Titel:
Für das Trennungsgeld maßgeblicher Wohnort
Normenketten:
BayRKG Art. 23 Abs. 1 S. 1
BayTGV § 3 Abs. 1 S. 2, § 6 Abs. 1, Abs. 4 S. 1, § 7 Abs. 2
Leitsätze:
1. Bei mehreren Wohnorten können für die Gewährung von Trennungsgeld lediglich Fahrten zu dem Wohnort maßgeblich sein, der den Schwerpunkt der Lebensbeziehungen darstellt. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein weiterer – näher zum auswärtigen Einsatzort gelegener – Wohnort kann auch nicht durch Bildung eines Mittelwerts zur Relativierung der Regelvermutung für die Unzumutbarkeit täglicher Rückkehr zum Wohnort herangezogen werden. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Gewährung von Trennungsgeld bei mehreren Wohnsitzen, Abgrenzung zwischen Trennungsgeld bei täglicher Rückkehr zum Wohnort und Trennungsgeld bei auswärtigem Verbleib, Zumutbarkeit der täglichen Rückkehr zum Wohnort, Wohnortbegriff der Trennungsgeldverordnung, Beamter auf Widerruf, Studienreferendar, Wohnort, zweiter Wohnort, Dienstort, Einsatzort, tägliche Rückkehr, Zumutbarkeit, Entfernung, Durchschnitt, Trennungsgeld, Wegstreckenentschädigung, Deckelung, Höchstbetrag
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Urteil vom 11.06.2024 – 24 B 23.595
Fundstelle:
BeckRS 2022, 58424
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höher Sicherheit leistet.
Tatbestand
1
Die Klägerin steht als Studienreferendarin im Dienste der Beklagten. Sie verfügt über einen Erstwohnsitz in W. sowie einen Zweitwohnsitz in S.
2
Im Rahmen des Vorbereitungsdienstes wurde die Klägerin, die zunächst dem R. Gymnasium in W. als Seminarschule zugewiesen war, für den zweiten Ausbildungsabschnitt mit Wirkung zum 13. September 2021 dem Gymnasium F. S. in E. … als Einsatzschule zugeteilt.
3
Da die Entfernung zwischen dem Hauptwohnsitz der Klägerin in W. … und der Einsatzschule in E. … 105 km betrug, wurde ihr auf ihren Antrag vom 14. September 2021 hin mit Bescheid vom 30. September 2021 Trennungsgeld bei täglicher Rückkehr zum Wohnort nach § 8 BayTGV bewilligt. In dem Bescheid wurde weiterhin ausgeführt, aufgrund der Unzumutbarkeit einer täglichen Rückkehr an den Wohnsitz nach § 3 Abs. 1 Satz 2 BayTGV sei die Entschädigung gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 BayTGV beschränkt auf die Höhe des für denselben Monat zustehenden Trennungsgeldes nach §§ 3, 4 BayTGV bei auswärtigem Verbleib sowie des Tages- und Übernachtungsgeldes für die Hin- und Rückreise.
4
Aufgrund der deutlich geringeren Entfernung zwischen der Einsatzschule und ihrem Zweitwohnsitz (36 km) entschied sich die Klägerin, an den Schultagen (Montag, Dienstag, Mittwoch) an ihren Zweitwohnsitz nach S. und donnerstags (in Seminarwochen schon mittwochs) nach W. zurückzukehren. Mit Antrag vom 5. Oktober 2021 rechnete die Klägerin für den Monat September 2021 neben der Dienstantrittsreise fünf Fahrten von und nach W. sowie 15 Fahrten von und nach S. ab.
5
Mit Änderungsbescheid vom 7. Oktober 2021 änderte der Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 30. September 2021 ab und bewilligte der Klägerin Trennungsreisegeld nach § 8 BayTGV für die Zeit vom 14. September 2021 bis zum 20. September 2021 sowie ab dem 21. September 2021 für die Dauer des Einsatzes in E. …, längstens bis zum 17. Februar 2022, Trennungstagegeld nach § 8 BayTGV und Reisebeihilfe nach § 5 BayTGV für eine Familienheimfahrt pro Monat vom Dienstort E. zum Wohnort W. … Mit Schreiben vom 21. Oktober 2021, eingegangen beim Beklagten am 22. Oktober 2021, legte die Klägerin Widerspruch ein. Der Änderungsbescheid sei unter Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör ergangen und weise keine schriftliche Begründung auf. Die tageweise Nutzung ihrer Zweitwohnung diene auch den Interessen des Dienstherrn, da durch die kürzere Wegstrecke dem Dienstherrn in erheblichem Umfang Fahrtkostenentschädigung erspart werde. Die Annahme, bei der Übernachtung am Zweitwohnsitz handele es sich um einen Verbleib am Dienstort, sei nicht vom Wortlaut der Vorschrift gedeckt und widerspreche dem Sinn und Zweck, die aus rein dienstlichen Gründen entstehenden Mehraufwendungen angemessen auszugleichen. Weder der Hauptwohnsitz noch der Zweitwohnsitz befänden sich im Einzugsgebiet des Dienstortes, so dass ein Anspruch auf Wegstreckenentschädigung bestehe – unabhängig davon, zu welchem der beiden Wohnsitze die Rückkehr erfolge. Eine finanzielle Mehrbelastung des Dienstherrn ergebe sich auch, wenn zur Vermeidung von Fahrtkosten am Einsatzort eine weitere geeignete Wohnung angemietet werde. Die doppelte Haushaltsführung mit zwei Wohnsitzen in W. und S. habe bereits vor ihrer Zeit als Studienreferendarin bestanden und sei auch weiterhin erforderlich zur Pflege ihrer privaten und beruflichen Kontakte sowie aufgrund des Umstandes, dass sich ein beruflich und privat genutzter Flügel noch an ihrem Zweitwohnsitz in S. befinde. Es bestehe ein Anspruch auf Trennungsgeld bei täglicher Rückkehr zum Wohnort, auch wenn sie, je nachdem was sinnvoller erscheine, wechselnd zu unterschiedlichen Wohnorten zurückkehre. Eine Versagung des Trennungsgeldes sei unverhältnismäßig und verletze sie in ihrem Gleichheitsgrundsatz. Es liege