Inhalt

VG München, Urteil v. 07.04.2022 – M 11 K 18.4921
Titel:

Erfolglose Klage gegen Nebenbestimmung in Baugenehmigung

Normenketten:
BGB § 242
GG Art. 19 Abs. 4
BayVwVfG Art. 36 Abs. 1
BayBO Art. 59, Art. 68 Abs. 4
Leitsätze:
1. Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes ist es vereinbar, die Rechtsschutzgewährung von einem vorhandenen und fortbestehenden Rechtsschutzinteresse, einer Sachentscheidungsvoraussetzung, abhängig zu machen, das entfallen kann, wenn die Geltendmachung eines Anspruchs gegen Treu und Glauben verstößt. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Unzulässige Rechtsausübung ist jede Geltendmachung eines „an sich“ gegebenen Rechts, jede Ausnutzung einer „an sich“ gegebenen Rechtsposition oder jede Berufung auf eine „an sich“ gegebene Rechtslage, die im Widerspruch zu den Anforderungen von Treu und Glauben steht dh wenn entweder ein unredliches früheres Verhalten vorliegt, ein schutzwürdiges Eigeninteresse fehlt oder wenn widersprüchliches Verhalten vorliegt. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der gemeindlichen Planungshoheit wird durch das Merkmal der Erforderlichkeit Grenzen gesetzt, die nicht nur für den Anlass, sondern auch für den Inhalt des Bebauungsplans, und zwar für jede Festsetzung gilt. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis wegen widersprüchlichen Verhaltens, Grundsatz von Treu und Glauben, Auflage zum Bau eines Wendehammers in einer Baugenehmigung, treuwidrige Geltendmachung der Unwirksamkeit der Festsetzungen eines Bebauungsplans, plangemäße Erschließung, Bestimmtheit einer Auflage, Klageverfahren, Baurecht, Baugenehmigung, Rechtsschutzinteresse, Sachentscheidungsvoraussetzung, widersprüchliches Verhalten, Treu und Glauben, effektiver Rechtsschutz, Planungshoheit, Erforderlichkeit, Erschließung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 17.06.2024 – 1 ZB 22.1781
Fundstelle:
BeckRS 2022, 58423

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Klä- ger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung ode Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwen- den, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleiche Höhe leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen die der Baugenehmigung des Beklagten vom 4. September 2018 für ein Wohnhaus auf dem Grundstück Fl.Nr. 310/2, Gemarkung …, beigefügte Nebenbestimmung „Auflage 200“. Das Grundstück des Klägers ist über eine relativ steile und ca. 3,5 m breite Stichstraße erreichbar und liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans der Stadt … „Nr. 7404 Nördlich der … Straße“ vom 23. September 2009 (Bebauungsplan). Der Bebauungsplan setzt in Ziffer 1.5.3 i.V.m. den Planzeichen für die Stichstraße zum klägerischen Grundstück hin eine öffentliche Verkehrsfläche (Eigentümerweg) fest, welche sich auch auf einen Teilbereich des Grundstücks des Klägers erstreckt (Wendehammer).
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Der Kläger beantragte unter dem 12. November 2013, nachdem er das Grundstück Fl.Nr. 310/2 im Jahr 2011 erworben hatte, eine Baugenehmigung für den Neubau eines Einfamilienhauses. In den Eingabeplänen des Klägers, welche zum Bestandteil der Baugenehmigung gemacht wurden, war eine Fläche eingezeichnet, die augenscheinlich der Fläche des Wendehammers aus dem Bebauungsplan entspricht. Zur Sicherung der Erschließung wurde die Straße Fl.Nr. 310/5 als öffentliche Verkehrsfläche (Eigentümerweg) gewidmet. Die Widmungsverfügung hatte der Kläger unter dem Az. M 11 K 15.550 beklagt, die Klage aber später zurückgenommen. Dennoch wurde in der Folge die beantragte Baugenehmigung zunächst nicht erteilt, da lediglich die Straße Fl.Nr. 310/5 und nicht auch der Bereich des Wendehammers auf dem Grundstück des Klägers, Fl.Nr. 310/2, gewidmet war. Das Landratsamt teilte dem Kläger mit E-Mail vom 31. März 2015 mit, dass zunächst die Kreisbrandinspektion zur Frage, ob der Wendehammer zur Erschließung des klägerischen Grundstücks erforderlich sei, beteiligt werde. Mit E-Mail vom 31. März 2015 äußerte der Kläger sein Unverständnis hierüber, da sein Bauantrag genau die Ausgestaltung vorsehe, die der Bebauungsplan enthalte. Die Kreisbrandinspektion bejahte am 10. April 2015 die Erforderlichkeit des Wendehammers, da das klägerische Grundstück mehr als 50 m von einer für die Feuerwehr benutzbaren öffentlichen Verkehrsfläche entfernt liege. Am Ende der Stichstraße sei ein Wendekreis oder ein Wendehammer nach RASt 06 mit einem Durchmesser von mindestens 18 m erforderlich. Da das Landratsamt aufgrund dieser Stellungnahme die Erschließung des klägerischen Grundstücks noch nicht als gesichert angesehen hatte, räumte der Kläger eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit für den Bereich des Wendehammers mit notarieller Urkunde vom 17. April 2015 und Eintragung vom 21. April 2015 ein. Am 22. April 2015, dem der Eintragung der Dienstbarkeit folgenden Tag, erteilte das Landratsamt schließlich die beantragte Baugenehmigung, welche folgende, zu der streitgegenständlichen Auflage 200 identische Nebenbestimmung enthielt:
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„Der durch Grunddienstbarkeit herzustellende Wendehammer ist bis zur Aufnahme der Nutzung des Gebäudes zu errichten und auf Dauer instandzuhalten.“
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Zur Begründung führte es aus, dass auf die Widmung des Wendehammers für die Feuerwehr verzichtet werden könne, da die Fläche durch eine Grunddienstbarkeit zu Gunsten des Freistaates Bayern gesichert worden sei. Klage gegen diese Nebenbestimmung hat der Kläger nicht erhoben.
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Nach Aufnahme der Bauarbeiten wurde im Rahmen einer Baukontrolle am 19. Mai 2015 festgestellt, dass der Fertigfußboden Erdgeschoss erheblich höher gelegen sei, als genehmigt. Die errichtete Bodenplatte habe nicht den in den Plänen genehmigten Fixpunkten und damit dem Höhenmaß des Bauvorhabens entsprochen. Gegen die Baueinstellungsverfügung vom 17. Juni 2016 sowie die damit verbundenen Zwangsgeldandrohungen und -fälligstellungen hatte der Kläger zunächst Klage erhoben, die er sodann in der mündlichen Verhandlung vom 22. September 2016 zurücknahm.
