Inhalt

LG München II, Endurteil v. 07.03.2022 – 14 O 3311/21
Titel:

Elektronisches Dokument, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Elektronischer Rechtsverkehr, Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, Vorgerichtliche Anwaltskosten, Anderweitige Erledigung, Nutzungsentschädigung, Prozeßbevollmächtigter, Streitwert, Qualifizierte elektronische Signatur, Klageabweisung, Sekundäre Darlegungslast, Formlose Mitteilung, Aufgabe zur Post, Annahmeverzug, Rechtsbehelfsbelehrung, Wert des Beschwerdegegenstandes, Individualschutz, Sittenwidrigkeit, Kosten des Rechtsstreits

Schlagworte:
Klage unbegründet, Deliktische Ansprüche ausgeschlossen, Substantiierungspflicht des Klägers, Keine Manipulation nachweisbar, Zulassungsrechtlich zulässig
Rechtsmittelinstanz:
OLG München, Hinweisbeschluss vom 24.08.2023 – 33 U 1983/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 51363

Tenor

1.    Die Klage wird abgewiesen.
2.    Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3.    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Der Kläger macht Ansprüche im Zusammenhang mit dem sog. Dieselskandal geltend.
2
Der Kläger kaufte am 28.06.2017 zum Kaufpreis von 25.250 € von dritter Seite das in den Klageanträgen näher bezeichnetes Fahrzeug. In diesem war ein von der Beklagten entwickelter und hergestellter Motor des Typs EA 288 verbaut, mit einem – inzwischen unstreitig.- SCR-Katalysator.
3
Ein verbindlicher Rückruf durch das Kraftfahrtbundesamt ist nicht erfolgt.
4
Der Kläger behauptet, in dem Motor seien Vorrichtungen zur unzulässigen Manipulation der Abgaswerte verbaut, worüber die Beklagte den Kläger vorsätzlich sittenwidrig getäuscht habe, und dass der Kläger bei Kenntnis dieser Vorrichtungen das Fahrzeug nicht erworben hätte.
5
Es seien Abschalteinrichtungen verbaut, die mittels einer Fahrkurvenerkennung, einer SCRDosierungsstrategie / Umschaltlogik und eines Thermofensters die Abgaswerte unzulässig manipulierten.
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Bezüglich des Detailvortrags wird auf die Schriftsätze vom 08.09.2021, vom 01.12.2021, und vom 17.12.2021 verwiesen.
7
Der Kläger macht mit der Klage nunmehr Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung sowie vorgerichtliche Anwaltskosten geltend.
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Der Kläger beantragt,
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei Schadenersatz i.H.v. 19.066,82 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 08.09.2021 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe des Fahrzeugs VW T6 Transporter mit der FIN ….
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeuges VW T6 Transporter mit der FIN … seit dem 08.09.2021 im Annahmeverzug befindet.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei die durch die Beauftragung des Prozessbevollmächtigten entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 659,62 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 08.09.2021 zu zahlen.
9
Die Beklagte beantragt
Klageabweisung.
10
Ergänzend wird verwiesen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 09.12.2021 sowie den weiteren Akteninhalt.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet.
12
Dem Kläger stehen keine Ansprüche, insbesondere keine deliktischen Ansprüche, namentlich aus §§ 826, 823 Abs. 2 BGB, § 263 StGB, §§ 6, 27 EG-FGV, zu:
13
Der Kläger hat, soweit auf die vorliegende Konstellation eines SCR-Katalysators vorgetragen, bereits nicht substantiiert dargelegt, dass das Thermofenster und die Fahrkurvenerkennung nicht zumindest auch anderen technischen Zwecken als der Beeinflussung der Abgaswerte dienen. Schließlich hat der Kläger auch nicht substantiiert dargelegt, dass eine erhöhte Harnstoffeinspritzung im Realbetrieb zu diesen Zwecken erfolge. Allein – unterstellte – erhöhte Abgaswertmesswerte im Realbetrieb lassen nicht den Schluss auf eine unzulässige Manipulation zu.
14
Eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten kommt damit vorliegend nicht zum Tragen.
15
Im Übrigen ließe sich aus einer selbst technischen Unzulässigkeit nicht der Schluss auf einen Vorsatz ziehen. Ohnehin ist aber zulassungsrechtlich von einer Zulässigkeit auszugehen, da ein verbindlicher Rückruf durch das Kraftfahrtbundesamt nicht erfolgt ist.
16
Ansprüche aus einer Verletzung des EG-Typgenehmigungsrechts bestehen bereits mangels eines Individualschutzes dieser Regelungen nicht.
Kosten: § 91 ZPO.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 ZPO.