Inhalt

FG München, Urteil v. 14.10.2022 – 11 K 1814/21
Titel:

Steuerliche Behandlung von Altersvorsorgeplänen in den USA

Normenketten:
EStG § 3 Nr. 63 , § 22 Nr. 5 S. 1
DBA Art. 18A Abs. 2
FGO § 100 Abs. 2 S. 2
Leitsatz:
Leisten die nach ihrem Umzug aus den USA nach Deutschland hier nichtselbständig tätigen Steuerpflichtigen freiwillig eigene Beiträge aus bereits versteuertem Einkommen in einen privaten amerikanischen Altersvorsorgeplan (sogenannte Traditional individual retirement accounts – Traditional IRA –) und wurden die Verträge mit dem Anbieter des Altersvorsorgeplans bereits vor dem Umzug abgeschlossen sowie bereits vor dem Umzug Beiträge in den USA geleistet, so ist für die Beiträge entsprechend § 3 Nr. 63 EStG nach Art. 18A Abs. 2 DBA USA und Art. 18A Abs. 3 DBA USA in Verbindung mit Ziffer 16 Buchst. b) Doppelbuchst. aa) des Protokolls zu Art. 18A DBA USA in Verbindung mit Ziffer 16 Buchst. a) Doppelbuchst. aa) des Protokolls zu Art. 18A DBA USA ein Sonderausgabenabzug nach § 10a EStG zu gewähren.
Schlagworte:
Steuerliche Behandlung von Altersvorsorgeplänen in den USA, Doppelbesteuerung
Rechtsmittelinstanz:
BFH München vom -- – I R 66/23
Fundstellen:
EFG 2024, 1565
BeckRS 2022, 58137
LSK 2022, 58137

Tenor

1. Die Einkommensteuerbescheide für das Jahr 2018 vom 31. März 2020 und für das Jahr 2019 vom 24. November 2020, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. Juli 2021 werden mit der Maßgabe geändert, dass Beiträge in Höhe von … USD (= … €) im Jahr 2018 und … USD (= … €) im Jahr 2019 als Sonderausgaben berücksichtigt werden.
Dem Beklagten wird aufgegeben, die Berechnung der Einkommensteuern für die Jahre 2018 und 2019 nach Maßgabe der Urteilsgründe durchzuführen, den Klägern das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich mitzuteilen und die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2018 und 2019 nach der Rechtskraft des Urteils neu bekannt zu geben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten über die steuerliche Berücksichtigung von Zahlungen an Altersvorsorgepläne in den USA in den Streitjahren 2018 und 2019.
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Die Kläger wurden in den Streitjahren als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie waren im Dezember 2014 aus den USA nach Deutschland gezogen und hatten in Deutschland nichtselbständige Tätigkeiten aufgenommen.
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Während ihrer Ansässigkeit in den USA richteten die Kläger Altersvorsorgepläne (Traditional individual retirement accounts = Traditional IRAs) durch Abschluss eines „Custodial Agreements“ mit der X als „Custodian“ – im Falle des Klägers – und mit der Y Company als „Custodian“ – im Falle der Klägerin – als „Custodial account“ ein und zahlten mindestens ab dem USamerikanischen Steuerjahr 2013 in diese ein. Der IRA des Klägers wurde durch die Firma Z LLC und der der Klägerin wurde durch die Firma Y verwaltet.
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Bei diesen Altersvorsorgeplänen handelt es sich um private Vorsorgepläne, in die auf freiwilliger Basis ohne Verpflichtung jährlich Beiträge eingezahlt werden können. Bei den eingezahlten Beträgen handelte es sich um bereits versteuertes Einkommen der Kläger. Im März 2018 und im April 2019 wurden auf den Altersvorsorgeplan des Klägers und der Klägerin jeweils … US-Dollar eingezahlt.
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Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) berücksichtigte diese Beiträge bei der Einkommensteuerveranlagung für die Streitjahre nicht und setzte Einkommensteuern von … € (2018) und … € (2019) fest. Dagegen legten die Kläger fristgemäß Einsprüche ein und machten geltend, dass die Beiträge nach Art. 18A des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Deutschland und den USA (DBA) in Verbindung mit § 3 Nr. 63 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei seien und beantragten, diese bei der Einkommensteuerveranlagung für die Streitjahre zu berücksichtigen. Die Beiträge seien nach Art. 18A Abs. 2 Satz 1 DBA von der Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens auszunehmen. Die Voraussetzungen des Art. 18A Abs. 3 Buchst. a) DBA seien erfüllt.
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In der Einspruchsentscheidung vom 19. Juli 2021 wurden die Einsprüche nach Verbindung zur gemeinsamen Entscheidung als unbegründet zurückgewiesen.
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In ihrer dagegen durch Schriftsatz vom 12. August 2021 erhobenen Klage bringen die Kläger vor, dass die Beiträge zu den Altersvorsorgeplänen steuerlich abziehbar seien. Unstreitig lägen Beiträge zu Traditional IRAs nach Art. 18A Abs. 2 Buchst. a) DBA vor. Auch lägen unstreitig die Voraussetzungen des Art. 18A Abs. 3 Buchst. a) DBA vor. Nach Art. 18A Abs. 3 Buchst. b) DBA i.V.m. Ziffer 16 Buchst. a) Doppelbuchst. aa) und Ziffer 16 Buchst. b) Doppelbuchst. aa) des Protokolls zum DBA vom 1. Juni 2006 werde für Traditional IRAs „die entsprechende Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 63 EStG“ gewährt.
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Gegen die Argumentation des FA, dass § 3 Nr. 63 EStG voraussetze, dass es sich um Beiträge des Arbeitgebers handeln müsse, spreche Folgendes: Das Protokoll zum DBA lege in Ziffer 16 Buchst. b) Doppelbuchst. aa) explizit fest, dass die Bundesrepublik Deutschland die in Buchst. a) Doppelbuchst. aa) gesondert aufgeführten steuerlich anerkannten Vorsorgepläne als Altersvorsorgepläne anerkenne, die den in § 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) genannten Altersvorsorgeplänen entsprechen. In Ziffer 16 Buchst. a) Doppelbuchst. aa) seien Traditional IRAs aufgeführt. Für diese werde laut dem Protokoll die entsprechende Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 63 EStG gewährt.
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Es sei nicht die Intention der Vertragsparteien des DBAs gewesen, die Abzüge auf Beiträge des Arbeitgebers zu beschränken. Das DBA stelle Beiträge abzugsfähig für „unselbstständige oder selbstständige Arbeit“ (Art. 18A Abs. 2 Satz 1 DBA). Die Anwendung von § 3 Nr. 63 EStG sei bei Selbständigen nicht möglich, da z.B. kein erstes Dienstverhältnis vorliege. Art. 18A Abs. 2 Satz 1 DBA schließe Beiträge ein, „die von dieser oder für diese Person“ gezahlt worden seien, d.h. solche vom Arbeitgeber und solche vom Arbeitnehmer gezahlten Beiträge. Zudem verweisen die Kläger auf das Schreiben der Oberfinanzdirektion (OFD) Karlsruhe vom 16. Oktober 2012 (S 2257b/29 – St 126, 2.1 Fallgruppe 1), in der es heiße: „Hat der Anleger in der Ansparphase Beiträge für einen der genannten USAltersvorsorgepläne geleistet und wurden diese Beiträge in Deutschland nach § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei gestellt, sind die sich aus diesen Beiträgen insoweit ergebenden Leistungen nachgelagert nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG zu versteuern.“
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§ 3 Nr. 63 EStG enthalte neben der Forderung, dass die Beiträge vom Arbeitgeber stammen, auch die Bedingung, dass „eine Auszahlung der zugesagten Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgungsleistungen entsprechend § 82 Abs. 2 Satz 2 EStG vorgesehen ist“. Das sei für die meisten – wenn nicht sogar für alle – der im Protokoll (Ziffer 16 Buchst. a) Doppelbuchst. aa)) genannten Pläne nicht der Fall, was bedeuten würde, dass kein US-Plan in irgendeiner Form steuerlich zu fördern wäre. Das deute darauf hin, dass es nicht die Intention der Vertragsparteien gewesen sein könne, dass sämtliche Voraussetzungen des § 3 Nr. 63 EStG für USamerikanische Pläne erfüllt sein müssen, für die eine Entsprechung zu § 1 BetrAVG bereits explizit bejaht wurde. Sinn des Art. 18A DBA sei es, Barrieren zu beseitigen, die sich aus den Unterschieden bezüglich der Absetzbarkeit in den Vertragsstaaten ergeben könnten.
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Die Ansicht der Kläger werde auch unterstützt durch das Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 6. Dezember 2017 (BStBl 2018 I, S. 147) sowie die Neufassung vom 12. August 2021 (BStBl I, S. 1050). In Rz. 36 werde ausgeführt, dass bei Beiträgen an ausländische betriebliche Altersversorgungssysteme die Voraussetzungen aus § 3 Nr. 63 EStG für eine Steuerfreiheit im Inland erfüllt werden müssen. Jedoch vertrete das BMF weiter in Rz. 37 die Ansicht, dass es bisher noch ungenannte Konstellationen („darüber hinaus“) gebe, in denen offensichtlich die in Rz. 36 genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sein müssten, sondern sich eine unmittelbare Anwendbarkeit des § 3 Nr. 63 EStG aus einer völkerrechtlichen Vereinbarung ergebe, beispielsweise aus dem DBA oder Ziffer 16 des Protokolls zum DBA. Eine Nichtgewährung der steuerlichen Freistellung würde nach Ansicht der Kläger zu einer Doppelbesteuerung führen.
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Die Kläger beantragen,
die Einkommensteuerbescheide für das Jahr 2018 vom 31. März 2020 und für das Jahr 2019 vom 24. November 2020, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. Juli 2021 dahingehend abzuändern, dass Beiträge in Höhe von … USD (= … €) im Jahr 2018 und … USD (= …,.. €) im Jahr 2019 als Sonderausgaben berücksichtigt und die Einkommensteuern für das Jahr 2018 in Höhe von … € und für das Jahr 2019 in Höhe von … € festgesetzt werden.
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Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Das FA vertritt die Ansicht, dass die Einzahlungen in die Pensionspläne steuerlich nicht berücksichtigt werden könnten. Dies könne entgegen der Auffassung der Kläger auch nicht auf das DBA gestützt werden. In Art. 18A DBA gehe es originär um die betriebliche Altersvorsorge. Geregelt würden die Grenzen der Personalentsendung. Art. 18A DBA regele die Gleichstellung zwischen Arbeitnehmern und selbständigen Personen, die aufgrund ihrer Tätigkeit arbeitnehmerähnlich betrachtet würden. Es verweist insoweit auf einen Aufsatz von Rosemarie Portner (BB 2012, S. 2083 ff.) und auf die Kommentierung in Wassermeyer, Kommentar zum DBA USA, Art. 18A Rz. 1).
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Es lägen im Streitfall keine Beiträge des Arbeitgebers im Sinne des § 3 Nr. 63 EStG vor. Die Beiträge seien unstreitig von den Eheleuten selbst aus deren versteuerten Einkünften erbracht worden und nicht vom Arbeitgeber. Daher könne nach deutschem Einkommensteuerrecht die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 63 EStG nicht gewährt werden. Aus dem DBA sowie dem hierzu ergangenen Protokoll ergebe sich nichts Gegenteiliges.
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Dass im Protokoll auch Traditional IRAs aufgeführt würden, obwohl diese die Voraussetzungen des § 3 Nr. 63 EStG nicht erfüllten, liege darin begründet, dass generell alle amerikanischen Pläne, die in den USA steuerfreie Einzahlungen ermöglicht hätten, anerkannt würden. Eine Differenzierung sei nicht notwendig gewesen, da im Abkommen generell geregelt sei, dass die Entlastung nicht höher sein dürfe als Entlastungen, die in Deutschland ansässigen Personen für dortige Altersvorsorgepläne gewährt würden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Akten des FA, die Gerichtsakte sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 14. Oktober 2022 nach § 105 Abs. 3 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verwiesen.

Entscheidungsgründe

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1. Die zulässige Klage ist begründet. Die von den Klägern angesetzten Beiträge zu in den USA abgeschlossenen Altersvorsorgeplänen sind entsprechend § 3 Nr. 63 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung nach Art. 18A Abs. 3 Buchst. b) des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern (DBA) in der Bekanntmachung der Neufassung vom 4. Juni 2008 (BGBl 2008 II S. 611, BGBl 2008 II S. 851) i.V.m. Ziffer 16 Buchst. b) Doppelbuchst. aa) i.V.m. Ziffer 16 Buchst. a) Doppelbuchst. aa) des Protokolls zu Art. 18A DBA vom 1. Juni 2006 steuerfrei.
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a. Übt eine natürliche Person, die Teilnehmer oder Begünstigter eines in einem Vertragsstaat errichteten Altersvorsorgeplans ist, im anderen Vertragsstaat eine unselbständige oder selbständige Arbeit aus, sind nach Art. 18A Abs. 2 Buchst. a) DBA Beiträge zum Altersvorsorgeplan, die von dieser oder für diese Person während des Zeitraums oder für den Zeitraum, in dem sie eine unselbständige oder selbständige Arbeit im anderen Staat ausübt, gezahlt werden, im anderen Staat bei der Ermittlung ihres steuerpflichtigen Einkommens abzugsfähig oder davon ausgenommen. Nach Art. 18A Abs. 2 Buchst. b) DBA gelten während dieses Zeitraums im Rahmen des Altersvorsorgeplans erworbene Ansprüche oder vom oder für den Arbeitgeber der natürlichen Person an den Altersvorsorgeplan gezahlte Beiträge nicht als Teil des steuerpflichtigen Einkommens des Arbeitnehmers. Art. 18A Abs. 2 DBA gilt jedoch nur, sofern a) Beiträge von der natürlichen Person oder für die natürliche Person oder von dem oder für den Arbeitgeber der natürlichen Person vor Aufnahme einer unselbständigen oder selbständigen Arbeit im anderen Staat durch die Person gezahlt wurden und b) die zuständige Behörde dieses Staates festgestellt hat, dass der Altersvorsorgeplan allgemein einem Altersvorsorgeplan entspricht, der in diesem Staat als solcher für steuerliche Zwecke anerkannt ist (Art. 18A Abs. 3 DBA).
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Zum anderen sieht Art. 18A Abs. 2 Satz 2 DBA vor, dass die zu gewährende Entlastung die Entlastung nicht übersteigen darf, die in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Personen für Beiträge an in der Bundesrepublik Deutschland errichtete Altersvorsorgepläne oder für im Rahmen von in der Bundesrepublik Deutschland errichteten Altersvorsorgeplänen erworbene Ansprüche gewährt würde.
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Art. 18A DBA gewährt grundsätzlich keinen Anspruch auf Vergünstigungen, die weitergehen, als sie sonst im Tätigkeitsstaat unbeschränkt steuerpflichtigen Personen gewährt werden (vgl. Eimermann, in: Wassermeyer, Kommentar zum DBA USA, Art. 18A Rz. 39). In Ziffer 16 Buchst. b) des Protokolls vom 1. Juni 2006 zu Art. 18A DBA sind jedoch die Altersvorsorgepläne eines Vertragsstaates aufgeführt, die der andere Vertragsstaat als Pläne anerkennt, die seinen eigenen Plänen vergleichbar sind. Danach werden die in Ziffer 16 Buchst. a) Doppelbuchst. aa) aufgeführten steuerlich anerkannten Vorsorgepläne, bei denen es sich nicht um Roth-Individual Retirement Accounts handelt, als Altersvorsorgepläne für steuerliche Zwecke anerkannt, die den in § 1 BetrAVG genannten Altersvorsorgeplänen entsprechen und es wird die entsprechende Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 63 EStG gewährt.
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In Ziffer 16 Buchst. a) Doppelbuchst. aa) des Protokolls wird geregelt, dass a) der Ausdruck „Altersvorsorgeplan“ im Sinne des Artikels 18A Abs. 4 DBA die folgenden Pläne sowie Pläne gleicher oder ähnlicher Art umfasst, die aufgrund von nach Unterzeichnung des Protokolls erlassenen Rechtsvorschriften errichtet werden: Im Fall der Vereinigten Staaten anerkannte Pläne („qualified plans“) nach § 401(a) Internal Revenue Code, individuelle Altersvorsorgepläne (einschließlich individueller Altersvorsorgepläne, die Teil eines vereinfachten betrieblichen Altersvorsorgeplans („simplified employee pension plan“) nach § 408 (k) sind, individueller Rentensparpläne („individual retirement accounts“), individueller Rentenversicherungen („individual retirement annuities“) und Pläne („accounts“) nach § 408(p) sowie Roth-IRAs nach § 408A), steuerrechtlich anerkannte Rentenpläne („qualified annuity plans“) nach § 403(a), Pläne nach § 403(b) und staatliche Pläne („governmental plans“) nach § 457(b). In Ziffer 16 Buchst. b) des Protokolls i.V.m. Ziffer 16 Buchst. a) Doppelbuchst. aa) des Protokolls i.V.m. Art. 18A Abs. 3 Buchst. b) DBA werden die Pläne bezeichnet, für die die Altersversorgung der USA mit der in der Bundesrepublik Deutschland als gleichwertig angesehen wird und für die die Steuervergünstigung nach § 3 Nr. 63 EStG gewährt wird (vgl. Eimermann, in: Wassermeyer, Kommentar zum DBA USA, Art. 18A Rz. 2). Art. 18A DBA i.V.m. Ziffer 16 des Protokolls gewährleistet eine Gleichbehandlung von Beiträgen, die an qualifizierte Altersversorgungseinrichtungen geleistet werden. Dadurch soll die Doppelbesteuerung von Beiträgen an Altersvorsorgeeinrichtungen im anderen Staat vermieden werden (vgl. Portner, BB 2012, 356).
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Dementsprechend könnten auch Selbständige grundsätzlich die Vergünstigung beanspruchen (vgl. Eimermann, in: Wassermeyer, DBA USA, Art. 18A Rz. 48). Auch Eigenbeträge zu einem Vorsorgeplan können deshalb begünstigt sei (vgl. dazu Kleutgens/Sinewe, RIW Beilage 2006 Nr. 1, S. 12).
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b. Im Streitfall ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass Beiträge nach Art. 18A Abs. 2 Buchst. a) DBA für den Kläger für die Jahre 2018 und 2019 von jeweils … US-Dollar und für die Klägerin für die Jahre 2018 und 2019 von jeweils … US-Dollar geleistet wurden. Es handelt sich bei dem vom Kläger abgeschlossenen Plan nach der Beschreibung im Custidial Agreement zum Teil um einen „traditional individual retirement account (under Section 408(a) of the Internal Revenue Code)“. Auch in den an den Kläger adressierten Investment Reports der Jahre 2018 und 2019 wird der Plan unter der Konto-Nummer …-… als „X Traditional IRA“ bezeichnet. Daneben besteht unter der Konto-Nummer …-… ein als „X Roth IRA“ bezeichneter Plan. Der im April 2019 gezahlte Betrag von … US-Dollar wurde jedoch ebenso wie der im März 2018 gezahlte Betrag von … US-Dollar auf das Konto …-…-x und damit auf den Traditional IRA gebucht.
