Inhalt

AG München, Endurteil v. 03.06.2022 – 411 C 17846/21
Titel:

Fortsetzung des Mietverhältnisses, Bestehendes Mietverhältnis, Altes Mietverhältnis, Frühere Mietverhältnisse, Vormieter, Mietverträge, Wohnungstausch, Ortsübliche Vergleichsmiete, Mietpreisbremse, Ortsübliche Miete, Aufhebungsvereinbarung, Ungerechtfertigte Bereicherung, Elektronisches Dokument, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Vermieter, Weiterer Mieter, Mietermehrheit, Mehrere Mieter, Mieterschutz, Mieterhöhung

Schlagwort:
Wohnraummiete
Fundstellen:
BeckRS 2022, 49726
ZMR 2023, 378
LSK 2022, 49726

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, einen Betrag in Höhe von 3.572,55 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 03.10.2021 an die Klägerin und die weitere Mieterin … in Mitgläubigerschaft zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 3.572,55 € festgesetzt.

Tatbestand

1
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Rückzahlung überzahlter Mieten für die Monate Februar bis einschließlich Oktober 2021 an sich und die weitere Mieterin ….
2
Die Klägerin und Frau B. hatten zunächst eine Zweizimmerwohnung in der … im 2. Obergeschoss rechts in … ab dem 01.09.2008 von der Beklagten angemietet.
3
Am 18.11.2020 fragten sie bei der Vermieterin an, ob sie stattdessen die im selben Anwesen befindliche streitgegenständliche 3-Zimmer-Wohnung im 2. OG links anmieten könnten.
4
Entsprechend wurde dann durch Vereinbarung vom 30.12.2020 der alte Mietvertrag zum 31.12.2020 aufgehoben und mit Vereinbarung vom 19.12.2020 ab dem 01.02.2021 ein Mietvertrag über die streitgegenständliche Wohnung geschlossen.
5
Für diese wurde die Zahlung einer monatlichen Nettomiete von 1.290 € zuzüglich Betriebskostenvorauszahlungen in Höhe von 210 €, also insgesamt 1.500 € monatlich, vereinbart.
6
Mit Schreiben vom 23.07.2021 rügte der Mieterverein im Namen und Auftrag der Klägerin eine Verletzung nach § 556 g Abs. 2 Satz 1 BGB und forderte die Beklagte auf, bis zum 10.08.2021 zu erklären, dass die neue monatliche Netto-Miete ab sofort nur noch 893,05 € beträgt, sowie bis zum 10.08.2021 die überzahlten Beträge für die Monate Februar bis einschließlich Juli 2021 in Höhe von 2.381,70 € zurückzuzahlen. Gleichzeitig wurde mitgeteilt, dass die vereinbarte Miete nur noch unter Vorbehalt bezahlt wird.
7
In Ziffer 3.2) des neuen Mietvertrages hatte die Beklagten aufgenommen:
„Die Miete liegt um mehr als 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete. Dies ist gem. § 556 g BGB (Mietpreisbremse) zulässig, weil die Vormiete (Miete 1 Jahr vor Beendigung des Vormietverhältnisses) bereits so hoch war.
Nach dem Mietspiegel M. 2021 ist lediglich eine Miete in Höhe von monatlich 11,29 € pro Quadratmeter ortsüblich. Diese berechnet sich wie folgt:

Baujahr von 1949-1966, Fläche von 71,91 m²:

9,92 €

pro Quadratmeter

Abschlag Wohnblock:

-0,62 €

Zuschlag guter Boden:

+1,28 €

Zuschlag modernisierte Boden:

+0,86 €

begründete Abweichung für einen nicht in

südlicher, südöstlicher oder südwestlicher Richtung

ausgerichteten Balkon:

-0,15 €

ortsübliche Miete pro Monat und Quadratmeter:

11,29 €

Die ortsübliche Vergleichsmiete ergibt somit bei einer Fläche von 71,91 m² einen Betrag von 811,86 €."
8
Die Klägerin forderte die Beklagte nochmals mit Schreiben vom 18.08.2021 vergeblich auf, bis spätestens 31.08.2021 zu erklären, dass die neue Kaltmiete ab sofort nur noch 893,05 € beträgt, und die zu viel entrichtete Miete zu erstatten.
9
Die Klägerin trägt vor, dass die Klage aus folgenden Gründen zuzusprechen sei:
10
Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Erstattung der zu viel geleisteten Mieten für die Monate Februar 2021 bis zunächst einschließlich Oktober 2021 an sich und die weitere Mieterin in Gesamtgläubigerschaft zu.
11
Die Geltendmachung weiterer Beträge bleibt vorbehalten.
12
Ein bloßer Wohnungstausch liege nicht vor. Das bisherige Mietverhältnis wurde durch einvernehmliche Aufhebungsvereinbarung aufgehoben. Im Rahmen der Vertragsverhandlungen und auch im Mietvertrag über die streitgegenständliche Wohnung wurde gerade nicht auf das bis dahin bestehende Mietverhältnis über die frühere Wohnung Bezug genommen. Ganz im Gegenteil wurde ein neuer Mietvertrag ausgefertigt ohne jeglichen Hinweis auf den bisherigen, auch wurde in dem streitgegenständlichen Mietvertrag eine Staffelmietvereinbarung getroffen, wohingegen die Staffelmietvereinbarung des früheren Mietverhältnisses bereits abgelaufen war.
13
Die Beklagte stützte die hohe Mietforderung im neuen Mietvertrag darauf, dass bereits die Vormiete so hoch gewesen sei. Nachweislich habe die Vormieterin aber lediglich 778,17 € als Miete bezahlt.
14
Die Rechtsprechung des BGH, Aktenzeichen VIII 50/12, greife hier nicht, da sie sich auf Fälle beziehe, wo im Zuge des Mieterschutzes von einer Fortsetzung des Mietverhältnisses auszugehen ist und nicht von einer Vertragsänderung. Im dortigen Fall war ein Umzug erfolgt, da Modernisierungsmaßnahmen in der bisherigen Wohnung durchzuführen waren, während derer die dortigen Mieter nicht in der bisherigen Wohnung verbleiben konnten. Es gab also eine Ursache in der Sphäre des Vermieters für den dort vorgenommenen Umzug, wobei die neue Miete gerade nicht geregelt wurde. Vorliegend wurde dagegen ein explizit ein neuer Mietvertrag ausgearbeitet, welcher eine neue vom bisherigen Mietverhältnis abweichende Regelung zur Mietzahlung enthält. Über eine Vertragsänderung sei zwischen den Parteien zu keiner Zeit gesprochen worden. Beide Seiten seien während der Vertragsverhandlungen stets von dem Abschluss eines neuen Mietverhältnisses ausgegangen. Dies könne auch durch Vorlage entsprechender Korrespondenz belegt werden. Der Vorschlag einer Aufhebungsvereinbarung sei von der Beklagten erfolgt. Die Klägerin sei bereit gewesen, das bisherige Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist zu kündigen.
15
Bestritten wird, dass die streitgegenständliche Wohnung aufwendig renoviert und modernisiert worden ist. Der Vortrag der Beklagten hierzu sei unsubstantiiert. Das Vormietverhältnis der streitgegenständlichen Wohnung hatte ca. 50 Jahre bestanden, sodass aus diesem Grund ein erheblicher Sanierungsbedarf bestanden habe. Eine vollständige Renovierung habe nicht stattgefunden. So seien beispielsweise nicht sämtliche Böden erneuert worden, so nicht im Wohnzimmer und im Bad. Das Bad sei bereits vor dem Jahr 2009 renoviert worden, so dass sich in den Fliesen und Kacheln Risse, Bohrlöcher und Abnutzungen gezeigt haben. Nach Einzug habe sich herausgestellt, dass sämtliche Türgriffe alt und nicht funktionstüchtig waren und daher ausgewechselt werden mussten.
16
Die Erneuerung von Elektroleitungen stelle eine Instandsetzung dar. Bei dem Streichen von Türen, Türzargen und Heizkörpern handle es sich um bloße Schönheitsreparaturen.
17
Die Erneuerung der Abwasser- und Wasseranlage habe erst deutlich nach Beginn des neuen Mietverhältnisses begonnen. Die Bauarbeiten finden aktuell im Haus statt. Die ganze Wohnanlage werde mit neuen Abwasserrohren ausgestattet. Von einer neuen Gasanlage sei der Klägerin nichts bekannt, so dass der diesbezügliche Vortrag mit Nichtwissen bestritten wird. Vorgelegt wurde nur eine Kostenschätzung aus dem Jahr 2018.
18
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte kostenpflichtig zu verurteilen, einen Betrag von 3.572,55 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen hieraus seit dem 03.10.2021 an die Klägerin und die weitere Mieterin … in Mitgläubigerschaft zu zahlen.
19
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
20
Die Beklagte trägt vor, dass die Klage aus folgenden Gründen abzuweisen sei:
21
Der Klägerin stehe gegen die Beklagte kein Anspruch auf Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung nach §§ 556 g Abs. 1 Satz 1, 812 BGB zu, da kein Verstoß gegen die Mietpreisbremse vorliege.
22
Die Regelungen der §§ 556 d bis 556 g BGB seien im vorliegenden Fall nicht anwendbar.
1. Kein Neuabschluss eines Mietverhältnisses
23
Die Mietpreisbegrenzungsverordnung gelte nur bei Neuabschluss eines Wohnraummietvertrages. Vorliegend handle es sich jedoch lediglich um einen Wohnungstausch. Die Beklagte hatte sich bereit erklärt, bezüglich der alten Wohnung eine Aufhebungsvereinbarung zu treffen, damit die Klägerin die Miete bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht doppelt bezahlen muss. Die Klägerin und ihre Mitmieterin seien mit den Konditionen des neuen Mietvertrages einverstanden gewesen.
24
Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 556 d Absatz. 1 BGB gelte die Beschränkung nur dann, wenn ein Mietvertrag abgeschlossen wird. Nicht betroffen seien also alle Vereinbarungen über Mieterhöhungen im Bestand unter Aufrechterhaltung der Identität des Vertrages. Auch alle Formen der mit Vertragsverlängerung, – erneuerung und des schlichten Parteiwechsels würden nicht unter die §§ 556 d ff. BGB fallen. Es habe sich hier nur um eine Vertragsänderung, keine Novation gehandelt. Bei der Feststellung des Willens der Parteien, das alte Schuldverhältnis aufzuheben und durch ein neu begründetes Rechtsverhältnis zu ersetzen sei nach der Rechtsprechung des BGH von einer Novation nur ausnahmsweise auszugehen, sofern die Parteien einen solchen Willen unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht haben. Andernfalls sei nur von einer Vertragsänderung auszugehen. Die Klägerin und ihre Mitmieterin seien in eine Ersatzwohnung desselben Vermieters umgezogen. Der Wohnungstausch sei vorrangig im Interesse der Klägerin erfolgt, da diese eine größere Wohnung gewünscht habe.
25
Der Gesetzgeber wollte mit der Einführung der Mietpreisbremse auf vermeintliche Mietsteigerungen bei Neuvermietungen in bestimmten Regionen reagieren. Er hat mit dem Gesetz ausdrücklich sozialpolitische Zwecke verfolgt. Die Begrenzung sollte dazu beitragen „der direkten und indirekten Verdrängung wirtschaftlich weniger leistungsfähiger Bevölkerungsgruppen entgegenzuwirken“. Dies sei bei einem Wohnungstausch innerhalb des gleichen Hauses, noch dazu auf Wunsch des Mieters gerade nicht der Fall.
2. Rechtfertigung der Miethöhe auf Grund Modernisierung
26
Die Regelungen nach § 556 f Satz 2 BGB seien nicht anwendbar, da es sich um die erste Vermietung nach einer umfassenden Modernisierung handle.
27
Die streitgegenständliche Wohnung sei im Januar 2021 noch zu einem Preis von ca. 20.000 € aufwendig renoviert und modernisiert worden. Die Elektroinstallation sei erneuert, sämtliche Wände und Decken seien gestrichen, sämtliche Heizkörper und Türen seien lackiert, sämtliche alten Teppichböden seien durch einen Parkettboden ersetzt und der Fliesenboden in der Küche neu verfliest worden. Auch die Wandfliesen und die Tapete seien in der Küche ausgewechselt worden. Das Badezimmer sei ebenfalls modernisiert worden. Es habe eine neue Brausegarnitur, einen neuen WC-Deckel und Spülkasten, einen neuen Waschtisch und einen D. Servicefühler erhalten.
28
Ferner sei im Objekt die Abwasser-, Wasser- und Gasanlage für 241.968,88 € erneuert worden. Die Außenanlagen seien erneuert worden.
29
Hinsichtlich des weiteren Parteivertrags wird auf der gewechselten Schriftsätze und Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A. Zulässigkeit der Klage
30
Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Amtsgericht München sachlich und örtlich ausschließlich zuständig, da Ansprüche aus einem Wohnmietverhältnis in M. streitgegenständlich sind, §§ 21 a ZPO, 23 Nr. 2, 71 Abs. 1 GVG.
B. Begründetheit der Klage
31
Die Klage war auch als begründet zuzusprechen.
32
Wird ein Mietvertrag über Wohnraum abgeschlossen, der in einem durch Rechtsverordnung nach Abs. 2 bestimmten Gebiet mit einem angespannten Wohnmarkt liegt, darf die Miete zu Beginn des Mietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete (§ 558 Abs. 2 BGB) höchstens um 10 % übersteigen, § 556 d Abs. 1 BGB.
33
Die Obergrenze liegt damit in vorliegendem Fall bei 893,05 €.
34
Die im Mietvertrag vom 19.12.2020 vereinbarte Nettomiete von 1.290 € liegt also 396,95 € über der zulässigen Obergrenze.
35
Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam, § 556 g BGB. Der Vermieter hat dem Mieter zu viel gezahlte Miete nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben, wobei die Vorschrift des § 814 BGB laut Gesetz in diesen Fällen nicht anwendbar ist, d.h. die Rückforderung ist nicht ausgeschlossen, wenn der Mieter die Miete ohne Vorbehalt bezahlt hat.
1. Vorausgegangene Rüge
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Der Mieter kann von dem Vermieter eine nicht geschuldete Miete nur zurückverlangen, wenn er einen Verstoß gegen diese Vorschriften gerügt hat.
37
Nach der Regelung des § 556 g BGB in den alten Fassungen vom 21.04.2015 und 18.12.2018 war eine Rückforderung nur bzgl. der Mieten möglich, die nach Zugang der Rüge fällig geworden sind.
38
Am 01.04.2020 ist allerdings eine neue Fassung in Kraft getreten. In dieser Fassung kann grundsätzlich die gesamt überhöhte Miete zurückverlangt werden. Lediglich in den Fällen, in denen der Verstoß mehr als 30 Monate nach Beginn des Mietverhältnisses gerügt wird oder das Mietverhältnis bei Zugang der Rüge bereits beendet war, ist der Mieter auf eine Rückforderung für die nach Zugang der Rüge fällig gewordene Mieten beschränkt. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Bei Abschluss des neuen Mietverhältnisses im Dezember 2020 war die neue Gesetzesfassung bereits in Kraft getreten.
39
Nach Art. 229 § 49 BGBEG Abs. 2 ist lediglich auf Mietverhältnisse, die bis zum 31.12.2018 abgeschlossen wurden, weiter die bis zum 31.12.2018 geltende Fassung anzuwenden.
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Vorliegend wurde das neue Mietverhältnis aber unstreitig erst am 19.12.2020 abgeschlossen, so dass die neue Fassung gilt und vorliegend somit grundsätzlich für den gesamten geltend gemachten Zeitraum von Februar bis Oktober 2021, und nicht erst ab Rügeerklärung eine Rückzahlung geltend gemacht werden kann.
2. Rüge nur eines Mitmieters
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Nach der Entscheidung des BGH im Urteil vom 27.05.2020, Az.: VIII ZR 45/19, reicht es für die Geltendmachung von Rückzahlungsansprüche aus § 556 g BGB aus, wenn von einem Mieter in einer von mehreren Mietern angemieteten Wohnung die Rüge ausspricht. Es handelt sich hierbei nicht um eine Willenserklärung, sondern um eine geschäftsähnliche Handlung.
42
Die Anforderungen sind somit vorliegend erfüllt.
3. Mitgläubigerschaft und Abtretung
43
Im Falle einer Mietermehrheit kann ein Mieter, da er nur als Mitgläubiger berechtigt ist, die Rückzahlung zu viel gezahlter Miete nur an alle Mieter verlangen. Die Klägerin hat dies in ihrem Klageantrag auch berücksichtigt und eine Zahlung an beide Mieterinnen eingeklagt. Die beiden Mieterinnen sind hier allerdings keine Gesamtgläubiger, sondern Mitgläubiger nach § 432 BGB, so dass erst der Hilfsantrag die richtige Bezeichnung beinhaltet. Gleichzeitig hat die Klägerin auch noch eine Abtretungsvereinbarung mit der Mitmieterin vorgelegt. Ob diese ausreichend bestimmt ist, kann letztlich dahingestellt bleiben, da die Klägerin nie nur eine Zahlung an sich alleine geltend gemacht hat. Für eine Wirksamkeit der Abtretungsvereinbarung spricht im Übrigen, dass sie erst nach Begründung des neuen Mietverhältnisses geschlossen wurde, und nur zu diesem Mietverhältnis Forderungsstreitigkeiten bestehen. Aufgrund der Abtretung könnte die Klägerin allerdings die Zahlung an sich alleine fordern. Fordert sie stattdessen trotzdem nur die Zahlung an beide schadet dies jedenfalls nicht, da es lediglich ein Minus zur geschuldeten Leistung darstellt.
4. Wohnungstausch/neues Mietverhältnis
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Materiellrechtliche Voraussetzung für einen Rückforderungsanspruch ist, dass es sich um ein neues Mietverhältnis handelt.
45
Regelfall dieser Vorschriften ist die Wiedervermietung an einen neuen Mieter.
46
Bei Weitervermietung an den bisherigen Mieter ist zu unterscheiden:
47
Die bloße Fortsetzung des Vertragsverhältnisses mit dem Mieter mit einem neuen Vertrag wird nicht erfasst.
48
Wird das Mietverhältnis dagegen neu begründet und ist auch § 545 BGB nicht anzuwenden, greift § 556 d BGB ein (Schmidt-Futterer, Kommentar zum Mietrecht, 79. Aufl. 2020, § 556 d, Rn. 2).
49
In der Entscheidung des BGH vom 21.11.2012, VIII ZR 50/12, hatten die Voreigentümer umfassende Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen angekündigt, weswegen die Mieter in ein Ausweichquartier der Voreigentümer gezogen sind. In diesem Fall kam der BGH zu dem Ergebnis, dass das Mietverhältnis der Parteien unter Auswechslung des Mietobjekts für die neue Wohnung fortgesetzt worden war. Die Parteien hätten nicht konkludent einen neuen Mietvertrag (Novation) geschlossen, aufgrund dessen die Mieter mangels Vereinbarung eines konkreten Betrages die ortsübliche Miete zahlen müssten.
50
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei der Abgrenzung zwischen einer Vertragsänderung – die auch die Hauptleistungspflichten, zum Beispiel in Form eines Austausches des Mietobjekts betreffen kann – und einer Innovation durch Auslegung zu ermitteln, was die Parteien im einzelnen Fall gewollt haben. Bei der Auslegung ist die anerkannte Auslegungsregel zu beachten, dass bei der Feststellung des Willens der Parteien, das alte Schuldverhältnis aufzuheben und durch ein neu begründetes Rechtsverhältnis zu ersetzen, große Vorsicht geboten ist und von einer Novation nur ausnahmsweise ausgegangen werden darf, sofern die Parteien einen solchen Willen unzweifelhaft zum Ausdruck bringen. Das betraf aber einen Fall, in dem die Mieter nur notgedrungen aus ihrer bisherigen Wohnung wegen Sanierungsarbeiten des Vermieters ausziehen mussten und von vornherein die Fortsetzung des bisherigen Vertragsverhältnisses beabsichtigt war.
51
Vorliegend wurde aber aktiv von den Mietern die Anmietung einer anderen Wohnung angefragt und die Vermieterseite war hierzu nur durch Kündigung des alten Mietverhältnisses und schriftlichen Abschlusses eines vollständig neuen Mietvertrages bereit. Alle Vertragsbedingungen für die neue Wohnung waren völlig unabhängig vereinbart worden. Es wurde nicht auf das alte Mietverhältnis Bezug genommen. Die Wohnung war größer.
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Es wurde eine neue Staffelmiete vereinbart und keinerlei Vereinbarung richtete sich nach dem alten Mietverhältnis aus. Es wurde ein neues Vertragsformular verwendet. Als Mietbeginn wurde nicht der Beginn bzgl. der alten Wohnung aufgenommen, sondern der 01.02.2021, so dass die Mieterinnen nicht von einer längeren Kündigungsfrist profitieren, die sich bei Weiterführung des bisherigen Mietverthältnisses ergeben hätte. Es wurde eine vollständig eigenständige Kautionsvereinbarung getroffen und eine neue Einzugsermächtigung.
53
Es ist daher unter Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände davon auszugehen, dass die Parteien ein völlig neues Mietverhältnis abgeschlossen haben.
54
Dass sich die Vermieterin dessen auch bewusst war, zeigt die Angabe, die von ihr im Mietvertrag unter Ziffer 3.2) aufgenommen worden war. Dort heißt es ausdrücklich: „Die Miete liegt um mehr als 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete. Dies ist gem. § 556 g BGB (Mietpreisbremse) zulässig, weil die Vormiete (Miete 1 Jahr vor Beendigung des Vormietverhältnisses) bereits so hoch war.“
55
Aus dem Vertrag ergibt sich somit eindeutig, dass ein völlig neuen Mietverhältnis, unabhängig vom bisherigen Vertragsverhältnis abgeschlossen wurde. Das alte wurde durch Kündigung aufgelöst.
56
Die Situation ist mit dem Sachverhalt, über den der BGH entschieden hat, nicht vergleichbar.
5. Vormiete
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Soweit die Miete, die der vorherige Mieter zuletzt schuldete (Vormiete), höher als die nach § 556 d Abs. 1 zulässige Miete war, darf in Abweichung zu § 556 d BGB eine Miete bis zur Höhe der Vormiete vereinbart werden, § 556 e BGB.
58
Vorliegend hat die Beklagte auch in dem streitgegenständlichen Mietvertrag eine entsprechende Vormiete behauptet.
59
In vorliegendem Rechtsstreit ist allerdings unstreitig, dass die Vormiete tatsächlich nicht entsprechend hoch war.
6. Vorausgegangene Modernisierung
60
Hat der Vermieter in den letzten drei Jahren vor Beginn des Mietverhältnisses Modernisierungsmaßnahmen im Sinne des § 555 b durchgeführt, so darf die nach § 556 d Abs. 1 zulässige Miete um den Betrag überschritten werden, der sich bei einer Mieterhöhung nach § 559 Abs. 1 bis 3 a und § 559 a Abs. 1 bis 4 ergäbe, § 556 e Abs. 2 BGB.
61
Soweit die Zulässigkeit der Miete auf § 556 e Abs. 2 BGB beruht, ist der Vermieter verpflichtet, dem Mieter vor dessen Abgabe der Vertragserklärung hierüber unaufgefordert Auskunft zu erteilen. Soweit der Vermieter bei einem nach dem 31.12.2018 abgeschlossenen Vertrag die Auskunft nicht erteilt hat, kann er sich nicht auf eine nach § 556 e zulässige Miete berufen. Es bleibt dann bei der maximal zulässigen Wiedervermietungsmiete von 110 % der ortsüblichen Vergleichsmiete. Der Mietvertrag enthält hierzu keine Information, da darin ja behauptet worden war, dass die Vormiete schon entsprechend hoch gewesen sei.
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Auch trägt der Beklagte selbst nicht vor, eine entsprechende Information vor dem Prozess erteilt zu haben.
63
Somit kann die hier im Rechtsstreit abgegebene Erklärung allenfalls zu einem künftigen, hier nicht geltend gemachten Zeitraum dazu führen, dass wegen Modernisierungsmaßnahmen eine über der ortsüblichen Miete liegende Miete geltend gemacht werden könnte.
64
Hat der Vermieter die Auskunft bei Vertragsschluss nicht erteilt, aber später nachgeholt, kann er sich gemäß § 556 g Abs. 1 a, Satz 3 BGB erst zwei Jahre nach Nachholung der Auskunft auf eine wegen Modernisierungsmaßnahmen höhere Miete berufen.
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Damit ist es für vorliegenden Rechtsstreit irrelevant, ob der Beklagte ausreichend dargelegt und belegt hat, dass die Miethöhe durch Modernisierungsmaßnahmen gerechtfertigt ist.
66
Letztlich hat das Gericht auch erhebliche Zweifel, ob die von der Beklagten durchgeführten Maßnahmen zu einer Mieterhöhung berechtigende Modernisierungsmaßnahmen nach § 555 Nr. 1, 3-6 BGB darstellen.
67
Eine nachhaltige Einsparung von Endenergie oder eine nachhaltige Reduzierung des Wasserverbrauchs trägt die Beklagte selbst nicht ausreichend konkret vor. Zudem hat die Klägerin bestritten, dass eine neue Gasanlage eingebaut worden ist. Die Erneuerung der Abwasser- und Wasseranlage soll erst weit nach Abschluss des neuen Mietvertrages stattgefunden haben.
68
Vom Beklagten fehlen hierzu auch jegliche konkreten Angaben zu einer Einsparung oder einer nachhaltigen Erhöhung des Gebrauchswertes bzw. einer dauerhaften Verbesserung der Wohnverhältnisse.
69
Die Klage war somit in voller Höhe zuzusprechen.
70
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
71
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 709 ZPO.
72
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO.