Titel:
Berufung, Rechtsanwaltskosten, untersagung, Rechtsmittel, PKW, Herausgabe, Verfahren, Rechtsverfolgung, Darlegung, Hinweisbeschluss, Beurteilung, Sicherung, Bedeutung, Zinsen, Die Fortbildung des Rechts, Fortbildung des Rechts, Aussicht auf Erfolg
Schlagworte:
Berufung, Rechtsanwaltskosten, untersagung, Rechtsmittel, PKW, Herausgabe, Verfahren, Rechtsverfolgung, Darlegung, Hinweisbeschluss, Beurteilung, Sicherung, Bedeutung, Zinsen, Die Fortbildung des Rechts, Fortbildung des Rechts, Aussicht auf Erfolg
Vorinstanzen:
OLG München, Hinweisbeschluss vom 07.02.2022 – 24 U 8280/21
LG Memmingen vom 25.10.2021 – 26 O 1049/21
Rechtsmittelinstanz:
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 31.07.2023 – VIa ZR 489/22
Fundstelle:
BeckRS 2022, 50890
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Memmingen vom 25.10.2021, Aktenzeichen 26 O 1049/21, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Dieser Beschluss sowie das in Ziffer 1. bezeichnete Urteil des Landgerichts Memmingen sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 26.361,32 € festgesetzt.
Gründe
1
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts Memmingen vom 25.10.2021 (Bl. 251/253 d.A.) und auf die Ziffer I. des Hinweisbeschlusses vom 07.02.2022 (Bl. 428 d.A.) Bezug genommen.
2
Die Klägerin beantragt im Berufungsverfahren:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei Euro 26.361,32 nebst Zinsen aus Euro 26.361,32 hieraus in Höhe von 5% Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 11.06.2021 zu bezahlen, Zug-um-Zug gegen Übereignung und Herausgabe des PKW Typs Audi A5, FIN: …617.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei Euro 3.078,31 Deliktszinsen zu bezahlen, Zug-um-Zug gegen Übereignung und Herausgabe des PKW Typs Audi A5, FIN: …617.
3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des in Antrag 1 genannten Fahrzeugs seit dem 11.06.2021 in Verzug befindet.
4. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von den Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von Euro 106,51 vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten freizustellen.
3
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
4
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Memmingen vom 25.10.2021, Aktenzeichen 26 O 1049/21, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.
5
Zur Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils und auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats vom 07.02.2022 (Bl. 427/435 d.A.) Bezug genommen.
6
Das Vorbringen in der Gegenerklärung der Klägerin vom 28.02.2022 (Bl. 422/466 d.A.) gibt keinen Anlass, von der Beurteilung im Hinweisbeschluss vom 07.02.2022 abzugehen. Im Einzelnen sind noch folgende Ausführungen dazu veranlasst:
Zu Nr. 1. der Gegenerklärung:
Der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 25.11.2021 (III ZR 202/20) betrifft einen Audi A6 quattro mit einem von der A. AG hergestellten 3.0l V6-Dieselmotor. Es handelt sich dabei um einen ganz anderen Motortyp als den im hier streitgegenständlichen Audi A5 2.0 TDI verbauten, von der Beklagten hergestellten Motor der Baureihe EA 288. Die Aussagen im Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 25.11.2021 lassen sich daher auf den im vorliegenden Verfahren zu beurteilenden Sachverhalt nicht übertragen. Die Klägerin beruft sich insoweit in erster Linie darauf, dass nach der genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs die Darlegung von Messungen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) zum NOx-Ausstoß beim Fahrbetrieb auf der Straße zur Substantiierung des Klagevortrags beitragen könne, sofern die Werte im Straßenbetrieb die Werte auf dem Prüfstand (erheblich, im Fall des Bundesgerichtshofs: Überschreitung um den Faktor 9,7) überstiegen. Diese Argumentation geht im vorliegenden Fall jedoch fehl, weil die DUH beim streitgegenständlichen Fahrzeugtyp (Audi A5 2.0 TDI) keine Überschreitung des NOx-Grenzwerts im Fahrbetrieb auf der Straße festgestellt hat (näher dazu unten).
Zu Nr. 3 der Gegenerklärung (Messungen zum NOx-Ausstoß beim streitgegenständlichen Fahrzeugtyp)
Wie der Senat bereits im Hinweisbeschluss vom 07.02.2022 ausgeführt hat, betreffen die von der Klageseite in ihren Schriftsätzen angeführten Messungen der DUH und anderer Stellen samt und sonders nicht den hier streitgegenständlichen Fahrzeugtyp und können auch nicht auf ihn übertragen werden. Die Klägervertreter gehen hierauf in ihrer Gegenerklärung nicht ein, sondern wiederholen nur stereotyp ihr bisheriges Vorbringen. Für den Senat ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Klägervertreter in der Gegenerklärung (trotz des ausdrücklichen und fettgedruckten Hinweises im Beschluss des Senats vom 07.02.2022) wiederum verschweigen wollen, dass die Untersuchung des streitgegenständlichen Fahrzeugtyps durch die DUH ergab, dass der NOxGrenzwert beim Audi A5 2.0 TDI (Schadstoffklasse Euro 6 mit SCR-Katalysator) deutlich eingehalten wird. Dies wird durch die Anlage K C2 belegt, auch wenn die Klägervertreter ausgerechnet die beim Audi A5 2.0 TDI gemessenen Werte in ihrer Tabelle auf Seite 10 der Gegenerklärung aussparen. Im vorliegenden Fall sprechen die Messungen der DUH zum NOxAusstoß beim Fahrbetrieb auf der Straße nicht für, sondern gegen das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung.
Zu Nr. 3 der Gegenerklärung (Auskünfte des Kraftfahrt-Bundesamts)
7
Weshalb die Auskünfte des Kraftfahrt-Bundesamts – nach Auffassung der Klägervertreter – „bei genauem Hinsehen“ gerade nicht belegen sollen, dass bei Motoren mit der Bezeichnung EA 288 keine unzulässigen Abschalteinrichtungen vorliegen, erschließt sich nicht. Der Senat hat erst kürzlich wieder (in einem einen Audi A3 betreffenden Verfahren) folgende Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamts erhalten:
„Es wurde weder bei dem streitgegenständlichen Fahrzeugtypen Audi A3 Sportback 1,6l Diesel 77kW Euro 5 noch bei einem anderen Fahrzeug, welches ein Aggregat des EA 288 aufweist und durch das KBA untersucht wurde, eine unzulässige Abschalteinrichtung festgestellt. Es wurden daher weder Nebenbestimmungen angeordnet, noch besteht ein behördlich angeordneter Rückruf aufgrund als unzulässig eingestufter Abschalteinrichtungen.“
8
Wie bereits im Hinweisbeschluss vom 07.02.2022 ausgeführt wurde, ist dem Senat aus seiner umfangreichen Befassung mit Dieselklagen keine einzige KBA-Auskunft bekannt, in der eine unzulässige Abschalteinrichtung bei einem Motor der Baureihe EA 288 bestätigt wurde. Auch den Klägervertretern, die gerichtsbekannt zahlreiche Kläger in sog. „Dieselverfahren“ vertreten, ist offenbar keine dahingehende KBA-Auskunft bekannt geworden.
9
Auf die Argumentation des Senats, dass der Klägerin als Halterin eines den NOx-Grenzwert einhaltenden Fahrzeugs mit einem Motortyp, dessen Unbedenklichkeit in zahlreichen Mitteilungen des Kraftfahrt-Bundesamts bestätigt wurde, kein Schaden in Form einer Betriebsbeschränkung oder -untersagung seitens des Kraftfahrt-Bundesamts drohe, geht die Gegenerklärung nicht ein.
10
Zu Nr. 5 der Gegenerklärung („Gutachten“ zu Abschalteinrichtungen im Motor EA 288) Das „Gutachten“ (genauer: der Zwischenbericht) des Privatgutachters Dr. H. vom 29.07.2021 betrifft Untersuchungen an einem VW Golf 1.6 TDI der Schadstoffklasse Euro 6 mit NOxSpeicherkatalysator (NSK). Der Senat hat im Beschluss vom 07.02.2022 darauf hingewiesen, dass Ausführungen zu behaupteten Manipulationen der Arbeitsweise des NSK im vorliegenden Fall nicht weiterführen, weil das streitgegenständlichen Fahrzeug nicht mit einem NSK versehen ist, sondern mit einem SCR-Katalysator. Die Gegenerklärung geht hierauf nicht ein.
Zu Nr. 6 der Gegenerklärung (unzulässige Abschalteinrichtungen)
11
Der Ausgangspunkt der Argumentation der Klägervertreter – nämlich, dass das streitgegenständliche Fahrzeug die Grenzwerte im regulären Betrieb nicht einhalte – ist nach den von der Klageseite als Anlage K C2 vorgelegten Ergebnissen der Messungen der DUH unzutreffend.
12
Soweit sich die Klageseite auf die Applikationsrichtlinien& Freigabevorgaben EA 288“ der Beklagten vom 18.11.2015 und auf Unterlagen einer Präsentation der Beklagten beim KraftfahrtBundesamt beruft, übersieht sie, dass die darin beschriebene Arbeitsweise des SCR- Katalysators von der Beklagten mit dem Kraftfahrt-Bundesamt abgestimmt war (so die – von der Klageseite nicht vorgelegte – Seite 2 der Applikationsrichtlinien). Der Senat hat im Beschluss vom 07.02.2022 darauf hingewiesen, dass angesichts der Abstimmung zwischen Beklagter und Kraftfahrt-Bundesamt keine Anhaltspunkte für eine Erschleichung der Betriebserlaubnis und für den Vorsatz sittenwidriger Schädigung bestehen. Die Gegenerklärung setzt sich hiermit nicht hinreichend auseinander.
Zu Nr. 8 der Gegenerklärung („Anspruch aus § 263 StGB“)
13
Die Klägervertreter gehen auf den Hinweis des Senats, dass es an der für einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGB erforderlichen Stoffgleichheit zwischen dem auf Seiten der Klägerin behaupteten Vermögensschaden und dem von der Beklagten vermeintlich erstrebten Vermögensvorteil fehle (Bundesgerichtshof Urteil vom 30.07.2020 – VI ZR 5/20 – juris Rn. 24 ff.), nicht ein.
14
Zu den begehrten Deliktszinsen Den Klägervertretern ist sicher bekannt, dass Deliktszinsen nach § 894 BGB selbst dann nicht verlangt werden könnten, wenn ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte bestünde (Bundesgerichtshof Urteil vom 30.07.2020 – VI ZR 354/19 – juris Rn. 17 ff.). Weitere Ausführungen hierzu erübrigen sich.
15
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
16
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit erfolgte gemäß § 708 Nr. 10 ZPO, § 711 ZPO.
17
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung des § 47 Abs. 1 GKG bestimmt.