Inhalt

ArbG Würzburg, Endurteil v. 19.09.2022 – 10 Ca 549/22
Titel:

Ordentliche verhaltensbedingte Kündigung wegen beharrlicher Verweigerung der Testpflicht - "3G-Regelung"

Normenketten:
KSchG § 1 Abs. 2
BGB § 241 Abs. 2, §§ 273 ff., § 615
IfSG § 28b (idF vom 10.12.2021)
GewO § 106
Corona-ArbSchV § 1 Abs. 2
Leitsätze:
1. Die beharrliche Weigerung eines Arbeitnehmers, seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, ist "an sich" geeignet, eine außerordentliche fristlose Kündigung zu rechtfertigen, erst recht somit eine ordentliche Kündigung. Ein Arbeitnehmer verweigert die ihm angewiesene Arbeit beharrlich, wenn er sie bewusst und nachdrücklich nicht leisten will. Ob er zur Arbeitsleistung verpflichtet war, entscheidet sich nach der objektiven Rechtslage. Verweigert der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung in der Annahme, er handele rechtmäßig, hat grundsätzlich er selbst das Risiko zu tragen, dass sich seine Rechtsauffassung als unzutreffend erweist (vgl. BAG BeckRS 2016, 66796). (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
2. Demgemäß kann die beharrliche Weigerung des Arbeitnehmers, seine arbeitsvertraglichen Pflichten zu erfüllen, solange der Arbeitgeber auf der Einhaltung der "3G-Regelung" zum Zutritt zum Betrieb besteht, die ordentliche, verhaltensbedingte Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. (Rn. 34 – 53) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
verhaltensbedingte Kündigung, Vertragspflichtverletzung, Testpflicht, Coronavirus, SARS-CoV-2, "3G-Regelung", Zurückbehaltungsrecht
Rechtsmittelinstanz:
LArbG Nürnberg, Urteil vom 12.09.2023 – 7 Sa 8/23
Fundstelle:
BeckRS 2022, 53565

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Der Streitwert wird auf 17.586,00 € festgesetzt.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen Arbeitgeberkündigung. Der am 3.7.1972 geborene ledige und keiner weiteren Person zum Unterhalt verpflichtete Kläger war bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten seit dem 15.1.2010 im Bereich Vertrieb/Industrie als Bäckereimaschinen-Vorführer beschäftigt. Der zuletzt bezogene durchschnittliche Bruttomonatsverdienst betrug 5.862,00 €. Mit undatiertem Schreiben, dem Kläger zugestellt am 30.4.2022, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich unter Einhaltung der vertraglichen Kündigungsfrist zum 30.9.2022, hilfsweise zum nächst zulässigen Termin. Die Beklagte beschäftigt in der Regel ca. 400 Mitarbeiter. Im Betrieb der Beklagten besteht ein Betriebsrat.
2
Mit E-Mail vom 17.11.2021 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Auskunft über seine Gesundheitsdaten bekannt gebe. Selbstverständlich gebe es für ihn ausschließlich „1G“ am Arbeitsplatz und zwar „G – für GESUND“. Er teilte weiterhin mit, dass er ausschließlich gesund zur Arbeit erscheinen werde und bei etwaigen Symptomen oder Krankheitsgefühlen sich melden würde. Weiterhin müsse seiner Ansicht nach jeder Arbeitgeber vorrangig für jeden Arbeitsplatz eine Gefährdungsbeurteilung erstellen und bei Vorliegen eines Infektionsrisikos ein Schutzkonzept entwickeln und schriftlich niederlegen. Hierauf antwortete die Beklagte mit E-Mail vom 19.11.2021 und wies darauf hin, dass ihrerseits in Umsetzung der verbindlichen bayerischen Vorgaben der 14. BaylfSMV nur Personen mit vollständigem Impfschutz, Genesenennachweis oder einem negativen Coronatest Zutritt zum Firmengelände gewährt werden würde.
3
Die weitere Konversation der Parteien mittels E-Mail bezog sich dann auf die Verpflichtung zur Einhaltung der 3-G Regel, unter anderem auch bei Kunden. Mit E-Mail vom 6.12.2021 teilte die Beklagte dem Kläger dann außerdem mit:
„Nach aktueller Rechtsauffassung dürfen Sie unser Betriebsgelände nur mit einem gültigen 3-G-Nachweis betreten. Da Sie sich weigern, wird ein Verstoß gegen das Gesetz unweigerlich zu einer Abmahnung führen. Sollte es nach Ausspruch der Abmahnung zu einem erneuten Verstoß kommen, werden wir das Arbeitsverhältnis mit Ihnen beenden.“
4
Mit E-Mail vom 7.12.2021 teilte der Kläger auszugsweise wiederum Folgendes mit:
„(…) Selbstverständlich berücksichtige ich das angeordnete Hausrecht mit Zutrittsverwehrung zum Betriebsgelände und biete nach wie vor meine Arbeitsleistung gemäß meinem Arbeitsvertrag ordnungsgemäß an.
Meine Arbeitszeiterfassung wird deshalb wie gewünscht und ohne das Arbeitsverhältnis zu gefährden, bis auf weiteres über die Online-Zeiterfassung (…) dezentral erfolgen. (…)“.
5
Hierauf erwiderte die Beklagte mit E-Mail vom selben Tag:
„Sehr geehrter Herr A.,
Es bleibt dabei, wir erwarten Sie am kommenden Montag auf unserem Firmengelände. Dass Sie die Voraussetzungen für das Betreten des Geländes erfüllen ist selbstredend. Die Möglichkeit des mobilen Arbeitens sehe ich nicht.“
6
Der Kläger erhielt ab dem 13.12.2021 aufgrund seiner Weigerung der Vorlage des 3-GG Nachweises kein Entgelt mehr. Aufgrund von Urlaub und Feiertagen sind dennoch folgende Zeiträume vergütet worden: 16., 17., 20. des 23., 28. bis 31.12.2021 sowie 6.1.2022.
7
Mit Schreiben vom 13.12.2021 teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers der Beklagten auszugsweise mit:
„(…)
Mein Mandant schilderte mir, die Umgehensweise mit ihm seit Einführung der sogenannten „3G-Regel“ infolge der 14. BaylnfSMV und bittet mich hierzu direkt Ihnen gegenüber Stellung zu nehmen.
Sie befinden sich mit der Annahme der vertragsgerechten Arbeitsleistung durch meinen Mandanten im Verzug, sodass sie unabhängig von einer Arbeitsleistung meines Mandanten zur Vergütungszahlung verpflichtet bleiben. Mein Mandant hat bereits mehrfach unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er jederzeit zur vertragsgerechten Arbeitsleistung willens und in der Lage ist. Auch hierdurch biete ich Ihnen erneut die vertragsgerechte Arbeitsleistung meines Mandanten an und bitte Sie hierher – auch in Textform – mitzuteilen, dass Sie nunmehr wieder bereit sind, die Arbeitsleistung meines Mandanten insbesondere ohne Einhaltung der sogenannten „3G-Regel“ anzunehmen.
(…)
Eine Weisung nach § 106 GewO muss billigem Ermessen entsprechen. Derzeit drängt sich der Verdacht auf, dass sie die Persönlichkeitsrechte meines Mandanten betreffend seine Gesundheit und auch seines Rechts auf informationelle Selbstbestimmung dabei gar nicht berücksichtigt haben. (…) Nach der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung handelt es sich bei den Tests nicht um eine persönliche Schutzmaßnahme. Arbeitsschutz rechtlich ist der Arbeitgeber insofern nur verpflichtet ein Testangebot unterbreiten. Arbeitnehmer können nicht zur Annahme dieses Testangebotes verpflichtet werden. Die offenkundig rechtswidrige Verordnung der Bayerischen Landesregierung ist nicht geeignet, diese jüngst durch den Bundesgesetzgeber bestätigte SARS-Cov-2-Arbeitsschutzverordnung außer Kraft zu setzen oder zu verschärfen.
(…)
Auch der seit 14.11.2021 geltende § 28 b IfSG gebietet keine andere Vorgehensweise. Diese Vorschrift ist schon nicht darauf gerichtet, arbeitsvertragliche Verpflichtungen zu modifizieren. Außerdem ist sie ausweislich ihres eindeutigen und unmissverständlichen Wortlautes gerade nicht auf das Arbeitsverhältnis mit meinem Mandanten anzuwenden. Bei Ihrem Betrieb handele sich nämlich nicht um eine „Arbeitsstätte, in denen physische Kontakte von Arbeitgebern und Beschäftigten untereinander oder zu Dritten nicht ausgeschlossen schlossen werden können“ (§ 28[b] Abs. 1 S. 1 lfSG). der Umstand, dass in ihren Betrieb physische Kontakte sehr wohl ausgeschlossen werden können ist bereits seit 20 Monaten eindrucksvoll belegt und sollte nicht weiter umstritten sein. Dass der Gesetzgeber alle Arbeitsstätten erfassen wollte ist angesichts des eindeutigen Wortlauts hier nicht relevant.
Selbst wenn § 28 b IfSG auf das Arbeitsverhältnis meines Mandanten anwendbar wäre, hätte er unmittelbar zur Folge, dass der Arbeitgeber aufgefordert wird, den Arbeitsvertrag zu brechen. Aus der allgemeinen Fürsorgepflicht zwischen den Arbeitsvertragsparteien folgt jedoch, dass Sie insofern die gezielte Diskriminierung und auch Schädigung meines Mandanten als Ungeimp[f]ten zu verweigern haben. Gegenüber meinem Mandanten sind Sie ausschließlich arbeitsvertraglich verpflichtet und können nicht stellvertretend für den rechtswidrig handelnden Staat agieren.
Bitte teilen Sie deshalb hierher bis zum 17. Dezember 2021 mit, dass sie wie oben erläutert zur pflichtgemäßen Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bereit sind und wann mein Mandant wieder an seinen Arbeitsplatz erscheinen soll.“
8
Mit Schreiben vom 21.12.2021 erhielt der Kläger eine Abmahnung aufgrund seiner Weigerung, einen 3G-Nachweis vor dem Betreten des Unternehmens vorzulegen. Ebenso erhielt er unter dem gleichen Datum eine weitere Abmahnung aufgrund von gemeldeten Zeitdaten für den Zeitraum 13.12. bis 15.12.2021, bei welchen den Kläger ein mobiles Arbeiten angab.
9
Mit E-Mail vom 3.1.2022 teilte der Kläger der Beklagten unter anderem Folgendes mit (vgl. Bl. 32 d.A.)
„… Bereits mehrfach wurde meinem Arbeitgeber unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass ich jederzeit zur vertragsgerechten Arbeitsleistung Willens und in der Lage bin.
Aufgrund der von Herrn Rechtsanwalt B., als mein Prozessbevollmächtigten diese Angelegenheit, eingeräumten aber leider fruchtlos verstrichenen Frist zum 17.12.2021 zur Einwilligung, dass mein Arbeitgeber zur pflichtgemäßen Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bereit ist (mit Schreiben vom 13.12.2021 eingehend erläutert) sowie wegen unberechtigt einbehaltener und dadurch ausstehender Gehaltszahlungen für Dezember 2021, bleiben für mich Kundeneinsätze vor Ort bis auf Weiteres verwehrt. (…)“
10
Am 4.1.2022 erhielt der Kläger eine weitere Abmahnung aufgrund von Zeitenmeldungen für den Zeitraum 20.12.2021 bis 3.1.2022. Ob der Kläger hier Arbeitsleistungen erbracht hat, ist erneut streitig.
11
Unter dem Datum 18.3.2022 richtete der Prozessbevollmächtigte des Klägers ein weiteres Schreiben an die Beklagte, welches auszugsweise wie folgt lautet:
„Mit Mitarbeiterinformation vom 16.03.2022 teilten Sie unter anderem meinem Mandanten mit, dass ab Montag dem 21.03.2022 kein „3G-Nachweis“ mehr vorgelegt werden müsse. Zunächst einmal hält mein Mandant an der insbesondere vom Gesetzeswortlaut sicher getragenen Rechtsauffassung fest, dass in Ihrem Betrieb zu keinem Zeitpunkt gesetzlich eine arbeitsvertragliche Grundlage für eine Verpflichtung zur Vorlage insbesondere eines Testnachweises begründet worden ist. Sie befinden sich deshalb bereits seit Monaten im Annahmeverzug, d.h. schulden meinem Mandanten Annahmeverzugsvergütung in Höhe des nach dem Lohnausfallprinzip zu berechnenden regulären Vergütungsanspruch meines Mandanten. Diese rückständige Vergütung beträgt inzwischen über zweieinhalb Monatsvergütungen.