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Im Rahmen eines Gesprächs zwischen den Beteiligten und der Stadt … vom 17. Oktober 2016 äußerte der Klägerbevollmächtigte Zweifel an der Bestimmtheit der Festsetzung des Bezugspunkts der Höhe der baulichen Anlagen im Bebauungsplan. Er legte hierzu einen Vermessungsplan eines Ingenieurbüros vom 8. Oktober 2016 vor, welcher die Differenz der Höhen im Bebauungsplan im Vergleich zu den Höhen in den selbst angefertigten Vermessungsplänen zeige. Die Stadt … erläuterte, dass das Gelände im Jahr 2006 durch ein Büro vermasst worden sei und man die Ergebnisse als Vorentwurf des Bebauungsplans verwendet habe. Daher sei jedenfalls die vom Kläger behauptete Abweichung von 90 cm nicht glaubhaft, sondern dem Umstand nachträglich vorgenommener Geländeveränderungen geschuldet. Das Landratsamt räumte ein, dass die Bezugshöhe nicht eindeutig bestimmbar sei und signalisierte einen gewissen Spielraum für die Festlegung einer neuen Bezugshöhe, welcher aber nicht bei 90 cm liegen könne. Die nachfolgenden Einigungsbemühungen mündeten schließlich in den Vorschlag des Landratsamts, den Bezugspunkt für die Höhe der baulichen Anlagen – aufgrund einer in der Baugenehmigung vom 22. April 2015 ebenfalls bereits erteilten Bauraumverschiebung – um 3,5 m nach Osten zu verschieben. Dadurch würde der Bezugspunkt auf der im Bebauungsplan eingezeichneten Höhenlinie 611,5 m üNN liegen. Zusätzlich sagte man eine Toleranzgrenze von 25 cm zu, sodass der neue Bezugspunkt bei 611,75 m üNN liege.
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Unter dem 4. November 2017 beantragte der Kläger sodann eine weitere Baugenehmigung, wobei er den Bezugspunkt von 611,75 m üNN in den Plänen übernommen hatte und als Begründung ausführte, dass die Übernahme des neuen Höhenbezugspunkts nicht näher erklärt werde, da der Sachverhalt intensiv zwischen den Beteiligten besprochen und abgestimmt worden sei. Auch in den diesem Antrag beigefügten Eingabeplänen war eine Fläche eingezeichnet, die augenscheinlich der Fläche des Wendehammers in dem Bebauungsplan entspricht. Nachdem die Pläne – aus anderen Gründen – mehrfach überarbeitet worden waren, wurde schließlich die Baugenehmigung mit Bescheid vom 4. September 2018 unter Einbezug der Eingabepläne in der Fassung vom 5. Juni 2018 erteilt. Die Baugenehmigung enthielt die zur vorherigen Genehmigung vom 22. April 2015 identische, streitgegenständliche Auflage 200 hinsichtlich des Wendehammers.
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Der Kläger hat gegen diese Auflage 200 im Bescheid des Beklagten vom 4. September 2018 mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2018, eingegangen bei Gericht am 5. Oktober 2018, über seinen Bevollmächtigten Klage erhoben und in der mündlichen Verhandlung vom 7. April 2022 beantragt,
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die Nebenbestimmung „Auflage 200“ in der dem Kläger am 4. September 2018 erteilten Baugenehmigung aufzuheben.
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Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Errichtung des Wendehammers nicht erforderlich sei, da das Grundstück des Klägers unproblematisch über die derzeit bestehende Erschließung erreicht werden könne. Eine Rechtsgrundlage für die Errichtung des Wendehammers bestehe nicht, da der Bebauungsplan unwirksam sei. Die nach § 18 Abs. 1 BauNVO erforderlichen Bezugspunkte zur Bestimmung der Höhe der baulichen Anlagen seien im Bebauungsplan unbestimmt, womit die Festsetzung zur Wandhöhe unwirksam sei. Die natürliche Geländeoberfläche sei als Bezugspunkt nicht geeignet, da sie nicht ausreichend gegen Veränderungen gesichert sei. Dies habe die Unwirksamkeit der gesamten Festsetzung zum Maß der baulichen Nutzung zur Folge. Die Gemeinde hätte den Bebauungsplan nicht mit eingeschränktem Inhalts beschlossen. Andernfalls wäre insbesondere die Fortentwicklung der Höhe der Gebäude im Plangebiet der Planungshoheit der Gemeinde entzogen.
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Im Übrigen sei die Auflage 200 inhaltlich unbestimmt und daher nicht vollziehbar. Es sei aus Sicht eines objektiven Empfängerhorizonts nicht erkennbar, welche Handlungspflichten dem Kläger mit der Nebenbestimmung auferlegt werden sollten. Denn ein Wendehammer könne bereits faktisch nicht durch eine Dienstbarkeit hergestellt werden. Allenfalls wäre eine Sicherung durch Dienstbarkeit für die künftige Herstellung eines Wendehammers möglich. Auch verweise die Nebenbestimmung durch die Verwendung des Begriffs „herzustellender“ Wendehammer sowie die Kombination mit der Grunddienstbarkeit auf einen Tatbestand, der augenscheinlich in der Zukunft angelegt sein solle. Die Eintragung einer inhaltlich ähnlich gearteten, privatrechtlichen Grunddienstbarkeit zulasten des Grundstücks des Klägers habe jedoch bereits im Jahr 2015 und damit mehr als drei Jahre vor dem Erlass der streitgegenständlichen Nebenbestimmung stattgefunden. Aus der Nebenbestimmung gehe daher nicht klar hervor, ob seitens des Klägers die Eintragung einer Dienstbarkeit und/oder die Herstellung eines Wendehammers in ungeklärter Bauart und Bauweise verlangt werde oder ob es sich lediglich um einen inhaltlichen Verweis auf Handlungen aus dem Jahr 2015 handele, was jedoch mit der Verwendung der Zukunftsform nicht in Einklang zu bringen wäre. Selbst wenn ein Verweis auf die Dienstbarkeit aus dem Jahr 2015 hätte erfolgen sollen, sei für einen derartigen Verweis keine Rechtsgrundlage ersichtlich. Denn bei einer Dienstbarkeit handele es sich um ein Sicherungsmittel des Privatrechts, welches nicht Inhalt einer Baugenehmigung und daher auch nicht Inhalt einer bauaufsichtlichen Nebenbestimmung sein könne. Die Baugenehmigung werde unbeschadet privater Rechte Dritter erteilt. Für das augenscheinliche Ziel der Errichtung eines Wendehammers im Bereich des Grundstücks des Klägers bestehe keine öffentlich-rechtliche Rechtsgrundlage, die für die Auslegung der Nebenbestimmung herangezogen werden könne. Denn die Errichtung eines Wendehammers sei weder für die Sicherheit noch die Erschließung des errichteten Gebäudes auf dem Grundstück des Klägers erforderlich. Die Nebenbestimmung stehe daher in keinem irgendwie gearteten Bezug hinsichtlich der ordnungsgemäßen Errichtung des Bauvorhabens.
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Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 7. April 2022 beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Mit Schriftsatz vom 22. Mai 2020 erwiderte er auf das klägerische Vorbringen, dass die Festsetzung in Ziffer 1.5.3 des Bebauungsplans wirksam sei. Die natürliche Geländeoberfläche im Bebauungsplan sei durch Aufnahme der amtlichen Vermessungslinien bestimmbar.
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Die Nebenbestimmung sei auch hinreichend bestimmt. Sie ziele auf den tatsächlichen Bau des Wendehammers und auf seine Fertigstellung bis zur Aufnahme der Nutzung des Gebäudes ab. Der Bau des Wendehammers werde in den Eingabeplänen des Klägers selbst vorausgesetzt. Ergänzend sei in der Baugenehmigung bezugnehmend auf die privatrechtliche Verpflichtung des Bauherrn in der Dienstbarkeit die tatsächliche Erstellung gefordert. Um gerade eine Unbestimmtheit zu vermeiden, sei auf die Verpflichtungen in der Urkunde abgestellt worden. Neben Bau, Unterhalt, Erhaltung, Instandsetzung, Verkehrssicherung und Nutzbarkeit als Feuerwehraufstellfläche und Wendefläche für Versorgungs- und Rettungsfahrzeuge sei auch der genaue Umgriff des Wendehammers in der Urkunde geregelt. Eine Bezugnahme auf die Inhalte der Urkunde sei zur Regelung der Bestimmtheit möglich, die Nebenbestimmung damit ohne weiteres vollziehbar. Im Übrigen sei die Vorgehensweise mit dem Kläger zum Zeitpunkt der Erstgenehmigung bereits abgesprochen worden. Die Sicherung der Erschließung erfolge über die Dienstbarkeit, der konkrete Bau und der Unterhalt seien dagegen im Baugenehmigungsbescheid zu regeln. Von der Aufnahme einer Bedingung habe man aufgrund der eingetragenen Dienstbarkeit, welche als Sicherungsmittel der Erschließung anerkannt sei, abgesehen. Neben der Sicherung der Erschließung habe auch die tatsächliche Erstellung der Erschließungsanlage zu erfolgen. Der tatsächliche Bau und die Nutzbarkeit des Wendehammers könne nach der Rechtsprechung ab der ersten Aufnahme der Nutzung verlangt werden. Eine solche Nebenbestimmung ziele deshalb bei Erlass eines Baugenehmigungsbescheids immer auf die Zukunft ab. Die Fertigstellung sei daher zum Zeitpunkt der Nutzungsaufnahme zu beauflagen gewesen. Die Baugenehmigung habe man aber schon vorher zu erteilen, da hierfür die Prognose ausreiche, dass die Erschließung zur Nutzungsaufnahme vorhanden sei. Zur tatsächlichen Umsetzung der Prognose habe das Landratsamt geeignete Maßnahmen zur Sicherung zu treffen. Eine solche Nebenbestimmung sei auch erforderlich gewesen, da der Bau des Wendehammers öffentlich-rechtlich durchgesetzt werden müsse und mit einer freiwilligen Umsetzung des Klägers trotz seiner ursprünglichen Mitwirkung unter anderem durch die Dienstbarkeitseintragung nicht gerechnet worden sei.
16
Weiterhin sei die Auflage für die verkehrsmäßige Erschließung notwendig. Die Erschließung erfordere hier den Bau eines Wendehammers, da das Rückwärtsfahren auf der eigentlichen Erschließungsstraße (um südlich auf die … Straße zu kommen) aufgrund der geringen Breite, der Länge und des großen Geländeunterschieds zu Problemen führe. Auch das Wenden von Rettungswägen sei nicht bzw. nicht ausreichend möglich. Die Erschließungsanlage auf dem Grundstück Fl.Nr. 310/5 ohne den Wendehammer sei nicht ausreichend. Die bloße Anfahrbarkeit an das Grundstück genüge nicht, die Erschließungsanlage müsse auch funktionell geeignet sein. Ohne die streitgegenständliche Auflage könnte die Genehmigung damit nicht mit rechtmäßigem Inhalt weiterbestehen. Die Kreisbrandinspektion habe bereits mit Stellungnahme vom 10. April 2015 die Anlegung eines Wendehammers gefordert. Auch verweise man diesbezüglich auf eine konkrete Beschwerde der Freiwilligen Feuerwehr … vom 29. September 2019, die eine ordnungsgemäße Abwicklung von Einsätzen im konkreten Bereich ohne einen Wendehammer als nahezu unmöglich ansehe.
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Der Kläger verhalte sich schließlich rechtsmissbräuchlich, indem er nun den Bebauungsplan selbst infrage stelle, nachdem er über Jahre hinweg die ursprüngliche Auflage hingenommen sowie die Festsetzungen des Bebauungsplans akzeptiert habe, um Baurecht zu erhalten. Auch habe der Kläger selbst den Erlass eines weiteren Baugenehmigungsbescheids notwendig gemacht, um die von ihm veranlassten Abweichungen von den ursprünglichen Eingabeplänen zu legalisieren. Nachdem die angegriffene Genehmigung die Genehmigung vom 22. April 2015 ersetze, müssten alle notwendigen Nebenbestimmungen erneut aufgenommen werden. Deshalb sei es völlig unverständlich, warum sich der Kläger nunmehr nach so langer Zeit gegen die Nebenbestimmung wende und gleichzeitig den seit dem Erwerb des Grundstücks gültigen Bebauungsplans angreife. Bis heute sei der Wendehammer nicht erstellt, obwohl die Nutzungsaufnahme erfolgt sei. Der Bebauungsplan sei am 23. September 2009 in Kraft getreten. Der Kläger habe das Grundstück erst im Jahr 2011 erworben. Daher habe er bei Erwerb des Grundstücks die volle Kenntnis um die Inhalte des Bebauungsplans und dessen Auswirkungen gehabt. Auch habe der Kläger mit der Baugenehmigung vom 22. April 2015 eine inhaltsgleiche Auflage hinsichtlich des Wendehammers bereits hingenommen. Hinsichtlich der geplanten Verkehrserschließung mit Wendehammer seien die jeweiligen Eingabepläne identisch. Der Kläger habe also die beauflagten Pläne selbst eingereicht und damit selbst zum Bestandteil der Baugenehmigung gemacht.
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In der mündlichen Verhandlung vom 7. April 2022 erklärte der Kläger, dass die Stadt … im Jahr 2014 eine Änderung des Bebauungsplans in Aussicht gestellt habe, diese aber nicht erfolgt sei. Aufgrund der nunmehr realisierten Bebauung in der Umgebung, insbesondere aufgrund einer schwerlastfähigen, wassergebundenen, gekiesten Wegedecke mit ca. 3,5 m Breite zum Grundstück Fl.Nr. 314 hin, bestünde die Notwendigkeit des Wendehammers nun jedenfalls nicht mehr. Der Kläger erklärte zudem, dass er nie vorgehabt habe, den Wendehammer zu errichten. Er habe aber sein zur Genehmigung gestelltes Vorhaben den Vorgaben des Landratsamts angepasst, um eine Baugenehmigung zu erhalten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Behördenakten in diesem Verfahren sowie im Klageverfahren M 11 K 19.4630 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist bereits unzulässig, jedenfalls ist sie unbegründet.
21
1. Die Klage ist unzulässig. Dem Kläger fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, weil er mit Anfechtung der streitgegenständlichen Auflage 200 gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt (§ 242 BGB).
22
1.1 Dass der Grundsatz von Treu und Glauben und mit ihm auch die Fälle widersprüchlichen Verhaltens („venire contra factum proprium“) im öffentlichen Recht gelten, ist in der Rechtsprechung anerkannt (vgl. BVerwG, B.v. 13.8.1996 – 4 B 135/96 – juris Rn. 3; B.v. 12.1.2004 – 3 B 101/03 – juris; B.v. 1.4.2004 – 4 B 17/04 – juris; B.v. 22.4.2004 – 6 B 8/04 – juris; B.v. 1.2.2005 – 7 B 115/04 – juris; U.v. 29.1.2009 – 4 C 15/07 – juris; Mansel in: Jauernig, BGB, 18. Auflage 2021, § 242 Rn. 11). Der Maßstab von Treu und Glauben bildet eine allen Rechten, Rechtsstellungen, Rechtslagen, Rechtsinstituten und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung (Mansel in: Jauernig, BGB, 18. Auflage 2021, § 242 Rn. 33, m.w.N.).
23
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (z.B. BVerfG (Kammer), B.v. 4.3.2008 – 2 BvR 2111/07 – juris Rn. 25, m.w.N.) ist es mit dem in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleisteten Gebot effektiven Rechtsschutzes vereinbar, die Rechtsschutzgewährung von einem vorhandenen und fortbestehenden Rechtsschutzinteresse abhängig zu machen. Diese allen Prozessordnungen gemeinsame Sachentscheidungsvoraussetzung wird unter anderem aus dem auch im Prozessrecht geltenden Gebot von Treu und Glauben sowie dem Verbot des Missbrauchs prozessualer Rechte abgeleitet. Das Rechtsschutzbedürfnis kann mithin im Einklang mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG entfallen, wenn die Geltendmachung eines Anspruchs gegen Treu und Glauben verstößt (BVerwG, B.v. 11.2.2019 – 4 B 28/18 – juris Rn. 7; BVerwG, U.v. 12.12.2018 – 4 C 6/17 – BVerwGE 164, 40 Rn. 29, m.w.N.). Als rechtfertigender Grund für eine Beschränkung des Rechtsschutzes bedarf das Gebot von Treu und Glauben wegen seiner tatbestandlichen Unbestimmtheit allerdings der Konkretisierung anhand von Fallgruppen (z.B. BVerwG, U.v. 20.3.2014 – 4 C 11.13 – BVerwGE 149, 211 Rn. 29), um den rechtsstaatlichen Anforderungen zu genügen. Ob der Tatbestand der Treuwidrigkeit erfüllt ist, richtet sich nach den besonderen Umständen des Einzelfalls (BVerwG, B.v. 11.2.2019 – 4 B 28/18 – juris Rn. 7; B.v. 23.1.1992 – 4 NB 2.90 – juris Rn. 14)
24
Die unzulässige Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens ist eine der anerkannten Fallgruppen im Rahmen des § 242 BGB (z.B. Krebs in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, 4. Auflage 2021, § 242 Rn. 73). Unzulässige Rechtsausübung ist jede Geltendmachung eines „an sich“ gegebenen Rechts, jede Ausnutzung einer „an sich“ gegebenen Rechtsposition oder jede Berufung auf eine „an sich“ gegebene Rechtslage, die im Widerspruch zu den Anforderungen von Treu und Glauben steht. Der Begriff der Treue verweist dabei auf die Rechtstugenden der Verlässlichkeit, der Zuverlässigkeit, des Worthaltens, der Rücksichtnahme und der Loyalität, während der Begriff des Glaubens das Vertrauen des anderen Teils auf diese Treue meint (Mansel in: Jauernig, BGB, 18. Auflage 2021, § 242 Rn. 3, 33). Eine Rechtsausübung ist gemessen hieran unzulässig, wenn entweder ein unredliches früheres Verhalten vorliegt, ein schutzwürdiges Eigeninteresse fehlt oder wenn widersprüchliches Verhalten vorliegt. Widersprüchliches Verhalten wird dann missbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (vgl. BGH, U.v. 5.6.1997 – X ZR 73/95 – juris Rn. 25 m.w.N.). Auch wenn kein besonderer Vertrauenstatbestand zugunsten des anderen Teils begründet worden ist, kann widersprüchliches Verhalten daher unzulässig sein, wenn der Berechtigte aus seinem früheren Verhalten erhebliche Vorteile gezogen hat oder wenn sein Verhalten sonst zu einem unlösbaren Selbstwiderspruch führt (OVG NRW, B.v. 21.8.2018 – 2 A 2599/16 – juris Rn. 18; OVG NRW, B.v. 2.8.2011 – 12 A 2087/10 – juris Rn. 15; BGH, U.v. 20.9.1995 – VIII ZR 52/94 – juris Rn. 12; Krebs in: Dauner-Lieb/Langen, BGB, 4. Auflage 2021, § 242 Rn. 98).
25
1.2 Unter Anwendung dieser Grundsätze stellt sich das Verhalten des Klägers als widersprüchlich dar. Der Kläger setzt sich durch die Erhebung der Klage gegen die streitgegenständliche Auflage 200 zu seinem früheren Verhalten in einen unlösbaren Selbstwiderspruch, was ihm das Rechtsschutzbedürfnis nimmt.
26
Der Kläger signalisierte zunächst durch Einräumung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit für den Bereich des Wendehammers, dass dieser auf seinem Grundstück entstehen solle. Die Einräumung der Dienstbarkeit, ohne die der Kläger kein Baurecht erhalten hätte, war für das Landratsamt entscheidende Voraussetzung für die Erteilung der Baugenehmigung, was etwa dadurch deutlich wird, dass das Landratsamt die Baugenehmigung vom 22. April 2015 in direktem zeitlichen Zusammenhang zu der Eintragung der Dienstbarkeit am 21. April 2015 erteilt hat. In der mündlichen Verhandlung vom 7. April 2022 hat der Kläger diesbezüglich selbst erklärt, dass er die Dienstbarkeit eintragen ließ, weil er andernfalls keine Baugenehmigung erhalten hätte.
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Er signalisierte zudem die Akzeptanz seiner Verpflichtung zur Errichtung des Wendehammers, indem er die Auflage zum Bau des Wendehammers in der Baugenehmigung vom 22. April 2015 geduldet hatte und sich nun gegen die identische Auflage 200 in der Baugenehmigung vom 4. September 2018 wendet. Die weitere Baugenehmigung war allein aufgrund einer von der Genehmigung aus dem Jahr 2015 abweichenden Bebauung des Klägers erforderlich. Hätte der Kläger nicht planabweichend gebaut, hätte bereits die identische und bestandskräftige Auflage 200 aus der Genehmigung vom 22. April 2015 den Bau des Wendehammers gefordert.
28
Auch hat der Kläger durch die Berücksichtigung des Wendehammers in seinen Eingabeplänen den Anschein erweckt, den Wendehammer tatsächlich errichten zu wollen. Der Kläger erklärte auch diesbezüglich in der mündlichen Verhandlung vom 7. April 2022, dass er den Wendehammer in seinem Eingabeplan habe einzeichnen müssen, weil er andernfalls die Baugenehmigung für sein Vorhaben nicht erhalten hätte. Er führte auch aus, dass es im Jahr 2014 Gespräche mit der Stadt … hinsichtlich einer Bebauungsplanänderung gegeben habe, welche jedoch nicht vollzogen wurde. Selbst wenn der Vortrag als wahr unterstellt wird, ändern derartige Gespräche jedoch an dem Vorgehen des Klägers nichts. Dass die Gemeinde eine Zusicherung im Sinne des Art. 38 BayVwVfG gemacht hätte, ist weder vorgetragen worden noch ist eine solche aus den Behördenakten ersichtlich. Das Risiko der letztlichen Übereinstimmung eines Vorhabens mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften trägt der Bauherr. Denn er muss grundsätzlich vor der Verwirklichung eines Vorhabens sicherstellen, dass dieses Vorhaben – so wie er es geplant hat – öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspricht.
29
Auch muss das zur Genehmigung gestellte Vorhaben mit der tatsächlichen Ausführung übereinstimmen. Dass der Kläger von Anfang an, also auch zum Zeitpunkt des Erhalts der jeweiligen Baugenehmigungen vom 22. April 2015 bzw. 4. September 2018 nie vorgehabt habe, den Wendehammer zu errichten, hat er in der mündlichen Verhandlung vom 7. April 2022 selbst erklärt. Ihm war daher auch bewusst, dass er ohne Anpassung seines Vorhabens an die Vorgaben des Bebauungsplans vom Beklagten kein Baurecht erhalten hätte. Es wäre dem Kläger indes nicht verwehrt gewesen, nach Abschluss eines für ihn erfolglosen Baugenehmigungsverfahrens die Erteilung der tatsächlich gewollten Baugenehmigung unter Befreiung von dem Erfordernis der Errichtung des Wendehammers im Bebauungsplan gerichtlich zu erstreiten. So aber setzt sich der Kläger durch die Geltendmachung der Rechtswidrigkeit der Verpflichtung zur Errichtung des Wendehammers aus der Auflage 200 zu seinem Verhalten, das ihm überhaupt erst zur Erlangung der Baugenehmigung verholfen hat, in einen unlösbaren Selbstwiderspruch. Selbst eine etwaige Offenlegung seiner Absichten würde an der Vorgehensweise, das Bauvorhaben nur zum Schein an die geforderten öffentlichrechtlichen Anforderungen anzupassen, nichts ändern. Allenfalls verlöre ein etwaiges in die klägerische Bereitschaft zum Bau des Wendehammers gesetztes Vertrauen des Landratsamts an Schutzwürdigkeit; auch in diesem Fall wäre ein widersprüchliches Verhalten – wie vorliegend – aufgrund eines unlösbaren Selbstwiderspruchs unzulässig (s.o.).
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c) Auch ist das Vorbringen des Klägers, die Errichtung eines Wendehammers sei aufgrund der nunmehr realisierten Bebauung in der Umgebung und der schwerlastfähigen, wassergebundenen, gekiesten Wegedecke mit ca. 3,5 m Breite zum Gebäude … Straße 55 hin nicht mehr erforderlich, unbeachtlich. Nachträglich eingetretene Umstände, welche nicht im Einflussbereich des Klägers liegen, können über sein treuwidriges Verhalten nicht hinweghelfen. Andernfalls würde man ihn aufgrund einer reinen Zufälligkeit bevorteilen. Der Tatbestand der Treuwidrigkeit ist aber unabhängig von einer etwaigen nachträglichen Änderung der Erschließungssituation erfüllt.
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2. Wollte man dem nicht folgen, wäre die Klage jedenfalls unbegründet, da die streitgegenständliche Auflage 200 in der Baugenehmigung vom 4. September 2018 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Auflage 200 lässt sich auf Rechtsnormen zurückführen, die im konkret einschlägigen Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren, gewährleistet damit die Genehmigungsfähigkeit des Bauvorhabens und durfte deshalb als Nebenbestimmung in die Baugenehmigung aufgenommen werden (Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG).
32
Baugenehmigungen können, wie sich aus Art. 68 Abs. 4 BayBO ergibt, auch unter Auflagen erteilt werden. Dabei richtet sich die Zulässigkeit von Auflagen (abgesehen von der Sicherheitsleistung des Art. 68 Abs. 4 BayBO) ausschließlich nach Art. 36 BayVwVfG (Decker in: Busse/Kraus, BayBO, Stand September 2021, Art. 68 Rn. 356). Es handelt sich bei der Entscheidung über den Bauantrag des Klägers unzweifelhaft um eine gebundene Entscheidung. Da dem Beklagten bei der Prüfung des Bauantrages ein Ermessen nicht eröffnet ist, hat der Kläger nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO einen Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung in dem beantragten Umfang, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Das bedeutet, dass die die beantragte Baugenehmigung einschränkenden Auflagen nur in den in Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG genannten Fallgruppen gerechtfertigt und rechtmäßig sind. Nach Art. 36 Abs. 1 VwVfG darf nämlich ein Verwaltungsakt, auf den ein Rechtsanspruch besteht, mit einer Auflage nur versehen werden, wenn diese entweder durch Rechtsvorschrift zugelassen ist (Alt. 1) oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden (Alt. 2). Nach Art. 36 Abs. 1 Alt. 2 BayVwVfG darf folglich eine Baugenehmigung mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, soweit hierdurch Genehmigungsvoraussetzungen erhalten werden oder ein im Zeitpunkt der Entscheidung der Baugenehmigungsbehörde bestehender Versagungsgrund ausgeräumt wird, wobei sich ein solcher nur aus Regelungen ergeben kann, die im entsprechenden Baugenehmigungsverfahren zu prüfen sind (Decker in: Busse/Kraus, BayBO, Stand September 2021, Art. 68 Rn. 360).
33
Vorliegend dient die angefochtene Nebenbestimmung i.S.d. Art. 36 Abs. 1 Alt. 2 BayVwVfG dazu, Genehmigungshindernisse auszuräumen. Die Baugenehmigung wurde – unstreitig zutreffend – im vereinfachten Genehmigungsverfahren erteilt. Aus dem durch Art. 59 BayBO definierten Prüfungsumfang begründet Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO mit dem Verweis u.a. auf § 30 Abs. 1 BauGB die Zulässigkeit der Auflage. § 30 Abs. 1 BauGB ist dabei heranzuziehen, da sich der Kläger auf eine etwaige Unwirksamkeit des Bebauungsplans nicht berufen kann (2.1). Durch die streitgegenständliche Auflage 200 wurden Genehmigungshindernisse des klägerischen Vorhabens ausgeräumt (2.2). Die Auflage ist entgegen der Auffassung der Klägerseite auch nicht unbestimmt (2.3).
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2.1 Auf eine etwaige Unwirksamkeit des Bebauungsplans infolge einer etwaigen Unbestimmtheit der Festsetzung zur Höhe der baulichen Anlagen dürfte der Kläger sich nicht berufen.
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In der Rechtsprechung (z.B. BVerwG, U.v. 18.4.1996 – 4 C 22.94 – juris; U.v. 12.12.2018 – 4 C 6.17 – juris) ist anerkannt, dass sich ein rechtfertigender Grund für eine Beschränkung des Bauherrn dahingehend, dass er sich auf eine etwaige Unwirksamkeit der Festsetzungen des Bebauungsplans nicht mehr berufen kann, im Einzelfall aus den auch im öffentlichen Recht heranzuziehenden Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ergeben kann, etwa in der Fallgruppe des Verbots widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium) oder der Verwirkung. So wurde entschieden, dass in die Prüfung eines Normenkontrollantrags nicht mehr eingetreten werden kann, wenn der Antragsteller dadurch, dass er zur Durchsetzung eines geltend gemachten Rechts das Gericht anruft, sich zu seinem eigenen früheren Verhalten in einen mit Treu und Glauben unvereinbaren Widerspruch setzt. Das kann etwa der Fall sein, wenn der Rechtsschutzsuchende zunächst die ihm günstigen Festsetzungen eines Bebauungsplans ausnützt und sich erst später gegen die für ihn ungünstigen Festsetzungen wendet. Diese Rechtsprechung gilt nicht nur für Normenkontrollanträge, sondern auch für vergleichbare prozessuale Lagen. Ob der Tatbestand der Treuwidrigkeit erfüllt ist, richtet sich nach den besonderen Umständen des Einzelfalls (BayVGH, B.v. 12.2.2021 – 1 ZB 20.1186 – juris Rn. 4 m.w.N).
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Dies zugrunde gelegt verhält sich der Kläger mit dem Vorbringen einer etwaigen Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans treuwidrig, weil er zunächst die für ihn günstigen Festsetzungen des Bebauungsplans mit Erhalt einer demensprechenden Baugenehmigung ausgenutzt hat. Wie der Kläger selbst in der mündlichen Verhandlung vom 7. April 2022 erklärte, passte er sein Vorhaben den Festsetzungen des Bebauungsplans in den Eingabeplänen an, um überhaupt Baurecht für sein Grundstück zu erhalten. Ohne den Bebauungsplan hätte der Kläger kein Baurecht erhalten, da sich sein Grundstück im Außenbereich befunden hätte und sein Vorhaben nicht privilegiert gewesen wäre (§ 35 BauGB). Er nutzte damit die ihm günstigen Festsetzungen des Bebauungsplans aus; infolgedessen darf er sich nun nicht mehr gegen die ihm ungünstigen Festsetzungen wehren. Ob die Festsetzung der Höhe der baulichen Anlagen unbestimmt ist und dies zu einer Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans führen würde bzw. die Festsetzungen des Bebauungsplans den Planungszielen widersprechen, ist daher unerheblich.
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Hinzukommt, dass sich der Kläger auf eine etwaige Unbestimmtheit des Bezugspunktes der Höhe der baulichen Anlagen im Bebauungsplan auch deshalb nicht berufen kann, weil er sich mit dem Landratsamt zuvor auf einen neuen Bezugspunkt geeinigt hatte. Der Kläger verhält sich widersprüchlich, indem er die Festsetzung der Höhe der baulichen Anlagen angreift, obwohl er den Vorschlag des Landratsamts, den Bezugspunkt auf 611,75 m üNN festzulegen, offensichtlich angenommen und seinem Bauantrag vom 4. November 2017 sowie seinen Eingabeplänen zugrunde gelegt hat.
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2.2 Durch die streitgegenständliche Auflage 200 werden Genehmigungshindernisse des klägerischen Vorhabens hinsichtlich der Übereinstimmung mit den Festsetzungen des Bebauungsplans ausgeräumt, Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG. Von dem Erfordernis der Sicherung der Erschließung kann nicht befreit werden (BVerwG, U.v. 21.2.1986 – 4 C 10/83 – juris). Denn die gesicherte Erschließung ist unabhängig von der jeweiligen Gebietsart unverzichtbare Voraussetzung der planungsrechtlichen Zulässigkeit eines Vorhabens. Vorliegend kann jedoch offenbleiben, ob die Errichtung des Wendehammers zur Erschließung des klägerischen Grundstücks im Sinne des § 30 Abs. 1 BauGB erforderlich ist. Denn die dem Kläger erteilte Baugenehmigung vom 4. September 2018 wäre ohne die streitgegenständliche Auflage 200 bereits deshalb rechtswidrig, weil sie eine (versteckte) rechtswidrige Befreiung von dem Erschließungskonzept des Bebauungsplans, welches einen Grundzug der Planung darstellt, enthielte.
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a) Ob eine Befreiung von den Festsetzungen eines Bebauungsplans nach § 31 Abs. 2 BauGB in Betracht kommt, weil die Grundzüge der Planung nicht berührt werden, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab (BVerwG, U.v. 16.12.2010 – 4 C 8/10 – juris Rn. 26; U.v. 18.11.2010 – 4 C 10.09 – juris Rn. 37). Entscheidend ist, ob die Befreiung dem planerischen Grundkonzept zuwider läuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist (vgl. BVerwG, B.v. 19.5.2004 – 4 B 35/04 – juris Rn. 3; BayVGH, U.v. 3.11.2010 – 15 B 08.2426 – juris Rn. 21).
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Vorliegend ist die Festsetzung Ziffer 1.5.3 des Bebauungsplans, die die Errichtung des Wendehammers vorsieht, Bestandteil des Planungskonzepts, das der Gemeinde bei Planaufstellung zugrunde gelegen hat. Der Wendehammer war Voraussetzung dafür, dass das Grundstück des Klägers überhaupt überplant werden konnte. Unabhängig davon, ob der Wendehammer zur Erschließung des klägerischen Grundstücks im Sinne des § 30 Abs. 1 BauGB tatsächlich erforderlich wäre, war die Errichtung des Wendehammers aus Sicht der Gemeinde bei Aufstellung des Bebauungsplans für die konkrete Planung jedenfalls erforderlich (plangemäße Erschließung). Die in einem Bebauungsplan enthaltenen Festsetzungen zur Erschließung dürfen auch über das hinausgehen, was in § 30 Abs. 1 BauGB gefordert ist (Mitschang in: Battis/Krautzberger/Löhr/Mitschang, 15. Aufl. 2022, BauGB, § 30 Rn. 20). Mithin wäre es unschädlich, wenn das Erschließungskonzept der Stadt … über die gesetzlichen Mindestanforderungen einer gesicherten Erschließung hinausgeht.
