Titel:
Kostenerhebung, Repressives oder präventives Handeln der Polizei, Schwerpunkt der Maßnahme, Begleit- bzw. Annexmaßnahme, Anwendung unmittelbaren Zwangs, Durchsuchung zur Identitätsfeststellung
Normenketten:
PAG Art. 3 Abs. 1 Nr. 10 KG i.V.m. Art. 93 S. 1 PAG a.F., 75 Abs. 3
PAG a.F. Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 lit. a), Abs. 2 S. 4
PAG a.F Art. 93 S. 2
Schlagworte:
Kostenerhebung, Repressives oder präventives Handeln der Polizei, Schwerpunkt der Maßnahme, Begleit- bzw. Annexmaßnahme, Anwendung unmittelbaren Zwangs, Durchsuchung zur Identitätsfeststellung
Fundstelle:
BeckRS 2022, 5085
Tenor
I. Der Kostenbescheid des Beklagten vom 18. Februar 2020 wird aufgehoben.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen eine polizeiliche Kostenrechnung vom 18. Februar 2020 in Höhe von 54,00 EUR.
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Aufgrund einer gemeldeten Ruhestörung kam es in der Nacht vom 16. auf den 17. August 2019 zu einem Polizeieinsatz auf dem Gelände einer Schule in der Gemeinde … Ortsteil ... Die beiden eingesetzten Polizeibeamten trafen dort auf eine Gruppe Jugendlicher, darunter den zu diesem Zeitpunkt siebzehnjährigen Kläger; die Jugendlichen hatten eine Musikbox bei sich. Auf die Frage nach Identitätspapieren hin konnte sich der Kläger nicht ausweisen. Er habe auf Nachfrage eines Polizeibeamten angegeben, dass sich sein Ausweis bei seinem entfernt geparkten Roller befinde. Unstreitig fiel einem Polizisten beim Kläger ein starkes Kieferkauen und eine ungewöhnliche Weitung der Pupillen auf; ein Nystagmustest verlief mäßig. Es sei eine präventive Fahrtunterbindung ausgesprochen worden, wobei dem Kläger erläutert worden sei, dass hierfür der Identitätsnachweis erforderlich sei. Daraufhin habe der Kläger entgegnet, keine Ausweispapiere bei sich zu haben. Es folgte schließlich eine Belehrung des Klägers über die folgenden polizeilichen Maßnahmen. Der Kläger wurde aufgefordert, sich zu einer nahegelegenen Wand zu begeben, um die Durchsuchung nach Ausweispapieren zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang wurde auch der Einsatz einer Body-Cam angekündigt und durchgeführt. Gegen eine körperliche Durchsuchung widersetzte sich der Kläger und gab an, dies nicht zu wollen. Nach einem Versuch, sich zu entfernen, versuchten die Polizeibeamten, den Kläger an der Wand zu fixieren. Dies misslang aufgrund der körperlichen Gegenwehr des Klägers. Anschließend wurde der Kläger mittels unmittelbaren Zwangs zu Boden brachten, wobei eine dortige Fixierung aufgrund seines körperlichen Widerstands ebenfalls nicht möglich war. Der Kläger schlug mit Faust- und Armschlägen in Richtung der Beamten und biss diese, woraufhin Pfefferspray gegen ihn eingesetzt wurde. Nach Eintreffen der über Funk angeforderten Unterstützungsstreife ließ sich der Kläger widerstandlos fesseln. Bei einer im Anschluss durchgeführten Durchsuchung des Klägers wurde eine Ecstasy-Pille aufgefunden.
3
Im Rahmen einer polizeilichen Vernehmung eines beim streitgegenständlichen Vorfall anwesenden Jugendlichen, Herrn, als Zeugen gab dieser an, den Polizeibeamten angeboten zu haben, den Ausweis des Klägers zu holen, der sich bei ihm zu Hause befinde. Er sei dann zu diesem Zweck losgelaufen. Einer der beiden Polizeibeamten habe zu diesem Zeitpunkt mit dem Kläger diskutiert. Dieser habe den Kläger durchsuchen wollen. Der Kläger habe kundgetan, warten zu wollen, bis sein Ausweis da sei. Als der Zeuge wieder auf dem Rückweg gewesen sei, habe er den Kläger schreien hören und gesehen, dass die Polizisten auf ihm gewesen seien. Er sei dann ein bis zwei Meter entfernt vom Kläger gestanden.
