Titel:
Altersteilzeit - Vertragsanpassung arbeitsvertraglicher Festlegungen aufgrund des Bezugs von Krankengeld zu Vertragsbeginn
Normenkette:
BGB § 313 Abs. 2 S. 2, S. 3, § 349
Leitsätze:
1. Besteht zu Beginn der vereinbarten Altersteilzeit Arbeitsunfähigkeit bzw. erfolgt eine medizinische Rehabilitation, kann Altersteilzeitarbeit sozialversicherungsrechtlich nur vorliegen - und somit ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis beginnen - während der Zeit der Entgeltfortzahlung, sowie während des anschließenden Bezugs einer Entgeltersatzleistung, dem ausschließlich das Regelentgelt aus der Altersteilzeit zugrunde liegt. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ist der Entgeltfortzahlungszeitraum bei Beginn der vereinbarten Altersteilzeitarbeit bereits abgelaufen und wird die Entgeltersatzleistung aus dem bisherigen (vollen) Arbeitsentgelt vor Beginn der Altersteilzeitarbeit bezogen (z.B. bei Kranken- oder Übergangsgeld) kann Altersteilzeit für den Zeitraum des Entgeltersatzleistungsbezugs nicht vorliegen und somit ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis nicht beginnen. In diesem Fall ist eine Vertragsanpassung dahin vorzunehmen, dass der Beginn der Altersteilzeitarbeit auf den Zeitpunkt der (Wieder-)Aufnahme der versicherungspflichtigen Beschäftigung vertraglich verschoben wird. (Rn. 21) (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Krankengeldbezug zu Beginn einer geplanten Altersteilzeit, Aarbeitsvertraglich vereinbarte Altersteilzeit, Sozialversicherungsrechtlich privilegierte Altersteilzeit, Krankengeldbezug, Stichtagsregelung, Vertragsanpassung, Unmöglichkeit
Rechtsmittelinstanz:
LArbG München, Urteil vom 24.05.2023 – 5 Sa 37/23
Fundstelle:
BeckRS 2022, 50439
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis 31.12.2026 gemäß den Bedingungen des Vertrages über Altersteilzeit vom 26.04.2021 mit einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 15 Stunden zu beschäftigen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Der Streitwert wird auf 69.113,52 EUR festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten über das Bestehen eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Der am ... geborene Kläger ist bei der Beklagten seit dem 01.02.1986, zuletzt als Production Support am Standort M-Stadt beschäftigt. Die Beklagte ist ein weltweit tätiges Luftfahrtunternehmen. Die Beklagte schloss mit dem Kläger am 26.04.2021 einen Altersteilzeit-Arbeitsvertrag ab.
2
Dieser lautet auszugsweise:
„1. Beginn und Dauer der Altersteilzeitarbeit
Der zwischen D und S bestehende Arbeitsvertrag wird unter Abänderung und Ergänzung ab dem 01. Januar 2022 bis zum 31. Dezember 2026 auf der Grundlage von Altersteilzeitarbeit fortgeführt.
Im Übrigen gelten die Bestimmungen des bisherigen Arbeitsvertrages unverändert fort.
Die Arbeitszeit beträgt ab dem Beginn der Altersteilzeitarbeit im Jahresdurchschnitt die Hälfte der bisherigen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit. Danach beträgt die rechnerische wöchentliche Grundarbeitszeit während der Altersteilzeit 15 Stunden.
Hinsichtlich der Verteilung der Arbeitszeit für den gesamten dem Altersteilzeitvertrag zugrunde liegenden Zeitraum wird mit S folgende Vereinbarung getroffen:
Arbeitsblock vom 01. Januar 2022 bis zum 30. Juni 2024 Freizeitblock vom 01. Juli 2024 bis zum 31. Dezember 2026
Die Arbeitszeit verteilt sich während des Arbeitsblocks gemäß des für S geltenden Dienst/Schichtplan.
S erhält für die Dauer der Altersteilzeitarbeit die Vergütung nach Maßgabe der gemäß Ziffer 3 reduzierten Arbeitszeit. Die Vergütung ist unabhängig von der Verteilung der Arbeitszeit fortlaufend für die gesamte Dauer dieses Vertrages zu zahlen.
Berechnungsgrundlage für die monatliche Grundvergütung ist das Verhältnis der vereinbarten wöchentlichen Grundarbeitszeit während der Altersteilzeit zur tariflichen Vollarbeitszeit.
Die tarifliche monatliche Vollzeitvergütung beträgt derzeit 4.739,55 EUR.
Ihre monatliche Vergütung ändert sich danach wie folgt:
„Grundvergütung 1.895,82 EUR brutto
FunkZul. Technik § 5,4 24,00 EUR brutto …
Gesamtvergütung 1.919.82 EUR brutto Sonstige Vergütungsbestandteile werden zeitanteilig gekürzt, sofern nicht etwas anderes bestimmt ist.“
Das Urlaubsgeld, der Zuschlag zum Urlaubsgeld einschließlich des gegebenenfalls zu zahlenden Erhöhungsbetrages und das Weihnachtsgeld werden während der Dauer der Altersteilzeit in jedem Kalendermonat zu einem Zwölftel ausgezahlt.
5. Aufstockungsleistungen
Zusätzlich zur Vergütung nach Ziffer 4 erhält S während der Altersteilzeitarbeit – ebenfalls unabhängig von der Verteilung der Arbeitszeit – von D AG fortlaufende monatliche Aufstockungsleistungen nach Maßgabe des § 6 des Tarifvertrages Altersteilzeitarbeit.
Als Entschädigung für die sich aus der Altersteilzeit ergebenden materiellen Folgen, insbesondere für den Verlust des Arbeitsplatzes, erhält S eine pauschale Abfindung in Höhe von 50.000,00 EUR brutto. Diese wird S zusammen mit der laufenden Vergütung im Monat nach Ablauf der Hälfte der vereinbarten Altersteilzeit ausgezahlt.
Im Falle krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit während des Arbeitsblocks leistet D AG Vergütungsfortzahlung nach den für das Arbeitsverhältnis jeweils geltenden Bestimmungen.
Diese Fortzahlung erstreckt sich auch auf die Aufstockungsleistungen gemäß Ziffer 5.
Während des Freizeitblocks erhält S Entgelt auf Grund seiner Vorleistung während des Arbeitsblocks, unabhängig davon, ob er arbeitsfähig ist oder nicht. Er hat keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung oder Entgelt ersetzende Leistungen.
10. Ende der Altersteilzeitarbeit
Die Altersteilzeitarbeit von S endet am 31. Dezember 2026, spätestens jedoch, wenn das Arbeitsverhältnis aufgrund arbeitsvertraglicher, tariflicher oder gesetzlicher Vorschriften endet.
Mit Ende der Altersteilzeitarbeit endet auch das gesamte Arbeitsverhältnis von S mit D AG, ohne dass es einer Kündigung oder eines sonstigen Beendigungsgrundes bedarf.
Im Übrigen bleibt das Recht zur Kündigung nach den gesetzlichen, tariflichen oder einzelvertraglichen Bestimmungen unberührt.
Im Falle der vorzeitigen Beendigung der Altersteilzeitarbeit erstattet D AG die etwaige Differenz zwischen dem Entgelt, das S ohne Eintritt in die Altersteilzeit für die tatsächliche Beschäftigung erzielt hätte und den ausgezahlten Leistungen (ATZ-Entgelt und Aufstockungsbetrag).
3
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Anlage K 4 (Bl. 15 ff. d. A.) Bezug genommen.
4
Im Tarifvertrag Altersteilzeitarbeit für das Bodenpersonal zwischen dem Arbeitgeberverband Luftverkehr e.V. (AGVL) und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) vom 16.12.2020 heißt es auszugsweise:
„§ 2 Begriff der Altersteilzeitarbeit
Altersteilzeitarbeit im Sinne dieses Tarifvertrages ist die auf einer Änderung des Arbeitsvertrages beruhende bis zu 6 Jahren vereinbarte Reduzierung der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit, die sich zumindest auf den Zeitpunkt erstrecken muss, bis eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann. Wird ein Altersteilzeitarbeitsvertrag vereinbart, nach dem das Arbeitsverhältnis zum frühestmöglichen Zeitpunkt für einen gesetzlichen Renteneintritt endet, kann dies mit Rentenabschlägen für den Mitarbeiter einhergehen.
Für Mitarbeiter mit Schwerbehinderung gelten hierbei besondere gesetzliche Regelungen.
§ 3 Voraussetzungen zur Inanspruchnahme von Altersteilzeitarbeit
Mit allen Mitarbeitern, die das 55. Lebensjahr vollendet und innerhalb der letzten fünf Jahre mindestens 1080 Kalendertage in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch gestanden haben, kann Altersteilzeitarbeit vereinbart werden, sofern sie ihre Arbeitszeit auf die Hälfte der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit im Sinne des Altersteilzeitgesetzes reduzieren. Ein allgemeiner Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages besteht nicht.
