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AG Kempten, Urteil v. 30.08.2022 – 13 Ds 140 Js 22691/21, 13 Ds 140 Js 3083/22 (3)
Titel:

Kurze Freiheitsstrafe, Freiheitsstrafen, Gesamtfreiheitsstrafe, Fahren ohne Fahrerlaubnis, Neue Fahrerlaubnis, Wiedererteilung der Fahrerlaubnis, Unerlässlichkeit, Tagessatz, Schuldangemessenheit, Strafbefehl, Tatbezeichnung, Missbrauch von Ausweispapieren, Strafschärfende, Persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse, Rechtskräftige, Fahrverbot, Geschwindigkeitsüberschreitung, Charakterliche Ungeeignetheit, Geldstrafen, Kostenentscheidung

Normenketten:
StVG § 21 Abs. 1 Nr. 1
StGB § 281 Abs. 1 Satz 1
StGB § 241 Abs. 2
StGB § 69
StGB § 69 a
StGB § 53
StGB § 54
Schlagworte:
Freiheitsstrafe, Bewährung, Fahrverbot, Bedrohung, Vorstrafen, Fahrerlaubnisentzug, Strafzumessung
Vorinstanz:
AG Kempten vom -- – 13 Ds 460 Js 19073/21
Rechtsmittelinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 29.07.2024 – 12 KLs 114 Js 10235/20 (2)
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 26.08.2025 – 6 StR 665/24
Fundstelle:
BeckRS 2022, 59512

Tenor

Die Angeklagte ist schuldig des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und des Missbrauchs von Ausweispapieren und der Bedrohung mit einem Verbrechen und wird deswegen unter Einbeziehung der Verurteilung durch das Amtsgericht Kempten (Allgäu) vom 21.12.2021, Aktenzeichen 13 Ds 460 Js 19073/21, zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Monaten
und einer weiteren
Freiheitsstrafe von 4 Monaten,
deren Vollstreckung jeweils zur Bewährung ausgesetzt wird,
verurteilt.
Die Verwaltungsbehörde darf der Angeklagten vor Ablauf von 8 Monaten keine neue Fahrerlaubnis erteilen.
Die Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Entscheidungsgründe

I.
Persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse
1
Die Angeklagte war zur Tatzeit 31 Jahre alt und ist ledig. Bis 2018 war sie selbstständige Fußpflegerin. Dann geriet sie in eine Lebenskrise. Seit Mitte März 2022 geht die Angeklagte wieder einer Beschäftigung nach. Sie arbeitet 18 Stunden wöchentlich bei dem Neurochirurgen in K. und verdient 1000 € netto monatlich. Daneben besucht sie die Schule für Podologie in Radolfzell. Der Unterricht erfolgt überwiegend online.
2
Die Angeklagte ist wie folgt vorbestraft:
1. 23.07.2018 AG Neumarkt/Oberpfalz
20 Cs 706 Js 108089/18
Rechtskräftig seit 10.08.2018
Tatbezeichnung: Fahrlässiger Gebrauch oder Gestattens eines Fahrzeugs ohne Haftpflichtversicherungsvertrag Datum der (letzten) Tat: 08.04.2018 Angewandte Vorschriften: PflVG § 1, § 6 Abs. 1, § 6 Abs. 2
10 Tagessätze zu je 40,00 EUR Geldstrafe
2. 29.08.2019 AG Neumarkt/Oberpfalz Cs 416 Js 60653/19 Rechtskräftig seit 01.10.2019
Tatbezeichnung: Urkundenfälschung Datum der (letzten) Tat: 30.07.2018 Angewandte Vorschriften: StGB § 267 Abs. 1
50 Tagessätze zu je 20,00 EUR Geldstrafe
3. 05.03.2020 AG Neumarkt/Oberpfalz
20 Cs 416 Js 51947/20
Rechtskräftig seit 24.03.2020
Tatbezeichnung: Diebstahl Datum der (letzten) Tat: 10.01.2020 Angewandte Vorschriften: StGB § 242 Abs. 1, § 248 a
50 Tagessätze zu je 15,00 EUR Geldstrafe
4. 30.03.2020 AG Kempten (Allgäu)
D2304 13 Cs 140 Js 4799/20 Rechtskräftig seit 27.04.2020 Tatbezeichnung: Vorsätzliches Fahren trotz Fahrverbots Datum der (letzten) Tat: 27.01.2020 Angewandte Vorschriften: StGB § 44, StVG § 21 Abs. 1 Nr. 1
60 Tagessätze zu je 20,00 EUR Geldstrafe
4 Monat(e) Fahrverbot
5. 19.05.2020 AG Neumarkt/Oberpfalz
20 Ds 416 Js 53197/20
Rechtskräftig seit 19.05.2020
Tatbezeichnung: Betrug mit Urkundenfälschung Datum der (letzten) Tat: 20.12.2019 Angewandte Vorschriften: StGB § 263 Abs. 1, § 267 Abs. 1, § 52, § 73, § 73 c
120 Tagessätze zu je 15,00 EUR Geldstrafe Verfall oder Einziehung von Taterträgen
6. 15.10.2020 AG Neumarkt/Oberpfalz
20 Ds 416 Js 53197/20
Rechtskräftig seit 28.10.2020
175 Tagessätze zu je 16,00 EUR Geldstrafe
4 Monat(e) Fahrverbot
Aufrechterhaltene Nebenstrafe oder Maßnahme nach Gesamtstrafenbildung Verfall oder Einziehung von Taterträgen Nachträglich durch Beschluss gebildete Gesamtstrafe
Einbezogen wurde die Entscheidung vom 05.03.2020+20 Cs 416 Js 51947/20+AG Neumarkt in der Oberpflaz Einbezogen wurde die Entscheidung vom 19.05.2020+20 Ds 416 Js 53197/20+Neumarkt in der Oberpflaz Einbezogen wurde die Entscheidung vom 30.03.2020+13 Cs 140 Js 4799/20+Neumarkt in der Oberpflaz
7. 21.12.2021 AG Kempten (Allgäu)
13 Ds 460 Js 19073/21
Rechtskräftig seit 25.03.2022
Tatbezeichnung: Betrug Datum der (letzten) Tat: 31.12.2020 Angewandte Vorschriften: StGB § 263 Abs. 1, § 13, § 56
5 Monat(e) Freiheitsstrafe Bewährungszeit 3 Jahr(e)
3
Dieser Verurteilung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
4
Die Angeklagte bezog seit 01.11.2020 von dem Jobcenter der Stadt K. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Entgegen der der Angeklagten bekannten Verpflichtung teilte sie der Agentur für Arbeit nicht unverzüglich mit, dass sie seit 01.11.2020 bei der Firma Inhaberin in der 8... K. arbeitete, mit der Folge, dass der Angeklagten – ihrer Absicht entsprechend – für den Zeitraum vom 01.12.2020 bis 31.12.2020 Leistungen in Höhe von insgesamt 1065 € bewilligt und ausbezahlt wurden, auf die Angeklagte, wie sie wusste, keinen Anspruch mehr hatte. Um diesen Betrag wurde die Bundesagentur für Arbeit geschädigt, was die Angeklagte zumindest billigend in Kauf nahm.
5
Die zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe ist noch nicht erlassen.
II.
Festgestellter Sachverhalt
Fall 1:
Vortatgeschehen:
6
Mit Bescheid vom 20.08.2019 wurde der Angeklagten sofort vollziehbar die Fahrerlaubnis entzogen, weil sie 8 oder mehr Punkte im Fahreignungsbewertungssystem hatte. Mit Bescheid vom 27.09.2019, bestandskräftig seit dem gleichen Tag, wurde der Angeklagten die Fahrerlaubnis endgültig entzogen.
7
Am 22.10.2021 hatte die Angeklagte einen Werkstatttermin für den auf sie zugelassenen Audi TTS Coupé mit dem Kennzeichen bei der Firma n K.,
8
Die Zeugin hatte der Angeklagten in Aussicht gestellt, sie zur Firma zu fahren. Entweder am 21.10.2021 oder am 22.10.2021 teilte die Zeugin der Angeklagten mit, dass sie kein Auto zur Verfügung habe, um nach K. zu kommen und dass sie deswegen die Angeklagte nicht in die Werkstatt fahren könne. Die Angeklagte entschloss sich, den Werkstatttermin wahrzunehmen und fuhr von ihrer Wohnung in 8... K. (Allgäu), zur Firma (diese Tat ist nicht angeklagt).
Tatgeschehen:
9
Nach dem Werkstatttermin wollte die Angeklagte nach Hause fahren. Obwohl sie wusste, dass sie nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis war, fuhr sie gegen 12:35 Uhr auf der in Richtung und hielt an der Kreuzung an. Eine Polizeistreife mit POM war auf der stadteinwärts unterwegs. Die Angeklagte bog nach rechts – Richtung stadteinwärts – auf die ab und wollte nach links in die abbiegen. Die Streife wendete. Die Angeklagte bog schließlich nach rechts in die ab, wo sie auf dem Parkplatz der Firma von der Polizei kontrolliert wurde.
Fall 2:
10
Die Angeklagte übergab POM unter anderem den im Fahrzeug der Angeklagten zurückgebliebenen Führerschein der Zeugin . Die Angeklagte wollte POM vortäuschen, dass sie Frau sei und eine Fahrerlaubnis habe. POM überprüfte die übergebenen Dokumente und befragte die Angeklagte mehrfach, ob sie tatsächlich Frau sei, was die Angeklagte jeweils bejahte. Bei der Abfrage der Personendaten durch POM gab die Angeklagte einen falschen Geburtsort an. Gleichwohl behauptete sie zunächst weiterhin, Frau zu sein. Schließlich räumte sie ein, Frau zu sein.
Fall 3:
Vortatgeschehen:
11
Die Angeklagte und Frau waren mit Herrn befreundet und tauschten sich über Herrn diese Beziehungen sowie über persönliche Dinge aus. Ferner hatte die Angeklagte im Zusammenhang mit Fall 1 und Fall 2 gegenüber der Polizei erklärt, die Zeugin habe ihr den Führerschein überlassen, damit sie sich im Fall einer Verkehrskontrolle damit ausweisen könne, was die Zeugin gegenüber der Polizei von Anfang an bestritt. In der Hoffnung auf entlastende Erkenntnisse nahm die Zeugin mit Herrn hinter dem Rücken der Angeklagten Kontakt auf und benannte Herrn über ihren Verteidiger als Entlastungszeugen.
Tatgeschehen:
12
Die Angeklagte fühlte sich von ihrer ehemaligen guten Freundin hintergangen. Ferner ist zugunsten der Angeklagten davon auszugehen, dass die Zeugin Herrn vertrauliche Informationen verriet. In der Nacht vom 25.12.2021 auf den 26.12.2021 nahm die Angeklagte alkoholische Getränke zu sich und schickte emotional aufgeladen am 26.12.2021 zwei SMS an die Zeugin, um die Zeugin zu beleidigen, zu bedrohen und zu ängstigen. Um 1:11 Uhr ging auf dem Handy der Zeugin S. folgende SMS ein:
„Du bist eine falsche Hässliche Schlage. Das aller letzte. !“
Kurze Zeit später erhielt die Zeugin auf ihr iPad folgende SMS:
„Wenn ich dich Iwann wieder sehe auf der Straße Bist du ne Leiche“
13
Die Zeugin nahm die Drohung ernst und hatte Angst, allein nach K. zu gehen.
14
Der Angeklagte verfasste im unmittelbaren Anschluss an die vorherigen Nachrichten noch folgende SMS, die sie jedoch nicht absandte:
„Glaube mir eines – das was du im vertrauen über mich u wusstest und für dich vom Vorteil genutzt hast wird dir schwer zu schaffen machen Sehe ich dich Bist du fällig du falsche Schlange“
III.
Rechtliche Würdigung
15
Die Angeklagte hat sich damit des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis (Fall 1) in Tatmehrheit mit Missbrauch von Ausweispapieren (Fall 2) in Tatmehrheit mit Bedrohung mit einem Verbrechen, einem Totschlag, (Fall 3) gemäß §§ 21 Abs. 1 Nummer 1 StVG, 281 Abs. 1 Satz 1, 241 Abs. 2, 53 StGB schuldig gemacht.
16
Die sich aus dem Sachverhalt ergebende Beleidigung war nicht Gegenstand der Anklage, weil der Strafantrag nicht formgerecht gestellt worden war.
IV.
Beweiswürdigung
17
Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen beruhen auf den glaubhaften Angaben der Angeklagten.
18
Die Feststellungen zu den Vorstrafen beruhen auf der insoweit verlesenen Auskunft aus dem Bundeszentralregister vom 05.08.2022 und dem insoweit verlesenen Strafbefehl.
Fälle 1 und 2:
19
Die Feststellungen zum Vortatgeschehen und Tatgeschehen in den Fällen 1 und 2 beruhen auf dem Geständnis der Angeklagten. Die Zeugen und POM bestätigten die Angaben der Angeklagten, sodass das Gericht von der Richtigkeit des Geständnisses überzeugt ist.
Fall3:
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Die Feststellungen zum objektiven Sachverhalt im Fall 3 beruhen auf den Angaben der Angeklagten und den in Augenschein genommenen Displayfotos der benutzten elektronischen Geräte sowie auf der Verlesung der drei Textnachrichten. Auch im Fall 3 bestätigte die Zeugin die Angaben der Angeklagten zum objektiven Sachverhalt. Glaubhaft gab die Zeugin darüber hinaus, dass sie die Drohung erheblich beunruhigte und dass sie Angst hatte, alleine in die Stadt K. zu gehen.
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Zu subjektiven Seite der Tat ließ sich die Angeklagte dahingehend ein, dass sie die Zeugin ausschließlich beleidigen wollte. Eine Bedrohung sei nicht beabsichtigt gewesen. Soweit der Text bedrohlich sei, läge ersichtlich eine nicht ernst zu nehmende emotional bedingte Spontanäußerung vor.
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Das Gericht sieht hierin eine Schutzbehauptung. Was an dem Satz „Wenn ich dich Iwann wieder sehe auf der Straße Bist du ne Leiche“ beleidigend sein soll, erschließt sich dem Gericht nicht. Auch die Angeklagte war nicht in der Lage, dem Gericht zu erklären, was an dieser Textnachricht beleidigend sei. Das Gericht ist daher davon überzeugt, dass der Angeklagte die Zeugin aus Enttäuschung und Wut mit dem Tod bedrohen und in Angst und Schrecken versetzen wollte.
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Entgegen der Ansicht des Verteidigers der Angeklagten liegt auch keine offensichtlich nicht ernst gemeinte Spontanäußerung vor. Das Verfassen von zwei Textnachrichten benötigte gewisse Zeit und ist mit einer mündlichen Auseinandersetzung Jugendlicher / Heranwachsender in der in Sekundenbruchteilen eine mündliche Bedrohung geäußert wird, nicht vergleichbar. Dementsprechend nahm die geschädigte die schriftliche Bedrohung ernst, was für das Gericht objektiv nachvollziehbar ist. Auch die nicht versandte dritte Textnachricht belegt die nachhaltige Verärgerung und feindliche Gesinnung der Angeklagten gegenüber der Zeugin
V.
Strafzumessung
Fall 1:
24
Gegen die Angeklagte war nach § 21 Abs. 1 StVG Freiheitsstrafe von 1 Monat (§ 38 Abs. 2 StGB) bis zu 1 Jahr oder Geldstrafe von 5 bis zu 360 Tagessätzen (§ 40 Abs. 1 Satz 2 StGB) zu verhängen.
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Strafmildernd berücksichtigte das Gericht insbesondere:
- Die Angeklagte hat die Tat gestanden.
- Die Angeklagte kam von der Werkstatt und wollte nach Hause fahren, unternahm also keine Spazierfahrt.
- Die von der Angeklagten organisierte Fahrerin fiel kurzfristig und unerwartet aus.
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Strafschärfend berücksichtigte das Gericht insbesondere:
- Die Angeklagte war zum Tatzeitpunkt bereits fünfmal verurteilt worden, unter anderem wegen vorsätzlichen Fahrens trotz Fahrverbots (BZR Nummer 4).
- Die Angeklagte wurde rasch rückfällig. Die letzte Verurteilung erfolgte auf Grund einer Anklage und nach mündlicher Verhandlung am 19.05.2020 (BZR Nummer 6), also nur knapp eineinhalb Jahre vor der Tat.
27
Nach Abwägung aller Umstände erachtete das Gericht eine Freiheitsstrafe in Höhe von 3 Monaten für tat- und schuldangemessen.
28
Die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe ist unerlässlich (§ 47 Abs. 1 StGB). Sämtliche bisher verhängten Geldstrafen hielten die Angeklagte nicht ab, weitere Straftaten zu begehen. Es ist auch nicht nur eine Tat, das Fahren ohne Fahrerlaubnis abzuurteilen, sondern es ist eine Strafe wegen Betrugs einzubeziehen und eine Strafe wegen des Missbrauchs von Ausweispapieren zu verhängen; diese Strafen sind zu einer Gesamtstrafe zusammenzufassen. Schließlich ist auch noch wegen der Bedrohung eine Strafe zu verhängen, die nicht gesamtstrafenfähig ist, weil sie nach der letzten Verurteilung (BZR Nummer 7) begangen wurde. Die massive Häufung der Straftaten ergibt, dass Geldstrafen zur Einwirkung auf die Angeklagte nicht ausreichen.
Fall 2:
29
Gegen die Angeklagte war nach § 281 Abs. 1 StGB Freiheitsstrafe von 1 Monat (§ 38 Abs. 2 StGB) bis zu 1 Jahr oder Geldstrafe von 5 bis zu 360 Tagessätzen (§ 40 Abs. 1 Satz 2 StGB) zu verhängen.
30
Strafmildernd berücksichtigte das Gericht insbesondere:
- Die Angeklagte hat die Tat gestanden.
- Die Angeklagte ließ sich im Kontrollstress spontan zu der Tat hinreißen .
31
Strafschärfend berücksichtigte das Gericht insbesondere:
- Die Angeklagte war zum Tatzeitpunkt bereits fünfmal verurteilt worden. Einschlägige Taten liegen jedoch nicht vor.
- Die Angeklagte wurde rasch rückfällig. Die letzte Verurteilung erfolgte am 19.05.2020 (BZR Nummer 6), also nur knapp eineinhalb Jahre vor der Tat.
32
Nach Abwägung aller Umstände erachtete das Gericht eine Freiheitsstrafe in Höhe von 3 Monaten für tat- und schuldangemessen.
33
Aus den zu Fall 1 angeführten Gründen war eine kurze Freiheitsstrafe unerlässlich (§ 47 Abs. 1 StGB).
34
Die Einzelstrafen von jeweils 3 Monaten und die Freiheitsstrafe von 5 Monaten aus dem einzubeziehenden Strafbefehl des Amtsgerichts Kempten vom 21.12.2021 waren gemäß §§ 53 Abs. 1, 55 Abs. 1 StGB zu einer Gesamtfreiheitsstrafe zwischen 5 Monaten 1 Woche (§§ 54 Abs. 1 Satz 2, 39 Satz 1 StGB) und 10 Monaten 3 Wochen (§§ 54 Abs. 2 Satz 1, 39 Satz 1 StGB) zusammenzufassen. Unter erneuter Abwägung sämtlicher Umstände, insbesondere des engen zeitlichen Zusammenhangs der Fälle 1 und 2 erachtete das Gericht eine Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Monaten für tat- und schuldangemessen.
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Die Gesamtfreiheitsstrafe konnte nach § 56 Abs. 1 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden. Zwar hat sich die Angeklagte die Verurteilung wegen Betrugs (BZR Nummer 7) vom 21.12.2021 zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung nicht zur Warnung dienen lassen und nur 5 Tage später die Bedrohung – Fall 3 – begangen. Grundsätzlich wäre daher keine Bewährung mehr zu gewähren (vergleiche § 56f Abs. 1 Satz 2 StGB). Zu berücksichtigen ist aber, dass der Strafbefehl der Angeklagten erst nach der Tatbegehung zugestellt wurde. Dies rechtfertigt, die Angeklagte erneut so zu behandeln, als wäre sie erstmals zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Es ist daher grundsätzlich zu erwarten, dass sich die Angeklagte allein die Verurteilung zur Warnung dienen lässt und künftig auch ohne Strafvollzug keine weiteren Straftaten begehen wird. Für die Strafaussetzung zur Bewährung spricht auch, dass die Angeklagte wieder eine Beschäftigung aufgenommen hat und Perspektiven entwickelt; sie macht eine Ausbildung zur Podologin und hatte eine neue Fahrerlaubnis beantragt. Schließlich wurde der Angeklagten deutlich vor Augen geführt, dass sie bei erneuter Straffälligkeit mit Gefängnis rechnen muss. Nach Berücksichtigung aller Umstände erscheint künftig straffreier Lebenswandel etwas wahrscheinlicher als erneute Straffälligkeit, sodass Bewährung zu gewähren war.
Fall 3:
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Gegen die Angeklagte war nach § 241 Abs. 2 StGB Freiheitsstrafe von 1 Monat (§ 38 Abs. 2 StGB) bis zu 2 Jahren oder Geldstrafe von 5 bis zu 360 Tagessätzen (§ 40 Abs. 1 Satz 2 StGB) zu verhängen.
37
Strafmildernd berücksichtigte das Gericht insbesondere:
- Die Angeklagte hat den äußeren Sachverhalt eingeräumt
- Die Angeklagte befand sich in einer emotionalen Sonderlage. Es ging um gescheiterte zwischenmenschliche Beziehungen. Tattag war der 2. Weihnachtsfeiertag. – Die Angeklagte war durch Alkoholkonsum enthemmt.
38
Strafschärfend berücksichtigte das Gericht insbesondere:
- Die Angeklagte war zum Tatzeitpunkt bereits fünfmal verurteilt worden. Einschlägige Taten liegen jedoch nicht vor.
- Die Angeklagte wurde rasch rückfällig. Die letzte Verurteilung erfolgte am 19.05.2020 (BZR Nummer 6), also nur etwas mehr als eineinhalb Jahre vor der Tat.
- Die Angeklagte beging die Tat, obwohl sie wegen Betrugs angeklagt und Termin zur Hauptverhandlung auf den 21.12.2021 bestimmt war.
39
Nachdem die Angeklagte der Hauptverhandlung unentschuldigt ferngeblieben war, erging am 21.12.2021 Strafbefehl, der jedoch erst am 29.12.2021 zur Post gegeben wurde und damit keine Warnfunktion entfalten konnte.
40
Nach Abwägung aller Umstände erachtete das Gericht eine Freiheitsstrafe in Höhe von 4 Monaten für tat- und schuldangemessen.
41
Aus den zu Fall 1 angeführten Gründen war eine kurze Freiheitsstrafe unerlässlich.
42
Die Verurteilung wegen Bedrohung ist nicht gesamtstrafenfähig, da die Tat erst nach dem Strafbefehl vom 21.12.2021 begangen wurde und bis zum Eintritt der Rechtskraft des Strafbefehls am 25.03.2022 keine Verhandlung mit einer Sachprüfung stattgefunden hat.
43
Die Freiheitsstrafe konnte nach § 56 Abs. 1 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden. Auf die obigen Ausführungen zur Strafaussetzung zur Bewährung wird Bezug genommen.
VI.
Nebenentscheidung
44
Die Angeklagte hat sich als charakterlich ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen (§ 69 Abs. 1 Satz 1 StGB). Die Angeklagte ist ausweislich des Bundeszentralregisters bereits zweimal im Straßenverkehr auffällig geworden (BZR Nummer 1 und 4). Neben Geldstrafen von 10 Tagessätzen und 60 Tagessätzen wurde sie zuletzt – am 30.03.2020 – auch zu 4 Monaten Fahrverbot verurteilt. Aus der insoweit verlesenen Auskunft aus dem Fahreignungsregister ergibt sich, dass gegen die Angeklagte jeweils 2019 wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen in Höhe von 34 km/h (Eintragung 4), 79 km/h (Eintragung 8) und 44 km/h (Eintragung 9) empfindlichen Geldbußen und Fahrverbote verhängt werden mussten. Unbeeindruckt von allen Strafen und Ahndungen nahm die Angeklagte vorsätzlich ohne die erforderliche Fahrerlaubnis am Straßenverkehr teil (Fall 1) und bestätigte damit, dass die charakterlichen Mängel in Bezug auf den Straßenverkehr nach wie vor bestehen. Zum Schutze anderer Verkehrsteilnehmer und zur charakterlichen Nachreifung der Angeklagten erachtete das Gericht eine Sperrfrist für die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis von 8 Monaten für sowohl erforderlich als auch für ausreichend.
VII.
Kostenentscheidung
45
Die Angeklagte hat nach § 465 StPO die Kosten des Verfahrens zu tragen.