Titel:
Vorläufige Vollstreckbarkeit, Gegenerklärung, Streitwert, Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, Kostenentscheidung, Sicherheitsleistung, Zug-um-Zug, Außergerichtliche Rechtsverfolgung, Kosten des Berufungsverfahrens, Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, Hinweisbeschluss, Sekundäre Darlegungslast, Beweisbeschlüsse, Rechtsmittel, Landgerichte, Nebenforderungen, Übereignung, Abschalteinrichtung, Berufungsanträge, Parteivortrag
Schlagworte:
Schadensersatz, Diesel-Pkw, Abgasrückführungssystem, Abschalteinrichtungen, Berufung, Rückruf, Kostenentscheidung
Vorinstanz:
LG Augsburg vom 17.12.2021 – 45 O 2050/21
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 25.09.2023 – VIa ZR 819/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 51576
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 17.12.2021, Aktenzeichen 045 O 2050/21, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Augsburg und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 45.000,00 € festgesetzt.
Gründe
1
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Diesel-Pkws.
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Die Klägerin erwarb mit Kaufvertrag vom 08.07.2015 bei der Firma M. GmbH ein Neufahrzeug BMW X3, ausgestattet mit einem Dieselmotortyp B 47, Abgasnorm Euro 6, zum Preis von 56.423,20 €. Der Pkw ist mit einem Abgasrückführungssystem ausgestattet, bei dem zur Reduzierung umweltschädlicher Stickoxid-(NOx-)Emissionen ein Teil der beim Verbrennungsvorgang entstehende Gase zur erneuten Verbrennung in das Ansaugsystem des Motors zurückgeleitet wird.
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Im Übrigen wird hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes und der Anträge erster Instanz auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts Augsburg vom 17.12.2021, Az. 045 O 2050/21, Bezug genommen.
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Die Klägerin behauptet, im Fahrzeug seien mehrere unzulässige Abschalteinrichtungen enthalten, die zur Optimierung der Schadstoffemissionen nur auf dem Prüfstand dienten.
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
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Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass es auf Basis des klägerischen Vortrags nicht darauf zu schließen vermocht habe, dass die Beklagte bei der Entscheidung zum Einbau des konkreten Motors die Voraussetzungen des § 826 BGB erfüllt habe.
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Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, die in der Berufungsinstanz unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils beantragt,
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei Euro 44.244,03 nebst Zinsen aus Euro 44.244,03 hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 06.05.2021 zu bezahlen, Zug um Zug gegen die Übereignung und Herausgabe des Pkw Typs BMW X3, FIN: ….
II. die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei Euro 13.170,57 Deliktszinsen zu bezahlen, Zug um Zug gegen die Übereignung und Herausgabe des Pkw Typs BMW X3, FIN: ….
III. es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des in Antrag I genannten Fahrzeugs seit dem 06.05.2021 in Verzug befindet.
IV. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von den Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von Euro 2.306,82 vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten freizustellen.
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Zur Begründung ihres Rechtsmittels führt die Klägerin im Wesentlichen aus, das Landgericht habe rechtsfehlerhaft die Klage abgewiesen und einen Anspruch der Klägerin aus § 826 BGB zu Unrecht verneint.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvortrags wird auf die Berufungsbegründung vom 21.02.2022 Bezug genommen.
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Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 17.12.2021, Aktenzeichen 045 O 2050/21, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
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Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats Bezug genommen. Der Senat bleibt bei seiner im Hinweis vom 25.02.2022 ausführlich dargelegten Rechtsauffassung, auf die gemäß § 522 Abs. 2 S. 3 ZPO Bezug genommen wird.
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Die Anträge der Klägerin haben keinen Erfolg. Die fristgerechte Stellungnahme der Klägerin vom 09.05.2022 enthält keine neuen Gesichtspunkte, die eine andere Entscheidung rechtfertigen könnten. Der Senat hat das Vorbringen der Klägerin zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen (vgl. BVerfG, NJW 2021, 3525 Rn. 13). Er hat die Angriffe der Berufung in vollem Umfang geprüft, aber die Beanstandungen sämtlich für nicht durchgreifend erachtet. Soweit die Klägerin der rechtlichen Einschätzung des Senats im Hinweisbeschluss vom 25.02.2022 mit rechtlichen Ausführungen entgegentreten ist (vgl. BGH, Beschluss vom 12.01.2022 – VII ZB 37/21, BeckRS 2022, 1309 Rn. 7 ff.; BGH, NJW-RR 2021, 1507 Rn. 12 ff.; BGH, NJW 2020, 1740 Rn. 16), ist unter Berücksichtigung des Umstands, dass es nicht erforderlich ist, alle Einzelpunkte des Parteivortrags in den Gründen einer Entscheidung auch ausdrücklich zu bescheiden (vgl. BVerfG, NJW 1997, 2310, 2312; BGH, Beschluss vom 20.09.2021 – IX ZR 46/19, BeckRS 2021, 31643 Rn. 1), deshalb lediglich ergänzend auszuführen wie folgt:
„1. Was das sogenannte „Kaltstartheizen“ bzw. die so bezeichnete „Aufheizstrategie“ bei Fahrzeugen des Herstellers A. AG mit 3,0 l V6 TD-Motoren und hierzu ergangene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs mit dem streitgegenständlichen Fahrzeug des Herstellers BMW AG zu tun haben sollen (Gegenerklärung Seite 2 ff.), erschließt sich dem Senat nicht.
2. Ebenso wenig hilfreich sind die sodann referierten Mutmaßungen des Sachverständigen H. zu einer Deaktivierung des „Kaltstartheizens“ in Fahrzeugen der Beklagten (Gegenerklärung S. 4 ff.) und die hernach (Gegenerklärung Seite 12 f.) in diesem Zusammenhang benannten Zeugen.
3. Auch das Beharren darauf, dass die Klägerin hier substantiiert illegale Abschalteinrichtungendargelegt habe (Gegenerklärung Seite 13 f.), weshalb sich eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten ergebe, führt nicht zum Ziel (siehe dazu näher unten 5).“
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Festzuhalten bleibt in diesem Zusammenhang, dass das Kraftfahrtbundesamt hinsichtlich des Fahrzeugs der Klägerin keine Beanstandungen erhoben hat, insbesondere ein verpflichtender Rückruf des Fahrzeugs nicht angeordnet wurde.
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4. Die ab Seite 21 der Gegenerklärung referierten Beweisbeschlüsse aus anderen Verfahren zu unterschiedlichsten Motorisierungen können bereits deshalb nicht weiterführen, da ein hinreichender Zusammenhang zum streitgegenständlichen Fahrzeug und seiner Motorisierung nicht hergestellt wird.
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5. Schließlich hat der Senat auf Seiten 3 – 5 (unter c) seines Hinweisbeschlusses vom 25.02.2022 eingehend dargelegt, dass und weshalb der Klägerin hier jedenfalls kein Schaden im Rechtssinne entstanden ist oder absehbar entstehen wird, da die zuständige Verwaltungsbehörde erklärtermaßen keine Maßnahmen ergriffen hat oder ergreifen wird, weil sie bei Überprüfung der im streitgegenständlichen Fahrzeug verbauten Motorisierung (Typ B 47 EU 6) keine unzulässigen Abschalteinrichtungen festgestellt hat.
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Hiermit setzt sich die Gegenerklärung der Klägerin nicht auseinander. Weitere Ausführungen hierzu sind deshalb nicht veranlasst.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.die mit Ziff. II der Berufungsanträge begehrten Deliktszinsen erhöhen als Nebenforderung der Streitwert nicht.