Inhalt

OLG München, Endurteil v. 20.01.2022 – 24 U 5154/20
Titel:

Beweiswürdigung, Behandlungsalternative, Sachverständige, Gesamtschuldnerische, Rechtsanwaltsgebühren, Prozeßbevollmächtigter, Landgerichte, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Berufungsverhandlung, Behandlungsfehler, Schmerzensgeldrente, Berufungsinstanz, Alternative Behandlungsmethoden, Handschriftliche Eintragungen, Landgerichtsurteil, selbständiges Beweisverfahren, Rechtshängigkeit, Berufungserwiderung, Aufklärungsgespräch, Eingegangene Schriftsätze

Normenketten:
BGB § 630c Abs. 2 S. 1
BGB § 630e Abs. 1 S. 3
Leitsätze:
1. Ärztliche Methodenfreiheit und Pflicht zur Aufklärung über Behandlungsalternativen (§ 630e Abs. 1 Satz 3 BGB; hier: verschiedene Techniken zur Durchführung der Spondylodese; konservative Behandlungsmethoden als Alternative zur Operation).
2. Die Aufklärung über die Dringlichkeit einer Behandlung betrifft den Aspekt der therapeutischen oder Sicherungsaufklärung (§ 630c Abs. 2 Satz 1 BGB) und damit die Frage nicht eines Aufklärungs-, sondern eines Behandlungsfehlers (vgl. BGH, Urteil vom 27. April 2021 – VI ZR 84/19 – juris Rn. 11) .
Schlagworte:
ärztliche Aufklärungspflicht, Behandlungsfehler, Schadensersatz, Schmerzensgeld, Beweiswürdigung, Behandlungsalternativen, konservative Behandlungsmethoden, Aufklärungspflichtverletzung, Hypothetische Einwilligung, Therapeutische Sicherheitsaufklärung, Beweislast, OP-Indikation, Fachneurologische Untersuchung, Postoperativer Behandlungsfehler
Vorinstanz:
LG Augsburg, Endurteil vom 05.08.2020 – 072 O 788/17
Fundstelle:
BeckRS 2022, 53766

Tenor

I. Die Berufung gegen das Endurteil des Landgerichts Augsburg vom 05.08.2020, Az. 072 O 788/17, wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Dieses Urteil ist ebenso wie das in Nr. I genannte Urteil des Landgerichts Augsburg ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagten wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leisten.
IV. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe

I.
1
Die Klägerin begehrt wegen behaupteter ärztlicher Aufklärungs- und Behandlungsfehler materiellen und immateriellen Schadensersatz sowie die Feststellung, dass die Beklagten verpflichtet seien, ihr zukünftig aus der streitgegenständlichen Heilbehandlung entstehende materielle und nicht vorhersehbare immaterielle Schäden zu ersetzen. Durch das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 06.08.2020 zugestellte Urteil vom 05.08.2020 (Bl. 348/378 d. A.) hat das Landgericht Augsburg die Klage abgewiesen. Hinsichtlich des streitgegenständlichen Sachverhalts, der vom Landgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen und des Inhalts der Entscheidung im Einzelnen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf dieses Urteil Bezug genommen.
2
Mit am 27.08.2020 eingegangenem Schriftsatz (Bl. 405 f. d. A.) ihres Prozessbevollmächtigten legte die Klägerin gegen dieses Urteil Berufung ein, die sie nach gewährter Fristverlängerung bis zum 07.12.2020 mit an diesem Tag eingegangenem Schriftsatz (Bl. 411/442 d. A.) begründete. Sie verfolgt ihre ursprünglichen Anträge weiter und rügt, das Landgericht habe verkannt, dass
- keine ordnungsgemäße Risikoaufklärung erfolgt sei;
- die Klägerin nicht über unterschiedliche Operationstechniken bzw. -methoden aufgeklärt worden sei;
- die Klägerin nicht über alternative (konservative) Behandlungsmethoden aufgeklärt worden sei;
- die Beklagten fälschlicherweise die streitgegenständliche Operation als dringlich dargestellt hätten;
- mangels ausgeschöpfter konservativer Behandlung eine Indikation für die streitgegenständliche Operation nicht gegeben gewesen sei;
- mangels vorheriger fachneurologischer Untersuchung eine Indikation für die streitgegenständliche Operation nicht gegeben gewesen sei;
- es zur Frage eines postoperativen Behandlungsfehlers den Sachverständigen hätte befragen müssen.
3
In der Berufungsinstanz nicht mehr aufrechterhalten werden die Vorwürfe, die Klägerin hätte über ein „Lyse-Repair“ als alternative Behandlungsmethode aufgeklärt werden müssen; auch intraoperative Behandlungsfehler werden nicht mehr geltend gemacht.
4
Zur Ergänzung wird hinsichtlich des Vortrags der Klägerin in der Berufungsinstanz auf die Berufungsbegründung (Bl. 411/442 d. A.) sowie auf das Protokoll der Berufungsverhandlung vom 20.01.2022 (Bl. 476/486 d. A.) Bezug genommen.
5
Die Klägerin beantragt in der Berufungsinstanz:
I. Das Urteil des Landgerichts Augsburg, Az. 072 O 788/17 vom 05.08.2020 abzuändern und
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 143.147,72 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit 05.04.2015 zu bezahlen.
2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld zu bezahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, und dieses mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit 05.04.2015 zu verzinsen.
3. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin beginnend ab 01.03.2017 eine im Voraus fällig werdende Schmerzensgeldrente in Höhe von 1.800,00 € im Quartal zu bezahlen.
4. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin rückständige Schmerzensgeldrente für die Zeit vom 01.01.2013 bis 28.02.2017 in Höhe von 30.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
5. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin alle sonstigen materiellen und zukünftigen, im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden zu ersetzen, soweit sie auf das fehlerhafte Behandlungsgeschehen durch die Beklagten im Zeitraum vom 25.06.2012 bis 10.08.2012, insbesondere der operative Eingriff vom 24.07.2012 in der H. P. C., A. zurückzuführen sind und soweit kein gesetzlicher Forderungsübergang auf Dritte, insbesondere Sozialversicherungsträger, erfolgte bzw. erfolgt.
6. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin Rechtsanwaltsgebühren für die außergerichtliche Tätigkeit in Höhe 4.623,03 € nebst Zinsen hieraus i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
II. hilfsweise das Urteil des Landgerichts Augsburg, Az.: 072 O 788/17 vom 05.08.2020 aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens an das Landgericht Augsburg zurückzuverweisen.
6
Die Beklagten beantragen
die Zurückweisung der Berufung.
7
Hinsichtlich ihres Vortrags in der Berufungsinstanz wird auf den Vortrag ihrer Prozessbevollmächtigten in der Berufungserwiderung (Bl. 448/467 d. A.) sowie auf das Protokoll der Berufungsverhandlung vom 20.01.2022 (Bl. 477/486 d. A.) Bezug genommen.
8
Der Senat hat mit den Parteien und ihren Bevollmächtigten am 20.01.2022 mündlich verhandelt und den vom Landgericht beauftragten Sachverständigen P. Dr. B. einvernommen. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung (Bl. 477/486 d. A.) wird insoweit Bezug genommen.
II.
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Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Da weder ein Aufklärungs- noch ein Behandlungsfehler festzustellen ist, kommen Schadensersatzansprüche weder auf vertraglicher (§§ 611, 280 Abs. 1 BGB) noch auf deliktischer (§ 823 Abs. 1 BGB; § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 229 StGB) Grundlage in Betracht. Die gegen das angefochtene landgerichtliche Urteil erhobenen Rügen greifen nicht durch.
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1. Die von der Beklagten (Seiten 6 bis 9 der Berufungsbegründung, Bl. 416/419 d. A.) an der Beweiswürdigung des Landgerichts hinsichtlich einer ordnungsgemäßen und hinreichenden Risikoaufklärung (vgl. Seiten 8 bis 11 des angegriffenen Urteils, Bl. 355/358 d. A.) geübte Kritik zeigt keine konkreten Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen des Landgerichts im Sinn des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf; die Beweiswürdigung des Landgerichts ist nicht unvollständig oder in sich widersprüchlich und verstößt auch nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze (vgl. BGH vom 12.03.2004 – V ZR 257/03 – juris Rn. 9 m. w. N.). Eine Wiederholung der diesbezüglichen Beweisaufnahme war daher nicht veranlasst. Auch aus der in der Berufungsverhandlung erfolgten informatorischen Anhörung der Klägerin ergibt sich nichts anderes. Dabei hat die Klägerin nicht in Abrede gestellt, den – durch handschriftliche Eintragungen und Zeichnungen individualisierten – Aufklärungsbogen (Anlage B 6) zweimal (am Tag des Aufklärungsgesprächs [04.07.2012] und am Vortag der Operation [23.07.2012]) unterzeichnet zu haben. Sie macht aber geltend, die handschriftlichen Eintragungen – die ihrer Aussage nach im Zeitpunkt ihrer ersten Unterschrift bereits vorhanden waren – seien nicht in ihrer Anwesenheit vorgenommen worden. Der Senat stimmt mit dem Landgericht darin überein, dass dieses Vorbringen unplausibel und unglaubhaft ist. Dem Senat ist aus seiner langjährigen Tätigkeit in Arzthaftungssachen vor dem hiesigen Verfahren kein einziger Fall bekannt, in dem geltend gemacht worden wäre, dass der Arzt die erfolgten Individualisierungen des Aufklärungsbogens nicht während des Gesprächs mit dem Patienten vorgenommen hätte, sondern nach diesem, um sodann im Anschluss daran dem außerhalb des Arztzimmers wartenden Patienten durch eine Hilfskraft den Aufklärungsbogen zur Unterschrift vorlegen zu lassen.
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2. Keinen Erfolg hat die Klägerin auch mit ihrer Rüge, nicht über in Betracht kommende alternative Operationsmethoden aufgeklärt worden zu sein (Seiten 9 bis 11 der Berufungsbegründung, Bl. 419/421 d. A.).
12
a) Die Wahl der Behandlungsmethode ist primär Sache des Arztes; gibt es indessen für den konkreten Behandlungsfall mehrere medizinisch gleichermaßen indizierte und übliche Behandlungsmethoden, die gleichwertig sind, aber unterschiedliche Risiken und Erfolgschancen haben, besteht mithin für den Patienten eine echte Wahlmöglichkeit, dann muss ihm durch entsprechende vollständige ärztliche Belehrung die Entscheidung darüber überlassen bleiben, auf welchem Weg die Behandlung erfolgen soll und auf welches Risiko er sich einlassen will (BGH vom 07.04.1992 – VI ZR 224/91 – juris Rn. 7). Der Arzt darf aber bezüglich der zu wählenden Behandlungsmethode eine Empfehlung abgeben (OLG Koblenz vom 20.06.2012 – 5 U 1450/11 – juris Rn. 19), und auch bezüglich echter Behandlungsalternativen genügt eine Aufklärung „im Großen und Ganzen“ (vgl. OLG Oldenburg vom 28.07.2004 – 5 U 112/03 – juris Rn. 21; OLG Düsseldorf vom 01.12.1994 – 8 U 141/93 – juris Rn. 5).
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b) Wie der Sachverständige in seinem im selbständigen Beweisverfahren (beigezogene Akte Az. 072 OH 1843/15 Landgericht Augsburg) erstatteten Gutachten vom 12.02.2016 (Seiten 23 f., Bl. 75 f. d. A. des OH-Verfahrens) ausgeführt hat, bestanden im vorliegenden Fall zur Durchführung der Spondylodese mehrere technische Möglichkeiten. Dabei stellte er das rein dorsale instrumentierte Verfahren (mit Erhalt der Bandscheibe) verschiedenen Spielarten des ventralen Verfahrens (mit Ausräumung des Bandscheibenfachs und Einbringung eines Platzhalters) gegenüber und führte aus, jede dieser Techniken habe ihre spezifischen Vorzüge und Nachteile. Das Landgericht (Seite 13 des angefochtenen Urteils, Bl. 360 d. A.) hat auf dieser Grundlage einen Fall angenommen, in dem die Wahl der Behandlungsmethode allein dem Arzt zukomme, während die Klägerin unter Verweis auf eine medizinische Dissertation aus dem Jahr 2002 (Anlage BK 3) geltend macht, es handle sich um echte – aufklärungspflichtige – Behandlungsalternativen im Sinne des zitierten Urteils des Bundesgerichtshofs (jetzt kodifiziert in § 630e Abs. 1 Satz 3 BGB).
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c) Der Senat hat zur Klärung dieser Frage den schon erstinstanzlich bestellten Sachverständigen P. Dr. B. einvernommen. Dieser hat (Seite 6 des Protokolls der Berufungsverhandlung, Bl. 482 d. A.) ausgeführt, die Frage, wie bei einer Wirbelsäulenoperation vorzugehen sei, werde seit den 1980er Jahren diskutiert, ohne dass sich unter Fachleuten, die sich ausschließlich mit dieser Problematik befassten, ein Konsens bezüglich des zu bevorzugenden Operationswegs herausgebildet hätte. Dabei hänge die zu wählende Methode auch vom individuellen Sachverhalt (etwa der Konstitution des Patienten) und den persönlichen Erfahrungen und Erfolgen des Operateurs mit einer Methode ab. Vor diesem Hintergrund führte der Sachverständige aus, die Wahl der Operationsmethode sollte die Gesichtspunkte der körperlichen Voraussetzungen, der Wünsche und Erwartungen des Patienten und der Konsequenzen sowie des Risikoprofils und der spezifischen Fähigkeiten des Operateurs einschließen. Die gesamte Thematik sei aber medizinisch zu schwierig, als dass einem Laien in einem Aufklärungsgespräch alle Einzelheiten der Vorgehensweise verdeutlicht und Unterschiede der Operationstechniken im Einzelnen vermittelt werden könnten.
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d) Der Senat folgt diesen Ausführungen des Sachverständigen, aus denen sich ergibt, dass die Wahl der Behandlungsmethode vorliegend im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung nicht von vornherein allein Sache des Arztes war, sondern die Klägerin – soweit im individuellen Fall mehrere Verfahren in Betracht kamen – mit Blick auf unterschiedliche Chancen- und Risikoprofile „im Großen und Ganzen“ aufzuklären war. Da der Senat insoweit den Ausführungen der Klägerin in der Berufungsbegründung (Seiten 9 bis 11, Bl. 419/421 d. A.) folgt, bestand kein Anlass, dem Sachverständigen eine nähere Auseinandersetzung mit der als Anlage BK 3 vorgelegten Dissertation zu ermöglichen, die von der Klägerin gerade ins Feld geführt wurde, um das (vom Senat nun angenommene) Bestehen einer echten Behandlungsalternative mit Blick auf unterschiedliche Operationstechniken zu belegen.
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e) Der Senat ist auf der Grundlage der Anhörung des Beklagten zu 2) in der Berufungsverhandlung davon überzeugt, dass dieser die Klägerin bei dem Aufklärungsgespräch am 04.07.2012 in groben Zügen auch über mögliche unterschiedliche Operationsmethoden aufgeklärt hat, wie er bereits in seiner erstinstanzlichen Anhörung vom 21.02.2018 (Seite 4 des Protokolls, Bl. 105 Rs. d. A.) geltend gemacht hat.
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aa) In der Berufungsverhandlung (Seite 5 des Protokolls, Bl. 481 d. A.) erklärte der Beklagte zu 2) nachvollziehbar und verständlich, er kläre immer anhand des als Anlage B 6 vorgelegten Aufklärungsbogens auch über die auf dessen Seite 2 aufgeführten Operationsverfahren auf, wobei die Verfahren „XLIF“ und „dynamische Stabilisation“ von den Beklagten nicht durchgeführt würden. Im Aufklärungsgespräch habe die Erhaltung der sportlichen Fähigkeiten der Klägerin eine Rolle gespielt, weshalb er auch die Warnung „nicht zu früh trainieren!“ in den Aufklärungsbogen (Anlage B 6, Seite 4) eingetragen habe. Dieser Aspekt habe sowohl mit Blick auf eine Schonung der Muskulatur als auch mit Blick auf eine möglichst stabile Durchbauung (infolge der großen Auflagefläche des an die Stelle der Bandscheibe gesetzten cages) für das gewählte Verfahren gesprochen.
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bb) Der Senat schenkt diesen Ausführungen des Beklagten zu 2) Glauben, auch wenn er dessen massives Interesse am Ausgang des Rechtsstreits nicht verkennt. Die (mit der Einlassung des Beklagten zu 2) in der erstinstanzlichen Verhandlung vom 21.02.2018 [Seite 4 des Protokolls, Bl. 105 Rs. d. A.] übereinstimmende) Aussage ist in sich stimmig und korrespondiert auch mit der großen sportlichen Aktivität der Klägerin vor der streitgegenständlichen Operation, welche die Klägerin selbst in diesem Verfahren von Anfang an (vgl. etwa Seite 21 der Klageschrift) herausgestellt hat. Für die Glaubwürdigkeit des Beklagten zu 2) spricht auch der Umstand, dass er zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht hat, die Klägerin auch über die Behandlungsalternative einer Lysereparatur aufgeklärt zu haben, obwohl ihm das Fehlen einer solchen Aufklärung erstinstanzlich (erstmals im Schriftsatz vom 19.10.2018 [Seite 8, Bl. 176 d. A.]) zum Vorwurf gemacht worden war. Ebenfalls spricht es für die Glaubwürdigkeit des Beklagten zu 2), der seine Ausführungen im Übrigen ruhig und ohne jeden erkennbaren Eifer machte, dass er – insoweit nicht protokolliert, dem Senat aber noch erinnerlich – zunächst die im Aufklärungsbogen genannten alternativen Behandlungsmethoden sehr ausführlich dargestellt, auf Frage aber sogleich erklärt hat, dass er die Klägerin im Aufklärungsgespräch so ausführlich nicht über die einzelnen Behandlungsmethoden unterrichtet habe.
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Die Klägerin hat in ihrer Anhörung in der Berufungsverhandlung (Seite 3 des Protokolls, Bl. 479 d. A.) hingegen lediglich pauschal erklärt, sie habe nicht gewusst, dass es überhaupt verschiedene Operationsmöglichkeiten gebe. In Anbetracht des Umstandes, dass der als Anlage B 6 vorgelegte Aufklärungsbogen gerade auch zu diesem Punkt handschriftliche Eintragungen enthält und der Senat (wie ausgeführt) nicht annimmt, dass die Eintragungen in Abwesenheit der Klägerin vorgenommen wurden, erscheint diese Aussage wenig glaubhaft.
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3. Die Rüge, die Klägerin sei nicht über alternative konservative Behandlungsmethoden aufgeklärt worden (Seiten 11 bis 15 der Berufungsbegründung, Bl. 421/425 d. A.), vermag der Berufung ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen.
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a) Der Vorwurf, es fehle diesbezüglich jede Beweiswürdigung durch das Landgericht, geht fehl; das Landgericht hat sich vielmehr auf der Grundlage des Aufklärungsbogens und der Angaben des Beklagten zu 2) von einer ausreichenden Aufklärung über die Möglichkeit eines konservativen Vorgehens überzeugt (vgl. Seite 10 zu Buchst. c) sowie Seite 11 zu Buchst. f) des landgerichtlichen Urteils, Bl. 357 f. d. A.). Diese Beweiswürdigung ist aus Sicht des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden.
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b) Sofern die konservative Therapie vor dem Hintergrund der noch zu diskutierenden von der Klägerin geschilderten Schmerzsituation überhaupt eine echte Behandlungsalternative im oben dargestellten Sinne war, bestand auch insoweit, wie oben ausgeführt, nur eine Pflicht zur Aufklärung „im Großen und Ganzen“. Dass nicht speziell über eine Überweisung zu einem Schmerzspezialisten oder die Möglichkeit einer (vom Sachverständigen ohnehin nur als „Behandlungsoptimierung“ bezeichneten) Orthese aufgeklärt wurde, belegt daher kein Aufklärungsdefizit.
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c) Zudem war der Klägerin die Möglichkeit (zunächst) einer weiteren konservativen Behandlung ohnehin bewusst, sodass es schon deshalb einer ausdrücklichen Aufklärung darüber nicht bedurfte (vgl. BGH vom 19.11.1985 – VI ZR 134/84 – juris Rn. 9; OLG Brandenburg vom 11.02.2020 – 12 U 155/18 – juris Rn. 21). Die Klägerin hat vor der streitgegenständlichen Operation
- von ihrem Hausarzt (am 21.06.2012) das Schmerzmittel Lyrica verordnet bekommen (Anlage K 31),
- mehrfach Infiltrationsbehandlungen durch die Beklagten erhalten,
- laut Dokumentation (Anlage B 12), an deren Richtigkeit zu zweifeln der Senat keinen Anlass sieht, zehnmal manuelle Therapie und zehnmal Wärmetherapie verordnet bekommen,
- von ihrem Hausarzt am 12.07.2012 ein Elektrostimulationsgerät (TENS-Gerät) verordnet bekommen (vgl. Anlage K 31).
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In Anbetracht dieser Umstände wusste die Klägerin um die Möglichkeit, vor einer Operation eine (weitere) konservative Behandlung zu versuchen, sodass sie nicht mehr darüber aufgeklärt werden musste.
- ...
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d) Offenkundig hatte die Klägerin auch gar kein Interesse daran, die ihr bekannte Möglichkeit einer konservativen Therapie näher auszuloten. Wie ihr in der erstinstanzlichen Verhandlung vom 18.07.2018 (Seite 12 des Protokolls, Bl. 153 d. A.) als Zeuge einvernommener Hausarzt St. aussagte, habe er ihr als Alternativtherapie eine Art Elektroakkupunktur vorgeschlagen und der Klägerin nicht nur empfohlen, eine Zweitmeinung einzuholen, sondern für den 10.07.2012 hierfür bereits einen Termin bei einem Herrn Dr. Sc. in M. vereinbart. Hierauf angesprochen, erklärte die Klägerin in der erstinstanzlichen Verhandlung vom 16.10.2019 (Seite 8 des Protokolls, Bl. 295 d. A.), sie habe die Einholung einer Zweitmeinung nicht für erforderlich gehalten, weil sie dem Rat des (am 25.06.2012 von ihr aufgesuchten) Dr. R. und der Beklagten vertraut und ihnen auch geglaubt habe. In gleichem Sinne äußerte sich die Klägerin auch in der Berufungsverhandlung (Seite 3 des Protokolls, Bl. 479 d. A.). Damit wäre, falls man – anders als der Senat – eine Aufklärungspflichtverletzung bezüglich einer konservativen Behandlungsalternative bejahte, auch der von den Beklagten erhobene (Seite 12 der Klageerwiderung, Bl. 51 d. A.) Einwand der hypothetischen Einwilligung erfüllt: Hätte der Beklagte zu 2) neben der später durchgeführten Operation auch die Möglichkeit einer konservativen Behandlung angesprochen und dabei – zulässigerweise – die Operation empfohlen, hätte die Klägerin dieser Empfehlung vertraut und sich für die Operation entschieden.
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4. Fehl geht weiter die Rüge, das Landgericht habe es unterlassen, den Vortrag der Klägerin, die Beklagten zu 2) und 3) hätten die Operation als besonders dringlich dargestellt, unter dem Aspekt eines Aufklärungsfehlers zu würdigen (Seiten 15 f. der Berufungsbegründung, Bl. 425 f. d. A.). Zutreffend weist die Berufungserwiderung (Seite 13, Bl. 460 d. A.) darauf hin, dass es sich bei der Aufklärung über die Dringlichkeit einer Behandlung um einen Aspekt der (mittlerweile in § 630c Abs. 2 Satz 1 BGB geregelten) therapeutischen Sicherheitsaufklärung handelt (Greiner in Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 7. Aufl. 2014, Abschnitt B Rn. 95), weshalb ein etwaiger diesbezüglicher Fehler nicht ein Aufklärungs-, sondern ein – zur Beweislast der Klägerin stehender – Behandlungsfehler wäre (vgl. jüngst BGH vom 27.04.2021 – VI ZR 84/19 – juris Rn. 11). Den Nachweis ihrer streitigen Behauptung hat die Klägerin nicht geführt. Im Übrigen spricht die (vom Senat aufgrund der Patientendokumentation Anlage B 12 als gegeben erachtete) Rezeptierung von zehnmal manueller und zehnmal Wärmetherapie am 29.06.2012 gegen die Richtigkeit der klägerischen Behauptung.
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5. Nicht zu beanstanden ist auch die Beweiswürdigung zu der (vom Landgericht verneinten) Frage, ob mangels ausgeschöpfter konservativer Therapie eine Operation bereits am 24.07.2012 verfrüht gewesen sei (vgl. Seiten 13 bis 18 des angegriffenen Urteils, Bl. 360/365 d. A.; Seiten 19 bis 22 der Berufungsbegründung, Bl. 429/432 d. A.). Die Klägerin setzt insoweit im Wesentlichen ihre Beweiswürdigung der Beweiswürdigung des Landgerichts entgegen, ohne aufzuzeigen, dass letztere im oben dargelegten Sinne fehlerhaft wäre.
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a) Fehlerfrei und insoweit von der Klägerin auch nicht beanstandet, ist das Landgericht den Ausführungen des Sachverständigen P. Dr. B. (Seite 15 des Protokolls der Verhandlung vom 18.07.2018, Bl. 159 d. A.; Seiten 3 bis 5 des Protokolls der Verhandlung vom 07.11.2018, Bl. 201/203 d. A.) dahingehend gefolgt, dass der Stellung einer OP-Indikation nur unter der Voraussetzung eine vier-bis sechswöchige konservative Behandlung hätte vorausgehen müssen, wenn bei der Klägerin eine minderschwere Schmerzsituation vorgelegen hätte. Die vom Zeugen Dr. R. (in der Verhandlung vom 18.07.2019 [Seiten 3 bis 5 des Protokolls, Bl. 148/150 d. A.]) geschilderte Schmerzsituation entspräche hingegen einer solchen, „in der die OP-Indikation nach zwei erfolglosen Infiltrationen und abhängig von der Reaktion der Patientin gerechtfertigt wäre“. Auch in der Berufungsverhandlung (Seite 7 des Protokolls, Bl. 483 d. A.) hat der Sachverständige eine (relative) OP-Indikation für den Fall bejaht, dass „die Patientin bei mir mit starken Schmerzen, unter Angabe der Nichtwirksamkeit von Schmerzmitteln wie Beofenac, Valoron und Lyrica sowie unter Angabe einer länger dauernden Schmerzproblematik und unter der Angabe, dass durchgeführte Infiltrationen nur kurzzeitig wirksam gewesen seien, bei mir vorstellig geworden wäre“.
- ...
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b) Die Beweiswürdigung des Landgerichts dahingehend, dass die Beklagten aufgrund der Schilderungen der Klägerin von einer zur relativen OP-Indikation führenden schweren Schmerzsituation ausgehen durften, ist entgegen den Ausführungen in der Berufungsbegründung nicht zu beanstanden. Dafür, dass die Klägerin vor der streitgegenständlichen Operation ihre Schmerzsituation sowohl gegenüber dem als Zeugen einvernommenen Orthopäden Dr. R. als auch gegenüber den Beklagten zu 2) und 3), als auch gegenüber dem Pflegepersonal der H. P. C. als überaus „dramatisch“ und geradezu unerträglich geschildert hat, sprechen ‒ abgesehen von den Aussagen des Zeugen Dr. R. in der Verhandlung vom 18.07.2018 (Seiten 3 bis 5 des Protokolls, Bl. 148/150 d. A.) ‒ insbesondere folgende Umstände:
- Die Klägerin selbst erklärte in ihrer Anhörung in der Verhandlung vom 21.02.2018 (Seite 2 des Protokolls, Bl. 104 Rs. d. A.) ihre im Juni 2012 aufgetretenen Rückenschmerzen seien „stark“ gewesen.
- Der am 25.06.2012 erstmals von der Klägerin wegen ihrer Schmerzen aufgesuchte Orthopäde Dr. R. verschaffte ihr noch für denselben Tag einen Termin zur Vorstellung in der Sprechstunde des Beklagten zu 2).
- In seinem Arztbrief an den Hausarzt der Klägerin vom 26.06.2012 (Anlage B 1) führt Dr. R. zur Anamnese aus: „Die Patientin berichtet über seit Jahren bestehende tieflumbale Beschwerden, teilweise mit Ausstrahlung in die untere BWS, sowie in beide Beine.“
- Im Ambulanzbrief des Beklagten zu 2) vom 25.06.2012 (Anlage B 2) heißt es unter der Überschrift „Anamnese“: „Seit einigen Jahren Lumbalgien, seit 3 Wochen akute lumbale Symptomatik mit brennenden Fußsohlen bds. Die Patientin ist schwer schmerzgeplagt. Einnahme von Beofenac und Lyrica. Zeitweilig Tilidin ohne ausreichende Besserung.“
- In der Pflegedokumentation der H. P. C. (Anlage K 32) ist für den Vortag der Operation (23.07.2012) vermerkt: „Pat klagt über starke Rückenschmerzen → weiß von letzten Krankenhausaufenthalten das ihr Novalgin, Beofenac, Valoron nichts helfen gegen Schmerzen ‒ auch nicht gegen geringe Schmerzen, Dipidolor ist das einzige Schmerzmittel das ihr hilft und sie bekommt darauf immer Übelkeit“. Vor der Anlegung der Schmerzmittelinfusion habe die Klägerin auf der (von 0 [kein Schmerz] bis 10 [schlimmster vorstellbarer Schmerz] reichenden) Visuellen Analogskala (VAS) „Schmerzen von VAS 8-9“ angegeben.
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Demgegenüber erklärte die Klägerin in der Berufungsverhandlung (in Kenntnis der Äußerung des Sachverständigen, der zufolge eine vier- bis sechswöchige konservative Behandlung vor Stellung einer OP-Indikation nur bei einer minderschweren Schmerzsituation geboten sei), sie habe „normale Schmerzen“ gehabt, sei „eher von einer Verspannung ausgegangen“ und habe „auch gegenüber den Beklagten kommuniziert, dass es sich um Schmerzen handle, die man aushalten könne“. Wie es in den Anlagen B 1, B 2 und K 32 zu den dortigen Angaben über ihre Schmerzsituation und ihre Einnahme von Schmerzmitteln gekommen sei, könne sie nicht sagen, da sie „[d]erartiges nicht angegeben habe“; Beofenac und Tilidin habe sie „nicht genommen und dies gegenüber den Ärzten auch nicht angegeben“.
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Diese Einlassung der Klägerin ist unplausibel und in höchstem Maße unglaubhaft. Es ist für den Senat schlicht unvorstellbar, dass Dr. R., der Beklagte zu 2) und das Pflegepersonal der H. P. C. unabhängig voneinander schwere Schmerzbekundungen der Klägerin und ihre Einnahme starker Schmerzmittel dokumentiert haben, ohne dass die Klägerin auch nur irgendwem gegenüber entsprechende Angaben gemacht hätte. Die Annahme des Landgerichts, die Beklagten hätten von einer (zu einer sofortigen relativen OP-Indikation führenden) schweren Schmerzsituation bei der Klägerin ausgehen dürfen, ist aus Sicht des Senats nicht nur nachvollziehbar und nicht zu beanstanden, sondern geradezu zwingend.
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c) Da es für die Frage einer sofortigen relativen OP-Indikation nicht auf die tatsächliche Schmerzsituation der Klägerin und ihre tatsächliche Medikamenteneinnahme ankam, sondern darauf, was diese den behandelnden Ärzten gegenüber angegeben hat, geht auch der Einwand der Berufungsbegründung ins Leere, das Landgericht habe sich mit den Aussagen der Zeugen B. und G. zur präoperativen Schmerzsituation der Klägerin nicht befasst (Seite 21 der Berufungsbegründung, Bl. 431 d. A.). Es kommt allein darauf an, wovon die behandelnden Ärzte aufgrund der ihnen gegenüber erfolgten Angaben der Klägerin ausgehen mussten, unabhängig davon, wie die Klägerin ihre Schmerzsituation anderen gegenüber dargestellt haben mag. Im Übrigen hat das Landgericht genau dies ausgeführt (vgl. Seite 16 [letzte beide Absätze] und Seite 17 [letzter Absatz], Bl. 363 f. d. A.), so dass der Vorwurf der Klägerin nicht nur ins Leere geht, sondern auch unzutreffend ist.
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d) Aus demselben Grund sind auch die Ausführungen in der Berufungsbegründung zur von der Klägerin noch abgeschwächt durchführbaren einseitigen Kniebeuge (Seiten 21 f. der Berufungsbegründung, Bl. 431 f. d. A.) und zu den Unterlagen der Krankenkasse (Seite 22 der Berufungsbegründung, Bl. 432 d. A.) unbehelflich; sie ändern nichts daran, dass die Klägerin ihre vor der Operation bestehende Schmerzsituation offenbar gegenüber den Beklagten zu 2) und 3) sowie gegenüber weiteren Behandlern als „höchst dramatisch“ wiedergegeben hat.
34
e) Schließlich kann die Klägerin aus der auch insoweit ins Feld geführten Dissertation (Anlage BK 3) nicht herleiten, dass im vorliegenden Fall zunächst eine konservative (Weiter-)Behandlung hätte erfolgen müssen (vgl. Seiten 27 bis 31 der Berufungsbegründung, Bl. 437/441 d. A.). Zum einen teilt der Senat die Auffassung des Sachverständigen (vgl. Seite 6 des Protokolls, Bl. 482 d. A.), dass eine einzelne Dissertation aus dem Jahr 2002 keine taugliche Grundlage für die Frage sein kann, inwiefern in einem individuellen Fall im Jahr 2012 die Möglichkeit einer konservativen Behandlung der Durchführung einer Operation (zunächst) entgegensteht. Zum anderen und vor allem aber sind die Ausführungen der Klägerin hierzu unbehelflich, da sie wiederum auf der Annahme basieren, die Schmerzproblematik der Klägerin habe „nur wenige Wochen“ bestanden (Seite 28 der Berufungsbegründung, Bl. 438 d. A.), während die Beklagten, wie ausgeführt, davon ausgehen mussten, dass die Klägerin bereits seit Jahren unter schweren Schmerzen leide, die sie bereits mit starken Schmerzmitteln zu bekämpfen versucht habe.
35
6. Der Einwand der Klägerin, die OP-Indikation hätte nicht ohne vorherige fachneurologische Untersuchung erfolgen dürfen (Seiten 22 bis 24 der Berufungsbegründung, Bl. 432/434 d. A.), vermag ihrer Berufung ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen. Die diesbezüglichen Ausführungen im landgerichtlichen Urteil (Seiten 19 f., Bl. 366 f. d. A.) sind nicht zu beanstanden, auch wenn die Formulierung, der Sachverständige habe „seine medizinische Beurteilung insoweit näher erläutert und dabei auf nachvollziehbare Weise relativiert“ eventuell missverständlich erscheinen mag.
36
a) Die Formulierung des Sachverständigen in seinem im OH-Verfahren erstatteten Gutachten vom 12.02.2016 (Seite 24, Bl. 76 d. A. des OH-Verfahrens), es falle auf, „dass bereits bei den ersten Vorstellungen (Dr. R. und Dr. H.) am 25.6.2012 neurologische Störungen und Schmerzen angegeben bzw. befundet wurden, die nicht durch die Bilddiagnostik erklärt waren“, scheint zunächst dafür zu sprechen, dass eine Indikation für die Operation ohne eine vorherige fachneurologische Untersuchung nicht hätte gestellt werden dürfen.
37
b) Allerdings hat der Sachverständige bei seiner Einvernahme in der Verhandlung vom 07.11.2018 (Seite 3 des Protokolls, Bl. 201 d. A.) wie auch in der Berufungsverhandlung (Seite 7 des Protokolls, Bl. 483 d. A.) klargestellt, dass sich seine Ausführungen zu einer durch die vorhandene Bildgebung nicht erklärbaren Schmerzsituation der Klägerin nur auf die neurologischen Auffälligkeiten, nicht jedoch auf die davon zu unterscheidende Rückenschmerzproblematik beziehen, die jedoch der Anlass für die gestellte OP-Indikation war. Insofern ergibt sich auch aus dieser Aussage des Sachverständigen kein Anhaltspunkt dafür, dass die OP-Indikation verfrüht gestellt worden wäre. Diese vom Sachverständigen in der Berufungsverhandlung als teilweise Korrektur seines schriftlichen Gutachtens bezeichneten Ausführungen sind ohne Weiteres nachvollziehbar und verständlich, und aus dem zu Buchst. a) wiedergegebenen Zitat aus dem schriftlichen Gutachten ergibt sich bereits, dass sich der Sachverständige insoweit von Anfang an nur auf die neurologische Symptomatik bezogen hat, auch wenn er dieser ursprünglich nicht die davon zu unterscheidende Rückenschmerzproblematik gegenübergestellt hat.
38
7. Schließlich greifen auch die Ausführungen der Klägerin zu einem postoperativen Behandlungsfehler (Seiten 25 f. der Berufungsbegründung, Bl. 435 f. d. A.) nicht durch.
39
a) Die Klägerin setzt hier ihre Beweiswürdigung an die Stelle der ebenso umfangreichen wie gründlichen und nachvollziehbaren Beweiswürdigung des Landgerichts (Seiten 22 bis 29 des landgerichtlichen Urteils, Bl. 369/376 d. A.), deren Fehlerhaftigkeit im oben dargelegten Sinne sie nicht aufzeigt.
40
b) Weshalb das Landgericht den von ihm als gegeben erachteten Sachverhalt hinsichtlich des postoperativen Behandlungsgeschehens noch einmal dem Sachverständigen zur Bewertung hätte zuführen müssen, erschließt sich dem Senat nicht.
41
aa) Festzuhalten ist insoweit zunächst, dass die Klägerin intraoperative Behandlungsfehler mittlerweile nicht mehr geltend macht, so dass sich die Frage, ob bei der Klägerin postoperativ aufgetretene Schmerzen auf die Operation vom 24.07.2012 zurückzuführen sind, von vornherein nicht (mehr) stellt. In Betracht kommt allein, dass die Beklagten auf postoperativ aufgetretene Schmerzen der Klägerin, unabhängig von ihrer Ursache, nicht fachgerecht reagiert haben.
42
bb) Fehlerfrei hat das Landgericht angenommen, dass es jedenfalls möglich ist, dass sich das Beschwerdebild postoperativ zunächst gebessert hat, bevor in deutlichem zeitlichem Abstand zur Entlassung ein neuartiger Schmerz aufgetreten ist (Seite 29 des Urteils, Bl. 376 d. A.). Vor diesem Hintergrund legt die Klägerin von vornherein nicht dar, inwiefern die Beklagten auf postoperativ bei der Klägerin aufgetretene Schmerzen inadäquat reagiert haben sollten, zumal die Klägerin die Klinik bereits am 28.07.2012 (vier Tage nach der Operation) entgegen ärztlichen Rat auf eigene Verantwortung verlassen und sich erst am 06.08.2012 wieder in die Sprechstunde der Beklagten begeben hat. Einer diesbezüglichen Befassung des Sachverständigen bedurfte es nicht.
III.
43
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
44
2. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
45
3. Ein Grund für die Zulassung der Revision (vgl. § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) war nicht gegeben.