§ 4 Verteilung der Arbeitszeit
Der Altersteilzeitvertrag kann unterschiedliche wöchentliche Arbeitszeiten oder eine unterschiedliche Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit vorsehen, wenn die wöchentliche Arbeitszeit im Durchschnitt eines Zeitraums von bis zu 6 Jahren die Hälfte der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit im Sinne des Altersteilzeitgesetzes nicht überschreitet und der Mitarbeiter versicherungspflichtig beschäftigt im Sinne des Dritten Buches Sozialgesetzbuch ist.
§ 6 Aufstockungsleistungen
(1) Zusätzlich zur Vergütung nach § 5 werden von der Gesellschaft Aufstockungsleistungen in Form eines Aufstockungsbetrages (Abs. 2) und Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung (Abs. 3) gezahlt.
(2) Das Regelarbeitsentgelt im Sinne des § 6 Abs. 1 Altersteilzeitgesetz für die Altersteilzeitarbeit wird um 25 vom Hundert aufgestockt. Entgeltbestandteile, die nicht laufend gezahlt werden, sind nicht berücksichtigungsfähig. Bestandteile des Arbeitsentgelts, die für den Zeitraum der vereinbarten Altersteilzeitarbeit nicht vermindert werden, bleiben bei der Aufstockung außer Betracht.
(3) Die Gesellschaft entrichtet für den Mitarbeiter in Altersteilzeitarbeit zusätzlich Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, mindestens in Höhe des Betrages, der auf 80% des Regelarbeitsentgelts für die Altersteilzeitarbeit nach § 6 Abs. 1 des Altersteilzeitgesetzes für die Altersteilzeitarbeit gemäß § 5 dieses Tarifvertrages, begrenzt auf den Unterschiedsbetrag zwischen 90% der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze und dem Regelarbeitsentgelt, entfällt, höchstens bis zur Beitragsbemessungsgrenze.
(4) Bezieht der Mitarbeiter Krankengeld und liegt der Bemessung dieser Leistung ausschließlich die Altersteilzeitarbeit zugrunde oder bezieht der Mitarbeiter Krankentagegeld von einem privaten Krankenversicherungsunternehmen, so wird ihm auch der Aufstockungsbetrag gem. § 6 Abs. 2 gezahlt.
(5) Während der Dauer einer Altersteilzeitbeschäftigung wird das – ohne Berücksichtigung des Aufstockungsbetrages – reduzierte, nach dem Tarifvertrag „D AG Rente Boden“ in seiner jeweils geltenden Fassung anrechenbare beitragsfähige Einkommen für die Berechnung der Arbeitgeberbeiträge aus dem Tarifvertrag „D AG Rente Boden“ mit dem Faktor 1,8 erhöht.
§ 11 In-Kraft-Treten und Vertragsdauer
(1) Dieser Tarifvertrag tritt zum 01.12.2020 in Kraft.
(2) Der Tarifvertrag tritt mit Ablauf des 01.01.2022 außer Kraft. Für Mitarbeiter, deren vertraglich vereinbarte Altersteilzeitarbeit spätestens an diesem Tag beginnt, gelten seine Regelungen bis zur Beendigung der Altersteilzeitarbeit fort. Im Übrigen entfaltet dieser Tarifvertrag keine Nachwirkung.“
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Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Anlage K 5 (Bl. 17 ff. d.A.) Bezug genommen.
6
Der Kläger war ab dem 04.10.2021 bis einschließlich 23.01.2022 arbeitsunfähig erkrankt. Ab dem 15.12.2021 bezog er Krankengeld. Ab dem 21.02.2022 befand er sich in Wiedereingliederung. Seit dem 04.04.2022 arbeitet er wieder im Umfang von 30 Stunden pro Woche. Im Zeitraum vom 04.04.2022 bis zur Kammerverhandlung am 08.12.2022 hat er ein Zeitguthaben von 196 Stunden aufgebaut.
7
Mit Schreiben vom 20.01.2022 (Anlage K 7 – Bl 30 d.A.) teilte die Beklagte dem Kläger unter dem Betreff „Information über Nichtzustandekommen des Altersteilzeitvertrages“ mit, dass die zwischen ihm und der Beklagten mit Altersteilzeitvertrag vom 26.04.2021 vereinbarte Altersteilzeit – beginnend ab dem 01.01.2022 – nicht durchgeführt werden könne, da insoweit die Voraussetzungen nicht mehr vorlägen. Der Kläger habe zu Beginn der Altersteilzeit keine Lohnfortzahlung mehr erhalten, sodass er nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis im sozialrechtlichen Sinne als Voraussetzung der Altersteilzeit gestanden habe.
