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OLG München, Urteil v. 10.03.2022 – 29 U 3413/19 Kart
Titel:

unbillige Behinderung, Pauschalierter Investitionszuschlag, Periodenübergreifende Saldierung, Beschränkte persönliche Dienstbarkeit, Feststellungsinteresse, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Vertrauenstatbestand, Prozeßbevollmächtigter, Elektrizitätsversorgungsnetz, Vergabeverfahren, Feststellungsantrag, Drittwiderbeklagter, Aufsichtsratsmitglied, Drittwiderklage, Stromkonzessionsvertrag, Verfahrenshandlung, Kalkulatorischer Restwert, Verpflichtungserklärung, Betriebsnotwendige Anlagegüter, Feststellung der Nichtigkeit

Schlagworte:
Stromkonzessionsvertrag, Vergabeverfahren, Betriebsführungsleistungen, Organisatorische Trennung, Marktbeherrschende Stellung, Auskunftsanspruch, Übereignung, Konzessionsvergabe, Trennungsgebot, Neutralität, Diskriminierungsverbot, Verstoß gegen das Trennungsgebot, Unbillige Behinderung, Nichtigkeit des Konzessionsvertrags
Vorinstanz:
LG München I, Endurteil vom 24.05.2019 – 37 O 728/17
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 24.10.2023 – EnZR 20/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 52716

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 24.05.2019, Aktenzeichen 37 O 728/17, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass auch die im Berufungsverfahren gestellten Klageanträge zu II. bis IV. sowie die Hilfsanträge VIII. bis IX. abgewiesen werden.
II. Die Berufung der Drittwiderbeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 24.05.2019, Aktenzeichen 37 O 728/17, wird zurückgewiesen.
III. Von den Gerichtskosten des Berufungsverfahrens und den außergerichtlichen Kosten der Beklagten im Berufungsverfahren tragen die Klägerin 98,5% und die Drittwiderbeklagte 1,5%. Die Klägerin und die Drittwiderbeklagte tragen ihre außergerichtlichen Kosten im Berufungsverfahren selbst.
IV. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts München I in obiger Fassung sind hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Entscheidungsgründe

A.
1
Die Parteien streiten über die Rechtmäßigkeit des von der Drittwiderbeklagten, der Stadt W. in O., durchgeführten Verfahrens zur Vergabe der Konzession für das Stromversorgungsnetz in ihrem Stadtgebiet. Die Klägerin macht als Neukonzessionärin Ansprüche auf Übereignung der Stromverteilungsanlagen gegen die Beklagte als Altkonzessionärin geltend. Die Beklagte begehrt hingegen die Feststellung, dass der zwischen der Klägerin und der Drittwiderbeklagten geschlossene Konzessionsvertrag nichtig sei.
2
Die im Jahr 2013 gegründete Klägerin ist eine 100%-ige Tochtergesellschaft der Stadtwerke W. i. OB Kommunalunternehmen, welche sich im Eigentum der drittwiderbeklagten Stadt befinden. Der 1. Bürgermeister der Stadt ist Vorsitzender des Aufsichtsrates der Klägerin. Die Klägerin ist seit 2014 im Stromvertrieb tätig. Sie verfügt über keine Genehmigung zum Betrieb eines Stromversorgungsnetzes gemäß § 4 EnWG .
3
Die Beklagte ist der größte regionale Verteilnetzbetreiber in B.. Bis 01.07.2013 firmierte sie unter E. B.. Sie ist Eigentümerin und Betreiberin des Stromverteilnetzes im Stadtgebiet der Drittwiderbeklagten. Die Beklagte hat im Wege der Ausgliederung gemäß Ausgliederungsvertrag vom 30.05.2017 den Teilbetrieb Netz auf die B.werk Netz GmbH übertragen. Der bisherige Konzessionsvertrags zwischen der Beklagten und der Drittwiderbeklagten endete am 05.12.2016.
4
Aufgrund des bevorstehenden Ablaufs des Konzessionsvertrags führte die Drittwiderbeklagte entsprechend einer Bekanntmachung im Bundesanzeiger vom 14.08.2013 ein neues Konzessionierungsverfahren durch, an dem sich auch die Beklagte beteiligte.
5
Am 29.04.2014 beschloss der Stadtrat der Drittwiderbeklagten einen Kriterienkatalog für die Ausschreibung (Anlage D 2). Am 02.10.2014 hob der Stadtrat den Beschluss vom 29.04.2014 auf und beschloss einen geänderten Kriterienkatalog (Anlage D 3).
6
Mit Erstem Verfahrensbrief vom 23.10.2014 (Anlage K 1), der vom 1. Bürgermeister der Drittwiderbeklagten M. L. unterzeichnet wurde, forderte die Drittwiderbeklagte Unternehmen, die nach der Bekanntmachung der Drittwiderbeklagten im elektronischen Bundesanzeiger ihr Interesse an der Konzession für das Elektrizitätsversorgungsnetz im Stadtgebiet der Drittwiderbeklagten bekundet hatten, auf, bis 07.01.2015 ein erstes indikatives Angebot für den Abschluss eines Konzessionsvertrages für das Elektrizitätsversorgungsnetz in der Stadt W. einzureichen. Im Ersten Verfahrensbrief heißt es unter C. I:
7
Die Stadt W. i.OB hat für die Durchführung des Verfahrens eine verfahrensleitende Stelle eingerichtet. Die Funktion der verfahrensleitenden Stelle in diesem Verfahren nimmt der 1. Bürgermeister der Stadt, M. L., wahr. Ansprechpartner für Bewerber bei der verfahrensleitenden Stelle ist Herr Sch. Der gesamte Schriftverkehr in diesem Verfahren […] ist ausschließlich an die verfahrensleitende Stelle zu richten. Angebote sind ebenfalls ausschließlich bei der verfahrensleitenden Stelle einzureichen.
8
Mit Beschluss vom 26.02.2015 passte der Stadtrat der Drittwiderbeklagten den im Ersten Verfahrensbrief enthaltenen Kriterienkatalog vor dem Hintergrund aktueller Rechtsprechung an. Mit Zweitem Verfahrensbrief vom 19.08.2015 (Anlage K 2) forderte die Drittwiderbeklagte Unternehmen, die auf der Grundlage des Ersten Verfahrensbriefs indikative Angebote für einen Konzessionsvertrag abgegeben hatten, auf, bis 25.09.2015 ein zweites indikatives Angebot für den Abschluss eines Konzessionsvertrages abzugeben. Mit Beschluss vom 19.11.2015 (Anlage D 4) wurde unter Mitwirkung des 1. Bürgermeisters die Geschäftsordnung des Stadtrates ab November 2015 um einen weiteren beschließenden Ausschuss, den „Konzessionierungsausschuss“, ergänzt. Mit Drittem Verfahrensbrief vom 02.12.2015 (Anlage K 3) forderte die Drittwiderbeklagte zur Abgabe verbindlicher Angebote für den Abschluss eines Konzessionsvertrages für das Elektrizitätsversorgungsnetz in der Stadt W. bis 07.01.2016 auf. Neben der Klägerin und der Beklagten gab auch die Energienetze S.b. GmbH ein verbindliches Angebot ab.
9
In dem Angebot der Klägerin zum Abschluss eines Konzessionsvertrags (Anlage K 62) ist in Absatz 4 der Präambel ausgeführt:
10
Der Betrieb des Elektrizitätsversorgungsnetzes wird nach den Regelungen des diesem Vertrag als Anlage 2 beigefügten Netzbewirtschaftungskonzeptes erfolgen. Sofern für die Anlaufphase des Betriebs des Elektrizitätsversorgungsnetzes Betriebsführungsleistungen ausgeschrieben werden, verpflichtet sich das EVU, die Vergabe dieser Leistungen anhand der diesem Vertrag als Anlage 3 beigefügten Ausschreibungsunterlagen durchzuführen.
11
Das Netzbewirtschaftungskonzept der Klägerin (Anlage K 59) lautet auszugsweise:
1. Grundstruktur des Angebots
12
Die SWE selbst wird im Fall der Konzessionierung Vertragspartner der Stadt W. i.OB und erwirbt das Eigentum am Stromverteilernetz in der Stadt W. i.OB. Da die SWE bislang selbst keine Stromverteilernetze betreibt, soll zunächst ein erfahrener Netzbetreiber als Dienstleister im Wege der Betriebsführung mit der Sicherstellung des Netzbetriebs beauftragt werden (…).
vgl. S. 12.
2. Netzbewirtschaftungsmodell
13
Da die SWE den operativen Netzbetrieb nach … [Angabe in dem im Verfahren vorgelegten Exemplar geschwärzt] Jahren mittels eigener Ressourcen und eigenem Know-How weitestgehend übernehmen will, werden Leistungen, die nach erfolgter Netzübernahme zunächst überwiegend von einem erfahrenen Betriebsführer erbracht werden, im Zeitablauf sukzessive von der SWE selbst vollzogen. (…)
[vgl. S. 14 ]
(…)
14
Voraussetzung für die Beauftragung des Dienstleisters ist die Einhaltung aller Pflichten im Netzbetrieb (z. B. Einhaltung von Gesetzen, Normen, Stand der Technik, Regulierung usw.) und der relevanten Vereinbarungen aus dem Konzessionsvertrag (z. B. Sicherheit, Effizienz, Umwelt- / Verbraucherfreundlichkeit, Informations- und Mitbestimmung). Darum hat die SWE bereits im Vorfeld des Konzessionsvergabeverfahrens Sondierungsgespräche mit potentiellen Kooperationspartnern geführt. Als potentielle Betriebsführer haben sich dabei unter anderem die Stadtwerke M. GmbH mit ihren Tochtergesellschaften (SWM) angeboten.
15
Unabhängig von einer erforderlichen späteren Ausschreibung ist es allerdings bereits in der gegenwärtigen Angebotsphase zwingend erforderlich, belastbare Aussagen zu den qualitativen und wirtschaftlichen Bedingungen des künftigen Netzbetreibers zu treffen. Um diesbezüglich bereits heute verlässliche Angaben etwa zu den Standards der Netzbewirtschaftung tätigen zu können, haben wir die diesbezüglichen Informationen bei der SWM erfragt und diese dem vorliegenden Netzbewirtschaftungskonzept zugrunde gelegt.
16
Das Netzbewirtschaftungskonzept beschreibt somit zunächst allgemeingültig das Qualitätsniveau der Netzbewirtschaftung im Falle einer Konzessionierung der SWE. Soweit im Rahmen des Netzbewirtschaftungskonzepts konkrete Aussagen zu solchen Aspekten des Netzbetriebes getroffen werden, die das Leistungsspektrum eines Nachunternehmers (insbesondere des Betriebsführers) betreffen, so beziehen sich diese Angaben zunächst auf die von der SWM mitgeteilten Angaben. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die entsprechenden Leistungen zwingend von dieser Gesellschaft erbracht werden müssen. Die SWE wird vielmehr die diesem Netzbewirtschaftungskonzept zugrundeliegenden Bedingungen der Netzbewirtschaftung zur Grundlage einer späteren Ausschreibung machen. Die dargestellten Bedingungen der Netzbewirtschaftung werden also von dem im Falle einer Ausschreibung obsiegenden Bieter mindestens erfüllt, unter Umständen aber auch übererfüllt.
vgl. S. 16 f.
(…)
17
Im Falle der Konzessionierung der SWE muss der Betriebsführer voraussichtlich im Wege einer europaweiten Ausschreibung ermittelt werden. Die SWM hat sich mit dem als Anlage 1 beigefügten Schreiben verpflichtet, der SWE die Durchführung der Betriebsführung gemäß den Anforderungen dieses Netzbewirtschaftungskonzepts zu marktüblichen Konditionen anzubieten und die die Betriebsführung betreffenden Verpflichtungen aus dem beigefügten Konzessionsvertrag samt Nebenvereinbarung zu übernehmen. (…) [vgl. S. 20/21]
(…)
4. Wirtschaftliche und finanzielle Ausstattung
(…)
18
Ein Gewinnabführungs- und Verlustausgleichsvertrag mit den Stadtwerken (Muttergesellschaft) ist vorgesehen. Der Gewinnabführungs- und Verlustausgleichsvertrag wird nach steuerlichen Maßgaben gestaltet und wird bei entsprechender Übernahme des Stromnetzes abgeschlossen. [vgl. S. 89] Die SWM Services GmbH hat gegenüber der Klägerin folgende Verpflichtungserklärung abgegeben (vgl. Anlage K 67):
19
Hiermit sichern wir Ihnen verbindlich zu, in einem Ausschreibungsverfahren der Stadtwerke W. i.OB E. GmbH (SWE) über netzwirtschaftliche und technische Betriebsführungsleistungen für das Stromverteilernetz in W. i.OB ein marktübliches Angebot abzugeben. Mit unserem Angebot werden wir entsprechend der Ausschreibungsunterlagen sicherstellen, dass die SWE über die personelle, technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 EnWG verfügen wird, um den Netzbetrieb entsprechend den Vorschriften des EnWG auf Dauer zu gewährleisten.
20
Die Drittwiderbeklagte hat ein Dokument als Anlage D 24 vorgelegt, das mit „Organisatorische und personelle Trennung in den laufenden Konzessionierungsverfahren Strom und Gas in der Stadt W. i.OB – Verfahrensdokumentation“ überschrieben ist, vom 29.02.2016 datiert und vom Stadtkämmerer Sch. und seinem Stellvertreter S. unterschrieben ist. Es lautet auszugsweise:
Im jeweils ersten Verfahrensbrief vom 23.10.2014 wurde unter C. I. der 1. Bürgermeister der Stadt W. i.OB als verfahrensleitende Stelle benannt. Als Ansprechpartner für Bewerber bei der verfahrensleitenden Stelle wurde der Stadtkämmerer, Herr C. Sch., benannt.(…):
Zur organisatorischen und personellen Trennung möglicher Interessenskonflikte in beiden Verfahren wurden folgende Maßnahmen getroffen:
1. Der Stadtrat hat sich in der Sitzung am 26.09.2013 (…) darauf verständigt, dass sich die Mitglieder des Aufsichtsrates der Stadtwerke W. i.OB E. GmbH bei Entscheidungen im Rahmen der Neuvergabe der Strom- und der Gaskonzession nicht an der Behandlung und Abstimmung teilnehmen. Zur Auswertung der verbindlichen Angebote wurde ein beschließender Ausschuss (Konzessionierungsausschuss) unter Beachtung des § 16 VgV eingerichtet.
2. Der 1. Bürgermeister, Herr (…), hat seit dieser Festlegung
a. den Vorsitz im Stadtrat oder im Hauptausschuss bei Entscheidungen im Rahmen der Neuvergabe der Konzessionen an den 2. Bürgermeister abgegeben.
b. die interne Abstimmung des Verfahrens sowohl innerhalb der Stadtverwaltung als auch mit Vertretern der Kanzlei (…) an den Stadtkämmerer, Herrn (…), abgegeben,
c. an keinen Gesprächen teilgenommen und an keiner Entscheidung mitgewirkt, die mit dem Verfahren zur Vergabe der Konzessionen zusammenhängen und nicht in sonstiger Weise auf die Verfahren Einfluss genommen (Hinweis: Die Benennung des 1. Bürgermeisters als verfahrensleitende Stelle für die Verfahren erfolgte lediglich im Vollzug des Art. 38 Abs. 1 GO, wonach der 1. Bürgermeister die Gemeinde nach außen hin vertritt. Sämtliche Verfahrenshandlungen wurden jedoch ausschließlich vom genannten Ansprechpartner für Bewerber ausgeführt. Die verfahrensleitende Stelle wurde im Verfahren vom 2. Bürgermeister übernommen).
3. Das Verfahren wird in der Stadt W. ausschließlich vom Stadtkämmerer, Herrn (…), und seinem Stellvertreter, Herrn (…), durchgeführt.
4. Der gesamte Schriftverkehr bezüglich der Verfahren und alle Akten sowie die von den Bewerbern übersandten Unterlagen werden im Büro des Stadtkämmerers in einem verschlossenen Aktenschrank aufbewahrt. Zugang haben nur der Stadtkämmerer und sein Stellvertreter.
5. Der Zugang auf den virtuellen Ordner des Dokumentenmanagementsystems „Regisafe“ der Stadt W., mit dessen Hilfe der Schriftverkehr zu den Verfahren erstellt und auch archiviert wurde, ist lediglich für den Stadtkämmerer und seinen Stellvertreter frei geschalten.
(…)
21
Am 01.03.2016 beschloss der Konzessionierungsausschuss der Drittwiderbeklagten, den Zuschlag der Klägerin zu erteilen (Anlage K 4). Am 09.03.2016 wurde der Konzessionsvertrag zwischen der Drittwiderbeklagten und der Klägerin unterzeichnet, wobei die Laufzeit am 01.01.2017 beginnen und am 31.12.2036 enden sollte.
22
Mit Schreiben vom 16.03.2016 (Anlage B 16) unterrichtete die Drittwiderbeklagte die Beklagte über die Vergabeentscheidung zugunsten der Klägerin. Danach hatte das Angebot der Klägerin 985 von 1.000 erreichbaren Punkten und das Angebot der Beklagten 939,9 von 1.000 erreichbaren Punkten erhalten. Beigefügt waren die Bewertung der verbindlichen Angebote (Anlage B 17) sowie die Präsentation der die Drittwiderbeklagte beratenden Kanzlei aus der öffentlichen Sitzung des Konzessionierungsausschusses (Anlage B 18).
23
Am 01.04.2016 lud die Klägerin die Beklagte zu einem Auftaktgespräch für die Netzübernahme ein und forderte sie zur Vorbereitung der Netzübernahme und der damit verbundenen Aufgaben zur Herausgabe bestimmter Daten auf. Mit Schreiben vom 01.06.2016 übersandte die Beklagte an die Klägerin einen Übersichtsplan des Stromverteilnetzes in W. Die Übersendung weiterer Unterlagen lehnte die Beklagte ab.
24
Nach Vergleichsgesprächen zwischen der Drittwiderbeklagten und der Beklagten unterbreitete die Beklagte mit Schreiben vom 25.08.2016 ein Angebot einer Kooperation für das Stromversorgungsnetz in der Stadt W. (Pachtmodell, Anlage D 10) und mit Schreiben vom 24.10.2016 ein Angebot einer Kooperation in Form eines Netzbetreibermodells (Anlage D 11). Die Drittwiderbeklagte lehnte beide Angebote ab.
25
Mit Anwaltsschreiben vom 05.04.2017 (Anlage B 19) forderte die Beklagte die Drittwiderbeklagte auf, Auskunft und Einsicht in bestimmte Unterlagen zu gewähren. Mit Schreiben vom 28.04.2017 forderte sie erneut Akteneinsicht (Anlage B 21). Die Drittwiderbeklagte lehnte dies ab.
26
Die Klägerin ist der Auffassung, sie habe als neues Energieversorgungsunternehmen im Sinne des § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG einen Anspruch auf Übertragung der Stromverteilungsanlagen. Der Auskunftsanspruch ergebe sich als gesetzliche Nebenpflicht zu § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG.
27
Mit ihren Einwendungen gegen die Vergabeentscheidung sei die Beklagte präkludiert. Die Beklagte habe die Auswahl- und Vergabeentscheidung der Drittwiderbeklagten ausdrücklich akzeptiert. Dies komme in den Angeboten der Beklagten für ein Kooperationsverhältnis (Anlagen D 10, D 11) auf Grundlage des Konzessionsvertrages mit der Klägerin zum Ausdruck.
28
Die Drittwiderbeklagte habe ein transparentes und diskriminierungsfreies Konzessionsverfahren durchgeführt. Sie habe die Anforderungen an eine organisatorische und personelle Trennung eingehalten. Die Festlegungen vom 29.02.2016 gemäß der Anlage D 24 seien auch so „gelebt“ worden.
29
Die Beklagte rügt verschiedene Verstöße bei der Vergabeentscheidung. Insbesondere habe die Drittwiderbeklagte das Trennungs- und Neutralitätsgebot verletzt und ihre marktbeherrschende Stellung dadurch missbraucht, dass bei der Bewertung des Angebots der Klägerin nicht berücksichtigt worden sei, dass die Person des künftigen Betriebsführers, der Leistungsinhalt und der Preis der Betriebsführung unsicher waren.
30
Die Klägerin hat erstinstanzlich im Wege der Stufenklage Auskunftsansprüche und nach Erteilung der Auskunft Übereignung der dann zu benennenden Verteilungsanlagen Zug um Zug gegen Zahlung der sich nach Erteilung der Auskunft ergebenden Vergütung geltend gemacht und zuletzt beantragt,
1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die nachstehenden Auskünfte über die in ihrem Eigentum stehenden Stromverteilungsanlagen im Konzessionsgebiet W. i. OB zu erteilen:
a) Umfang, Alter und Oberflächenstruktur der betriebsnotwendigen Anlagegüter des Stromverteilungsnetzes einschließlich Art und Zugehörigkeit der jeweiligen Messeinrichtungen;
b) die zuletzt nach § 6 ARegV ermittelten historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten der betriebsnotwendigen Anlagegüter des Stromverteilungsnetzes mit Angabe des Aktivierungsjahres;
c) die der letzten Bestimmung des Ausgangsniveaus der Beklagten nach § 21a EnWG i.V.m. § 6 Abs. 1 ARegV zugrundeliegenden kalkulatorischen Restwerte nach §§ 6, 32 StromNEV;
d) die kalkulatorischen Restwerte mit Stand 31.12. des der Entscheidung vorangegangen Jahres;
e) die aufwandsgleichen Kostenpositionen im Sinne des § 5 StromNEV für die einzelnen Anlagegüter des Stromverteilungsnetzes;
f) die zur Ermittlung der kalkulatorischen Abschreibungen zuletzt nach § 6 ARegV herangezogenen Nutzungsdauern im Sinne von § 6 Abs. 5 S. 1 StromNEV für die einzelnen Anlagegüter des Stromverteilungsnetzes;
g) die kalkulatorische Verzinsung des betriebsnotwendigen Eigenkapitals im Sinne des § 7 StromNEV für die einzelnen Anlagegüter des Stromverteilungsnetzes;
h) die kalkulatorische Gewerbesteuer im Sinne des § 8 StromNEV für die einzelnen Anlagegüter des Stromverteilungsnetzes;
i) kostenmindernde Erlöse und Erträge im Sinne des § 9 StromNEV für die einzelnen Anlagegüter des Stromverteilungsnetzes;
j) die Höhe der für das Stromverteilungsnetz in der aktuellen Regulierungsperiode der Anreizregulierung festgelegten kalenderjährlichen Erlösobergrenzen mit Benennung der darin jeweils enthaltenen
- beinflussbaren und vorübergehend nicht beeinflussbaren Kosten gemäß § 11 Abs. 3 und 4 ARegV,
- dauerhaft nicht beeinflussbaren Kosten gemäß § 11 Abs. 2 ARegV anhand einer Darstellung der einzelnen Kosten und Erlöspositionen,
- Kosten für die Beschaffung von Verlustenergie mit Angabe der diesen zugrundeliegenden Beschaffungsmengen,
- Beträgen aus der periodenübergreifenden Saldierung, der Mehrerlösabschöpfung sowie aus der Führung des Regulierungskontosaldos,
- Anpassungsbeträgen durch die Genehmigung eines Erweiterungsfaktors,
- Zu- bzw. Abschläge durch Anwendung eines Qualitätselementes,
- Erhöhungsbeträgen aus der Genehmigung eines Investitionsbudgets oder eines pauschalierten Investitionszuschlags;
k) Art und Besonderheiten der Anlagengüter des Stromverteilungsnetzes (z.B.: verbaute Materialien, herausragende Schadensereignisse) unter Benennung der Problemassets;
l) Netzabsatzmengen im Konzessionsgebiet der Stadt W.i.OB;
m) die Wartungs- und Instandhaltungsaufwendungen für die für den Betrieb des Stromverteilnetzes der allgemeinen Versorgung der Stadt W.i.OB notwendigen Verteilnetzanlagen sortiert nach Anlagegruppe, Maßnahme und Alter für die letzten drei Geschäftsjahre sowie als Planwerte für das laufende Geschäftsjahr;
n) die neutralen Schadensberichte;
o) die der Beklagten zustehenden schuldrechtlichen und dinglichen Grundstücksnutzungsrechte, soweit sie für den Betrieb des Stromverteilnetzes der allgemeinen Versorgung in der Stadt W.i.OB notwendig sind, unter Benennung der Grundbucheintragung der dinglichen Rechte, und/oder, soweit sich das bzw. die betroffenen Grundstücke im Eigentum der Beklagten befinden, die Eigentümerstellung der Beklagten durch Vorlage eines Grundbuchauszugs.
2. Die Beklagte wird verurteilt,
a) das Eigentum an den, für den Betrieb des Stromverteilnetzes der allgemeinen Versorgung im Netzgebiet der Stadt W. i. OB notwendigen Verteilungsanlagen, d.h. an allen nach Erteilung der Auskunft zu Ziffer 1. zu benennenden Verteilungsanlagen zu übertragen;
b) das Eigentum an den nach Erteilung der Auskunft zu Ziffer 1. zu benennenden Grundstücken sowie die dort benannten dinglichen und schuldrechtlichen Grundstücksnutzungsrechte auf die Klägerin zu übertragen
Hilfsweise: für die im Eigentum der Beklagten stehenden Grundstücke beschränkt persönliche Dienstbarkeiten zu Gunsten der Klägerin zu bestellen, soweit sich auf den Grundstücken zu übertragende Stromverteilungsanlagen befinden;
und zwar Zug um Zug gegen Zahlung der nach erteilter Auskunft zu Ziffer 1. ermittelten Vergütung.
31
Die Beklagte hat zuletzt beantragt
Klageabweisung.
32
Im Wege der Widerklage und Drittwiderklage hat die Beklagte zuletzt beantragt,
1. Es wird gegenüber der Klägerin festgestellt, dass der am 09.03.2016 zwischen der Drittwiderbeklagten und der Klägerin geschlossene Stromkonzessionsvertrag nichtig ist.
2. Es wird gegenüber der Drittwiderbeklagten festgestellt, dass das von der Drittwiderbeklagten durchgeführte Verfahren zur Vergabe einer Stromkonzession und der Beschluss des Konzessionierungsausschusses des Stadtrates der Drittwiderbeklagten vom 01.03.2016, mit dem die Stromkonzession an die Klägerin vergeben worden ist, nichtig sind.
3. Es wird gegenüber der Drittwiderbeklagten festgestellt, dass der am 09.03.2016 zwischen der Drittwiderbeklagten und der Klägerin geschlossene Stromkonzessionsvertrag nichtig ist.
33
Die Klägerin und Drittwiderbeklagte haben die Abweisung der Wider- und Drittwiderklage beantragt.
34
Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 24.05.2019, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, vollumfänglich abgewiesen und auf die Wider- und Drittwiderklage festgestellt, dass der am 09.03.2016 zwischen der Drittwiderbeklagten und der Klägerin geschlossene Stromkonzessionsvertrag nichtig ist.
35
Gegen dieses Urteil wenden sich die Klägerin und die Drittwiderbeklagte mit ihren Berufungen.
36
Die Klägerin führt aus, dass der BGH durch die Entscheidung Strom- und Gasnetz S.(Urteil vom 07.04.2020, Az. EnZR 75/18) Klarheit bezüglich des Netzherausgabeanspruchs geschaffen habe und sie daher die Entscheidung zum Anlass nehme, im Sinne der Prozessökonomie ihre bisherigen Anträge in Anträge auf Übereignung umzustellen.
37
Die Klägerin beantragt,
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts München I vom 24.5.2019 (37 O 728/17) aufgehoben.
II. Die Beklagte wird verurteilt,
a) das Eigentum an den für den Betrieb des Stromverteilernetzes der allgemeinen Versorgung im Gebiet der Stadt W. i.OB notwendigen Stromverteilungsanlagen der Netzebenen Hochauf Mittelspannung, Mittelspannung, Mittelauf Niederspannung und Niederspannung, die sich innerhalb der in Anlage BK 2 dargestellten Eigentumsgrenzen befinden, samt Zubehör auf die Klägerin zu übertragen. Zubehör zu den für den Betrieb des Stromverteilernetzes der allgemeinen Versorgung im Gebiet der Stadt W. i.OB notwendigen Stromverteilungsanlagen sind:
aa) alle vorhandenen Unterlagen zu den zu übertragenden Stromverteilungsanlagen und Rechten (Netzpläne des Mittel- und Niederspannungsnetzes in GISfähiger, digitalisierter Form) sowie eine digitalisierte technische und geographische Bestandsdokumentation (Abnahmeprotokolle, Prüfunterlagen, Störungsberichte und -protokolle sowie Schadensstatistiken);
bb) eine zählpunktgenaue Auflistung aller Anschlussnehmer, Anschlussnutzer und Netznutzer, die an die. zu übertragenden Stromverteilungsanlagen angeschlossen sind, mit technischen Daten zu den jeweiligen Messeinrichtungen in elektronischer, in andere Dateiformate konvertierbarer Form und den dazugehörigen Verträgen;
cc) eine zählpunktgenaue Auflistung aller Lieferanten und Messstellenbetreiber, die mit Anschlussnehmern, Anschlussnutzern und Netznutzern, die an die zu übertragenden Stromverteilungsanlagen angeschlossen sind, Verträge abgeschlossen haben, mit Kontaktdaten in elektronischer, in andere Dateiformate konvertierbarer Form und den dazugehörigen Verträgen;
dd) eine anlagengenaue Aufstellung aller EEG-, KWKG- und konventionellen Erzeugungsanlagen, die an die herauszugebenden Stromverteilungsanlagen angeschlossen sind, mit den dazugehörigen technischen Daten und den anlagengenauen Vergütungskategorien in elektronischer, in andere Dateiformate konvertierbarer Form;
b) für die im Eigentum der Beklagten stehenden Grundstücke beschränkt persönliche Dienstbarkeiten zu Gunsten der Klägerin zu bestellen, soweit sich auf den Grundstücken nach Ziffer II.a) zu übertragende Stromverteilungsanlagen befinden;
c) alle für den Betrieb nach Ziffer II.a) zu übertragenden Stromverteilungsanlagen bestehenden schuldrechtlichen Grundstücksbenutzungsrechte auf die Klägerin zu übertragen und soweit eine Übertragung nicht möglich ist, der Klägerin zur Ausübung zu überlassen sowie die dazugehörigen Verträge herauszugeben;
d) alle für den Betrieb nach Ziffer II.a) zu übertragenden Stromverteilungsanlagen bestehenden beschränkt persönlichen Dienstbarkeiten auf die Klägerin zu übertragen und die Zustimmung zur Eintragung der Klägerin in das Grundbuch zu erteilen sowie die dazugehörigen Verträge herauszugeben,
Zug um Zug gegen Zahlung einer Vergütung in Höhe von EUR 2.260.000 zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer.
III. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für alle nach Ziffer II.a) zu übertragenden Stromverteilungsanlagen Auskunft zu erteilen, über den im Zeitpunkt der tatsächlichen Übertragung aktuellen Bestand der Stromverteilungsanlagen für den Betrieb des Stromverteilernetzes der allgemeinen Versorgung durch die Vorlage eines vollständigen Mengengerüsts mit der Beschreibung der Stromverteilungsanlagen nach Anzahl bzw. Leitungslänge, Art, Alter und Standort, aufgeschlüsselt nach:
a) Zählern, Schaltuhren, Messeinrichtungen, TFR-Empfängern, Gateways, GSM-Empfängern
b) Rundsteuer-, Fernsteuer-, Fernmelde-, Fernmess-, Automatisierungsanlagen
c) Strom- und Spannungswandlern, Netzschutzeinrichtungen, für den Netzbetrieb erforderliche Steuer- und Fernmeldeleitungen, LWL-Kabel, Leerrohren
d) Netzanschlussfreileitungen und Netzanschlusskabel
e) Niederspannungsfreileitungen und Niederspannungserdkabeln (ohne Netzanschlussleitungen) nebst Kabelverteilerschränken
f) Umspannstationen von Mittelauf Niederspannung (Ortsnetzstationen einschließlich Stationsgebäude, Stationseinrichtungen, Schalteinrichtungen und Hilfsanlagen)
g) Ortsnetztransformatoren
h) Mittelspannungsfreileitungen, Mittelspannungserdkabeln
i) Mittelspannungsschaltstationen mit Leistungsschaltern
j) allen Masten nach Spannungsebene.
IV. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für alle nach Ziffer II.a) zu übertragenden Stromverteilungsanlagen Auskunft zu erteilen
a) über den im Zeitpunkt der tatsächlichen Übergabe aktuellen Bestand der vereinnahmten und nicht aufgelösten Ertragszuschüsse, aufgeschlüsselt nach deren Passivierungsjahr mit Angabe der angesetzten Nutzungsdauern sowie der jeweiligen Auflösungsbeträge;
b) über den im Zeitpunkt der tatsächlichen Übergabe aktuellen Bestand der im jeweiligen Zeitpunkt ihrer Errichtung erstmalig aktivierten (historischen) Anschaffungs- und Herstellungskosten mit Angabe des Aktivierungsjahres;
c) über die zuletzt nach § 6 ARegV ermittelten und von der zuständigen Regulierungsbehörde bei der Ermittlung des Ausgangsniveaus für die Bestimmung der Erlösobergrenzen zugrunde gelegten kalkulatorischen Restwerte des Sachanlagevermögens;
d) über die zuletzt bei der Ermittlung des Ausgangsniveaus für die Bestimmung der Erlösobergrenzen von der zuständigen Regulierungsbehörde für die Ermittlung der kalkulatorischen Abschreibungen gemäß § 6 ARegV herangezogenen Nutzungsdauern (§ 6 Abs. 5 StromNEV);
e) über den Inhalt der letzten Ermittlung des Ausgangsniveaus durch die zuständige Regulierungsbehörde für die Bestimmung der Erlösobergrenzen gemäß § 6 ARegV.
V. Die Widerklage wird abgewiesen.
VI. Die Drittwiderklage wird abgewiesen.
VII. Vorsorglich wird für den Fall des Unterliegens beantragt, die Revision zuzulassen.
Hilfsweise zu II. bis V. beantragen wir:
VIII. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die nachstehenden Auskünfte über die in ihrem Eigentum stehenden Stromverteilungsanlagen im Konzessionsgebiet W. i. OB zu erteilen:
a) Umfang, Alter und Oberflächenstruktur der betriebsnot-wendigen Anlagegüter des Stromverteilungsnetzes einschließlich Art und Zugehörigkeit der jeweiligen Messeinrichtungen;
b) die zuletzt nach § 6 ARegV ermittelten historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten der betriebsnotwendigen Anlagegüter des Stromverteilungsnetzes mit Angabe des Aktivierungsjahres;
c) die der letzten Bestimmung des Ausgangsniveaus der Beklagten nach § 21a EnWG i.V.m. § 6 Abs. 1 ARegV zugrundeliegenden kalkulatorischen Restwerte nach §§ 6, 32 StromNEV;
d) die kalkulatorischen Restwerte mit Stand 31.12. des der Entscheidung vorangegangen Jahres;
e) die aufwandsgleichen Kostenpositionen im Sinne des § 5 StromNEV für die einzelnen Anlagegüter des Stromverteilungsnetzes;
f) die zur Ermittlung der kalkulatorischen Abschreibungen zuletzt nach § 6 ARegV herangezogenen Nutzungsdauern im Sinne von § 6 Abs. 5 S. 1 StromNEV für die einzelnen Anlagegüter des Stromverteilungsnetzes;
g) die kalkulatorische Verzinsung des betriebsnotwendigen Eigenkapitals im Sinne des § 7 StromNEV für die einzelnen Anlagegüter des Stromverteilungsnetzes;
h) die kalkulatorische Gewerbesteuer im Sinne des § 8 StromNEV für die einzelnen Anlagegüter des Stromverteilungsnetzes;
i) kostenmindernde Erlöse und Erträge im Sinne des § 9 StromNEV für die einzelnen Anlagegüter des Stromverteilungsnetzes;
j) die Höhe der für das Stromverteilungsnetz in der aktuellen Regulierungsperiode der Anreizregulierung festgelegten kalenderjährlichen Erlösobergrenzen mit Benennung der darin jeweils enthaltenen
- beinflussbaren und vorübergehend nicht beeinflussbaren Kosten gemäß § 11 Abs. 3 und 4 ARegV,
- dauerhaft nicht beeinflussbaren Kosten gemäß § 11 Abs. 2 ARegV anhand einer Darstellung der einzelnen Kosten und Erlöspositionen,
- Kosten für die Beschaffung von Verlustenergie mit Angabe der diesen zugrundeliegenden Beschaffungsmengen,
- Beträgen aus der periodenübergreifenden Saldierung, der Mehrerlösabschöpfung sowie aus der Führung des Regulierungskontosaldos,
- Anpassungsbeträgen durch die Genehmigung eines Erweiterungsfaktors,
- Zu- bzw. Abschläge durch Anwendung eines Qualitätselementes,
- Erhöhungsbeträgen aus der Genehmigung eines Investitionsbudgets oder eines pauschalierten Investitionszuschlags;
k) Art und Besonderheiten der Anlagengüter des Stromverteilungsnetzes (z.B.: verbaute Materialien, herausragende Schadensereignisse) unter Benennung der Problemassets;
l) Netzabsatzmengen im Konzessionsgebiet der Stadt W. i.OB;
m) die Wartungs- und Instandhaltungsaufwendungen für die für den Betrieb des Stromverteilnetzes der allgemeinen Versorgung der Stadt W. i.OB notwendigen Verteilnetzanlagen sortiert nach Anlagegruppe, Maßnahme und Alter für die letzten drei Geschäftsjahre sowie als Planwerte für das laufende Geschäftsjahr;
n) die neutralen Schadensberichte;
o) die der Beklagten zustehenden schuldrechtlichen und dinglichen Grundstücknutzungsrechte, soweit sie für den Betrieb des Stromverteilnetzes der allgemeinen Versorgung in der Stadt W. i.OB notwendig sind, unter Benennung der Grundbucheintragung der dinglichen Rechte, und/oder, soweit sich das bzw. die betroffenen Grundstücke im Eigentum der Beklagten befinden, die Eigentümerstellung der Beklagten durch Vorlage eines Grundbuchauszugs.
p) Wegen der zweiten Stufe des erstinstanzlichen Klageantrages (dort Ziffer 2.) wird der Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten – einschließlich der Kosten der Berufung – zu entscheiden hat.
38
Die Drittwiderbeklagte beantragt,
Soweit das Urteil des Landgerichtes München I vom 24.05.2019, Az. 37 O 728/17 der Drittwiderklage stattgibt, wird es aufgehoben und die Drittwiderklage abgewiesen.
39
Die Beklagte beantragt,
I.
I. 1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Landgerichts München, Az. 37 O 728/17, wird zurückgewiesen.
2. Die Klage in der Fassung der Anträge vom 15.07.2020 wird abgewiesen.
II. Die Berufung der Drittwiderbeklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München I, Az. 37 O 728/17, wird zurückgewiesen.
40
Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihrer bisherigen Argumentation. Sie argumentiert zudem, dass die Drittwiderbeklagte den in der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der Entscheidung „Ba.“ fortentwickelten Anforderungen an die personelle und organisatorische Trennung zwischen der Vergabestelle und den für die Klägerin als mitbietende Eigengesellschaft handelnden Personen nicht gerecht geworden sei. Der 1. Bürgermeister habe sich im Ersten Verfahrensbrief, den er auch unterzeichnet habe, als verfahrensleitende Stelle und damit als Hauptverantwortlicher für die Durchführung des Vergabeverfahrens benannt. Zudem sei er als 1. Bürgermeister Leiter der Gemeindeverwaltung und führe die Dienstaufsicht über die Beamten und Angestellten der Gemeinde. Gleichzeitig sei er Vorsitzender des Aufsichtsrats der Klägerin und als solcher verantwortlich für ihre Beaufsichtigung und verpflichtet, ihre Interessen zu wahren. Er habe damit einerseits nach dem äußeren Erscheinungsbild an der Spitze der Vergabestelle gestanden und gleichzeitig an prominenter und einflussreicher Stelle auf Seiten der Klägerin als Konzessionsbewerberin. An einer personellen und organisatorischen Trennung der verfahrensleitenden Stelle und der Klägerin als Konzessionsbewerberin habe es folglich (vollständig) gefehlt und dadurch sei nach dem äußeren Erscheinungsbild der böse Schein mangelnder Objektivität begründet. Eine Regelung zur Verhinderung des Wissenstransfers fehle. Sie sei ohnehin nicht geeignet, den bösen Schein zu neutralisieren, der aus einer Personalunion resultiere. Der nach außen getretene Interessenkonflikt sei nicht mehr heilbar. Die Beklagte sei im Verfahren daher unbillig behindert worden, denn es könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich der Interessenkonflikt in der Person des 1. Bürgermeisters durch Wissenstransfer (zB Anzahl und Identität der Bewerber, Einblick und Weitergabe von Informationen über konkurrierende Angebote) auf das Verfahren ausgewirkt haben könne, weil nicht feststehe, dass sich auch ohne die Verletzung des Neutralitätsgebotes dieselbe Rangfolge der Bewerber ergeben hätte.
41
Im Übrigen begründe die Einbeziehung der SWM in die Erstellung des Betriebsführungskonzeptes des Angebots der Klägerin eine Projektantenstellung nach § 124 Abs. 1 Nr. 6 GWB und könne die hieraus resultierende Wettbewerbsverzerrung für das künftige Verfahren zur Vergabe der Betriebsführung nur durch deren Ausschluss kompensiert werden (vgl. Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 09.02.2021, Seiten 4/17, Bl. 1244/1257 dA). Es sei unzulässig, die Konzession „an einen Strohmann“ zu vergeben, für welchen die Eignung seines Dienstleisters nicht überprüft werden könne, weil die Person des Dienstleisters noch nicht feststehe. Es könne nicht für die gesamte Netzbetreibertätigkeit eine Eignungsleihe bei einem externen Dienstleister zulässig sein, womit die Eignungsbeurteilung vollkommen ausgehöhlt würde, und dies im Bereich zentraler Pflichten einer kritischen Infrastruktureinrichtung (vgl. Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 09.02.2021, Seiten 13 und 23/25, Bl. 1317 und 1327/1329 dA).
42
Die Drittwiderbeklagte erwidert, der vorliegende Sachverhalt unterscheide sich ganz wesentlich von dem in der Entscheidung „Ba.“. Dort sei der Geschäftsführer der sich bewerbenden Stadtwerke zugleich der Stadtkämmerer gewesen, und dort habe im Vergabeverfahren auch eine Person mitgewirkt, die einer Abteilung zugeordnet war, deren Leiter innerhalb der Gemeindeverwaltung der Geschäftsführer der Stadtwerke war. Hingegen sei im vorliegenden Fall weder der Geschäftsführer der Klägerin ein Mitarbeiter der städtischen Verwaltung, noch sei eine Person am Vergabeverfahren beteiligt, die – sozusagen als „Diener zweier Herren“ gleichzeitig auch für die Stadtwerke tätig gewesen sei.
43
Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 19.11.2020 (Bl. 1235/1236 dA) durch Vernehmung der Zeugen Sch, S.und R.. Der 1. Bürgermeister der Drittwiderbeklagten L. wurde informatorisch angehört. Zur Ergänzung wird auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.11.2020 sowie vom 01.07.2021 Bezug genommen.
B.
44
I. Die Berufungen der Klägerin und der Drittwiderbeklagten sind zulässig, insbesondere ist die Umstellung der Klage im Hauptantrag von der erstinstanzlich in der ersten Stufe geforderten Auskunft auf die nunmehr geltend gemachte Übereignung der Stromverteilungsanlagen gemäß § 264 Nr. 2 ZPO zulässig (Foerste in Musielak/Voit, ZPO, 18. Aufl., § 264 Rn. 3; BGH NJW 1979, 925, 926). Die gemäß § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Klageänderung unterliegt nicht den Voraussetzungen des § 533 ZPO (Wulf in BeckOK ZPO, 43. Edition, § 533 Rn. 4). Es fehlt auch nicht an der Beschwer, da das in der Vorinstanz abgewiesene Begehren nur dadurch modifiziert weiterverfolgt wird (vgl. Ball in Musielak/Voit, ZPO, 18., Aufl., vor § 511 Rn. 26), als nunmehr die Leistung (Übereignung) direkt begehrt und die Auskunftsanträge hilfsweise gestellt werden.
45
II. Die Berufungen sind jedoch nicht begründet.
46
1. Der Klägerin stehen die mit den zuletzt gestellten zulässigen Anträgen geltend gemachten Ansprüche aus § 46 Abs. 2 Satz 2 EnWG auf Übereignung der Stromleitungsanlagen und die (Hilfs-)Anträge auf Auskunft mit dem Ziel der Übereignung nicht zu, weil sie nicht wirksam neues Energieversorgungsunternehmen im Sinne dieser Vorschrift geworden ist. Der am 09.03.2016 zwischen der Drittwiderbeklagten und der Klägerin geschlossene Konzessionsvertrag ist nichtig. Die Konzessionsvergabe mit Beschluss vom 01.03.2016 an die Klägerin verstößt gegen § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB in der bis zum 08.06.2017 geltenden Fassung iVm § 46 Abs. 1 EnWG in der bis zum 02.02.2017 geltenden Fassung, sodass der Konzessionsvertrag gem. § 134 BGB nichtig ist.
47
a) Maßgeblich ist die zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung vom 01.03.2016 (Vergabebeschluss der Gemeinde) bzw. 09.03.2016 (Unterzeichnung des Konzessionsvertrags) geltende Rechtslage (vgl. BGHZ 199, 289 Rn. 79 – Stromnetz Be.).
48
b) Ein Wegenutzungsvertrag zwischen einer Gemeinde und einem Energieversorgungsunternehmen ist nach § 134 BGB nichtig, wenn die Konzessionsvergabe den aus § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB und § 46 Abs. 1 EnWG abzuleitenden Anforderungen nicht genügt und damit eine unbillige Behinderung derjenigen Bewerber vorliegt, deren Chancen auf die Konzession dadurch beeinträchtigt worden sind (vgl. BGHZ 199, 289 Rn. 54 ff. und 101 ff. – Stromnetz Be.). Bei der Vergabeentscheidung haben die Gemeinden das Diskriminierungsverbot des § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB und des § 46 Abs. 1 EnWG zu beachten (BGHZ 199, 289 Rn. 17 – Stromnetz Be.). Die Auswahl muss in einem transparenten Verfahren erfolgen und ist vorrangig an Kriterien auszurichten, die die Ziele des § 1 EnWG konkretisieren.
49
Daraus folgt auch das Gebot der organisatorischen und personellen Trennung von Vergabestelle und Bewerber; dies soll sicherstellen, dass die Gemeinde – insbesondere in den Fällen, in denen durch eine gleichzeitige Stellung als Vergabestelle und Bieter ein Interessenkonflikt besteht – gegenüber allen Bewerbern um das Wegenutzungsrecht die gebotene Neutralität wahrt und zudem die gebotene diskriminierungsfreie Vergabeentscheidung gewährleistet ist (BGH RdE 2020, 358 Rn. 33, 43 – Gasnetz L.; BGH NZKart 2021, 509 Rn. 48 – Gasnetz B1.; BGH BeckRS 2021, 42673 Rn. 34 – Stadt Ba.).
50
Beteiligt sich die Gemeinde mit einem Eigenbetrieb oder – wie hier – einer Eigengesellschaft am Wettbewerb um das Wegenetz, kann die Trennung erfolgen, indem die Gemeinde die Vergabestelle einer personell und organisatorisch vollständig vom Eigenbetrieb oder der Eigengesellschaft getrennten Einheit der Gemeindeverwaltung zuweist (BGH BeckRS 2021, 42673 Rn. 35 – Stadt Ba. mit Verweis auf BGH RdE 2020, 358 Rn. 43 – Gasnetz L.). Eine solche vollständige Trennung erfordert eine Organisationsstruktur, die sicherstellt, dass ein Informationsaustausch zwischen den für die Vergabestelle und den für den Eigenbetrieb oder die Eigengesellschaft handelnden Personen nur innerhalb des hierfür vorgesehenen Vergabeverfahrens für das Wegerecht erfolgt, so dass bereits durch strukturelle Maßnahmen – also nach dem äußeren Erscheinungsbild – die Bevorzugung des Eigenbetriebs oder der Eigengesellschaft und der „böse Schein“ mangelnder Objektivität der Vergabestelle vermieden werden (BGH BeckRS 2021, 42673 Rn. 35 – Stadt Ba. mit Verweis auf BVerfGE 148, 69 Rn. 70). Anders als im Fall eines Gemeinderats, der lediglich an einem abschließenden Beschluss des Gemeinderats über die Neuvergabe des Wegerechts mitwirkt (vgl. BGH RdE 2020, 358 Rn. 45 – Gasnetz L.), besteht bei einer fehlenden formalen Trennung in dem – der abschließenden Beschlussfassung vorgelagerten – Verfahren, insbesondere bei der Bestimmung und Ausgestaltung der Vergabekriterien, die Möglichkeit, dass die Bewerbung des Eigenbetriebs durch die Vergabestelle bevorzugt wird (BGH BeckRS 2021, 42673 Rn. 35 – Stadt Ba.). Bereits dies stellt eine Benachteiligung der übrigen Bewerber dar (BGH BeckRS 2021, 42673 Rn. 35 – Stadt Ba. mit Verweis auf BGH RdE 2020, 358 Rn. 45 – Gasnetz L.; NZKart 2021, 509 Rn. 51 – Gasnetz B1.). Insoweit ist es gerade nicht erforderlich, eine konkrete Doppelbefassung von Mitarbeitern des Eigenbetriebs oder der Vergabestelle nachzuweisen; ein solcher Nachweis ist wegen der fehlenden formalen Trennung und dem dadurch generell eröffneten, intransparenten Informationsaustausch regelmäßig nicht möglich (BGH BeckRS 2021, 42673 Rn. 35 – Stadt Ba. mit Verweis auf BGH NZKart 2021, 509 Rn. 51 – Gasnetz B1.).
51
Für die Annahme eines Verstoßes gegen das Trennungsgebot genügt deshalb die strukturelle Beeinträchtigung des Wettbewerbs um das Wegenetz, die sich daraus ergibt, dass in der personellen Aufgabenverteilung Interessenkonflikte angelegt sind, die die Neutralität der Vergabestelle gefährden können. Es muss schon durch eine geeignete Organisationsstruktur ausgeschlossen werden, dass die Mitarbeiter in Loyalitäts- und Interessenkonflikte geraten und zum „Diener zweier Herren“ werden (BGH BeckRS 2021, 42673 Rn. 35 – Stadt Ba.). Es kommt daher auch nicht darauf an, dass insbesondere in kleineren Gemeinden niemals auszuschließende vielfältige berufliche und persönliche Beziehungen bestehen können (BGH a.a.O.).
52
c) Hieran gemessen fehlt es im Streitfall an einer hinreichenden personellen und organisatorischen Trennung. Die Vergabestelle ist innerhalb der Gemeindeverwaltung nicht einer personell und organisatorisch vollständig von der Eigengesellschaft getrennten Einheit der Gemeindeverwaltung zugewiesen. Der 1. Bürgermeister der Gemeinde war zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der Eigengesellschaft und nahm diese beiden Funktionen während des gesamten Konzessionsvergabeverfahrens wahr. Bereits deshalb fehlt es an der erforderlichen strukturellen Trennung nach ihrem äußeren Erscheinungsbild und kommt es zu einer strukturellen Wettbewerbsbeeinträchtigung, die die Neutralität der Vergabestelle gefährden kann. Denn der 1. Bürgermeister leitet die Gemeindeverwaltung; er führt die Dienstaufsicht über die Beamten und Angestellten der Gemeinde (Art. 37 Abs. 4 BayGemO), er vollzieht die Beschlüsse des Gemeinderats (Art. 36 Satz 1 BayGemO) und vertritt die Gemeinde nach außen (Art. 38 Abs. 1 S. 1 BayGemO). Er übt die Dienstaufsicht auch über den Stadtkämmerer und dessen Stellvertreter aus. Der Stadtkämmerer Sch. und sein Stellvertreter S., welche nach dem Vortrag der Klägerin und der Drittwiderbeklagten ausschließlich das Vergabeverfahren bei der Stadt durchgeführt hätten (vgl. auch die Verfahrensdokumentation zur organisatorischen und personellen Trennung, Anlage D 24), unterstehen daher – jedenfalls in allen anderen Aufgabenbereichen – dem 1. Bürgermeister. Dabei ist zu beachten, dass auch eine etwaige organisatorische Heraushaltung des 1. Bürgermeisters aus dem Vergabeverfahren dem Trennungsgebot schon deshalb nicht genügt, weil ein Verstoß hiergegen auch darin zu erblicken ist, dass eine mit dem Vergabeverfahren befasste Person in Bezug auf einen anderen Aufgabenbereich der Gemeindeverwaltung einem wichtigen Repräsentanten der Eigengesellschaft untersteht (vgl. BGH BeckRS 2021, 42673 Rn. 42 – Stadt Ba.). Innerhalb der mitbietenden Eigengesellschaft hat der 1. Bürgermeister als Aufsichtsratsvorsitzender ebenfalls eine Aufsichtsfunktion, einen maßgeblichen, zumindest kontrollierenden Einfluss und ist grundsätzlich über alle wesentlichen geschäftlichen Belange informiert. Mit dieser Doppelrolle des 1. Bürgermeisters, der Aufsicht sowohl über die gesamte Gemeindeverwaltung als auch über die Eigengesellschaft ausübt, sind Loyalitäts- und Interessenkonflikte angelegt, und erscheint es schwer möglich, einen intransparenten Informationsaustausch sicher auszuschließen. Es entsteht aus Sicht der Bewerber zumindest der „böse Schein“ mangelnder Neutralität und Objektivität.
53
Hinzu tritt, dass der 1. Bürgermeister der Gemeinde und Aufsichtsratsvorsitzende der Eigengesellschaft im Ersten Verfahrensbrief des Konzessionsverfahrens vom 23.10.2014 an die Konzessionsinteressenten als diejenige Person mitgeteilt wird, die die Funktion der verfahrensleitenden Stelle wahrnehme: „Die Funktion der verfahrensleitenden Stelle in diesem Verfahren nimmt der 1. Bürgermeister der Stadt, M. L., wahr.“ Der Brief ist vom 1. Bürgermeister unterzeichnet und enthält als Anlagen u.a. die Erläuterung der vom Stadtrat beschlossenen Auswahlkriterien (Anlage 2 – Anlage B6), das Muster eines Netzbewirtschaftungskonzeptes (Anlage 3 – Anlage B7) und den Entwurf eines Stromkonzessionsvertrages (Anlage 4 – Anlage B 8). Damit ist jedenfalls nach dem äußeren Erscheinungsbild eine so enge personelle und organisatorische Verbindung zwischen kommunaler Vergabestelle und kommunalem Mitbewerber gegeben, dass die Möglichkeit eines Informationsvorsprungs, informeller Gespräche und Abstimmungen sowie eine entsprechende strukturelle Benachteiligung eines dritten Mitbewerbers naheliegt. Bereits die naheliegende Möglichkeit informeller Gespräche und Abstimmungen genügen, um einen Verstoß gegen das Trennungs- und Neutralitätsgebot und das Diskriminierungsverbot anzunehmen (vgl. BGH BeckRS 2021, 42673 Rn. 54 – Stadt Ba.). Im Übrigen hat der 1. Bürgermeister damit auch in einer Doppelrolle konkret agiert, auch wenn es dessen gar nicht bedürfte, um einen Verstoß gegen das Trennungsgebot zu begründen.
54
d) Der Verstoß gegen das Trennungsgebot führt bereits dann zu einer unbilligen Behinderung von Mitbewerbern, wenn nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden kann, dass sich dieser auf das Vergabeverfahren und die sich daraus ergebende Rangfolge der Bieter ausgewirkt hat, wenn also nicht feststeht, dass sich auch ohne den Verfahrensfehler dieselbe Rangfolge ergeben hätte (BGH BeckRS 2021, 42673 Rn. 43 – Stadt Ba.). Es ist insbesondere nicht erforderlich, eine konkrete Doppelbefassung nachzuweisen (BGH BeckRS 2021, 42673 Rn. 51 – Stadt Ba.).
55
Hier liegt eine konkrete Doppelbefassung in Bezug auf den Ersten Verfahrensbrief und die Mitteilung des 1. Bürgermeisters als verfahrensleitende Stelle vor.
56
Im Übrigen ist es der Klägerin und der Drittwiderbeklagten nicht gelungen, es als zweifelsfrei feststehend nachzuweisen, dass sich dieselbe Rangfolge auch ohne den Verfahrensfehler ergeben hätte. Hierfür genügen auch die in der Dokumentation nach Anlage D 24 beschriebenen Maßnahmen nicht, selbst wenn sie tatsächlich „gelebt“ worden wären, wie die Klägerin und die Drittwiderbeklagten behaupten. Denn es mag zwar generell möglich sein, dass ein rein strukturell bedingtes Trennungs- und Neutralitätsdefizit im Einzelfall durch konkrete Regelungen kompensiert wird, die sicherstellen, dass ein Wissenstransfer und ein Interessenkonflikt verhindert werden (vgl. BGH BeckRS 2021, 42673 Rn. 39 – Stadt Ba.).
57
Dies erscheint aber ausgeschlossen, wenn der Verstoß gegen das Trennungsgebot wie in der vorliegenden Konstellation durch die Doppelfunktion ein und derselben Person in der Gemeindeverwaltung als 1. Bürgermeister und in der Eigengesellschaft als Aufsichtsratsvorsitzender begründet ist.
58
Und auch in Ansehung der konkret mit der Verfahrensdokumentation gemäß Anlage D 24 beschriebenen Maßnahmen ist nicht belegt, dass, selbst wenn sie auch umgesetzt worden wären, ein informeller Wissenstransfer und ein Interessenskonflikt verhindert wurden. Zweifelhaft erscheint insofern bereits, dass das Konzessionsvergabeverfahren seit 2013 lief, die Verfahrensdokumentation hingegen erst am 29.02.2016 und damit nur kurz vor den entscheidenden Beschlussfassungen des Stadtrats im März 2016 zu Papier gebracht wurde.
59
Die Zeit vor dem 26.09.2013, dem Zeitpunkt der Verständigung im Stadtrat gemäß Ziff. 1 der Anlage, ist von Ziff. 1. und 2 der Anlage D 24 nicht erfasst; unklar ist ferner, auf welchen Zeitraum sich die Ziffern 3. bis 6. beziehen. Nach Aussage des Zeugen S. hat der 1. Bürgermeister auch noch Stadtratssitzungen im Oktober und im November 2013 selbst geleitet, in welchen es um die Konzessionierung ging, wobei in der letzten vom November 2013 die Marschrichtung des reinen Konzessionierungsverfahrens festgelegt worden sei.
60
Im Übrigen scheidet ein Verstoß gegen das Trennungsgebot nicht schon dadurch aus, dass die Mitglieder des Aufsichtsrates der Eigengesellschaft bei Entscheidungen im Rahmen der Konzessionsneuvergabe nicht an der Behandlung und Abstimmung im Stadtrat und/oder dem – ohnehin erst im Jahr 2015 – eingerichteten Konzessionierungsausschuss teilgenommen hätten (vgl. Ziff. 1. Anlage D 24), dass der 1. Bürgermeister den Vorsitz im Stadtrat oder im Hauptausschuss bei Entscheidungen im Rahmen der Konzessionsneuvergabe an den 2. Bürgermeister abgegeben hätte (vgl. Ziff. 2.a. Anlage D 24) und dass der 1. Bürgermeister die interne Abstimmung des Verfahrens sowohl innerhalb der Stadtverwaltung als auch mit Vertretern der Kanzlei (…) an den Stadtkämmerer abgegeben hätte (vgl. Ziff. 2.b. Anlage D 24). Denn die unterbliebene Teilnahme an den Sitzungen über die Beratung und Abstimmung der Stadtvertretung und ihrer Ausschüsse vermag die gebotene personelle und organisatorische Trennung nicht zu begründen (vgl. BGH BeckRS 2021, 42673 Rn. 40 – Stadt Ba.; BGH NZKart 2021, 509 Rn. 54 – Gasnetz Berlin).
61
Nichts anderes gilt für den Umstand, dass der 1. Bürgermeister gem. Ziff. 2.d. der Anlage D 24 an keinem Gespräch teilgenommen und an keiner Entscheidung mitgewirkt hätte, die mit dem Verfahren zur Konzessionsvergabe zusammenhingen, zumal es sich hierbei nicht um eine vorweg beschlossene „Maßnahme“ im Sinne einer Leitlinie für das weitere Verfahren, sondern um eine pauschale nachträgliche und schwer verifizierbare Aussage handelt.
62
Ebenso wenig genügt es, dass das Verfahren in der Stadtverwaltung ausschließlich vom Stadtkämmerer und seinem Stellvertreter durchgeführt worden sei (Ziff. 3 Anlage D 24), dass der gesamte Schriftverkehr bezüglich der Verfahren und alle Akten sowie die von den Bewerbern übersandten Unterlagen im Büro des Stadtkämmerers in einem verschlossenen Aktenschrank aufbewahrt worden seien und Zugang nur der Stadtkämmerer und sein Stellvertreter gehabt hätten (Ziff. 4 Anlage D 24) und schließlich dass der Zugang auf den virtuellen Ordner des Dokumentenmanagementsystems „Regisafe“ der Stadt, mit dessen Hilfe der Schriftverkehr zum Konzessionsvergabeverfahren erstellt und archiviert wurde, lediglich für den Stadtkämmerer und seinen Stellvertreter freigeschaltet gewesen seien (Ziff. 5 Anlage D 24). Durch all diese Maßnahmen wird ein informeller Informationsaustausch und der Interessenkonflikt nicht ausreichend ausgeschlossen.
63
Soweit in Ziff. 2.c. Anlage D 24 noch ausgeführt wird, dass der 1. Bürgermeister nicht in sonstiger Weise auf das Verfahren Einfluss genommen hätte und dass seine Benennung als verfahrensleitende Stelle für die Verfahren lediglich im Vollzug des Art. 38 Abs. 1 BayGemO erfolgt sei, jedoch sämtliche Verfahrenshandlungen ausschließlich vom genannten Ansprechpartner für Bewerber (dem Stadtkämmerer) ausgeführt worden seien und die verfahrensleitende Stelle im Verfahren vom 2. Bürgermeister übernommen worden sei, wird auch hierdurch keine hinreichende Regelung offenbar, nach der ein informeller Informationsaustausch und der Interessenkonflikt zwischen den in der Gemeindeverwaltung mit dem Konzessionsvergabeverfahren befassten Personen und dem 1. Bürgermeister als Aufsichtsratsvorsitzender der Mitbewerberin mit hinreichender Gewähr ausgeschlossen worden wären. Und nicht zuletzt konnte die nach außen und offiziell im Ersten Verfahrensbrief vom 23.10.2014 unter Ziff. C.I erfolgte Mitteilung, dass die Funktion der verfahrensleitenden Stelle im Vergabeverfahren vom 1. Bürgermeister wahrgenommen wird, durch diese Maßnahmen nicht ungeschehen gemacht werden.
64
Auch die vom Senat vor der am 12.10.2021 verkündeten Entscheidung des Bundesgerichtshofs „Stadt Ba.“ (BeckRS 2021, 42673) durchgeführte Beweisaufnahme durch Vernehmung des 1. Bürgermeisters, des Stadtkämmerers und seines seinerzeitigen Stellvertreters am 01.07.2021 brachte – vor dem Hintergrund der in der genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs konkret aufgestellten Anforderungen an die personelle und organisatorische Trennung – kein anderes Ergebnis. Denn der damit bezweckte Beweis, dass die Regelungen aus Anlage D 24 auch so umgesetzt worden seien, konnte eine ausreichende Trennung nicht belegen. Vielmehr hat sich auf Frage des Beklagtenvertreters als weiterer Verstoß gegen das Trennungsgebot herausgestellt, dass in der Gemeinde die haushaltstechnische Abwicklung der Kommunalunternehmen in Bezug auf Leistungserbringung im Ressort des Stadtkämmerers liegen (Aussage des Zeugen S., Seite 16 des Protokolls vom 01.07.2021, Bl. 1278 dA) und damit eine enge Verbindung zwischen dem das Konzessionsverfahren leitenden Stadtkämmerer und der mitbietenden Klägerin bestand.
65
e) Die Beklagte ist mit der Rüge nicht präkludiert. Zwar ist im Ersten Verfahrensbrief unter C.VII. ausgeführt, dass Rügen betreffend das Verfahren oder sonstige vermeintliche Rechtsverstöße unverzüglich im laufenden Verfahren geltend zu machen seien. Eine Rügepräklusion nach § 47 EnWG in der ab 03.02.2017 geltenden Fassung scheidet aber aus, weil die Vorschrift für die vorliegende Konzessionsvergabeentscheidung aus dem Jahr 2016 nicht anwendbar ist. Nach altem Recht wäre eine Rüge allenfalls präkludiert, wenn die gerügte Rechtsverletzung für den rügenden Beteiligten im Konzessionsvergabeverfahren erkennbar gewesen wäre (BGH, BeckRS 2020, 4930 Rn. 43 ff. – Stromnetz St.). Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beklagten hatte sie vor Mitteilung der Zuschlagsentscheidung keine Kenntnis davon, dass sich die Klägerin als Bieterin am Vergabeverfahren beteiligt hatte (vgl. Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 12.10.2020, Seiten 1/2 und 31, Bl. 1148/1159 und 1178 dA). Eine Kenntnis hiervon kann nicht allein daraus geschlossen werden, dass sich die Klägerin vor dem Konzessionsverfahren mit einem Kooperationsinteresse an die Beklagte gewandt hatte (vgl. Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Drittwiderbeklagten vom 15.07.2020, Seite 19, Bl. 1086 dA), zumal die Klägerin – unstreitig – selbst nicht über die erforderlichen Kenntnisse für die Führung eines Energieversorgungsbetriebes verfügte. Nicht ersichtlich ist ferner, dass die Beklagte die Stellung des 1. Bürgermeisters als Aufsichtsratsvorsitzenden der Klägerin kannte.
66
f) Ebenso wenig kann der Beklagten mit Erfolg Verwirkung oder ein Missbrauchseinwand aufgrund ihrer Kooperationsangebote an die Klägerin nach Abschluss des Konzessionsverfahrens und nach Abschluss des Konzessionsvertrages (vgl. Anlagen D 10 und D 11) entgegengehalten werden. Weder aus dem Umstand, dass die Beklagte mit der Gemeinde Gespräche über eine Kooperation geführt hat und hierfür Angebote im Raum standen, noch daraus, dass sie hierbei erklärt hat „In einer Umsetzung des von uns angebotenen Kooperationsmodells sehen wir auch auf Seiten der Stadt bzw. der Stadtwerke keine rechtlichen Hindernisse“ (vgl. Anlage D 11), ist zu schließen, dass die Beklagte sich im Übertragungsverfahren nicht mehr auf eine Unwirksamkeit des Konzessionsvertrages berufen würde und dürfe. Ein solcher Erklärungsgehalt lässt sich diesem Verhalten der Beklagten nicht entnehmen und auch ein entsprechender Vertrauenstatbestand wurde hierdurch nicht geschaffen.
67
g) Es kommt deshalb nicht darauf an, ob eine unbillige Behinderung der Beklagten auch darin liegt, dass das Angebot der Klägerin den Zuschlag erhalten hat, obwohl die Ausschreibung des Betriebsführers noch nicht erfolgt war und somit noch nicht feststand, wen die Klägerin mit der Betriebsführung beauftragen würde, und insofern fraglich sein könnte, ob das Angebot der Klägerin – auch mit Blick auf die Beteiligung der SWM M. an der Erstellung eines Betriebsführungskonzeptes, der Zusage der SWM M., sich an einer Ausschreibung zu beteiligen, und deren etwaigen Projektantenstellung iSv des § 124 Abs. 1 Nr. 6 GWB – hinreichend bestimmt bzw. verfestigt war, um eine Prüfung der Anforderungen des § 1 und § 4 EnWG zu ermöglichen (vgl. OVG Lüneburg, EnWZ 2013, 570; vgl. auch S. 10 Gemeinsamer Leitfaden von Bundeskartellamt und Bundesnetzagentur zur Vergabe von Strom und Gaskonzessionen und zum Wechsel des Konzessionsnehmers unter Berufung auf die Entscheidung des OVG Lüneburg, Anlage K 12; vgl. ferner zur Frage, wie fundiert das Konzept eines Newcomers sein muss: KG BeckRS 2020, 27566 Rn. 193; OLG Brandenburg, EnWZ 2017, 457, Rn. 140 nach juris; OLG Celle, ZNER 2016, 242, Rn. 150 nach juris).
68
Es bedarf folglich keiner Entscheidung, ob es insofern genügte, dass die Klägerin ihr Angebot dahin fasste, die von ihr angebotenen Leistungen hinsichtlich der Betriebsführung als Mindestbedingungen in die nachfolgende Ausschreibung für die Betriebsführung aufzunehmen, und dass sie ihrem Angebot um die Konzession sowohl die Ausschreibungsunterlagen als auch die Verpflichtungserklärung der SWM S. GmbH vom 15.01.2015 (Anlage K 67), ergänzt durch die Verpflichtungserklärungen der SWM I. GmbH und der Stadtwerke M. GmbH vom 04.09.2015 (Anlage K 69), im Ausschreibungsverfahren der Klägerin für einen Betriebsführer ein marktübliches Angebot abzugeben, beifügte und schließlich die SWM S. GmbH, wie sich aus dem Netzbewirtschaftungskonzept (Anlage K 59) der Klägerin ergibt, bei der Erstellung desselben hinsichtlich der Angaben zur Betriebsführung maßgeblich beteiligt war.
69
f) Keiner Entscheidung bedarf folglich auch, ob die übrigen gerügten Verstöße gegen das Trennungsgebot (insbesondere durch etwaige Mitwirkung von Aufsichtsratsmitgliedern in den Sitzungen und Abstimmungen des Stadtrats und seiner Ausschüsse) und gegen die Transparenz der Auswahlkriterien ebenfalls eine unbillige Behinderung der Beklagten begründen.
70
2. Auch der Widerklage gegenüber der Klägerin und der Drittwiderbeklagten auf Feststellung der Nichtigkeit des Konzessionsvertrags zwischen der Klägerin und der Drittwiderbeklagten hat das Landgericht zu Recht stattgegeben.
71
a) Dieser Feststellungsantrag ist im Verhältnis sowohl zur Klägerin als auch zur Drittwiderbeklagten zulässig.
72
aa) Der Zulässigkeit des Antrags nach § 256 Abs. 1 ZPO steht nicht entgegen, dass die Beklagte nicht Partei des Konzessionsvertrages ist, da für sie als Mitbewerberin um die Konzession eine hinreichende gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit für die ihr eigenes Recht betreffende Frage bestand, ob das Konzessionsverfahren wirksam mit der Vergabe der Konzession an die Klägerin abgeschlossen worden ist (vgl. BGH BeckRS 2021, 42673 Rn. 16 ff. – Stadt Ba.).
73
bb) Das erforderliche Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO entfällt auch nicht mit der Entscheidung über den mit der Klage geltende gemachten Übereignungsanspruch der Klägerin gem. § 46 Abs. 2 S. 2 EnWG. Diese Entscheidung entfaltet gegenüber der Drittwiderbeklagten keine Wirkung, da der Übereignungsantrag nur im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten gestellt ist. Und auch im Verhältnis zur Klägerin ist die Nichtigkeit des Konzessionsvertrags nur eine rechtliche Vorfrage, die an der Rechtskraft der Entscheidung nicht teilhat. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Frage der Nichtigkeit des Vertrages über den abgelehnten Übereignungsanspruch der Klägerin hinaus Wirkungen für das Recht und die Rechtslage der Beklagten entfalten kann.
74
b) Der Feststellungsantrag ist begründet, weil, wie oben ausgeführt, der Konzessionsvertrag zwischen der Klägerin und der Drittwiderbeklagten nichtig ist.
C.
75
I. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1, § 100 ZPO.
76
II. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
77
III. Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO), und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO liegen nicht vor. Die für die Entscheidung maßgeblichen Grundsätze sind insbesondere durch die Entscheidung des BGH „Stadt Ba.“, BeckRS 2021, 42673, geklärt.