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Das vorgelegte Custodial Agreement von Y gilt sowohl für Traditional IRAs als auch für Roth IRAs. Die der Klägerin jeweils in den Jahren 2018 und 2019 zugesandten Mutual Fund Statements weisen sowohl Traditional IRAs als auch Roth IRAs aus. Jedoch ergibt sich aus dem Mutual Fund Statement April – Juni 2019 und Januar – März 2018, dass für … US-Dollar zu dem Traditional IRA gehörige Wertpapiere „Y Global Stock“ und für … US-Dollar zu dem Traditional IRA gehörige Wertpapiere „Y Small-Cap Stock“ zugekauft wurden. Dass die Zahlungen der Klägerin und des Klägers von jeweils … US-Dollar in den jeweiligen
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Streitjahren auf Traditional IRAs erfolgt sind, ist zudem zwischen den Beteiligten unstreitig.
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Die Traditional IRAs der Kläger entsprechen nach Art. 18A Abs. 3 Buchst. b) DBA „allgemein“ einem Altersvorsorgeplan, der in der Bundesrepublik Deutschland als solcher für steuerliche Zwecke anerkannt ist. Ziffer 16 Buchst. b) des Protokolls enthält alle Pläne, die nach Auffassung der Vertragsstaaten das Merkmal „allgemein entsprechen“ nach Art. 18A Abs. 3 Buchst. b) DBA erfüllen (vgl. Eimermann, in: Wassermeyer, DBA USA, Art. 18A Rz. 40 und 48). Bei den Traditional IRAs des Klägers und der Klägerin handelt es sich nach Ziffer 16 Buchst. b) i.V.m. Ziffer 16 Buchst. a) Doppelbuchst. a) des Protokolls vom 1. Juni 2006 um Altersvorsorgepläne, die den in § 1 BetrAVG genannten Altersvorsorgeplänen entsprechen und für die die entsprechende Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 63 EStG gewährt wird. Die nach Art. 18A Abs. 2 Satz 2 DBA zu gewährende Entlastung wird insoweit durch die Regelungen in Ziffer 16 des Protokolls vom 1. Juni 2006 konkretisiert. Bei den in Ziffer 16 Buchst. a) Doppelbuchst. aa) des Protokolls vom 1. Juni 2006 aufgeführten Altersvorsorgeverträgen wird angenommen, dass sie inländischen Altersvorsorgeplänen vergleichbar sind und für diese deshalb die Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr. 63 EStG zur Anwendung kommt (vgl. Eimermann, in: Wassermeyer, DBA USA, Art. 18A Rz. 40).
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Weiter ist unstreitig zwischen den Beteiligten, dass es sich nach Art. 18A Abs. 3 Buchst. a) DBA um Beiträge handelt, die von einer natürlichen Person vor der Aufnahme einer unselbständigen Tätigkeit in den USA gezahlt wurden. Die Kläger waren im Jahr 2014 aus den USA in die Bundesrepublik Deutschland umgezogen und hatten jeweils unselbständige Tätigkeiten dort aufgenommen. Die streitigen Altersvorsorgepläne bestanden jedoch bereits vor dem Umzug der Kläger in die Bundesrepublik Deutschland, in die vor dem Zuzug auch Einzahlungen geleistet wurden.
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c. Dem FA wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO aufgegeben, die Berechnungen durchzuführen. Gemäß § 100 Abs. 2 Satz 3 FGO ist das FA verpflichtet, das Ergebnis der Berechnungen den Klägern unverzüglich formlos mitzuteilen und entsprechend diesem Ergebnis nach Rechtskraft der finanzgerichtlichen Entscheidung Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre zu erteilen.
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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3. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1, Halbsatz 1, Abs. 3 FGO, §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).