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OLG München, Zweites Versäumnisurteil v. 15.11.2022 – 5 U 4518/19
Titel:

Verweigerung von Terminsverlegung kein Befangenheitsgrund

Normenkette:
ZPO § 42, § 345
Leitsätze:
1. Die Gesetzmäßigkeit des ersten Versäumnisurteils ist keine Voraussetzung für den Erlass eines (zweiten) Versäumnisurteils nach § 345 ZPO (Rn. 28). (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Verweigerung einer beantragten Terminsverlegung begründet regelmäßig nicht die Besorgnis der Befangenheit, weil diese nur beim Vorliegen erheblicher Gründe in Betracht kommt. Anders liegt es ausnahmsweise dann, wenn erhebliche Gründe für eine Terminsverlegung offensichtlich vorliegen, die Zurückweisung des Antrags für die betreffende Partei schlechthin unzumutbar wäre und somit deren Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzt oder sich aus der Ablehnung der Terminsverlegung der Eindruck einer sachwidrigen Benachteiligung einer Partei aufdrängt. (Rn. 50) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Terminsverlegung, Befangenheit, Gesetzmäßigkeit
Vorinstanzen:
OLG München, Versäumnisurteil vom 27.10.2020 – 5 U 4518/19
LG München I, Endurteil vom 15.07.2019 – 32 O 5931/17
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Urteil vom 14.09.2023 – IX ZR 219/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 52653

Tenor

1. Der Einspruch der Klägerin gegen das Versäumnisurteil vom 27.10.2020 wird verworfen.
2. Das im Termin vom 25.10.2022 gestellte Ablehnungsgesuch wird als offensichtlich unzulässig verworfen.
3. Die Klägerin trägt die weiteren Kosten des Rechtsstreits.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

I.
1
Die klagende Eigentümergesellschaft und die am Berufungsverfahren noch beteiligte Beklagte zu 1) streiten um eine Schadensersatzpflicht anlässlich einer Darlehensgewährung.
2
Die zunächst klagende Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Rechtsnachfolgerin die jetzt klagende GmbH & Co. KG ist, bestand aus den Eheleuten … und war Eigentümerin des Anwesens … in … . Die Beklagte zu 1) hat den Eheleuten … im Jahre 2008 auf Vermittlung des früheren Beklagten zu 2) ein Darlehen gewährt. Die damalige Eigentümerin des Grundstücks … stellte als „Sicherungsgeberin“ eine Briefgrundschuld, die an die Beklagte zu 1) abgetreten wurde. Am 06.10.2015 schlossen die Beklagte zu 1) und die Eheleute … die als Anlage K 8 vorgelegte „Vereinbarung“. Die Klägerin sieht diese Vereinbarung als von der Beklagten zu 1) als verletzt an und erhob vor dem LG München I Klage, die im Laufe des Rechtsstreits erweitert wurde.
3
Das Landgericht hat die Klage mit Endurteil vom 15.07.2019 (Bl. 568/608 d.A.) abgewiesen.
4
Gegen das der Klägerin am 19.07.2019 zugestellte Ersturteil richtet sich die am 14.08.2019 eingelegte und nach Fristverlängerung bis 21.10.2019 am gleichen Tag begründete Berufung der Klägerin (Bl. 645 d.A.). Sie verfolgt mit der Berufung ihre Ansprüche gegen die Beklagte zu 1) weiter. Die zunächst auch in Richtung gegen die Beklagte zu 2) eingelegte Berufung hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 08.10.2020 zurückgenommen.
5
Am 27.10.2020 hat der Senat mündlich verhandelt.
6
Einen kurz zuvor von der Klagepartei gestellten Terminsverlegungsantrag, gestützt auf die Verhinderung von Dr. …, hatte der Senat abgelehnt, weil er dessen Prozessbevollmächtigten für hinreichend vorbereitet erachtete. Für den Kläger ist zum Termin niemand erschienen, vielmehr ging ein Befangenheitsantrag wegen der Nichtverlegung des Termins ein, den die abgelehnten Mitglieder des Senats selbst wegen der offenkundigen Rechtsmissbräuchlichkeit und Prozessverschleppungsabsicht zurückgewiesen haben.
7
Der Senat hat sodann Beweis erhoben; der Zeuge … gab dem Senat hierbei von sich aus eine Sprachnachricht auf der Mailbox seines Mobiltelefons zur Kenntnis, in der sich eine männliche Stimme mit „…“ meldete und dem Zeugen 5.000 € anbot, wenn dieser der Ladung zur Zeugenvernehmung nicht folgen würde.
8
Auf Antrag der Beklagten erging gegen die Klägerin am 27.10.2020 ein erstes Versäumnisurteil (Bl. 913 d.A.), das der Klägerin am 18.11.2020 (Bl. 918 d.A.) zugestellt wurde.
9
Mit Schriftsatz vom 27.11.2020 hat die Klägerin hiergegen Einspruch eingelegt (Bl. 923 d.A.).
10
Die Akte wurde zwischenzeitlich antragsgemäß an das Landgericht München I zur Kostenfestsetzung geleitet und war bei dem Parallelverfahren (OLG München 17 U 4520/19; BGH, Az. IX ZR 255/20) beigezogen (Bl. 990/993 d.A.).
11
Mit Verfügung vom 17.08.2022 wurde Termin zur Verhandlung über den Einspruch gegen das Versäumnisurteil und die Hauptsache auf 25.10.2022 bestimmt und Hinweise erteilt, zu denen die Klägerin Stellungnahmefrist bis zum 22.09.2022 erhielt (Bl. 1026 d.A.).
12
Mit Schriftsatz vom 19.09.2022 beantragte die Klägerin Akteneinsicht, um überprüfen zu können, welche Anlagen dem Gericht nicht vorliegen und zugleich eine einheitliche Fristverlängerung bis zum 30.09.2022. Diese wurde gewährt. Eine weitere Fristverlängerung bis zum 10.10.2022 wurde am 5.10.2022 gewährt.
13
Mit Schriftsatz vom 10.10.2022 beantragte der Kläger eine neuerliche Fristverlängerung mit der Begründung, Dr. … sei wegen eines Unfalles mit dreifachem Rippenbruch bis 23.10.2022 im Krankenstand und nicht in der Lage, Rechtsanwalt … zuzuarbeiten bzw. ihn mit notwendigen Informationen zu versorgen. Zur Glaubhaftmachung wurden zwei Schriftstücke vorgelegt.
14
Mit Verfügung vom 12.10.2022 teilte der Vorsitzende mit, dass der Termin nicht verlegt werde und eine Fristverlängerung nicht erfolge, da nicht erkennbar sei, warum Dr. … dem Klägervertreter keine Informationen zukommen lassen könne und bei sorgfältiger Prozessführung schon längst für eine Abstimmung hätte gesorgt werden können.
15
Mit Schriftsatz vom 21.10.2022 lehnte die Klägerin den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht …, Richter am Oberlandesgericht … und Richterin am Oberlandesgericht … wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Die Behauptung, die Klägerin habe ihre Vertretungsverhältnisse nicht glaubhaft gemacht, sei schikanös vor dem Hintergrund der 3,5-jährigen Prozessdauer und der bereits im Oktober 2020 erfolgten Änderung des Aktivrubrums. Es sei aus der Luft gegriffen, dass die Hinweise schon längst hätten besprochen werden können. Der Vorsitzende/Senat habe ferner in den Verfügungen vom 17.08.2022 und 21.09.2022 bewusst falsche Behauptungen über das Ausmaß fehlender Anlagen zur Akte aufgestellt und die Absicht gehabt, den Termin ohne Anlagen abzuhalten; der Hinweis, dass ggf. benötigte Kopien gefertigt werden könnten, verhöhne die Klägerin. Es überschreite die Befugnis des Senats, in Kenntnis eines dreifachen Rippenbruchs zu behaupten, es sei nicht ersichtlich, warum keine Informationen ausgetauscht werden konnten. Außerdem habe der Senat in früherer Besetzung hartnäckig die Einstellung der Zwangsvollstreckung verweigert. Willkürlich seien auch die Streitwertfestsetzungen, es liege gar eine absichtliche sittenwidrige Schädigung vor. Dies gelte erst recht für den Streitwertbeschluss der Einzelrichterin … und deren Weigerung, diesen aufzuheben.
16
Am 25.10.2022 wurde das Ablehnungsgesuch durch die Vertreter der abgelehnten Richter als unbegründet bzw. teilweise unzulässig zurückgewiesen (Bl. 1089 d.A.).
17
In der mündlichen Verhandlung am 25.10.2022 beantragte der Klägervertreter die Vertagung des Verfahrens. Nachdem der Vorsitzende hierauf nicht sofort reagierte, stellte er Befangenheitsantrag, weil über seinen Vertagungsantrag nicht ad hoc entschieden werde und über den Antrag auf Verlegung vom 21.10.2022 nicht entschieden worden sei. Nach Unterbrechung zu Beratungszwecken verkündete der Vorsitzende den Beschluss, dass die Vertagungs- bzw. Verlegungsanträge zurückgewiesen würden, da kein Vertagungsgrund vorliege. Der Termin sei lange bekannt, Kommunikation zwischen dem Prozessbevollmächtigten und der Klägerin möglich. Eine Entscheidung über den Verlegungsantrag vom 21.10.2022 habe wegen der Wartefrist erst am 25.10.2022 erfolgen können.
18
Klägervertreter erklärte, keine Sachanträge zu stellen und beantragte eine Frist zur Begründung seiner Befangenheitsanträge, die antragsgemäß bis zum Folgetag gewährt wurde.
19
Die Beklagte beantragt,
die Vertagungsanträge zurückzuweisen und ein zweites Versäumnisurteil zu erlassen.
20
Die Beklagte wies darauf hin, dass die von der Klägerin vorgelegten Atteste nicht von einer Ärztin unterschrieben seien.
21
Mit Schriftsatz vom 26.10.2022 begründete die Klägerin ihren Befangenheitsantrag dahingehend, dass der Senat gegen das Selbstentscheidungsverbot des § 45 Abs. 1 ZPO verstoßen habe, indem er trotz des in der Verhandlung gestellten (ersten) Befangenheitsantrages selbst entschieden habe, dass der Antrag auf Vertagung/Verlegung vom 21.10.2022 und 20.10.2022 zurückgewiesen wird. Schon deshalb seit dem zweiten Befangenheitsantrag stattzugeben.
22
Zur Begründung des zweiten Antrages werde auf die Begründung der Kanzlei … im Schriftsatz vom 20.10.2022 verwiesen. Überdies werde der zweite Antrag auch damit begründet, dass es sowohl eine grundlose als auch eine sachwidrige Entscheidung darstelle, dass der Senat sowohl den Verlegungsantrag vom 21.10.2022 als auch den vom 25.10.2022 zurückgewiesen hat. Entgegen der gegebenen Begründung seien die in der ZPO vorgesehenen Gründe für die Vertagung oder Verlegung vorgetragen und glaubhaft gemacht.
23
Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll vom 25.10.2022 (Bl. 1093 d.A.) sowie auf den Schriftsatz vom 26.10.2022 (Bl. 1097 d.A.) Bezug genommen.
II.
24
1. Der Einspruch gegen das erste Versäumnisurteil vom 27.10.2020 (Bl. 915 d.A.) war nach § 345 ZPO zu verwerfen.
25
Die Voraussetzungen für den Erlass eines zweiten Versäumnisurteils liegen vor, weil die Einspruchsführerin im Einspruchstermin nicht zur Sache verhandelt hat (§§ 333, 345 2. Fall ZPO) und keine Hinderungsgründe vorliegen.