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Mit Schreiben vom 22. Januar 2020 wurde der Kläger vonseiten des Beklagten zu der beabsichtigten Kostenerhebung angehört.
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Mit anwaltlichem Schreiben vom 14. Februar 2020 ließ der Kläger ausführen, dass die Anwendung unmittelbaren Zwangs weder dem Grunde nach zulässig noch in der Form der Ausführung verhältnismäßig gewesen sei. Der Zahlungsaufforderung werde daher keine Folge geleistet.
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Der Beklagte entgegnete darauf mit Schreiben vom 18. Februar 2020, dass von der Erhebung der Kosten nicht abgesehen werden könne. Die Anwendung unmittelbaren Zwangs sei vorliegend ein zulässiges Zwangsmittel und auch rechtmäßig gewesen. Sie sei einzig und alleine durch das aggressive und unkooperative Verhalten und die erheblichen Widerstandhandlungen (Schlagen und Treten) des Klägers veranlasst worden. Weniger einschneidende Maßnahmen seien nicht vorhanden oder im selben Maße erfolgversprechend gewesen.
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Mit Kostenrechnung vom 18. Februar 2020 wurde der Kläger zur Zahlung in Höhe von 54,00 EUR aufgefordert.
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Die Polizeibeamten hätten versucht, beim Kläger eine Identitätsfeststellung durchzuführen. Hierbei habe der Kläger erheblichen Widerstand geleistet und sei nur unter Anwendung unmittelbaren Zwangs unter Kontrolle zu bringen gewesen. Dafür seien von diesem gemäß Art. 75 Abs. 3, 93 PAG, §§ 1 Nr. 6 und 2 PolKV und Art. 10 Abs. 1 Nrn. 1, 5 KG Kosten in Höhe von 54,00 EUR zu entrichten.
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Auf die Kostenrechnung wird im Einzelnen Bezug genommen.
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Hiergegen ließ der Kläger am 16. März 2020 Klage erheben.
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Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Anwendung unmittelbaren Zwangs nicht gegeben gewesen seien. Wie die eingesetzten Polizeibeamten gewusst hätten, habe die Identitätsfeststellung des Klägers unmittelbar bevorgestanden. Einer der ebenfalls anwesenden Jugendlichen sei in Abstimmung mit den Polizeibeamten nach Hause gelaufen, um den Ausweis des Klägers zu holen. Angesichts dessen habe die zwangsweise Durchsuchung des Klägers nicht erfolgen dürfen. Eine Durchsuchung gemäß Art. 13 Abs. 2 Satz 4 PAG sei nur unter den Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 2 Satz 3 PAG möglich. Voraussetzung hierfür wiederum sei, dass die Identität auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden könne. Solche Schwierigkeiten habe es aber nicht gegeben. Die unmittelbar bevorstehende Ankunft des Ausweises des Klägers sei angekündigt und den Polizeibeamten bekannt gewesen. Auf dieser Grundlage könne vom Kläger auch keine Kostenerstattung verlangt werden.
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Auf die Klagebegründung wird im Einzelnen verwiesen.
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Der Kläger lässt beantragen,
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die gegen den Kläger mit Kostenrechnung vom 18. Februar 2020 (Buchungskennzeichen: ...) geltend gemachte Kostenforderung aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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Die Identitätsfeststellung sowie die daraus resultierende Anwendung unmittelbaren Zwangs seien rechtmäßig gewesen. Rechtsgrundlagen für die Kostenrechnung seien Art. 75 Abs. 3, 93 PAG i.V.m. §§ 1 Nr. 6 und 2 PolKV und Art. 10 Abs. 1 Nrn. 1, 5 KG. Deren Tatbestandvoraussetzungen seien erfüllt. Es habe die Gefahr bestanden, dass der Kläger in fahruntauglichem Zustand seinen Roller benutzen würde. Die Identitätsfeststellung sei gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 PAG zur Gefahrenabwehr notwendig gewesen. Da der Kläger der polizeilichen Anordnung nicht nachgekommen sei, hätten die Beamten eine Durchsuchung nach Art. 13 Abs. 2 Sätze 3 und 4 PAG durchführen müssen. Vorliegend sei eine Identitätsfeststellung nicht auf andere Art und Weise möglich gewesen. Der Kläger habe bereits im Rahmen der repressiven Maßnahme aufgrund der Ruhestörung eine Falschangabe bezüglich des Ortes, an dem sich sein Ausweis befindet, abgegeben. Ein anderes Ergebnis ergebe sich auch nicht aus dem klägerischen Vortrag, dass die Identitätsfeststellung durch das Holen des Ausweises durch einen der anderen Jugendlichen unmittelbar bevorgestanden habe. Aufgrund der vorangegangenen falschen Angaben hätten die Beamten nicht darauf vertrauen müssen, dass sich der geforderte Ausweis bei ihm zuhause befinde/ ein anderer Jugendlicher diesen holen würde. Der Kläger habe sich der Duldungsanordnung widersetzt. Aufgrund dessen habe diese mithilfe von unmittelbarem Zwang durchgesetzt werden müssen, der zunächst angedroht worden sei. Nach der weiteren Widersetzung des Klägers habe er fixiert werden müssen. Da dieser zunehmend begonnen habe die Polizeibeamten zu treten, beißen und nach ihnen zu schlagen, sei der Einsatz von Pfefferspray erfolgt. Auch der Einsatz von Pfefferspray sei ordnungsgemäß zunächst angedroht worden. Der Einsatz von milderen Mitteln sei nicht möglich gewesen.
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Aufgrund einer staatsanwaltschaftlichen Verfügung gaben die beiden beim Einsatz tätigen Polizeibeamten, POM ... und POM, eine Stellungnahme zu der Frage ab, ob bereits vor Anwendung des unmittelbaren Zwangs gegen den Kläger bekannt war, dass die weiteren Jugendlichen und Zeugen den Personalausweis des Klägers holten. POM ... gab in seiner Stellungnahme an, sich nicht mehr daran erinnern zu können, ob die weiteren Jugendlichen angeboten haben, den Ausweis des Klägers zu holen. POM ... führte aus, die Jugendlichen hätten ihm gegenüber nicht angegeben, die Ausweispapiere des Klägers zu holen. Dies sei ihm nicht bekannt gewesen.
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Mit Beschluss des AG ... vom 12. Januar 2021 (Az. ...) wurde das gegen den Kläger eingeleitete Strafverfahren gemäß § 47 JGG endgültig eingestellt.
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In der Sache wurde am 11. Februar 2022 mündlich vor Gericht verhandelt. Auf das dabei gefertigte Protokoll wird Bezug genommen, ebenso wegen der weiteren Einzelheiten auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakte. Zum Verfahren beigezogen wurde auch die Strafakte, welche der Einstellung des gegen den Kläger eingeleiteten Strafverfahrens zugrunde gelegen hat.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist begründet.
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Der angegriffene Bescheid des Beklagten vom 18. Februar 2020 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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1. Dem verfahrensgegenständlichen Bescheid fehlt es an einer die Erhebung von Kosten stützenden Rechtsgrundlage nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 10 KG i.V.m. Art. 93 Satz 1 PAG a.F., Art. 75 Abs. 3 PAG, weil der Anwendung unmittelbaren Zwangs schwerpunktmäßig keine präventiv-polizeiliche Durchsuchung zur Feststellung der Identität des Klägers nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 lit. a), Abs. 2 Satz 4 PAG a.F. zugrunde lag (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 5.3.1986 - 21 B 85 A.389 - NVwZ 1986, 655 f.; U.v. 17.4.2008 - 10 B 07.219 - juris Rn. 15; Berner/Köhler/Käß, Polizeiaufgabengesetz, 20. Aufl. 2010, Art. 76 Rn. 7; Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, 5. Aufl. 2020, Art. 93 Rn. 23). Auch aus der Vorschrift des Art. 93 Satz 2 PAG a.F. ergibt sich nichts anderes.
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a) Es kann dahinstehen, ob dem Kläger gegenüber eine präventive Fahrunterbindung ausgesprochen wurde, weil diese Tatsache, selbst wenn sie vorläge, für den Ausgang des Rechtsstreits ohne Bedeutung wäre. Auf eine nähere Tatsachenermittlung durch eine Zeugeneinvernahme von POM ... und POM ... konnte daher verzichtet werden. Eine etwaig ausgesprochene präventive Fahrtunterbindung stellt sich als eine untergeordnete Begleit- bzw. Annexmaßnahme zu einem schwerpunktmäßig repressiv-polizeilichen Handeln dar (vgl. sogleich unter Rn. 25 ff.). Insoweit ist es rechtlich unerheblich, ob eine präventive Fahrtunterbindung ausgesprochen wurde (vgl. VGH Baden-Württemberg, B.v. 6.8.1997 - A 12 S 213/97 - juris Rn. 4).