8
Mit außergerichtlichem Schreiben vom 17.02.2022 (Anlage K 8 – Bl. 31 ff. d.A.) forderten die Prozessbevollmächtigten des Klägers die Beklagte auf, das Altersteilzeitverhältnis vertragsgemäß umzusetzen. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 20.02.2022 (Anlage K 9 – Bl. 35 f. d.A.) ab mit der Begründung, sie sei wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage wirksam vom Altersteilzeitvertrag zurückgetreten.
9
Der Kläger vertritt die Ansicht, dass das der zwischen den Parteien vereinbarte Altersteilzeitvertrag weiterhin wirksam sei und auch durchgeführt werden könne. Dem stünden weder das Altersteilzeitgesetz noch der Tarifvertrag Altersteilzeit entgegen.
10
§ 2 Abs. 1 Nr. 2 des Altersteilzeitgesetzes stelle keine Voraussetzungen für die Vereinbarung von Altersteilzeit auf, sondern lediglich für deren Förderung nach § 4 AltersteilzeitG. Die Förderleistungen nach § 4 AltersteilzeitG kämen jedoch für Altersteilzeitverträge ab 2010 schon nicht mehr in Betracht. Die fehlende Förderung und damit auch die fehlende Erfüllung der für die Förderung geltenden Voraussetzungen stünden somit der Altersteilzeit des Klägers nicht mehr entgegen.
11
§ 3 S. 1 des Tarifvertrags ATZ verlange nicht als Voraussetzung für die Altersteilzeit das Bestehen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses im Zeitpunkt des Beginns der Altersteilzeit.
12
Die Beklagte sei auch nicht wirksam vom Altersteilzeitarbeitsvertrag mit dem Kläger zurückgetreten. Ein Rücktrittsgrund liege nicht vor. Eine ordentliche Kündigung sei aufgrund der Befristung des Arbeitsvertrages ATZ nicht möglich, außerdem liege kein Kündigungsgrund vor. Insbesondere könne der Kläger die Zeit, in der er Krankengeld bezogen und nicht gearbeitet habe, noch in der vereinbarten Arbeitsphase bis zum 30.06.2024 nacharbeiten. Jedenfalls komme insoweit eine entsprechende Vertragsanpassung in Betracht.
Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien mit Wirkung zum 01.01.2022 ein Altersteilzeitverhältnis mit einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 15 Stunden auf Basis des Vertrages über Altersteilzeit vom 26.04.2021 besteht.
Es wird festgestellt, dass die Rücktrittserklärung der Beklagten vom 20.01.2022 unwirksam ist und den Vertrag über Altersteilzeitarbeit vom 26.04.2021 nicht geändert hat, sondern dieser unverändert bis 31.12.2026 fortbesteht.
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis 31.12.2026 gemäß den Bedingungen des Vertrag über Altersteilzeit vom 26.04.2021 mit einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 15 Stunden zu beschäftigen.
14
Die Beklagte beantragt,
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Sie vertritt die Ansicht, der Altersteilzeitvertrag vom 20.05.2021 sei rechtsunwirksam, da die Voraussetzungen nach §§ 2 Abs. 1 Nr. 2 AltersteilzeitG, 25 Abs. 1 S. 1 SGB III nicht mehr vorlägen. Aufgrund des Krankengeldbezugs des Klägers am 01.01.2022 – dem tarifvertraglich letztmöglichen Zeitpunkt, bis zu dem noch ein Beginn der Altersteilzeit möglich gewesen sei – habe zum Zeitpunkt des geplanten Beginns der Altersteilzeit keine versicherungspflichtige Beschäftigung vorgelegen. Dies sei jedoch sowohl nach dem Tarifvertrag Altersteilzeit als auch nach dem Altersteilzeitgesetz ausdrücklich Voraussetzung für die Altersteilzeit. Eine Vertragsanpassung sei rechtlich nicht möglich, denn nach dem Tarifvertrag Altersteilzeit habe die Altersteilzeit spätestens am 01.01.2022 beginnen müssen. Eine Verschiebung der Altersteilzeit sei nicht möglich. Eine Anpassung sei auch nicht im Sinne des Klägers. Denn eine Anpassung der Altersteilzeitarbeit ohne tarifliche Grundlage habe zur Folge, dass die vereinbarte Aufstockungsleistung als normales Arbeitsentgelt sozialabgaben- und steuerpflichtig ausbezahlt werden müsse. Auch sei die maximale Dauer der Altersteilzeit von drei Jahren im Blockmodell nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 AltersteilzeitG zu beachten. Zudem könnten tatsächlich erbrachte Arbeitszeiten nachträglich nicht in eine Altersteilzeitarbeit umgewandelt werden.
16
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist hinsichtlich des zweiten Hilfsantrages begründet.
