Titel:
Gerichtlich bestellter Sachverständiger, Einholung eines Sachverständigengutachtens, Sachverständigenberatung, Sachverständigenschätzung, Grob fahrlässige Unkenntnis, Haftpflichtversicherung, Wasserschäden, Photovoltaikanlage, Dachsanierung, Organisationsverschulden, Schadensbeseitigung, Wassereintritt, Klageabweisung, mündlich Verhandlung, Vorteilsausgleich, Vorbehaltlose Zahlung, Schluss der mündlichen Verhandlung, Wohngebäudeversicherung, Berufungsinstanz, Haftpflichtversicherer
Schlagworte:
Schadensersatz, Mängelbeseitigung, Verjährung, Arglistiges Verschweigen, Vorteilsausgleich, Sanierungskosten, Beweislast
Vorinstanz:
LG Hof, Endurteil vom 21.02.2022 – 35 O 5/20
Rechtsmittelinstanzen:
OLG Bamberg, Beschluss vom 10.10.2022 – 3 U 61/22
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 08.11.2023 – VII ZR 200/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 58921
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Hof vom 21.02.2022, Az. 35 O 5/20, durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis 24.09.2022.
Entscheidungsgründe
1
Hinsichtlich des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird gem. § 540 ZPO auf die Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen. Lediglich ergänzend bzw. erläuternd ist auszuführen:
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1. Die Klägerin verlangt mit der am 24.12.2019 erhobenen und am 30.01.2020 zugestellten Klage Schadensersatz wegen mangelhafter Installation einer Photovoltaikanlage.
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Die Klägerin erwarb im Jahr 2010 ein in …, … Str. xx gelegenes Einfamilienhaus. Noch im selben Jahr ließ die Klägerin das komplette Satteldach durch die Fa. A. GmbH für den Betrag von 63.626,05 € sanieren. Allerdings brachte die Fa. A. das eigentlich erforderliche Nagelschutzband nicht auf das Unterdach auf, was der Klägerin zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht bekannt war.
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Im Jahr 2011 beauftragte die Klägerin den ihr persönlich bekannten, unter der Firma „S. Fachbetrieb“ handelnden Beklagten mündlich, eine Photovoltaikanlage zu liefern und auf der Südseite des Daches zu montieren. Bei der Montage unterliefen dem Beklagten bzw. seinen Mitarbeitern mehrere Fehler: Sie verwendeten Unterlegplatten und Dachhaken, die für die verbauten Dachziegel nicht zugelassen waren, beschädigten die Konterlattung, verlegten Stromzuleitungs- und Erdungskabel ohne Abdichtungsmanschetten zwischen Dachstein und Schalung und schlugen bei jedem Dachstein das Doppelfaltsystem mit einem Hammer ab. Die Photovoltaikanlage wurde nach Errichtung noch im Jahr 2011 von der Klägerin in Betrieb genommen und die Vergütung von insgesamt 77.322,95 € an den Beklagten aufgrund Rechnung vom 12.08.2011 ungekürzt gezahlt.
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Im Jahr 2014 kam es nach einem heftigen Regenfall zu einem erheblichen Wassereintritt in das Gebäude. Eine Schadensursache konnte trotz Beauftragung einer Fachfirma, das Leck zu orten, nicht festgestellt werden, der Schaden wurde dann durch die Gebäudeversicherung der Klägerin reguliert. Im März 2016 stellte die Klägerin fest, dass erneut Wasser durch das Dach in das Gebäude eingetreten war. Die Klägerin stellte daraufhin eine Mängelrüge an den Beklagten, der seinerseits seine Haftpflichtversicherung (… Versicherung) einschaltete. Diese beauftragte jedenfalls noch im Jahr 2016 zunächst den Sachverständigen D., der die geschilderten Ausführungsmängel bei der Montage der Photovoltaikanlage in einem Gutachten vom 09.10.2017 feststellte. Hierbei fiel auch das fehlende Nagelschutzband auf. Der Sachverständige schätzte die Kosten für die Schadensbeseitigung auf insgesamt 64.000,00 € netto, wovon 45.000,00 € netto auf die Mängelbeseitigung am Dach entfielen. Ein weiterer ebenfalls von der Haftpflichtversicherung der Beklagten am 26.10.2017 beauftragter Sachverständiger E. bestätigte in seinem Gutachten vom 27.11.2017 die vom Sachverständigen D. dargestellte mangelhafte Leistung des Beklagten und führte insbesondere aus, dass die Regensicherheit des Dachs nicht mehr gegeben gewesen sei und hierin die alleinige Ursache des Wassereintritts liege (Anlage K5 S. 2f.).
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Die Klägerin wendete im Jahr 2016 einen Betrag von 6.612,07 € für Abbauarbeiten der Firma A. zur Ergründung der Ursache des Wasserschadens und einen weiteren Betrag von 7.349 € für die Firma F. zur Beseitigung des Wasserschadens auf. Außerdem ließ die Klägerin im Herbst 2017 die Südseite des Daches sanieren, wobei die bereits im Jahr 2010 verbauten Dachziegel wieder Verwendung fanden. Die deshalb bei der Firma A. angefallenen Kosten betrugen 62.500,86 €, wovon 506,35 € netto auf die Nachrüstung des Nagelschutzbands entfielen. Die Haftpflichtversicherung des Beklagten bot nach Inanspruchnahme eine pauschale Entschädigung in Höhe von 10.000,00 € an, lehnte darüber hinaus jedoch eine Regulierung ab.
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2. Die Klägerin hat, soweit in der Berufungsinstanz noch von Belang, erstinstanzlich die Auffassung vertreten, dass die von dem Beklagten unstreitig verursachten Schäden bei Montage der Photovoltaikanlage auf schwerste Ausführungsfehler schließen ließen. Dem Beklagten bzw. seinen Mitarbeitern habe es bei Ausführung der Arbeiten an jeglicher Fachkunde gefehlt. Weiterhin hat die Klägerin behauptet, dass das Fehlen des Nagelschutzbands nicht ursächlich für den Wassereintritt gewesen sei. Die Nordseite des Daches sei bis heute trotz Fehlens eines Nagelschutzbandes vollständig dicht und funktional gewesen. Eine Nachrüstung des Nagelschutzbandes wäre nicht erfolgt, wenn nicht die Neueindeckung aufgrund der vom Beklagten verursachten Mängel notwendig geworden wäre.
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Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten nicht verjährt sei, nachdem insoweit von Arglist des Beklagten auszugehen sei. Der Beklagte habe sowohl die Ausführungsfehler wie auch seine fehlende Fachkunde verschwiegen, was dem arglistigen Verschweigen von Mängeln gleichstehe. Der Anspruch ergebe sich aus § 634 Nr. 4 BGB in Verbindung mit §§ 280 Abs. 1, 281 Abs. 1 BGB bzw. aus § 823 Abs. 1 BGB.
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Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 75.955,58 € nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten oberhalb des jeweiligen Basiszinssatzes sei Klagezustellung zu zahlen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.999,50 € zu zahlen.
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Der Beklagte hat erstinstanzlich
Klageabweisung beantragt.
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Der Beklagte hat sich erstinstanzlich damit verteidigt, dass das Dach der Klägerin bereits aufgrund des fehlenden Nagelschutzbandes vor der insoweit nicht bestrittenen Mangelhaftigkeit der Montage der Photovoltaikanlage nicht ordnungsgemäß erstellt worden sei. Aufgrund dieses Mangels hätte das Dach ohnehin saniert werden müssen, weshalb die Kosten hierfür als „Sowieso-Kosten“ anzusehen seien. Die Dichtigkeit des Dachs auf der Nordseite werde mit Nichtwissen bestritten. Abgesehen hiervon sei der Anspruch der Klägerin verjährt. Die im Jahr 2011 in Betrieb genommene Photovoltaikanlage sei kein Bauwerk, so dass gem. § 634a Abs. 1 Nr. 1 BGB mit Ablauf des 31.12.2012 Verjährung eingetreten sei. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB scheitere bereits an einem Verschulden des Beklagten.
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Erstmals in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 31.01.2022 und damit nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 17.01.2022 hat die Beklagte behauptet, dass die von der Klägerin behauptete Schadenshöhe von 62.500,86 € unzutreffend sei. Der Sachverständige habe im Termin erstmals als Kosten für die Schadensbeseitigung einen Betrag von 20.000,00 € genannt. Dies würde bedeuten, dass allein auf den Auf- und Abbau der Photovoltaikanlage rund 40.000,00 € entfallen würden. Die Rechnung der Fa. A. sei unverhältnismäßig hoch und weise allein an Personalkosten den Betrag von 30.000,00 € aus.
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3. Das Landgericht hat der Klage nach Einholung eines Gutachtens des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen G. und dessen mündlicher Anhörung im Termin vom 17.01.2022 überwiegend in Höhe von 63.180,50 € stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt:
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Der Klägerin stehe gegen den Beklagten ein Schadensersatzanspruch aus §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1, 281 Abs. 1 BGB zu. Der Anspruch sei nach den Vorschriften der §§ 634a Abs. 3, 195 BGB auch nicht verjährt. Nach den Ausführungen des Sachverständigen G. hätten grobe Fehler bei der Montage vorgelegen, die ein gewissenhafter Facharbeiter nicht so hätte stehen lassen. Bei der Montage der Dachhaken seien zu starke Schrauben durch die Konterlatten geschraubt worden, so dass Schäden an der Unterdeckbahn entstanden seien. Hieraus hätte nach Einschätzung des Sachverständigen zwingend der Schluss gezogen werden müssen, dass das Dach dann nicht mehr dicht halte. Ob der Beklagte selbst bei den Arbeiten persönlich anwesend gewesen sei, sei unerheblich, weil er es zumindest versäumt habe, die Arbeiten seiner Mitarbeiter auf derart grobe Fehler zu kontrollieren. Weil eine Kenntnis der Klägerin erst durch die im Jahr 2016 eingeholten Gutachten anzunehmen sei, sei die Klageerhebung am 25.12.2019 noch rechtzeitig gewesen.
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Von den Kosten der Sanierung des Daches sei ein Abzug „neu für alt“ in Höhe von 21,25% vorzunehmen. Der Klägerin stehe also insoweit ein Anspruch in Höhe von 49.219,43 € zu. Außerdem seien der Klägerin die Kosten für die Abbauarbeiten der Photovoltaikanlage und der Beseitigung des Wasserschadens zuzusprechen. Eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen im Hinblick auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 31.01.2022 sei nicht erforderlich.
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4. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Berufung, die er unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens wie folgt begründet:
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a) Die Forderung der Klägerin sei verjährt. Selbst bei Annahme eines schwerwiegenden Organisationsverschuldens bzw. arglistigem Verschweigen des Mangels durch den Beklagten sei von einer Kenntnis der Klägerin bzw. grob fahrlässigen Unkenntnis auszugehen. Nach dem erstmaligen Wassereintritt im Jahr 2014 habe es die Klägerin mit einer erfolglosen Untersuchung durch eine Leckortungsfirma und Regulierung durch ihre Wohngebäudeversicherung bewenden lassen. Der Klägerin hätte sich vielmehr aufdrängen müssen, dass für den Wassereintritt entweder die kurz zuvor erfolgte Dachsanierung oder die Montage der Photovoltaikanlage ursächlich seien und hätte weitere Nachforschungen anstellen müssen.
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b) Das Landgericht habe die abzuziehenden Mehrkosten als wesentlich zu gering bemessen. Im Hinblick auf die Nageldichtbänder bleibe der gerichtlich angenommene Abzug von 506,35 € brutto im Vergleich zu den vorgelegten Privatgutachten der Gutachter D. und E. bestritten. Unverständlich sei, dass das Gericht unter Berufung auf den Sachverständigen G. zu dem Schluss komme, dass für die Reparatur der vom Beklagten verursachten Schäden die komplette Ab- und Neueindeckung der Südseite des Daches erforderlich gewesen sei. Der Sachverständige habe für dies lediglich für die Unterdeckbahn und der Nagelschutzbänder angenommen. Dies seien jedoch Mängel, für die der Beklagte nicht einzustehen habe. Der Gutachter E. habe in seinem Gutachten vom 27.11.2017 bzw. 21.06.2018 geäußert, dass das gesamte Dach sowieso wieder demontiert hätte werden müssen. Die isolierten Kosten für die Reparatur der Nageldichtbänder lägen nach einer „groben Schätzung“ des gerichtlich bestellten Sachverständigen bei mindestens 20.000,00 € netto, die der Beklagte nicht zu tragen habe. Die Rechnung der Fa. A. tauge nicht zur Ermittlung. Hierin sei nicht aufgeschlüsselt, wie viele Arbeitsstunden für das Anbringen der Bänder und die dafür erforderlichen Begleitarbeiten angefallen seien.
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c) Die Rechnung der Fa. A. bezüglich der Sanierungskosten sei weder ortsüblich noch angemessen noch die darin abgerechneten Arbeiten notwendig und erforderlich. Es seien allein für die Arbeiten auf der Südseite Personalkosten von rund 30.000,00 € in Ansatz gebracht worden. Der gerichtlich bestellte Sachverständige habe erstmals im Termin den konkreten Betrag von 20.000,00 € genannt, den er für die Mangelbeseitigung in Ansatz bringen würde. Der Beklagte habe mit Schriftsatz vom 31.01.2022 die Einholung eines Sachverständigengutachtens im Hinblick auf die unverhältnismäßig hohe Rechnung der Dachreparatur verlangt. Dies habe das Landgericht übergangen.
20
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
22
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die dort gewechselten Schriftsätze ergänzend verwiesen.
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Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Beklagten einstimmig durch Beschluss zurückzuweisen, weil sie nach derzeitigem Sach- und Streitstand aussichtslos und offensichtlich unbegründet ist (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch die sonstigen Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO vorliegen. Das Urteil des Landgerichts ist im Ergebnis und auch in der Begründung richtig. Ergänzend ist in Hinblick auf das Berufungsvorbringen Folgendes auszuführen:
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1. Das Landgericht hat zutreffend den Anspruch der Klägerin auf Ersatz der Kosten für die Dachsanierung, des Abbaus der Photovoltaikanlage und der Beseitigung des Wasserschadens aus den Vorschriften der §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1, 281 Abs. 1 BGB (in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung) hergeleitet.
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Die Errichtung der Photovoltaikanlage stellt sich als Werkvertrag nach § 631 Abs. 1 BGB dar. Der Beklagte hat die hieraus resultierende Hauptpflicht zur mangelfreien Herstellung des Werks nicht erfüllt und seine Leistung nur mangelhaft erbracht. Er hat Unterlegplatten und Dachhaken verwendet, die für die verbauten Dachziegel nicht zugelassen waren, die Konterlattung beschädigt und die Stromzuleitungs- und Erdungskabel ohne Abdichtungsmanschetten zwischen Dachstein und Schalung verlegt. Daneben haben der Beklagte bzw. seine Mitarbeiter bei jedem Dachstein das Doppelfaltsystem mit einem Hammer abgeschlagen. Dies stellt der Beklagte auch nicht in Abrede.
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2. Die Ansprüche der Klägerin sind auch nicht verjährt.
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a) Vorliegend kann dahinstehen, ob die Errichtung einer Photovoltaikanlage als reines zur Herstellung bestimmtes Werk im Sinne der Vorschrift des § 634a Abs. 1 Nr. 1 lit. a) BGB oder als Bauwerk gem. § 634a Abs. 1 Nr. 1 lit. b) BGB einzuordnen ist. Die Klägerin hat das Werk im Jahr 2011 zumindest konkludent durch die vorbehaltlose Zahlung des vereinbarten Werklohns und Inbetriebnahme der Anlage als vertragsgemäß anerkannt und damit abgenommen (§ 640 Abs. 1 BGB). Damit endete die längere Verjährungsfrist aus § 634a Abs. 1 Nr. 1 lit. b) BGB spätestens im Jahr 2016.
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b) Der Senat schließt sich der Auffassung des Landgerichts an, dass vorliegend in Abweichung der in § 634a Abs. 1, Abs. 2 BGB normierten Fristen gem. § 634 Abs. 3 S. 1 BGB die allgemeine Verjährungsfrist von drei Jahren ab Kenntnis der den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schädigers aus § 199 Abs. 1 BGB zur Anwendung kommt, weil der Beklagte die von ihm bzw. seinen Mitarbeitern verursachten Mängel arglistig verschwiegen hat.
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aa) Das Landgericht ist, sachverständig beraten, zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Beklagten ein Organisationsverschulden hinsichtlich seiner Mitarbeiter zur Last zu legen ist. Bei gravierenden oder offensichtlichen Mängeln, die durch nachfolgende Arbeiten verdeckt würden, liege Arglist nahe, die auch vorliegend anzunehmen sei. Dies lässt keinen Fehler erkennen und wird von der Berufung auch nicht angegriffen.
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bb) Fehl geht die Auffassung des Beklagten, dass die Klägerin aus grob fahrlässiger Unkenntnis nicht schon im Jahr 2014, sondern erst im Jahr 2016 von dem Schaden und der Person des Schädigers erfahren hat.
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(1) Grob fahrlässige Unkenntnis, die der Kenntnis gleichsteht, ist dann anzunehmen, wenn „die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich großem Maße verletzt wird, ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder beiseite geschoben werden und dasjenige unbeachtet gelassen wird, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen“ (BT-Drs. 14/6040, 108). Dies ist anzunehmen, wenn der Gläubiger „auf der Hand liegende Erkenntnismöglichkeiten nicht wahrnimmt oder sich Informationen nicht beschafft, die leicht zugänglich und zur Durchsetzung der Ansprüche erforderlich sind“ (BT-Drs. a.a.O.). Dem Gläubiger muss also ein objektiv grober Pflichtenverstoß vorzuwerfen sein, der mit einer auch „subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung einhergeht, die das in § 276 Abs. 2 BGB bestimmte Maß erheblich überschreitet“ (BGH NJW 2009, 1482 Rn. 34; Moufang/Koos in Messerschmidt/Voit, Privates Baurecht, 4. Auflage 2022, § 634a Rn. 11).
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(2) Gemessen hieran zeigt die Berufung keine Anhaltspunkte auf, die eine grobe Fahrlässigkeit der Klägerin auch nur ansatzweise nahelegen würden.
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Die Klägerin hat anlässlich des Wassereintritts im Jahr 2014 ein Leckortungsunternehmen beauftragt. Dieses konnte die Ursache hierfür nicht feststellen. Aus Sicht der Klägerin bestanden damit keine objektiven Anhaltspunkte dafür, dass für das Schadensereignis die Fa. A. oder der Beklagte verantwortlich waren. War deshalb das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs gegen eine der beiden Firmen zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht virulent, hatte die Klägerin auch aufgrund der sonstigen Umstände keinen Anlass, nach der Ergebnislosigkeit der Nachforschung durch ein Fachunternehmen weitere Schritte zu unternehmen. Nach der Errichtung der Photovoltaikanlage hatte das Dach über den Zeitraum von drei Jahren beanstandungsfrei funktioniert. Das Schadensereignis war nur punktuell nach erheblichen Regenfällen aufgetreten und die Folgen beseitigt. Unter diesen Umständen bestand für die Klägerin kein Anlass, weitere Schritte „ins Blaue hinein“ zu unternehmen, zumal sie die Kosten hierfür sie selbst zu tragen gehabt hätte. Sie hätte auch keine stichhaltigen Gründe gehabt, um den Beklagten zu einer Überprüfung aufzufordern. Ein „grober Pflichtenverstoß“ der Klägerin, wie ihn der Beklagte suggerieren will, liegt damit nicht vor.
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Soweit sich der Beklagte darauf beruft, dass sich die Klägerin nach dem Wassereintritt im Jahr 2016, ohne weitere Feststellungen zu treffen, an ihn gewandt habe, verhilft dies der Berufung nicht zum Erfolg. Die Einordnung, ob sich die Untätigkeit der Beklagten nach Einschaltung des Ortungsunternehmens im Jahr 2014 als grob fahrlässig darstellt, ist allein aufgrund der damals bestehenden Umstände unter Zugrundelegung des Maßstabes eines objektiv vernünftigen Verhaltens der Klägerin zu treffen. Die spätere Vorgehensweise der Klägerin hat daher außer Betracht zu bleiben, zumal im Jahr 2016 bei Eintritt des neuerlichen Wasserschadens auch eine veränderte Sachlage bestand. Es handelte sich um den zweiten Wasserschaden innerhalb von zwei Jahren, der diesmal im Unterschied zu dem Schadensereignis im Jahr 2014 ohne äußeren Anlass aufgetreten war; jedenfalls ist ein solches nicht vorgetragen. Unter diesen Voraussetzungen stellte sich die Sachlage für die Klägerin im Jahr 2016 in erheblicher Weise anders dar als noch im Jahr 2014.
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3. Auch hinsichtlich der Schadenshöhe ist das Urteil des Landgerichts rechtsfehlerfrei ergangen.
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a) Der Beklagte hat erstinstanzlich nicht bestritten, dass die von der Fa. A. durchgeführten Arbeiten zur Schadensfeststellung (Anlage K7) sowie die Arbeiten der Fa. F. zur Beseitigung des Wasserschadens (Anlage K8) erforderlich waren. Einwände hiergegen trägt der Beklagte auch in der Berufungsinstanz nicht vor.
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b) Auch die Sanierungskosten für die Beseitigung der Schäden am Dach aufgrund der Rechnung der Fa. A. vom 24.11.2017 (Anlage K9) in Höhe des vom Landgericht zugesprochenen Betrags von 49.219,43 € sind seitens des Beklagten zu ersetzen.
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aa) Der Senat teilt nicht die Ansicht des Beklagten, dass sich die Klägerin die Kosten für eine nachträgliche Einbringung des Nagelschutzbandes als „Sowiesokosten“ über den Betrag von 506,35 € hinaus abziehen lassen muss.
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(1) Ein Geschädigter muss sich grundsätzlich im Rahmen des Vorteilsausgleichs die Kosten anrechnen lassen, die auch ohne das schadensstiftende Ereignis angefallen wären. Dies gilt insbesondere dann, wenn die zur Behebung des Mangels erforderlichen Arbeiten von dem Geschädigten auch sonst durchgeführt worden wären. Nach dem schadensrechtlichen Bereicherungsverbot soll der Geschädigte nicht besser gestellt werden, als er ohne das schädigende Ereignis stünde. Schadensmindernd zu berücksichtigen sind jedoch nur solche Vorteile, deren Anrechnung mit dem jeweiligen Zweck des Ersatzanspruchs übereinstimmt, so dass sie dem Geschädigten zumutbar ist und den Schädiger nicht unbillig entlastet (BGH NJW 2015, 468 Rn. 20).
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Der Senat hat bereits Zweifel daran, dass vorliegend eine Anrechnung mit dem Zweck des Schadensersatzanspruchs vereinbar ist. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass nach den Ausführungen des Sachverständigen G. in der mündlichen Verhandlung vom 17.01.2022 das Nagelschutzband, wäre es durch die Fa. A. eingebracht worden, durch das Vorgehen des Beklagten zerstört worden wäre. Damit hätte sich auch bei einem mangelfreien Dach an dem Umfang der Schadensersatzverpflichtung des Beklagten nichts geändert; er hätte sogar noch die Kosten für einen Ersatz des Nagelschutzbandes zu tragen gehabt.
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(2) Selbst unter der Annahme, dass ein Vorteilsausgleich bereits dann stattfindet, wenn der Geschädigte durch die Schadensbeseitigung eigene Aufwendungen erspart hat, was gerade bei Sanierungsarbeiten, welche ohnehin geplant waren, der Fall ist (BGH NJW 2015, 468 Rn. 20f), hat die insoweit beweisbelastete Beklagte (BGH a.a.O. Rn. 22) die Voraussetzungen hierfür nicht nachgewiesen.
