Titel:
Unrichtige Sachbehandlung, Grundbuchberichtigung, Grundbuchamt, Nachlaßgericht, Rechtspfleger, Erteilung eines Erbscheins, Erteilung des Erbscheins, Zweijahresfrist, Berichtigung des Grundbuchs, Bezirksrevisor, Rechtzeitige Antragstellung, Katasterfortführungsgebühr, Kostenentscheidung, Gebührenberechnung, Eigentumsumschreibung, Grundbuchverfahren, Berichtigungsantrag, Gebührenrechtliche, Erbfall, Nachlassakten
Schlagworte:
Erbschein, Grundbuchberichtigung, Gebührenberechnung, Eintragungsantrag, Zwei-Jahres-Frist, Unrichtige Sachbehandlung, Kostenentscheidung
Fundstelle:
BeckRS 2022, 58359
Tenor
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Amtsgerichts München – Grundbuchamt – vom 28.06.2022 wird zurückgewiesen.
Gründe
1
Der Beteiligte zu 1) ist nach dem Erbschein vom 20.04.2021 Alleinerbe seiner Mutter. Die am … 2017 verstorbene Erblasserin war unter anderem Miteigentümerin von im Bezirk des Amtsgerichts München belegenem Grundbesitz und als solche im Grundbuch eingetragen.
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Am 19.04.2018 erschien der Beteiligte in Begleitung seines anwaltlichen Vertreters vor dem Amtsgericht München – Nachlassgericht – und beantragte zur Niederschrift der Rechtspflegerin die Erteilung eines Erbscheins aufgrund der vorgelegten sechs notariellen letztwilligen Verfügungen. Der Beteiligte zu 1) beantragte weiter die Berichtigung des Grundbuchs hinsichtlich des bei dem Amtsgericht München für die Gemarkungen Solln und München I geführten Grundbesitzes.
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Der Erbschein wurde am 20.04.2021 erteilt. Anschließend führte das Amtsgericht München – Nachlassgericht – eine Wertermittlung zur Gebührenberechnung durch.
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Am 24.11.2021 ging die Nachlassakte mit dem Antrag auf Grundbuchberichtigung beim Amtsgericht München – Grundbuchamt – ein.
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Die Grundbuchberichtigung wurde am 25.11.2021 durchgeführt.
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Mit Kostenansatz vom 30.11.2021 wurden dem Beteiligten zu 1) für die Eigentumsumschreibung gemäß Nr. 14110 KVGNotKG 26.105,00 € sowie eine Katasterfortführungsgebühr gemäß Art. 1 KatFortGebG in Höhe von 7.831,50 € in Rechnung gestellt. Hiergegen legte der Beteiligte zu 1) mit Schreiben vom 07.12.2021 und vom 01.03.2022 Erinnerung ein und argumentierte, er habe in der Nachlassverhandlung vom 19.04.2018 nicht nur die Erteilung eines Erbscheins beantragt, sondern gleichzeitig auch die Berichtigung des Grundbuchs. Dass sich die Erteilung des Erbscheins aufgrund von Interventionen anderer Erbschaftsprätendenten verzögert habe und die Berichtigung erst später vollzogen werden konnte, sei unerheblich, da es nur auf die rechtzeitige Antragstellung ankomme.
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In seinen Stellungnahmen vom 26.01. und 23.06.2022 betonte demgegenüber der Bezirksrevisor IV, dass bereits der Erbschein erst am 20.04.2021 erteilt worden sei, darüber hinaus der Antrag auf Grundbuchberichtigung wegen der aufwendigen Nachlassbewertung erst am 24.11.2021 beim Amtgericht München – Grundbuchamt – eingegangen sei. Damit sei das Nachlassgericht seiner in Art. 37 Abs. 3 AGGVG statuierten Weiterleitungspflicht nachgekommen. Eine unrichtige Sachbehandlung durch das Nachlassgericht liege nicht vor.
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Auch auf die gebührenrechtliche Begünstigung bei Einhaltung der Zwei-Jahres-Frist habe die Rechtspflegerin hingewiesen. Weitergehende Hinweispflichten bestünden nicht. Abschließend betonte der Bezirksrevisor IV, dass es nach Nr. 14110 KV GNotKG auf den Zeitpunkt des Antragseingangs beim Grundbuchamt ankomme und eine „rechtzeitige“ Antragstellung beim Nachlassgericht nicht ausreiche.
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Mit Beschluss vom 28.06.2022 wies das Amtsgericht München – Grundbuchamt – die Erinnerungen zurück und nahm in den Gründen auf die Stellungnahmen des Bezirksrevisors IV Bezug.
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Der Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 06.07.2022 gegen die genannte Entscheidung hat die Rechtspflegerin mit Beschluss vom 18.07.2022 nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht München zur Entscheidung über den Rechtsbehelf vorgelegt.
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Die zulässige Beschwerde des Beteiligten zu 1) (§ 81 Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 GNotKG), über die das Oberlandesgericht (§ 81 Abs. 3 Satz 2 GNotKG; § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG) durch seinen Einzelrichter (§ 81 Abs. 6 Satz 1 GNotKG) entscheidet, bleibt ohne Erfolg.
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1. Für die Eintragung eines Eigentümers/Miteigentümers im Grundbuch werden Gebühren (1,0) nach Nr. 14110 KV GNotKG erhoben. Ausnahmsweise wird keine Gebühr erhoben, wenn der Eintragungsantrag binnen zwei Jahren seit dem Erbfall bei dem Grundbuchamt eingereicht wird (Anm. 1 zu Nr. 14110 KV GNotKG).
13
Der Erbfall war am 28.02.2017. Zwar ist der Antrag auf Grundbuchberichtigung bereits zur Niederschrift des Nachlassgerichts am 19.04.2018 gestellt worden, auf die Frage, ob die Erklärung nicht auch als Zugang beim Grundbuchamt angesehen werden, kommt es aber deshalb nicht an, weil das Grundbuchamt einen – unterstellt – am 19.04.2018 gestellten Antrag auf Grundbuchberichtigung mangels Vorlage des erforderlichen Erbscheins hätte zurückweisen müssen.
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Zwar wäre wohl zunächst eine angemessene Frist zur Beseitigung des Hindernisses gesetzt worden; angemessen können allerdings nur Wochen, nicht aber Jahre sein (vgl. Hügel-Zeiser, GBO, 4. Auflage, § 18 Rn. 15).
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Selbst wenn also der Beteiligte zu 1) darauf hingewiesen worden wäre, dass sein beim Nachlassgericht gestellter Antrag die Zwei-Jahres-Frist nicht wahrt und er daraufhin sofort einen Antrag unmittelbar beim Grundbuchamt gestellt oder aber wenn das Nachlassgericht den Antrag zusammen mit den Nachlassakten sofort an das Grundbuchamt weitergeleitet hätte, wäre der Berichtigungsantrag mangels Vollziehbarkeit in angemessener Frist zurückzuweisen gewesen.
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Da der Erbfall am 28.02.2017 war und der Erbschein am 20.04.2021 erteilt wurde, war die Frist von zwei Jahren zu diesem Zeitpunkt bereits lange abgelaufen.
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2. Eine Nichterhebung wegen unrichtiger Sachbehandlung (§ 21 GNotKG) kommt ebenfalls nicht in Frage.
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Eine unrichtige Sachbehandlung liegt dann vor, wenn bei objektiver ex ante-Betrachtung ein ordentlicher, gewissenhafter durchschnittlicher Normadressat (hier die Rechtspflegerin) unter Berücksichtigung des ihm infolge seines ihm gesetzlich zukommenden Entscheidungsermessens die zu prüfende Maßnahme bzw. Entscheidung anders oder gar nicht durchgeführt hätte (BeckOK KostR/Diehn, 38. Ed., § 21 GNotKG Rn. 12).
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Allerdings müssen die Kosten gerade in der unrichtig behandelten Angelegenheit entstanden sein (BeckOK KostR/Diehn, a.a.O., Rn. 24). Das Gesetz spricht ausdrücklich von Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären. Im Zusammenhang mit den Kosten der Eintragung ist daher allein auf die Sachbehandlung durch das Grundbuchamt abzustellen. Eine unrichtige Sachbehandlung durch das Grundbuchamt wird vom Beteiligten zu 1) jedoch nicht geltend gemacht.
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Es kann dahinstehen, ob die Regelung entsprechend anzuwenden ist, wenn in einem anderen Verfahren eine unrichtige Sachbehandlung vorgekommen ist, die sich unmittelbar ursächlich für die Kosten im Grundbuchverfahren ausgewirkt hat. Schon eine unrichtige Sachbehandlung durch das Nachlassgericht ist nämlich nicht festzustellen.
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3. Sonstige Einwände gegen die Kostenrechnung wurden nicht erhoben und sind auch nicht ersichtlich.
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4. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Das Verfahren ist gebührenfrei (§ 81 Abs. 8 Satz 1 GNotKG).