Inhalt

VG Bayreuth, Urteil v. 05.08.2022 – B 4 K 20.1223
Titel:

Feuerstättenbescheid, Kehrintervall, Abgrenzung gelegentliche Nutzung und mehr als gelegentliche Nutzung, „Gemütlichkeitskamin“, Zusatzfeuerstätte

Normenketten:
SchfHwG § 14a Abs. 1
KÜO § 4 Abs. 1 S. 2
Anlage 1 zur KÜO Nr. 1.6 und 1.7
Schlagworte:
Feuerstättenbescheid, Kehrintervall, Abgrenzung gelegentliche Nutzung und mehr als gelegentliche Nutzung, „Gemütlichkeitskamin“, Zusatzfeuerstätte
Fundstelle:
BeckRS 2022, 50661

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klagepartei darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch. Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1
Die Kläger wenden sich gegen einen Feuerstättenbescheid der Beklagten. Sie sind Eigentümer der Liegenschaft „…“ in … Nachdem mit Feuerstättenbescheid vom 14.09.2016 in Bezug auf den Kachelofen der Kläger eine dreimalige Kehrung pro Jahr angeordnet worden war, setzte die Beklagte die Anzahl der Kehrungen durch Feuerstättenbescheid vom 28.05.2018, der auf Grundlage der Daten des Kehrbuches erstellt wurde, insoweit auf zweimal jährlich herab.
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Nach einer Feuerstättenschau vom 05.10.2020 traf die Beklagte mit dem hier streitgegenständlichen Feuerstättenbescheid vom 05.10.2020 (u.a.) die Anordnung, dass die Kehrarbeiten an der Abgasanlage „Einzelfst. fester Brennstoff“ zweimal jährlich, nämlich zum Termin 1 zwischen dem 01.03. und 30.04. sowie zum Termin 2 zwischen dem 01.10. und 30.11. durchzuführen seien, wobei gekennzeichnet wurde, dass die Arbeiten zum Termin 1 im Jahr 2020 bereits durchgeführt worden seien (Nr. 1). Die fristgerechte Durchführung der genannten Arbeiten sei ihr jeweils über ein Formblatt innerhalb von 14 Tagen nach dem Tag, bis zu dem die Schornsteinfegerarbeiten gemäß der Festsetzung in Nr. 1 spätestens durchzuführen gewesen wären, nachzuweisen, sofern die Beklagte diese Arbeiten nicht selbst durchgeführt habe (Nr. 2). Durch diesen Bescheid werde der Feuerstättenbescheid vom 14.09.2016 mit Wirkung für die Zukunft ersetzt (Nr. 3). Der Bescheid sei kostenpflichtig. Es erfolge eine separate Rechnungsstellung (Nr. 4).
3
Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, sie sei als für den Bezirk gem. § 8 Schornsteinfeger-Handwerksgesetz (SchfHwG) zuständige bevollmächtigte Bezirksschornsteinfegerin für den Erlass des Feuerstättenbescheids gem. § 14a SchfHwG sachlich und örtlich zuständig. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 SchfHwG seien die Kläger als Eigentümer von Grundstücken und Räumen verpflichtet, fristgerecht die Reinigung und Überprüfung von kehr- und prüfungspflichtigen Anlagen sowie die nach der jeweils geltenden Fassung der Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen (1. BImSchV) vorgeschriebenen Schornsteinfegerarbeiten zu veranlassen. Aufgrund der Feststellungen in ihrer Feuerstättenschau habe die Beklagte gegenüber den Klägern gem. § 14a Abs. 1 SchfHwG in diesem Feuerstättenbescheid festzusetzen gehabt, welche Schornsteinfegerarbeiten durchzuführen seien und in welchem Zeitraum dies zu geschehen habe. Diese Arbeiten dürften nur von einem nach § 2 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 SchfHwG zulässigen Schornsteinfegerbetrieb durchgeführt werden. Die von ihr getroffene Regelung zu den Zeiträumen für die zu veranlassenden Schornsteinfegerarbeiten fände ihre Rechtsgrundlage in den Rechtsvorschriften, die in der Tabelle des Bescheids