Inhalt

OLG München, Endurteil v. 24.05.2022 – 9 U 1201/20 Bau
Titel:

Werklohn für Bau- und Planungsleistungen

Normenkette:
BGB § 631, § 675
Leitsatz:
Soweit beauftragte Leistungen zwei Grundstücken gedient haben, ist auch für einen objektiven Betrachter aus Sicht des Empfängers eine Kostenteilung zu erwarten und sachgerecht. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Bau- und Planungsleistungen, Erstellung Doppelhaushälfte, Umverlegen von Abwasserleitungen, Baustrom, Vergütung, Vorarbeiten
Vorinstanz:
LG München I, Entscheidung vom 29.01.2020 – 18 O 4991/17
Rechtsmittelinstanzen:
OLG München, Ergänzungsurteil vom 30.06.2022 – 9 U 1201/20 Bau
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 12.06.2024 – VII ZR 126/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 58641

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin vom 02.03.2020 wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 29.01.2020, Az.: 18 O 4991/17, in Ziffern 1. und 2. wie folgt abgeändert:
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 27.057,82 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 27.09.2016 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Klägerin 35% und die Beklagten samtverbindlich 65%
II. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und bleibt die Klage abgewiesen.
III. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin 13% und die Beklagten samtverbindlich 87%.
IV. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages geleistet hat.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe

I.
1
Die Klägerin begehrt Werklohn für Bau- und Planungsleistungen sowie Vergütung für anteiligen Baustrom und Bauwasser.
2
Hinsichtlich der weiteren Feststellungen wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Endurteils des Landgerichts München I vom 29.01.2020, Az. 18 O 4991/17, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
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Mit Endurteil vom genannten Tag gab das Erstgericht der Klage in Höhe von 6.568,64 € brutto nebst Zinsen unter Klageabweisung im Übrigen statt.
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Tragend stellte es dabei darauf ab, dass der Klägerin der Nachweis, die Beklagten hätten die klägerischen Angebote zur Erbringung von Bauleistungen angenommen, nur zum Teil gelungen und darüber hinaus nur ein Teil der geltend gemachten Leistungen zu erstatten sei.
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Gegen dieses dem anwaltlichen Vertreter der Klägerin unter dem 30.01.2020 zugestellte Endurteil legte derselbe mit Schriftsatz vom 02.03.2020, beim Oberlandesgericht München eingegangen am gleichen Tag, Berufung ein (Bl. 183/184 d.A.), die er mit Schriftsatz vom 30.04.2020, beim Oberlandesgericht München eingegangen am gleichen Tag, begründete (Bl. 190/196 d.A.).
6
Die Klägerin argumentiert, das Erstgericht habe verfahrensfehlerhaft die Zeugen T. und M. nicht angehört und sei weiter fehlerhaft davon ausgegangen, dass nur solche Bauleistungen ersatzfähig seien, die ausschließlich der von der Beklagten geplanten Doppelhaushälfte erforderlich gewesen seien, nicht aber solche, die sowohl der Tiefgarage als auch der Doppelhaushälfte dienten. Die Klägerin beantragt, ndas Endurteil des Landgerichts München I vom 29.01.2020 (Az.: 18 O 4991/17) in Ziffer 1 dahingehend abzuändern, dass die Beklagten verurteilt werden, an die Klägern 29.903,77 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 27.09.2016 zu bezahlen.
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Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigen das erstinstanzliche Urteil.
9
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einvernahme des Zeugen D. T. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 03.05.2022 (Bl. 295/299 d. A.). Im Übrigen wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
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Die zulässige Berufung der Klägerin ist zum Teil begründet.
11
Der Klägerin steht deshalb ein weiterer Anspruch auf Vergütung der von ihr erbrachten bzw. in Rechnung gestellten Leistungen in Höhe von 20.488,98 € zu, §§ 631, 675 BGB.
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Aufgrund der Einvernahme des Zeugen T., der im Jahr 2014 als Architekt mit der Durchführung des Projekts Erstellung Doppelhaushälfte in der R.straße 56 sowie der vorgelagerten Tiefgarage betraut war, ist der Senat davon überzeugt, dass die Beklagten die im Angebot vom 02.06.2014 (Anlage K 5) aufgeführten Leistungen beauftragt haben. Dabei hat der Beklagte zu 1) seine Ehefrau vertreten, § 164 Abs. 1 BGB.
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Vor der eigentlichen Errichtung der Doppelhaushälfte mussten zahlreiche Vorarbeiten bauseits erbracht werden. Der als Architekt tätige Zeuge T. war bei der Besprechung am 10.06.2014 mit anwesend, als der Geschäftsführer der Klägerin, Herr B., und Herr G. die einzelnen Leistungen, die im Angebot vom 02.06.2014 (Anlage K 5) ausgewiesen waren, durchgesprochen haben und Herr G. diese für sich und seine Ehefrau beauftragt hat. Wenngleich sich der Zeuge T. im Hinblick auf den Zeitablauf nicht mehr an alle Einzelheiten erinnern konnte, so erfolgte seine Aussage ruhig und besonnen und er konnte sich aufgrund seiner Notizen an verschiedene Einzelheiten erinnern. Der Zeuge T. machte auf den Senat einen glaubhaften und glaubwürdigen Eindruck. Der Senat ist deshalb davon überzeugt, dass die Beklagten die aufgeführten Bauleistungen im Einzelnen beauftragt haben.
14
Soweit Leistungen beiden Grundstücken gedient haben, teilt der Senat die Auffassung des Erstgerichts, die Beklagten hätten nur solche Leistungen zu ersetzen, die ausschließlich ihrem Grundstück zu Gute gekommen sind, nicht. Vielmehr ist hier auch für einen objektiven Betrachter aus Sicht des Empfängers eine Kostenteilung zu erwarten und sachgerecht.
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Deshalb gilt hinsichtlich der einzelnen Positionen:
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a) Straßensperre für Container in Höhe von 450,00 €:
Dieses Angebot vom 01.04.2014 (Anlage K 3) haben die Beklagten, wovon bereits das Erstgericht überzeugt war, angenommen. Da der Sachverständige in seinem Gutachten auf S. 14 feststellt, dass aus technischer Sicht die Sperre nicht ausschließlich für die Container erforderlich gewesen sein dürfte – wofür auch der weitere Oberbodenabtrag von ca. 130 m³ [vgl. b) ] (wohl für die Tiefgarage) spricht –, ist die Hälfte der Position ersatzfähig, damit 225,00 €.
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b) Position 2: Oberbodenabtrag mit 2.922,70 € netto:
Zwar haben die Beklagten einen Auftrag erteilt. Allerdings ist im Angebot lediglich von 155,99 m³ die Rede, abgerechnet wurden 301,31 m³. Nach dem Aufmaßblatt (Liste Anlage K 13) entfallen allerdings allein auf die Doppelhaushälfte nur 170,66 m³, d.h. ein Betrag von 1.655,40 € netto = 1.969,92 € brutto. Der darüber hinaus geltend gemachte Betrag ist nicht ersatzfähig.
c) Hinsichtlich des Aushubs der Baugrube (Position 3 der Rechnung Anlage K 12) hat zwar der Zeuge T. ausgeführt, die geltend gemachten 460 m³ seien allein für das hintere Grundstück angefallen. Dies kann allerdings dahinstehen, da die Klägerin in der Berufung nur mehr die Hälfte geltend macht, die nach Überzeugung des Senats zudem für die hintere Hälfte sicher angefallen ist, mithin 6.580,16 €, die ihr auch zuzusprechen sind.
d) Soweit die Klägerin in Position 4 das Entfernen der durch das beklagtische Grundstück führenden Abwasserleitungen in Höhe von 2.798,40 € netto geltend macht, hat der Zeuge T. die Beauftragung durch die Beklagten bestätigt. Allerdings hat der Sachverständige ausgeführt, dass sowohl die ursprünglichen Abwasserleitungen als auch die neuen Abwasserleitungen über das Baufeld der Doppelhaushälfte und der Tiefgarage verlegt waren und zu verlegen sind. Auch wenn die Klägerin meint, der Verursacher habe allein die Kosten zu tragen, so verkennt sie, dass sowohl die Errichtung der Doppelhaushälfte als auch der Tiefgarage geplant waren und deshalb nicht nur die Beklagten Verursacher waren. Die Beklagten haben deshalb nur die Hälfte zu ersetzen, mithin 1.399,20 € netto = 1.665,04 € brutto.
e) Die unter Position 5 abgerechneten Leistungen (Abwasserleitung auf Grundstück umverlegt und durch neue Leitung ersetzt) in Höhe von 1.928,85 € netto waren auch für die Errichtung der Tiefgarage und des Müll- und Geräteplatzes erforderlich (Sachverständigengutachten S. 21, 33), eine Vergütungspflicht der Beklagten besteht daher hinsichtlich der Hälfte, d.h. in Höhe von 964,42 € netto = 1.147,66 € brutto.
f) Hinsichtlich der Position 6 (Unterfangung Grundstück R.) bestehen keine weiteren Ansprüche in Höhe von 1.081,40 € brutto. Die Klägerin ist mit ihrem Vorbringen präkludiert. Insoweit war keine Ergänzungsfrage an den Sachverständigen gestellt, so dass der erst in der Berufungsinstanz vorgebrachte und von den Beklagten bestrittene Vortrag nicht mehr zuzulassen ist, § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO.
g) Position 7 (Benutzungsregelung mit der Firma L. in Höhe von 5.000,00 € netto = 5.950,00 € brutto) war zwar von den Beklagten, wie der Zeuge T. ausgeführt hat, beauftragt. Die Position ist allerdings nur zur Hälfte ersatzfähig, da die Benutzungsregelung beiden Baustellen gedient hat. Es mag durchaus sein, dass der Müll- und Geräteraum sich auf der Nordseite von Flur-Nr. …84/8 befindet und nicht an der von der Firma L. benutzten Grundstücksfläche an der Südseite. Allerdings braucht die Baustelle einen gewissen Umgriff und auch für die Tiefgarage wurde bereits Erdreich abgetragen, so dass der Senat (wie auch der Sachverständige auf S. 58 ff. seines Gutachtens) davon ausgeht, dass die Regelung beiden Grundstücken gedient hat und deshalb die Kosten zu teilen sind. Zu erstatten sind damit 2.500,00 € netto = 2.975,00 € brutto.
h) Da der Senat aufgrund der Einvernahme des Zeugen T. davon überzeugt ist, dass die Beklagten die Baustelle vorantreiben wollten, sind Arbeiten ab Mai 2014 und damit die entsprechende Baustelleneinrichtung plausibel. Daher ist die Differenz in Höhe von 2.013,20 € brutto zuzusprechen.
i) Nach der Regelung im Kaufvertrag vom 25.07.2013 (Anlage B 1) waren die mit der Baugenehmigung bereits erbrachten Planungsleistungen mitverkauft, deshalb kann die Klägerin beide Rechnungen des I. O. vom 19.05.2011 in Höhe von 320,00 € (Anlage K 18) und in Höhe von 1.280,00 € (Anlage K 18 b) nicht mehr in Ansatz bringen.
Etwas anderes gilt für die Rechnung des I. O. vom 10.02.2014 in Höhe von 1.890,00 €. Diese Leistungen sind zwar bereits im Februar 2014 erbracht, dienen aber der Errichtung des Doppelhauses der Beklagten, und wurden von den Beklagten, wie vom Zeugen T. glaubwürdig ausgeführt, im Juni 2014 genehmigt. 1.890,00 € sind damit erstattungsfähig.
j) Der Brandschutznachweis in Höhe von 2.023,00 € brutto war von den Beklagten, wie der Zeuge T. glaubwürdig ausgeführt hat, für die Errichtung des Einfamilienhauses deshalb erforderlich, weil dieses mit der Bodenplatte auf der Tiefgarage stand und deshalb erhöhten Anforderungen galten. Der Nachweis ist daher in Höhe von 2.023,00 € brutto zu erstatten.
k) Der Zinsausspruch gründet in §§ 286, 288 BGB.
18
Weite Ansprüche der Klägerin bestehen nicht.
III.
19
Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in §§ 92, 91 a ZPO. Soweit der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, war zu berücksichtigen, dass der Klägerin im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses, wie in der Hauptsache entschieden, ein Anspruch auf Bewilligung einer Sicherungshypothek bis zum Betrag von 27.057,82 € zustand. Hinsichtlich der wechselnden Streitwerte war einzustellen, dass ein erheblicher Teil der Verfahrenskosten erst nach der Streitwertreduzierung auf bis zu 45.000 € ab dem 04.01.2018 entstanden ist.
20
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit fußt in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung in Übereinstimmung mit der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung.
Verkündet am 24.05.2022