Titel:
Bayerisches Oberstes Landesgericht, Nachprüfungsverfahren, nachgereichte Schriftsätze, Entscheidungen der Vergabekammer, Angebotswertung, Sachverständigengutachten, Vergabenachprüfungsverfahren, Erstattungsfähigkeit, Verhandlungsverfahren, Zuschlagskriterien, Vergabeverfahren, Sofortige Beschwerde, Kostenvorschuss, Vergabevermerk, Zweckentsprechende Rechtsverteidigung, Öffentlicher Auftraggeber, Verfahren vor der Vergabekammer, Einhaltung der Abstandsflächen, Wertungsmatrix, Rechtsschutzziel
Leitsätze:
1. Für den Fall der Planungsleistungen, welche bereits förderunschädlich vor der Stellung eines Förderantrags und dessen Bewilligung beauftragt werden dürfen, gelten Auftraggeber auch bereits dann als öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 99 Nr. 4 GWB, wenn diese anhand der einschlägigen Förderrichtlinien oder der bestehenden Förderpraxis mit einer Förderung der Planungsleistungen von mehr als 50% rechnen dürfen und müssen.
2. Wird auf Grund einer Rüge ein neues Informationsschreiben nach § 134 GWB versandt, das der Rüge nicht (vollumfänglich) abhilft, so bedarf es keiner weiteren Rüge, wenn das erneute Informationsschreiben keinerlei neue Informationen enthält und der Bieter in seiner Rüge hinreichend zum Ausdruck gebracht hat, welche Beanstandungen er vorbringt.
3. Bei der Vergabe einer Planungsleistung nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure ist es vertretbar, wenn der öffentliche Auftraggeber den Lösungsspielraum der Bieter weit offen hält, um kreative Lösungsansätze der Bieter zu erhalten. Zur Gewährleistung dennoch vergleichbarer Angebote bedarf es hinreichend konkreter Zielsetzungen und Hinweise des öffentlichen Auftraggebers worauf es ihm bei den jeweiligen (Unter-)Kriterien ankommt.
4. Es ist zulässig, dass der öffentliche Auftraggeber eingereichte Konzepte durch einen Sachverständigen auch hinsichtlich nicht vorab bekannt gemachter Kriterien beurteilen lässt, solange diese über die bekannt gemachten Wertungskriterien hinausgehende Beurteilung nicht in die Bewertung durch den öffentlichen Auftraggeber eingeht.
5. Die Bewertung der Erfahrung einzelner Projektmitglieder ist ermessensfehlerhaft, wenn eine pauschale Abwertung von länger zurückliegenden Referenzprojekten vorgenommen wird, obwohl diese innerhalb des vorgegebenen Referenzzeitraums erbracht wurden oder wenn gar kein Referenzzeitraum vorgegeben wurde. Nur wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die aus den Referenzprojekten gewonnenen Erfahrungen nicht mehr aktuell sind, können Punktabzüge vorgenommen werden.
Schlagworte:
Zuschlagskriterien, Fördermittel, Konzeptstudie, Wertungskriterien, Rügeobliegenheit, Antragsbefugnis, Rügepräklusion, Bewertungskriterien, Erfahrung des Projektteams, Nachprüfungsantrag, Ermessensfehler, Kosten des Verfahrens
Fundstelle:
BeckRS 2022, 55358
Tenor
1. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet bei fortbestehender Beschaffungsabsicht die Angebotswertung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer erneut durchzuführen.
2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin. Die Beigeladene trägt ihre Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung selbst.
3. Für das Verfahren wird eine Gebühr in Höhe von11.060,00 EUR festgesetzt. Auslagen sind nicht angefallen.
4. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin war notwendig.
Gründe
1
Am 16.06.2021 veröffentlichte der Antragsgegner eine Ausschreibung über ein Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb für einen Generalplanervertrag für den Neubau eines Krankenhauses. Der Antragsgegner gab in der Bekanntmachung an, dass der Neubau einer Kombiklinik geplant sei, in dem die am Standort vorhandenen zwei Häuser untergebracht werden sollen. Angestrebt sei die Umsetzung in einem Bauabschnitt, sollte dies nicht die wirtschaftlichste Variante darstellen, komme jedoch auch eine Aufteilung des Neubaus in mehrere Bauabschnitte und ein sukzessiver Umzug in Betracht. Dabei beinhalte die ausgeschriebene Generalplanerleistung alle für die Maßnahme erforderlichen Planungs- und Überwachungsleistungen.
2
Unter Ziffer II.2.5) gab der Antragsgegner ferner an, dass der Preis nicht das einzige Zuschlagkriterium sei. Und unter Ziffer II.2.11) gab der Antragsgegner an, sich vorzubehalten die einzelnen Leistungsbilder und Leistungsphasen stufenweise zu beauftragen. Ein Rechtsanspruch auf die Übertragung aller Leistungsphasen bestehe nicht, der Auftragnehmer sei jedoch bei Abruf von Leistungsphasen zur Leistungserbringung verpflichtet.
3
Mit Schreiben vom 02.08.2021 forderte der Antragsgegner erstmals zur Abgabe eines Angebots auf. Er gab an, dass bereits im Angebot jeweils bis zu zwei vergleichbare Bauvorhaben als Referenzprojekte zu nennen seien. Beim Tragwerksplaner komme auch die Nennung von anderen Referenzprojekten aus dem Bereich Hochbau in Betracht, ohne dass dies zu Abzügen bei der Bewertung führen würde. Außerdem sei „zunächst schriftlich, stichpunktartig darzulegen, welchen für den Auftrag typischen Problemstellungen sie bei der Bearbeitung der für sie benannten Referenzprojekte begegnet sind, wie sie die Probleme gelöst haben und wie sich die Problemlösungsmethoden auf den hier ausgeschriebenen Auftrag übertragen lassen.“ Dies sei dann im Präsentationstermin mündlich zu vertiefen. Auch für das Kriterium „Erfahrung des Projektteams“ forderte der Antragsgegner für die genannten Personen jeweils bis zu zwei vergleichbare Referenzprojekte, mit derselben Ausnahme für den Tragwerksplaner. Ferner seien die genannten Personen im Verhandlungstermin aufgefordert, „die schriftlichen Ausführungen aus dem Angebot mündlich max. sieben Minuten darzustellen und zu vertiefen und aufzuzeigen, welchen für den Auftrag typischen Problemstellungen sie bei der Bearbeitung der für sie benannten Referenzprojekte begegnet sind, wie sie die Probleme gelöst haben und wie sich die Problemlösungsmethoden auf den hier ausgeschriebenen Auftrag übertragen lassen. Bewertet wird, ob der Bieter aufgrund der Darstellung der Referenzen und der Berufserfahrung des von ihm für die Leistungserbringung vorgesehenen Personals eine einwandfreie Leistungserbringung erwarten lässt.“
4
Für die Bewertung der Erfahrung des Projektteams sollte folgende Punkteskala gelten, wobei auch halbe Punkte vergeben werden können:
„4 Punkte: Sehr überzeugend, sodass Projektziele sehr sicher erreichbar erscheinen
3 Punkte: Überzeugend, sodass Projektziele sicher erreichbar erscheinen
2 Punkte: Teilweise überzeugend, sodass Projektziele wahrscheinlich erreichbar erscheinen
1 Punkt: Wenig überzeugend, sodass Projektziele mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht erreicht werden.
0 Punkte: Ungenügend, sodass Projektziele mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht erreicht werden.“
5
Für das Kriterium „Konzeptstudie“ stellte der Antragsgegner folgende Bewertungsmaßstäbe auf:
„Die Bieter sind aufgefordert mit dem Angebot ein Planungskonzept vorzulegen, das zeigt, wie das vorliegende Raum- und Funktionsprogramm auf dem bestehenden Baugrundstück umgesetzt werden kann. Dabei soll aufgezeigt werden, wie der Bieter mit dem bestehenden Personalwohnheim umgehen will. Dieses kann nach Auffassung des Auftraggebers entweder im Bestand bleiben und in die Planung eingebunden oder abgerissen und neu geplant werden. Der Auftraggeber hat hier keine Präferenz und betrachtet daher beide Lösungsansätze als gleichwertig. Gezeigt werden soll auch, ob der Präferenz des Auftraggebers entsprechend die Planung in einem Bauabschnitt realisiert werden kann.
Dargestellt werden soll, wie das Krankenhaus während der Bauphase (ggf. auch mit Interimslösungen) weiterbetrieben werden kann.
Ferner soll das Konzept planerische Ansätze aufzeigen, die die Architektur als eine Variable zur Unterstützung des physischen und psychischen Wohlbefindens von Personal, Patienten und Angehörigen berücksichtigen (healing architecture). In der Architektur sollen sich Elemente wiederfinden, die dem besonderen Charakter einer Einrichtung in kirchlicher Trägerschaft Rechnung tragen.
Für die Wertung des Lösungsansatzes sind folgende Unterkriterien maßgeblich, die untereinander gleich gewichtet werden:
Durch die Abbildung(en) und Beschreibung(en) soll erkennbar sein, dass der Bieter aus den unterschiedlichen Gebäuden im Projektebiet eine funktional zusammenhängende Klinik entwickeln kann.
- Architektonische und städtebauliche Qualität:
Durch die Abbildung(en) und Beschreibung(en) soll erkennbar sein, dass der Bieter auf der Grundlage der oben genannten Hinweise eine attraktive und patientengerechte Planung entwickeln kann.
- Logistische Qualität Bewertet wird, inwieweit es das Konzept wahrscheinlich erscheinen lässt, dass die Planung – der Präferenz des Auftraggebers entsprechend – in einem Bauabschnitt durchgeführt werden und wie der Weiterbetrieb während der Bauphase sichergestellt werden kann. Positiv gewertet wird ein möglichst geringer Aufwand für Interimsbauten.
Das vom Bieter eingereichte Konzept wird von einem fachkundigen Gremium bewertet. dabei gilt folgende Punkteskala.