aufgeführt seien. Insoweit findet sich in Nr. 1 des Bescheids hinsichtlich der Kehrarbeiten an der Abgasanlage Einzelfeuerstätte fester Brennstoff in der Spalte „auszuführende Arbeiten nach“ die Angabe „KÜO § 1 i.V.m. Anlage 1 Nr. 1.6“. Die Beklagte habe die Zeiträume für die Schornsteinfegerarbeiten nach pflichtgemäßem Ermessen festgesetzt. Die Zeitraumvorgaben beruhten ausschließlich auf sachgerechten Erwägungen und seien verhältnismäßig. Ihnen lägen die Erfahrungswerte des Schornsteinfegerhandwerks für die Erforderlichkeit des Ausführenlassens der festgesetzten Maßnahmen in einem hierfür angemessenen Zeitraum zugrunde. Nach § 3 Abs. 2 der Kehr- und Überprüfungsordnung (KÜO) seien die Zeitabstände für die Schornsteinfegerarbeiten in möglichst gleichen Zeiträumen festzulegen. Wesentliches Kriterium für die Festsetzung der Zeiträume sei die Betriebs- und Brandsicherheit. Weiterhin habe sie berücksichtigt, dass die zu veranlassenden Schornsteinfegerarbeiten während der üblichen Betriebszeiten der Feuerungsanlage durchzuführen seien. Aufgrund der den Klägern zur Verfügung stehenden Zeiträume werde es ihnen auch möglich sein, einen zugelassenen Schornsteinfegerbetrieb zu beauftragen. Auf die weitere Begründung des Bescheids wird Bezug genommen. Der Bescheid wurde den Klägern – soweit ersichtlich – per einfachem Brief bekanntgegeben. Ein Postaufgabevermerk findet sich in der Akte der Beklagten nicht.
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Gegen diesen Bescheid erhoben die Kläger mit Schriftsatz vom 07.11.2020 – bei Gericht eingegangen am 11.11.2020 – Klage. Der im Bescheid hinsichtlich der „Einzelfeuerstätte fester Brennstoff“ festgelegte Turnus von zweimal jährlich entspreche nicht der KÜO. Die Kehrhäufigkeit sei grundsätzlich von der Nutzungsart der Feuerungsanlage abhängig zu machen. Hierbei seien objektive Kriterien anzusetzen, die beim Nutzungsverhalten die Beeinträchtigungen der Betriebs- und Brandsicherheit verhinderten. Dies sei beim streitgegenständlichen Bescheid jedoch nicht der Fall. Bei der Feuerstätte handele es sich um einen Kachelofen, den die Kläger nur gelegentlich nutzten. Ihre Heizung und Warmwassererzeugung erfolge ganzjährig mit einem Ölkessel. Sie heizten den Kachelofen an sehr wenigen Tagen in der Übergangszeit und an sehr kalten Tagen im Winter, maximal 15 bis 20 Tage. Der Ofen sei im Wesentlichen vorgesehen als eine Zusatzheizung an sehr kalten Tagen wenn sie den Ölkessel gegen eine Wärmepumpe ersetzten, sowie als Notheizung. Gemäß dem Kommentar zur Verordnung über die Kehrung und Überprüfung von Anlagen – Zentralinnungsverband – Arbeitsblatt Nr. 605 gälten als „gelegentlich benutzt“ in der Regel Feuerstätten, die nicht mehr als 30 Tage im Jahr benutzt würden. Vom Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks – Zentralinnungsverband – sei bestätigt worden, dass Raumheizer oder Kaminöfen, Heizkamine, Kachelöfen (Grundöfen), Kachelofen-Luftheizungen, Heizherde, bei einer zentralen Beheizung betriebene Feuerstätte, die nicht mehr als 30 Tage im Jahr benutzt würden, als „gelegentlich benutzt“ gelten. Als Beweis werde eine E-Mail eines Herrn L. vom Zentralinnungsverband vom 15.06.2018 vorgelegt. Der Kamin sei im Jahr 2019 am Ende der Heizperiode im April und zu Beginn der nächsten Heizperiode am 29.10.2019 gekehrt worden. Diese zweite Kehrung ergebe keinen Sinn, da in den Sommermonaten nicht geheizt werde. Zum Beweis möge ein Sachverständigengutachten eingeholt werden.