verfassungsrechtlich außerhalb der Regelungskompetenz des Verordnungsgebers, Wegstreckenentschädigung nur für den Fall der Rückkehr zu einem ihrer beiden Wohnsitze zu gewähren, obwohl der Trennungsgeldanspruch unstreitig durch die Zuweisung vom Ort der Seminarschule in W. an die Einsatzschule in S. dienstlich veranlasst sei und die Nutzung des Wohnsitzes in S. zu einer niedrigeren Wegstreckenentschädigung führe. Es erscheine widersinnig und willkürlich, wenn der Dienstherr im Fall der Nutzung einer solchen Zweitwohnung, die zu niedrigeren Fahrtkosten, gleichwohl aber immer noch zu Mehraufwendungen im Vergleich zu der Zeit vor der Zuweisung führe, die Gewährung von Trennungsgeld versage. Dass die Nutzung von mehreren Wohnsitzen in der Trennungsgeldverordnung nicht ausdrücklich geregelt sei, rechtfertige keine Versagung der Wegstreckenentschädigung, sondern gebiete eine Auslegung, die sich am Sinn und Zweck der einschlägigen Bestimmungen orientiere. Es bestehe hierbei eine vergleichbare Interessenslage zu § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 6 EStG, wonach auch eine weiter entfernt liegende Wohnung zu berücksichtigen sei, wenn sie den Schwerpunkt der Lebensinteressen bilde und nicht nur gelegentlich aufgesucht werde.
6
Mit Widerspruchsbescheid vom 23. November 2021 wurde der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen. Die Abänderung hin zur Gewährung von Trennungsgeld bei auswärtigem Verbleib nach § 8 Abs. 2 BayTGV sei erfolgt, da die Klägerin nicht täglich an ihren Wohnort zurückkehre. Die Wohnung in S. sei trennungsgeldrechtlich als Verbleibeunterkunft gewertet worden, da die Wohnung in W. beibehalten werde. Die Klägerin habe Trennungsgeld bei täglicher Rückkehr zum Wohnort beantragt. Da die Entfernung zwischen dem Wohnort W. und dem Einsatzort E. 105 km betrage, sei jedoch eine tägliche Rückkehr nach § 3 Abs. 1 Satz 2 BayTGV nicht zumutbar. Ein Anspruch auf Trennungsgeld bestehe danach nur unter der Einschränkung des § 8 Abs. 3 Satz 2 BayTGV. Als Wohnort im Sinne von § 8 Abs. 2 und 3 BayTGV habe der Wohnort des Berechtigten zu gelten, von dem aus dieser vor dem Wirksamwerden der dienstlichen Maßnahme nach § 1 Abs. 2 BayTGV üblicherweise seinen Dienst antrete, im Falle der Klägerin also W. Da eine tägliche Rückkehr an diesen Wohnort nicht erfolge, müsse die Unterkunft in S. als Verbleibeunterkunft im Sinne des § 8 Abs. 2 i.V.m. § 3 Abs. 1 und 2 BayTGV betrachtet werden. Für eine Verbleibeunterkunft sei nicht erforderlich, dass diese im Einzugsbereich des neuen Dienstortes liege. Vielmehr sei ausreichend, wenn diese Unterkunft eine wesentlich schnellere Erreichbarkeit des neuen Dienstortes gewährleiste. Da im Rahmen des Trennungsgeldrechts nur die dienstlich verursachten Mehraufwendungen erstattet werden, seien Maßnahmen des Berechtigten, die im privaten Bereich liegen und zu einer Erhöhung des Trennungsgeldes führen würden, nicht erstattungsfähig, da sonst der Berechtigte im Nachhinein die anspruchsbegründende Norm selbst bestimmen könne. Der dienstlich verursachte Mehraufwand werde durch die Gewährung von Trennungsgeld nach § 8 Abs. 2 BayTGV angemessen ausgeglichen. Steuerrechtliche Regelungen könnten nicht herangezogen werden, zumal eine Anerkennung der Fahrten von S. nach E. als Werbungskosten im Bereich des Möglichen liege.
7
Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin am 30. November 2021 Klage erhoben. Ergänzend zu ihrem Vorbringen im Widerspruchsverfahren führt sie aus, es handele sich um einen in der Trennungsgeldverordnung nicht ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmefall. Es handele sich um ausschließlich dienstlich veranlasste Mehraufwendungen, die nur durch eine Wegstreckenentschädigung bei täglicher Rückkehr zum Wohnort angemessen ausgeglichen werden könnten. Das wahlweise Aufsuchen der Wohnung in S. stelle keine privat verursachte Mehraufwendung dar, sondern bedeute eine Kostenersparnis für den Beklagten. Der durch die Trennungsgeldverordnung definierte Wohnort W. sei nur für die Frage der Trennungsgeldberechtigung relevant. Es werde hierdurch aber kein spezifischer trennungsgeldrechtlicher Wohnort definiert. Ein Berechtigter könne weitere Wohnorte haben, die zwar nicht anspruchsbegründend seien, deren alternative Nutzung zur Kostenersparnis aber trennungsgeldrechtlich keineswegs verboten sei und vom Verordnungsgeber mangels entsprechender Regelungskompetenz auch nicht ausgeschlossen werden dürfe. Da auch ein Verzicht des Trennungsgeldberechtigten auf Teilansprüche möglich sei, könne ihre freiwillige Rückkehr zum näher gelegenen Wohnort, die ebenfalls zu einer Ersparnis für den Dienstherrn führe, nicht anders bewertet werden. Auch könne aufgrund der Einheit der Rechtsordnung die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG nicht außer Betracht bleiben. Vielmehr bestehe hier eine vergleichbare Interessenslage. Nicht unberücksichtigt bleiben könne, dass die freiwillige Rückkehr an den näheren Wohnsitz in S. gegenüber einer täglichen Rückkehr nach W. ebenso wie gegenüber der Anmietung einer weiteren Wohnung in E., deren Kosten der Dienstherr zu tragen habe, zu einer Ersparnis für den Dienstherrn führe.