18
Die Klage ist sowohl hinsichtlich des Hauptantrages als auch der Hilfsanträge zulässig. Insbesondere sind die Feststellungsanträge (Hauptantrag und erster Hilfsantrag) des Klägers zulässig. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Altersteilzeitarbeitsvertrages und damit über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses i.S.v. § 256 Abs. 1 ZPO. Auch das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse des Klägers liegt vor, da durch die Entscheidung über die Feststellungsanträge der Streit insgesamt beseitigt und das Rechtsverhältnis der Parteien abschließend geklärt werden kann.
19
1. Die Klage ist hinsichtlich des Hauptantrages unbegründet.
20
a) Die Parteien haben am 26.04.2021 ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis, das im Blockmodell mit einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 15 Stunden durchzuführen ist, wirksam vereinbart. Unwirksamkeitsgründe, die dem Zustandekommen der Vereinbarung entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich und auch von keiner Partei vorgetragen worden.
21
b) Besteht zu Beginn der vereinbarten Altersteilzeit Arbeitsunfähigkeit bzw. erfolgt eine medizinische Rehabilitation, kann Altersteilzeitarbeit sozialversicherungsrechtlich nur vorliegen während der Zeit der Entgeltfortzahlung (Fortdauer des Beschäftigungsverhältnisses nach § 7 Abs. 1 SGB IV), sowie während des anschließenden Bezugs einer Entgeltersatzleistung, dem ausschließlich das Regelentgelt aus der Altersteilzeit zugrunde liegt. Ist der Entgeltfortzahlungszeitraum bei Beginn der vereinbarten Altersteilzeitarbeit bereits abgelaufen und wird die Entgeltersatzleistung aus dem bisherigen (vollen) Arbeitsentgelt vor Beginn der Altersteilzeitarbeit bezogen (z.B. bei Kranken- oder Übergangsgeld) kann Altersteilzeit für den Zeitraum des Entgeltersatzleistungsbezugs nicht vorliegen (Rundschreiben der Spitzenverbände der Sozialversicherung vom 02.11.2010 – Ziffer 2.4.6; Elert/Raspels Praxishandbuch Flexible Einsatzformen von Arbeitnehmern, 1. Aufl. 2012 Kapitel 1 Altersteilzeit; Bauer/Gehring/Koch Altersteilzeit 2. Aufl. 2016 Teil 1 D. Rz. 284 ff.).
22
Wenn aber nach der vor dem Krankengeldbezug abgeschlossenen Altersteilzeitvereinbarung die Altersteilzeitarbeit auch bei einem Krankengeldbezug beginnt und vereinbarungsgemäß Aufstockungsbeträge sowie zusätzliche Rentenversicherungsbeiträge gezahlt werden, ist das Krankengeld zu Beginn der vereinbarten Altersteilzeitarbeit auf Basis des für die Altersteilzeitarbeit maßgebenden Regelarbeitsentgelts (als Regelentgelt nach § 47 SGB V) zu zahlen. In diesen Fällen kann Altersteilzeitarbeit vereinbarungsgemäß beginnen (Rundschreiben der Spitzenverbände der Sozialversicherung vom 02.11.2010 a.a.O.).
23
Zum vereinbarten Beginn der Altersteilzeitarbeit, am 01.01.2022, war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt und bezog Krankengeld. In der Altersteilzeitvereinbarung vom 26.04.2021 findet sich auch keine Regelung dahingehend, dass die Altersteilzeitarbeit auch dann beginnen soll, wenn Krankengeld bezogen wird.
24
Damit lagen die sozialversicherungsrechtlichen Voraussetzungen für Altersteilzeit beim Kläger im Zeitraum vom 01,01.2022 bis zum 03.04.2022 nicht vor.
25
Die Umsetzung der Altersteilzeitvereinbarung vom 26.04.2021 mit unverändertem Inhalt ist daher rechtlich unmöglich.
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Da die Altersteilarbeit mit Wirkung zum 01.01.2022 nicht beginnen konnte, war der Hauptantrag abzuweisen.
27
2. Die Klage ist auch hinsichtlich des ersten Hilfsantrages unbegründet. Unabhängig davon, ob die Rücktrittserklärung vom 20.01.2022 unwirksam ist, kann jedenfalls nicht festgestellt werden, dass der Vertrag über Altersteilzeitarbeit vom 26.04.2021 unverändert fortbesteht, da die sozialversicherungsrechtlichen Voraussetzungen für Altersteilzeit beim Kläger im Zeitraum vom 01,01.2022 bis zum 03.04.2022 nicht vorlagen (s.o. Ziffer 1 b) und das Altersteilzeitarbeitsverhältnis damit entgegen der Vereinbarung vom 26.04.2021 nicht zum 01.01.2022 begonnen hat.