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Die Kläger beantragen,
den Feuerstättenbescheid der Beklagten vom 05.10.2020 aufzuheben, soweit darin für die Kehrarbeiten an der Abgasanlage Einzelfeuerstelle fester Brennstoff ein zweiter Termin zwischen dem 01.10. und 30.11. festgesetzt wird.
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Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Mit Schriftsatz vom 20.11.2020 führte sie aus, die Feuerstättenschau am 05.10.2020 sei durch sie und einen bei ihr angestellten Kaminkehrermeister durchgeführt worden. An diesem Termin sei eine normale Benutzung des Kamins festgestellt worden. Hierbei habe man dem Kläger zu 1 mitgeteilt, dass die Kehrung weiterhin zweimal im Jahr durchzuführen sei, was dieser auch widerspruchslos akzeptiert habe. Im Feuerstättenbescheid vom 13.09.2016 seien die Kehrungen noch auf drei Mal im Jahr festgelegt gewesen. Im Jahr 2018 sei das Kehrintervall auf Antrag des Klägers zu 1 bereits auf zweimal im Jahr reduziert worden (Änderungsbescheid vom 28.05.2018). Aufgrund der fachlichen Einschätzung der Beklagten sei eine zweimalige Kehrung im Jahr weiterhin erforderlich.
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Mit Schriftsatz vom 05.12.2020 führten die Kläger hierzu aus, dass die Auffassung der Beklagten eine rein subjektive Meinung und keine objektive, begründete Beurteilung darstelle. Nach der KÜO sei die festzusetzende Kehrhäufigkeit nach objektiven Kriterien anzusetzen. Dass der Kachelofen nur wenig benutzt werde, sei auch aus den Rußmengen ersichtlich, die bei den letzten vier Kehrungen von der Klägerseite getrennt gesammelt worden seien. Diese Rußmengen gefährdeten bei einmaliger Kehrung die Betriebs- und Brandsicherheit nicht. Dass der Kläger zu 1 die zweimalige Kehrung widerspruchslos akzeptiert habe, sei nicht richtig. Er habe der Beklagten erklärt, dass er den Kamin nur maximal 15 bis 20 Tage benutze und er daher gemäß der Bestätigung des Bundesverbands des Schornsteinfegerhandwerks – Zentralinnungsverband – als „gelegentlich benutzt“ gelte. Daraufhin habe die Beklagte mitgeteilt, wenn der Kläger zu 1 die zweimaligen Kehrungen nicht akzeptiere, werde dies vor Gericht geklärt. Mit dem Schriftsatz übermittelt wurde ein Lichtbild des Klägers zu 1 mit vier Gläsern, das den Ruß der letzten vier Kehrungen (Herbst 2018, Frühling 2019, Herbst 2019 sowie Frühling 2020) zeige.
9
Die Beklagte teilte mit Schriftsatz vom 08.01.2021 mit, dass ihr Mitarbeiter, Kaminkehrermeister …, ihre Behauptungen bezeugen könne. Es sei sehr bedauerlich, wenn der Kunde ein Anliegen nicht mit ihr bespreche, sondern sofort das Gericht einschalte. Die Rußmenge, die der Kläger zu 1 in seinem Bericht auf Fotos zeige, sei für sie nur bedingt entscheidend, da bei der Kehrung auch viel Ruß über die Kaminmündung entweiche. Außerdem zweifle sie das Bild an, da der Rußeimer des Kaminkehrers in der Restmülltonne entsorgt werde. Die Beklagte habe keinerlei geschäftlichen Vorteil durch die zweimalige Kehrung, da der Kläger zu 1, abgesehen von den hoheitlichen Aufgaben, nicht mehr ihr Kunde sei. Ihre Aufgabe sei es, den vorbeugenden Brandschutz zu gewährleisten, da sie sonst im Schadensfall in Regress genommen werden könne.
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Der Kläger zu 1 führte mit Schriftsatz vom 20.01.2021 aus, dass der Ruß aus dem Kamin nicht im Restmüll entsorgt worden sei, da er ihn bewusst gesammelt habe. Prinzipiell verlaufe die Verbrennung in Anlagen je nach technischem Entwicklungsstand mit mehr oder weniger Rußentwicklung. Ruß seien unverbrannte Kohlenwasserstoffe. Rußablagerungen entstünden bei der unvollständigen Verbrennung fossiler Brennstoffe wie beispielsweise Holz oder Kohle und lagerten sich dann an der Kaminwand ab. Beim Verfeuern von nicht vollständig getrocknetem Holz entstehe im Vergleich mit anderen Brennstoffen viel Ruß. Sein hochwertiger Kachelofen habe eine gute Verbrennung. Das Brennholz und die Lagerstätte seien von der Beklagten in Augenschein genommen und für gut befunden worden. Die Holzfeuchte habe ca. 15% betragen, maximal erlaubt seien 20% bei der Verfeuerung. Tatsache sei, dass eine Brandgefahr von Ruß im Kamin ausgehe. Aufgrund der äußerst geringen Rußmengen im ca. acht Meter langen Kaminweg bestehe jedoch überhaupt keine Brandgefahr und der Brandschutz sei durch einmalige Kehrung gewährleistet.
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Hinsichtlich der mündlichen Verhandlung vom 05.08.2022 wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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I. Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der streitgegenständliche Feuerstättenbescheid der Beklagten vom 05.10.2020 ist hinsichtlich seiner angefochtenen Regelung rechtmäßig und verletzt die Kläger somit nicht in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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1. Hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Nachdem der angegriffene Feuerstättenbescheid – soweit aus der vorgelegten Aktenheftung der Beklagten ersichtlich – als einfacher Brief zur Post gegeben wurde und kein Postaufgabevermerk vorliegt, kann angesichts der klägerischen Angabe, den Bescheid am 14.10.202[0] erhalten zu haben (Klageschriftsatz S. 1), nicht vom Ablauf der Klagefrist gem. § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO ausgegangen werden.
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2. In der Sache selbst erweist sich die angefochtene Festsetzung eines zweiten Kehrtermins als rechtmäßig.
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Rechtsgrundlage für die angegriffene Festsetzung im Feuerstättenbescheid, wonach für die Kehrarbeiten an der Abgasanlage „Einzelfst. fester Brennstoff“ ein zweiter Termin im Jahr bestimmt wurde, ist § 14a Abs. 1 SchfHwG, wonach die Beklagte als bevollmächtigte Bezirksschornsteinfegerin unverzüglich nach der Feuerstättenschau im Feuerstättenbescheid die entsprechenden Festsetzungen zu treffen hat. Formelle Fehler im Feuerstättenbescheid werden nicht geltend gemacht und sind für die Kammer auch nicht ersichtlich.
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Inmitten steht vorliegend die Frage, ob der Kachelofen der Kläger als „mehr als gelegentlich, aber nicht regelmäßig benutzte Feuerstätte“ i.S.v. Nr. 1.6 der Anlage 1 zur KÜO oder als „gelegentlich benutzte Feuerstätte“ i.S.v. Nr. 1.7 der Anlage 1 zur KÜO einzustufen ist. Die Anzahl der Kehrungen und Überprüfungen richtet sich gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 KÜO nach Anlage 1 zur KÜO. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 KÜO ist eine Kehrung durchzuführen, wenn bei einer Überprüfung festgestellt wird, dass sie erforderlich ist. In Anlage 1 zur KÜO ist unter Nr. 1 „Feste Brennstoffe“ festgelegt, dass bei Anlagen und deren Benutzung, soweit sie nach § 1 der Kehrung oder Überprüfung unterliegen, eine Kehrung im Kalenderjahr anzuordnen ist bei einer „gelegentlich benutzten Feuerstätte und Räucheranlage“ (Nr. 1.7) und zwei Kehrungen anzuordnen sind, wenn die Feuerstätte „mehr als gelegentlich, aber nicht regelmäßig“ benutzt wird (Nr. 1.6).