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b) Die planerische Konzeption wurde entgegen der Ansicht der Klägerseite auch nicht durch nachträgliche Veränderungen der tatsächlichen Situation überholt. Der Bau einer schwerlastfähigen, wassergebundenen, gekiesten Wegedecke mit ca. 3,5 m Breite zum Grundstück Fl.Nr. 314 hin, ändert nichts an dem von der Gemeinde verfolgten Erschließungskonzept. Zum Zeitpunkt der Planaufstellung war weder der Wendehammer noch eine schwerlastfähige, wassergebundene, gekieste Wegedecke zum Grundstück Fl.Nr. 314 hin vorhanden. Hätte die Gemeinde die Erschließung der Hanggrundstücke über die Straße zum Grundstücks Fl.Nr. 314 hin mit dortiger Mündung in einen Wendehammer regeln wollen, hätte sie dies tun können. Die Gemeinde entschied sich im Rahmen ihres Erschließungskonzepts indes für die Errichtung eines Wendehammers an der im Bebauungsplan vorgesehenen Stelle. Im Rahmen der Bauleitplanung ist weder entscheidend, ob eine Straße, welche der Erschließung von Grundstücken dienen soll, bereits vorhanden ist, noch beeinflusst der nachträgliche Bau einer Straße das Erschließungskonzept im Nachhinein. Es obliegt der Gemeinde, die Erschließungssituation im Rahmen ihrer Planungshoheit in der (gesetzmäßigen) Weise im Bebauungsplan festzusetzen, die sie als sinnvoll erachtet. Die Festsetzungen dürfen dabei über das, was bereits gesetzlich nach § 30 Abs. 1 BauGB zur Erschließung erforderlich ist, hinausgehen (s.o.).
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Der Planungshoheit wird jedoch etwa durch das Erfordernis der Erforderlichkeit einer Bauleitplanung Grenzen gesetzt (§ 1 Abs. 3 BauGB). Das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit gilt nicht nur für den Anlass, sondern auch für den Inhalt des Bebauungsplans, und zwar für jede Festsetzung (BVerwG, B.v. 28.10.2020 – 4 BN 55/20 – juris Rn. 4, m.w.N.). Was in diesem Sinne erforderlich ist, bestimmt sich nach der planerischen Konzeption der Gemeinde. Der Gesetzgeber ermächtigt die Gemeinden, diejenige Städtebaupolitik zu betreiben, die ihren städtebaulichen Entwicklungs- und Ordnungsvorstellungen entspricht (BVerwG, B.v. 28.10.2020 – 4 BN 55/20 – juris Rn. 4; BVerwG, U.v. 10.9.2015 – 4 CN 8/14 – BVerwGE 153, 16 Rn. 11). Nicht erforderlich sind damit nur solche Festsetzungen, die einer positiven städtebaulichen Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Bauleitplanung nicht bestimmt ist (BVerwG, B.v. 11.5.1999 – 4 BN 15/99 – juris). Eine solche Situation ist hier nicht gegeben. Die Entscheidung, den Wendehammer an dem gewählten Ort zu situieren, ist nicht zu beanstanden. Das Erschließungskonzept sieht vor, am Ende der relativ steilen Stichstraße, die zum klägerischen Grundstück führt, eine Möglichkeit zum Wenden von Rettungswägen in dem topographisch wieder etwas abflachenden Bereich zu gewährleisten. Die Erwägung, den Wendehammer am topographisch höchsten Punkt zu errichten, und nicht etwa auf Höhe des Grundstücks Fl.Nr. 314, das topographisch etwas tiefer liegt, erscheint nicht der Förderung von Zielen dienend, für deren Verwirklichung die Bauleitplanung nicht bestimmt ist. Vielmehr sieht die Kammer darin ein schlüssiges Erschließungskonzept. Die Situierung des Wendehammers ist wesentlicher Bestandteil dieses planerischen Konzepts, zu dessen Verwirklichung die Festsetzung Ziffer 1.5.3 im Bebauungsplan erforderlich ist. Darauf, dass die Erschließung in der vom Kläger bevorzugten Weise im Bebauungsplan geregelt wird, besteht schon von Gesetzes wegen kein Anspruch (vgl. § 10 Abs. 8, Abs. 3 Satz 2 BauGB).
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Auch war die Bebauung auf dem Grundstück Fl.Nr. 314 nach den Planzeichnungen des Bebauungsplans offensichtlich bereits zum Zeitpunkt seines Erlasses vorhanden. Eine tatsächliche Veränderung ist daher auch nicht durch die Zulassung weiterer Baufenster, welche die Erschließungsfrage erneut aufwerfen könnte, gegeben.
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c) Auch ist es möglich, den Bau einer Erschließungsanlage auf privaten Grundstücken in einer Baugenehmigung zu beauflagen. Die Baulast für die Errichtung von Erschließungsstraßen auf privaten Grundstücken liegt gem. Art. 55 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG bei dem jeweiligen Grundstückseigentümer und umfasst gem. Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG alle mit dem Bau und der Unterhaltung der Straße zusammenhängenden Aufgaben. Als Grundstückseigentümer des Grundstücks Fl.Nr. 310/2 ist der Kläger Träger dieser Baulast. Er ist daher zuständig für den Bau des Wendehammers. Zur Sicherung der Erschließung wurde vorliegend zwar auf die Widmung als öffentliche Verkehrsfläche aufgrund der eingetragenen Dienstbarkeit verzichtet, welche als Sicherungsmittel der Erschließung anerkannt ist (BVerwG, U.v. 3.5.1988 – 4 C 54/85 – juris; BVerwG, B.v. 27.9.1990 – 4 B 34/90 – juris). Für die Sicherstellung der tatsächlichen Errichtung des Wendehammers aber reichte die Dienstbarkeit allein noch nicht aus.
Wie die Klageseite richtig ausführt, ist eine Herstellung des Wendehammers durch die Gemeinde ausgeschlossen, da das Grundstück nicht in ihrem Eigentum liegt. Daher kann nur der Kläger selbst als Eigentümer die Errichtung der Erschließungsanlage initiieren. Weigert sich aber ein Eigentümer – wie vorliegend – zur Errichtung der im Bebauungsplan festgesetzten Erschließungsanlagen, stellt grundsätzlich auch die Enteignung ein mögliches Mittel zur Durchsetzung der Festsetzung dar. Gem. § 85 Abs. 1 Nr. 1 BauGB kann enteignet werden, um entsprechend den Festsetzungen eines Bebauungsplans ein Grundstück zu nutzen oder eine solche Nutzung vorzubereiten. Die Auflage 200 zur Herstellung des Wendehammers stellt demgegenüber jedenfalls das mildere Mittel dar. Da die gesetzlichen Voraussetzungen des Art. 36 BayVwVfG vorliegen (s.o.), spricht entgegen der Ansicht der Klägerseite rechtlich nichts dagegen, den Bau einer Erschließungsanlage durch Nebenbestimmung in einer Baugenehmigung zu beauflagen (vgl. etwa zu einer Anfechtungsklage gegen eine Nebenbestimmung auf Herstellung einer Linksabbiegespur auf einer Bundesstraße: VG Ansbach, U.v. 16.1.2020 – AN 17 K 17.00963 – juris).
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2.3 Die streitgegenständliche Auflage ist auch nicht unbestimmt.
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Gem. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Das bedeutet zum einen, dass der Adressat in die Lage versetzt werden muss, zu erkennen, was von ihm gefordert wird. Zum anderen muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (BVerwG, U.v. 15.2.1990 – 4 C 41/87 – juris Rn. 29). Bevor eine Unbestimmtheit und damit die Nichtigkeit einer Regelung angenommen wird, ist zunächst zu prüfen, ob deren Erhalt durch Auslegung möglich ist (BVerwG, B. v. 14.08.2012 – 9 B 18/12 – juris Rn. 5 m.w.N.). Die Regelung eines Verwaltungsakts kann auch dann hinreichend bestimmt sein, wenn zu ihrer Konkretisierung auf allgemein zugängliche oder dem Betroffenen bekannte Dokumente (Pläne, Gutachten, Antragsunterlagen) verwiesen wird (BVerwG, U.v. 25.4.2001 – 6 C 6/00 – BVerwGE 114, 160 Rn. 13). Ob ein Verwaltungsakt diesen Anforderungen genügt, ist durch Auslegung seines verfügenden Teils im Zusammenhang mit den Gründen und sonstigen den Betroffenen bekannten oder für sie ohne Weiteres erkennbaren Umständen festzustellen (vgl. BVerwG, U.v. 18.4.1997 – 8 C 43/95 – BVerwGE 104, 301 Rn. 37, m.w.N.; BayVGH, B.v. 22.4.2008 – 19 ZB 08.489 – juris Rn. 24). Die Annahme einer Nichtigkeit wegen Unbestimmtheit scheidet aus, wenn die (vorrangige) Auslegung des Bescheids etwaige Zweifel an der Bestimmtheit beseitigt; dabei kommt es nicht darauf an, wie ein außenstehender Dritter, sondern wie der Betroffene selbst nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt des angefochtenen Bescheides unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen musste (vgl. BVerwG, U.v. 18.4.1997 – 8 C 43/95 – BVerwGE 104, 301 Rn. 37, m.w.N.; BayVGH, B.v. 22.4.2008 – 19 ZB 08.489 – juris Rn. 24).
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Unter Anwendung dieser Grundsätze war es für den Kläger ohne weiteres erkennbar, was mit der streitgegenständlichen Auflage 200 von ihm gefordert wird. Der Kläger hatte – auch aufgrund der Vorgeschichte zur Baugenehmigung vom 4. September 2018 – unzweifelhaft Kenntnis von seiner Verpflichtung zur Errichtung des Wendehammers. Es leuchtet nicht ein, dass der Kläger selbst die beschränkte persönliche Dienstbarkeit einräumte und den Wendehammer in seinen Eingabeplänen einzeichnete, aber die hierauf gerichtete Auflage 200 für unbestimmt hält. Wenngleich die Auflage 200 nicht eindeutig formuliert ist, muss dem Kläger indes bewusst gewesen sein, dass der Wendehammer nicht durch die Dienstbarkeit errichtet werden soll. Wie der Kläger selbst in der mündlichen Verhandlung vom 7. April 2022 ausführte, räumte er die Dienstbarkeit im Jahr 2015 ein, um die Baugenehmigung für sein Vorhaben zu erhalten. Aufgrund des regen Austausches der Beteiligten nach Erhalt der Baugenehmigung aus dem Jahr 2015 kann nicht angenommen werden, dass der Kläger davon ausgegangen war, er müsse – aufgrund der auch in dieser Baugenehmigung bereits verwendeten Zukunftsform – noch eine weitere Dienstbarkeit einräumen. Dies stand zwischen den Beteiligten zu keiner Zeit zur Diskussion. Auch wurde die Baugenehmigung aus dem Jahr 2015 in unmittelbar zeitlichem Zusammenhang mit der Erteilung der Dienstbarkeit erteilt. Da die nun streitgegenständliche Auflage 200 identisch mit der Auflage ist, die bereits in der Baugenehmigung aus dem Jahr 2015 enthalten war, war für den Kläger eine andere Auslegung der streitgegenständlichen Auflage 200 nicht angezeigt. Auch die Verwendung des Begriffs der Grunddienstbarkeit in der Auflage 200 im Gegensatz zu der tatsächlich eingeräumten beschränkten persönlichen Dienstbarkeit führte für den Kläger offenbar nicht zur Unbestimmtheit der Auflage. Hierzu wurde nichts vorgetragen; insbesondere spricht die Klägerseite selbst im Rahmen ihres Vortrags von der „Grunddienstbarkeit“, womit sie offensichtlich die am 21. April 2015 eingeräumte beschränkte persönliche Dienstbarkeit meint. Es war dem Kläger damit bewusst, dass auf die bereits erteilte Dienstbarkeit aus dem Jahr 2015 Bezug genommen werden soll. Dies ist auch mit der verwendeten Zukunftsform in Einklang zu bringen, wenn man den Begriff „herzustellende“ auf die tatsächliche Herstellung des Wendehammers bezöge und nicht auf die Dienstbarkeit als – nach Lesart der Klageseite – Mittel zu Herstellung. Diese Auslegung der streitgegenständlichen Auflage 200 erscheint aus der Sicht des Klägers unter Berücksichtigung der Umstände des Zustandekommens der Auflage 200 als sinnhaft.
48
Im Übrigen kann auch eine etwaig anfängliche Unbestimmtheit einer Baugenehmigung durch eine nachträgliche Klarstellung im gerichtlichen Verfahren geheilt werden (BVerwG, U.v. 20.4.2005 – 4 C 18/03 – BVerwGE 123, 261 Rn. 54; BVerwG, B.v. 21.6.2006 – 4 B 32/06 – juris Rn. 1). Eine etwaig anfängliche Unbestimmtheit hätte das Landratsamt jedenfalls durch die ausführlichen Erläuterungen im Rahmen der Klageerwiderung mit Schriftsatz vom 22. Mai 2020 ausgeräumt. Dort wurde unzweideutig aufgezeigt, dass mit der streitgegenständlichen Auflage 200 die tatsächliche Errichtung des Wendehammers bis zur Aufnahme der Nutzung des klägerischen Gebäudes erreicht werden sollte. Auch ist entgegen der Auffassung der Klageseite eine Rechtsgrundlage für den Verweis auf die Dienstbarkeit nicht erforderlich. Rechtsgrundlage für die Auflage selbst ist Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG (s.o.). Ein Verweis auf privatrechtliche Urkunden ist selbstverständlich auch im öffentlichen Recht möglich und zur Schaffung der Bestimmtheit einer Auflage im Sinne des Art. 37 BayVwVfG zulässig und geboten. Über den Verweis auf die Dienstbarkeit wird schließlich der räumliche Umgriff des herzustellenden Wendehammers ersichtlich – wenn man nicht bereits davon ausgehen muss, dass der Kläger durch die Aufnahme des Wendehammers in seine Eingabepläne selbst zu erkennen gibt, dass er von der geplanten Situierung und Bauweise des Wendehammers Kenntnis hat.
49
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.