43
Obwohl die fehlende Einbringung des Nagelschutzbandes nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprach, gab es für die Klägerin keine rechtliche Verpflichtung, diese nachträglich einzubauen. Auch eine tatsächliche Notwendigkeit steht nicht inmitten. Der Sachverständige G. hat bereits in seinem schriftlichen Gutachten vom 23.12.2020 festgestellt, dass das Nagelschutzband auch in der von der Werkleistung des Beklagten nicht betroffenen Nordseite des Daches fehlt. Dort ist jedoch bislang kein Wasser eingedrungen. Daneben hat der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten geäußert, dass das Fehlen des Nagelschutzbandes nicht zwingend zu einem Schaden im Gebäude geführt hätte und dies für den eingetretenen Schaden als „nicht verantwortlich“ bezeichnet. Er hat dies in der mündlichen Verhandlung vom 17.01.2022 wiederholt und weiter angegeben, dass er der Klägerin lediglich geraten hätte, die Falze zu säubern und nach 15 Jahren darauf nachzuprüfen, ob Beschädigungen eingetreten seien. Darüber hinaus hat der Sachverständige angegeben, dass er den Vorteil der Klägerin nicht in Euro quantifizieren könne.
44
Nach Maßgabe der Ausführungen des Gutachters war die Klägerin also auch aus technischen Gründen nicht zur Einbringung des Nagelschutzbandes gezwungen. Ein Vorteil der Klägerin ist allenfalls in der ersparten Reinigung und Kontrolle anzunehmen. Hierbei handelt es sich jedoch um den Einsatz der eigenen Arbeitskraft, die grundsätzlich kein Vermögensgut darstellt, soweit nicht die im Rahmen des Üblichen typischerweise zu erbringende Mühewaltung überschritten wird (BGH Urteil vom 10.06.2020 -Az: VIII ZR 289/19, Rn. 45; MüKoBGB/Oetker, 9. Aufl. 2022, BGB § 249 Rn. 83f.). Ein ersatzfähiger Vorteil der Klägerin ist jedenfalls nicht zu erkennen.
45
bb) Hinsichtlich der Kosten der Sanierung des Daches hat der Beklagte erstinstanzlich zunächst keine Einwände gegen die Notwendigkeit der Leistungen der Fa. A. und die Angemessenheit der Vergütung erhoben. Erstmals im Schriftsatz vom 31.01.2022 hat der Beklagte behauptet, dass die Rechnung der Fa. A. „hoffnungslos übersetzt, weder ortsüblich und angemessen, noch die darin angegebenen Arbeiten notwendig und erforderlich“ gewesen seien. Hiermit kann der Beklagte jedoch nicht gehört werden.
46
(1) Zunächst ist der Schriftsatz nach Schluss der mündlichen Verhandlung bei Gericht eingegangen. Eine Schriftsatzfrist war dem Beklagten nicht eingeräumt worden. Die Zulassung des Vorbringens war damit nur unter den in § 296a S. 2 ZPO normierten Voraussetzungen möglich. Das Landgericht hatte jedoch insbesondere keinen Anlass, gem. § 156 Abs. 2 ZPO die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Zwar verpflichtet der Grundsatz des rechtlichen Gehörs das Gericht zu einer solchen Verfahrensweise, wenn ein Sachverständiger, ohne dass er vorher ein den Parteien zur kritischen Würdigung zugängliches schriftliches Gutachten erstattet hat, in der mündlichen Verhandlung zu schwierigen Sachfragen ausführlich gehört wird (BGH NJW 2009, 2604). Dies trifft jedoch vorliegend nicht zu.
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Vorliegend stützt sich der Beklagte lediglich darauf, dass der Sachverständige erstmals im Termin 20.000,00 € als konkreten Betrag zur Mängelbeseitigung genannt haben soll. Dies ist bereits insofern unrichtig, dass der Sachverständige diesen Betrag im Zusammenhang mit den Kosten für eine nachträgliche Anbringung des fehlenden Nagelschutzbandes genannt hat. Im Übrigen hatte der Sachverständige im Rahmen seines Gutachtens die Frage nach den Kosten der Dachsanierung nicht zu beantworten, weil keine der Parteien hierzu eine entsprechende Behauptung mit dem entsprechenden Beweisantrag gestellt hatte. Weil damit der Vortrag und der Beweisantrag des Beklagten unter Missachtung seiner Prozessförderungspflicht nach § 282 ZPO erfolgten, war die Entscheidung des Landgerichts, nicht erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten, ermessensfehlerfrei (BGH, Beschluss vom 27.09.2006 – IV ZR 143/05).
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Daneben handelte es sich um keine schwierige Sachfrage, zu der die Beklagte nicht bereits vorher hätte Stellung nehmen können. Die Rechnung der Fa. A. (Anlage K9) war dem Beklagten bereits mit Zustellung der Klage am 30.01.2020 übermittelt worden. Der Beklagte hatte damit ausreichend Gelegenheit, sich mit dem Inhalt der Rechnung auseinanderzusetzen und die Notwendigkeit der Arbeiten und Angemessenheit der Preise zu überprüfen, zumal der Beklagte in dem Bereich selbst tätig ist. Außerdem lag ihm bereits seit dem Jahr 2017 das von seinem Haftpflichtversicherer eingeholte Gutachten des Sachverständigen D. vor, der bereits eine Kostenschätzung abgegeben hatte. Es wäre dem Beklagten ohne weiteres möglich gewesen, über seinen Haftpflichtversicherer eine detaillierte Stellungnahme hierzu einzuholen.
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(2) Soweit der Beklagte erstmals in der Berufung in Abrede stellt, dass das komplette Ab- und Neueindecken des Daches zur Schadensbeseitigung erforderlich war, ist er hiermit gem. § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen.
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(3) Letztendlich sind die pauschalen Einwendungen des Beklagten auch nicht hinreichend substantiiert.
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Grundsätzlich hat zunächst der Auftraggeber die Erforderlichkeit der Mängelbeseitigung und deren Kosten darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. An die Darlegung sind jedoch grundsätzlich keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Ihr ist genügt, wenn eine nachvollziehbare Abrechnung der Mängelbeseitigungsaufwendungen vorliegt, die den Auftragnehmer in die Lage versetzt, die abgerechneten Arbeiten zu überprüfen (BGH ZfBR 2015, 676 Rn. 83). Dem ist die Klägerin durch Vorlage der Rechnung der Fa. A. (Anlage K9) nachgekommen. Der Beklagte, der grundsätzlich nicht in Abrede stellt, dass die Sanierung des Daches aufgrund der vorhandenen Schäden veranlasst war, hätte dann im Einzelnen darlegen müssen, welche der abgerechneten Leistungen unnötig oder überteuert waren.
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Insbesondere hinsichtlich der behaupteten Personalkosten von 30.000,00 € fehlt es an jeglichem konkreten Vortrag gerade vor dem Hintergrund, dass die Facharbeiterstunden mit 38,50 € netto abgerechnet wurden. Der Beklagte wird nicht ernsthaft behaupten wollen, dass diese unangemessen hoch angesetzt wurden. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bereits der von der Haftpflichtversicherung des Beklagten beauftragte Gutachter D. die Kosten mit mehr als 62.000,00 € netto (= 73.780,00 € brutto) geschätzt hat, ohne dass dies der Beklagte in Zweifel gezogen hat. Tatsächlich liegen die gesamten Aufwendungen der Klägerin nur etwa 2.000,00 € über diesem Betrag. Auch aus diesen Gründen stellt sich das Vorbringen des Beklagten in diesem Zusammenhang als unschlüssig und das beantragte Sachverständigengutachten als reine Ausforschung dar.
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Damit erscheint die Berufung des Beklagten ohne Aussicht auf Erfolg und wird daher zurückzuweisen sein.
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1. Auch die weiteren Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen vor. Der Senat weicht nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs oder anderer Obergerichte ab. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Sie ist geprägt durch die ihr innewohnenden Besonderheiten eines Einzelfalles. Alle Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung sind bereits höchstrichterlich geklärt. Eine Zulassung der Revision wäre im Falle einer Entscheidung durch Urteil nicht geboten.
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2. Auch eine mündliche Verhandlung ist in der vorliegenden Sache nicht veranlasst (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO). Es ist auszuschließen, dass in einer mündlichen Verhandlung neue, im Berufungsverfahren zuzulassende Erkenntnisse gewonnen werden können, die zu einer anderen Beurteilung führen.
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3. Abschließend und pflichtgemäß weist der Senat auf die im Falle einer Berufungsrücknahme in Betracht kommende Gerichtsgebührenermäßigung (KV GKG Nr. 1220, 1222) hin.
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4. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert des Berufungsverfahrens auf bis zu 63.200,00 EUR festzusetzen.