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3. Die Klage ist hinsichtlich des zweiten Hilfsantrages begründet. Der Kläger hat einen Anspruch darauf, gemäß den Bedingungen des Vertrages über Altersteilzeitarbeit vom 26.04.2021 beschäftigt zu werden.
29
Auch wenn das Altersteilzeitarbeitsverhältnis nicht wie von den Parteien ursprünglich vereinbart am 01.01.2022 beginnen konnte, ist die Altersteizeitvereinbarung vom 26.04.2021 weder durch eine auflösende Bedingung noch durch eine wirksame Rücktrittserklärung der Beklagten erloschen.
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a) Dass zum 01.01.2022 die Voraussetzungen für Altersteilzeit nicht vorlagen, führt nicht dazu, dass diese „nicht zustande gekommen“ ist, wie die Beklagte in ihrem Schreiben vom 20.01.2022 meint. Soweit die Beklagte hiermit zum Ausdruck bringen will, die Altersteilzeitvereinbarung sei unter der auflösenden Bedingung geschlossen worden, dass sich der Kläger zum geplanten Beginn der Altersteilzeit nicht im Krankengeldbezug befinde, lässt sich dies der Vereinbarung vom 26.04.2021 nicht entnehmen. Auch im Tarifvertrag Altersteilzeit findet sich diesbezüglich keine Regelung. Das Thema Krankengeldbezug wird dort lediglich in § 6 Abs. 4 thematisiert und insoweit an die gesetzliche Regelung des § 10 Abs. 2 AltersteilzeitG angeknüpft.
31
b) Die Beklagte ist von der Vereinbarung auch nicht wirksam zurückgetreten. Es ist schon zweifelhaft, ob das Schreiben der Beklagten vom 20.01.2022 als Rücktrittserklärung ausgelegt werden kann.
32
Ein Rücktritt ist gem. § 349 BGB eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung. Eine solche Willenserklärung, die auf die einseitige Beendigung des Altersteilzeitvertrages gerichtet ist, hat die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 20.01.2022 nicht abgegeben. Die Beklagte hat vielmehr erklärt, dass der vereinbarte Altersteilzeitvertrag „nicht durchgeführt werden kann“. Nach der Formulierung des Beklagten handelt es sich lediglich um eine „Information über (das) Nichtzustandekommen des Altersteilzeitvertrages“. In dieser Erklärung liegt keine Gestaltungserklärung, sondern lediglich eine Information darüber, dass nach Rechtsansicht der Beklagten der Vertrag auch ohne Gestaltungserklärung bereits unwirksam sein soll (ArbG Köln 27.05.2022 – 19 Ca 1140/22).
33
Jedenfalls liegen aber die Voraussetzungen für einen Rücktritt – bzw., da es sich um ein Dauerschuldverhältnis handelt, für eine Kündigung nach § 313 Abs. 3 S. 2 BGB – nicht vor.
34
aa) Gemäß § 313 Abs. 2 S. 2 BGB kann ein Dauerschuldverhältnis gekündigt werden, wenn sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten und wenn eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar ist.
35
Geschäftsgrundlage sind die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Abschluss eines Vertrags aber zutage getretenen, dem anderen Teil erkennbar gewordenen und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Partei oder die gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt bestimmter Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vorstellungen aufbaut.
36
Es darf sich allerdings nicht um einseitige Erwartungen einer Partei handeln. Die Geschäftsgrundlage gehört nicht zum Vertragsinhalt (BAG 08.12.2020 – 3 AZR 65/19).
37
bb) Die Parteien sind beim Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung am 26.04.2021 übereinstimmend davon ausgegangen, dass der Kläger im gesamten Zeitraum vom 01.01.2022 bis einschließlich 30.06.2024 arbeitsfähig sein würde oder jedenfalls kein Krankengeld bezieht. Die Parteien haben eine Arbeitsphase vom 01.01.2022 bis 30.06.2024 vereinbart, in der der Kläger die für fünf Jahre vereinbarten 15 Stunden wöchentlich – also in der Regel 30 Stunden wöchentlich in der Arbeitsphase – gegen Entgelt beschäftigt werden sollte. Beide Parteien sind davon ausgegangen, dass der Kläger entweder arbeiten würde oder jedenfalls einen sonstigen Anspruch auf Entgeltersatzleistungen, z.B. nach dem EFZG, erwerben würde, so dass er für die zweieinhalbjährige Freistellungsphase einen vollen Entgeltanspruch ansparen kann. Arbeitet der Kläger in der Arbeitsphase nicht und erwirbt auch keinen Anspruch auf Entgeltersatzleistungen gegen die Beklagte, fällt die Grundlage für die Vergütung in der Freistellungsphase für einen entsprechenden Zeitraum weg. Damit liegt eine Störung der Geschäftsgrundlage vor (vgl. ArbG Köln 27.05.2022 – 19 Ca 1140/22).
38
cc) Diese Störung der Geschäftsgrundlage berechtigt die Beklagte aber nicht zur Kündigung der Altersteilzeitvereinbarung nach § 313 Abs. 3 S. 2 BGB, da eine Anpassung des Vertrages möglich und der Beklagten auch zumutbar ist, § 313 Abs. 3 S. 1 BGB. Eine Vertragsanpassung ist dahingehend möglich, dass der Beginn der Altersteilzeitarbeit auf den Zeitpunkt der (Wieder-)Aufnahme der versicherungspflichtigen Beschäftigung vertraglich verschoben wird. Dies würde bedeuten, dass die Altersteilzeitarbeit des Klägers erst am 04.04,2022 beginnen würde, die übrigen Regelungen aber unverändert fortgelten. Eine weitergehende Anpassung der Altersteilzeitvereinbarung dahingehend, dass das Ende der Arbeitsphase sowie der Beginn und das Ende der Freistellungsphase verändert werden, ist nicht erforderlich, da der Kläger das für die Freistellungsphase erforderliche Zeitguthaben trotz des späteren Beginns der Arbeitsphase zum 30.06.2024 einbringen kann.
39
Nach dem Wortlaut des Altersteilzeitarbeitsvertrags ist die Arbeitszeit des Klägers für den Zeitraum vom 01.01.2022 bis 30.06.2024 nicht fix auf 30 Stunden pro Woche festgelegt. Vielmehr haben die Parteien in § 3 des Vertrags vereinbart, dass die Arbeitszeit ab dem Beginn der Altersteilzeitarbeit im Jahresdurchschnitt die Hälfte der bisherigen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit beträgt. Die Wochenarbeitszeit des Klägers betrug zuletzt 30 Stunden. Deshalb sieht Ziffer 3 Abs. 1 Satz 2 des Altersteilzeitarbeitsvertrags vor, dass die rechnerische wöchentliche Grundarbeitszeit während der gesamten Altersteilzeit 15 Stunden beträgt. Im folgenden Absatz ist vereinbart, dass diese Arbeitszeit (von 15 Stunden wöchentlich für fünf Jahre) in einem Arbeitsblock vom 01.01.2022 bis zum 30.06.2024 abgeleistet werden soll. Die Parteien haben damit aber nicht festgelegt, dass der Kläger in der Arbeitsphase wöchentlich stets genau 30 Stunden leisten soll. Die Beklagte hat sich im letzten Absatz der Ziffer 3 des Altersteilzeitarbeitsvertrags zudem ausdrücklich vorbehalten, die Arbeitszeit des Klägers während des Arbeitsblocks in einem Dienst-/Schichtplan einzuteilen. Die Vereinbarung lässt damit eine flexible Einteilung des Klägers auch im Hinblick auf den zeitlichen Umfang seiner Tätigkeit pro Woche zu (vgl. ArbG Köln a.a.O.).
40
Die Nacharbeit des für die Freistellungsphase erforderlichen Zeitguthabens ist dem Kläger im noch verbleibenden Zeitraum bis zum 30.06.2024 unter Einhaltung der Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes und seines Alterstteilzeitarbeitsvertrags möglich und zumutbar. Zwar sind die Parteien ursprünglich unausgesprochen davon ausgegangen, dass der Kläger in der Aktivphase durchschnittlich – nur – 30 Wochenstunden leisten wird. Allerdings geht der übereinstimmende Parteiwille unter Berücksichtigung der gesamten Vereinbarungen des Altersteilzeitarbeitsvertrags vorrangig dahin, dass der Kläger während der Arbeitsphase ein Gesamtvolumen von 15 Wochenstunden für einen fünfjährigen Zeitraum ableistet, wobei es nachrangig ist, ob die Arbeitsstunden exakt gleichmäßig auf alle Wochen verteilt werden, oder ob einzelne Stunden der Vorwochen, die nicht geleistet werden konnten, nachgeleistet werden. Tatsächlich hat der Kläger innerhalb von acht Monaten schon ein zusätzliches Zeitguthaben von ca. 196 Stunden erarbeitet. Die Beklagte kann den Kläger auch weiterhin in der verbleibenden Zeit bis zum 30.06.2024 über die grundsätzlich zu leistenden 30 Wochenstunden hinaus (abhängig davon, wie hoch genau das vom Kläger zu erarbeitende Zeitguthaben ist) zusätzlich einteilen, ohne dass sich das durchschnittliche Arbeitsvolumen von 15 Stunden für fünf Jahre damit verändert dd) Entgegen der Ansicht der Beklagten scheitert eine Vertragsanpassung nicht daran, dass der Tarifvertrag in § 11 Abs. 2 S. 2 vorsieht, dass die Regelungen des Tarifvertrags nur für solche Mitarbeiter gelten, deren vertraglich vereinbarte Altersteilzeitarbeit spätestens am 01.01.2022 beginnt.
