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LG München I, Hinweisbeschluss v. 18.02.2022 – 1 S 3709/21 WEG
Titel:

Bauliche Veränderung, Wohnungseigentümergemeinschaft, Einzelner Wohnungseigentümer, Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, Übrige Wohnungseigentümer, Gemeinschaftseigentum, Beseitigungsanspruch, Markise, Wohnungseigentumsgesetz, Rechtsmißbrauch, Versäumnisurteil, Prozeßführungsbefugnis, Sondereigentum, Sach- und Rechtslage, Vertretungsberechtigte Organe, Gestattungsbeschluss, Eigentümerversammlung, Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, Treuwidrigkeit, Beseitigungsverlangen

Schlagworte:
Prozessführungsbefugnis, Zulässigkeit der Klage, Rechtsmissbrauch, Optische Veränderung des Gebäudes
Vorinstanz:
AG München, Endurteil vom 24.02.2021 – 482 C 10551/20 WEG
Rechtsmittelinstanzen:
LG München I, Beschluss vom 21.03.2022 – 1 S 3709/21 WEG
VerfGH München, Entscheidung vom 04.01.2023 – 27-VI-22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 52803

Tenor

Die Kammer beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts München vom 24.02.2021, Az. 482 C 10551/20 WEG, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

Entscheidungsgründe

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1. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts dürfte der Kläger allerdings prozessführungsbefugt, die Klage damit zulässig sein. Das dürfte sich indes nicht bereits daraus ergeben, dass der Kläger eine Beeinträchtigung seines Sondereigentums geltend macht, für deren Abwehr schon nach der bis zum 30.11.2020 geltenden Rechtslage eine Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft gem. § 10 VI Satz 3 WEG in der bis zum 30.11.2020 geltenden Fassung (im Folgenden: a.F.) nicht bestand (vgl. BGH, Urteil vom 11.06.2021, Az: V ZR 41/19, juris Rn. 13) und die nicht unter die Vorschrift des § 9a II WEG fällt (BGH, Versäumnisurteil vom 01.10.2021, Az: V ZR 48/21, juris Rn. 8; Wicke in Grüneberg, 81. Aufl., Rn. 11 zu § 9 a WEG). Denn die streitgegenständliche Markise wurde an der Außenmauer des Gebäudes und damit im Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums angebracht. Dass die Markise zu einer Störung im räumlichen Bereich des Sondereigentums des Klägers führen würde, hat der Kläger weder dargelegt, noch bestehen hierfür sonst irgendwelche Anhaltspunkte. Letztlich kommt es hierauf aber nicht an, da, worauf die Klagepartei zu Recht hingewiesen hat, für die bereits vor dem 01.12.2020 bei Gericht anhängigen Verfahren die Prozessführungsbefugnis eines Wohnungseigentümers, der sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebende Rechte geltend macht, über diesen Zeitpunkt hinaus in Anwendung des Rechtsgedankens des § 48 V WEG fortbesteht, bis dem Gericht eine schriftliche Äußerung des nach § 9 b WEG vertretungsberechtigten Organs über einen entgegenstehenden Willen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zur Kenntnis gebracht wird (vgl. BGH, Urteil vom 07.05.2021, Az: V ZR 299/19, juris Rn. 12; BGH, Versäumnisurteil vom 01.10.2021, Az: V ZR 48/21, juris Rn. 15). Da die Klage vorliegend vor dem 01.12.2020 erhoben wurde und dem Gericht auch keine schriftliche Äußerung des nach § 9 b WEG vertretungsberechtigten Organs der Wohnungseigentümergemeinschaft, nämlich der Verwalterin (§ 9 a I Satz 1 WEG), über einen entgegenstehenden Willen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zur Kenntnis gebracht wurde, ist der Kläger demzufolge weiterhin prozessführungsbefugt.
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2. Die Klage dürfte nach vorläufiger Prüfung der Sach- und Rechtslage jedoch unbegründet sein. § 528 ZPO steht einer Abweisung der Klage als unbegründet durch das Berufungsgericht nicht entgegen. Vielmehr kann das Rechtsmittelgericht ein die Klage als unzulässig abweisendes Prozessurteil auch dann durch ein sachabweisendes Urteil ersetzen, wenn nur der Kläger das Rechtsmittel eingelegt hat. Denn durch die Abweisung der Klage als unzulässig ist dem Kläger keine Rechtsposition irgendwelcher Art zuerkannt worden (vgl. BGH, Urteil vom 21.04.1988, Az: VII ZR 372/86, juris Rn. 20; BGH, Urteil vom 20.02.2003, Az: IX ZR 384/99, juris Rn. 22).
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2.1 Die Beurteilung der Frage, ob der von Klägerseite geltend gemachte Beseitigungs- und Wiederherstellungsanspruch entstanden ist, richtet sich nach der bis zum 30.11.2020 geltenden Rechtslage, insbesondere den Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes in der bis zum 30.11.2020 geltenden Fassung. Zwar fehlt für die Anwendung der ab dem 01.12.2020 neuen materiell-rechtlichen Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes jenseits von § 48 I – V WEG eine Übergangsvorschrift, so dass die ab dem 01.12.2020 geltenden Bestimmungen im Grundsatz auch auf noch nicht abgeschlossene Sachverhalte anzuwenden sind (vgl. BGH, Urteil vom 16.07.2021, Az: V ZR 284/19, juris Rn. 15; Elzer in BeckOK zum WEG, 47. Edition, Stand 01.01.2022, Rn. 29 zu § 48 WEG; Suilmann in Jennißen, 7. Aufl., Rn. 24 zu § 48 WEG). Die geänderte Rechtslage hat jedoch grundsätzlich keine Auswirkungen auf bereits abgeschlossene Sachverhalte (vgl. BGH, Urteil vom 16.01.2009, Az: V ZR 74/08, juris Rn. 12; Suilmann in Jennißen, 7. Aufl., Rn. 24 zu § 48 WEG). Da der streitgegenständliche Beseitigungsanspruch auf Vorgänge gestützt wird, die sich vor dem 30.11.2020 ereignet haben, handelt es sich insoweit um einen bei Eintritt der Rechtsänderung bereits abgeschlossenen Sachverhalt, so dass es für die Frage, ob der Anspruch entstanden ist, auf die bis zum 30.11.2020 geltende Rechtslage ankommt. Dagegen ist für die Beurteilung, ob dem Anspruch Einwendungen und Einreden entgegengehalten werden können, (auch) die aktuelle Rechtslage maßgeblich, da bei der Entscheidung grundsätzlich alle Einwendungen und Einreden zu berücksichtigen sind, die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung entstanden sind.
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2.2 Zwar steht nach der bis zum 30.11.2020 geltenden Rechtslage einem nachteilig betroffenen Wohnungseigentümer gem. § 1004 I BGB und nach § 15 III WEG a.F. grundsätzlich ein Anspruch auf Beseitigung einer rechtswidrigen baulichen Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums gegen den Handlungsstörer zu (vgl. BGH, Urteil vom 20.07.2018, Az: V ZR 56/17, juris Rn. 9). Auch dürfte die Anbringung der Markise an der Außenwand des Gebäudes durch die Beklagte eine bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums darstellen, da die Maßnahme mit einem Eingriff in die Gebäudesubstanz verbunden ist, Eine Genehmigung der Maßnahme durch Vereinbarung oder wirksam gefassten Beschluss liegt unstreitig nicht vor. Vielmehr wurde der in der Eigentümerversammlung vom 28.06.2017 zu TOP 5 gefasste Beschluss, mit dem die Wohnungseigentümer die Anbringung einer Markise durch die Beklagte zunächst genehmigt hatten, durch das Landgericht München I, Az: 36 S 5002/18 WEG zwischenzeitlich rechtskräftig für ungültig erklärt, weil er nicht ausreichend bestimmt war.
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2.3 Ob nach der bis zum 30.11.2020 geltenden und für das Entstehen des Beseitigungsanspruchs maßgeblichen Rechtslage allein das Fehlen eines genehmigenden Beschlusses dazu führte, dass eine von einem Wohnungseigentümer vorgenommene bauliche Veränderung rechtswidrig war, oder ob bauliche Veränderungen auch ohne einen Beschluss gem. § 22 I WEG a.F. vorgenommen werden durften, wenn durch sie kein Wohnungseigentümer über das in § 14 Nr. 1 WEG a.F. bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt wurde bzw. alle Wohnungseigentümer, die durch die bauliche Veränderung über das in § 14 Nr. 1 WEG a.F. bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden, der Maßnahme formlos zugestimmt haben, ist umstritten und höchstrichterlich bislang nicht entschieden. Allerdings wäre nach der bis zum 30.11.2020 geltenden Rechtslage ein Beseitigungsverlangen, selbst wenn auch vor dem 01.12.2020 ein förmlicher Beschluss zur Vornahme einer baulichen Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums grundsätzlich erforderlich gewesen wäre, jedenfalls rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB), wenn es auf eine Leistung zielt, die alsbald zurückzugewähren wäre, weil ein Wohnungseigentümer Anspruch auf einen Gestattungsbeschluss zur Vornahme der Maßnahme hat (vgl. BGH, Urteil vom 20.07.2018, Az: V ZR 56/17, juris Rn. 27). Daran dürfte sich durch die seit 01.12.2020 geltenden Gesetze, durch die nunmehr klargestellt wurde, dass jede bauliche Veränderung eines sie legitimierenden Beschlusses bedarf, letztlich nichts geändert haben (so Wicke in Grüneberg, 81. Aufl., Rn. 27 zu § 20 WEG; Elzer in BeckOK zum WEG, 47. Aufl., Stand: 01.01.2022, Rn. 180 zu § 20 WEG). Zwar bedarf es nach der seit 01.12.2020 geltenden Rechtslage des Gestattungsbeschlusses, um die Kostenfolge des § 21 I WEG herbeizuführen. Unabhängig von der Frage, ob die Vorschrift (erst recht) entsprechend gilt, wenn die Maßnahme ohne die nunmehr erforderliche Gestattung durchgeführt wurde (so Jennißen in Jennißen, 7. Aufl., Rn. 27 zu § 21 WEG), kann die Gestattung jedenfalls nachträglich jederzeit erfolgen und ist die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hierzu, wenn ein Anspruch gem. § 20 III WEG auf die Gestattung besteht, auch verpflichtet, daher insoweit nicht schutzwürdig.
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2.4 Danach dürfte sich die Geltendmachung des Beseitigungsanspruchs durch den Kläger aber jedenfalls als treuwidrig darstellen (§ 242 BGB), weil die Anbringung der Markise durch die Beklagte nach vorläufiger Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht zu einer Beeinträchtigung der übrigen Wohnungseigentümer führt, die über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus geht und die Beklagte daher einen Anspruch auf die Gestattung der Markise gem. § 20 III WEG haben dürfte.
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2.4.1 Entgegen der Ansicht der Klagepartei dürfte sich eine über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehende Beeinträchtigung nicht allein aus dem mit der Maßnahme verbundenen Eingriff in die Gebäudesubstanz ergeben. Denn würde jeder auch noch so geringe Eingriff in die Gebäudesubstanz automatisch zu einem Nachteil führen, der über das gem. § 20 III WEG hinzunehmende Maß hinaus geht, würde dies beispielsweise auch für das Einschlagen eines Nagels in eine tagende Wand innerhalb der Wohnung oder die zum Balkon der Wohnung gelegene Außenwand gelten. Ein Nachteil dürfte daher erst dann anzunehmen sein, wenn es durch einen wesentlichen Eingriff in die Gebäudesubstanz zu einer erheblichen Verschlechterung oder Gefährdung des Gebäudes kommt (vgl. Elzer in BeckOK zum WEG, 47. Edition, Stand 01.01.2022, Rn. 128 zu § 20 WEG). Das dürfte bei der Anbringung einer Markise aber nicht der Fall .sein. Soweit sich durch das Anbringen der Markise zukünftig der Instandsetzungsaufwand für das Gebäude erhöhen sollte, wie der Kläger behauptet, dürfte auch darin kein relevanter Nachteil i.S. des § 20 III WEG liegen. Denn die Kosten einer baulichen Veränderung, die einem Wohnungseigentümer gem. § 20 III WEG gestattet wird, hat gem. § 21 I WEG dieser zu tragen. Die Vorschrift des § 21 I WEG ist dabei weit auszulegen und erfasst auch alle Folgekosten einer baulichen Veränderung (vgl. Wicke in Grüneberg, 81. Aufl., Rn. 1 zu § 21 WEG; Elzer in BeckOK zum WEG, 47. Aufl., Stand 01.01.2022, Rn. 10 zu § 21 WEG; Rüscher in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl., Rn. 11 zu § 21 WEG). Die Pflicht zur Tragung der Folgekosten geht zudem bei einem Eigentumswechsel auf den Rechtsnachfolger über, selbst wenn dieser kein Interesse an der baulichen Veränderung hat (vgl. Elzer in BeckOK zum WEG, 47. Aufl., Stand 01.01.2022, Rn. 13 zu § 21 WEG; Rüscher in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl., Rn. 31 zu § 21 WEG).
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2.4.2 Ein über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehender Nachteil dürfte sich auch nicht aus einer optischen Veränderung des Gebäudes durch die von der Beklagten angebrachte Markise ergeben. Die mit einer baulichen Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums einhergehende optische Veränderung des Gebäudes führt nämlich nur dann zu einem Nachteil, der über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht, wenn die bauliche Veränderung zu einer erheblichen optischen Veränderung des gesamten Gebäudes führt (vgl. BGH, Urteil vom 14.12.2012, Az: V ZR 224/11, juris Rn. 5; BGH, Urteil vom 18.11.2016, Az: V ZR 49/16, juris Rn. 9). Hierfür ist es zwar unerheblich, ob sich das Erscheinungsbild des Gebäudes positiv oder negativ verändert hat; denn das können im Regelfall auch verständige Wohnungseigentümer unterschiedlich bewerten, selbst wenn die Maßnahme dem gängigen Zeitgeschmack entsprechen sollte. Festzustellen ist aber, ob die Veränderung des einzelnen Bauteils überhaupt zu einer erheblichen optischen Veränderung des gesamten Gebäudes geführt hat. Das erfordert eine umfassende Wertung, bei der insbesondere die Bedeutung des veränderten Bauteils für den Gesamteindruck des Gebäudes und die Auswirkungen der vorgenommenen Veränderung für diesen Gesamteindruck zu berücksichtigen sind (vgl. BGH, Urteil vom 18.11.2016, Az: V ZR 49/16, juris Rn. 13). Hierfür bedarf es eines Vorher-Nachher-Vergleichs, bei dem in wertender Betrachtung der optische Gesamteindruck des Gebäudes vor der baulichen Maßnahme dem als Folge der baulichen Maßnahme entstandenen optischen Gesamteindruck gegenüberzustellen ist (vgl. BGH, Urteil vom 18.11.2016, Az: V ZR 49/16, juris Rn. 15). Bei der Feststellung des Gesamteindrucks des Gebäudes vor der zu beurteilenden baulichen Maßnahme sind auch bis dahin vorgenommene bauliche Veränderungen an dem Gebäude zu berücksichtigen. Dafür spielt es keine Rolle, ob sie auf Maßnahmen einzelner Wohnungseigentümer oder auf Maßnahmen der Wohnungseigentümergemeinschaft zurückgehen (vgl. BGH, Urteil vom 18.11.2016, Az: V ZR 49/16, juris Rn. 16). Der Vorher-Nachher-Vergleich dürfte vorliegend ergeben, dass die von der Beklagten angebrachte Markise nicht zu einer erheblichen optischen Veränderung des gesamten Gebäudes geführt hat. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass die Markise überhaupt nur im ausgefahrenen Zustand ins Auge fallen dürfte, während sie, wenn sie eingezogen ist, relativ unauffällig unterhalb der Brüstung des darüber befindlichen Balkons angebracht ist, wie sich aus den zur Akte gereichten Lichtbildern ergibt. Insoweit wäre es der Beklagten aber auch keinesfalls verwehrt, einen großen deutlich sichtbaren Sonnenschutz, beispielsweise einen großen Sonnenschirm auf ihrer Terrasse aufzustellen, der nicht minder erkennbar wäre, als die Markise im ausgefahrenen Zustand. Weiter ist zur berücksichtigen, dass bereits Markisen vor den Fenstern der beiden über der Wohnung der Beklagten befindlichen Wohnungen angebracht wurden, die in der Optik mit der streitgegenständlichen Markise vergleichbar sind und durch die das optische Erscheinungsbild des Gebäudes bereits geändert ist. Ebenso befindet sich neben der streitgegenständlichen Markise im Erdgeschoss eine weitere Markise in gleicher Optik. Auch aus diesem Grund dürfte die zusätzliche Anbringung der streitgegenständlichen Markise nicht zu einer erheblichen optischen Veränderung des gesamten Gebäudes führen.
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2.4.3 Schließlich ist zu berücksichtigen, dass bei der Beurteilung, ob eine Beeinträchtigung vorliegt, die über das bei einem geordneten Zusammenleben hinausgeht, im Einzelfall auch bauliche Besonderheiten der Wohnanlage zu berücksichtigen sein können, so dass in die vom Gericht vorzunehmende Würdigung auch das Interesse der Beklagten an einem wirksamen Sonnen- und Wärmeschutz in ihrer Wohnung einzubeziehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 20.07.2018, Az: V ZR 56/17, juris Rn. 28). Wie nämlich aus den vorgelegten Lichtbildern ersichtlich ist, verfügt die Wohnung der Beklagten über eine große Fensterfront. Eine Einsicht in die über das Internet abrufbare Satellitenaufnahme des gemeinschaftlichen Anwesens ergab darüber hinaus, dass die Wohnung der Beklagten, wie von dieser vorgetragen, nach Südwesten ausgerichtet ist. Vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf die zunehmend heißer werdenden Sommer erscheint daher das Bedürfnis der Beklagten nach einem effektiven Sonnen- und Wärmeschutz durchaus beachtlich.
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Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Hinweises.