8
Mit Bescheid vom 24. Januar 2022 nahm der Beklagte den Änderungsbescheid vom 7. Oktober 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. November 2021 mit ex tunc-Wirkung zurück und bewilligte der Klägerin Trennungsgeld bei täglicher Rückkehr zum Wohnort. Dieses umfasse Fahrkostenerstattung, Wegstrecken- und Mitnahmeentschädigung, soweit die Wegstrecke zur bisherigen Dienstelle (R. Gymnasium in W.) überschritten werde, bis zur Höhe des bei auswärtigem Verbleib für denselben Kalendermonat zustehenden Trennungsgeldes, weiterhin Tage- und Übernachtungsgeld für die Hin- und Rückreise und Verpflegungszuschuss in Höhe von 2,00 EUR für jeden Arbeitstag, an dem sie länger als elf Stunden von der Wohnung abwesend sei, sofern sie weder Anspruch auf Reisekostenvergütung für Verpflegungsmehraufwand habe noch unentgeltliche Verpflegung von Amts wegen erhalte. Dem von der Klägerin gestellten Antrag auf Bewilligung von Trennungsgeld bei täglicher Rückkehr werde mit Maßgaben entsprochen. Nach § 6 Abs. 1 BayTGV umfasse das Trennungsgeld Fahrtkostenerstattung, Wegstrecken- und Mitnahmeentschädigung, soweit die Wegstrecke zur bisherigen Dienststelle überschritten werde. Mit Hinblick auf den Wohnsitz S. ergebe sich zur Einsatzschule in E. jedoch eine kürzere Distanz als zur vorherigen Dienstelle in W. Es bestehe damit kein dienstlich bedingter Mehraufwand. Lediglich hinsichtlich des Wohnsitzes in W. bestehe ein berücksichtigungsfähiger Mehraufwand. Nach § 6 Abs. 4 Satz 1 BayTGV dürfe das Trennungsgeld nach § 6 Abs. 1 BayTGV das in einem Kalendermonat zustehende Trennungsgeld nach §§ 3, 4 BayTGV sowie das Tage- und Übernachtungsgeld für die Hin- und Rückreise nach Art. 14 Abs. 1 BayRKG nicht übersteigen, wenn der Berechtigte täglich zurückkehre, obwohl ihm dies gem. § 3 Abs. 1 Satz 2 BayTGV nicht zuzumuten sei. Für die Frage der Zumutbarkeit sei allein auf die Wegstrecke zwischen der Einsatzschule in E. und dem Wohnsitz in W. abzustellen, da nur für diese Strecke ein berücksichtigungsfähiger Mehraufwand entstehe.
9
Mit Schreiben vom 28. Januar 2022, eingegangen bei Gericht am 1. Februar 2022 hat die Klägerin daraufhin ihre Klage geändert und richtet diese nun gegen den Rücknahme- und Bewilligungsbescheid vom 24. Januar 2022. Soweit hinsichtlich des Wohnortes in S. ein berücksichtigungsfähiger Mehraufwand in Abrede gestellt werde, beruhe dies auf einer falschen Unterstellung, da die Seminarschule in W. nie von S., sondern vom Wohnsitz in W. aus aufgesucht worden sei. Auf die Entfernung der Wohnung in S. von der Dienstelle in W. komme es insoweit nicht an. Die Berechnung beruhe auf einem unzulässigen, dem Wortlaut, Sinn und Zweck der TGV widersprechenden Entfernungsvergleich. Geboten sei vielmehr eine Gesamtschau. Danach übersteige die Entfernung des Zweitwohnsitzes in S. zur Einsatzschule in E. (36 km) die Entfernung der Seminarschule vom Wohnsitz in W. (3 km) um insgesamt 33 km. § 6 Abs. 4 BayTGV könne auf die Klägerin keine Anwendung finden, da ihr die tägliche Rückkehr an einen ihrer Wohnorte sehr wohl zumutbar sei. Die durchschnittliche Fahrdistanz betrage unter 60 km. Zudem verkenne der Beklagte, dass nach § 3 Abs. 1 Satz 2 BayTGV selbst bei Überschreiten der Distanz von 60 km nicht generell von einer Unzumutbarkeit auszugehen sei, sondern nur „in der Regel“. Vorliegend handele es sich jedoch um einen atypischen Sonderfall. Ein Abweichen von der Kilometergrenze könne insbesondere durch die Gestaltung des Dienstplans oder aufgrund der persönlichen Verhältnisse geboten sein. Die Klägerin müsse als Studienreferendarin deutlich weniger Zeit an ihrer Dienststelle verbringen als andere Beamte. Vielmehr werde ein beachtlicher Teil der Wochenarbeitsstunden am häuslichen Arbeitsplatz abgeleistet. Der Bescheid vom 24. Januar 2022 enthalte der Klägerin nun in willkürlicher Weise nahezu jegliches Trennungsgeld vor, obwohl zuvor Trennungsgeld in beachtlicher – wenn auch zu geringer – Höhe gewährt worden sei. Ihr stehe eine an der Mehrentfernung orientierte Wegstreckenentschädigung zu. Nach dem Sinn und Zweck der dem Nachteilsausgleich dienenden Norm sei allein anzuknüpfen an die Entfernung von nur 3 km zwischen dem Wohnort in W. und der Seminarschule in W. Soweit die Beklagte davon ausgehe, die Klägerin habe im Anschluss an ihre Wochenenden in S. die Seminarschule in W. von S. aus aufgesucht, sei dies falsch und widerspreche dem Vorbringen der Klägerin, da diese regelmäßig bereits sonntags zurück nach W. gefahren sei. Zudem sei trennungsgeldrechtlich irrelevant, ob ein Trennungsgeldberechtigter seine Wochenenden vor der neuen Zuweisung am Dienstort oder anderswo verbracht habe. Soweit der Beklagte nun davon ausgehe, als Wohnort habe nicht der Wohnsitz zu gelten, von dem aus die Dienststelle regelmäßig aufgesucht worden sei, stehe dies im Widerspruch zu der zuvor vom Landesamt für Finanzen vertretenen Auffassung, maßgebend sei der Wohnort, von dem aus der Berechtigte vor Wirksamwerden der Maßnahme üblicherweise den Dienst angetreten habe.
