Inhalt

OLG Bamberg, Hinweisbeschluss v. 17.08.2022 – 10 U 56/22
Titel:

Sittenwidrigkeit, Rechtshängigkeit, Abschalteinrichtung, Klagepartei, Sekundäre Darlegungslast, BGH-Beschluss, Darlegungs- und Beweislast, Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, Arglistige Täuschung, Basiszinssatz, Berufungsverfahren, Sittenwidrige Schädigung, Ermäßigung der Gerichtsgebühr, Schadensersatzpflicht, Rechtsverfolgung, Übereinstimmungsbescheinigung, Sachverständigenbeweis, Zug-um-Zug, Unzulässigkeit, OLG Bamberg

Schlagworte:
Schadensersatz, Abschalteinrichtung, Sittenwidrigkeit, Typgenehmigung, Rückruf, OBD-System, Thermofenster
Vorinstanz:
LG Bayreuth, Urteil vom 11.04.2022 – 41 O 567/21
Rechtsmittelinstanzen:
OLG Bamberg, Beschluss vom 07.09.2022 – 10 U 56/22
BGH Karlsruhe, Urteil vom 27.11.2023 – VIa ZR 1425/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 54610

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klagepartei gegen das Urteil des Landgerichts Bayreuth vom 11.04.2022, Az. 41 O 567/21, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Der Senat beabsichtigt den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 51.316,46 € festzusetzen.
3. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 06.09.2022.

Entscheidungsgründe

1
Die Berufung richtet sich nur gegen das zu Gunsten der erstinstanzlichen Beklagten zu 2) (im Folgenden: Beklagte) ergangene klageabweisende Endurteil (vgl. Berufungsschriftsatz v. 09.06.2022, S. 2 <Bl. 239>)
I.
2
Die Klagepartei verlangt Schadensersatz von der Beklagten als Fahrzeugherstellerin nach Kauf eines Wohnmobils.
3
Die Klagepartei erwarb im April 2018 von einer nicht am Rechtsstreit beteiligten Verkäuferin ein neues Wohnmobil zum Kaufpreis von 52.300,00 €. In dem Fahrzeug ist ein Dieselmotor 2,3-l-MultiJet II (96 kW) vorhanden, welcher der Euro-6-Abgasnorm unterfällt, von einer nicht am Rechtsstreit beteiligten Dritten hergestellt und von der Beklagten in das streitgegenständliche Fahrzeug eingebaut worden ist.
4
Für den Fahrzeugtyp existieren eine EG-Typgenehmigung und eine EG-Übereinstimmungsbescheinigung. Die in Italien zuständige Typgenehmigungsbehörde sieht nach eigenen Prüfungen keine Veranlassung, die Typgenehmigung zu entziehen, zu ändern oder mit Nebenbestimmungen zu versehen. Ein verbindlicher Rückruf für das Fahrzeug existiert bislang weder seitens der in Italien zuständigen Zulassungsbehörde noch des deutschen Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA).
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Die Klagepartei nutzt das Wohnmobil seit Erwerb uneingeschränkt. Am 11.04.2022 betrug die Fahrleistung nach ihrem Vortrag 6.582 km (vgl. Sitzungsniederschrift v. 11.04.2022, S. 2 <Bl. 216>).
6
Die Klagepartei hat erstinstanzlich vorgetragen, dass die Beklagte den im Fahrzeug verbauten Motor mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehen und sie somit durch das Inverkehrbringen des Fahrzeugs vorsätzlich sittenwidrig geschädigt habe. Als Kosten für die Finanzierung des Kaufpreises in Gestalt von Zinsen macht die Klagepartei zudem einen Betrag in Höhe von 5.163,57 € geltend (vgl. Schriftsatz v. 04.04.2022, S. 2 <Bl. 211>).
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Die Klagepartei hat erstinstanzlich, soweit für das Berufungsverfahren noch von Interesse, von der Beklagten zuletzt die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 51.316,46 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit Zug-um-Zug gegen Fahrzeugübergabe und -übereignung sowie weiteren 5.163,57 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, die Feststellung des Annahmeverzugs sowie die Zahlung von 2.147,83 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit für die außergerichtliche anwaltliche Rechtsverfolgung begehrt.
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Ebenso wie die erstinstanzliche Beklagte zu 1) ist auch die Beklagte als vormalige Beklagte zu 2) der Klage inhaltlich entgegengetreten. Sie hat die Auffassung vertreten, dass in dem streitgegenständlichen Motor keine unzulässige Abschalteinrichtung zum Einsatz komme und die Klagepartei überdies nur Behauptungen „ins Blaue hinein“ erhebe, etwa hinsichtlich einer behaupteten Manipulation des OBD-Systems.
9
Auf die tatsächlichen Feststellungen im klägerseitig angegriffenen Endurteil wird gem. § 522 Abs. 2 Satz 4 i. V. m. Sätze 2 und 3 ZPO ebenso Bezug genommen wie auf den Inhalt der erstinstanzlichen Schriftsätze (§ 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO).
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Das Landgericht hat die Klage mit Endurteil vom 11.04.2022 abgewiesen. Die Klagepartei habe die notwendigen Anspruchsvoraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch aufgrund von vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung weder ausreichend detailliert noch substantiiert dargelegt.
11
Mit der Berufung verfolgt die Klagepartei den erstinstanzlichen Antrag, nunmehr nur noch gegenüber der Beklagten, unverändert weiter.
12
Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, das Landgericht habe die Substantiierungsanforderungen überspannt und hätte den angebotenen Sachverständigenbeweis erholen müssen. Es liege mittlerweile auch eine Bestätigung des KBA für Motoren wie demjenigen im streitgegenständlichen Fahrzeug verbauten vor, welche der Euro-6-Abgasnorm unterfielen; auch bei diesen habe das KBA Anhaltspunkte für das Vorliegen unzulässiger Abschalteinrichtungen gefunden und deshalb ein Verfahren nach Maßgabe von Art. 30 Abs. 3 Satz 1 RL 2007/46/EG eingeleitet.
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Die Klagepartei beantragt (vgl. Berufungsbegründung v. 11.07.2022, S. 1 f. <Bl. 248 f.>):
Das Endurteil des Landgerichts Bayreuth vom 11.04.2022, Az. 41 O 567/21, wird aufgehoben und die Beklagte nach Maßgabe der nachfolgenden Anträge verurteilt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von 51.316,46 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeuges D., Fahrzeug-Ident.-Nr. ….
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von 5.483,03 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte sich mit der Entgegennahme des Fahrzeugs aus dem Antrag zu 1) in Annahmeverzug befindet.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von 2.147,83 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit für die außergerichtliche anwaltliche Rechtsverfolgung zu zahlen.
hilfsweise:
5. Das Urteil des Landgerichts Bayreuth, Az. 41 O 567/21, verkündet am 11.04.2022 und zugestellt am 11.05.2022, wird aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an das Landgericht Bayreuth zurückverwiesen.
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Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und beantragt die Zurückweisung der Berufung. Sie erneuert ihren Vortrag, wonach die klägerseitig vermutete Prüfstandserkennung in der Motorsteuerungssoftware nicht vorhanden sei und weist darauf hin, dass es unverändert an substantiiertem und auf das individuelle Fahrzeug respektive dessen Motor zugeschnittenen Vortrags der Klägerseite fehle. Ausführungen zu einem Motorsteuerungsgerät von Bosch seien schon deshalb unbehelflich, weil ein solches gar nicht im Fahrzeug vorhanden sei, was sich aus den klägerseitig vorgelegten Unterlagen insoweit ergebe, da sich diese nicht auf den streitgegenständlichen Motortyp; bezögen.
15
Wegen des weiteren Parteivorbringens im Berufungsverfahren wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Parteien mit den jeweiligen Anlagen (§ 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO; Berufungsbegründung v. 11.07.2022 <Bl. 248 ff.>; Berufungserwiderung v. 10.08.2022 <Bl. 297 ff.>).
II.
16
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.
17
Die Klage hat aufgrund der bereits vom Erstgericht ausführlich dargelegten Gründe keine Erfolgsaussichten; die Berufung vermag dem nicht entgegenzutreten (vgl. zu ähnlich gelagerten Fällen auch OLG Bamberg, Hinw.-Beschluss vom 21.06.2022 – 6 U 15/22 –; OLG Bamberg, Beschluss vom 08.08.2022 – 6 U 15/22 –).
18
1. Es fehlt schon an der hinreichend substantiierten Darlegung eines vorsätzlichen und sittenwidrigen schädigenden Verhaltens der Beklagten, die für eine Anspruchsbegründung aus § 826 BGB unverzichtbar ist.
19
a) Das Verhalten der für einen Kraftfahrzeughersteller handelnden Personen ist nicht bereits deshalb als sittenwidrig zu qualifizieren, weil sie einen Fahrzeugtyp aufgrund einer grundlegenden unternehmerischen Entscheidung mit einer temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems ausgestattet und in den Verkehr gebracht haben. Dies gilt auch dann, wenn mit der Entwicklung und dem Einsatz dieser Steuerung eine Kostensenkung und die Erzielung von Gewinn erstrebt wird (BGH, Beschluss vom 19.01.2021 – VI ZR 433/19 –, juris).
20
Von der Klagepartei wird nichts vorgetragen, was auf eine besondere Verwerflichkeit im Handeln der Beklagten schließen lässt.
21
Die besondere Verwerflichkeit besteht, wenn der zuständigen Typgenehmigungsbehörde vorgespiegelt wird, das Fahrzeug werde auf dem Prüfstand unter den Motorbedingungen betrieben, die auch im normalen Fahrbetrieb zum Einsatz kommen, oder im Typengenehmigungsverfahren unzutreffende Angaben über die Arbeitsweise des Abgasrückführungssystems gemacht werden (BGH, Beschluss vom 19.01.2021 – VI ZR 433/19, juris, Rn. 18, 22; bestätigt etwa durch BGH, Beschluss vom 13.10.2021 – VII ZR 295/20 –, juris, Rn. 20) oder bei einem implantierten Thermofenster weitere Umstände hinzutreten, die das Verhalten der für die Beklagte handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen lassen (BGH, Beschluss vom 09.03.2021 – VI ZR 889/20, Rn. 28).
22
Bereits die objektive Sittenwidrigkeit des Herstellens und des Inverkehrbringens von Kraftfahrzeugen mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Verhältnis zum Fahrzeugerwerber setzt dabei allerdings voraus, dass es in Kenntnis der Abschalteinrichtung und im Bewusstsein ihrer – billigend in Kauf genommenen – Unrechtmäßigkeit geschieht (vgl. BGH, Beschluss vom 24.03.2022 – VII ZR 266/20 –, juris, Rn. 15; BGH, Beschluss vom 08.03.2021 – VI ZR 505/19 –, juris, Rn. 21; BGH, Beschluss vom 19.01.2021 – VI ZR 433/19 –, juris, Rn. 19).
23
b) Legt man diese Maßstäbe zugrunde, ergeben sich aus dem Vortrag der Klagepartei sowie den getroffenen Feststellungen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass das Verhalten der Beklagten in diesem Sinne als sittenwidrig zu qualifizieren ist.
24
aa) Dafür, dass in dem streitgegenständlichen Fahrzeug von der Beklagten eine sog. Prüfstandserkennungssoftware verbaut worden wäre, die bewusst und gewollt von der Beklagten so programmiert worden wäre, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte nur auf dem Prüfstand beachtet, im normalen Fahrbetrieb hingegen überschritten werden (Umschaltlogik), und die damit unmittelbar auf die arglistige Täuschung der Typgenehmigungsbehörde abgezielt hätte, wie sie etwa dem BGH-Urteil vom 25. Mai 2020 (VI ZR 252/19, zum VW-Motor EA 189) zugrunde lag, fehlen hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte (vgl. OLG München, Beschluss vom 01.03.2021 – 8 U 4122/20 –, Rn. 33, juris).
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bb) Der Einsatz eines sogenannten Thermofensters ist nicht mit der Fallkonstellation zu vergleichen, die dem Urteil des BGH vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19 – zum Motortyp EA 189 zugrunde liegt. Bei dem bloßen Einsatz eines Thermofensters wie im vorliegenden Fall fehlt es an einem derartigen arglistigen Vorgehen des beklagten Automobilherstellers, das die Qualifikation seines Verhaltens als objektiv sittenwidrig rechtfertigen würde (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2021 – VI ZR 433/19, Rn. 17).
26
Allein aus einer objektiven Unzulässigkeit der Abschalteinrichtung in Form des Thermofensters folgt ferner kein Vorsatz hinsichtlich der Schädigung der Fahrzeugkäufer. Im Hinblick auf die unsichere Rechtslage wird nicht dargetan, dass sich den für die Beklagte tätigen Personen die Gefahr einer Schädigung der Klagepartei hätte aufdrängen müssen (BGH, Urt. v. 16.09.2021 – VII ZR 190/20, 286/20, 321/20 und 322/20 –; bestätigt etwa durch BGH, Beschluss vom 12.01.2022 – VII ZR 424/21 –, juris, Rn. 38; BGH, Beschluss vom 10.11.2021 – VII ZR 280/21 –, juris, Rn. 24).
27
Dabei kann unterstellt werden, dass ein Thermofenster als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der VO (EG) Nr. 715/2007 zu qualifizieren ist. Der darin liegende – unterstellte – Gesetzesverstoß reicht aber nicht aus, um das Gesamtverhalten der Beklagten als sittenwidrig zu qualifizieren. Hierfür bedürfte es vielmehr weiterer Umstände im Zusammenhang mit der Entwicklung und Genehmigung der Motorsteuerungssoftware, an denen es im Streitfall fehlt (BGH, Beschluss vom 09.03.2021 – VI ZR 889/20 –, Rn. 26, juris; bestätigt etwa durch BGH, Urt. v. 02.06.2022 – VII ZR 283/20 –, juris, Rn. 21).
28
Eine nach dem Gesamtverhalten der zuständigen Behörden ohnehin von vorneherein bestenfalls nur abstrakte Gefahr einer Stilllegung des Fahrzeugs ist in keiner Weise ausreichend (vgl. OLG Köln, Urt. v. 27.01.2022 – 15 U 11/21 –, juris, Rn. 52, m. w. N.).
29
Auch aus einer etwaig unterbliebenen Offenlegung der genauen Wirkungsweise des Thermofensters gegenüber der italienischen Zulassungsbehörde würden entgegen der Auffassung der Klagepartei keine Anhaltspunkte dafür folgen, dass für die Beklagte tätigen Personen in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden (vgl. BGH, Beschluss vom 12.01.2022 – VII ZR 424/21 –, juris, Rn. 28, m. w. N.).
30
Selbst wenn die Beklagte die im Typgenehmigungsverfahren erforderlichen Angaben zu den Einzelheiten der temperaturabhängigen Steuerung unterlassen haben sollte, wäre die Typgenehmigungsbehörde nach dem Amtsermittlungsgrundsatz gehalten gewesen, diese zu erfragen, um sich in die Lage zu versetzen, die Zulässigkeit der Abschalteinrichtung im streitgegenständlichen Fahrzeug zu prüfen.
31
Entsprechend der Vorgabe der § 24 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwVfG wäre beispielsweise das KBA zu einem solchen Vorgehen gehalten gewesen (vgl. BGH, Beschluss vom 12.01.2022 – VII ZR 424/21 –, juris, Rn. 28; BGH, Beschluss vom 10.11.2021 – VII ZR 280/21 –, juris, Rn. 2; OLG München, Beschluss vom 01.03.2021 – 8 U 4122/20 –, juris Rn. 63; OLG Nürnberg, Beschluss vom 27.07.2020 – 5 U 4765/19, BeckRS 2020, 17693 Rn. 17).
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In Ansehung der harmonisierenden Vorgaben der RL 2007/46/EG (vgl. Erwägungsgrund 2: „Grundsatz der vollständigen Harmonisierung“; Art. 1 Abs. 1: „harmonisierter Rahmen“; Art. 44 Abs. 1: „harmonisierte Verwaltungsvorschriften“), die erst mit Wirkung zum 01.09.2020 durch Art. 88 Abs. 1 VO (EU) Nr. 2018/858 aufgehoben worden ist, kann ausgeschlossen werden, dass seitens der Italienischen Republik im nationalen Verwaltungsrecht etwas grundlegend Anderes gilt. Hiergegen spricht jedenfalls die Existenz der Bestimmungen des Art. 6 Abs. 1 lit. b wie auch des Art. 18 Abs. 3 des italienischen Gesetzes Nr. 241 v. 07.08.1990 (Neue Bestimmungen zum Verwaltungsverfahren und zum Recht auf Zugang zu Verwaltungsunterlagen).
33
Anhaltspunkte für wissentlich unterbliebene oder unrichtige Angaben der Beklagten im Typgenehmigungsverfahren, die noch dazu auf ein heimliches und manipulatives Vorgehen oder eine Überlistung der italienischen Zulassungsbehörde und damit auf einen bewussten Gesetzesverstoß hindeuten würden (vgl. BGH, Beschluss vom 19.01.2021 – VI ZR 433/19 –, juris, Rn. 24; bestätigt etwa durch BGH, Urt. v. 31.05.2022 – VI ZR 804/20 –, juris, Rn. 15, m. w. N.), vermag der Senat nicht zu erkennen.
34
Die Annahme von Sittenwidrigkeit setzt jedenfalls voraus, dass die Verantwortlichen bei der Entwicklung und/oder Verwendung der temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen (BGH, Bes. v. 09.03.2021 – VI ZR 889/20 –, juris, Rn. 28).
35
Der Handelnde muss die Schädigung des Anspruchstellers gekannt beziehungsweise vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen, jedenfalls aber für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen haben. Es genügt nicht, wenn die relevanten Tatumstände lediglich objektiv erkennbar waren und der Handelnde sie hätte kennen können oder kennen müssen oder sie sich ihm sogar hätten aufdrängen müssen; in einer solchen Situation ist lediglich ein Fahrlässigkeitsvorwurf gerechtfertigt (BGH, Urt. v. 13.10.2021 – VII ZR 99/21 –, juris, Rn. 20).
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Dabei trägt die Darlegungs- und Beweislast für diese Voraussetzung nach allgemeinen Grundsätzen die Klagepartei als Anspruchsstellerin (BGH, Beschluss vom 19.01.2021 – VI ZR 433/1 –, juris, Rn. 19; bestätigt etwa durch BGH, Urt. v. 26.04.2022 – VI ZR 435/20 –, juris, Rn. 18, m. w. N.).
37
Die Behauptungen der Klagepartei geben keine hinreichenden Anknüpfungspunkte für die Annahme eines sittenwidrigen Verhaltens auf Seiten der Beklagten.
38
(1) Der Senat geht keineswegs davon aus, dass ein Rückruf der zuständigen Behörde zwingend erforderlich wäre, um entsprechende Anhaltspunkte zu begründen. Ein Rückruf hinsichtlich eines bestimmten Motortyps wegen einer nach dessen Ansicht unzulässigen Prüfstandserkennungssoftware würde allerdings regelmäßig einen hinreichenden Anhaltspunkt dafür darstellen, dass eine entsprechende unzulässige Abschalteinrichtung auch in anderen Fahrzeugen mit demselben Motortyp vorhanden ist.
39
Fehlt es aber an einem solchen Rückruf für den konkreten Motortyp, müssen die erforderlichen hinreichenden Anhaltspunkte erst recht in anderer Weise dargelegt werden (OLG München, Beschluss vom 15.09.2021 – 8 U 4122/20 –, Rn. 39, juris). Dies folgt im Umkehrschluss daraus, dass selbst ein vorliegender verpflichtender Widerruf seinerseits nicht für die Annahme einer unzulässigen, weil prüfstandsbezogenen, Abschalteinrichtung ausreichen würde (vgl. BGH, Urt. v. 21.04.2022 – VII ZR 70/21 –, juris, Rn. 13 f.; BGH, Urt. v. 24.03.2022 – VII ZR 266/20 –, juris, Rn. 20; jew. m. w. N.).
40
Unstreitig wurde aber im Hinblick auf das streitgegenständliche Fahrzeug gerade kein Rückruf angeordnet.
41
(2) Die Einleitung eines Verfahrens durch das KBA gem. Art. 30 Abs. 3 Satz 1 RL 2007/46/EG vermag ebenfalls der Klage nicht zum Erfolg zu verhelfen.
42
Aus allgemein zugänglichen Quellen ist dem Senat hinreichend bekannt (§ 291 ZPO), dass ein von der Europäischen Kommission nach vorheriger Anhörung der italienischen Regierung (vgl. KOM, PM v. 17.05.2017; KOM, MEMO/17/1280 f.) eingeleitetes Vertragsverletzungsverfahren (vgl. KOM, PM v. 17.05.2018) bis heute zu keinem greifbaren Ergebnis, namentlich zu keinem Nachweis dafür geführt hat, dass die von der italienischen Zulassungsbehörde erteilten Typgenehmigungen unionsrechtswidrig erteilt worden sind. Anderes vermag selbst die Klagepartei nicht zu behaupten.
43
(3) Auch bei eingehender Auseinandersetzung mit dem klägerischen Sachvortrag unter Beachtung der vom BGH aufgestellten Maßstäbe verbleibt es bei der Bewertung, dass der Klägervortrag konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine Zeitschaltuhr des streitgegenständlichen Fahrzeugs die Steuerungsbedingungen im normalen Fahrbetrieb anders regelt als auf dem Prüfstand, nicht aufzeigt und diese auch sonst nicht ersichtlich sind. Im Gegenteil trägt die Klagepartei selbst vor, dass die Zeitfunktion bei jedem Betrieb aktiviert sei.
44
Mangels Prüfstandsbezogenheit begründet die behauptete Funktion keinen Anspruch aus § 826 BGB (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 27.04.2022 – 23 U 208/21 –, juris, Rn. 61).
45
Nichts anderes gilt für den Umstand, dass die von der Zeitschaltuhr behauptungshalber vorgegebenen Zeiträume nur vergleichsweise kurz bemessen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 29.09.2021 – VII ZR 126/21 –, juris, Rn. 17).
46
(4) Ein auf die Programmierung des OBD gestützter Anspruch ist ausgeschlossen, soweit dieses im normalen Straßenverkehr sowie im Rahmen der Abgasuntersuchung und der Inspektion keine Fehlfunktion des Abgassystems anzeigt.
47
Denn wenn – wie hier – die für die Typengenehmigung zuständige Behörde die vorgelegte Software in Kenntnis der darin enthaltenen Abschalteinrichtungen (insbesondere des Thermofensters) auch und gerade im Hinblick auf das dadurch beeinflusste weitere Emissionsverhalten absegnet, muss das OBD dies dergestalt nachvollziehen können, dass die Warnlampe im Realbetrieb gerade nicht schon dann anspringt, wenn die angebliche Grenzwertüberschreitung allein auf nach Ansicht der zuständigen Zulassungsbehörde zulässiges Verhalten zurückzuführen ist (vgl. OLG Karlsruhe, Urt. v. 30.10.2020 – 17 U 296/19).
48
Für eine klägerseitig rein spekulativ behauptete permanente Abgaswertüberwachung wäre zudem unter anderem unerlässlich, dass das OBD den konkreten Beladungszustand des Fahrzeugs, etwaige Steigungs- oder Gefällewinkel sowie anderweitige, den realen Kraftstoffverbrauch mittelbar oder unmittelbar beeinflussende physikalische Werte erfassen und berücksichtigen kann.
49
Dabei wird schon allein bei der in Ansehung der Goldenen Regel der Mechanik (F = m x a) unverzichtbaren Bestimmung der jeweiligen Gesamtmasse eines zu beschleunigenden Fahrzeugs deutlich, dass eine solche „Selbstbestimmung“, selbst über partielle Erfassung der Belegung der Sitze im Innenraum, technisch wie auch physikalisch von vornherein unmöglich wäre.
50
Ohne Berücksichtigung derselben kann ein naturgemäß bei Vollbesetzung und -beladung deutlich höherer Kraftstoffverbrauch zum Zwecke des Erreichens derselben Beschleunigung und/oder (End-)Geschwindigkeit des Fahrzeugs, der wiederum zu deutlich höheren Abgaswerten führt, in keinerlei brauchbare Relation zu den unter deutlich anderen Parametern zu erfassenden Normabgaswerten gesetzt werden, die anhand eines „Leerzustands“ mit bloßer Anwesenheit des Fahrers (75 kg) maßgeblich sind.
51
Schließlich zielen die rechtlichen Vorgaben über die Einrichtung und Funktionsweise des OBD vorwiegend allein auf die Funktionalität der einzelnen Fahrzeugkomponenten als solche (vgl. Erwägungsgrund 22 der VO <EU> 582/2011 sowie Art. 4 Abs. 2 VO <EU> Nr. 582/2011), was sich auch in den technischen Vorschriften über dessen Betriebskonzeption nicht anders finden lässt (vgl. Anhang X VO <EU> 582/2011 sowie Anhang 9B Abschn. 4 UN/ECE-Regelung Nr. 49 <ABl. EU Nr. L 171 v. 24.06.2013>, insb. Ziff. 4 Anhang 9B Abschn. 4 UN/ECE-Regelung Nr. 49: „Ein OBD-System im Sinne dieses Anhangs muss in der Lage sein, Funktionsstörungen zu erkennen, sie mithilfe eines Warnsystem zu melden und ihren wahrscheinlichen Ort anhand von im Bordrechner gespeicherten Daten und/oder durch Auslesen dieser Daten in ein Gerät außerhalb des Fahrzeugs zu bestimmen.“).
52
(5) Die Tatsache, dass ein Fahrzeug im normalen Fahrbetrieb höhere Emissionen aufweist als im Prüfstandsbetrieb, begründet ebenfalls keinen Anhaltspunkt, sondern ist vielmehr allgemein bekannt (vgl. BGH, Beschluss vom 15.09.2021 – VI ZR 2/21 –, juris, Rn. 30; BGH, Urt. v. 13.07.2021 – VI ZR 128/20 –, juris, Rn. 23).
53
Die für die Einhaltung des Prüfstandsbetriebs gemessenen Werte entsprechen grundsätzlich auch ohne unzulässige Beeinflussung des Messverfahrens nicht den im Rahmen des tatsächlichen Gebrauchs des Fahrzeugs anfallenden Emissionswerten (so auch OLG Celle, Beschluss vom 16.06.2022 – 16 U 131/22 –, juris, Rn. 55; OLG München, Urt. v. 05.09.2019 – 14 U 416/19 –, BeckRS 2019, 26072 Rn. 168).
54
Es ist allgemein bekannt, dass der Straßenbetrieb mit der Prüfstandsituation nicht vergleichbar ist. Dies gilt sowohl hinsichtlich der angegebenen Kraftstoffverbräuche als auch hinsichtlich der Grenzwerte für Emissionen.
55
Auf dem Prüfstand wird eine bestimmte „ideale“, nicht der Praxis entsprechende Situation vorgegeben, etwa hinsichtlich der Umgebungstemperatur, der Kraftentfaltung (Beschleunigung und Geschwindigkeit) oder der Abschaltung der Klimaanlage, sodass der erzielte Wert zwar zu einer relativen Vergleichbarkeit unter den verschiedenen Fahrzeugfabrikaten und -modellen führen mag, absolut genommen aber jeweils nicht mit dem Straßenbetrieb übereinstimmt (OLG Bamberg, Urt. v. 20.12.2021 – 4 U 115/19 –, juris, Rn. 18; OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.12.2020 – 16a U 155/19 –, juris, Rn. 59 – 60).
56
(6) Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass in dem streitgegenständlichen Fahrzeug von der Beklagten eine Software verbaut worden wäre, die bewusst und gewollt von der Beklagten dergestalt programmiert worden wäre, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte nur auf dem Prüfstand beachtet, im normalen Fahrbetrieb hingegen überschritten werden, und die damit unmittelbar auf die arglistige Täuschung der Typgenehmigungsbehörde abgezielt hätte, lässt der klägerische Vortrag nach wie vor nicht erkennen.
57
cc) Der Vortrag der Klagepartei führt auch nach einer Gesamtwürdigung nicht zu einer sekundären Darlegungslast der Beklagten zu den technischen Gegebenheiten der mit dem Motor ausgestatteten Fahrzeuge. Grundsätzlich trägt der Geschädigte, der sich auf einen Schadensersatzanspruch gemäß § 826 BGB beruft, die volle Darlegungs- und Beweislast für die Anspruchsvoraussetzungen (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 34. Aufl., 2022 vor § 284 Rn. 34).
58
Die Annahme einer sekundären Darlegungslast setzt voraus, dass der darlegungs- und beweisbelasteten Partei die nähere Darlegung nicht möglich oder nicht zumutbar ist, während die gegnerische Partei alle wesentlichen Tatsachen kennt oder es ihr zuzumuten ist, nähere Angaben zu machen. Die Voraussetzungen für eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten sind hier nicht erfüllt. Um eine Ausforschung zu vermeiden, muss der unstreitige oder zu beweisende Vortrag des Beweispflichtigen greifbare Anhaltspunkte für seine Behauptung liefern (Greger, in: Zöller, ZPO, 34. Aufl., 2022 vor § 284 Rn. 34). Daran fehlt es hier, wie bereits dargestellt.
59
dd) Durch die Klagepartei wurden ferner keine Umstände vorgebracht, die auf eine Strategie der Beklagten schließen ließen, die zuständige Genehmigungsbehörde durch die Verwendung der behaupteten Abschalteinrichtungen zu täuschen (vgl. OLG Bamberg, Urt. v. 14.04.2021 – 8 U 113/20).
60
Wie, wann und wodurch die Beklagte die italienische Behörde konkret worüber getäuscht haben soll, wird seitens des Klägers weder konkret dargelegt noch werden hierfür tatsächliche Anhaltspunkte vorgebracht.
61
ee) Schließlich fehlt es an jedwedem substantiierten Vortrag der Klagepartei hinsichtlich des in Bezug auf den Einbau und die Bedatung des streitgegenständlichen Motors im Unternehmen der Beklagten erfolgten Entscheidungsprozesse sowie die inhaltliche Auseinandersetzung der Organe der Beklagten mit den Voraussetzungen nach Art. 5 Abs. 2 VO (EG) Nr. 715/2007.
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Dabei ist zu beachten, dass über eine Wissenszusammenrechnung kein Weg zu dem für das Merkmal der Sittenwidrigkeit im Sinne des § 826 BGB erforderlichen moralischen Unwerturteil (BGH, Urt. v. 28.06.2016 – VI ZR 536/15 –, juris, Rn. 13, 22 f., 27, m. w. N.) führt.
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Die eine Verwerflichkeit begründende bewusste Täuschung lässt sich nicht dadurch konstruieren, dass die im Hause der juristischen Person vorhandenen kognitiven Elemente „mosaikartig“ zusammengesetzt werden, weil eine solche Konstruktion dem personalen Charakter der Schadensersatzpflicht gemäß § 826 BGB nicht gerecht würde (BGH, Urt. v. 08.03.2021 – VI ZR 505/19 –, Rn. 23, juris; bestätigt etwa durch BGH, Urt. v. 10.05.2022 – VI ZR 838/20 –, juris, Rn. 14 f.; BGH, Urt. v. 25.11.2021 – VII ZR 257/20 –, juris, Rn. 24, m. w. N.).
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2. Ansprüche der Klagepartei aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 Abs. 1 StGB sind ebenfalls nicht gegeben. Diese würden jeweils den Nachweis eines deliktischen Handelns bzw. einer vorsätzlichen Täuschungshandlung voraussetzen. Dieser ist – wie oben dargelegt – der Klagepartei nicht gelungen. Im Übrigen scheitert dieser Anspruch bereits am Fehlen der Bereicherungsabsicht und der in diesem Zusammenhang erforderlichen Stoffgleichheit des erstrebten rechtswidrigen Vermögensvorteils mit einem etwaigen Vermögensschaden.
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Der subjektive Tatbestand des § 263 Abs. 1 StGB setzt die Absicht voraus, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. Dabei müssen der vom Täter erstrebte Vermögensvorteil und der verursachte Vermögensschaden einander „spiegelbildlich“ entsprechen. Einen Vermögensschaden hat der Käufer dann erlitten, wenn das von ihm erworbene Fahrzeug im Hinblick auf die Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung und etwaige damit verbundene Risiken den vereinbarten und bezahlten Kaufpreis nicht wert war. Zwischen dieser etwaigen Vermögenseinbuße mit den denkbaren Vermögensvorteilen, die ein verfassungsmäßiger Vertreter der Beklagten (§ 31 BGB) für sich oder einen Dritten, etwa den Fahrzeughändler, erstrebt haben könnte, besteht jedoch keine Stoffgleichheit (vgl. BGH, Urt. v. 30.07.2020 – VI ZR 5/20 –, juris, Rn. 18 ff.; bestätigt etwa durch BGH, Urt. v. 26.04.2022 – VI ZR 435/20 –, juris, Rn. 25).
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3. Der Klagepartei steht auch kein Anspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV oder Art. 5 VO (EG) Nr. 715/2007 zu. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV bzw. Art. 5 VO (EG) Nr. 715/2007 stellen keine Schutzgesetze im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB dar, da das Interesse, nicht zur Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit veranlasst zu werden, nicht im Aufgabenbereich dieser Normen liegt.
67
Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Gesetz- und Verordnungsgeber mit den genannten Vorschriften (auch) einen Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit und speziell des wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts der einzelnen Käufer bezweckte und an die (auch fahrlässige) Erteilung einer inhaltlich unrichtigen Übereinstimmungsbescheinigung einen gegen den Hersteller gerichteten Anspruch auf (Rück-)Abwicklung eines mit einem Dritten geschlossenen Kaufvertrags hätte knüpfen wollen (vgl. BGH, Urt. v. 04.05.2022 – VII ZR 656/21 –, juris, Rn. 3; BGH, Beschluss vom 06.04.2022 – VII ZR 655/21 –, jew. m. w. N.).
III.
68
Der Senat kommt daher nach ausführlicher Überprüfung der Sach- und Rechtslage, insbesondere unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens zu dem Ergebnis, dass das Urteil des Erstgerichts aus Sicht des Rechtsmittelführers nicht zu beanstanden und eine Abänderung zu dessen Gunsten nicht veranlasst ist.
69
Der Senat sieht sodann im vorliegenden Verfahren weder eine Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) noch eine Notwendigkeit, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts herbeizuführen (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO). Schließlich erscheint eine mündliche Verhandlung mangels erwartbarer entscheidungserheblicher Erkenntnisse hieraus auch nicht geboten (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO).
70
Es wird daher empfohlen, die Berufung – auch aus Kostengründen – zurückzunehmen. An die in Betracht kommende Ermäßigung der Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 (vgl. KV-GKG Nr. 1220, 1222 Ziff. 1) sowie die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Bedeutung eines Hinweisbeschlusses für die adäquate Beratung eines, wenn auch rechtsschutzversicherten, Mandanten (BGH, Urt. v. 16.09.2021 – IX ZR 165/19 –, juris) wird vorsorglich erinnert.