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Die Regelung ist im Kontext mit Nrn. 1.1 und 1.2 der Anlage 1 zur KÜO zu sehen, wonach bei „ganzjährig regelmäßig“ benutzten Feuerstätten für feste Brennstoffe vier Kehrungen im Kalenderjahr und bei „regelmäßig in der üblichen Heizperiode“ benutzten Feuerstätten drei Kehrungen im Kalenderjahr stattfinden. Eine „mehr als gelegentliche, aber nicht regelmäßige“ Benutzung im Sinne von Nr. 1.6 mit zwei erforderlichen Kehrungen im Kalenderjahr liegt demgegenüber vor, wenn die Feuerstätte zwar nicht überwiegend genutzt wird, ihre Nutzung aber mehr als nur bei bestimmten Gelegenheiten erfolgt und damit eine gewisse Häufigkeit aufweist. Feuerstätten dieser Kategorie sind dadurch gekennzeichnet, dass sie für einen begrenzten Zeitraum die Funktion der Hauptheizung übernehmen. Typischerweise handelt es sich dabei um „Zusatzfeuerstätten“, die (oft aus Kostengründen) in den Zeiträumen eingesetzt werden, bevor oder nachdem die Hauptheizung betrieben wird/wurde. Nur „gelegentlich“ benutzte Feuerstätten sind dagegen solche, die nur hin und wieder betrieben werden. Davon ist regelmäßig dann auszugehen, wenn die Anlage weniger als 30 Tage im Jahr genutzt wird. Eine derart geringe Nutzungshäufigkeit rechtfertigt typischerweise die Annahme, dass der Betrieb der Feuerstätte weniger der Wärmeversorgung als vielmehr der Schaffung einer behaglichen Atmosphäre (sog. „Gemütlichkeitsheizung“) dient (vgl. zum Ganzen VG Aachen, U.v. 15.03.2017 – 7 K 810/15 – juris Rn. 15 ff. m.w.N.).
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Anhaltspunkte für die Nutzungshäufigkeit können sich grundsätzlich insbesondere aus der Art der streitgegenständlichen Feuerstätte und der sonstigen im Gebäude befindlichen Heizungsanlagen, den Angaben des Nutzers zum Nutzungsverhalten sowie den Erkenntnissen des Schornsteinfegers, insbesondere bei seinen Kehrungen, ergeben (VG Minden, U.v. 27.09.2011 – 3 K 2592/10 – juris Rn. 38).
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Legt man dies zugrunde, sind die Einstufung des gegenständlichen Kachelofens als „mehr als gelegentlich, aber nicht regelmäßig benutzt“ und in der Konsequenz die Festlegung zweimal jährlich durchzuführender Kehrarbeiten rechtlich nicht zu beanstanden. Dies ergibt sich bei einer Gesamtwürdigung der Umstände des konkreten Falles sowohl aus den Angaben der Kläger als auch aus den Feststellungen der Beklagten zur konkreten Zweckbestimmung und Nutzung des klägerischen Kachelofens.
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Die Kläger berufen sich im Wesentlichen darauf, dass sie ihren Kachelofen an weniger als 30 Tagen pro Jahr nutzen. Hiermit können sie im Ergebnis jedoch nicht durchdringen. Zwar wird im ihrerseits zitierten Kommentar des Bundesverbands des Schornsteinfegerhandwerks – Zentralinnungsverband – zur KÜO in der Tat ausgeführt, dass – in der Regel – als „gelegentlich benutzt“ Feuerstätten gelten, die nicht mehr als 30 Tage im Jahr benutzt werden. Dies basiert, wie oben ausgeführt, darauf, dass eine derart geringe Nutzungshäufigkeit typischerweise die Annahme rechtfertigt, es handle sich bei der Feuerstätte um eine reine „Gemütlichkeitsheizung“ – bei der die Brand- und Betriebssicherheit regelmäßig durch eine einmalige Kehrung pro Jahr sichergestellt werden kann. Auch und gerade auf Basis der Erörterungen in der mündlichen Verhandlung deutet nichts darauf hin, dass die Kläger ihren Kachelofen als sog. „Gemütlichkeitskamin“ nutzen, für sie also die Schaffung einer behaglichen Atmosphäre im Vordergrund steht. Vielmehr hat sich ergeben, dass der Kachelofen selbst im Kellergeschoss steht und die Wärme zur Beheizung des Wohnzimmers nach oben geleitet wird. Die Kläger mögen die abgegebene Strahlungswärme als „behaglich“ empfinden – dies ist jedoch nicht, was mit dem Begriff des „Gemütlichkeitskamins“ verbunden wird, bei dem vor allem die Atmosphäre eines sichtbaren Feuers sowie ggf. eine entsprechende Geräuschkulisse im Fokus steht. Im Ausgangspunkt haben die Kläger selbst angegeben, dass der Ofen – abgesehen vom derzeit noch nicht realisierten Einbau einer Wärmepumpe – im Wesentlichen als eine „Zusatzheizung“ an kalten Tagen vorgesehen sei, sowie als Notheizung (S. 2 des Klageschriftsatzes). Diese Angabe der Kläger zeigt, dass es sich eben nicht nur um einen bloßen „Gemütlichkeitskamin“ im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung handelt, sondern er vielmehr in Ergänzung der Hauptheizung – einem Niedertemperaturkessel für Heizöl – der Wärmeversorgung an kalten Tagen dient.
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Die von der Beklagten als bevollmächtigte Bezirksschornsteinfegerin festzulegende Anzahl der Kehrungen dient der Sicherstellung der Brand- und Betriebssicherheit und ist vor diesem Hintergrund zu sehen und zu beurteilen. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar geschildert, warum aus fachlicher Sicht eine zweimal jährlich erfolgende Kehrung der betreffenden Abgasanlage geboten ist. Hierbei hat sie sich auch mit dem festgestellten Ruß auseinandergesetzt und bewegt sich damit in Einklang mit den Empfehlungen des Zentralinnungsverbandes, der im Kommentar zur KÜO hinsichtlich Nr. 1.6 der Anlage 1 zur KÜO ausführt, dass u.a. bei seltenerer Benutzung der Feuerstätte in der Praxis zum Teil ein verringerter Rußansatz festzustellen ist und der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger in diesen Fällen einzuschätzen hat, ob eine einmalige Kehrung im Jahr ausreicht. Was die klägerseits auf Bildern demonstrierten Rußmengen der Kehrungen angeht, hat die Beklagte nachvollziehbar erläutert, warum die Kläger hieraus nichts für sie Günstiges herleiten können. So ist es zunächst plausibel und auch in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung bekannt, dass beim Kehren des Kamins eine nicht nur unerhebliche Rußmenge „nach oben“ über die Kaminmündung entweicht (vgl. z.B. VG Minden, U.v. 27.09.2011 – 3 K 2592/10 – juris Rn. 39). Ferner hat sie nachvollziehbar erklärt, dass sie bei ihrer Feuerstättenschau am 05.10.2020 – nach letztmaliger Kehrung am 16.04.2020 – einen Rußbelag habe feststellen können und insoweit anschaulich dargelegt, dass allein die Kamerabefahrung des Kamins, bei der ein Synthetikbesen zum Einsatz komme, dazu geführt habe, dass unten Ruß angefallen sei. Ferner hat sie plausibel geschildert, dass die Kratzspuren der vorherigen Kehrung nicht mehr sichtbar gewesen seien, was bedeute, dass zwischenzeitlich durchaus Ruß angefallen ist. Dies erklärt die Beklagte nicht zuletzt damit, dass die Kläger überwiegend Weichholz verfeuern, womit eine im Vergleich zu Hartholz stärkere Rußbildung einhergeht.
22
Insgesamt zeigt sich, dass die Beklagte die individuelle Situation der Kläger eingehend im Lichte der Brand- und Betriebssicherheit gewürdigt und die streitgegenständliche Feuerstätte zu Recht als „mehr als gelegentlich benutzt“ qualifiziert hat, was eine zweimalige Kehrung pro Jahr nach sich zieht. Dass sie in der Vergangenheit bereits die Anzahl der Kehrungen von drei auf zwei reduziert und sie im Übrigen keinen wirtschaftlichen oder sonstigen Vorteil durch das in Rede stehende Kehrintervall hat, sei in diesem Zusammenhang unterstrichen.
23
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung basiert auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 ff. ZPO.