4 Punkte: Sehr überzeugend, sodass Planungsvorgaben werden optimal umgesetzt
3 Punkte: Überzeugend, Planungsvorgaben werden vollständig umgesetzt
2 Punkte: Teilweise überzeugend, Planungsvorgaben werden überwiegend aber nicht vollständig erreicht
1 Punkt: Wenig überzeugend, Planungsvorgaben werden überwiegend nicht erreicht.
0 Punkte: Ungenügend, die Planungsaufgabe wird verfehlt.“
6
Am 12.11.2021 fanden die Präsentationstermine statt. Am 22.11.2022 erging eine Aufforderung zur Abgabe eines finalen Angebots. Unter anderem wurde gemäß § 5.2 des Vertrags von den Bietern eine Anlage 8 gefordert, in der das Kernteam des Bieters aufgelistet ist. Außerdem teilte der Antragsgegner mit:
„Die Bieter erhalten jeweils separat über die Kommunikationsfunktion der Vergabeplattform Hinweise der Projektsteuerung zu der von den Bietern jeweils erstellten Konzeptstudie. Wie im Präsentationstermin vom 12.11.2021 angekündigt, steht es Ihnen frei, ob Sie für die Zwecke der Abgabe des finalen Angebots die mit dem Erstangebot eingereichte Konzeptstudie nochmals entsprechend den Hinweisen der Projektsteuerung überarbeiten oder unverändert lassen.“
7
Zusammen mit dem finalen Angebot reichte die Antragstellerin auch die der Präsentation vom 12.11.2022 zugrundeliegenden Folien als Anlage ein.
8
Mit Schreiben vom 15.12.2021 teilte der Antragsgegner mit, dass sich kurzfristig eine neue Realisierungsmöglichkeit ergeben habe und das Bauvorhaben womöglich doch nicht auf dem bisher dafür vorgesehenen Standort realisiert werde, sondern an einem Alternativstandort. Deshalb werde zunächst lediglich für die Leistungsphase 1 der Zuschlag erteilt, der Abruf weiterer Leistungsphasen bleibe wie bisher vorbehalten und der Vertrag werde entsprechend geändert. Die Bieter wurden erneut zur Abgabe eines finalen Angebots auf Grundlage des geänderten Vertrags aufgefordert. Die Antragsgegnerin teilte darüber hinaus in der Anforderung der zweiten finalen Angebote mit: „Bitte beachten Sie, dass darüber hinausgehende Änderungen an dem Vertragsentwurf und der Anlagen sowie Vorbehalte zum zweiten finalen Angebot unzulässig sind und nach § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV zwingend zum Ausschluss des Angebots führen.“
9
Nach der Abgabe der zweiten finalen Angebote informierte der Antragsgegner die Antragstellerin mit Informationsschreiben gemäß § 134 GWB am 28.12.2021, dass sie den Zuschlag nicht erhalten solle. Sie sei in den Kriterien Preis und Personal nahezu gleichauf mit dem Zuschlagsprätendenten gewesen, so dass es entscheidend auf die Bewertung des Konzeptentwurfes angekommen sei. Hier habe die Antragstellerin entscheidend weniger Punkte erzielen können als die Beigeladene. Der Antragsgegner schließe sich insofern der Bewertung der ihn beratenden Sachverständigen an. Insbesondere die Lösung der Erschließungssituation sei kritisch bewertet worden. Zudem werde der Nachweis der Abstandsflächen nach Westen hin als problematisch beurteilt, die öffentlich-rechtliche Umsetzbarkeit scheint hier nicht gesichert. Auch die Belichtung der Arbeitsplätze sei nicht ausreichend.
10
Am 04.01.2022 rügte die Antragstellerin, dass das Informationsschreiben nicht den Anforderungen des § 134 Abs. 1 GWB genüge. Zudem seien die Wertungskriterien Erfahrung des Projektteams und Konzeptstudie intransparent und die Bewertung der Konzeptstudie sei fehlerhaft, da die mittgeteilten ausschlaggebenden Punkte für Abstandsflächen und Belichtung der Arbeitsplätze sich nicht unter die bekanntgemachten Unterkriterien subsumieren lassen würden und die bauplanungsrechtliche Unsicherheit der Umsetzung der Konzeptstudie den geplanten Bauabschnitten geschuldet sei, die eine Konzentration der Baukörper im Westen erforderlich machen würden.
11
Mit Schreiben vom 12.01.2022 übermittelte der Antragsgegner verschiedene Auszüge aus der Vergabeakte zur Bewertung des Angebots der Antragstellerin und hob das Informationsschreiben vom 28.12.2021 auf um der Antragstellerin genügend Zeit einzuräumen ihre Rüge zu überprüfen. Die Rüge, dass die Wertungskriterien intransparent gewesen seien wies der Antragsgegner zurück.
12
Mit Schreiben vom 20.01.2022 rügte die Antragstellerin die fehlende Übermittlung zum Unterkriterium Logistik, die teilweise Anwendung einer nicht bekannten Wertungsmatrix, die fehlerhafte Anwendung der Unterkriterien architektonische und städtebauliche Qualität sowie die fehlerhafte Anwendung des Kriteriums Erfahrung des Projektteams.
13
Ihre Rügen erweiterte die Antragstellerin mit Schreiben vom 31.01.2022 und rügte die Einzelbewertungen ihres Projektteams im Wertungskriterium Erfahrung des Projektteams sowie die Bewertung der Konzeptstudie in allen drei Unterkriterien.
14
Mit Schreiben vom 07.02.2022 wies der Antragsgegner alle Rügen vollumfänglich zurück und informierte die Antragstellerin gemäß § 134 GWB über die geplante Zuschlagserteilung.
15
Nachdem den Rügen der Antragstellerin nicht abgeholfen wurde, stellte die Antragstellerin mit Schreiben vom 15.02.2022 einen Nachprüfungsantrag gem. § 160 Abs. 1 GWB.
16
Die Antragstellerin trägt vor, dass der Nachprüfungsantrag zulässig und begründet sei. Der Antragsgegner sei öffentlicher Auftraggeber. Er habe sich in der Bekanntmachung selbst als öffentlichen Auftraggeber bezeichnet und mit einer Förderung des Vorhabens von mehr als 50% gerechnet. Für die Beurteilung der Auftraggebereigenschaft komme es nicht auf den Zeitpunkt der Erstellung des Fördermittelantrags oder den Inhalt des Fördermittelbescheids, sondern auf die kalkulierte Höhe der Fördermittel an. Weiter habe der Antragsgegner selbst angegeben, dass das Vorhaben ohne die staatliche Förderung nicht verwirklicht werden könne und dass die erwartete Förderquote deutlich über 50% liege. Der Antragsgegner habe die Förderfähigkeit bereits mit dem zuständigen Staatsministerium erörtert und die Antragstellung abgestimmt.
17
Weiter trägt die Antragstellerin vor, dass sie ihre Rügeobliegenheit ordnungsgemäß erfüllt habe. Der Antragsgegner habe die erste Vorabinformation zurückgezogen um der Antragstellerin die Möglichkeit zu geben die überlassenen Unterlagen in Ruhe zu überprüfen. Der Antragsgegner habe der Rüge nicht abgeholfen und keine neue Wertung vorgenommen, sondern in seinem zweiten Vorabinformationsschreiben lediglich seine Zuschlagsabsicht aus dem ersten Vorabinformationsschreiben wiederholt.
18
Die vom Antragsgegner bekanntgemachten Unterkriterien zur Bewertung der Konzeptstudie seien sehr oberflächlich und allgemein beschrieben gewesen. Das Unterkriterium funktionale Qualität sei mittels einer vierseitigen Matrix bewertet worden, die vorher nicht bekannt gemacht worden sei. So habe die Antragstellerin ihr Konzept nicht auf diesen detaillierten Anforderungskatalog abstimmen können. Auch habe der Antragsgegner seine Bepunktung nicht begründet, sondern die Bewertung des externen Beraters ohne eine eigene Bewertung vorzunehmen übernommen. Auch bei der Bewertung des Unterkriteriums architektonische und städtebauliche Qualität habe der Antragsgegner die Bewertung nicht anhand der bekanntgemachten Kriterien vorgenommen, sondern diese auf einen inhaltlich unzutreffenden und zudem in keinem Zusammenhang mit den Vorgaben aus der Wertungsmatrix stehenden Bewertungsmaßstab gestützt. Für das Unterkriterium logistisch Qualität sei ebenfalls die Bewertung nicht begründet worden, insbesondere sei für die Antragstellerin nicht nachvollziehbar, weshalb ihr Konzept nicht die volle Punktzahl erzielen konnte. Das Konzept der Antragstellerin hätte alle bekanntgemachten Vorgaben erfüllt und die Kritikpunkte würden sich ausschließlich auf für die Wertung unbeachtliche Punkte beziehen, die Wertung sei nicht anhand der bekanntgemachten Wertungskriterien erfolgt.
19
Auch die Wertung des Wertungskriteriums Erfahrung des Projektteams sei fehlerhaft gewesen und berücksichtige die bekanntgemachten Vorgaben nicht. Die Bewertung der Antragstellerin in diesem Kriterium entspreche größtenteils nicht den Präsentationen der Teammitglieder in der Verhandlungsrunde. Die Antragstellerin habe sich an die Vorgaben des Antragsgegners gehalten und sei in der Präsentation auch auf die fachlichen Aufgaben des jeweiligen Teammitglieds und dessen Auseinandersetzung mit den besonderen Herausforderungen des Projekts eingegangen. Die Antragstellerin habe ihre im Angebot gemachten Angaben durch die Präsentation vertieft, dies müsse in der Bewertung berücksichtigt werden, insbesondere wiederspreche eine Berücksichtigung der vertieften Angaben nicht dem Vergaberecht. Die Antragstellerin habe ihre Präsentation mit dem ersten finalen Angebot eingereicht und auch das erste finale Angebot selbst enthalte vertiefte Angaben zu den Referenzen und den Problemstellungen. Die Antragstellerin habe auch die Präsentation nicht verspätet eingereicht. Sie habe drei vollständige Angebote abgegeben, insbesondere habe sie die geforderte Darstellung des vorgesehenen Projektteams und dessen Erfahrung in Form von Anlage 8a eingereicht. Das erste Angebot sei jedoch überhaupt kein finales Angebot gewesen, da der Antragsgegner ein Verhandlungsverfahren durchgeführt habe. Die Erstellung und Verwendung einer PowerPoint Präsentation sei ausdrücklich erlaubt gewesen, der Antragsgegner habe die Präsentation ausdrücklich selbst angefordert.
20
Die Antragstellerin beantragt
1. Das Vergabeverfahren über die Vergabe eines Genaralplanerauftrages für den Neubau der Kombi-Klinik …, europaweit bekannt gemacht am …, wird in den Stand vor Beginn des Verhandlungsverfahrens zurückversetzt.
Hilfsweise: Die Antragsgegnerin wird verpflichtet die Wertung der Angebote unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen.
2. Der Antragstellerin wird Einsicht in die Vergabeakte gewährt.
3. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Antragstellerin notwendigen Aufwendungen.
4. Es wird festgestellt, dass die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten auf Seiten der Antragstellerin zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig ist.
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Der Antragsgegner beantragt
1. Den Nachprüfungsantrag als unstatthaft, hilfsweise als unzulässig zu verwerfen;
2. Hilfsweise: den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen;
3. Der Antragstellerin die Kosten des Vergabenachprüfungsverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung der Antragsgegnerin notwendigen Aufwendungen aufzuerlegen;
4. Die Hinzuziehung des Unterzeichners auf Seiten der Antragsgegnerin für notwendig zu erklären.
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Zur Begründung trägt der Antragsgegner vor, dass er als Körperschaft des öffentlichen Rechts ein Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb durchgeführt habe, um einen Antrag auf Vorwegfestlegung zur Beantragung entsprechender Fördermittel einreichen zu können. Dabei sei jedoch stets beabsichtigt gewesen ausschließlich die Leistungsphasen 1 und 2 zu beauftragen, die Leistungsphasen 3 ff. sollten erst nach Aufnahme in das Jahreskrankenhausprogramm abgerufen werden. Nach dem der Antragsgegner ein Angebot für ein Grundstück erhalten hatte, habe er sich ein neues Angebot für die Leistungsphase 1 legen lassen mit der Änderung, dass das Projekt auf einem anderen Grundstück realisiert werden könne. Der Antragsgegner habe allerdings noch keine Fördermittel erhalten, da dies erst mit der Beauftragung von Leistungsphase 1 und 2 möglich sei. Für die Berechnung der Förderquote komme es auf den Zeitpunkt der Ausschreibung an und nicht auf etwaige Änderungen im Laufe des Verfahrens. Ausschlaggebend sei ferner, mit welcher Förderquote der Antragsgegner kalkuliert habe. Hier sei aber nicht nur die Förderquote offen, sondern bereits fraglich ob überhaupt eine Förderung gewährt werde, der Antragsgegner beauftrage die Leistungsphasen 1 und 2 auf eigenes Risiko. Die Machbarkeitsstudie diene der internen Entscheidungsfindung des Antragsgegners, ob eine Bestandsanierung oder eine Neuerrichtung durchgeführt werden solle. Eine informelle Anfrage zur potentiellen Förderfähigkeit des Projekts beim zuständigen Ministerium sei kein Antrag auf Fördermittel, man sei dabei nicht über eine Vorabklärung der Förderfähigkeit hinausgekommen. Auch das von der Antragstellerin erstellte Funktions- und Raumprogramm habe noch keine Programmfreigabe erhalten.
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Der Antragsgegner trägt weiter vor, dass er durch die Rücknahme des Informationsschreibens vom 12.01.2022 der Rüge der Antragstellerin abgeholfen habe und eine Rüge des Informationsschreibens vom 07.02.2022 nicht erfolgt sei. Die Antragstellerin verletze damit ihre Rügeobliegenheit, von einer Rüge habe auch nicht ausnahmsweise abgesehen werden können.
24
Der Antragsgegner ist der Auffassung, er habe die Wertung des Angebots korrekt durchgeführt. Er habe die Konzeptstudien von zwei Sachverständigen völlig ergebnisoffen prüfen lassen, die Wertungsmatrix sei den Sachverständigen dabei nicht bekannt gewesen. Der Projektleiter habe auf dieser Grundlage eine Präsentation erstellt und den stimmberechtigten Mitgliedern der Wertungskommission vorgestellt, die dann darüber entschieden hätten. Die Wertung anhand der bekanntgemachten Kriterien lasse sich dieser Präsentation entnehmen. Im Unterkriterium Funktionale Qualität seien alle drei Bieter gleich bewertet worden, die Nachkommastelle in der Bewertung des Angebots der Antragstellerin sei ein Dokumentationsfehler, die Nachkommastellen aus der Bewertung der Sachverständigen wurde versehentlich übernommen. Bei der Bewertung des Unterkriteriums Architektonische und Städtebauliche Qualität sei ausdrücklich auf die städtebauliche Qualität Bezug genommen worden, so dass städtebauliche Mängel bei der Bewertung berücksichtigt werden durften, ebenso wie die besondere Eigenschaft als kirchlicher Träger, die deswegen explizit benannt wurde. Auch im Unterkriterium Logistische Qualität sei die Bewertung der Antragstellerin ordnungsgemäß erfolgt. Der Antragsgegner habe alle bekanntgemachten Kriterien berücksichtigt und anhand dieser die Antragstellerin bewertet.
25
Bei der Bewertung des Kriteriums „Erfahrung des Projektteams“ habe der Antragsgegner sich an der gängigen Rechtsprechung orientiert und konnte so keine Angebotsinhalte berücksichtigen die rein mündlich vorgetragen wurden, insbesondere da dieser keinen Auftragsbezug aufgewiesen habe. Für die Bewertung in diesem Kriterium sei die Präsentation nicht von Bedeutung gewesen, allein die Angaben der Antragstellerin in Anlage 8a seien für die Wertung herangezogen worden. Eine Nachforderung der Präsentation wäre einer leistungsbezogenen Nachforderung gleichgekommen und sei somit gemäß § 56 Abs. 3 VgV ausgeschlossen gewesen. Die Referenzprojekte für die Teammitglieder seien zwingend mit dem Erstangebot abzugeben gewesen und die Darstellung im Präsentationstermin habe sich zwingend auf die eingereichten Unterlagen beziehen müssen. Ziel des Präsentationstermins sei es gewesen den Inhalt des Angebots vertieft darzustellen und damit dem Antragsgegner den Zugang zum Angebotsinhalt zu erleichtern. Auch die Nachforderung der Präsentation zu Dokumentationszwecken bedeute nicht, dass diese Gegenstand der Wertung werde. Die Antragstellerin sei gegebenenfalls auszuschließen, wenn sie ihre Präsentation als integralen Bestandteil ihres Angebots ansehe, welcher jedoch nicht mit dem Erstangebot eingereicht wurde. Der Antragsgegner habe die Wertung anhand des Erstangebots durchführen können und müssen. Die Bewertung der Antragstellerin im Kriterium „Erfahrung des Projektteams“ sei im Übrigen auch ordnungsgemäß erfolgt, die Antragstellerin sei anhand der selben Maßstäbe wie alle anderen Bieter bewertet worden. Auch die Bewertung der Teammitglieder und des Projektleiters Objektplanung sowie des stellvertretenden Projektleiters Objektplanung sei ordnungsgemäß erfolgt, der Antragsgegner habe alle von der Antragstellerin gemachten Angaben berücksichtigt und anhand der bekanntgemachten Kriterien gewertet.
26
Mit Beiladungsbeschluss vom 23.02.2022 wurde die Beigeladene beigeladen und trägt vor, dass der Antragsgegner kein öffentlicher Auftraggeber sei, da er für das Vorhaben bislang Fördermittel weder erhalten noch beantragt habe. Die mögliche Förderhöhe von mehr als 50% des Investitionsvolumens begründe noch keine Anwendbarkeit des Vergaberechts, so auch die Vergabekammer Baden-Württemberg (Beschluss vom 23.12.2009 – 1 VK 63/09). Damit scheitere der Nachprüfungsantrag bereits an der fehlenden Zuständigkeit der Vergabekammer.
27
Weiter trägt die Beigeladene vor, dass der Antragsgegner berechtigt sei im Vergabeverfahren sachverständige Hilfe hinzuzuziehen. So sei auch die Überprüfung der Konzeptstudie durch zwei Sachverständige zulässig gewesen, da der Antragsgegner selbst nicht über ausreichende architektonische und betriebsorganisatorische Expertise verfüge. Der Antragsgegner habe bereits in den Zuschlagskriterien darauf hingewiesen, dass die Konzepte von einem fachkundigen Gremium bewertet werden würden und sich dann diese Bewertung zu eigengemacht und seine Bewertung unter Berücksichtigung der bekanntgemachten Zuschlagskriterien darauf aufgebaut. Die Bieter seien auch durch die Bekanntmachung der Unterkriterien und ihrer Erläuterung angemessen und ausreichend informiert worden.
28
Fehler in den Wertungskriterien seien nicht durch mündlichen Vortrag heilbar gewesen, da nur die schriftliche Präsentation bewertet werden durfte. Ferner sei das Angebot der Antragstellerin wegen des Nachreichens der gehaltenen Präsentation auszuschließen gewesen, wenn es sich hierbei um eine wertungsrelevante Unterlage handle und ihr Angebot ohne diese unvollständig sei.
29
In der mündlichen Verhandlung vom 11.10.2022 wurde die Sach- und Rechtslage erörtert. Die Verfahrensbeteiligten hatten Gelegenheit zum Vortrag und zur Stellungnahme.
30
Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 12.10.2022 teilte die Antragsgegnerin mit, dass sie bezüglich der Qualifikation von Herrn … L… bei dem angegebenen Referenzprojekt nachgefragt habe. Die von der Antragsgegnerin vorgenommene Bewertung habe sich als korrekt herausgestellt, da Herr … L… nach der Auskunft des Referenzgebers erst ab 2019 als stellvertretender Projektleiter in diesem Projekt tätig gewesen sei. Die Antragstellerin hat in der ihr von der Vergabekammer gesetzten Frist zu Stellungnahme auch keine Aussage dahingehend getroffen oder Unterlagen vorgelegt, dass Herr … L… vor 2019 in diesem Projekt stellvertretender Projektleiter gewesen wäre.
31
Der ehrenamtliche Beisitzer hat die Entscheidung über die Beiladung, den Umfang der Akteneinsicht sowie im Falle einer Verfahrenseinstellung auf die Vorsitzende und die hauptamtliche Beisitzerin übertragen.
32
Die Beteiligten wurden durch den Austausch der jeweiligen Schriftsätze informiert. Auf die ausgetauschten Schriftsätze, das Protokoll der mündlichen Verhandlung, die Verfahrensakte der Vergabekammer sowie auf die Vergabeakten, soweit sie der Vergabekammer vorgelegt wurden, wird ergänzend Bezug genommen.
1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.
33
1.1. Die Vergabekammer Südbayern ist für die Überprüfung des streitgegenständlichen Vergabeverfahrens zuständig, da die Antragsgegnerin öffentliche Auftraggeberin gemäß §§ 98, 99 Nr. 4 GWB ist.
34
Nach § 99 Nr. 4 GWB sind öffentliche Auftraggeber juristische Personen des privaten Rechts unter anderem in den Fällen, in denen sie für die Errichtung von Krankenhäusern von Stellen, die unter Nr. 1 bis 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 vom Hundert finanziert werden. Sinn des § 99 Nr. 4 GWB ist es, sogenannte Drittvergaben dem Vergaberecht zu unterstellen, da es keinen Unterschied machen kann, ob staatliche Stellen Aufträge selbst aus ihren eigenen Mitteln vergeben oder ob sie diese Mittel als Subventionen an Dritte weitergeben, die damit Aufträge vergeben. Im Gegensatz zu den anderen Alternativen des § 99 Nr. 1 bis Nr. 3 GWB knüpft die Eigenschaft als öffentlicher Auftraggeber in diesem Fall nicht an eine generelle Funktion der juristischen Person, sondern an ein bestimmtes Vorhaben an.
35
Ausschlaggebend für die Beurteilung, ob es sich um ein zu mehr als 50% gefördertes Vorhaben handeln wird, ist der Zeitpunkt der Ausschreibung. Aus Gründen der Klarheit und Rechtssicherheit muss zu diesem Zeitpunkt feststehen, ob eine europaweite Ausschreibung stattzufinden hat oder nicht. Etwaige Änderungen im Laufe des Verfahrens können an der Eigenschaft oder der fehlenden Eigenschaft als öffentlicher Auftraggeber nichts mehr ändern. Auf eine tatsächliche spätere Auszahlung und die tatsächliche Höhe der Fördermittel kann es daher nicht ankommen, sondern ausschlaggebend ist vielmehr, in welcher Höhe der Auftraggeber bei der Ausschreibung mit Fördermitteln in seiner Gesamtkalkulation gerechnet hat (vgl. OLG München, Beschluss vom 10.11.2010 – Verg 19/10).
36
Soweit die Antragsgegnerin vorträgt, dass bisher weder ein Förderantrag gestellt wurde noch eine verbindliche Aussage zur Förderfähigkeit des Vorhabens oder eine Zusage von Fördermitteln vorliegt, ist dies unerheblich. Eine verbindliche Aussage, ob und in welcher Höhe das Projekt dann tatsächlich auch gefördert wird, muss zum Zeitpunkt der Ausschreibung noch nicht vorliegen. Es kommt allein darauf an, mit welcher Förderung der Auftraggeber aufgrund der etablierten Förderprogramme in diesen Bereichen rechnen kann und darf.
37
Die Antragsgegnerin schrieb auf Seite 3 in ihrem Vergabevermerk, dass sie beabsichtige „für die Baumaßnahme Fördermittel nach dem Bayerischen Krankenhausgesetz (BayKrG) zu beantragen. Diese Finanzierung übersteigt regelmäßig deutlich mehr als die Hälfte des Investitionsvolumens, so dass die Kongregation in Bezug auf die Baumaßnahme grundsätzlich öffentlicher Auftraggeber nach § 99 Nr. 4 GWB ist.“ Weiter führte die Antragsgegnerin im Vergabevermerk aus, dass zwar zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der EU-Bekanntmachung noch nicht feststehe, ob das Vorhaben zu mehr als 50% subventioniert würde, aber dass die Antragsgegnerin „zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der EU-Bekanntmachung fest mit einer Krankenhausförderung rechnet und die Maßnahme ohne diese Förderung nicht realisieren wird.“ Die Antragsgegnerin hat auch bereits in der Auftragsbekanntmachung vom 18.06.2021 in der Beschreibung der Beschaffung unter Ziffer II.2.4) explizit erwähnt, dass eine Aufnahme in das Jahreskrankenhausbauprogramm des Freistaats Bayern für das Jahr 2023 angestrebt wird.
38
Die Antragsgegnerin hat in ihrem Schriftsatz vom 02.03.2022 auch die Darstellung der Antragstellerin im Nachprüfungsantrag bestätigt, dass nach der Projektbeschreibung die förderfähigen Flächen knapp 90% des Raumprogramms einschließlich des Schwesternwohnheims ausmachen, so dass davon auszugehen ist, dass nicht nur die überwiegenden Flächen des Neubaus förderfähig sind, sondern auch die Kosten für den förderfähigen Anteil der Bau- und Baunebenkosten deutlich über 50% liegen.
39
Es ist sowohl vom Gesetzeswortlaut als auch vom Gesetzeszweck des § 99 Nr. 4 GWB gedeckt, dass die Förderung weder beantragt noch ausgereicht sein muss. Allerdings dürfte die verbindliche Bewilligung der Fördermittel vor Maßnahmenbeginn die Regel sein, da üblicherweise der Beginn einer Maßnahme vor der Beantragung und Bewilligung der Fördermittel von zum Verlust des Förderanspruchs führt. Auch in Artikel 11 Abs. 3 Satz 2 des Bayerischen Krankenhausgesetzes (BayKrG) ist eine Förderung ausgeschlossen, wenn vor der erstmaligen Bewilligung mit dem Vorhaben bereits begonnen worden ist. Allerdings zählen nach Artikel 11 Abs. 3 Satz 4 BayKrG jedoch die Planungen und Baugrunduntersuchungen nicht als Maßnahmenbeginn und es kann daher mit Planungsleistungen förderunschädlich auch vor der Beantragung und der Bewilligung von Fördermitteln begonnen werden.
40
Dies steht jedoch in einem Spannungsverhältnis zu Artikel 13 Abs. 1 lit b) und Artikel 13 Abs. 2 der RL 2014/24/EU, aus welchen ersichtlich ist, dass einerseits gerade auch die das eigentliche Bauvorhaben begleitenden Planungsaufträge die Anwendung der Richtlinie auslösen sollen, sofern diese ebenfalls zu mehr als 50% von der öffentlichen Hand subventioniert werden, und andererseits die öffentlichen Auftraggeber, die die Subventionen gewähren die Einhaltung der Richtlinie sicherstellen sollen. Daraus ist zu folgern, dass die öffentliche Hand bei der Gewährung von Subventionen für die in Artikel 13 Abs. 1 lit a) genannten Bauvorhaben und den mit diesen verbundenen Dienstleistungsaufträgen grundsätzlich, also auch bei einem vorzeitigen Maßnahmenbeginn, darauf zu achten hat, dass die vergaberechtlichen Vorschriften der Richtlinie von dem Subventionsempfänger eingehalten werden, wenn die Subvention mehr als 50% des Auftragswerts beträgt.
41
Für den Fall der Planungsleistungen, welche bereits förderunschädlich vor der Stellung eines Förderantrags und dessen Bewilligung beauftragt werden dürfen, gelten daher Auftraggeber nach dem Zweck der Richtlinie und dem eindeutigen Auftrag an die Subventionsgeber, die Einhaltung der Richtlinie sicherzustellen, auch dann als öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 99 Nr. 4 GWB, wenn diese anhand der einschlägigen Förderrichtlinien oder der bestehenden Förderpraxis mit einer Förderung der Planungsleistungen von mehr als 50% rechnen dürfen und müssen.
42
Die Antragsgegnerin selbst hat zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Ausschreibung mit einer erheblichen Förderung des Bauvorhabens nach dem Bayerischen Krankenhausgesetz gerechnet, wodurch das Vorhaben zu mehr als 50% subventioniert worden wäre. Die Antragsgegnerin kann und will das Bauvorhaben auch nur dann realisieren, wenn sie diese Förderung erhält. Damit gilt sie für das gesamte Vorhaben, auch für die Vergabe der ersten Planungsleistungen, welche für die Stellung des Förderantrags zwingend notwendig sind, als öffentliche Auftraggeberin im Sinne des § 99 Nr. 4 GWB.
43
Damit bleibt auch die Änderung des Generalplanervertrags wegen eines möglichen Wechsels des Baugrundstücks Grundstückswechsel bereits deswegen unbeachtlich, da es ausschließlich darauf ankommt, welche Vorstellung die Antragsgegnerin zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Ausschreibung hatte.
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1.2. Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt, da sie ihr Interesse am Auftrag, eine Verletzung in ihren Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB und einen drohenden Schaden dargelegt hat.
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Die Antragstellerin hat ihr Interesse am Auftrag durch die Abgabe eines Angebots nachgewiesen. Es ist nicht erkennbar, dass sie mit diesem Nachprüfungsantrag einen anderen Zweck verfolgt, als den, den strittigen Auftrag zu erhalten. Die Antragstellerinhat eine Verletzung in ihren Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB insbesondere durch die Wertung ihrer Konzeptstudie und die Bewertung des angebotenen Projektteams geltend gemacht.
46
1.3. Der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags steht auch keine Rügepräklusion nach § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1GWB hinsichtlich des erneuten Informationsschreibens vom 07.02.2022 entgegen.
47
Soweit die Antragsgegnerin vorträgt, dass die Antragstellerin nach der Rügezurückweisung und Versendung eines neuen Informationsschreibens am 07.02.2022 eine erneute Rüge gegen die Auftragserteilung an die Beigeladene hätte vorbringen müssen, kann dem nicht gefolgt werden. Das erneute Informationsschreiben, welches Bestandteil der Rügezurückweisung war, enthielt keinerlei neue Informationen, einen Austausch der Begründung der Wertungsentscheidung oder Hinweise auf eine erneute Prüfung der Wertungsentscheidung.
48
Mit seiner Rüge soll ein Bieter zum Ausdruck bringen, dass er eine Vorgehensweise oder ein Verhalten des Auftraggebers beanstanden will. Sie soll dem Auftraggeber frühzeitig Gelegenheit geben, ein möglicherweise vergaberechtswidriges Verhalten zu erkennen und dem abzuhelfen, um die Vergabe rasch zum Abschluss zu bringen und ein zeit- und kostenaufwändiges Nachprüfungsverfahren zu vermeiden oder durch eine Nichtabhilfemitteilung zumindest die frühzeitige Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens zu bewirken. Eine ordnungsgemäße Rüge setzt daher nicht nur voraus, dass die Tatsachen, auf die die Beanstandung gestützt wird, so konkret wie für die Nachvollziehbarkeit nötig benannt werden, sondern auch, dass aus der Rüge deutlich wird, dass es sich hierbei um einen Vergaberechtsverstoß handelt, dessen Abhilfe begehrt wird (VK Bund, Beschluss vom 28.05.2020 – VK 1-34/20).
49
Die Antragstellerin hat mit ihren Schreiben vom 20.01.2022 und vom 31.01.2022 hinreichend zum Ausdruck gebracht, welche Beanstandungen hinsichtlich der Wertungsentscheidung der Antragsgegnerin sie vorbringt. Die Antragsgegnerin hat sich mit diesen Beanstandungen auch auseinandersetzen können und die Rüge vollumfänglich zurückgewiesen. Die Antragstellerin war damit nicht gehalten, das in der Rügeerwiderung und dem erneuten Informationsschreiben vom 07.02.2022 zum Ausdruck gebrachte Beharren der Antragsgegnerin auf ihrer ursprünglichen und bereits gerügten Wertungsentscheidung erneut zu rügen.
50
Soweit die Antragsgegnerin vorträgt, dass die Antragstellerin die im Informationsschreiben vom 07.02.2022 erneut angekündigte Zuschlagserteilung an die Beigeladene hätte rügen müssen, sieht die Vergabekammer hierfür keinen Grund. Die geplante Zuschlagsentscheidung an die Antragstellerin ist lediglich eine Folge der von der Antragsgegnerin durchgeführten und von der Antragstellerin mit einer Rüge angegriffenen Wertungsentscheidung. Würde die Antragstellerin explizit die Zuschlagserteilung an die Beigeladene rügen, so müsste sie für eine hinreichend substantiierte Rüge mitteilen, auf Grund welcher Vergaberechtsverstöße sie die Entscheidung der Vergabestelle für nicht vergaberechtskonform hält. Das wäre im vorliegenden Fall die nach Auffassung der Antragstellerin fehlerhaft vorgenommene Bewertung der nicht-preislichen Zuschlagskriterien, welche die Antragstellerin gerade ausdrücklich in ihren Schreiben vom 20.01.2022 und vom 21.01.2022 gerügt hat.
51
1.4. Die Bewertung der Beigeladenen im Unterkriterium „logistische Qualität“ mit 2,5 Punkten wurde von der Antragstellerin bis zum Ende der mündlichen Verhandlung nicht beanstandet, obwohl der Antragstellerin diese Bewertung vor der Stellung des Nachprüfungsantrags von der Antragsgegnerin mitgeteilt worden ist. Die von der Antragsgegnerin bekannt gemachte Bewertungsskala sieht lediglich eine Bewertung mit 0 Punkten, 1 Punkt, 2 Punkten, 3 Punkten oder 4 Punkten je nach entsprechendem Erfüllungsgrad vor. Im Gegensatz zum Wertungskriterium „Erfahrung des Projektteams“ hat die Antragsgegnerin in den Vergabeunterlagen auch nicht aufgeführt, dass halbe Punkte vergeben werden können.
2. Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet.
52
Die Antragstellerin ist durch die fehlerhafte Bewertung der Konzeptstudie im Unterkriterium „Architektonische und Städtebauliche Qualität“ sowie durch die fehlerhafte Bewertung der Erfahrung ihres Projektteams in ihren Rechten verletzt.
53
2.1. Die Bewertung der Konzeptstudien der Antragstellerin und der Beigeladenen entsprechen hinsichtlich des Bewertungskriteriums „Architektonische und Städtebauliche Qualität“ nicht den vorgegebenen Wertungsgesichtspunkten und weichen von der bekannt gemachten Wertungsskala ab.
54
Der Antragsgegnerin steht bei der Prüfung und Wertung der Angebote ein Beurteilungsspielraum zu, der vergaberechtlich nur eingeschränkt der Nachprüfung unterliegt (vgl. OLG München, Beschluss vom 22.01.2016 – Verg 13/15). Dieser ist von den Nachprüfungsinstanzen nur dahingehend überprüfbar, ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten wurde, von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen wurde, keine sachwidrigen Erwägungen der Entscheidung zugrunde gelegt wurden und nicht gegen allgemein gültige Bewertungsansätze verstoßen wurde. Dies setzt voraus, dass die Wertungen anhand der aufgestellten Zuschlagskriterien vertretbar, in sich konsistent und in diesem Sinne nachvollziehbar sind.
55
Dies gilt insbesondere auch bei der Bewertung qualitativer Zuschlagskriterien im Rahmen eines Konzeptwettbewerbs. In diesen Fällen wird den Bietern bewusst ein kreativer Freiraum zum Wettbewerb um bestmögliche Lösungsansätze eröffnet. Der Antragsgegnerin kam es bei der streitgegenständlichen Ausschreibung gerade darauf an, den Bietern neben den angegebenen Informationen und Randbedingungen keine Lösungskomponenten in Form von weiteren Unterkriterien und detaillierteren Wertungsmatrizen vorzugeben. Die Erstellung von Lösungskomponenten wollte sie im Rahmen der Ausschreibung gerade delegieren und es geht ihr darum mit dem Vergabeverfahren ein Architekturbüro auszuwählen, welches die bestmögliche Umsetzung der von ihr zu beschaffenden Planungsleistung gewährleisten kann. Hierbei handelt es sich um eine Aufgabe, deren Lösung vorab nicht eindeutig und erschöpfend beschrieben werden kann (vgl. § 73 Abs. 1 VgV). Es liegt in der Natur nicht eindeutig und erschöpfend beschreibbarer Dienstleistungsaufträge der vorliegenden Art, dass der Auftraggeber den Bietern nicht von vornherein einen konkreten Katalog von Anforderungen zur Verfügung stellt, anhand derer er die Lösungsvorschläge der Bieter bewerten will (vg. VK Bund, Beschluss vom 30.06.2021 – VK 1-58/21). Eine detailliertere Formulierung von Vorgaben oder Erwartungen des Auftraggebers ist von der Antragsgegnerin aber gerade nicht gewollt. Die Antragsgegnerin wollte den Lösungsspielraum der Bieter möglichst offen halten, indem sie hier keine weiteren Vorgaben machte. Dies ist bei der Vergabe einer Planungsleistung nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure vertretbar und bewegt sich innerhalb des ihr zustehenden Beurteilungs- und Handlungsspielraums.
56
Zur Gewährleistung dennoch vergleichbarer Angebote bedarf es hinreichend konkreter Zielsetzungen, die vom öffentlichen Auftraggeber im Rahmen einer funktionalen Leistungsbeschreibung i.S.d. § 121 Abs. 1 Satz 2 GWB vorzusehen sind und die bei der Angebotswertung im Rahmen einer Gesamtschau der Zuschlagskriterien und der übrigen Vergabeunterlagen zu berücksichtigen sind (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.08.2019 – Verg 56/18).
57
Die Antragsgegnerin hat zu den jeweiligen Unterkriterien für die Konzeptstudie konkrete Hinweise gegeben, worauf es ihr bei den jeweiligen Unterkriterien ankommt, so dass vergleichbare Angebote zu erwarten waren.
58
2.1.1. Die Vergabekammer kann keine Anhaltspunkte dafür erkennen, dass diese Beurteilung der Konzeptstudien hinsichtlich der „Funktionalen Qualität“ sich nicht an den bekannt gemachten Hinweisen zum Unterkriterium orientiert und die Antragsgegnerin die Beurteilung auf nicht vorgegebene oder nicht bekannt gemachte Kriterien gestützt hat.
59
Für das Unterkriterium „Funktionale Qualität“ hatte die Antragsgegnerin unter Punkt 4.2. in der Aufforderung zur Angebotsabgabe vom 02.08.2022 den Hinweis gegeben, dass das Planungskonzept aufzeigen soll, wie das vorliegende Raum- und Funktionsprogramm auf dem bestehenden Baugrundstück umgesetzt wird und, dass erkennbar sein soll, dass der Bieter aus den unterschiedlichen Gebäuden im Projektgebiet eine funktional zusammenhängende Klinik entwickeln kann.
60
Die Antragsgegnerin hat die eingereichten Konzepte der Bieter von der Gesellschaft für Krankenhausdienstleistungen einer betriebsorganisatorischen Prüfung unterziehen lassen, welche unter anderem die Gesamtfunktionalität, die Flächen und Wirtschaftlichkeit und auch die Erschließung und Wegebeziehungen für Patienten, die Anbindung an andere Funktionsschellen sowie die interne Bereichsorganisation für die einzelnen Klinikbereiche untersucht und bewertet hat. Diese Bewertungsmatrix ist zwar weit detaillierter aufgeschlüsselt, als dies in den Anforderungen für das Unterkriterium „Funktionale Qualität“ in den Vergabeunterlagen aufgeführt ist, die Bewertung durch das Bewertungsgremium erfolgte jedoch nicht auf der Bewertungsmatrix der Gesellschaft für Krankenhausorganisation. Vielmehr hat sich das Bewertungsgremium aufbauend auf der sehr detaillierten Bewertung der Gesellschaft für Krankenhausorganisation ein eigenes Bild davon gemacht, ob und inwieweit die von ihr vorgegebenen Planungsvorgaben umgesetzt wurden.
61
Die Antragsgegnerin hat schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung ausführlich vorgetragen, dass der beauftragte Sachverständige die überreichten Entwürfe nach einer eigenen Wertungsmatrix umfassend geprüft und einem eigenen Bewertungssystem unterworfen hat. Aus dieser Bewertung, die einen Erfüllungsgrad in Prozent zum Ergebnis hatte, hat die Antragsgegnerin einerseits zwar die Prozentzahl aus dem Wertungsergebnis in ihre Punktewertung umgerechnet, andererseits sich jedoch ebenfalls eigenständig mit den von den Bietern eingereichten Konzepten und dem Sachverständigengutachten auseinandergesetzt. Die Antragsgegnerin hat sich bei der Bewertung der funktionalen Qualität zwar teilweise an den Gesichtspunkten orientiert, die der Sachverständige bei der Beurteilung der Konzepte nach seinen eigenen Kriterien herausgearbeitet hat, jedoch bei der eigenen Bewertung sich ausschließlich auf Punkte gestützt, welche sie vorab in den Hinweisen bekannt gemacht hat. Gegen dieses Vorgehen bestehen keine vergaberechtlichen Bedenken, da eine über die bekannt gemachten Wertungskriterien hinausgehende Beurteilung durch einen Sachverständigen, welche nicht in die Bewertung durch den öffentlichen Auftraggeber eingeht, nicht untersagt ist. Die Antragsgegnerin hat in ihrer Wertungsdokumentation auch die Punkte aufgeführt, welche für sie für die Bewertung maßgeblich waren, so dass dieses Vorgehen auch in der Dokumentation hinreichend nachvollziehbar ist.
62
Ausweislich ihrer Dokumentation ist sie zu dem Ergebnis gekommen, dass hinsichtlich des Unterkriteriums „Funktionale Qualität“ sowohl der Entwurf der Antragstellerin als auch der Entwurf der Beigeladenen so zu bewerten ist, dass dieser die Planungsvorgaben vollständig umsetzt. Sowohl bei dem Entwurf der Antragstellerin als auch bei dem der Beigeladenen begründet die Antragsgegnerin die Bewertung damit, dass die Notaufnahme gut angebunden ist und der OP-Bereich und die Intensivstationen benachbart sind. Die Antragsgegnerin hat jedoch sowohl im Konzept der Beigeladenen als auch in dem der Antragstellerin Punkte gefunden und aufgeführt, die gegen eine Bewertung mit 4 Punkten („Sehr überzeugend, sodass Planungsvorgaben optimal umgesetzt werden“) sprechen. Die vorgebrachten Kritikpunkte, nämlich weite Wege zwischen den beiden Gebäuden, die ungünstige Lage der Intensivstation und die teilweise fehlende Möglichkeit Stationen zusammenzuschließen sind von der Vorgabe eine funktional zusammenhängende Klinik aus dem vorgegebenen Raumprogramm zu gestalten umfasst und rechtfertigen einen Punktabzug und die Bewertung des Konzepts der Antragstellerin hinsichtlich der funktionalen Qualität mit 3 Punkten („Überzeugend, Planungsvorgaben werden vollständig umgesetzt“) ist nicht zu beanstanden.
63
2.1.2. Die Antragsgegnerin hat unter dem Unterkriterium „Architektonische und Städtebauliche Qualität“ mit der Bewertung der Wirtschaftlichkeit der Fassade und der Erschließungssituation Aspekte bewertet, die auf Grund der von ihr gegebenen Hinweise nicht von diesem Unterkriterium umfasst waren. Die Bewertung dieses Unterkriteriums ist daher von der Antragstellerin unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer erneut durchzuführen.
64
Bezüglich des Unterkriteriums „Architektonische und städtebauliche Qualität“ hat die Antragsgegnerin in den Hinweisen vorgegeben, dass das Konzept einerseits zeigen soll, wie das vorliegende Raum- und Funktionsprogramm auf dem bestehenden Baugrundstück umgesetzt werden kann und andererseits planerische Ansätze aufzeigen soll, welche die Architektur als eine Variable zur Unterstützung des physischen und psychischen Wohlbefindens von Personal, Patienten und Angehörigen berücksichtigt. Außerdem sollen sich in der Architektur Elemente wiederfinden, die dem besonderen Charakter einer Einrichtung in kirchlicher Trägerschaft Rechnung tragen. Durch die Abbildungen und Beschreibungen im Konzept soll erkennbar sein, dass der Bieter auf der Grundlage der oben genannten Hinweise eine attraktive und patientengerechte Planung entwickeln kann.
65
Soweit die Antragsgegnerin vorträgt, dass zur architektonischen Qualität auch gehört, dass das Gebäude auf Dauer mit einem vertretbaren Wartungsaufwand betrieben werden kann, kann dem auf Grund der zu diesem Unterkriterium gegebenen Hinweise nicht gefolgt werden. Das gleiche gilt für die Einbeziehung der verkehrsmäßigen Erschließung in die Bewertung in diesem Unterkriterium.
66
Es mag sein, dass die Wirtschaftlichkeit und die Erschließung eines Gebäudes als Teil der architektonischen Qualität angesehen werden kann, die von der Antragsgegnerin gegebenen Hinweise, was sie in diesem speziellen Verfahren unter dem Kriterium „architektonische Qualität“ bewertet, lassen aber keinerlei Rückschluss darauf zu, dass die Wirtschaftlichkeit der geplanten Bauwerke in diesem Kriterium eine Rolle spielt. Die Antragsgegnerin hat in den Hinweisen dazu, worauf es ihr in diesem Unterkriterium ankommt, lediglich die Umsetzung des Raum- und Funktionsprogramms sowie planerische Ansätze in der Architektur zum physischen und psychischen Wohlbefinden der Nutzer und der kirchlichen Trägerschaft des Krankenhauses vorgegeben. Die Bewertung der Wirtschaftlichkeit und der verkehrsmäßigen Erschließung der geplanten Gebäudes war weder explizit erwähnt noch war diese Anforderung von einem verständigen Bieter einem der gegebenen Hinweise indirekt zu entnehmen. Insbesondere sind diese beiden Anforderungen auch nicht der Vorgabe zu entnehmen, dass das Konzept die Umsetzung des Raum- und Funktionsprogramms auf dem Grundstück darlegen soll. Hätte die Antragsgegnerin die Wirtschaftlichkeit und die verkehrsmäßige Erschließungssituation der geplanten Gebäude bewerten wollen, so hätte sie darauf ausdrücklich hinweisen müssen, dass dies wertungsrelevante Gesichtspunkte in diesem Unterkriterium sind.
67
Soweit die Antragstellerin jedoch vorträgt, dass die Einhaltung der Abstandsflächen als bauordnungsrechtliches Thema für spätere Planungsstufen kein bekannt gemachtes Unterkriterium war, kann dem nicht gefolgt werden. Die Antragsgegnerin hat in ihren Hinweisen klar darauf hingewiesen, dass das Konzept aufzeigen soll, wie das vorliegende Raum- und Funktionsprogramm auf dem bestehenden Baugrundstück umgesetzt werden kann. Dazu gehört auch, dass das eingereichte Konzept auf dem Baugrundstück so auch prinzipiell genehmigungsfähig ist und somit bauordnungsrechtlich ohne signifikante Veränderungen umgesetzt werden könnte. Die Antragsgegnerin hat die Einhaltung der Abstandsflächen und die daraus resultierende voraussichtliche Genehmigungsfähigkeit auch bei allen Bietern in diesem Kriterium entsprechend positiv oder negativ berücksichtigt.
68
2.1.3. Die Vergabekammer kann keine Anhaltspunkte dafür erkennen, dass diese Beurteilung der Konzeptstudie der Antragstellerin hinsichtlich der „Logistischen Qualität“ sich nicht an den bekannt gemachten Hinweisen zum Unterkriterium orientiert und die Antragsgegnerin die Beurteilung auf nicht vorgegebene oder nicht bekannt gemachte Kriterien gestützt hat.
69
Hinsichtlich des Unterkriteriums „Logistische Qualität“ hat die Antragsgegnerin unter Punkt 4.2. in der Aufforderung zur Angebotsabgabe vom 02.08.2022 den Hinweis gegeben, dass sie keine Präferenz dahingehend habe, ob das Personalwohnheim im Bestand bleibt oder abgerissen werde. Allerdings soll gezeigt werden, ob der Präferenz der Antragsgegnerin entsprechend die Planung in einem Bauabschnitt realisiert werden könne. Dargestellt werden soll, wie das Krankenhaus während der Bauphase gegebenenfalls mit Interimslösungen weiterbetrieben werden könne. Bewertet würde hinsichtlich der logistischen Qualität, inwieweit es das Konzept wahrscheinlich erscheinen lasse, dass die Planung in einem Bauabschnitt durchgeführt werde und wie der Weiterbetrieb während der Bauphase sichergestellt werden könne. Positiv würde ein möglichst geringer Aufwand für Interimsbauten gewertet werden.
70
Die Bewertung der Antragstellerin mit 3 Punkten ist nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin hat im Schriftsatz vom 08.04.2022 ihre Dokumentation zur Angebotswertung dahingehend erläutert, dass die Antragstellerin viele Interimsbauten vorgesehen habe, sodass das Konzept überzeugend (3 Punkte) ist und die Planungsvorgaben vollständig umgesetzt werden, aber aufgrund der Vielzahl an Interimsbauten nicht „sehr überzeugend“ (4 Punkte) ist. Die Vergabekammer Südbayern kann keine Anhaltspunkte dafür sehen, dass die Antragsgegnerin hier von falschen Voraussetzungen ausgeht. Insbesondere muss die Antragsgegnerin nicht selbst die „optimale“ Lösung der Zielkonflikte zwischen wenig Interimsbauten und wenig Bauabschnitten präsentieren können, um den Entwurf der Antragstellerin als „den Planungsvorgaben vollständig entsprechend“ und nicht als „die Planungsvorgaben werden optimal umgesetzt“ zu bewerten.
71
Die Antragsgegnerin durfte insbesondere auch einen Interimsbau für das Personalwohnheim negativ bewerten. Die Antragsgegnerin hatte zwar in den Hinweisen mitgeteilt, dass sie keine Präferenz habe, ob das Personalwohnheim im Bestand bleibe oder abgerissen und neu geplant werde, allerdings hat sie ebenfalls mitgeteilt, dass ein möglichst geringer Aufwand für Interimsbauten gewünscht ist. Die Antragsgegnerin hat hier explizit nicht negativ bewertet, dass das Personalwohnheim abgerissen würde, sondern dass hierfür ein Interimsbau nötig wird. Dies entspricht den bekannt gemachten Hinweisen zur Wertung. Andere Bieter haben beispielsweise eine Planung eingereicht, die bei einem Abriss des Personalwohnheims keine Interimsbauten notwendig macht, was positiv bewertet wurde.
72
2.2. Die Wertung des nichtpreislichen Kriteriums „Erfahrung des Projektteams“ weist Ermessensfehler auf, da eine pauschale Abwertung von länger zurückliegenden Referenzprojekten unzulässig ist, wenn keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die aus diesen Referenzprojekten gewonnenen Erfahrungen nicht mehr aktuell sind.
73
2.2.1. Die von der Antragstellerin mit ihrem finalen Angebot eingereichte Präsentation darf für die Bewertung der Erfahrung des Projektteams nicht herangezogen werden, sondern nur die mit dem Erstangebot eingereichte Anlage 8a und die dazu in der Präsentation tatsächlich gemachten Ausführungen.
74
Die Angaben eines Bieters zur Bewertung nichtpreislicher Zuschlagskriterien gehören zum Angebot in vergaberechtlicher Hinsicht gem. § 53 VgV. Zur Vermeidung von vorzeitiger Kenntnisnahme und Manipulation ist hinsichtlich der Einhaltung der Formvorschriften gerade keine Differenzierung zwischen den Bestandteilen des rein zivilrechtlichen Angebots (hier Honorarangebot und Vertrag) und den Angaben des Bieters zur Bewertung nichtpreislicher Zuschlagskriterien vorzunehmen. Für sämtliche Bestandteile des Angebots im vergaberechtlichen Sinn gelten die §§ 53, 54 und 55 VgV uneingeschränkt. Zudem verbietet § 9 Abs. 2 VgV die mündliche Kommunikation in einem Vergabeverfahren über Angebote auch dann, wenn sie ausreichend dokumentiert wird. Die Angebotswertung aufgrund einer ausschließlich mündlich vorgetragenen Präsentation ohne Basis in Textform ist dabei als unzulässige mündliche Kommunikation über das Angebot anzusehen. Daher muss nach heute geltender Rechtslage der Auftraggeber auch in einem Verhandlungsverfahren, in dem die Wertung der Angebote auch aufgrund eines Verhandlungsgesprächs mit Präsentation stattfindet, stets sicherstellen, dass die maßgeblichen Inhalte von den Bietern bereits zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe formgerecht (d.h. mindestens in Textform) eingereicht werden (vgl. VK Südbayern, Beschluss vom 02.04.2019 – Z3-3-3194-1-43-11/18).
75
Die Antragsgegnerin hat mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe am 02.03.2022 unter der Ziffer 3 „Angebotsbestandteile“ gefordert, dass die Darstellung des vorgesehenen Projektteams und dessen Erfahrung mit dem Angebotsschreiben vorzulegen ist. Für die im Rahmen des Projektteams zu benennenden und vorzustellenden Personen waren bereits im Angebot bis zu zwei Bauvorhaben als Referenzprojekte zu nennen und schriftlich stichpunktartig darzulegen, welchen für den Auftrag typischen Problemstellungen sie bei der Bearbeitung der für sie benannten Referenzprojekte begegnet sind, wie sie die Probleme gelöst haben und wie sich die Problemlösungsmethoden auf den hier ausgeschriebenen Auftrag übertragen lassen.
76
Damit hatte die Antragsgegnerin den Zeitpunkt, zu welchem die Benennung des Projektteams und die Ausführungen zu dessen Erfahrungen vorliegen mussten eindeutig benannt. Auch wenn es in einem Verhandlungsverfahren durchaus zulässig wäre, dass mit einem weiteren Angebot auch die Ausführungen zu wertungsrelevanten Gesichtspunkten verändert abgegeben werden können, so hat die Antragsgegnerin dies für dieses Verfahren in den Vergabeunterlagen explizit ausgeschlossen. Die Ausführungen zu den Erfahrungen des Projektteams waren eindeutig bereits mit der Abgabe des ersten Angebots gefordert und bei der Anforderung des ersten und zweiten finalen Angebots war eine Änderung dieses Angebotsbestandteils jeweils nicht zulässig. Beim ersten finalen Angebot durfte nur die Konzeptstudie explizit noch einmal überarbeitet werden und beim zweiten finalen Angebot war eine Änderung nur bei den ausdrücklich aufgeführten Honorarbestandteilen zulässig.
77
Das Angebot der Antragstellerin ist damit hinsichtlich des Wertungskriteriums „Erfahrung des Projektteams“ mit den in Anlage 8a mit dem Angebot eingereichten Unterlagen und Informationen zu werten. Die nachträgliche Einreichung der im Präsentationstermin gehaltenen Präsentation führt nicht zu einem Angebotsausschluss der Antragstellerin, sondern lediglich dazu, dass diese Unterlagen bei der Wertung außer Betracht bleiben.
78
2.2.2. Die Bewertung der Erfahrung der einzelnen Projektmitglieder ist ermessensfehlerhaft, da eine pauschale Abwertung von länger zurückliegenden oder Referenzprojekten oder Referenzprojekten mit geringerem Auftragsvolumen unzulässig ist. Die entsprechenden Personen in den Projektteams der Antragstellerin und der Beigeladenen, bei denen ein solcher Abzug vorgenommen wurde, sind erneut zu bewerten.
79
Soweit die Antragsgegnerin bei der Bewertung der Erfahrung des Projektteams, eine Abwertung dafür vornimmt, dass bei Referenzprojekten deren Fertigstellung schon mehrere Jahre zurückliegt, ist dies unzulässig. Die Antragsgegnerin hat in ihren Ausführungen zur Bewertung der Erfahrung des Projektteams keinerlei Vorgaben zum Alter der Referenzen oder der daraus gewonnenen Berufserfahrung gemacht, so dass sie ältere Referenzen oder Berufserfahrung aus länger abgeschlossenen Projekten nicht pauschal abwerten darf. Nur wenn sie konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass die aus den Referenzprojekten gewonnenen Erfahrungen nicht mehr aktuell sind (z.B. weil die dargestellte Problemlösungsmethode technisch überholt ist), könnte die Antragstellerin Punktabzüge vornehmen. Eine pauschale Abwertung von älteren Referenzen allein auf Grund der Vermutung, dass die aus diesen Projekten gewonnenen Erfahrungen nicht mehr in vollem Umfang präsent sein dürften, ist dagegen unzulässig.
80
Das gleiche gilt hinsichtlich der Bewertung von Referenzprojekten mit deutlich kleinerem Auftragsvolumen. Die Antragsgegnerin hat hier in der Vorgabe für das Kriterium „Erfahrung des Projektteams“ keinerlei Vorgaben zur Größe der Referenzprojekte gemacht, sondern lediglich, dass diese die Errichtung eines Krankenhauses für die Humanmedizin zum Gegenstand haben müssen. Weder die Anzahl der Stationen oder Betten des Krankenhauses noch das Bauvolumen waren als ausschlaggebende Größe angegeben. Die Antragsgegnerin darf daher für Referenzprojekte mit geringerem Umfang als das ausgeschriebene Vorhaben keine pauschalen Abzüge vornehmen. Nur wenn sie anhand des vorgestellten Referenzprojekts konkrete Einwendungen hat, dass das geringere Bauvolumen des Referenzprojekts sich auf die Übertragbarkeit der Erfahrung auf das streitgegenständliche Objekt auswirkt, darf sie dies berücksichtigen. Derartige konkrete Einwendungen und die daraus resultierenden Punktabzüge sind dann nachvollziehbar zu dokumentieren.
81
Bei den übrigen Bewertungen der Erfahrung des Projektteams der Antragstellerin kann die Vergabekammer keine Bewertungsfehler erkennen. Insbesondere die Bewertung der Teammitglieder „technische Ausrüstung“ ist nicht zu beanstanden, da es hier versäumt wurde, in der eingereichten Anlage 8a die geforderte Darstellung der für den Referenzauftrag typischen Problemstellungen, deren Lösung und die Übertragbarkeit der Problemlösungsmethoden auf den streitgegenständlichen Auftrag darzustellen.
82
Auch gegen die Bewertung von Herrn … L… als stellvertretende Projektleitung Objektplanung bestehen nach den Diskussionen in der mündlichen Verhandlung und in den nachgereichten Schriftsätzen keine Bedenken. Die Antragsgegnerin hat ein Dokument vorgelegt, aus dem hervorgeht, dass Herr … L… erst ab dem Jahr 2019 bei dem fraglichen Referenzprojekt als stellvertretende Projektleitung Objektplanung geführt wurde. Die Antragstellerin hat keine substantiierten Ausführungen dahingehend gemacht, warum das fragliche Referenzprojekt Herrn … L… erst ab dem Jahr 2019 als stellvertretende Projektleitung Objektplanung aufführt, noch hat sie in der von der Vergabekammer gesetzten Frist Ausführungen dazu gemacht oder Unterlagen dafür vorgelegt, dass Herr … L… bereits vorher in vergleichbarer Position wie eine stellvertretende Projektleitung Objektplanung an diesem Referenzprojekt beteiligt gewesen sei.
83
2.2.3. Die Dokumentation der Präsentationstermine ist nicht durchgehend so ausführlich, dass die Nachvollziehbarkeit der Bewertung im Nachprüfungsverfahren sichergestellt ist. Dieser Fehler wirkt sich jedoch nur zugunsten der Antragstellerin aus.
84
Für den Bereich der Ingenieur- und Architektenleistungen stellt die mündliche Präsentation von Planung und Team grundsätzlich ein übliches Verfahren bei der Auswahl des am besten erscheinenden Bieters dar (vgl. OLG München, Beschluss vom 2. November 2012, Verg 26/12). Bei einer solchen Dienstleistung ist nicht nur das geplante Objekt an sich, sondern auch die geplante Ausführung durch den Auftragnehmer vom Auftraggeber einzuschätzen und zu bewerten. Dabei sind die Anforderungen an den Detaillierungsgrad des Vergabevermerks aus Gründen der Nachvollziehbarkeit besonders hoch, wenn die qualitative Bewertung im Wesentlichen auf einer mündlichen Vorstellung der zur Verhandlungsrunde zugelassenen Bieter beruht. Ein hinreichendes Maß an Detailierung ist insbesondere auch deshalb geboten, um den Nachprüfungsinstanzen eine Überprüfung der Wertungsentscheidung des Auftraggebers überhaupt erst zu ermöglichen (VK Bund, 13.04.2022 – VK 1-31/22).
85
Die Antragsgegnerin stützt sich bei der Bewertung der Erfahrung des Projektteams sowohl auf die eingereichten Unterlagen zu Referenzprojekten als auch auf die Darstellung dieser Referenzprojekte in einem Präsentationstermin. Auch wenn sich die Bewertung hauptsächlich nach den schriftlich eingereichten Unterlagen richtet, so hat die Antragsgegnerin durchaus eine Vertiefung der Darstellung in einem Präsentationsteam in der Angebotsaufforderung gewünscht als auch in ihre Bewertung einfließen lassen.
86
Eine ausführliche Dokumentation der Präsentationen aller Bieter konnte in den der Vergabekammer überlassenen Unterlagen nicht gefunden werden. Im Vergabevermerk werden die Präsentationstermine zwar unter der Ziffer 7 aufgeführt, dokumentiert wird darunter jedoch weniger die Präsentation, also die in der Angebotsaufforderung geforderte vertiefte Darstellung der vorab eingereichten Referenzen, sondern vielmehr die Bewertung der eingereichten Referenzprojekte. Es wird zwar bei allen Bietern bei der Bewertung der einzelnen Projektmitglieder in der Regel auf die Präsentation Bezug genommen, jedoch stets ohne eine wesentliche Begründung. Die Dokumentation bleibt oberflächlich und beschränkt sich in der Regel auf Feststellungen, dass im Präsentationstermin Einzelheiten ausführlicher oder nachvollziehbarer dargestellt wurden oder keine weiteren Erkenntnisse gewonnen werden konnten. Soweit die Antragsgegnerin zu dem Ergebnis kommt, dass aus dem Präsentationstermin keine über die eingereichten Referenzen hinausgehenden Erkenntnisse gewonnen werden konnten, ist eine knappe Dokumentation dieser Tatsache durchaus vertretbar, da die entscheidungserheblichen Tatsachen sich damit allein auf die schriftlich eingereichten Ausführungen zu den Referenzobjekten beziehen.
87
Soweit die Antragsgegnerin jedoch der Ansicht ist, dass durch die Ausführungen einer Person im Präsentationstermin kleinere Mängel in der schriftlichen Darstellung verbessert werden konnten und die Unterlagen somit nachvollziehbarer wurden, hätte dokumentiert werden müssen, welche Informationen oder Darstellungen genau den Ausschlag gegeben haben und zusätzlich berücksichtigt wurden. Die Antragsgegnerin hätte sich hierbei nicht auf allgemeine Aussagen beschränken dürfen.
88
Dies betrifft jedoch ausschließlich den stellvertretenden Projektleiter für technische Ausrüstung ELT der Antragstellerin, da dieser laut Ziffer 7.2.7 des Vergabevermerks „nach Auffassung des Wertungsgremiums im Präsentationstermin allerdings seine konkrete Erfahrung bei den Kliniken […] und […]-Krankenhaus nachvollziehbarer dargestellt [hat] und […] daher höher bewertet [wird]“. Eine weitere Erklärung, worin genau die nachvollziehbarere Darstellung gelegen hat, mit der die höhere Bewertung erreicht wurde, fehlt in der Dokumentation und konnte von der Antragsgegnerin auch in der mündlichen Verhandlung nicht mehr rekonstruiert werden.
89
2.3. Die Antragstellerin ist durch die fehlerhaften Bewertungen der Antragsgegnerin in der Konzeptstudie im Unterkriterium „Architektonische und Städtebauliche Qualität“ sowie durch die fehlerhafte Bewertung der Erfahrung ihres Projektteams in ihren Rechten verletzt. Auf Grund der knappen Abstände und der Vielzahl der neu zu bewertenden Kriterien, die sich bei der Erfahrung des Projektteams auch auf die Bewertung der Beigeladenen auswirken können, kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie bei einer erneuten Bewertung den ersten Rang erhält.
90
Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer hat gemäß § 182 Abs. 3 S. 1 GWB derjenige zu tragen, der im Verfahren vor der Vergabekammer unterlegen ist. Dies ist vorliegend die Antragsgegnerin. Eine Beteiligung der Beigeladenen an den Kosten erscheint unbillig, da streitentscheidend ausschließlich die fehlerhafte Bewertung der Angebote durch die Antragsgegnerin war.
91
Die Gebührenfestsetzung beruht auf § 182 Abs. 2 GWB. Diese Vorschrift bestimmt einen Gebührenrahmen zwischen 2.500 Euro und 50.000 Euro, der aus Gründen der Billigkeit auf ein Zehntel der Gebühr ermäßigt und, wenn der Aufwand oder die wirtschaftliche Bedeutung außergewöhnlich hoch sind, bis zu einem Betrag vom 100.000 Euro erhöht werden kann.
92
Die Höhe der Gebühr richtet sich nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstands des Nachprüfungsverfahrens. Es sind keine Gründe ersichtlich, die eine Reduzierung der Gebühr auf Grund reduziertem Aufwands bei der Vergabekammer rechtfertigen.
93
Von der Antragstellerin wurde bei Einleitung des Verfahrens ein Kostenvorschuss in Höhe von 2.500 Euro erhoben. Dieser Kostenvorschuss wird nach Bestandskrafterstattet.
94
Die Entscheidung über die Tragung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin beruht auf § 182 Abs. 4 S. 1 GWB.
95
Die Zuziehung eines anwaltlichen Vertreters wird als notwendig i. S. v. § 182 Abs. 4 S. 4 GWB i. V. m. Art. 80 Abs. 2 S. 3, Abs. 3 S. 2 BayVwVfG angesehen. Die anwaltliche Vertretung war erforderlich, da es sich beim Vergaberecht und der kontradiktorischen Ausgestaltung des Nachprüfungsverfahrens um einen komplexen Problemkreis handelt und die Antragstellerin als mittelständisches Architekturbüro nicht über eine eigene Rechtsabteilung verfügt. Die Antragstellerin wäre somit nach den Umständen des Falles nicht selbst in der Lage gewesen, aufgrund der bekannten oder erkennbaren Tatsachen den Sachverhalt zu erfassen, der im Hinblick auf eine Missachtung von Bestimmungen über das Vergabeverfahren von Bedeutung ist, hieraus die für eine sinnvolle Rechtswahrung oder Rechtsverteidigung nötigen Schlüsse zu ziehen und das danach Gebotene gegenüber der Vergabekammer vorzubringen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.10.2020 – Verg 36/19). In dem vorliegenden Vergabenachprüfungsverfahren haben die Beteiligten unter anderem über die Frage gestritten, wann eine juristische Person des privaten Rechts nach § 99 Nr. 4 GWB öffentlicher Auftraggeber ist und ob die Förderung des Krankenhausbaus hierfür schon beantragt oder genehmigt sein muss. Außerdem standen diverse Fragen der Konzeptbewertung im Streit. Diese Punkte gehen insgesamt über einfach gelagerte, auftragsbezogene Sach- und Rechtsfragen hinaus.
96
Die Entscheidung über die Tragung der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beigeladenen beruht auf § 182 Abs. 4 S. 3, S. 2 GWB. Danach sind Aufwendungen der Beigeladenen nur erstattungsfähig, wenn die Vergabekammer sie als billig erachtet. Dabei setzt die Erstattungsfähigkeit jedenfalls voraus, dass die Beigeladene sich mit demselben Rechtsschutzziel wie der obsiegende Verfahrensbeteiligte aktiv am Nachprüfungsverfahren beteiligt hat (OLG Brandenburg, Beschluss vom 09.02.2010, Az.: Verg W 10/09). Die Beigeladene hat sich jedoch in der mündlichen Verhandlung den Anträgen der Antragsgegnerin angeschlossen und sich damit gerade nicht mit demselben Rechtsschutzziel wie die obsiegende Antragstellerin am Nachprüfungsverfahren beteiligt.