Inhalt

LG Hof, Beschluss v. 19.10.2022 – 22 T 68/22
Titel:

Abschiebungshaft - Vollzug in spezieller Hafteinrichtung

Normenketten:
RL 2008/15/EG Art. 16 Abs. 1
AufenthG § 62a Abs. 1
Leitsatz:
In einer speziellen Hafteinrichtung iSv Art. 16 Abs. 1 RL 2008/115/EG müssen die geltenden Haftbedingungen so gestaltet sein, dass mit ihnen so weit wie möglich verhindert wird, dass die Unterbringung des Drittstaatsangehörigen einer Inhaftierung in einer Gefängnisumgebung gleichkommt, wie sie für eine Strafhaft kennzeichnend ist. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Abschiebungshaft, Sicherungshaft, Vollzug, spezielle Hafteinrichtung, Haftbedingungen, Gefängnisumgebung
Vorinstanz:
AG Hof, Beschluss vom 20.04.2022 – 16 XIV 141/22 (B)
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 26.03.2024 – XIII ZB 85/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 57413

Tenor

1. Die Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hof vom 20.04.2022, Az: 16 XIV 141/22 (B), wird zurückgewiesen.
2. Der Betroffene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
4. Der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt … wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Der Betroffene ist algerischer Staatsangehöriger. Er reiste am 06.01.2022 gegen 2:35 Uhr von Österreich kommend, und nachdem er zuvor in der Schweiz einen Asylantrag gestellt hatte, unerlaubt in die Bundesrepublik Deutschland ein, ohne den für die Einreise erforderlichen Pass oder Passersatz oder den erforderlichen Aufenthaltstitel zu besitzen.
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Auf Antrag der Bundespolizeiinspektion K. wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Lindau vom 07.01.2022 im Wege der einstweiligen Anordnung gegen den Betroffenen unter Anordnung der sofortigen Wirksamkeit die Sicherungshaft zur Überstellung im Rahmen des Dublin-III-Verfahrens zunächst in das Erstregistrierungsland Schweiz angeordnet. Die Sicherungshaft wurde bis zum Ablauf des 03.02.2022 befristet.
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Auf Antrag der Bundespolizeiinspektion K. vom 28.01.2022 ordnete das Amtsgericht Hof mit Beschluss vom 02.02.2022 gegen den Betroffenen Haft zur Sicherung der Zurückweisung nach Algerien bis 26.04.2022. Das hiergegen gerichtete Beschwerdeverfahren wird beim Landgericht Hof unter dem Az. 24 T 19/22 geführt.
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Auf weiteren Antrag der Bundespolizeiinspektion K. und nach Anhörung des Betroffenen verlängerte das Amtsgericht Hof mit Beschluss vom 20.04.2022 die gegen den Betroffenen angeordnete Haft nunmehr bis spätestens zum Ablauf des 21.06.2022. Auch wurde der Antrag des Bevollmächtigten des Betroffenen auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe abgelehnt.
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Gegen diesen Beschluss legte der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen mit Schreiben vom 21.04.2022 Beschwerde ein und beantragte, festzustellen, dass der angefochtene Beschluss den Betroffenen in seinen Rechten verletzt habe. Begründet wurde die Beschwerde im Wesentlichen damit, dass die Abschiebehaftanstalt in H. nicht den europarechtlichen Vorgaben entspreche, da die Unterbringung in gefängnisähnlicher Umgebung erfolge.
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Mit weiterem Beschluss des Amtsgerichts vom 22.04.2022 half das Amtsgericht Hof der Beschwerde nicht ab und legte die Akten dem Landgericht Hof zur Entscheidung vor.
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Die Kammer holte eine Stellungnahme der Abschiebehaftanstalt in H. ein, welche sie dem Beschwerdeführer zur Kenntnisnahme und ggf. weiteren Stellungnahme übersandte.
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Der Betroffene wurde am 15.06.2022 aus der Haft entlassen, nachdem die Rückführung gescheitert war.
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Die bei der beteiligten Behörde geführte Akte lag der Beschwerdekammer vor.
II.
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1. Die Beschwerde ist zulässig. Die Beschwerde des Betroffenen ist trotz Entlassung des Betroffenen aus der Haft am 15.06.2022 und der damit verbundenen Erledigung in der Hauptsache gemäß §§ 58 Abs. 1, 62 Abs. 2, 106 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 62 FamFG im Hinblick auf den gestellten Feststellungsantrag statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere wurde die Beschwerde form- und fristgerecht gemäß §§ 63, 64 FamFG eingelegt.
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2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Die Feststellung, dass der Betroffene durch die Entscheidung des Amtsgerichts Hof vom 20.04.2022 in seinen Rechten verletzt wurde, kommt nicht in Betracht, weil das Amtsgericht Hof mit dem angefochtenen Beschluss zu Recht gegen den Betroffenen unter Anordnung der sofortigen Wirksamkeit die Verlängerung der Zurückweisungshaft bis längstens 21.06.2022 angeordnet hat.
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Auch hat das Amtsgericht Hof zu Recht den Antrag des Bevollmächtigten des Beschwerdeführers auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen.
a) Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit
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Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses vom 20.04.2022, die auch durch das Beschwerdevorbringen nicht entkräftet werden, vollinhaltlich Bezug genommen.
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Lediglich ergänzend sei auf folgendes hingewiesen:
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aa) Es liegt ein zulässiger Haftantrag der Bundespolizeiinspektion K. vor. Ein Haftantrag ist nur zulässig, wenn er die in § 417 Abs. 2 S. 2 FamFG bezeichneten Punkte behandelt. Die Darlegungen müssen – wenn auch in knapper Form – die für die richterliche Prüfung wesentlichen Punkte des Falles ansprechen. Sie müssen auf den konkreten Fall zugeschnitten sein und dürfen sich nicht in Leerformeln und Textbausteinen erschöpfen. Das Vorliegen eines solchen Antrags ist Verfahrensvoraussetzung und daher in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen. Erforderlich sind Darlegungen zu der zweifelsfreien Ausreisepflicht, zu den Zurückweisungsvoraussetzungen, zur getroffenen Zurückweisungsentscheidung, zur Erforderlichkeit der Haft, zu der Durchführbarkeit und Verhältnismäßigkeit der Zurückweisungund zur notwendigen Haftdauer, siehe § 417 Abs. 2 S. 2 Nr. 3-5 FamFG. Der vorliegende Haftantrag wird diesen Anforderungen gerecht.
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bb) Aufgrund der unerlaubten Einreise war der Betroffene auch gemäß §§ 50 Abs. 1, 58 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig. Die Einreise war unerlaubt, weil der Betroffene über keinen gültigen Aufenthaltstitel im Sinne des § 4 AufenthGesetz bzw. keinen gültigen Pass im Sinne des § 3 AufenthG verfügt.
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Die Voraussetzungen einer Zurückweisung waren gegeben.
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Gemäß § 15 Abs. 5 S. 1 AufenthG soll ein Ausländer zur Sicherung der Zurückweisung in Haft genommen werden, wenn eine Zurückweisungsentscheidung ergangen ist und diese nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
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(1) Gegen den Betroffenen ist am 06.01.2022 eine Zurückweisungs- bzw. Einreiseverweigerungsentscheidung ergangen. Bei der Grenzkontrolle erfolgte die Einreiseverweigerung in das Bundesgebiet durch die Bundespolizei gemäß § 15 Abs. 1 und 2 AufenthG in Verbindung mit Art. 14 Verordnung [EU] 2016/399 [Schengener Grenzcodex].
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Eine darüber hinaus gehende Vollstreckungsandrohung oder eine Fristsetzung zur freiwilligen Abreise war nicht erforderlich (BGH Beschl. v. 15.12.2020 – XIII ZB 133/19 – juris-Rn. 8; Beschl. v. 22.6.2017 – V ZB 127/16 – InfAuslR 2017, 345 – juris-Rn. 8).
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(2) Die benannte Zurückweisungs- bzw. Einreiseverweigerungsentscheidung konnte nicht unmittelbar vollzogen werden, weil der Betroffene zunächst durch die Behörden seines Heimatlandes zwecks Ausstellung eines Passersatzes identifiziert werden musste und weil die Zurückweisung des Betroffenen mittels Flug geschehen musste und keine sofortige Flugmöglichkeit bestand.
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cc) Es bestand auch ein Haftgrund. Das Erfordernis eines Haftgrunds ist zwar dem Wortlaut der Norm nicht zu entnehmen, nach richtlinienkonformer Auslegung des nationalen Rechtes jedoch notwendig (BGH Beschl. v. 15.12.2020 – XIII ZB 133/19 – juris-Rn. 10 ff:). Der Haftgrund ergibt sich aus § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 oder 3 AufenthG, weil keine Überstellung nach den Regelungen der Dublin-III-Verordnung beabsichtigt ist.
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Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die Gründe des Beschlusses des Amtsgerichts Lindau vom 07.01.2022 (Az. 2 XIV 3/22 (B)) sowie des Amtsgerichts Hof vom 02.02.2022 (Az. 16 XIV 46/22 B) vollinhaltlich Bezug genommen.
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Insbesondere gab der Betroffene in den Befragungen an, dass er seinen Reisepass absichtlich in Algerien zurückgelassen habe. Dies diente erfahrungsgemäß dem Zweck, Rückführungsmaßnahmen in das Heimatland zu erschweren bzw. zu verhindern (§ 62 Abs. 3a Nr. 1 AufenthG).
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In der Gesamtschau all diese Umstände bestehen an der Fluchtgefahr keine Zweifel.
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dd) Die Zurückschiebung war nach der zutreffenden Prognose der Antragstellerin auch durchführbar.
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ee) Es ist nicht erkennbar, dass die Haftdauer über das absolut erforderliche Maß hinaus angeordnet wurde. Sie war erforderlich, um die Abschiebung organisatorisch vorzubereiten, wie die Kammer anhand der im Wege eigener Amtsermittlung (§ 26 FamFG) nachvollzogenen Prognose der antragstellenden Behörde ermittelt hat. Insoweit kann auf die ausführliche und zutreffende Begründung der Beschlüsse des Amtsgerichts Hof vom 02.02.2022 und 20.04.2022 umfassend Bezug genommen werden.
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ff) Auch ist kein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ersichtlich. Die. Abschiebung wurde mit der gebotenen Beschleunigung betrieben. Der Haftvollzug erfolgte entsprechend den Voraussetzungen des Trennungsgebots gemäß § 62 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG in einer speziellen Abschiebehafteinrichtung.
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gg) Die Haftanordnung und deren Vollzug waren auch nicht wegen Verstoßes gegen die Vorgaben aus Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/115/EG (sog. Rückführungsrichtlinie) rechtswidrig.
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Die Unterbringung in der Abschiebehaftanstalt H. hat, entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers, keinen gefängnisähnlichen Charakter. Dem Beschwerdeführer ist zuzugestehen, dass der EuGH in seiner Entscheidung vom 10.03.2022 (Aktenzeichen C-519/20) ausgeführt hat, dass es sich bei Abschiebehaftanstalten um spezielle Hafteinrichtungen im Sinne von Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 2008/15 handeln müsse, die durch eine Gestaltung und Ausstattung ihrer Räumlichkeiten sowie durch Organisation und Funktionsmodalitäten gekennzeichnet sind, die dazu geeignet sind, den dort untergebrachten illegal auffälligen Drittstaatsangehörigen zu zwingen, sich ständig in einem eingegrenzten geschlossenen Bereich aufzuhalten, gleichzeitig aber die Zwangsmaßnahmen auf das beschränken, was für die wirksame Vorbereitung seiner Abschiebung unbedingt erforderlich ist. Folglich müssen die in einer solchen Einrichtung geltenden Haftbedingungen so gestaltet sein, dass mit ihnen so weit wie möglich verhindert wird, dass die Unterbringung des Drittstaatsangehörigen einer Inhaftierung in einer Gefängnisumgebung gleichkommt, wie sie für eine Strafhaft kennzeichnend ist.
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Diese Kriterien sind nach Überzeugung der Beschwerdekammer bei der Unterbringung in der Abschiebehaftanstalt H. erfüllt. Zunächst sei darauf hingewiesen, dass es sich bei der Abschiebehaftanstalt in H. um eine neu gebaute und nach neuesten Standards eingerichtete Abschiebehaftanstalt handelt, welche sowohl baulich als auch organisatorisch von der Justizvollzugsanstalt getrennt ist und sich von letzterer signifikant unterscheidet.
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Der Vortrag des Bevollmächtigten des Beschwerdeführers, die Anstalt sei durch hohe Betonmauern nach außen abgegrenzt entspricht nicht den tatsächlichen Verhältnissen. Die Abschiebehaftanstalt H. ist gerade nicht von einer meterhohen stacheldrahtbewehrten Mauer umgeben. Um das Gebäude der Abschiebehaftanstalt H. verläuft lediglich ein Drahtzaun und gerade keine Betonmauer. Insofern unterscheidet sich die Abschiebehaftanstalt schon im äußeren Erscheinungsbild von den bayerischen Justizvollzugsanstalten, die üblicherweise von meterhohen Betonmauern umgeben sind. Da ein solcher Drahtzaun aber gerade keine hinreichende Sicherheit gegen ein Weglaufen der Inhaftierten oder ein Eindringen von außen bietet, ist es natürlich erforderlich, dass die Fenster vergittert sind. Es ist ja gerade das Wesen einer Haftanstalt, die Inhaftierten am Weglaufen zu hindern. Das gilt natürlich auch für eine Abschiebehaftanstalt. Es muss sichergestellt werden, dass sich die dort untergebrachten Betroffenen nicht durch Flucht der Abschiebung entziehen.
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Auch sonst unterscheidet sich der Vollzug der Abschiebungshaft deutlich von dem Vollzug der Strafhaft bzw. der Untersuchungshaft. So findet in der Anstalt der Aufschluss morgens bereits um 9:00 Uhr statt und dauert bis 19:00 Uhr an. Dies ist deutlich länger als im Vollzug der Strafhafthaft. Darüber hinaus ist es den Inhaftierten möglich, täglich zu duschen, was im Rahmen der Strafhaft nur alle 2 Tage möglich ist.
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Den Inhaftierten wird nicht die übliche Anstaltskleidung zur Verfügung gestellt, sondern vielmehr werden Ihnen bequeme Jogginganzüge übergeben, was jedoch nur ein Angebot der Anstalt darstellt, für den Fall, dass die Betroffenen über keine eigene Kleidung verfügen. Die in der Anstaltsordnung vorgeschriebene Arbeitskleidung ist die Kleidung, die nach Arbeitsschutz-, und Unfallverhütungs- und Lebensmittelhygienevorschriften erforderlich ist. Nachdem von den Abschiebungsgefangenen derzeit jedoch keine Arbeiten erledigt werden, die derartige Vorschriften tangieren, wird den Abschiebungsgefangenen lediglich angeboten, zum Schutz ihrer eigenen Freizeitkleidung Blauzeug zu tragen.
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Die Räume in der Abschiebehaftanstalt sind für eine bessere Wohlfühlatmosphäre extra farblich gestaltet. Die Haftzellen sind mit Holzmöbeln eingerichtet. In jeder Zelle befindet sich auch ein kostenloses TV Gerät an dem derzeit 61 TV Programme in verschiedenen Sprachen empfangen werden können. Auch können die Gefangenen diverse Brett- und Kartenspiele sowie Bücher aus verschiedenen Sprachen aus der Anstaltsbücherei ausleihen. Die Gefangenen haben Zugang zum Internet. Die Anstalt verfügt über mehrere Freizeiträume, die mit neuesten und umfänglichen Fitnessgeräten ausgestattet sind. Zudem gibt es einen „Kicker“ und Tischtennisplatten zum Zeitvertreib. Im Freien steht ein Sporthof zur Verfügung, welchen die Gefangenen täglich 2 Stunden nutzen können.
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Auch trifft es nicht zu, dass der Außenkontakt der Gefangenen in einem der Strafhaft ähnlichem Maße eingeschränkt ist. Die Abschiebungsgefangenen können täglich 30 Minuten auf Staatskosten telefonieren. Darüber hinaus steht Ihnen die Möglichkeit offen, auf Antrag Telefonate auf eigene Kosten zu führen. Die Betroffenen können Besuche empfangen. Die Besuchszeit beträgt monatlich 4 Stunden für zugelassene Bezugspersonen. Zusätzliche Besuchszeit wird gewährt für Beratungsbesuche von Flüchtlingsorganisationen, Rechtsanwälten, Behördenvertretern usw.. Mitarbeiter im Sozialdienst der Anstalt und der Seelsorgedienst stehen als Ansprechpartner für Einzelgespräche und Gruppenveranstaltungen, wie zum Beispiel Gottesdienste, zur Verfügung. Zudem haben die Betroffenen die Möglichkeit über Videotelefonie nach außen Kontakt aufzunehmen.
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Die Überprüfung der körperlichen Unversehrtheit der Gefangenen beim Wecken ist Ausfluss der Fürsorgepflicht der Anstalt für die Betroffenen und dient deren Schutz.
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Eine Briefüberwachung findet grundsätzlich nicht statt. Die Beschränkung des Bezugs von Zeitschriften stellt einen bloßen Ordnungsrahmen dar und kann bei Bedarf auf Antrag erweitert werden.
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Insgesamt ist die Beschwerdekammer der Überzeugung, dass der Vollzug der Abschiebungshaft in der Haftanstalt in H. auf das Maß beschränkt ist, das unbedingt erforderlich ist, um ein wirksames Rückkehrverfahren zu gewährleisten. Dass dies nicht völlig ohne Entzug der Freiheit und sonstige tatsächliche Einschränkungen;: zu gewährleisten ist, versteht sich dabei von selbst. Insbesondere aber wird so weit wie möglich vermieden, dass die Unterbringung der Betroffenen einer Gefängnisumgebung gleichkommt, wie sie für eine Strafhaft gekennzeichnet ist.
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Auch der Umstand, dass durch den bayerischen Gesetzgeber kein Gesetz erlassen wurde, dass die Modalitäten der Abschiebungshaft regelt, sondern vielmehr das bayerische Strafvollzugsgesetz analog zur Anwendung kommt, begründet für sich genommen keine Rechtswidrigkeit. Wie sich bereits aus dem Wesen der Analogie ergibt, ist bei einer entsprechenden Anwendung des Strafvollzugsgesetzes auf Abschiebungshaftsachverhalte besondere Rücksicht darauf zu nehmen, dass es sich bei den in der Abschiebungshaftanstalt Hof befindlichen Insassen nicht um Straftäter handelt, sondern lediglich um Menschen, die sich illegal in Deutschland aufhalten. Dem wird vorliegend insbesondere durch die oben genannte räumliche Trennung und die besonders milden Haftbedingungen vollumfänglich Rechnung getragen.
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hh) Es ist nicht erkennbar, dass die Haftdauer über das absolut erforderliche Maß hinaus angeordnet wurde. Die Antragstellerin hat ihren Haftverlängerungsantrag auch zulässig und ausreichend begründet. Insbesondere wurde schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, warum die Verlängerung der Zurückweisungshaft erforderlich und unverzichtbar war. Die Dauer der angeordneten Haft wurde von der Behörde glaubhaft mit den für die Organisation und Durchführung der Rücküberstellung notwendigen Erfordernissen begründet.
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ii) Auch ist kein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ersichtlich.
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jj) Der Haftvollzug erfolgt entsprechend den Voraussetzungen des Trennungsgebots gemäß § 62 a Abs. 1 S. 1 AufenthG in einer speziellen Abschiebehafteinrichtung (s.o.).
b) Sofortige Beschwerde gegen VKH-Ablehnung (1. Instanz)
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Die sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren ist unbegründet. Das Amtsgericht hat die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zu Recht abgelehnt, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg hat und eine Beiordnung auch nicht wegen der Schwierigkeit der Rechtslage geboten war.
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Die Beschwerde des Betroffenen ist daher vollumfänglich zurückzuweisen.
III.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
IV.
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Die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe gemäß §§ 76 Abs. 1, 78 FamFG, § 114 ZPO kam nicht in Betracht, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussichten auf Erfolg hatte. Auf die obigen Ausführungen zur Unbegründetheit der Beschwerde wird Bezug genommen.
V.
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Der Gegenstandswert wurde gemäß § 36 Abs. 3 GNotKG auf 5.000,00 € festgesetzt.
VI.
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Soweit eine Entscheidung über die sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung von Verfahrenskostenhilfe getroffen wurde, ist die Rechtsbeschwerde nur bei Zulassung durch das Beschwerdegericht statthaft (BGH, Beschluss vom 04.03.2010 – V ZB 222/09, juris Rn. 5). Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 ZPO liegen jedoch nicht vor, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordern.