Titel:
Keine Sanktionswirkung bei Vollverzinsung
Normenketten:
EStG § 4 Abs. 3, § 16
AO § 164 Abs. 1, § 233a
FGO § 96 Abs. 1 S. 2
GG Art. 3 Abs. 1
Leitsätze:
1. Zweck der Vorschrift des § 233a AO ist es, einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass die Steuern bei den einzelnen Steuerpflichtigen, aus welchen Gründen auch immer, zu unterschiedlichen Zeitpunkten festgesetzt und fällig werden. Wegen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung sollen die Liquiditätsvorteile, die aus dem verspäteten Erlass eines Steuerbescheides entstehen, jedenfalls für die Zeit nach Ablauf von 15 Monaten nach Entstehung der Steuern abgeschöpft werden. Durch die sog. Vollverzinsung sollen die Zinsvorteile des Steuerpflichtigen und die Zinsnachteile ausgeglichen werden, die auf Seiten des Steuergläubigers objektiv entstehen. Die Zinsen nach § 233a AO sind weder Sanktion noch Druckmittel oder Strafe, sondern laufzeitabhängige Gegenleistungen für eine mögliche Kapitalnutzung (BFH, Urteil vom 25. November 1997 – IX R 28/96 –, BFHE 185, 94, BStBl II 1998, 550, m.w.N). (Rn. 46) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Vollverzinsung hat keinerlei Sanktionswirkung, ein Verschulden ist gerade nicht notwendig. (Rn. 47) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Versicherungsmakler, Einkommensteuer, Kaufpreis, Veräußerungsgewinn, Einkommensteuerbescheid, Einspruchsverfahren, Ermessen, Entscheidungserheblichkeit
Rechtsmittelinstanz:
BFH München, Beschluss vom 30.08.2023 – X B 23/23
Fundstelle:
BeckRS 2022, 51235
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.
Tatbestand
1
Die Kläger sind Ehegatten, die im Streitjahr 2011 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger (geboren 1959) erzielte gewerbliche Einkünfte aus seiner Tätigkeit als Versicherungsmakler, der Gewinn wurde gemäß § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) ermittelt.
2
Mit Vertrag vom 19.09.2011, worauf wegen der Einzelheiten verwiesen wird, veräußerte der Kläger sämtliche Courtageansprüche aus seinem Kunden- und Vertragsbestand an die A-GmbH. Übergabezeitpunkt war der 01.10.2011.
3
Als Kaufpreis wurden 165.000 € vereinbart. Dieser sollte laut Vertrag in zwei Raten gezahlt werden. Die erste Kaufpreisrate i.H.v. 99.000 € war sofort zum Übergabezeitpunkt fällig. Die zweite Rate i.H.v. 66.000 € war am 31.01.2013 fällig und wurde durch eine Bankbürgschaft abgesichert, die vom Kläger auch in Anspruch genommen wurde.
4
Der Kaufpreis beruhte auf einer Ermittlung der Nettobestandscourtage für das Jahr 2010 i.H.v. 66.000 €. Entsprechend der vertraglichen Vereinbarung sollte sich die zweite Kaufpreisrate in Abhängigkeit von der erzielten Courtage im Jahr 2012 erhöhen oder verringern.
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Hinsichtlich der Höhe der zweiten Kaufpreisrate herrschte zwischen den Vertragsparteien Streit, der letztlich in einem Rechtsstreit vor dem Landgericht Stadt 1 mündete. Der Ausgang dieses Verfahrens endete unstreitig, es verblieb bei den vertraglich festgelegten Werten.
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Mit Einkommensteuerbescheid 2011 vom 14.10.2013, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) erging, wurde vom Beklagten ein erklärter Veräußerungsgewinn gem. § 16 EStG i.H.v. 99.000 € angesetzt.
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Aufgrund einer durchgeführten Außenprüfung für die Jahre 2010 – 2012 änderte das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid 2011 gem. § 164 Abs. 2 AO entsprechend den Prüfungsfeststellungen und berücksichtigte mit Bescheid vom 12.04.2016 einen Veräußerungsgewinn gem. § 16 EStG i.H.v. 155.182 € (Veräußerungspreis 165.000 € abzüglich Veräußerungskosten 9.817,50 €) im Streitjahr. Die Einkommensteuer 2011 wurde auf 63.532 € festgesetzt, zudem wurden Zinsen in Höhe von 5.517 € festgesetzt. Laut den Prüfungsfeststellungen handele es sich um eine Betriebsveräußerung im Ganzen gem. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, da die wesentlichen Betriebsgrundlagen (Kundenstamm / Versicherungsbestand) gegen Entgelt übertragen wurden. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde gemäß § 164 Abs. 2 AO aufgehoben.
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Mit Schreiben vom 06.05.2016 erhoben die Kläger Einspruch gegen den Steuerbescheid, in der Folge wurde das Einspruchsverfahren vom Prozessbevollmächtigten betrieben.
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Das Einspruchsverfahren verlief erfolglos. Mit Einspruchsentscheidung vom 20.05.2021 wurde der Einspruch im Wesentlichen mit dem Argument als unbegründet zurückgewiesen, dass keine Ratenzahlung von mehr als 10 Jahren mit Versorgungscharakter vorliege.
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Hiergegen wurde mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 25.06.2021 fristgerecht (24.05.2021 war der Pfingstmontag) Klage eingereicht, mit welcher zunächst die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides vom 12.04.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.05.2021 begehrt wird.
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Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Höhe der Raten im Kaufvertrag nicht abschließend geregelt sei, es gelte daher das Zuflussprinzip. Der Kaufpreis habe zum Zeitpunkt der Veräußerung noch nicht festgestanden. Es habe ein Wagnis dahingehend bestanden, da die Summe der Nettobestandscourtagen zum 31.12.2012 nicht feststand. Den Vertragsparteien sei nicht bekannt gewesen, ob es dem Käufer der Agentur gelingen würde, die entsprechende Anzahl von Kunden an sich zu binden.
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Selbst bei zutreffender Einkommensteuerfestsetzung dürften Zinsen nicht verlangt werden, da sämtliche Umstände des Verkaufs gegenüber dem Finanzamt offengelegt worden seien. Des Weiteren sei die Erhöhung von Zinsen ab dem Jahr 2014 gemäß der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 08.07.2021 verfassungswidrig.
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Der Klägervertreter beantragt ergänzend zum o.g. Antrag sinngemäß:
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Der Bescheid für Einkommensteuer 2011 vom 12.04.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.05.2021 wird dahingehend abgeändert, dass Zinsen nicht und nicht in Höhe von 5.517 € festzusetzen sind. Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 5.517 € zurückzuerstatten.
15
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen und verweist auf die ablehnenden Gründe in der Einspruchsentscheidung.
16
Ergänzend wird vorgebracht, dass das Wahlrecht der Zuflussbesteuerung nur dann bestehe, wenn der Steuerpflichtige seinen Betrieb gegen der Höhe nach gleichbleibende wagnisbezogene Bezüge oder gegen Kaufpreisraten mit einer Laufzeit vom mehr als zehn Jahren, die seiner Versorgung dienen, veräußert. Wagnisbezogene Bezüge lägen dann vor, wenn als Kaufpreis Zahlungen vereinbart werden, bei denen die Gefahr besteht, dass diese trotz vertragsgemäßer Erfüllung hinter dem im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorhandenen Erwartungen zurückbleiben. Dies sei z.B. bei vereinbarten lebenslänglichen Zahlungen der Fall. Die Rechtsprechung habe die Einräumung des Wahlrechts u.a. davon abhängig gemacht, dass die Raten in einem im Wirtschaftsleben ungewöhnlich langen Zeitraum zu erbringen sind. Dies ist bei einem Zeitraum von nicht mehr als zehn Jahren nicht der Fall (Hinweis auf BFH, Urteil vom 15. Juni 2010 – X R 36/08 –).
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Auch dem Vorbringen des Klägers, die Zinsen nach § 233a AO hätten nicht festgesetzt werden dürfen, könne nicht gefolgt werden. Zum einem sei die Zinsfestsetzung bereits nicht Gegenstand des Verfahrens, zum anderen sei die Zinsfestsetzung gesetzlich vorgeschrieben und stehe nicht im Ermessen der Finanzbehörde.
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Mit Beschluss des Senats vom 04.10.2022 wurde der Rechtstreit auf den Berichterstatter als Einzelrichter gemäß § 6 Finanzgerichtsordnung (FGO) übertragen.
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Wegen der Einzelheiten wird auf die vorliegenden Akten sowie auf die Sitzungsniederschrift über die mündliche Verhandlung vom 28.10.2022 verwiesen.
Entscheidungsgründe
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I. Die Klage konnte keinen Erfolg haben.
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Die Einkommensteuerfestsetzung 2011 mit Änderungsbescheid vom 12.04.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.05.2021 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (vgl. 100 Abs. 1 FGO).
22
Der Zinsbescheid vom 12.04.2016 ist materiell – rechtlich nicht zu beanstanden. Demgemäß ist weder eine Neufestsetzung der Zinsen noch eine Aufhebung des Zinsbescheides veranlasst.
23
Ebenso ist auch die Rückerstattung bereits gezahlter Zinsen nicht veranlasst, denn die rechtmäßige Zinsfestsetzung ist hierfür Rechtsgrund im Sinne des § 37 Abs. 2 AO.
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1. Mit Änderungsbescheid vom 12.04.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.05.2021 wurde die Einkommensteuer 2011 in rechtlich nicht zu beanstandender Weise festgesetzt. Insbesondere wurde der Veräußerungsgewinn gemäß § 16 EStG in zutreffender Weise ermittelt und im Streitjahr 2011 angesetzt.
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a) Gemäß § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO ist das Gericht an das erkennbare, grds. aus dem Klageantrag ersichtliche, ggf. aus dem Gesamtvortrag im Wege der Auslegung zu ermittelnde Klageziel gebunden (vgl. Lange in: Hübschmann/Hepp/Spitaler: AO/FGO, II. Inhalt und Bedeutung der Vorschrift, Rn. 173).
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Zwar richtete sich der zuletzt gestellte Antrag lediglich gegen die Zinsfestsetzung.
27
Nichtsdestotrotz richtete sich der ursprüngliche Klageantrag gegen die Steuerfestsetzung, begehrt wurde die Aufhebung des Änderungsbescheides vom 12.04.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.05.2021. Nach einem ausführlichen Rechtsgespräch in der mündlichen Verhandlung hat zwar der Klägervertreter erläutert, dass er mit der Klage die Zinsproblematik verfolge. Dennoch ist eine explizite Abkehr von diesem Antrag für das Gericht nicht hinreichend ersichtlich.
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b) Der Veräußerungsgewinn gemäß § 16 EStG entsteht mit der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums auf den Erwerber. Es kommt nicht darauf an, ob der vereinbarte Kaufpreis sofort fällig, in Raten zahlbar oder langfristig gestundet ist und wann der Verkaufserlös dem Veräußerer tatsächlich zufließt (vgl. BFH, Beschluss vom 19. Juli 1993 – GrS 2/92 –, BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897, m.w.N.).
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Ausnahmsweise hat der Veräußerer nach ständiger Rechtsprechung ein Wahlrecht zwischen der sofortigen Versteuerung des Veräußerungsgewinns nach den §§ 16, 34 EStG und einer nicht tarifbegünstigten Besteuerung der nachträglichen Betriebseinnahmen im Jahr des Zuflusses (§ 24 Nr. 2 EStG i.V.m. § 15 EStG), wenn er einen Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil gegen langfristig wiederkehrende, wagnisbehaftete Bezüge veräußert (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 18. März 2009 I R 9/08, BFHE 225, 151, BStBl II 2010, 560, m.w.N.). Um solche Bezüge handelt es sich, wenn sie lebenslang zu zahlen sind oder bei fester Laufzeit von mehr als zehn Jahren primär der Versorgung oder bei besonders langer Laufzeit mindestens auch der Versorgung des Berechtigten dienen. Das Wahlrecht besteht auch dann, wenn die langfristig wiederkehrenden Bezüge zusätzlich zu einem festen Entgelt gezahlt werden (BFH, Urteil vom 7. November 1991 – IV R 14/90 –, BFHE 166, 527, BStBl II 1992, 457).
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c) Soweit die Rechtsprechung ein Wahlrecht auch bei vereinbarten Kaufpreisraten anerkennt, die der Versorgung des Veräußerers dienen, konnte der BFH mangels Entscheidungserheblichkeit bislang offenlassen, ob hieran festzuhalten ist oder ob diese Rechtsprechung überholt ist (vgl. hierzu BFH, Urteil vom 15. Juni 2010 – X R 36/08 –, juris, BFH-Beschluss vom 29. März 2007 XI B 56/06, BFH/NV 2007, 1306).
31
Wie bereits in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, teilt das erkennende Gericht die vom BFH geäußerten Bedenken und plädiert für eine restriktivere Auslegung auf lebenslang zu zahlende Bezüge. Für alle anderen Fallkonstellationen, einschließlich der vorliegenden Konstellation, verbleibt es im Falle einer maßgeblichen Veränderung (z.B. beim Kaufpreis) beim Regelungsgehalt des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO.
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Letztlich kann diese Rechtsfrage auch mangels Entscheidungserheblichkeit offenbleiben, denn offensichtlich sind die von der Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt.
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Im Streitfall fehlt es bereits daran, dass nicht eine Laufzeit der Raten von mehr als zehn Jahren vereinbart worden ist. Nach dem Vertrag sollte die letzte Kaufpreisrate am 31.01.2013 fällig sein, ein im Wirtschaftsleben ungewöhnlich langer Zeitraum ist vorliegend offensichtlich nicht gegeben. Zudem wurde die Ratenzahlung durch eine Bankbürgschaft abgesichert, die vom Kläger auch in Anspruch genommen wurde.
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Des Weiteren ist weder vorgetragen noch ersichtlich, inwieweit die Kaufpreisraten der Versorgung des Veräußerers dienen.
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Die weiteren Voraussetzungen des § 16 EStG sind nicht streitig und auch nach Überzeugung des Gerichts offenkundig erfüllt. Insbesondere ist von einer Veräußerung im Sinne des 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG auszugehen, da die wesentlichen Betriebsgrundlagen gegen Entgelt übertragen wurden.
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2. Der Zinsbescheid vom 12.04.2016 ist nicht zu beanstanden.
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Der Beklagte hat den entstandenen Unterschiedsbetrag nach Maßgabe des § 233a AO dem Grunde und der Höhe nach in rechtlich zutreffender Weise verzinst.
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a) Entgegen den Ausführungen des Beklagten ist die Klage gegen die Zinsen streitgegenständlich. Mit Klageschrift vom 25.06.2021 hat sich der Prozessbevollmächtigte auch ausdrücklich gegen die Zinsnachforderung gewandt.
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Im Übrigen wurde die Zinsfestsetzung auch durch den Einspruch der Kläger am 06.05.2016 wirksam angefochten (vgl. hierzu ausführlich BFH, Urteil vom 29. Oktober 2019 – IX R 4/19 –, BFHE 266, 126, BStBl II 2020, 368). Mit dem Einspruchsschreiben wendeten sich die Kläger gegen den obigen Steuerbescheid bzw. gegen den Einkommensteuerbescheid 2011 vom 12.04.2016. Demnach wurden verbundene Bescheide unter Wiedergabe der (amtlichen) Bescheidbezeichnung angefochten, so dass weitere Begründungen für die Bestimmung der Reichweite der Anfechtung nicht ausgeschlossen sind. Der Prozessbevollmächtigte hat danach mit Schreiben vom 14.07.2016 die Geltendmachung von Zinsen hinreichend beanstandet.
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Die Einspruchsentscheidung vom 20.05.2021 hatte augenscheinlich ausschließlich den Einspruch gegen die Einkommensteuerfestsetzung zum Inhalt. Das kann jedoch hinsichtlich der Zinsfestsetzung nicht zum Nachteil der Kläger gereichen (vgl. § 46 Abs. 1 FGO).
41
b) Die Festsetzung der Zinsen erfolgte auf Grundlage geltenden bzw. anzuwendenden Rechts.
42
Der Prozessbevollmächtigte wies zutreffend auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 08.07.2021 hin, die sich mit der Höhe der Vollverzinsung beschäftigt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Juli 2021 – 1 BvR 2237/14 –, BVerfGE 158, 282-388).
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Darin wird die Vollverzinsung in fixer Höhe von 0,5% pro Monat umfassend und für alle Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2014 mit Art. 3 Abs. 1 GG für unvereinbar erklärt. Jedoch hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich die Fortgeltung des § 233a i.V.m. § 238 Abs. 1 Satz 1 AO für Verzinsungszeiträume vom 01.01.2014 bis zum 31.12.2018 für geboten erklärt und den Gesetzgeber aufgefordert, für spätere Zeiträume eine Neuregelung zu schaffen.
44
Im Streitfall handelt es sich um einen Zinsbescheid für die Einkommensteuer 2011, der Verzinsungszeitraum endete im April 2016. Nach Maßgabe der Grundsätze der o.g. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist die Zinsfestsetzung demnach nicht zu beanstanden.
45
c) Im Übrigen ist die Zinsfestsetzung zutreffend erfolgt.
46
Zweck der Vorschrift des § 233a AO ist es, einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass die Steuern bei den einzelnen Steuerpflichtigen, aus welchen Gründen auch immer, zu unterschiedlichen Zeitpunkten festgesetzt und fällig werden. Wegen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung sollen die Liquiditätsvorteile, die aus dem verspäteten Erlass eines Steuerbescheides entstehen, jedenfalls für die Zeit nach Ablauf von 15 Monaten nach Entstehung der Steuern abgeschöpft werden. Durch die sog. Vollverzinsung sollen die Zinsvorteile des Steuerpflichtigen und die Zinsnachteile ausgeglichen werden, die auf Seiten des Steuergläubigers objektiv entstehen. Die Zinsen nach § 233a AO sind weder Sanktion noch Druckmittel oder Strafe, sondern laufzeitabhängige Gegenleistungen für eine mögliche Kapitalnutzung (BFH, Urteil vom 25. November 1997 – IX R 28/96 –, BFHE 185, 94, BStBl II 1998, 550, m.w.N).
47
Im Streitfall sind diesbezüglich ohnehin keine besonderen Gründe erkennbar, insbesondere dauerte weder die Außenprüfung noch die Auswertung der Prüfungsergebnisse unverhältnismäßig lange. Lediglich die Länge des Einspruchsverfahrens mag auffällig sein, doch während des Einspruchsverfahrens war der Zinslauf bereits abgeschlossen und der Zinsbescheid bereits ergangen, so dass dieser Aspekt keine Rolle spielen kann. Auch der Umstand, dass die Kläger gegenüber dem Finanzamt sämtliche Umstände des Verkaufs offengelegt haben und sich rechtstreu verhalten haben, ändert am Ergebnis nichts. Die Vollverzinsung hat keinerlei Sanktionswirkung, ein Verschulden ist gerade nicht notwendig. Im Übrigen erfolgte der Ausgangsbescheid vom 14.10.2013 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO, eine Änderungsmöglichkeit der Besteuerungsgrundlagen war damit auch für die Kläger erkennbar gegeben. Des Weiteren steht der Behörde auch kein Ermessen bei der Zinsfestsetzung zu.
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II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.