10
Die Klägerin beantragt daher zuletzt,
den Rücknahme- und Bewilligungsbescheid des Landesamtes für ... vom 24. Januar 2022 insoweit aufzuheben, als eine Wegstreckenentschädigung nur für Fahrten von und nach W. bewilligt worden und diese unter Anwendung von § 6 Abs. 4 Satz 1 BayTGV betragsmäßig begrenzt worden ist, sowie den Beklagten zu verpflichten, uneingeschränkt Trennungsgeld bei täglicher Rückkehr zum Wohnort zu bewilligen in Form von Wegstreckenentschädigung für den Mehraufwand für die Hin- und Rückfahrten zur Einsatzschule in E. …, einmal wöchentlich vom entfernter gelegenen Hauptwohnort W. und dreimal wöchentlich (in Seminarwochen zweimal) vom näher gelegenen Wohnort S., ohne Anwendung von § 6 Abs. 4 Satz 1 BayTGV.
11
Die Beklagte beantragt,
12
Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Trennungsgeld für die Wegstrecke zwischen dem zweiten Wohnort S. und der Einsatzschule in E., da diesbezüglich kein dienstlich veranlasster Mehraufwand bestehe. Aufwendungen für die Wegstrecke zwischen der Wohnung und der bisherigen Dienststelle seien in der privaten Lebensführung des Beamten bedingt. Daher werde Trennungsgeld nur gewährt, wenn die Wegstrecke zwischen der Wohnung und der neuen Dienststelle, die Wegstrecke zur alten Dienststelle überschreite. Da die Klägerin angegeben habe, dass bereits vor ihrer Zuteilung eine doppelte Haushaltsführung bestanden habe, seien für die Frage, ob dienstlich veranlasste notwendige Mehraufwendungen bestünden, beide Wohnsitze separat zu betrachten. Das Argument der Klägerin, sie habe die Seminarschule in W. nie von S. aus aufgesucht, greife nicht durch, da sie sich hierdurch in Widerspruch zu ihrem Vortrag im Verwaltungsverfahren setze, wonach sie ihre musikalischen und sozialen Kontakte in S. auch an den Wochenenden mehrmals monatlich wahrgenommen habe. Bei zwei Wohnorten werde sowohl durch den Wortlaut als auch durch Sinn und Zweck des § 6 Abs. 1 BayTGV vorgegeben, dass der Wegstreckenvergleich für jeden Wohnort separat vorzunehmen sei, denn dieser stelle allein auf den Wohnort ab und gerade nicht auf den „Wohnort, von dem aus der Berechtigte die Dienstelle regelmäßig aufgesucht hat“. Wegen der bei mehreren Wohnorten bestehenden und auch von der Klägerin ins Feld geführten Dispositionsfreiheit, an welchen Wohnsitz sie zurückkehre, sei eine separate Betrachtung erforderlich. Auch habe die Klägerin keinen Anspruch Trennungsgeld ohne die Begrenzung gem. § 6 Abs. 4 BayTGV. § 6 Abs. 4 BayTGV solle verhindern, dass ein Berechtigter, der täglich zum Wohnort zurückkehrt, obwohl ihm dies nicht zuzumuten ist, bessergestellt werde als ein Berechtigter, der am Dienstort verbleibe und Trennungsgeld nach §§ 3, 4 BayTGV erhalte. Weiterhin solle dadurch vermieden werden, dass der Trennungsgeldberechtigte die Trennungsgeldhöhe durch höheren Fahrtkostenaufwand für eigentlich unzumutbare Fahrten selbst bestimme und hierdurch für den Dienstherrn eine entsprechende Kostenfolge setze. Die von der Klägerin vorgenommene Auslegung des § 6 Abs. 4 BayTGV, dass die Frage der Zumutbarkeit anhand einer Durchschnittsberechnung bestimmt werde, scheide bereits deshalb aus, da für den zweiten Wohnort S. gar kein Trennungsgeldanspruch bestehe. Darüber hinaus sei eine Durchschnittsberechnung nicht mit dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 Satz 2 BayTGV vereinbar, der auf die tatsächliche Entfernung der jeweiligen Wohnung abstelle. Zudem würde dadurch der Trennungsgeldanspruch noch stärker ins Belieben des Berechtigten gesetzt und die Begrenzung des § 6 Abs. 4 BayTGV ihre Funktion verlieren. Auch bestehe kein Anspruch darauf, dass ihr nach § 10 Abs. 2 Satz 1 BayTGV pauschal Trennungsgeld ohne Forderungsnachweis gewährt werde.
13
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die dem Gericht vorliegende Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
14
Streitgegenstand ist nach zulässiger Klageänderung die teilweise Anfechtung des Rücknahme- und Bewilligungsbescheids des Beklagten vom 24. Januar 2022 hinsichtlich der Beschränkung des Trennungsgeldes nach § 6 Abs. 4 Satz 1 BayTGV sowie das Verpflichtungsbegehren, Trennungsgeld für die Fahrten zwischen S. und E. zu gewähren. Die Klageänderung erweist sich als zulässig. Voraussetzung für eine zulässige Klageänderung ist nach § 91 VwGO die Zustimmung der Beteiligten oder deren Sachdienlichkeit. Die Einwilligung kann auch konkludent erklärt werden. Für eine konkludente Zustimmung ist jedoch eine direkte Bezugnahme der Gegenseite auf den geänderten Antragsteil erforderlich (BeckOK, § 91 Rn. 23 ff.). Hier liegt eine derartige konkludente Zustimmung vor, da sich der Beklagte mit Schriftsatz vom 15. Februar 2022 zur geänderten Klage geäußert hat. Überdies erweist sich die Klageänderung auch als sachdienlich, da im Wesentlichen dieselben Rechtsfragen im Raum stehen wie hinsichtlich des ursprünglichen Klageantrags der Klägerin.
15
Die zulässige Klage ist unbegründet. Zwar steht der Rücknahme- und Bewilligungsbescheid vom 24. Januar 2022 nach von der Kammer vertretener Auffassung nicht im Einklang mit den Vorgaben der Trennungsgeldverordnung. Jedoch ist die Klägerin dadurch nicht in ihren Rechten verletzt. Denn jedenfalls besteht auf die von der Klägerin begehrte Form der Trennungsgeldgewährung kein Anspruch (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
16
1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Trennungsgeld ohne die Beschränkung des § 6 Abs. 4 Satz 1 BayBeamtG. Die zuletzt mit Rücknahme- und Bewilligungsbescheid vom 24. Januar 2022 erfolgte Bewilligung von Trennungsgeld bei täglicher Rückkehr zum Wohnort für die Fahrten nach W. … unter der Begrenzung des § 6 Abs. 4 Satz 1 BayTGV auf den Betrag, der der Klägerin bei auswärtigem Verbleib zustehen würde, verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
17
Nach § 6 Abs. 4 Satz 1 BayTGV darf das Trennungsgeld nach § 6 Abs. 1 BayTGV in Form von Fahrkostenerstattung, Wegstrecken- und Mitnahmeentschädigung bei täglicher Rückkehr zum Wohnort nicht das Trennungsgeld bei auswärtigem Verbleib nach den §§ 3 und 4 BayTGV übersteigen, wenn der Berechtigte täglich zurückkehrt, obwohl ihm dies nicht zuzumuten ist.
18
Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 BayTGV ist die tägliche Rückkehr zum Wohnort in der Regel nicht zuzumuten, wenn die einfache Entfernung zwischen Dienststelle und Wohnung auf der kürzesten verkehrsüblichen Straßenverbindung mehr als 60 km beträgt. § 3 Abs. 1 Satz 2 BayTGV stellt – anders als seine Vorgängerregelung (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 2 BayTGV in der bis 31.7.2002 geltenden Fassung) – nicht auf die zeitliche Dauer bei Benutzung regelmäßig verkehrender Beförderungsmittel ab, sondern enthält aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung eine Entfernungskomponente unabhängig von der Art des genutzten Verkehrsmittels. Die pauschalierende Betrachtungsweise der Regelung dient dazu, der Verwaltung einen Anhaltspunkt zu geben, bis zu welcher Entfernung es einem abgeordneten Beamten zuzumuten ist, die Strecke zwischen Wohnort und neuem Dienstort täglich zurückzulegen. Der Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 2 BayTGV liegt dabei die typische Fallgestaltung eines abgeordneten Bediensteten zugrunde, dessen neuer Dienstort aufgrund einer zeitlich befristeten Abordnung ein anderer als der bisherige Dienstort ist (vgl. § 1 Abs. 2 BayTGV) und der dabei seinen Dienst ständig oder überwiegend in einer Dienststelle am Dienstort zu leisten hat. Diesem Bediensteten soll es für einen in der Abordnung fest umrissenen Zeitraum grundsätzlich nicht zugemutet werden, täglich dienstlich veranlasst eine Entfernung von mehr als 60 km einfache Strecke zwischen Wohnort und Dienstort zusätzlich zu seiner täglichen Dienstleistung zurücklegen zu müssen.
19
Die Formulierung „in der Regel“ besagt, dass die Frage, ob dem Bediensteten im jeweiligen Einzelfall die tägliche Rückkehr zum Wohnort zuzumuten ist, nicht ausschließlich anhand einer starren Kilometergrenze zu beurteilen ist. Ausnahmen von dieser Regel können dann zugelassen werden, wenn eine atypische Sachlage vorliegt, die es rechtfertigt, von der Regelvermutung abzuweichen. Wann eine derartige Situation gegeben ist, ist anhand aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. BVerwG, B.v. 12.11.2009 – 6 PB 17.09 – IÖD 2010, 69 Rn. 31). Abweichungen können sich insbesondere durch die Gestaltung des Dienstplans oder aufgrund der persönlichen Verhältnisse des Berechtigten ergeben (vgl. Kreutzmann in: Meyer/ Fricke, Reisekosten im öffentlichen Dienst, § 3 TGV Rn. 19). Liegt ein Ausnahmefall vor, können Abweichungen nach oben oder unten berücksichtigungsfähig sein (BayVGH, U.v. 4.2.2016 – 14 BV 15.1563 – juris Rn. 46 f.).
20
Unter Berücksichtigung aller Umstände erweist sich im Falle der Klägerin die Rückkehr an den Wohnort W. … als nicht zumutbar. Die Distanz zwischen der Einsatzschule der Klägerin in E. und ihrem Wohnsitz in W. beträgt bei einfacher Entfernung auf der kürzesten verkehrsüblichen Strecke 109 km und überschreitet damit die Entfernung von 60 km nach § 3 Abs. 1 Satz 2 BayTGV. Ein atypischer Fall, bei dem sich entgegen der Regelvermutung des § 3 Abs. 1 Satz 2 BayTGV auch das Zurücklegen einer längeren Distanz als zumutbar darstellt, liegt nicht vor. Zwar hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 4. Februar 2016 ausgeführt, dass sich individuelle Besonderheiten insbesondere auch aus der Gestaltung des Dienstplans ergeben können. Im Falle von Lehrern sei zu berücksichtigten, dass diese gegenüber dem Durchschnittsbeamten deutlich weniger Zeit an der Dienstelle verbringen müssten und ein Großteil der Arbeit im häuslichen Arbeitszimmer abgeleistet werde. Diese Erwägungen treffen grundsätzlich auch im Falle der Klägerin zu. Jedoch unterscheidet sich der Fall der Klägerin in entscheidungserheblicher Weise in einigen Punkten von der vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof entschiedenen Konstellation. Neben den Besonderheiten des Dienstplans spielte im dortigen Verfahren weiterhin der Umstand eine Rolle, dass die Distanz von 60 km nur knapp überschritten wurde und die Fahrtzeit pro Strecke damit circa eine Stunde betrug. Bei einem Verbleib am auswärtigen Dienstort müsse die Lehrerin all ihre Arbeitsmaterialien zur Unterrichtsvorbereitung mitbringen. Weiterhin floss in die Entscheidung mit ein, dass die Zuweisung der Klägerin des dortigen Verfahrens zur neuen Dienststelle nicht zeitlich befristet, sondern auf Widerruf erfolgte und der Einsatz am neuen Dienstort somit von einem Tag auf den anderen hätte enden können. Demgegenüber erfolgte die Zuweisung der Klägerin im hiesigen Verfahren für einen zeitlich klar umrissenen Ausbildungsabschnitt. Die Klägerin befand sich hier gerade nicht im Ungewissen über die Dauer der auswärtigen Zuweisung und ging damit auch nicht das Risiko ein, Dispositionen für einen auswärtigen Verbleib zu treffen, obwohl der Einsatz bereits kurze Zeit später und ohne zeitlichen Vorlauf wieder enden könnte. Auch überschreitet die Strecke zwischen E. und W. die Distanz von 60 km hinsichtlich zurückgelegter Kilometer und Fahrtzeit nicht nur geringfügig. Darüber hinaus spricht gegen die Zumutbarkeit der Fahrten nach W. auch, dass die Klägerin nach eigenen Angaben über die Möglichkeit verfügt, eine näher an der neuen Dienststelle gelegene Wohnung in S. zu nutzen, die mit eigenem Arbeitszimmer und Musikinstrument ausgestattet ist. So ergibt sich für die Klägerin gerade nicht die Problematik, alle Materialien für die Unterrichtsvorbereitung regelmäßig hin und her transportieren zu müssen. Vielmehr kann die Unterrichtsvorbereitung ohne größere Umstände von dem häuslichen Arbeitszimmer der näher am Dienstort gelegenen Wohnung in S. erfolgen.
21
Auch die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Zumutbarkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 BayTGV sei anhand einer Durchschnittsbetrachtung der getätigten Fahrten nach S. und nach W. zu ermitteln, vermag vorliegend nicht zu überzeugen, da sie keine Grundlage in der Trennungsgeldverordnung findet. Bereits von ihrem Wortlaut her stellt die Vorschrift auf die tatsächliche Entfernung der jeweiligen Fahrtstrecke ab und nicht auf eine abstrakte Durchschnittsberechnung. Gegen eine Durchschnittsbetrachtung spricht auch, dass die Anwendbarkeit des § 6 Abs. 4 Satz 1 BayTGV und damit die Höhe des zu gewährenden Trennungsgeldes nicht mehr von objektiv bestimmbaren Kriterien, sondern vom Verhalten des Berechtigten und von Zufälligkeiten abhinge. Tätigt die Klägerin beispielsweise krankheitsbedingt in einem Monat weniger Fahrten von S. zu ihrem Dienstort nach E., so fallen die Fahrten nach W. bei einer Durchschnittsbetrachtung stärker ins Gewicht und könnten somit in einem Monat zur Anwendbarkeit der Begrenzung des § 6 Abs. 4 Satz 1 BayTGV führen, im nächsten Monat dagegen nicht. Letzten Endes würde damit die Höhe des Trennungsgeldes vollständig der Einflusssphäre der Klägerin als Berechtigter überstellt, da diese die Anzahl ihrer Fahrten so ausgestalten könnte, dass sie im Durchschnitt gerade unter der Grenze von 60 km verbleibt. Das Interesse des Dienstherrn daran, nur den tatsächlich dienstlich bedingten Mehraufwand abzudecken sowie die Praktikabilität im Hinblick auf die Anwendbarkeit der Vorschrift gebieten jedoch eine Bestimmung des Kriteriums der Zumutbarkeit anhand objektiver Kriterien und verbieten damit eine derartige Dispositionsfreiheit des Trennungsgeldberechtigten. Eine Durchschnittsberechnung ist auch deshalb nicht möglich, weil die Trennungsgeldverordnung nur von einem trennungsgeldrelevanten Wohnsitz ausgeht (vgl. dazu unter 2.).