41
Bei § 11 Abs, 2 des Tarifvertrages handelt es sich um eine Regelung über den zeitlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages und damit um eine normative Regelung.
42
Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften. Dabei sind der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt.
43
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben steht der Tarifvertrag Altersteilzeit einer Verschiebung des Beginns der Altersteilzeitarbeit auf den 04.04.2022 nicht entgegen. Die Tarifvertragsparteien wollten den Tarifvertrag zwar dem Wortlaut nach mit Ablauf des 01.01.2022 außer Kraft setzen. Eine sechsjährige Altersteilzeit im Blockmodell sollte spätestens am 01.01.2022 beginnen. Hintergrund dieser begrenzten Geltungsdauer ist nach den Ausführungen der Beklagten, dass das Instrument der Altersteilzeit – auch schon bei früheren, entsprechenden Tarifverträgen – gesteuert nach den Bedürfnissen der Personalplanung eingesetzt werden soll. Die Tarifvertragsparteien wollen laut der Beklagten damit verhindern, dass dauerhaft Ansprüche auf den Abschluss von Altersteilzeitvereinbarungen geschaffen werden.
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Nach dem Willen der Tarifvertragsparteien sollten Vereinbarungen der Arbeitsvertragsparteien nur dahingehend geschlossen werden können, dass die Altersteilzeitarbeit spätestens am 01.01.2022 beginnt. In dieser Regelung liegt aber – insbesondere unter Berücksichtigung des mit der begrenzten Geltungsdauer des Tarifvertrages verfolgten Zwecks – kein Verbot der Anpassung des Altersteilzeitvertrags im Falle von unbeabsichtigten Störungen (vgl. ArbG Köln a.a.O.).
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Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass nach der Argumentation der Beklagten schon ein einziger Tag des Krankengeldbezugs zu Beginn der vereinbarten Altersteilzeit dazu führen würde, dass die vereinbarte Altersteilzeit unmöglich wird. Wenn aber, wie die Beklagte selbst vorträgt, das Instrument der Altersteilzeit gesteuert nach den Bedürfnissen der Personalplanung eingesetzt wird, kann es nicht im Interesse der Beklagten als Arbeitgeberin sein, wenn eine Störung, die sich durch eine Anpassung der Altersteilzeitvereinbarung beheben ließe, die rechtliche Unmöglichkeit zur Folge hat. Eine solche Rechtsfolge stellt sich auch für den Arbeitnehmer ausschließlich als nachteilig dar – ggf. mit gravierenden finanziellen Folgen, soweit wie beim Kläger die Altersteilzeitvereinbarung mit einer Abfindungszahlung für ein vorzeitiges Ausscheiden verbunden ist.
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Unter Berücksichtigung des Zwecks des Tarifvertrages ist dieser daher dahingehend auszulegen, dass unbeabsichtigte Störungen zu Beginn der vereinbarten Altersteilzeit einer Vertragsanpassung mit einem Beginn der Altersteilzeit nach dem 01.01.2022 – soweit die tarifvertraglichen Voraussetzungen im übrigen noch erfüllt werden können – nicht entgegenstehen.
47
Der Kläger hat daher gem. § 313 Abs. 1 BGB einen Anspruch darauf, dass die Altersteilzeitvereinbarung angepasst wird auf einen Beginn zum 04.04.2022.
48
Die Kostentscheidung folgt aus § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 91 Abs. 1 ZPO. Der Kläger ist zwar mit dem Hauptantrag und dem ersten Hilfsantrag unterlegen; eine Kostenquotelung war aber nicht veranlasst, da der wirtschaftliche Wert der Anträge identisch ist.
49
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 61 Abs. 1, 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. §§ 3 ff. ZPO. Die Kammer hat als Streitwert das 36fache der monatlichen Differenzvergütung zwischen dem Altersteilzeitarbeitsverhältnis und dem ursprünglichen Arbeitsverhältnis mit 30 Wochenstunden angesetzt.
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Gegen dieses Urteil ist für den Kläger und die Beklagte das Rechtsmittel der Berufung gegeben. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die nachfolgende Rechtsmittelbelehrungverwiesen.