist es ihm zu überlassen, auf welche Weise er der Störung abhilft bzw. sie in der Zukunft verhindert. Abgesehen vom Ausnahmefall einer hierfür nur einzig in Betracht kommenden Maßnahme hat sich das Gericht beim Erlaß des Urteils also mit dem Ausspruch zu begnügen, daß der Störer die betreffende Beeinträchtigung zu unterlassen bzw. durch geeignete, nicht näher zu konkretisierende Maßnahmen künftig zu vermeiden hat. Deren Wahl bleibt ihnen überlassen mit der Folge, daß im Falle weiteren Streits hierüber im Verfahren nach § 888 ZPO zu entscheiden sein wird (vgl. OLG München, Breschluss vom 31.01.1990, 25 W 2336/89 Rn. 12 – juris m. w. N.).
43
Der Beklagte hat dem Kläger auch die ihm entstandenen vorgerichtlichen Anwaltskosten zu bezahlen.
44
6. Kosten: § 91 Abs. 1 ZPO
45
7. Vorl. Vollstreckbarkeit: § 709 Satz 1 ZPO