26
a) Der Einspruch vom 27.11.2020 gegen das der Klägerin am 18.11.2020 zugestellte (nach Bl. 918 d.A.; Bl. 925 d.A.) am 27.10.2020 verkündete (Bl. 913 d.A.) erste Versäumnisurteil war zulässig, da dieser frist- und formgerecht eingelegt wurde.
27
b) Die Klägerin hat im Termin am 27.10.2022 nicht verhandelt, weil sie keine Anträge stellte; dieser Termin war der erste Termin nach dem Versäumnisurteil vom 27.11.2020 und dort war über den Einspruch vom 27.11.2020 zu verhandeln.
28
c) Die Gesetzmäßigkeit des ersten Versäumnisurteils ist keine Voraussetzung für den Erlass eines (zweiten) Versäumnisurteils nach § 345 ZPO (BGH NJW 1999, 2599; Thomas/Putzo/Seiler, ZPO, 43. Aufl., § 345 Rdnr. 4). Im Übrigen war das erste Versäumnisurteil vom 27.10.2020 ordnungsgemäß ergangen.
29
d) Ein Erlasshindernis gem. § 335 ZPO oder § 337 ZPO liegt nicht vor.
30
aa) Die Klägerin war mit Verfügung vom 17.08.2022 (Bl. 1026 d.A.) ordnungsgemäß zum Einspruchstermin geladen.
31
bb) Die Einlassungsfrist war angemessen und ein Vertagungsgrund (§ 227 ZPO) lag nicht vor.
32
Insoweit wird auf die Verfügung vom 12.10.2022 sowie auf den Beschluss vom 25.10.2022 Bezug genommen. Auch die weiteren Ausführungen der Klägerin im Termin und im Schriftsatz vom 26.10.2022 geben keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung. Im Gegenteil hat die Erörterung des Vertagungsgrundes im Termin ergeben, dass kein Vertagungsgrund vorliegt.
33
Es ist (weiterhin) nicht ersichtlich und nicht glaubhaft gemacht, dass der Geschäftsführer der Klägerin, Herr Dr. …, aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage war, den anstehenden Termin in ausreichendem Maße mit seinem Prozessbevollmächtigten vorzubereiten oder zu besprechen.
34
Es bestand – wenn auch nicht tagtäglich – die Möglichkeit des telefonischen Kontakts. Auch hatte die Klägerin einen weiteren Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung in dieser Sache beauftragt, was für ihre Handlungsfähigkeit beweist. Im Übrigen begleitet Rechtsanwalt … das Verfahren bereits seit Klageerhebung im Jahr 2017; der hier verhandelte Sachverhalt lag im Kern auch dem Parallelverfahren zugrunde, das erst gegen Ende des Jahres 2021 mit der Zurückweisung der NZB abgeschlossen war. Dem Vorgang lag eine intensiv geführte Auseinandersetzung zugrunde, die den Verfahrensbeteiligten noch immer präsent ist und in der laufender Schriftverkehr stattfand.
35
Zudem wurde eine die Vorbereitung auf den Termin oder die Teilnahme am Termin hindernde Erkrankung des Geschäftsführers der Klägerin nicht glaubhaft gemacht. Auf diesen Gesichtspunkt machte die Beklagten in der Verhandlung aufmerksam. Die vorgelegte „Bescheinigung“ vom 07.10.2022 über die fehlende Verhandlungsfähigkeit wurde nicht etwa – wie der Briefkopf der …klinik und die dort befindliche Name der Chefärztin vermuten lässt – von der dortigen Chefärztin Dr. … oder sonst einem Arzt unterzeichnet, sondern von einer … …, bei der es sich nach der unwidersprochen gebliebenen Äußerung der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht um eine Ärztin handelt. Dies belegt auch die unter dem Stempel befindliche Unterschriftszeile („… …, Physican Assistent“).
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Das weitere vorgelegte Schriftstück vom 03.10.2022 über die Selbsteinlieferung des Dr. … in der Notaufnahme – wohl ein Teil eines Arztbriefes – ist unvollständig und nicht unterschrieben. Selbst wenn das Schriftstück vollständig und unterschrieben wäre, würde die Diagnose „Rippenfraktur“ nicht genügen, um anzunehmen, dass der in München wohnhafte Herr Dr. …, hierdurch an der Teilnahme als Partei gehindert gewesen wäre. Dieses Schreiben umfasst ausweislich der Fußzeile zwei Seiten; die vorgelegte Kopie enthält keine Angaben zu den durchgeführten ärztlichen Maßnahmen oder zu Einschränkungen des Patienten. Aufgrund dieser Umstände war die Entscheidung, den Termin nicht zu verlegen, auch weiterhin zutreffend.
37
2. Der Senat entscheidet in der regulären Besetzung; eine Wartepflicht nach § 47 ZPO besteht nicht.
38
a) Das Ablehnungsgesuch gegen die Richter VRiOLG … und Ri’inOLG … vom 21.10.2022 wurde mit Beschluss vom 25.10.2022 (Bl. 1084 d.A.) zurückgewiesen.
39
b) Das erste in der Sitzung gestellte Ablehnungsgesuch (Protokoll, Seite 3 zweiter Absatz von oben, Bl. 1095 d.A.) genügte nicht den inhaltlichen Anforderungen an ein Ablehnungsgesuch nach § 44 ZPO.
40
Dieser Antrag war nicht gegen einen bestimmten Richter gestellt, sondern erfolgte „global“ und war damit offensichtlich unzulässig. Der Antrag erfolgte zudem im Zusammenhang mit dem gestellten (weiteren) Vertagungsantrag und der Diskussion, welche weiteren Anträge von der Klägerin zu erwarten waren. Es wurde damit begründet, dass über die Vertagung nicht ad hoc (sofort) und als erstes entschieden werde.
41
Mit diesem Antrag verfolgte die Klägerin somit das Ziel, dass vorweg über ihren Vertagungswunsch entschieden werden soll, bevor weitere Erklärungen in der Sache abgegeben werden. Nach Klärung dieses Anliegens und Beratung kam der Senat diesem Antrag nach und entschied über die Vertagungsanträge vom 21.10.2022 und den soeben im Termin gestellten Antrag. Damit war dem „Ablehnungsantrag“, der mit Nachdruck auf die Vorabentscheidung über die Vertagung zielte, entsprochen und dieser hatte keine weiteren Wirkungen mehr. Die Klägerin hat diesen Antrag auch im Schriftsatz vom 26.10.2022 (Bl. 1097 d.A.) nicht (ergänzend) begründet.
42
c) Das zweite in der Sitzung gestellte Ablehnungsgesuch (Protokoll vom 25.0.2022, Seite 3 unten, Bl. 1095 d.A.) ist offensichtlich unzulässig und in rechtsmissbräuchlicher Weise gestellt, weshalb es durch die erkennenden Richter zurückgewiesen werden kann.
43
aa) Der zweite Ablehnungsantrag lehnt den Senat „global“ ab. In dieser Form ist er unzulässig. Auch wenn dieser dahin zu verstehen sein sollte, dass die am zuvor gefassten Beschluss über die versagte Vertagung mitwirkenden Richter abgelehnt werden, ist er unzulässig.
44
bb) In der Person des VRiOLG … und der RiOLG … wurde von der Vertreterbesetzung ein wegen der versagten Vertagung vorliegender Ablehnungsgrund bereits geprüft und verneint (Beschluss vom 25.10.2022).
45
(1) Die Gründe für die in der Sitzung beantragte Vertagung, die in der gesundheitlichen Verhinderung des Geschäftsführers der Klägerin liegen sollen, sind identisch zu den schon vorgebrachten. Ein davon abweichender, neuer Ablehnungsgrund wird nicht dargestellt, dessen Wiederholung ist unzulässig, was die abgelehnten Richter selbst feststellen und entscheiden können.
46
(2) Soweit die zweite Ablehnung wegen der Verletzung der Wartepflicht aus § 47 ZPO wegen des ersten im Termin gestellten Ablehnungsgesuchs abgeleitet wird, weil danach über den Antrag der Klägerin auf Vertagung entschieden wurde, ist diese Begründung ungeeignet, einen Ablehnungsgrund darzustellen. Auch insoweit können die erkennenden Richter den Antrag verwerfen.
47
Der erste „Ablehnungsantrag“ war darauf gerichtet, vorab eine Entscheidung über den Vertagungsantrag zu erhalten (siehe oben). Indem der Senat diesem ausdrücklichen Wunsch der Klägerin nachkam, kann sie sich auch nicht auf einen Verstoß gegen eine Wartepflicht berufen, ohne sich selbst zu widersprechen. Zudem war der erste Ablehnungsantrag wegen seiner inhaltlichen Mängel („Globalablehnung“) nicht geeignet, die Wartepflicht aus § 47 Abs. 1 ZPO auszulösen. Im Übrigen konnte der Termin nach § 47 Abs. 2 Satz 1 ZPO fortgesetzt werden, wozu auch die beantragte Entscheidung über die Vertagung zählt.
48
cc) Soweit sich der zweite Ablehnungsantrag gegen Ri‘in OLG …, die an Stelle des sich im Urlaub befindlichen RiOLG … im Termin mitwirkte, richtet, war er offensichtlich unzulässig, da er dazu diente, die (erneut) versagte Terminsverlegung faktisch zu erzwingen.
49
Der zweite Ablehnungsantrag enthält über Ausführungen, warum dem Vertagungsantrag stattzugeben gewesen wäre, hinaus keine Angaben, die einen Ablehnungsgrund nach § 42 Abs. 2 ZPO gegen die abgelehnte Richterin begründen können.
50
Die Verweigerung einer beantragten Terminsverlegung begründet regelmäßig nicht die Besorgnis der Befangenheit, weil diese nur beim Vorliegen erheblicher Gründe in Betracht kommt. Anders liegt es ausnahmsweise dann, wenn erhebliche Gründe für eine Terminsverlegung offensichtlich vorliegen, die Zurückweisung des Antrags für die betreffende Partei schlechthin unzumutbar wäre und somit deren Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzt oder sich aus der Ablehnung der Terminsverlegung der Eindruck einer sachwidrigen Benachteiligung einer Partei aufdrängt (BGH, Beschluss vom 6. April 2006 – V ZB 194/05, Rn.31 juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 8. Juni 2016 – 6 W 61/16 –, Rn.3 juris).
51
Dieser Fall liegt hier nicht vor und wird in den zugrundeliegenden Anträgen nicht dargestellt. Die zur Ablehnung gegebene Begründung ist daher, zumal vor dem Hintergrund der schon erfolgten Entscheidung über das Ablehnungsgesuch vom 21.10.2022 in der Besetzung nach § 45 ZPO bezüglich der beiden anderen Mitglieder des Senats und vor dem Hintergrund der zeitlichen Abläufe in der Sitzung von vornherein nicht geeignet, einen Ablehnungsgrund darzustellen. Der Antrag verfolgt nur das Ziel, die versagte Terminsverlegung auf andere Art und Weise zu erzwingen. Für diese Feststellung muss nicht einmal auf die ähnlichen Abläufe vor dem Termin am 27.10.2020 zurückgegriffen werden. Der reguläre Spruchkörper kann daher selbst über das Ablehnungsgesuch entscheiden und muss keine Wartefrist einhalten.
III.
52
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO analog, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 2 ZPO. Die Streitwertfestsetzung bleibt einer gesonderten Entscheidung vorbehalten.