22
2. Die Klägerin hat weiterhin keinen Anspruch auf die Gewährung von Trennungsgeld nach § 6 Abs. 1 BayTGV für die Fahrten zwischen S. und ihrer Einsatzschule in E. Der Rücknahme- und Bewilligungsbescheid vom 24. Januar 2022, welcher zwar nicht ausdrücklich in seinem Tenor, jedoch in Zusammenschau mit seiner Begründung einen Anspruch auf Trennungsgeld für die Fahrten zwischen S. und E. ablehnt, verletzt die Klägerin somit nicht in ihren Rechten Anspruchsgrundlage für die Gewährung von Trennungsgeld für Beamte in der Ausbildung ist grundsätzlich Art. 23 Abs. 2 Satz 1 BayRKG i.V.m. § 8 BayTGV. Da die Klägerin jedoch an ihrem Ausbildungsort an ihrer Einsatzschule im Fach Musik mit 17 Wochenstunden eigenverantwortlichem Unterricht eingesetzt und damit am Ausbildungsort als volle Arbeitskraft verwendet wird, richtet sich die Gewährung von Trennungsgeld gem. Nr. 3.3 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 24. April 2016, Az.: II.6-M1141.2.0, i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG und den Grundsätzen über die Selbstbindung der Verwaltung nach den für versetzte Beamtinnen und Beamte geltenden Vorschriften.
23
Anspruchsgrundlage für das von der Klägerin begehrte Trennungsgeld bei täglicher Rückkehr zum Wohnsitz ist daher § 6 Abs. 1 BayTGV. Danach erhalten Berechtigte, die täglich an den Wohnort zurückkehren oder denen die tägliche Rückkehr zuzumuten ist (§ 3 Abs. 1 Satz 2 BayTGV), als Trennungsgeld Fahrkostenerstattung, Wegstrecken- und Mitnahmeentschädigung wie bei Dienstreisen, soweit die Wegstrecke zur bisherigen Dienststelle überschritten wird.
24
Eine Gewährung von Trennungsgeld in Form von Fahrkostenerstattung und Wegstreckenentschädigung nach § 6 Abs. 1 BayTGV kommt für die Fahrten zwischen S. und E. bereits deshalb nicht in Betracht, da es sich vorliegend bei den Fahrten nach S. nicht um eine tägliche Rückkehr zum Wohnort handelt.
25
Zwar unterhält die Klägerin mehrere Wohnsitze im zivilrechtlichen (§ 7 Abs. 2 BGB) bzw. im melderechtlichen Sinne (§ 21 BMG). Allerdings ist bereits aufgrund der unterschiedlichen Zielsetzungen, die durch die jeweiligen gesetzlichen Regelungen verfolgt werden, der trennungsgeldrechtliche Wohnortbegriff nicht zwangsläufig identisch mit dem zivilrechtlichen bzw. melderechtlichen Wohnsitz. Vielmehr ist das trennungsgeldrechtliche Regelungsgefüge nicht auf eine mehrfache Wohnsitznahme ausgerichtet.
26
Die Trennungsgeldverordnung selbst enthält keine Legaldefinition des Begriffs Wohnort. Jedoch zeigt bereits die Regelung des § 6 Abs. 1 BayTGV selbst, dass die Trennungsgeldverordnung nur von einem einheitlichen trennungs-geldrechtlich relevanten Wohnsitz ausgeht. Die Verwendung des Singulars („zum Wohnort“) impliziert, dass der Normgeber mit der Vorschrift gerade solche Konstellationen erfassen wollte, in denen der Berechtigte täglich nach dem Dienst zu seinem (schon vor der dienstlichen Maßnahme bestehenden) Lebensmittelpunkt zurückkehrt. Auch stellt der Umstand, dass ein trennungsgeldberechtigter Beamter mehrere Wohnsitze im melderechtlichen Sinne unterhält, gerade keine Seltenheit dar. Dass der Normgeber hierfür dennoch im Rahmen des § 6 BayTGV keine explizite Regelung getroffen hat, spricht vielmehr dafür, dass trennungsgeldrechtlich von einem einzigen Wohnsitz auszugehen ist. Hierbei kommt es nach Auffassung der Kammer auf den Wohnsitz an, an dem der Schwerpunkt der Lebensbeziehungen des Berechtigten liegt. Dafür spricht nicht zuletzt der Sinn und Zweck der Vorschrift, gerade die Mehraufwendungen abzufangen, die einem Beamten dadurch entstehen, dass er nach einer dienstlichen Maßnahme nun (im Rahmen des Zumutbaren) weitere Entfernungen zurücklegen muss, um täglich an den Ort zurückzukehren, an dem sein privates und soziales Leben stattfindet. Weiterhin hat auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung, welche die eine ähnliche Zielsetzung verfolgende Vorschrift des Art. 12 Abs. 2 Satz 1 BayUKG betraf, ausgeführt, dass hinsichtlich des Begriffs „von ihrer Wohnung“ auf die Wohnung abzustellen ist, die den Lebensmittelpunkt des Beamten bildet, und nicht auf eine Nebenwohnung (BayVGH, U.v. 26.2.2020 – 14 B 18.78 – 1. Leitsatz juris).
27
Würde man hingegen der Auffassung der Klägerin folgen, wonach im Rahmen des § 6 Abs. 1 BayTGV die Rückkehr zu verschiedenen Wohnorten in Betracht komme und es der Dispositionsfreiheit des Berechtigten obliege, an welchen dieser Wohnsitze er jeweils zurückkehre, so stellte man damit die Gewährung von Trennungsgeld zur Gänze in das Belieben und die Einflusssphäre des Berechtigten. Insbesondere stünde die Klägerin damit besser als Berechtigte, die am Dienstort verbleiben und denen lediglich Anspruch auf Reisebeihilfe für eine begrenzte Anzahl an Familienheimfahrten pro Monat zusteht, da sie neben den Fahrten zwischen S. und E. auch eine unbegrenzte Anzahl an Fahrten zu ihrem Hauptwohnsitz nach W. geltend machen könnte. Dabei ist auch zu beachten, dass das Unterhalten mehrerer Wohnsitze in Fällen wie dem der Klägerin auf einer rein privat veranlassten Entscheidung des Beamten beruht, auf die der Dienstherr keinerlei Einfluss hat. Privat veranlasste Mehraufwendungen sollen durch die Bayerische Trennungsgeldverordnung jedoch gerade nicht auch ausgeglichen werden.
28
Weiterhin führt die Rückkehr zu unterschiedlichen Wohnsitzen bei der praktischen Anwendung des § 6 Abs. 1 BayTGV zu kaum überwindbaren Schwierigkeiten. Bereits die Frage des Wegstreckenvergleichs, der der Ermittlung des tatsächlichen dienstlich bedingten Mehraufwands dient, kann bei täglicher Rückkehr an unterschiedliche Wohnsitze nicht mehr eindeutig beantwortet werden, da sich dienstlich bedingter Mehraufwand und privat veranlasste Fahrten zum Wechsel zwischen den beiden Wohnsitzen nicht mehr klar voneinander trennen lassen. Dies zeigt sich anschaulich am Fall der Klägerin, die bereits vor ihrer Zuweisung zur Einsatzschule in E. regelmäßig privat veranlasste Fahrten zwischen W., dem Hauptwohnsitz und Ort der vorherigen Ausbildungsstelle, und dem näher an der neuen Ausbildungsstelle gelegenen Zweitwohnsitz in S. getätigt hat.
29
Dies alles belegt, dass für die Gewährung von Trennungsgeld nach § 6 Abs. 1 BayTGV lediglich Fahrten zu dem Wohnort maßgeblich sein können, der den Schwerpunkt der Lebensbeziehungen darstellt.
30
In Anwendung dieser Grundsätze ist davon auszugehen, dass der trennungsgeldrechtlich maßgebliche Wohnsitz der Klägerin an ihrem Wohnort in W. liegt. Zum einen handelt es sich hierbei um die Wohnung, von der aus die Klägerin vor der Zuweisung zur neuen Ausbildungsstelle regelmäßig ihren Dienstort aufgesucht hat. Zum anderen hat sie dort vor der dienstlichen Maßnahme den größten Anteil der Zeit verbracht und verbringt nach eigenen Angaben dort auch jetzt noch die Tage, an denen sie nicht an der Einsatzschule Unterricht halten muss. Eine Gewährung von Trennungsgeld nach § 6 Abs. 1 BayTGV für die Fahrten zwischen S. und E. kommt hiernach schon deshalb nicht in Betracht, da es sich dabei nicht um eine tägliche Rückkehr zum Wohnort handelt.
31
Für eine andere Auslegung, die eine Rückkehr zu unterschiedlichen Wohnsitzen zulässt, besteht entgegen der Auffassung der Klägerin auch kein Bedarf. Insbesondere ergibt sich hier keine planwidrige Regelungslücke, die im Wege der Auslegung zu schließen wäre, da sich der Fall der Klägerin mit den bestehenden Instrumentarien der Trennungsgeldverordnung sachgerecht erfassen lässt. So erachtet die Kammer die vom Beklagten zwischenzeitig mit Bescheid vom 7. Oktober 2021 vorgenommene Gewährung von Trennungsgeld bei auswärtigem Verbleib, wonach die Klägerin unter Einstufung der Wohnung in S. als Verbleibeunterkunft Trennungstagegeld sowie Reisebeihilfe für eine Familienheimfahrt pro Monat erhalten sollte, als Lösung, die die vorliegende Fallkonstellation am treffendsten abbildet und einen angemessenen Ausgleich für die dienstlich bedingten Mehraufwendungen der Klägerin bietet. Diese mit den Vorgaben der Trennungsgeldverordnung in Einklang stehende Lösung war jedoch seitens der Klägerin, wie sie mit ihrem ursprünglichen Anfechtungsantrag zum Ausdruck brachte, nicht gewünscht und konnte aufgrund der Bindung des Gerichts an die klägerischen Anträge (§ 88 VwGO) nicht zum Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung gemacht werden.
32
Zwar erweist sich der zuletzt streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 24. Januar 2022 dergestalt als rechtswidrig, dass Trennungsgeld bei täglicher Rückkehr zum Wohnort gem. § 6 BayTGV anstelle von Trennungsgeld bei auswärtigem Verbleib nach §§ 3, 4 BayTGV gewährt wurde. Jedoch wird die Klägerin hierdurch nicht in ihren Rechten verletzt, denn jedenfalls besteht auf die von der Klägerin begehrte und vorliegend einzig beantragte Form der Trennungsgeldgewährung kein Anspruch.
33
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
34
Die Berufung war nicht zuzulassen. Insbesondere liegt der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO nicht vor, da vorliegend nicht von tragenden Rechtssätzen des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 4. Februar 2016 (Az.: 14 BV 15.1563) abgewichen wird. Vielmehr wurde der vorliegende Fall unter Anwendung der in der Entscheidung genannten Rechtssätze in tatsächlicher Hinsicht anders gewürdigt.