Inhalt

VG München, Beschluss v. 11.05.2022 – M 8 K 21.1082
Titel:

Übereinstimmende Erledigungserklärungen, Aussetzung des Baugenehmigungsverfahrens wegen Prüfung der Denkmaleigenschaft

Normenketten:
VwGO § 92 Abs. 3
VwGO § 161 Abs. 2
BayDSchG Art. 15 Abs. 6
Schlagworte:
Übereinstimmende Erledigungserklärungen, Aussetzung des Baugenehmigungsverfahrens wegen Prüfung der Denkmaleigenschaft
Fundstelle:
BeckRS 2022, 50350

Tenor

I. Das Verfahren wird eingestellt.
II. Die Klägerin und die Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
III. Der Streitwert wird auf EUR 5.000,00 festgesetzt.

Gründe

1
1. Die Klagepartei hat am … Oktober 2021 die Hauptsache für erledigt erklärt. Die Beklagte hat am 13. Oktober 2021 einer Erledigung bereits vorab zugestimmt.
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Das Verfahren ist daher in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzustellen. Über die Kosten des Verfahrens ist gem. § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen zu entscheiden.
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Billigem Ermessen entspricht es im vorliegenden Fall, die Kosten des Verfahrens hälftig zu teilen.
4
Entscheidendes Kriterium für die Verteilung der Kosten nach Billigkeit ist im Ausgangspunkt, wer aus der Perspektive des insoweit maßgeblichen Zeitpunkts der Erledigung den Rechtsstreit voraussichtlich gewonnen hätte (BVerwG, B.v. 24.03.1998 – 1 C 5/96 – juris Rn. 2). Allerdings können im Zusammenhang mit § 161 Abs. 2 VwGO auch andere Kriterien als die voraussichtlichen Erfolgsaussichten herangezogen werden, insbesondere der Umstand, ob und aus welchen Gründen ein Verfahrensbeteiligter das zur Erledigung führende Ereignis bewirkt hat. Wenn eine Behörde aus eigenem Willensentschluss das erledigende Ereignis herbeigeführt hat und sich damit freiwillig in die Rolle des Unterlegenen begeben hat, spricht dies dafür, ihr die Verfahrenskosten aufzuerlegen; für diesen Gesichtspunkt der Verantwortlichkeit für die Erledigung des Rechtsstreits ist auch erheblich, ob die Gründe für das Handeln der Behörde ausschließlich in ihrer Sphäre gelegen haben (vgl. BVerwG, B.v. 26.11.1991 – 7 C 16/89 – NVwZ 1992, 787 ff).
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Für die maßgebliche Beurteilung der Erfolgsaussichten ist nach § 161 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO der bisherige Sach- und Streitstand zugrunde zu legen. Wegen des kursorischen Charakters der Kostenentscheidung sind weitere Maßnahmen zur Aufklärung des Sachverhalts insofern nicht statthaft (BVerwG, B.v. 7.1.1974 – I WB 30.72 – BVerwGE 46, 215; Schübel-Pfister, in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 15. Auflage 2019, § 161 Rn. 15 m.w.N.). Auch schwierige Rechtsfragen sind nicht mehr zu entscheiden (BayVGH, B.v. 11.11.2016 – 15 B 16.1239 – juris Rn. 2 m.w.N.).
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Unter Berücksichtigung der oben dargelegten Maßstäbe entspricht es vorliegend billigem Ermessen, die Verfahrenskosten hälftig zu teilen.
7
Die Klage gegen Ziffer 1. des streitgegenständlichen Bescheids vom 25. Januar 2021 wäre voraussichtlich unbegründet gewesen, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Dabei kann offenbleiben, ob von der vor Erlass eines belastenden Verwaltungsakts gem. Art. 28 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) grundsätzlich gebotenen Anhörung vorliegend gem. Art. 28 Abs. 2 BayVwVfG abgesehen werden konnte, insbesondere ob, wie von der Beklagten nach Aktenlage angenommen, ein Fall des Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG vorliegt. Zu berücksichtigen ist insoweit jedenfalls, dass auch ein etwaiger Anhörungsmangel im Laufe des gerichtlichen Verfahrens noch hätte geheilt werden können, vgl. Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG. Auch die Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 6 Bayerisches Denkmalschutzgesetz (BayDSchG) lagen vor. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich (§ 114 Satz 1 VwGO). Nach summarischer Prüfung ist auch die Dauer der Aussetzung – ausweislich des Bescheidstenors „bis zum Abschluss der Prüfung der Denkmaleigenschaft des Gebäudes, maximal auf eine Dauer von zwei Jahren, gerechnet ab Zustellung“ des Bescheides – nicht zu beanstanden, insbesondere wird der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht verletzt und die Dauer der Zurückstellung ist jedenfalls bestimmbar. Die Beklagte bringt durch die gewählte Formulierung zum Ausdruck, dass sich die Dauer der Aussetzung auf die Dauer der Prüfung der Denkmaleigenschaft des Gebäudes – und damit auf das Notwendige – beschränkt (und sodann die Baugenehmigungsbehörde das Genehmigungsverfahren fortführen wird), mithin die gesetzliche Höchstfrist nicht zwingend ausgeschöpft werden wird bzw. werden muss, zumal auf S. 3 des streitgegenständlichen Bescheids noch darauf hingewiesen wird, dass es in der Hand der Bauherrenschaft liegt, das Erzielen eines Prüfungsergebnisses zu beschleunigen.
8
Demgegenüber wäre die Klage gegen Ziffer 2 (und damit auch Ziffer 4) des streitgegenständlichen Bescheids voraussichtlich erfolgreich gewesen. Die für eine vorbeugende Verfügung erforderlichen objektiven Anhaltspunkte dafür, dass ein rechtswidriges Verhalten unmittelbar bevorsteht (vgl. zur Baueinstellung: BayVGH, B.v. 3.9.2001 – 2 ZS 01.1506 – juris Rn. 2), sind weder dargetan noch ersichtlich.
9
2. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG).