Inhalt

OLG München, Endurteil v. 25.10.2022 – 9 U 1628/22
Titel:

Doppeltätigkeit, Provisionsansprüche, Auskunftsanspruch, Zurückbehaltungsrecht, Richterliche Rechtsfortbildung, Umfang der Auskunftspflicht, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Allgemeine Geschäftsbedingungen, Maklerlohnanspruch, Abschluß des Maklervertrages, Maklertätigkeit, Maklerprovision, Makleransprüche, Verwirkung, Obergerichtliche Rechtsprechung, Sachlicher Anwendungsbereich, Vertragsunterlagen, Vertragswidriges Verhalten, Kosten des Rechtsstreits, Kostenentscheidung

Schlagworte:
Maklerlohnanspruch, Auskunftspflicht, Zurückbehaltungsrecht, Rechtsfortbildung, Verwirkung, Doppeltätigkeit, Beweislast
Vorinstanz:
LG München I, Urteil vom 22.02.2022 – 3 O 15005/21
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Urteil vom 21.03.2024 – I ZR 185/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 55623

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts München I vom 22.02.2022, Az. 3 O 15005/21, aufgehoben. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 45.696,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 21.05.2021 zu bezahlen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe

I.
1
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Bezahlung eines Maklerlohns in Anspruch.
2
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Tatbestand des angefochtenen Endurteils des Landgerichts München I vom 22.02.2022, Az.: 3 O 15005/21, Bezug genommen.
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Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass derzeit eine Durchsetzbarkeit des Maklerlohnanspruchs aus § 652 BGB wegen eines Zurückbehaltungsrechts des Beklagten nach §§ 320 BGB oder 273 BGB nicht gegeben sei, weil die Klägerin den Auskunftsanspruch des Beklagten nach § 656c BGB bzw. hilfsweise nach §§ 242, 241 Abs. 2 BGB in Form der Herausgabe oder Offenlegung der Verkäufermaklervertragsunterlagen bisher nicht erfüllt habe.
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Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihren erstinstanzlichen Zahlungsanspruch weiterverfolgt. Eine Auskunftspflicht aus § 656c BGB bzw. §§ 242, 241 Abs. 2 BGB bestehe nicht. Soweit das Erstgericht dies annehme, ließe sich dies nicht aus dem Gesetz begründen. Es handele sich um eine unzulässige Rechtsfortbildung, da es bereits an einer planwidrigen Regelungslücke fehle. Zudem verstoße die Rechtsfortbildung gegen den Gewaltenteilungsgrundsatz nach Art. 20 Abs. 2 GG und könne auch nicht mit dem Verbraucherschutz begründet werden. Im Übrigen sei dem Beklagten längst die Auskunft vollständig und ausreichend erteilt worden. Eine Verwirkung der verdienten Maklerprovision gemäß § 654 BGB aufgrund einer nicht angezeigten Doppeltätigkeit käme nicht in Betracht, da bereits im Exposé vor Besichtigung und Abschluss des Maklervertrages auf die Doppeltätigkeit hingewiesen worden sei. Nichts anderes ergebe sich aus dem tatsächlichen Internetangebot unter ....
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Der Beklagte tritt dem entgegen und verteidigt das Ersturteil. Er hat seine Anschlussberufung in der mündlichen Verhandlung vom 25.10.2022 zurückgenommen (Bl. 90 d.A.). Mit dieser hat er ursprünglich Klageabweisung in vollem Umfang begehrt, weil er davon ausging, dass die Klägerin wegen des unterbliebenen bzw. verspäteten Hinweises auf die Doppeltätigkeit des Maklers ihren Anspruch gemäß § 654 BGB verwirkt habe („Der einzige Hinweis auf die Doppeltätigkeit erfolgte im Rahmen des Notartermins. Dies kam für den Beklagten vollkommen überraschend und letztendlich zu spät“), Der Anregung des Senats, die Klageforderung anzuerkennen, ist der Beklagte nicht nachgekommen.
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Die Klägerin beantragt daher zuletzt (Bl. 45 d.A./Bl. 91 d.A.),
1. Das Urteil des Landgerichts München I zum Aktenzeichen 3 O 15005/21 vom 22.02.2022 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 45.696,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz ab dem 21.05.2021 zu zahlen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
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Die Beklagte beantragt (Bl. 91 d.A.),
die Zurückweisung der Berufung.
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Der Senat hat den Rechtsstreit am 25.10.2022 verhandelt und am selben Tag entschieden. Hinsichtlich des Ergebnisses der Verhandlung wird auf das Protokoll vom 25.10.2022 (Bl. 93/96 d.A.) Bezug genommen.
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Im Übrigen wird auf die Hinweise des Senats (Bl. 94 d.A.) und die gewechselten Schriftsätze der Parteien verwiesen.
II.
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Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Der Klägerin steht gemäß § 652 BGB Maklerlohn in der ausgeurteilten Höhe zu. Ein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten besteht weder aus § 656c BGB noch aus §§ 242, 241 Abs. 2 BGB. Der Anspruch ist auch nicht wegen eines unterbliebenen Hinweises auf die Doppeltätigkeit gemäß § 654 BGB verwirkt.
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Das Erstgericht hat die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen mit dem Argument, dass die Klägerin dem Beklagten nicht den mit der Verkäuferseite abgeschlossenen Vertrag vorgelegt, sondern nur inhaltlich mitgeteilt hat. Zwar berühre dies nicht die Fälligkeit des Provisionsanspruchs, dies bewirke aber die Undurchsetzbarkeit des Provisionsanspruchs nach §§ 320 BGB oder 273 BGB.
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Dies ist in mehrfacher Hinsicht rechtsfehlerhaft.
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Die Rechtsmeinung des Erstgerichts lässt sich so weder aus der Gesetzessystematik noch dem Willen des Gesetzgebers entnehmen, sondern stellt eine über den gesetzlichen Wortlaut hinausgehende unzulässige richterliche Rechtsfortbildung dar.
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1. Der personelle und sachliche Anwendungsbereich des § 656c BGB ist eröffnet. Der Beklagte ist Verbraucher gemäß § 656b BGB. Sachlich geht es um den Erwerb eines Einfamilienhauses.
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2. Eine Auskunftspflicht des Maklers, der für beide Vertragspartner tätig ist, in Form der Vorlage der Vertragsunterlagen mit dem anderen Teil sieht § 656c BGB nicht vor. Auch bei § 656d BGB, der zudem einen ganz anderen Fall regelt, hat der Gesetzgeber nicht die Vorlage von Vertragsunterlagen für notwendig erachtet.
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3. Rechtlich sehr umstritten ist bereits die Frage, ob der Kunde einen Anspruch gegen den Makler darauf hat, dass dieser ihn über die Konditionen, die er mit dem anderen Kunden vereinbart hat, aufklärt. Dies wird verbreitet bejaht (Staudinger/Arnold, 2021, Rn. 6; BeckOK BGB/Kneller Rn. 8; Jauernig/Mansel Rn. 5; Grüneberg/Retzlaff Rn. 8; jurisPKBGB/Würdinger Rn. 12), ist richtigerweise aber zu verneinen (BeckOGK/Meier, 1.5.2022, BGB § 656c Rn. 14-16; so auch schon Meier ZfIR 2020, 765 (773)). Dem Gesetz selbst lässt sich ein derartiger Auskunftsanspruch nicht entnehmen; weder in § 656c BGB noch in § 656d BGB findet sich ein derartiges Recht des Kunden. Infolgedessen kann ein Anspruch nur aus allgemeinen Regeln, insbesondere den Vorgaben von Treu und Glauben gem. § 242 BGB oder aus einer Nebenpflicht abgeleitet werden.
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4. Auch für eine Rechtsfortbildung anhand von § 242 BGB besteht keine Rechtfertigung. Dabei kann nicht bestritten werden, dass die praktische Durchsetzbarkeit der Rechte des Kunden erheblich gefährdet ist, wenn ihm ein derartiger Anspruch nicht zugebilligt wird. Dies genügt aber zur Annahme eines Auskunftsanspruchs nicht aus. Denn bereits das BVerfG hat entschieden, dass sich der Rechtsanwender nicht über den Willen des Gesetzgebers hinwegsetzen und damit unter Anwendung der Generalklausel des § 242 BGB mittels Rechtsfortbildung die Wertungen des Gesetzes konterkarieren darf. Dies ist aber vorliegend bei der vom Erstgericht zugrunde gelegten Auslegung der Fall.
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5. Die Auskunftspflicht bzw. ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Provisionsanspruch kann auch nicht, wie das Erstgericht das tut, mit einer Parallele zu § 656d BGB begründet werden. § 656c BGB enthält keine Vorgabe über die Fälligkeit der Provision. Insoweit unterscheidet er sich von § 656d BGB, der in seinem Abs. 1 S. 2 regelt, dass bei einer Überwälzung der Anspruch des Maklers gegen den Übernehmer erst fällig wird, wenn die andere Partei des Hauptvertrags ihren Anteil beglichen hat. Eine Analogie zu dieser Norm auch für den Bereich des § 656c BGB kommt demgegenüber aber nicht in Betracht. § 656d Abs. 1 S. 2 BGB beruht darauf, dass eine Seite die Vereinbarungen mit dem Makler getroffen hat und sodann die Forderung teilweise auf ihren Vertragspartner überträgt. Es ist daher eindeutig bestimmt, wer nach der gesetzgeberischen Vorstellung zunächst zur Leistung verpflichtet sein soll. Für § 656c BGB gilt eine solche Überlegung aber nicht. Beide Seiten haben einen Vertrag mit dem Makler geschlossen und können in diesem daher die Fälligkeit eigenständig regeln. Es wäre nicht erklärbar, welche Seite ihre Forderung gegenüber dem Makler zunächst zu begleichen hätte, weshalb schon aufgrund der Regelungsstruktur eine Übertragung der Wertung aus § 656d Abs. 1 S. 2 BGB ausscheiden muss. Darüber hinaus liegt auch sonst keine vergleichbare Wertungslage vor, da die Verpflichtung zur Erstleistung in § 656d Abs. 1 S. 2 BGB darauf beruht, dass nur diese Seite vertragliche Beziehungen mit dem Makler unterhält und daher allein die Vorgaben zur Fälligkeit mitbestimmen konnte. Im Rahmen des § 656c BGB hat jedoch jede Seite die Möglichkeit, den Vertrag ggf. gesondert auszuhandeln und damit die eigenen Ziele für die Fälligkeit aufzunehmen. Infolgedessen richtet sich im Rahmen des § 656c BGB die Fälligkeit allein nach der Vereinbarung, hilfsweise nach § 271 BGB (vgl. BeckOGK/Meier, 1.5.2022, BGB § 656c Rn. 13).
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6. Eine Auskunftspflicht in der vom Beklagten begehrten Form ergibt sich auch nicht aus § 260 BGB. Denn nur soweit dies vertraglich vereinbart oder gesetzlich festgelegt ist (z.B. §§ 666, 1605 BGB), sind mit der Auskunft Belege vorzulegen. Ansonsten besteht eine Pflicht zur Vorlage von Belegen grundsätzlich nicht, auch nicht bei einem Auskunftsanspruch aus § 242 BGB (Grüneberg/Grüneberg, BGB, 81. Aufl. 2022, § 260 Rz. 15). Die von der Rechtsprechung entwickelten Ausnahmefälle liegen hier nicht vor. Der Beklagte befand sich schon nicht in entschuldigter Weise im Ungewissen über Bestehen oder Umfang seines Rechts, da der Beklagte – entgegen seiner Behauptung – von Anfang an wusste, dass die Klägerin eine Doppeltätigkeit ausgeübt hat. Auf die Frage, ob der Klägerin die zusätzliche Verpflichtung zur Vorlage von Belegen und Vertragsunterlagen überhaupt zugemutet werden kann, nachdem sich Art und Umfang der Auskunftspflichten nach dem Bedürfnis des Gläubigers unter schonender Rücksichtnahme auf die Belange des Schuldners und unter Berücksichtigung eines etwaigen schutzbedürftigen Geheimhaltungsinteresses (BGH NJW 2015, 381) richten, kommt es daher nicht mehr an.
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7. Hinzukommt, dass dem Beklagten spätestens mit dem Schreiben der Klägerin vom 07.07.2021 (Anlage K 7) nicht nur eine vollständige Auskunft über die Doppeltätigkeit an sich, sondern sogar über den Zahlungstermin nach Rechnungsstellung gegenüber dem Verkäufer erteilt worden ist. Eine Auskunftsverpflichtung aus § 242 BGB sieht grundsätzlich keine Vorlage von Belegen vor. Die Auskunft ist eine Wissenserklärung, so dass sie zwar grundsätzlich schriftlich erteilt werden muss (BGH NJW 2008, 917), sie sieht aber eben nicht die Vorlage von Belegen vor. Das Schreiben vom 07.07.2021 (Anlage K 7) genügt daher bereits diesen Anforderungen.
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8. Die Entscheidung des Erstgerichts ist auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis zutreffend. Eine Verwirkung des Makleranspruchs nach § 654 BGB kommt vorliegend nicht in Betracht.
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a) § 656c Abs. 2 S. 2 BGB bestimmt zwar, dass § 654 BGB durch die Vorgaben der Norm unberührt bleibt. Hierdurch wird klargestellt, dass der Anspruch des Maklers auch bei Einhaltung der Vorgaben des § 656c BGB verwirkt sein kann und darüber hinaus aus der Vorschrift keine generelle Gestattung der Doppeltätigkeit des Maklers folgt. Dabei ist allerdings zu beachten, dass dem Makler die Doppeltätigkeit nicht grundsätzlich verwehrt ist, sondern nur dann, wenn sich aus der Vereinbarung mit dem Auftraggeber etwas anderes ergibt. Ist dies der Fall, ist ein Anspruch des Maklers nach § 654 BGB allerdings auch dann ausgeschlossen, wenn die Vorgaben des Abs. 1 gewahrt wurden und damit nicht bereits für sich genommen der Vertrag unwirksam ist.
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b) Hier wusste der Beklagte bereits aus dem Expose (Anlage K 1), dass die Klägerin für beide Seiten tätig ist („Die Maklerfirma ist für beide Seiten provisionspflichtig tätig“; in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen heißt es: „3. Entgeltliche Tätigkeit auch für den anderen Teil ist ausdrücklich gestattet“). Er wusste dies unstreitig (S. 2 des Tatbestandes des Ersturteils) auch aufgrund des abgeschlossenen Maklervertrages. Von der beidseitigen Tätigkeit der Klägerin hat der Beklagte, entgegen seinem Vortrag, mithin nicht erst im Notartermin erfahren. Allerdings kam dies auch dort zur Sprache (Bl. 65 d.A.).
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c) Soweit der Beklagte schriftsätzlich vorgetragen hat, das Expose gemäß Anlage K 1 sei ihm „nie vorgelegt“ worden (Bl∙ 85 d.A.), er habe zwar am 10.02.2021 ein Expose erhalten, in dem sich „allerdings genauso wenig ein Hinweis auf die Doppeltätigkeit“ befunden habe (Bl. 85 d.A.) und in der mündlichen Verhandlung am 25.10.2022 erklärt hat (Bl. 90 d.A.), dass er das Exposé als Anhang einer Email nicht zugeschickt bekommen und auf das Exposé auch über einen Link mutmaßlich keinen Zugriff genommen habe, glaubt der Senat dem Beklagten dies nicht. Zum einen ist gerichtsbekannt, dass bei Bekundung von Interesse an einer von einem Makler bei ... inserierten Immobilie, wie von der Klägerin vorgetragen (Bl. 90 d.A.), zunächst ein entsprechender Link verschickt wird, der es dem Kunden ermöglicht das Expose direkt aufzurufen. Zum anderen widerspricht es jeglicher allgemeiner Lebenserfahrung, dass man zwar Interesse an einer Immobilie bekundet, nicht aber das diesbezügliche Expose liest. Hinzu kommt, dass der Klägervertreter erklärt hat (Bl. 94 d.A.), dass eine Nachfrage über die IT-Abteilung der …bank bei dem Anbieter „F.“ ergeben habe, dass über den Link, der nach Anklicken der Widerrufsbelehrung durch den Interessenten frei geschaltet wird, das streitgegenständliche Exposé zwischen 10.02.2021 und 13.02.2021 vier Mal von der IP-Adresse des Beklagten aus aufgerufen worden sein soll.
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d) Die Behauptung des Beklagten, der einzige Hinweis auf die Doppeltätigkeit sei im Rahmen des Notartermins erfolgt und sei für den Beklagten vollkommen überraschend und letztendlich zu spät gekommen, sieht der Senat als nicht glaubhaft und durch den Sachvortrag der Klägerin als widerlegt an. Diese gab an, dass der Beklagte noch vor der Besichtigung einen Link zum Exposé erhalten habe und der Link zum Exposé noch einmal gesondert mit Email vom 10.02.2021 (Anlage 1 zum Schriftsatz vom 13.10.2022, Bl. 89/92) übersandt worden sei. Zudem habe sich in dem am 16.02.2021 übersandten (Anlage 2 zum Schriftsatz vom 13.10.2022, Bl. 89/92) notariellen Kaufvertragsentwurf in Ziffer XIV. ein Hinweis auf die Maklertätigkeit der Klägerin auch für die Verkäuferseite befunden, so dass der Beklagte bereits mehrere Wochen vor dem eigentlichen Notartermin am 12.03.2021 (Anlage K 3) über die Doppeltätigkeit der Maklerin zutreffend im Bilde war und dies nicht erst beim Notartermin erfahren haben kann.
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e) Die Doppeltätigkeit ist dem Makler grundsätzlich gestattet (BGH NJW-RR 1998, 992, in Grundstücksgeschäften darüber hinaus geradezu üblich vgl. OLG München NJOZ 2013, 974; Hamm, Beck'sches Rechtsanwalts-Handbuch, 12. Auflage 2022 Rn. 70, 71). Will der Makler für beide Vertragsteile vermittelnd tätig werden, so kann dies zum Interessenkonflikt führen. Besonders problematisch ist dabei die Mitwirkung an Preisverhandlungen (BGH NJW-RR 2003, 991; vgl. OLG Karlsruhe BeckRS 2005, 07375). Die Klägerin hat für die Verkäuferseite aber keine Preisverhandlungen geführt, sondern lediglich den reduzierten, für den Beklagten möglichen finanzierbaren Betrag dem Verkäufer mitgeteilt. Ein treuwidriges oder anstößiges Verhalten der Klägerin, das zum Verlust des Provisionsanspruchs führt, kann darin nicht erblickt werden.
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f) Der Beklagte trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Maklervertrag gemäß § 656c Abs. 2 S. 1 und S. 2 BGB i.V.m. § 654 BGB nichtig ist. Insoweit trägt er bereits die Beweislast dafür, dass mit der anderen Seite ebenfalls eine Vereinbarung geschlossen wurde, und zudem dafür, dass eine abweichende Höhe der Provision oder die Unentgeltlichkeit zwischen dem Makler und der anderen Partei des Hauptvertrags verabredet worden ist. Will er sich demgegenüber auf die Reduktion oder den Erlass nach Abs. 1 S. 3 berufen, muss er darlegen und beweisen, dass es zu einem ganzen oder teilweisen Erlass der Forderung im Verhältnis zur Vertragsgegenseite gekommen ist. Richtigerweise steht ihm insoweit kein Auskunftsanspruch zur Verfügung (BeckOGK/Meier, 1.5.2022, BGB § 656c Rn. 23).
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g) Beweise hierfür hat der Beklagte erstinstanzlich nicht angeboten, lediglich seine eigene Parteivernehmung (Bl. 15 d.A.). Eine weitere Beweiserhebung war daher nicht angezeigt, zumal es vorliegend ohnehin nur um die Beurteilung von Rechtsfragen ging.
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h) Ein vertragswidriges Verhalten wird aber ohnehin regelmäßig ausgeschlossen, wenn sich der Makler die Doppeltätigkeit vertraglich gestatten lässt (Palandt/Sprau BGB § 654 Rn. 4). Dies ist hier bereits mit der vertraglichen Bezugnahme auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin geschehen, wo es heißt:
„Entgeltliche Tätigkeit auch für den anderen Teil ist ausdrücklich gestattet“.
III.
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Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit gründet in §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung in Übereinstimmung mit der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung, da eine entgegenstehende obergerichtliche Rechtsprechung nicht besteht.