Wegen dieses Gegenanspruchs macht mein Mandant ab dem 21.3.2022 von seinem
Zurückbehaltungsrecht
Gebrauch. Mein Mandant wird seine Arbeitsleistung erst dann wieder erbringen, wenn die Vergütungsrückstände nachgezahlt sind. Sie bleiben für die Zeit des ausgeübten Zurückbehaltungsrechts aber weiterhin zur Zahlung der vertragsgemäßen Vergütung verpflichtet.“
12
Unter dem Datum 21.3.2022 erhielt der Kläger erneut eine Abmahnung, welche auszugsweise wie folgt lautet:
„(…). Leider sehen wir uns gezwungen Sie Erneut abzumahnen, da Sie Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten in schwerwiegender Weise verletzt haben:
Sie wurden heute am 21. März 2022 zum Beginn der Kernarbeitszeit um 8.15 in Kitzingen erwartet. Urlaub war für diesen Tag nicht genehmigt. Auch war keine sonstige Freistellung vereinbart worden. Dennoch sind Sie heute am 21. März 2022 um 8.15 Uhr nicht zur Arbeit an unserem Standort erschienen. In dem Schreiben Ihres Anwalts vom 19.03.2022 wird Ihre Weigerung der Arbeitsaufnahme dokumentiert. Dieses Verhalten können wir nicht akzeptieren, da angeblich ausstehende Zahlungen kein zukünftiges Arbeitsverweigerungsrecht darstellen.
Sie fehlen somit unentschuldigt. Ihr Verhalten stellt eine Verletzung ihrer Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis dar. Bei ordnungsgemäßen Verhalten hätten Sie Ihre Arbeit zum vereinbarten Zeitpunkt aufgenommen.
Wir sind nicht gewillt, Ihr oben dargestelltes Fehlverhalten hinzunehmen und erteilen Ihnen hiermit eine
Abmahnung
Wir fordern Sie außerdem ausdrücklich auf, das oben dargestellte Verhalten sowie gleichartiges Verhalten zukünftig zu unterlassen und Ihre Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß zu erfüllen.
Sollten Sie dieser Aufforderung nicht Folge leisten, müssen Sie im Wiederholungsfall mit weiteren arbeitsrechtlichen Konsequenzen bis hin zu einer Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses rechnen.“
13
Ein weiteres Schreiben der Beklagten unter dem Datum 21.3.2022 lautet auszugsweise wie folgt:
„Spätester Arbeitsbeginn am Donnerstag den 24.03.2022
Sehr geehrte Herr A.
Hiermit fordern wir Sie letztmalig auf Ihren vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen. Sollten Sie bis zum kommenden Donnerstag den
24. März 2022
Ihre Tätigkeit in unserem Unternehmen in Kitzingen nicht aufnehmen, so werden wir Maßnahmen zur Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses umsetzen.
Da sie aktuell nicht ihren arbeitsvertraglichen Verpflichtungen nachkommen sehen wir uns
nicht in der Lage eine Entlohnung an sie auszuzahlen.“
14
§ 28 b Abs. 1 S. 1 bis 3 sowie Abs. 3 S. 1 und 4 IfSG lauteten in der ab 24.11.2021 bis 19.03.2022 gültigen Fassung
„Arbeitgeber und Beschäftigte dürfen Arbeitsstätten, in denen physische Kontakte von Arbeitgebern und Beschäftigten untereinander oder zu Dritten nicht ausgeschlossen werden können, nur betreten und Arbeitgeber dürfen Transporte von mehreren Beschäftigten zur Arbeitsstätte oder von der Arbeitsstätte nur durchführen, wenn sie geimpfte Personen, genesene Personen oder getestete Personen im Sinne des § 2 Nummer 2, Nummer 4 oder Nummer 6 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung vom 8. Mai 2021 (BAnz AT 08.05.2021 V1) sind und einen Impfnachweis, einen Genesenennachweis oder einen Testnachweis im Sinne des § 2 Nummer 3, Nummer 5 oder Nummer 7 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung vom 8. Mai 2021 (BAnz AT 08.05.2021 V1) mit sich führen, zur Kontrolle verfügbar halten oder bei dem Arbeitgeber hinterlegt haben. Sofern die dem Testnachweis zugrunde liegende Testung mittels Nukleinsäurenachweis (PCR, PoC-PCR oder weitere Methoden der Nukleinsäureamplifikationstechnik) erfolgt ist, darf diese abweichend von § 2 Nummer 7 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung vom 8. Mai 2021 (BAnz AT 08.05.2021 V1) maximal 48 Stunden zurückliegen.
(…)
3. Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeiten in deren Wohnung auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen. Die Beschäftigten haben dieses Angebot anzunehmen, soweit ihrerseits keine Gründe entgegenstehen (…)
4. Alle Arbeitgeber sowie die Leitungen der in Absatz 2 Satz 1 genannten Einrichtungen und Unternehmen sind verpflichtet, die Einhaltung der Verpflichtungen nach Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 1 durch Nachweiskontrollen täglich zu überwachen und regelmäßig zu dokumentieren.“
bzw. § 28 b Abs. 1 S. 1 IfSG ab 11.12.2021 bis 19.03.2022:
„Arbeitgeber und Beschäftigte dürfen Arbeitsstätten, in denen physische Kontakte von Arbeitgebern und Beschäftigten untereinander oder zu Dritten nicht ausgeschlossen werden können, nur betreten und Arbeitgeber dürfen Transporte von mehreren Beschäftigten zur Arbeitsstätte oder von der Arbeitsstätte nur durchführen, wenn sie geimpfte Personen, genesene Personen oder getestete Personen im Sinne des § 2 Nummer 2, Nummer 4 oder Nummer 6 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung in der jeweils geltenden Fassung sind und einen Impfnachweis, einen Genesenennachweis oder einen Testnachweis im Sinne des § 2 Nummer 3, Nummer 5 oder Nummer 7 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung in der jeweils geltenden Fassung mit sich führen, zur Kontrolle verfügbar halten oder bei dem Arbeitgeber hinterlegt haben. Sofern die dem Testnachweis zugrunde liegende Testung mittels Nukleinsäurenachweis (PCR, PoC-PCR oder weitere Methoden der Nukleinsäureamplifikationstechnik) erfolgt ist, darf diese abweichend von § 2 Nummer 7 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung in der jeweils geltenden Fassung maximal 48 Stunden zurückliegen.“
15
Der Kläger hatte für den Zeitraum 13.12.2021 bis 18.3.2022 Tätigkeitsnachweise über seine online eingereichten Arbeitszeiten angefertigt (vgl. Bl. 64-73 d.A.). diese lauten exemplarisch wie folgt:
„24.01.22
Arbeitszeit: 06:47 Uhr-16:14 Uhr – online eingereicht
- Organisatorische Arbeiten
- Recherche: „Verbesserung der teigtechnologischen Eigenschaften für die Frischehaltung von Backwaren aller Art“
- Weiterentwicklung des backtechnologischen Wissens, „Backen ohne Backmittel“
25.01.22
Arbeitszeit: 06:47 Uhr-16:14 Uhr – online eingereicht
- Organisatorische Arbeiten
- Recherche: „Verbesserung der teigtechnologischen Eigenschaften für die Frischehaltung von Backwaren aller Art“
- Weiterentwicklung des backtechnologischen Wissens, „Backen ohne Backmittel“
- Telko: I, …@…
B., Projekt …, …“
16
Ab 01.02.2022 bis einschließlich 18.3.2022 weisen die bei Gericht eingereichten Arbeitszeitberichte bis auf drei Telefonkonferenzen keine konkrete Arbeitstätigkeit mehr aus.“
17
Dem Betriebsrat der Beklagten wurde unter dem Datum 19.4.2022 ein Anhörungsschreiben übergeben, welches auszugsweise wie folgt lautet:
„Mit Schreiben vom 21.12.2021 erhielt Herr A. eine Abmahnung aufgrund seiner Weigerung einen 3-G-Nachweis vor dem Betreten des Unternehmens vorzulegen. Ebenso erhielt er mit gleichem Datum eine weitere Abmahnung aufgrund von Zeitdaten für den Zeitraum 13.12. bis 15.12.2021. Hier war er nach seinen Angaben im mobilen Arbeiten für uns tätig, was jedoch aufgrund seiner Arbeitsaufgabe nicht möglich war. Aufgrund der Weigerung des 3-G-Nachweis ist er seit dem 13.12.2021 nun ohne Entgelt von uns Ausnahmen sind:
16.12.-17.12.2021, 20.12.-23.12.2021, 28.12.-31.12.2021 Urlaub
06.01.2022 Feiertag
Am 04.01.2022 erhielt er eine weitere Abmahnung aufgrund von Zeitmeldungen für den Zeitraum 20.12.-03.01.2022. Hier steht weiterhin der Verdacht des Arbeitszeitbetrugs im Raum.
Bereits am 03.01.2022 teilte er uns mit, dass er bis zur Begleichung der angeblich zu Unrecht einbehaltenen Beträge ein Einsatz bei Gründen nicht erfolgen wird.
Nach Ende der 3-G-Regelung am 21.03.2022 haben wir Ihn erneut abgemahnt, da er nicht zur Arbeit erschienen ist. Gleichzeitig haben wir Ihn mit einem weiteren Schreiben aufgefordert, seine Tätigkeit bis zum 24.03.2022 aufzunehmen. Dies hat er nicht getan. Sein Rechtsanwalt hatte uns am 18.3.2022 darauf hingewiesen, dass er seine Tätigkeit erst dann aufnehmen wird, wenn die ausstehenden Zahlungen für den Zeitraum der 3-G-Pflicht geleistet wurden.
Aufgrund der Weigerung seinen arbeitsvertraglichen Verpflichtungen nachzukommen, möchten wir das Arbeitsverhältnis durch eine ordentliche Kündigung zum 30.09.2022 kündigen.
Der Betriebsrat wird um Stellungnahme zur Kündigung und Rückgabe dieses Schreibens bis zum 27.4.2022 gebeten.“
18
Dieses wurde vom Betriebsratsvorsitzenden unterzeichnet mit der angekreuzten Variante der Stellungnahme „Zur Kenntnisnahme“ am 20.4.2022 zurück an die Personalabteilung übergeben.
19
Der Kläger ist der Ansicht, dass einseitige Änderungen der arbeitsvertraglichen Pflichten nur im Rahmen des § 106 Gewerbeordnung bewirkt werden könnten. Voraussetzung hierfür sei eine arbeitgeberseitige Weisung in Bezug auf das individuelle Vertragsverhältnis, welche billigem Ermessen entsprechen müsse. Weder habe es im Betrieb der Beklagten individuelle arbeitgeberseitige Weisungen zur Frage von Testnachweisen Ungeimpfter gegeben, noch sei ihm eine derartige Weisung erteilt worden. Seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen seien daher über den November 2021 bis zum heutigen Tage unverändert geblieben. Eine Verpflichtung seinerseits den Betrieb der Beklagten nur nach Vorlage eines Testnachweises zu betreten, gebe es nicht. Nach der seit Januar 2021 geltenden Arbeitsschutzverordnung sehe das Arbeitsschutzrecht keine Testverpflichtung der Arbeitnehmer mehr vor, sondern lediglich eine Pflicht zu einem Testangebot für die Arbeitgeber vor. Hierauf komme es jedoch vorliegend nicht an. Voraussetzung für eine wirksame Weisung wäre nämlich zumindest eine Gefährdungsbeurteilung sowie ein daraus entwickeltes Schutzkonzept, welche beide schriftlich niederzulegen gewesen wären. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Es müsse für jeden Arbeitsplatz eine Gefährdungsbeurteilung erstellt und Feststellungen darüber getroffen werden, ob ein Infektionsrisiko bestehe. Er habe nur ankündigungsgemäß die tatsächlichen im Home-Office erbrachten Arbeitszeiten sowie die regulären Arbeitszeiten für die Berechnung der Annahmeverzugsvergütung gemeldet. Er habe nicht unentschuldigt am Arbeitsplatz gefehlt. Soweit die Beklagte ihn zum Erscheinen ab dem 24.03.2022 aufgefordert hat, folge aus seinem Nichterscheinen ebenfalls keine Pflichtverletzung. Er habe hier wirksam ab dem 21.3.2022 von seinem Zurückbehaltungsrecht aufgrund des Annahmeverzuges und der daraus sich ergebenden Vergütungsansprüche Gebrauch gemacht.
20
Einen ursprünglich ebenfalls angekündigten Antrag auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis über den 30.9.2022 hinaus andauert, hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.
21
Er beantragt daher zuletzt,
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die dem Kläger am 30. April.2022 zugegangene ordentliche Kündigung der Beklagten nicht aufgelöst werden wird.
22
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
23
Sie ist der Ansicht, dass der Kläger in gravierender Weise gegen seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen verstoßen habe. Ein Zurückbehaltungsrecht habe ihm nicht zugestanden. Bei der bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung bzw. des § 28 b IfSG habe sich es um geltendes Recht gehandelt, welches unter anderem eine 3G-Regelung am Arbeitsplatz vorgesehen habe. Weder der Kläger, noch dessen Prozessbevollmächtigter seien berechtigt gewesen, über die Gültigkeit der zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechtslage zu entscheiden. Sie habe richtigerweise die geltenden Vorschriften in den Betrieb umgesetzt. Hätte sie dies nicht getan, hätte sie ein Bußgeld riskiert. Sie sei gemäß § 618 Abs. 1 BGB verpflichtet gewesen, die Arbeitsleistung so zu gestalten, dass die Mitarbeiter gegen Gefahren für Leib, Leben und die Gesundheit geschützt gewesen sein. Hierbei hätten die öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutznormen des Arbeitsschutzgesetzes den Inhalt dieser Fürsorgepflicht konkretisiert. Sie habe unter anderem am 16.11.2021 erneut von ihrem Weisungsrecht Gebrauch gemacht und die Mitarbeiter über die Umsetzung der 3-G-Regelung am Arbeitsplatz informiert. Diese Mitarbeiterinformationen und Weisungen hätten auf eine sorgfältig erarbeitete Gefährdungsbeurteilung sowie eines hieraus entwickelten Schutzkonzeptes beruht. Soweit hätten unter anderem auch seit Beginn der Pandemie wöchentliche Coronameetings stattgefunden.
24
Eine Arbeit des Klägers im Home-Office sei tätigkeitsbedingt nicht möglich gewesen. Als Teigtechnologe sei der Schwerpunkt seiner Tätigkeit die Durchführung von Kundendemos sowie der Vorbereitung dieser und die Kundeninbetriebnahme vor Ort gewesen. Eine Einrichtung bedürfe zwingend menschliche Tätigkeit an der Maschine vor Ort. Die Inbetriebnahme könne weder per Internetmeeting noch sonstiger Telefonkonferenz erfolgen. Organisatorische Arbeiten, Recherchearbeiten und Telefonkonferenzen machten lediglich einen sehr geringen Bruchteil der Tätigkeit aus und rechtfertigten keine Vollzeittätigkeit bzw. wie vom Kläger teilweise von 6:39 bis 16:05 Uhr geltend gemacht. Seine eigentliche Haupttätigkeit, sprich die Inbetriebnahme von Maschinen, würden dessen Tätigkeitsnachweise nicht verzeichnen. Der Kläger habe somit ab 24. März 2022 mangels Zurückbehaltungsrecht unentschuldigt gefehlt.
25
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie das Protokoll über die mündliche Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe

26
Die Klage ist zulässig aber unbegründet. Die streitgegenständliche Kündigung vom 30.04.2022 ist sozial gerechtfertigt und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf des 30.09.2022 aufgelöst, § 1 Abs. 2 KSchG.
I.
27
Die Klage ist zulässig.
28
1. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist eröffnet, da die Parteien über den Bestand eines Arbeitsverhältnisses streiten, § 2 Abs. 1 Nr. 3 b) ArbGG.
29
2. Die örtliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Würzburg ergibt sich aus § 17 Abs. 1 ZPO.
II.
30
Die Klage unbegründet.
31
1. Die streitgegenständliche Kündigung ist durch Gründe in dem Verhalten des Klägers sozial gerechtfertigt, § 1 Abs. 2 KSchG.
32
a) Sowohl der persönliche, als auch der betriebliche Geltungsbereich des KSchG sind eröffnet, §§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 KSchG.
33
b) Eine Kündigung ist aus Gründen im Verhalten des Arbeitnehmers gem. § 1 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 KSchG sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat, eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht und die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile angemessen erscheint. Ein nachhaltiger Verstoß des Arbeitnehmers gegen berechtigte Weisungen des Arbeitgebers stellt eine Vertragspflichtverletzung dar, die eine Kündigung zu rechtfertigen vermag. Ebenso kann eine erhebliche Verletzung der den Arbeitnehmer gem. § 241 Abs. 2 BGB treffenden Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers eine Kündigung rechtfertigen. Eine Pflichtverletzung ist vorwerfbar, wenn der Arbeitnehmer seine ihr zu Grunde liegende Handlungsweise steuern konnte. Ein Verhalten ist steuerbar, wenn es vom Willen des Arbeitnehmers beeinflusst werden kann. Dies ist nicht der Fall, wenn dem Arbeitnehmer die Pflichterfüllung aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen subjektiv nicht möglich ist (BAG, Urt. v. 3.11.2011 – 2 AZR 748/10, juris).
34
c) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die beharrliche Weigerung eines Arbeitnehmers, seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, sogar „an sich“ geeignet, eine außerordentliche fristlose Kündigung zu rechtfertigen, erst recht somit eine ordentliche Kündigung. Ein Arbeitnehmer verweigert die ihm angewiesene Arbeit beharrlich, wenn er sie bewusst und nachdrücklich nicht leisten will. Ob er zur Arbeitsleistung verpflichtet war, entscheidet sich nach der objektiven Rechtslage. Verweigert der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung in der Annahme, er handele rechtmäßig, hat grundsätzlich er selbst das Risiko zu tragen, dass sich seine Rechtsauffassung als unzutreffend erweist (vgl. BAG, Urt. v. 22.10.2015 – 2 AZR 569/14, juris).
35
aa) Der Kläger hat vorliegend seit Ende der 3G-Pflicht ab Montag, den 21.3.2022 seine Arbeitsleistung unter Berufung auf ein vermeintliches Zurückbehaltungsrecht im Hinblick der ihm seiner Ansicht nach seit 13.12.2021 seit ca. vier Monaten zustehenden Annahmeverzugsvergütung rechtswidrig verweigert.
36
(a) Nach § 273 Abs. 1 BGB kann der Schuldner, der aus demselben Rechtsverhältnis, auf dem seine Verpflichtung beruht, einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger hat, sofern sich nicht aus dem Schuldverhältnis ein anderes ergibt, die geschuldete Leistung verweigern, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird. Dieses Zurückbehaltungsrecht kann auch der Arbeitnehmer grundsätzlich an seiner Arbeitsleistung ausüben, wenn er einen fälligen Lohnanspruch gegen den Arbeitgeber erworben hat und der Arbeitgeber nicht erfüllt (vgl. nur BAG vom 25.10.1984 – Az. 2 AZR 417/83, NZA 1985, 255). Einschränkend verbietet es aber der Grundsatz von Treu und Glauben dem Arbeitnehmer, seine Arbeitsleistung wegen eines verhältnismäßig geringfügigen Lohnanspruchs zurückzuhalten (§ 320 Abs. 2 BGB analog).
37
(b) Als der Kläger am 3.1.2022 erstmalig von seinem Zurückbehaltungsrecht insoweit Gebrauch gemacht hat, dass er einwandte, ihm sei – neben einer fehlenden Erklärung der Beklagten über eine pflichtgemäße Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses – wegen der ausstehenden Gehaltszahlungen ein „Kundeneinsatz vor Ort bis auf Weiteres verwehrt“, bestand aber zu diesem Zeitpunkt in Anbetracht der unstreitig vergüteten Feiertage und Urlaubszeiten ab dem 13.12.2021 nur ein theoretischer Vergütungsrückstand von weniger als einem halben Monat. Dies ist als verhältnismäßig geringfügig anzusehen (vgl. LAG Nürnberg Urt. v. 01.06.2021 – 7 Sa 473/20 [Rz. 60], juris) und führt dazu, dass sich die Beklagte allein schon deshalb in Anbetracht der Geltendmachung eines nichtzustehenden Zurückbehaltungsrechtes und damit nicht erfolgter ordnungsgemäßer Anbietung der Arbeitsleistung nicht mehr im Annahmeverzug befunden hätte.
38
(c) Unabhängig hiervon befand sich die Beklagte aber entgegen der Auffassung des Klägers ohnehin seit 13.12.2021 nicht im Annahmeverzug bezüglich seiner Arbeitsleistung, §§ 293 ff. BGB. Dem Kläger stand demzufolge auch weder 3.1.2022 noch ab 24.1.2022 ein Zurückbehaltungsrecht zu, § 273 BGB.
39
(1) Nach § 615 S. 1 BGB hat der Arbeitgeber die gem. § 611 a Abs. 2 BGB vereinbarte Vergütung fortzuzahlen, wenn er mit der Annahme der Dienste in Verzug gerät. Nach § 293 BGB kommt der Arbeitgeber in Annahmeverzug, wenn er im erfüllbaren Arbeitsverhältnis die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Im unstreitig bestehenden Arbeitsverhältnis muss der Arbeitnehmer die Leistung grundsätzlich tatsächlich anbieten, § 294 BGB. Der Arbeitnehmer muss die Arbeitsleistung so anbieten, wie sie zu bewirken ist, also am rechten Ort, zur rechten Zeit und in der rechten Art und Weise entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen bzw. deren Konkretisierung kraft Weisung nach § 106 S. 1 GewO. Ein wörtliches Angebot genügt (nur), wenn der Arbeitgeber ihm erklärt hat, er werde die Leistung nicht annehmen oder sei nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer in einem die tatsächliche Heranziehung übersteigenden Umfang zu beschäftigen (§ 295 BGB). Ein Angebot der Arbeitsleistung kann ausnahmsweise entbehrlich sein, wenn offenkundig ist, dass der Gläubiger auf seiner Weigerung, die geschuldete Leistung anzunehmen, beharrt (BAG, Urt. v. 1.6.2022 – 5 AZR 28/22, juris).
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(2) Der Kläger hat ab 13.12.2021 seine Arbeitsleistung unter Berufung auf eine Nichtgeltung der von der Beklagten umgesetzten 3G-Regel im Betrieb unstreitig nicht mehr vor Ort angeboten, bzw. dann mit Email vom 3.1.2022 außerdem sogar mitgeteilt, dass ihm u.a. bis zur Begleichung der „zu Unrecht“ einbehaltenen Beträge „Kundeneinsätze vor Ort bis auf Weiteres verwehrt“ seien. Die von seinem Prozessbevollmächtigten geäußerten und vom Kläger spätere ausdrücklich aufgegriffenen Rechtsansichten zu – dem ab diesem Zeitpunkt ebenfalls maßgeblichen – § 28 b IfSG finden aber weder in dessen Wortlaut, noch im Gesetzgebungsverfahren eine Stütze. Auf die Regelungen der 14. bzw. 15. BaylfSMV braucht an dieser Stelle und auch im Folgendem daher nicht näher eingegangen werden. Für den Kläger kam damals die 3G-Regelung zur Anwendung, weshalb auf Grund seiner Weigerung der Einhaltung eine rechtliche Unmöglichkeit der Arbeitsleistung eingetreten und damit der Annahmeverzug ausgeschlossen war, § 275 BGB.
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(3) Soweit der Kläger meint, es wären – oder zumindest könnten – bei seiner Tätigkeit „physische Kontakte von Arbeitgebern und Beschäftigten untereinander oder zu Dritten“ i.S.d. § 28 b IfSG a.F. ausgeschlossen werden und somit eine Ausnahme der 3-G-Pflicht gegeben sein, ist dies ersichtlich nicht der Fall. Die Formulierung „physische Kontakte“ im Sinne von § 28 b Abs. 1 S. 1 IfSG a.F. liegt nach – soweit ersichtlich auch einhelliger Meinung – bereits dann vor, wenn bei der Tätigkeit ein Zusammentreffen mit anderen Personen nicht ausgeschlossen werden kann, auch wenn es zu keinem direkten Körperkontakt kommt (vgl. nur Gerhardt IfSG § 28 b Rn. 13 zu § 28 b Abs. 1 n.F.). Maßgebend für die Gesetzesauslegung ist der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den die Regelung hineingestellt ist. Der Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers dienen die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung aus dem Wortlaut der Norm, der Systematik, ihrem Sinn und Zweck sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte. Unter diesen Methoden hat keine unbedingten Vorrang. Welche Regelungskonzeption der Gesetzgeber mit dem von ihm gefundenen Wortlaut tatsächlich verfolgt, ergibt sich unter Umständen erst aus den anderen Auslegungsgesichtspunkten. Wird daraus der Wille des Gesetzgebers klar erkennbar, ist dieser zu achten (vgl. nur BAG Urt. v. 26.4.2022 – 9 AZR 228/21, juris).
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(4) Konkret führt der Regierungsentwurf insoweit zu Abs. 5 a.F. und damit dem Vorgänger zu Abs. 1 aus: „Gleichzeitig werden für die genannten Bereiche Ausnahmen für Beschäftigte und Arbeitgeber von diesen Nachweispflicht[en] vorgesehen, insofern diese keine tätigkeitsbedingten physischen Kontakte zu anderen Personen haben. Von physischen Kontakten ist grundsätzlich auszugehen, wenn bei der Tätigkeit ein Zusammentreffen mit anderen Personen nicht ausgeschlossen werden kann, auch wenn es zu keinem direkten Körperkontakt kommt (BT-Drs. 20/89; BT-Drs. 20/188, 46 zu Abs. 5 a.F.)“. Hiernach wird somit entgegen der Auffassung des Klägers gerade aus dem Gesetzgebungsverfahren klar erkennbar, dass „physische Kontakte“ nicht auf direkte Kontakte beschränkt sein sollte. Dies ist in Anbetracht der Tatsache, dass Covid-19 bekanntermaßen maßgeblich im Wege einer Aerosolübertragung und nicht durch eine Kontaktinfektion übertragen wird, auch schlüssig. Darüber hinaus dürfte es im Arbeitsleben eher die Ausnahme sein, dass Fälle „physischer Kontakte von Arbeitgebern und Beschäftigten untereinander“ im Sinne einer tatsächlichen körperlichen Berührung stattfinden. Dass ein Zusammentreffen mit anderen nicht ausgeschlossen sein darf, ergibt sich an sich auch bereits aus dem Normtext und muss nicht nochmal in den Begriff des „physischen Kontakts“ hineingelesen werden. Zur Annäherung an den Begriff empfiehlt sich deshalb ein anhand infektionsepidemiologischer Kriterien orientierter Ansatz, wonach Personen sich hierfür also nicht direkt berühren, aber sich aber dennoch in einer gewissen räumlichen Nähe zueinander befinden müssen, wobei hier eine Entfernung von 1,5 m eine Orientierung bietet. Für die Bejahung des Tatbestands genügt somit, wenn ein solches physische Zusammentreffen nicht ausgeschlossen werden kann (BeckOK InfSchR/Johann/Gabriel, 10. Ed. 15.1.2022, IfSG § 28 b Rn. 12 f.; Müller/Becker, Die Anwendung der 3G-Regelung in der betrieblichen Praxis, ArbRAktuell 2021, 683 (684)). Konkret auf den Arbeitsplatz des Klägers bezogen ist dies im Hinblick auf „physische Kontakte“ allein schon deshalb nicht der Fall, da dessen arbeitsvertragliche Hauptaufgaben u.a. in der Durchführung von Kundendemos im Betrieb der Beklagten besteht. Inwieweit es hier ausgeschlossen sein soll – und nur hierauf kommt es an –, dass ein Unterschreiten der 1,5 m stattfindet, insbesondere da es auch um ein Verhalten von Dritten geht, trägt der Kläger schon selbst nicht vor. Eine Verpflichtung der Beklagten ihren Betrieb zu umzuorganisieren, dass ein solcher „physischer Kontakt“ ausgeschlossen werden kann, besteht ebenfalls nicht, wie sich bereits aus § 2 Abs. 2 und 3 Corona-ArbSchVO ergibt.
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(5) Es geht vorliegend nach Ansicht des Gerichts auch nicht um die Frage der Rechtmäßigkeit einer Weisung der Beklagten zur Umsetzung von arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften, § 106 S. 2 i.V.m. S. 1 GewO. Diese Thematik wäre einschlägig, sofern es um die Umsetzung von Arbeitsschutzanforderungen geht, dies keine klar definierten Maßnahmen zwingend vorgeben (vgl. BAG, Urt. v. 1.6.2022 – 5 AZR 28/22, juris). Dieser Fall ist aber vorliegend nicht gegeben. Die Beklagte hat konkret nur die aus ihrer Sicht seit 13.12.2021 bestehende Rechtslage befolgt.
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(6) Ebenfalls ist nicht relevant, ob eine gesetzliche Regelung wie die 3G-Pflicht nach § 28 b Abs. 1 S. 1 IfSG eine „Vertragsänderung“ herbeiführen kann oder nicht, wie der Kläger meint. Die arbeitsvertraglichen Verpflichtungen des Klägers stehen selbstredend nur unter den Einschränkungen des geltenden öffentlichen Rechtes, ebenso wie damit auch das Weisungsrecht des Arbeitgebers, § 106 S. 1 GewO.
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(7) Soweit der Kläger anführt, dass die Beklagte eine Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG bzw. § 2 Abs. 3 Corona-ArbeitSchVO hätte vornehmen müssen, ist dem Gericht nicht nachvollziehbar, welche Rechtsfolge der Kläger hieraus ableiten möchte. Dieser Anspruch besteht zwar unzweifelhaft und wäre auch einklagbar (ErfK/Roloff ArbSchG § 5 Rn. 1). Es geht dem Kläger aber gerade soweit ersichtlich jedoch nicht um „seine“ Arbeitssicherheit, sprich welche Maßnahmen aus Sicht des Arbeitsschutzes bezüglich der für ihn mit seiner Arbeit verbundenen Gefährdungen für sich und Dritte (§ 15 Abs. 1 ArbSchG) nach Beurteilung des Arbeitsgebers nötig sind. Der Kläger macht vielmehr eine rechtswidrige Beeinträchtigung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die gesetzliche 3G-Regelung nach § 28 b Abs. 1 IfSG geltend, die der Arbeitgeber aus seiner Sicht aus Fürsorgegesichtspunkten zu verhindern hätte.
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(8) Die Beklagte war auch nicht verpflichtet gewesen, dem Kläger einen Home-Office-Arbeitsplatz anzubieten. Die Hauptbeschäftigung des Klägers bestand in der Produktvorführung vor Ort sowie der Inbetriebnahme von Maschinen, was schwerlich aus dessen Wohnung heraus zu bewerkstelligen ist, § 28 b Abs. 3 IfSG a.F..
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(9) Aus den zuvor genannten Gründen kann auch dahingestellt bleiben, welche Tätigkeiten der Kläger von zu Hause verrichtet haben will. Es wären ohnehin keine arbeitsvertraglich geschuldeten gewesen.
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(10) Soweit der Kläger anführt, dass die Beklagte aus allgemeinen Fürsorgegesichtspunkten ihn gegen den aus seiner Sicht rechtswidrig agierenden Staat und damit contra legem hätte beschäftigen und die Verhängung eines Bußgeldbescheides hinnehmen müssen, ist eine solche Pflicht nicht existent. Es liegt vielmehr ein Fall der rechtlichen Unmöglichkeit vor, da der Schuldner zur Bewirkung der Leistung gegen die Rechtsordnung verstoßen müsste. Das zivilrechtliche Sollensgebot tritt hinter der entgegenstehenden Rechtslage zurück; dies wahrt die „Einheit der Rechtsordnung“ (vgl. MüKoBGB/Ernst BGB § 275 Rn. 48; Harländer/Otte: Arbeitsrechtliche Konflikte im Rahmen der Pandemiebekämpfung NZA 2022, 160; Fuhlrott/Schäffer: 3G im Betrieb und Homeoffice: Fragestellungen bei Umsetzung der neuen gesetzlichen Vorgaben NZA 2021, 1679).
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bb) Die mangels Zurückbehaltungsrecht rechtwidrige Weigerung der Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung durch den Kläger erfolgte auch bewusst und nachhaltig.
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(a) Der Kläger wurde von der Beklagten mit Schreiben vom 21.03.2022 bezüglich des unentschuldigten Nichterscheinens abgemahnt und letztmalig unter Kündigungsandrohung aufgefordert, seine Arbeitsleistung ab 24.03.2022 zu erbringen. Dies hat der Kläger unstreitig unterlassen.
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(b) Der Kläger befand sich auch nicht in einem entschuldbaren Rechtsirrtum. Der Geltungsanspruch des Rechts bewirkt, dass der Schuldner das Risiko eines Rechtsirrtums grundsätzlich selbst trägt und es nicht dem Gläubiger überbürden kann. Ein unverschuldeter Rechtsirrtum liegt nur vor, wenn der Schuldner seinen Irrtum auch unter Anwendung der zu beachtenden Sorgfalt nicht erkennen konnte. Dabei sind strenge Maßstäbe anzulegen. Es reicht nicht aus, dass er sich für seine eigene Rechtsauffassung auf eine eigene Prüfung und fachkundige Beratung stützen kann. Ein Unterliegen in einem möglichen Rechtsstreit muss zwar nicht undenkbar sein. Gleichwohl liegt ein entschuldbarer Rechtsirrtum nur dann vor, wenn der Schuldner damit nach sorgfältiger Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht zu rechnen brauchte; ein normales Prozessrisiko entlastet ihn nicht (BAG, Urt. v. 22.10.2015 – 2 AZR 569/14, juris). Vorliegend wurde vom Kläger aber eine von der – soweit ersichtlich – einhellig in der Literatur vertretene Auslegung abweichende Rechtsansicht geltend gemacht bzw. sogar die Rechtswidrigkeit von § 28 b IfSG angeführt, ohne diese aber auch nur im Ansatz zu begründen. Ein unentschuldbarer, unvermeidbarer Rechtsirrtum liegt somit nicht vor.
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cc) Die Kündigung ist auch verhältnismäßig. Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. Die ordentliche wie die außerordentliche Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung setzen deshalb regelmäßig eine Abmahnung voraus. Sie dient der Objektivierung der negativen Prognose. Ist der Arbeitnehmer ordnungsgemäß abgemahnt worden und verletzt er dennoch seine arbeitsvertraglichen Pflichten erneut, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, es werde auch zukünftig zu weiteren Vertragsstörungen kommen (vgl. BAG, Urt. v. 10.6.2010 – 2 AZR 541/09, juris). Dies ist vorliegend der Fall. Der Kläger ist auch nach Erhalt der Abmahnung vom 21.03.2022 weiterhin beharrlich nicht zur Arbeit vor Ort erschienen.
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dd) Auch die durchzuführende Interessenabwägung ergibt, dass das Beendigungsinteresse der Beklagten das Bestandsinteresse des Klägers überwiegt. Ob das Fehlverhalten des Arbeitnehmers im Einzelfall geeignet ist, einen ruhig und verständig urteilenden Arbeitgeber zur Kündigung zu bestimmen, ist unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände durch eine umfassende Abwägung der gegenseitigen Interessen zu ermitteln (vgl. nur BAG, Urteil vom 13.03.1987 – 7 AZR 601/85, NZA 1987, 518 (520)). Ob die Abwägung insoweit alleine auf arbeitsvertragliche und sachverhaltsbezogene Umstände zu beschränken ist, kann vorliegend dahinstehen (vgl. hierzu nur ErfK/Oetker KSchG § 1 Rn. 202, m.w.N.). Zugunsten des Klägers spricht zwar zunächst die Betriebszugehörigkeit von über 12 Jahren und das bis Mitte Dezember 2021 fehlerfreie Arbeitsverhältnis (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 10.6.2010 – 2 AZR 541/09, juris). Die Rechtmäßigkeit der weiteren erteilten Abmahnungen kann an dieser Stelle im Ergebnis dahingestellt bleiben. Weiterhin sind betriebliche Ablaufstörungen durch die Beklagte zwar nicht dargelegt worden, was allerdings vorliegend bei einer unzweifelhaften nachhaltigen Verletzung der vertraglichen Hauptleistungspflicht keine unverzichtbare Voraussetzung ist (Ascheid/Preis/Schmidt/Vossen KSchG § 1 Rn. 436; BAG, Urt. v. 17.01.1991 – 2 AZR 375/90, juris). Da vorliegend dem Kläger ob seines Alters auch kein „jugendlicher Leichtsinn“ zu Gute kommt, ist das Lebensalter des Klägers nicht abwägungsrelevant (BAG 27.4.2006 – 2 AZR 415/05, NZA 2006, 1033; Ascheid/Preis/Schmidt/Vossen KSchG § 1 Rn. 437). In der Gesamtschau überwiegt aber nach Ansicht des Gerichts dennoch in Anbetracht der beharrlich gezeigten Hauptleistungspflichtverletzung über Monate hinweg das Beendigungsinteresse der Beklagten.
54
2. Die Kündigung ist auch nicht auf Grund einer fehlerhaften Betriebsratsanhörung nichtig, § 134 BGB i.V.m. § 102 Abs. 1 BetrVG.
55
a) Hinsichtlich der i.S.d. § 102 Abs. 1 BetrVG ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats gilt eine abgestufte Darlegungslast. Danach hat im Prozess der Arbeitnehmer zunächst einmal die für ihn günstige Tatsache vorzutragen, dass überhaupt ein Betriebsrat besteht und deshalb nach § 102 BetrVG vor Ausspruch einer Kündigung dessen Anhörung erforderlich war. Ohne dieses Vorbringen ist das Gericht nicht berechtigt und nicht verpflichtet, das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung – von Amts wegen – zu prüfen. Auf einen entsprechenden Sachvortrag des Arbeitnehmers hin obliegt es dem Arbeitgeber darzulegen, dass der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört worden ist. Da die Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung ist, trifft die Darlegungs- und Beweislast grundsätzlich insoweit den Arbeitgeber. Auf einen entsprechenden Prozessvortrag des Arbeitgebers hin darf sich der Arbeitnehmer dann nicht mehr darauf beschränken, die ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung pauschal mit Nichtwissen zu bestreiten. Er hat sich vielmehr nach § 138 Abs. 1 und 2 ZPO i.V.m. § 46 Abs. 2 ArbGG vollständig über den vom Arbeitgeber vorgetragenen Sachverhalt zu erklären und im Einzelnen zu bezeichnen, ob er rügen will, der Betriebsrat sei entgegen der Behauptung des Arbeitgebers überhaupt nicht angehört worden, oder in welchen einzelnen Punkten er die tatsächlichen Erklärungen des Arbeitgebers über die Betriebsratsanhörung für falsch oder die dem Betriebsrat mitgeteilten Tatsachen für unvollständig hält. Dies erfordert gegebenenfalls einen ergänzenden Sachvortrag des Arbeitgebers und ermöglicht eine Beweiserhebung durch das Gericht über die tatsächlich streitigen Tatsachen (vgl. BAG, Urt. v. 23.06.2005, Az: 2 AZR 193/04, juris).
56
b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist von einer ordnungsgemäßen Anhörung des bei der Beklagten bestehenden Betriebsrates auszugehen. Nachdem die Beklagte in der Duplik die vollständige Betriebsratsanhörung vorgelegt hat, ist dieser der Kläger nicht näher entgegengetreten. Die Kündigung erfolgte auch erst nach Zugang der abschließenden Stellungnahme des Betriebsrates am 20.04.2022.
III.
57
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 269 Abs. 3, 495 ZPO i.V.m. § 46 Abs. 2 ArbGG.
IV.
58
Der Beschwerdestreitwert war gem. § 3 ZPO i.V.m. §§ 46 Abs. 2, 61 Abs. 1 ArbGG und dem Rechtsgedanken des § 42 Abs. 2 GKG mit drei Bruttomonatsvergütungen festzusetzen.
V.
59
Da die Berufung schon von Gesetzes wegen statthaft ist, war über deren gesonderte Zulassung nicht zu entscheiden, § 64 Abs. 3 ArbGG.