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b) Die (zwangsweise) Durchsuchung zur Feststellung der Identität des Klägers erweist sich schwerpunktmäßig repressiver Natur.
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Die existierenden Maßstäbe zur Frage des zulässigen Rechtswegs/ der Abgrenzung einer Eröffnung des Rechtswegs zu den Verwaltungsgerichten oder ordentlichen Gerichten bei sog. doppelfunktionalen Maßnahmen der Polizei, d.h. solchen polizeilichen Anordnungen und Maßnahmen, welche sich nicht ohne Weiteres als Maßnahmen der Gefahrenabwehr oder der Strafverfolgung einordnen lassen, weil sie nach Maßgabe entsprechender Befugnisnormen sowohl nach dem Polizeirecht (Polizeiaufgabengesetz - PAG) als auch nach der Strafprozessordnung (StPO) vorgenommen worden sein könnten, d.h. für die es sowohl in der StPO als auch im PAG eine Rechtsgrundlage gibt (vgl. BayVGH, B.v. 5.11.2009 - 10 C 09.2122 - juris Rn. 9), gelten für die vorliegende Frage der Möglichkeit einer Kostenerhebung entsprechend (vgl. BayVGH, B.v. 5.3.1986 - 21 B 85 A.389 - NVwZ 1986, 655 f.; B.v. 5.11.2009 - 10 C 09.2122 - juris Rn. 9-12). Die Einordnung richtet sich nach der überwiegenden Rechtsprechung danach, ob der Grund oder das Ziel des polizeilichen Einschreitens und gegebenenfalls dessen Schwerpunkt der Gefahrenabwehr oder der Strafverfolgung dienten. Für die Abgrenzung der beiden Aufgabengebiete ist maßgebend, wie sich der konkrete Sachverhalt einem verständigen Bürger in der Lage des Betroffenen bei natürlicher Betrachtungsweise darstellt (vgl. dazu etwa BVerwG, U.v. 3.12.1974 - I C 11.73 - juris Rn. 24; BayVGH, U.v. 2.12.1991 - 21 B 90.1066 - juris Rn. 43; B.v. 5.11.2009 - 10 C 09.2122 - juris Rn. 12; VGH Baden-Württemberg, U.v. 14.12.2010 - 1 S 338/10 - juris Rn. 16; OVG Lüneburg, B.v. 8.11.2013 - 11 OB 263/13 - juris Rn. 4). Hierbei muss der Sachverhalt im Allgemeinen einheitlich betrachtet werden, es sei denn, dass einzelne Teile des Geschehensablaufs objektiv abtrennbar sind. Hat die Polizei die Ermittlungen an die Staatsanwaltschaft oder das Amtsgericht weitergeleitet oder auf Weisung der Staatsanwaltschaft gehandelt, so kann an der strafprozessualen Natur ihres Einschreitens kein vernünftiger Zweifel bestehen. Eine Maßnahme, die nach dem Gesamteindruck darauf gerichtet ist, eine strafbare Handlung zu erforschen oder sonst zu verfolgen, ist der Kontrolle der ordentlichen Gerichte nicht etwa deshalb entzogen (bzw. verliert ihre repressive „Stoßrichtung“ nicht etwa deshalb), weil durch die polizeilichen Ermittlungen möglicherweise zugleich auch künftigen Verletzungen der öffentlichen Sicherheit vorgebeugt wurde (vgl. BVerwG, U.v. 3.12.1974 - I C 11.73 - a.a.O.).
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Einer polizeilichen Maßnahme, wie sie der verfahrensgegenständlichen Erhebung von Kosten zugrunde liegt - namentlich die (zwangsweise) Durchsuchung zur Feststellung der Identität des Klägers - kann im Grunde der Gefahrenabwehr (vgl. Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 lit. a), Abs. 2 Satz 4 PAG a.F. i.V.m. Art. 70 ff. PAG [a.F.]) oder aber als Strafermittlungshandlung auch einer Strafverfolgung dienen (vgl. § 163b Abs. 1 Satz 3 StPO, wobei das strafprozessuale Verhältnis zu §§ 102, 105 StPO ausgespart bleiben kann).
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Nach vorstehenden Maßgaben erweist sich die (zwangsweise) Durchsuchung zur Feststellung der Identität des Klägers schwerpunktmäßig repressiver Natur. Aufgrund der drogentypischen Ausfallerscheinungen des Klägers diente diese polizeiliche Maßnahme aus Sicht eines verständigen Bürgers in der Lage des Betroffenen primär der Vorbereitung oder Durchführung einer etwaigen Strafanzeige oder Strafermittlungshandlung und damit der Strafverfolgung. Der Zeuge ... gab in der mündlichen Verhandlung auch nachvollziehbar sowie glaubhaft an, dass die Polizeibeamten, nachdem sie aus dem Auto ausgestiegen waren, die Gruppe Jugendlicher gleich gefragt haben, ob sie Drogen oder Alkohol konsumiert haben. Bei einer lebensnahen Würdigung der Umstände des (räumlich, zeitlich und gegenständlich einheitlichen) Sachverhaltes wurde dem Kläger von den vor Ort anwesenden Polizeibeamten bereits dadurch tatsächlich der Eindruck vermittelt, die (zwangsweise) Durchsuchung zur Feststellung der Identität diene im Schwerpunkt Zwecken der Strafverfolgung. Jedenfalls musste sich ihm dies nach einer dahingehenden polizeilichen „Kontrolle“ bzw. Feststellung drogentypischer Ausfallerscheinungen und einem Nystagmustest wegen des Verdachts auf Drogenkonsum geradezu aufdrängen, zumal sich des Weiteren POM ... laut seiner Zeugeneinvernahme vor dem AG ... sicher war, dass der Kläger Drogen dabei hatte (Bl. 115 der Strafakte) und dies nach vorstehenden Ausführungen für den Kläger entsprechend zutage trat. Dass die Polizei zu der Zeit, als sie den Kläger zur Identitätsfeststellung (zwangsweise) durchsuchte, schwerpunktmäßig im Rahmen der Strafverfolgung tätig war, ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass gegen den Kläger ein Strafverfahren wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln eingeleitet wurde. In einer Gesamtschau erweist sich nach alledem eine etwaig ausgesprochene präventive Fahrtunterbindung als lediglich untergeordnete Begleit-/ Annexmaßnahme, die aus Sicht eines verständigen Bürgers in der Lage des Betroffenen in unmittelbaren Zusammenhang mit einem strafermittelnden bzw. -verfolgenden Tätigwerden der Polizei wegen des Verdachts auf Drogenkonsum bzw. eines BTM-Delikts stand.
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c) Auch aus der Vorschrift des Art. 93 Satz 2 PAG a.F. ergibt sich nichts anderes. Eine Kostenerhebung kommt bei schwerpunktmäßig repressiv-polizeilichen Handeln wie bereits ausgeführt (vgl. oben Rn. 23) nicht in Betracht. Eine lediglich untergeordnete präventive Begleit- bzw. Annexmaßnahme der Polizei ändert hieran nichts. Denn die Vorschrift des Art. 93 Satz 2 PAG a.F. verlangt eine eigen- bzw. selbstständige, also gleichrangige, präventive und repressive Stoßrichtung. Bereits der Wortlaut „neben“ bzw. „auch“ ergibt das. Die Begründung der Gesetzgebungsmaterialien (vgl. LT-Drs. 17/20425, S. 93) bestätigt dies ebenfalls. Für ein solches Verständnis streitet nicht zuletzt auch, dass sich andernfalls in (so gut wie) jede schwerpunktmäßig repressiv-polizeiliche Maßnahme eine auch noch so untergeordnete Vorbeugung von künftigen Verletzungen der öffentlichen Sicherheit finden ließe und damit die gesetzgeberisch eröffnete Möglichkeit einer Erhebung von Kosten unterlaufen würde.
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d) Im Hinblick auf Art. 16 Abs. 5 KG kommt es damit weder auf das Vorliegen der allgemeinen noch auf das der besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen an.
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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3. Die Entscheidung über die sofortige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.