Inhalt

VG Bayreuth, Urteil v. 22.11.2022 – B 5 K 21.647
Titel:

Dienstliche Beurteilung, Beurteilungsbeitrag, ermessensfehlerfreie Entscheidung gegen Zurückstellung der periodischen Beurteilung bei krankheitsbedingten Fehlzeiten, Schwerbehinderung

Normenketten:
LlbG Art. 54 ff.
LlbG Art. 21 Abs. 2
LlbG Art. 56 Abs. 2 S. 1 Nr. 2
Abschnitt 3 der VV-BeamtR
JuBeurteilBek
Schlagworte:
Dienstliche Beurteilung, Beurteilungsbeitrag, ermessensfehlerfreie Entscheidung gegen Zurückstellung der periodischen Beurteilung bei krankheitsbedingten Fehlzeiten, Schwerbehinderung
Fundstelle:
BeckRS 2022, 49189

Tenor

1.    Die Klage wird abgewiesen.
2.    Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3.    Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Klägerin wendet sich gegen ihre periodische Beurteilung für den Beurteilungszeitraum vom 01.01.2017 bis 31.12.2019.
2
Die Klägerin (geboren am …1972) steht als Hauptsekretärin im Justizvollzugsdienst (JVD) (Bes.Gr. A8) im Dienst des Beklagten und ist seit 01.08.2017 in der Justizvollzugsanstalt (JVA) E. beschäftigt. Im gegenständlichen Beurteilungszeitraum war die Klägerin vom 01.01.2017 bis 31.07.2017 in der JVA W. und sodann in der JVA E. im „Stationsdienst im ZB“ sowie ab Beginn des Jahres 2019 im „Stationsdienst im OVZ – Tagdienst“ tätig. Bei der Klägerin liegt ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 vor (Bescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales vom 09.07.2018); sie ist einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt (Bescheid der Arbeitsagentur … vom 07.02.2019). Ausweislich der ergänzenden Bemerkungen (Nr. 3 des Beurteilungsvordrucks) war die Klägerin vom 11.12.2017 bis 27.01.2019 dienstunfähig erkrankt. In der Zeit vom 28.01.2019 bis 19.04.2019 durchlief sie im Offenen Vollzug eine Wiedereingliederungsmaßnahme. Vom 04.07.2019 bis 07.10.2019 unterzog sich die Klägerin einem Klosteraufenthalt mit einer begleitenden ambulanten psychotherapeutischen Maßnahme, weswegen sie erneut dienstunfähig war. Gemäß ärztlicher Atteste ist sie insgesamt nur begrenzt dienstlich verwendbar. Maßstab für eine Beamtin bzw. einen Beamten des Allgemeinen Vollzugdienstes und somit für eine durchschnittliche Leistungsbeurteilung sei – nach den ergänzenden Bemerkungen der angegriffenen Beurteilung – eine vielseitige Verwendbarkeit auf den Dienstposten dieses fachlichen Schwerpunktes im Schicht- und Wechseldienst. Die Klägerin sei nach eigenem Bekunden beispielsweise für eine Einteilung im Zellenbau, wo ein Einsatz im Jahr 2017 bis zum Beginn ihrer ersten längeren Krankheitsperiode erfolgt sei, nicht ausreichend belastbar. Eine psychische Belastungsreaktion im Dienst habe dazu geführt, dass sich auch im Offenen Vollzug leider keine weiteren Entwicklungsmöglichkeiten ergeben hätten. Diese Gesamtentwicklung im Beurteilungszeitraum habe dazu geführt, dass eine vergleichbare Beurteilung der Klägerin wie im Jahr 2017, die ihren durchaus lobenswerten Einsatz in einem Unternehmerbetrieb der JVA W. gewürdigt habe, nicht mehr möglich gewesen sei, so dass sich dies auf das Gesamtprädikat ausgewirkt habe. Im Rahmen ihrer dienstlichen Beurteilung für den Beurteilungszeitraum vom 01.01.2017 bis 31.12.2019 erhielt die Klägerin im Gesamturteil 7 Punkte. Der Durchschnittswert der wesentlichen Beurteilungsmerkmale im Sinne des Art. 16 Abs. 2 Sätze 2 und 4 des Leistungslaufbahngesetzes (LlbG) (sog. Superkriterien) betrug 7,25. Die gegenständliche Beurteilung wurde der Klägerin am 24.11.2020 eröffnet. Im Rahmen der Vorbeurteilung erhielt sie ein Gesamturteil von 8 Punkten.
3
Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 10.12.2020 erhob die Klägerin Widerspruch gegen die periodische Beurteilung 2020 und ließ im Wesentlichen vortragen, dass der aufgrund einer Vielzahl von krankheitsbedingten Fehltagen verbliebene Zeitraum nicht geeignet sei, um die Klägerin periodisch zu beurteilen.
4
Mit Bescheid der JVA E. vom 03.05.2021 wurde der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen. Ein im Sinne von Art. 56 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LlbG in der Person der Klägerin liegender wichtiger Grund für eine Zurückstellung der Beurteilung liege nicht vor. Auch sei keiner der in Nr. 3.3.1 der Beurteilungsbekanntmachung Justiz (JuBeurteilBek) aufgeführten Tatbestände erfüllt. Im Beurteilungszeitraum sei die Klägerin im Jahr 2017 an 58 Arbeitstagen, 2018 an 247 Arbeitstagen und 2019 an 141 Arbeitstagen dienstunfähig erkrankt gewesen. Ausgehend von durchschnittlich 250 Arbeitstagen pro Jahr bei einer Fünftagewoche liege ein hinreichender Zeitraum der Diensttätigkeit der Klägerin vor, in welchem die erforderliche Gesamtbetrachtung hätte vorgenommen werden können. Im Beurteilungszeitraum seien mit der Klägerin mehrere Personalgespräche geführt worden. Insoweit habe sich die Klägerin jedoch wenig kooperativ gezeigt und pauschal auf ihre Erkrankung verwiesen, so dass eine „Mängelbehebung“ nicht zu erwarten gewesen sei. Die Klägerin liege im Vergleich zu anderen Beamtinnen und Beamten ihrer Vergleichsgruppe der Hauptsekretäre im Justizvollzugsdienst hinsichtlich Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung insgesamt zurück.
5
Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 31.05.2021, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag eingegangen, hat die Klägerin Klage erhoben und beantragt,
die periodische dienstliche Beurteilung 2020 für den Beurteilungszeitraum vom 01.01.2017 bis 31.12.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.05.2021 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu beurteilen sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
6
Zur Begründung wird ausgeführt, dass es der angegriffenen Beurteilung an einer hinreichenden Tatsachengrundlage fehle. Dem aktuellen Beurteiler mangele es an geeigneten Feststellungen hinsichtlich des Zeitraums vom 01.01.2017 bis 31.07.2017. In diesem Zeitraum sei die Klägerin nicht im Zuständigkeitsbereich des Beurteilers, des Leiters der JVA E., beschäftigt gewesen, sondern als Hauptsekretärin im Justizvollzugsdienst an der JVA W., so dass der Beurteiler verpflichtet gewesen wäre, sich beim damals zuständigen Leiter der JVA W. über den vorgenannten Zeitraum einen Beurteilungsbeitrag über die Klägerin einzuholen. Ein solcher Beurteilungsbeitrag existiere nach Aktenlage nicht. Ungeachtet dessen sei die dienstliche Beurteilung auch deshalb rechtswidrig, weil der dem Beurteiler zur Verfügung stehende Zeitraum zudem aufgrund der krankheitsbedingten Fehltage der Klägerin nicht ausreiche, um ein aussagekräftiges Leistungsbild der Klägerin zu erhalten. Vielmehr wäre der Beurteiler verpflichtet gewesen die Beurteilung zurückzustellen. Im Jahr 2018 habe die Klägerin unter Zugrundelegung von durchschnittlich 250 Arbeitstagen bei 247 Krankentagen quasi keinen Dienst geleistet. Auch im Jahr 2019 sei die Klägerin unter Berücksichtigung der im Widerspruchsbescheid vom 03.05.2021 genannten Zahlen deutlich weniger als die Hälfte der durchschnittlich 250 Arbeitstage diensttätig gewesen. Berücksichtige man die Krankheitstage für das Jahr 2017 und addiere den Zeitraum von sieben Monaten, in welchem die Klägerin nicht in der JVA E., sondern in der JVA W. tätig gewesen sei und über den dem Beurteiler keinerlei Erkenntnisse über die Leistung der Klägerin vorlägen, verblieben dem Beurteiler nur wenige Arbeitstage, um ein Bild von der Leistung der Klägerin zu erhalten. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass eine Vergleichbarkeit der Leistungen der Klägerin mit denjenigen der übrigen Beamtinnen und Beamten der Vergleichsgruppe angesichts der hohen Anzahl von Fehltagen nicht gegeben sei. Soweit der Beurteiler im Widerspruchsbescheid ausführe, dass während des laufenden Beurteilungszeitraum mehrere Personalgespräche mit der Klägerin geführt worden seien, so seien diese weder in der Personalakte noch auf andere Weise dokumentiert.
7
Mit Schriftsatz vom 30.08.2021 beantragt die JVA E. für den Beklagten,
die Klage abzuweisen.
8
Zur Begründung wird ausgeführt, dass zentraler Gegenstand der Beurteilung und des Widerspruchsbescheides die insgesamt unzureichende Leistungsfähigkeit der Klägerin im Sinne der Aufgabenbeschreibung und des Anforderungsprofils für den allgemeinen Vollzugsdienst sei. Soweit die Klägerseite bemängele, dass kein Beurteilungsbeitrag der JVA W. eingeholt worden sei, sei darauf hinzuweisen, dass die Klägerin mit Wirkung vom 01.08.2017 von der JVA W. an die JVA E. versetzt worden sei. Unter Nr. 1 des Beurteilungsvordrucks (Tätigkeitsgebiet und Aufgaben im Beurteilungszeitraum) sei festgehalten, dass die Klägerin im Unternehmerbetrieb (UB) 1 der JVA W. in der Zeit vom 01.01.2017 bis zum 31.07.2017 als stellvertretende Leiterin eingesetzt gewesen sei. Dies habe bereits ihrer Funktion im vorherigen Beurteilungszeitraum ab 01.07.2016 entsprochen. Nicht nur sei die Gesamtverantwortung in einer betrieblichen Leitungsfunktion im Verhältnis zu einer nunmehr überwiegend zu beurteilenden reinen Stationsdiensttätigkeit ab dem 01.08.2017 als höher einzuschätzen, weswegen schon rein objektiv betrachtet im aktuellen Beurteilungszeitraum eine andere Gesamtbetrachtung habe erfolgen müssen. Auch in der eigenen Wahrnehmung des unmittelbaren Vorgesetzten seien deutliche Leistungsunterschiede zu verzeichnen gewesen. Der hiesige Verwaltungsdienstleiter und Leiter der Hauptgeschäftsstelle, Regierungsamtsrat …H., sei bis zu seiner Versetzung im Jahr 2018 in der Justizvollzugsanstalt W. als Leiter der Arbeitsverwaltung neben dem seinerzeitigen Beurteiler im Jahr 2017 bis zur Versetzung der Klägerin deren unmittelbarer Vorgesetzter in ihrer Funktion als Betriebsbeamtin gewesen. Er habe sowohl an der damaligen als auch an der aktuellen Beurteilung mitgewirkt, weswegen der Leistungsunterschied auch verbal in der Beurteilung 2020 habe umschrieben werden können. Selbstverständlich habe diese Mitwirkung nicht den für die Beurteilung maßgeblichen Gesamteindruck des aktuellen Beurteilers, des Inspektors im Justizvollzugsdienst …P., ersetzt, weswegen letzterem die Würdigung der Einzelmerkmale vorbehalten geblieben sei.
9
In Erwiderung hierauf führt der Klägerbevollmächtigte ergänzend aus, dass die Klägerin während ihrer Beschäftigung in der JVA W. zudem Wochenenddienste als Vollzugsbeamtin auf der Frauenstation verrichtet habe, welche bei einer angeblich korrekten alleinigen Beurteilung durch Herrn H. in seiner Tätigkeit als Leiter der Arbeitsverwaltung völlig unberücksichtigt geblieben seien. Insoweit müsse jedenfalls eine schriftliche Stellungnahme der Leiterin der Frauenstation der JVA W. vorliegen bzw. in der Personalakte der Klägerin zu finden sein. Hierzu führt die Beklagtenseite aus, dass die Klägerin im Zeitraum vom 01.01. bis 31.07.2017 laut Mitteilung der JVA W. an folgenden Tagen Wochenend- und Feiertagsdienste auf der Frauenstation geleistet habe: 04./05.03., 14.04. (Karfreitag) sowie 27./28.05.2017. Die Wochenend- und Feiertagsdienste würden durch den jeweiligen dienstplanmäßig diensthabenden Wochenenddienstleiter im ständigen Wechsel geleitet und nicht durch den/die Hausdienstleiter/-in. Die besagte Leiterin der Frauenstation habe somit keine Vorgesetztenfunktion im engeren Sinne und scheide folglich als Adressatin für die Einholung eines Beurteilungsbeitrages aus. Einen Beurteilungsbeitrag zu diesen Diensten einzuholen würde auch dem Grundgedanken der Nr. 2.5 des Abschnitts 3 der Verwaltungsvorschriften zum Beamtenrecht (VV-BeamtR) widersprechen, wonach die Leistungsbeurteilung auf der Grundlage langfristiger Beobachtungen erfolge. Es erscheine bereits nach menschlichem Ermessen sinnwidrig, allein auf der Grundlage eines von der regulären Dienstaufgabe abweichenden Einsatzes an lediglich fünf Tagen in einem Zeitraum von immerhin sieben Monaten einen Beurteilungsbeitrag einzuholen, der zumal im ungünstigsten Fall von fünf unterschiedlichen Wochenenddienstleitern erbeten werden müsste.
10
Wegen dauernder Dienstunfähigkeit wurde bei der Klägerin inzwischen ein Ruhestandsversetzungsverfahren gemäß § 26 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) i.V.m. Art. 65 des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG) eingeleitet.
11
Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten sowie insbesondere wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme durch Einvernahme von Herrn Inspektor im Justizvollzugsdienst P. als Zeuge sowie die informatorische Anhörung des Leiters der JVA E., Herrn Leitenden Regierungsdirektor …, auf das Protokoll vom 22.11.2022 verwiesen. In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten auf ihre bereits schriftsätzlich angekündigten Anträge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

12
I. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
13
Die Klage ist zulässig. Insbesondere lässt die zwischenzeitliche Einleitung des Ruhestandsversetzungsverfahrens das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen. Denn das Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage gegen eine dienstliche Beurteilung entfällt erst dann, wenn die Zurruhesetzungsverfügung unanfechtbar geworden ist und keine Reaktivierung in Betracht kommt (BVerwG, U.v. 9.12.2002 – 2 C 31.01 – juris, Rn. 14; U.v. 11.2.1982 – 2 C 33/79 – juris, Rn. 19; OVG Saarland, U.v. 15.1.2014 – 1 A 370/13 – juris, Rn. 41). Ausweislich des Vortrags des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung ist eine Zurruhesetzungsverfügung vorliegend noch nicht ergangen.
14
Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf Aufhebung ihrer periodischen Beurteilung vom 24.11.2020 für den Beurteilungszeitraum vom 01.01.2017 bis 31.12.2019 und Erstellung einer neuen periodischen Beurteilung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Die streitgegenständliche Beurteilung ist rechtlich nicht zu beanstanden und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 und 5 VwGO analog, da einer dienstlichen Beurteilung keine Verwaltungsaktqualität zukommt). Auch der Widerspruchsbescheid der Justizvollzugsanstalt E. vom 03.05.2021 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
15
1. Gemäß Art. 56 Abs. 1 Satz 1 LlbG sind die fachliche Leistung, Eignung und Befähigung der bayerischen Beamtinnen und Beamten mindestens alle drei Jahre dienstlich zu beurteilen (periodische Beurteilung). Die Beurteilung hat die fachliche Leistung in Bezug auf die Funktion und im Vergleich zu den anderen Beamtinnen und Beamten derselben Besoldungsgruppe der Fachlaufbahn und, soweit gebildet, desselben fachlichen Schwerpunkts objektiv darzustellen und außerdem von Eignung und Befähigung ein zutreffendes Bild zu geben (Art. 58 Abs. 2 Satz 1 LlbG).
16
Dienstliche Beurteilungen sind ihrem Wesen nach persönlichkeitsbedingte Werturteile, die verwaltungsgerichtlich nur beschränkt überprüfbar sind (vgl. BVerwG, U.v. 13.5.1965 – 2 C 146.62 – BVerwGE 21, 127 [129]; U.v. 26.6.1980 – 2 C 8/78 – BVerwGE 60, 245 ständige Rechtsprechung). Nach dem erkennbaren Sinn der Regelungen über die dienstliche Beurteilung soll nur der Dienstherr oder der für ihn handelnde Beurteiler ein persönliches Werturteil darüber abgeben, ob und inwiefern der Beamte den vom Dienstherrn zu bestimmenden, zahlreichen fachlichen und persönlichen Anforderungen des konkreten Amtes entspricht. Bei einem derartigen, dem Dienstherrn vorbehaltenen Akt wertender Erkenntnis steht diesem eine der gesetzlichen Regelung immanente Beurteilungsermächtigung zu. Demgegenüber hat sich die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle darauf zu beschränken, ob der Beurteiler einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt hat, ob er den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob allgemeine Bewertungsmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt worden sind und ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten ist. Soweit der Dienstherr Richtlinien für die Abfassung der dienstlichen Beurteilung erlassen hat, ist vom Gericht zu prüfen, ob diese Richtlinien eingehalten sind und ob sie mit den gesetzlichen Regelungen in Einklang stehen (vgl. BVerwG, U.v. 21.9.2007 – 2 C 2.06 – juris; BayVGH, B.v. 27.3.2013 – 3 ZB 11.1269 – juris). Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle kann dagegen nicht dazu führen, dass das Gericht die fachliche oder persönliche Beurteilung der Beamtin bzw. des Beamten durch den Dienstherrn in vollem Umfang nachvollzieht oder diese gar durch eine eigene Beurteilung ersetzt (siehe zum Ganzen: BayVGH, B.v. 18.1.2016 – 3 ZB 13.1994 – juris, Rn. 4).
17
Innerhalb des durch die Art. 54ff. LlbG gezogenen Rahmens unterliegt es grundsätzlich dem pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn, wie er die ihm aufgegebene, für zukünftige Personalentscheidungen verwertbare Aussage zu den einzelnen Beurteilungsmerkmalen gestalten und begründen und worauf er im einzelnen sein Gesamturteil stützen will (BVerwG, U.v. 17.12.1981 – 2 C 69/81 – BayVBl 1982, 348). Tatsächliche Grundlagen, auf denen Werturteile beruhen, sind nicht notwendig in die dienstliche Beurteilung aufzunehmen (BVerwG, U.v. 16.10.1967 – VI C 44.64 – Buchholz 232, § 15 BBG Nr. 1; U.v. 26.6.1980 – II C 8/78 – BVerwGE 60, 245). Der Dienstherr kann einerseits einzelne Tatsachen oder Vorkommnisse im Beurteilungszeitraum aufgreifen und aus ihnen wertende Schlussfolgerungen ziehen, wenn er sie etwa zur Charakterisierung der Beamtin bzw. des Beamten für besonders typisch hält oder für eine überzeugende Aussage zu einzelnen Beurteilungsmerkmalen für wesentlich erachtet. Er kann sich andererseits aber auch auf die Angabe zusammenfassender Werturteile aufgrund einer unbestimmten Vielzahl nicht benannter Einzeleindrücke beschränken. Schließlich kann er die aufgezeigten verschiedenen Möglichkeiten, über die Eignung und Leistung der Beamtin bzw. des Beamten ein aussagekräftiges, auch für Dritte verständliches Urteil abzugeben, in abgestufter Form miteinander verwenden bzw. miteinander verbinden. Alle diese Gestaltungsformen einer dienstlichen Beurteilung halten sich in dem von den Laufbahnvorschriften vorgezeichneten rechtlichen Rahmen (vgl. BayVGH, U.v. 23.5.1990 – 3 B 89.02832 m.w.N.; vgl. zum Ganzen auch: VG München, U.v. 11.1.2017 – M 5 K 16.2729 – juris, Rn. 15).
18
Zugrunde zu legen sind die Art. 54ff. LlbG, die Verwaltungsvorschriften zum Beamtenrecht (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen über die Verwaltungsvorschriften zum Beamtenrecht vom 13.07.2009 [FMBl. S. 190, StAnz. Nr. 35], die zuletzt durch Bekanntmachung vom 19.10.2017 [FMBl. S. 510] geändert worden ist) und die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 25.09.2014, Az. A4-2012-V-7710/11 (Beurteilungsbekanntmachung Justiz – JuBeurteilBek). Maßgebend ist, welches Beurteilungssystem und welche Regelungen zum Beurteilungsstichtag (hier: 31.12.2019) gegolten haben (vgl. BVerwG, U.v. 2.3.2000 – 2 C 7/99 – NVwZ-RR 2000, 621 unter Hinweis auf BVerwG, B.v. 14.2.1990 – 1 WB 181/88 – BVerwGE 86, 240).
19
2. Gemessen an diesen Grundsätzen ist die angegriffene dienstliche Beurteilung vom 24.11.2020 nicht zu beanstanden.
20
a) Die gegenständliche Beurteilung erweist sich als formell rechtmäßig. Verfahrensfehler sind nicht ersichtlich.
21
aa) Der Leiter der JVA E. war für die Beurteilung der Klägerin gemäß Art. 60 Abs. 1 Satz 1 LlbG, Abschnitt 3 Nr. 11.1 der VV-BeamtR, Nr. 3.6.1 JuBeurteilBek zuständig. Der unmittelbare Vorgesetzte der Klägerin, der Zeuge P., wurde gemäß Nr. 11.1 Sätze 2 und 3 des Abschnitts 3 der VV-BeamtR gehört und war mit der Erstellung eines Beurteilungsentwurfs beauftragt.
22
bb) Auch wurde das nach Nr. 3.6.3 JuBeurteilBek erforderliche Beurteilungsvorgespräch am 01.09.2020 mit der Klägerin durchgeführt. Ausweislich der vorgenannten Vorschrift der einschlägigen Beurteilungsrichtlinie führt der Dienstvorgesetzte oder ein von diesem beauftragter Vorgesetzter grundsätzlich mit der Beamtin bzw. dem Beamten bereits vor Erstellung der Beurteilung ein Gespräch, bei dem die voraussichtliche Bewertung der Fähigkeiten und des Leistungsstandes erörtert werden. Dieses Gespräch soll vor allem dazu dienen, der Beamtin bzw. dem Beamten Gelegenheit zu geben, auf bisher nicht berücksichtigte Punkte hinzuweisen und etwaige Unklarheiten zu beseitigen. Exakt diese Möglichkeit wurde der Klägerin nach dem insoweit unbestrittenen Vortrag der Beklagtenseite im Rahmen des Personalgesprächs am 01.09.2020 eröffnet.
23
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Frage der rechtlichen Relevanz von Fehlern im Zusammenhang mit einem vorgeschriebenen Beurteilungsvorgespräch unterschiedlich beurteilt wird, je nachdem, worin der Schwerpunkt der Zweckbestimmung des Gesprächs erblickt wird. Sieht man darin insbesondere eine Vorschrift, die (jedenfalls auch) der Wahrung der Rechte des zu Beurteilenden dient und diesem die Möglichkeit geben soll, noch vor einer endgültigen Festlegung des Beurteilers zu dessen Einschätzung und den Beurteilungsgrundlagen Stellung zu nehmen, die eigene Sicht der Dinge darzulegen und ggf. auf den Meinungsbildungsprozess Einfluss zu nehmen, ist dieser Zweck nach Eröffnung der Beurteilung nicht mehr erreichbar und das Vorgespräch nicht durch ein späteres Gespräch bei Eröffnung der Beurteilung oder im Rahmen eines nachfolgenden gerichtlichen Verfahrens ersetzbar (vgl. zur Annahme eines nicht heilbaren Fehlers, der zur – formellen – Rechtswidrigkeit der Beurteilung führt OVG MV, B.v. 16.8.2010 – 2 M 127/10 – juris, Rn. 26; NdsOVG, B.v. 8.9.2011 – 5 ME 234/11 – juris, Rn. 20; OVG NW, B.v. 12.6.2014 – 1 B 271/14 – juris, Rn. 13 zu einem vorgeschriebenen Berichterstattergespräch im Vorfeld einer Beurteilungskonferenz). Die Gegenmeinung stellt die Klärungsfunktion und das – insbesondere auch im öffentlichen Interesse liegende – Ziel der inhaltlichen Richtigkeit der Beurteilung in den Vordergrund und sieht in den Vorschriften über Beurteilungsvorgespräche „relative“ Verfahrensvorschriften, bei deren Verletzung die konkreten Auswirkungen auf die Beurteilung zu betrachten sind. Danach führt das Unterbleiben eines vorgesehenen Beurteilungsvorgesprächs nur dann zur Rechtswidrigkeit der Beurteilung, wenn diese inhaltlich unrichtig ist oder es jedenfalls im Einzelfall konkret möglich erscheint, dass die Beachtung der Verfahrensvorschrift den Inhalt der Beurteilung im Hinblick auf Einzelfeststellungen oder die Gesamtnote hätte beeinflussen können (so etwa OVG RP, U.v. 19.6.1981 – 2 A 12437/90 – juris, Rn. 39; U.v. 22.10.2008 – 2 A 10593/08 – juris, Rn. 24; OVG NW, B.v. 18.9.2008 – 1 B 461/08 – juris, Rn. 41; B.v. 2.4.2009 – 1 B 1833/08 – juris, Rn. 76-78). Welcher Ansicht zu folgen ist, bedarf hier keiner Entscheidung, weil selbst bei Annahme eines im Grundsatz „absoluten“ Verfahrensfehlers die Beurteilung gleichwohl dann nicht rechtswidrig ist, wenn im Einzelfall ausgeschlossen werden kann, dass sich der Verfahrensfehler auf den Inhalt der Beurteilung ausgewirkt haben kann (vgl. OVG NW, B.v. 12.6.2014 – 1 B 271/14 – juris, Rn. 13; OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 24.9.2018 – 10 S 29.18 – juris, Rn. 15). Hier hatte die Klägerin – mangels gegenteiligen Vortrags ihrerseits – Gelegenheit ihre Sicht der Dinge im Rahmen des stattgefundenen Gesprächs einzubringen, so dass der Zweck des vorgeschriebenen Beurteilungsvorgesprächs jedenfalls erreicht ist.
24
cc) Ferner begegnet die streitgegenständliche Beurteilung auch keinen formell-rechtlichen Bedenken, soweit die Klägerin – wie seitens ihres Bevollmächtigten geltend gemacht – im Beurteilungszeitraum nicht hinreichend auf Defizite in der Leistungserbringung hingewiesen worden ist. Zwar hat nach Nr. 2.4 Satz 4 VV-BeamtR die Verpflichtung der Vorgesetzten, die Beamtinnen und Beamten in ihrem Zuständigkeitsbereich auch zwischen den Beurteilungen auf Mängel in ihren Leistungen hinzuweisen und ihnen dadurch Gelegenheit zur Beseitigung der Mängel zu geben, besondere Bedeutung. Allerdings wird damit bereits keine obligatorische Verpflichtung des Vorgesetzten begründet, auf etwaige Defizite aufmerksam zu machen, deren Verletzung zur Aufhebung der Beurteilung führen würde. Darüber hinaus fordern weder spezielle Rechtsvorschriften noch allgemeine Rechtsgrundsätze einen entsprechenden Hinweis gegenüber dem Beamten (vgl. BVerwG, U.v. 11.11.1999 – 2 A 6/98 – ZBR 2000, 269 – juris, Rn. 18; BayVGH, B.v. 2.12.2015 – 3 CE 15.2122 – juris, Rn. 30).
25
b) Auch in materieller Hinsicht ergeben sich keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
26
Der Leiter der Justizvollzugsanstalt E. sowie der Zeuge P. – an deren Glaubwürdigkeit das Gericht keinen Anlass zu Zweifeln sieht – haben in der mündlichen Verhandlung die maßgeblichen Erwägungen für die Bewertung der Klägerin im Vergleich zu den Beamtinnen und Beamten der einschlägigen Vergleichsgruppe dargestellt. Danach ist gegen die Beurteilung rechtlich nichts zu erinnern.
27
aa) Zunächst beruhte die gegenständliche Beurteilung auf einer hinreichenden Erkenntnisgrundlage des zuständigen Beurteilers. Weder führt das Fehlen einer förmlichen Zwischenbeurteilung bzw. eines schriftlichen Beurteilungsbeitrags der JVA W. zu einem rechtserheblichen Fehler, noch war im Hinblick auf die krankheitsbedingten Fehlzeiten der Klägerin im Beurteilungszeitraum eine Zurückstellung der Beurteilung angezeigt.
28
(1) Für den Zeitraum vom 01.01.2017 bis 31.07.2017, in welchem die Klägerin in einem Unternehmerbetrieb der JVA W. beschäftigt war, lagen dem Beurteiler hinreichende Erkenntnisse über das Leistungsbild der Klägerin vor.
29
Eine förmliche Zwischenbeurteilung war insoweit nicht einzuholen. Nach Art. 57 LlbG ist eine Zwischenbeurteilung zu erstellen, wenn Beamte oder Beamtinnen mindestens ein Jahr nach dem Ende des der letzten periodischen Beurteilung zugrunde liegenden Zeitraums oder der Probezeit die Behörde wechseln, beurlaubt oder vom Dienst freigestellt werden. Vorliegend steht allerdings lediglich ein Zeitraum von sieben Monaten im Raum.
30
Zwar sieht Nr. 11.2 Satz 3 VV-BeamtR vor, dass ein Beurteilungsbeitrag der aufnehmenden Behörde seitens der beurteilenden Stammbehörde einzuholen ist, wenn die oder der zu Beurteilende während des Beurteilungszeitraums länger als sechs Monate abgeordnet war. Diese Bestimmung gilt nach Satz 4 der Vorschrift entsprechend bei Beamtinnen und Beamten, die im Beurteilungszeitraum hinsichtlich der Fachaufsicht länger als sechs Monate ununterbrochen einer anderen Dienststelle unterstellt waren, ohne dass dienstrechtlich eine Abordnung verfügt war. Ebenso hat der Beurteiler nach höchstrichterlicher Rechtsprechung Beurteilungsbeiträge sachkundiger Personen einzuholen, wenn er die Leistungsbewertung nicht für den gesamten Beurteilungszeitraum auf seine eigene Anschauung stützen kann, um so eine aussagekräftige Tatsachengrundlage für seine Bewertung zu erhalten (BVerwG, U.v. 4.11.2010 – 2 C 16.09 – BVerwGE 138, 102 Rn. 47; U.v. 26.9.2012 – 2 A 2.10 – NVwZ-RR 2013, 54 Rn. 11). Als solche sachkundigen Personen kommen vorrangig, aber nicht ausschließlich, die früher für die Beurteilung Zuständigen sowie Personen in Betracht, die die Dienstausübung der Beamtin bzw. des Beamten aus eigener Anschauung kennen (BVerwG, U.v. 16.10.2008 – 2 A 9.07 – Buchholz 11 Art. 87a GG Nr. 6 Rn. 35). Beurteilungsbeiträge müssen die Informationen enthalten, die es dem Beurteiler erlauben, diejenigen in der Beurteilung zu bewertenden Elemente der Eignung, Befähigung und Leistung (Art. 33 Abs. 2 GG) zutreffend zu erfassen, über die er keine aus eigener Anschauung gewonnene Erkenntnis besitzt (BVerwG, U.v. 5.11.1998 -2 A 3.97 – BVerwGE 107, 360 <361 f.>; U.v. 27.11.2014 – 2 A 10/13 – juris, Rn. 22ff.).
31
Beurteilungsbeiträge müssen bei der Ausübung des Beurteilungsspielraums berücksichtigt, d.h. zur Kenntnis genommen und bedacht werden. Sie sind ebenso wie eigene Beobachtungen des Beurteilers unverzichtbare Grundlage der Beurteilung. Der Beurteiler ist zwar an die Feststellungen und Bewertungen Dritter nicht in der Weise gebunden, dass er sie in seiner Beurteilung „fortschreibend“ übernehmen müsste, sondern er kann zu abweichenden Erkenntnissen gelangen. Er übt seinen Beurteilungsspielraum jedoch nur dann rechtmäßig aus, wenn er die Beurteilungsbeiträge in seine Überlegungen einbezieht und Abweichungen nachvollziehbar begründet. Diese Anforderungen stellen sicher, dass Werturteile auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruhen und sich an den von Art. 33 Abs. 2 GG vorgegebenen Kriterien orientieren (vgl. BVerwG, U.v. 27.11.2014 – 2 A 10/13 – BVerwGE 150, 359 – juris, Rn. 24 m.w.N.). Der Beurteiler trifft seine Bewertung in eigener Verantwortung auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung, die auch die durch den Beurteilungsbeitrag vermittelten Kenntnisse einzubeziehen hat (vgl. BVerwG, U.v. 5.11.1998 – 2 A 3/97 – BVerwGE 107, 360 – juris, Rn. 14). Es ist nicht in sein Ermessen gestellt, ob und wie er einen Beurteilungsbeitrag berücksichtigt (vgl. OVG NW, B.v. 27.8.2015 – 6 B 649/15 – juris, Rn. 10; BayVGH, B.v. 1.12.2015 – 3 CE 15.1947 – juris Rn. 31).
32
Soweit nicht durch Rechtsvorschriften oder Beurteilungsrichtlinien näheres bestimmt ist, ist es daher grundsätzlich dem Beurteiler überlassen, in welcher Weise er sich die erforderlichen Kenntnisse über die Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des zu beurteilenden Beamten verschafft. Die Erkenntnisse des Beurteilers müssen nicht notwendig auf persönlichen Eindrücken beruhen. Er kann sich die erforderlichen Kenntnisse neben eigener unmittelbarer Beobachtung u.a. durch Arbeitsplatzbeschreibungen, schriftliche Arbeiten des Beamten sowie durch Berichte Dritter verschaffen (BVerwG U.v. 16.5.1991 – 2 A 2.90 – juris, Rn. 17; B.v. 14.4.1999 – 2 B 26.99 – juris, Rn. 2). Solche Mitteilungen müssen nicht zwingend schriftlich erfolgen; soweit nichts Gegenteiliges vorgeschrieben ist, kann der Beurteiler die Informationen auch mündlich einholen (BayVGH U.v. 21.7.1982 – 3 B 81 A.2694 – juris). Auch eine eigene besondere Sachkunde ist hierfür nicht erforderlich (BVerwG B.v. 14.4.1999 – 2 B 26.99 – juris). Wenn der für die Beurteilung zuständige Vorgesetzte – wie insbesondere der Behördenleiter – die Beamtin bzw. den Beamten nicht aus eigener Beobachtung sachgerecht beurteilen kann, muss er sich die Kenntnisse durch Befragung dritter Personen beschaffen (BVerwG U.v. 5.11.1998 – 2 A 3.97 – BVerwGE 107, 360 juris, Rn. 14). Der Beurteiler kann sich hierfür insbesondere auf die Berichte (unmittelbarer oder übergeordneter) Vorgesetzter der Beamtin bzw. des Beamten stützen (BayVGH B.v. 18.12.1998 – 3 B 97.1485 – juris Rn. 40). Dies muss aber ebenfalls nicht zwingend schriftlich (etwa in Form eines Beurteilungsentwurfs oder -beitrags) oder im Wege der unmittelbaren Anhörung des Vorgesetzten durch den Beurteiler selbst erfolgen (BayVGH B.v. 18.12.1998 – 3 B 97.1485 – juris, Rn. 44; B.v.22.4.2013 – 3 ZB 11.1531 – juris, Rn. 3).
33
Vorliegend bestand auch ausweislich der Regelung in Nr. 11.2 Sätze 3 und 4 VV-BeamtR keine Pflicht zur Einholung eines schriftlichen Beurteilungsbeitrages. Nach dem insoweit unbestritten gebliebenen Vortrag der Beklagtenseite war der Verwaltungsdienstleiter und Leiter der Hauptgeschäftsstelle der JVA E., Herr H., bis zu seiner Versetzung im Jahr 2018 als Leiter der Arbeitsverwaltung in der JVA W. beschäftigt. Im Rahmen dieser Tätigkeit war er unmittelbarer Vorgesetzter der Klägerin während ihrer siebenmonatigen Beschäftigung an der JVA W. im Beurteilungszeitraum. Ausweislich der widerspruchsfreien und überzeugenden Einlassungen des zuständigen Beurteilers im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde Herr H. in seiner Funktion als Personalchef der JVA E. in das Beurteilungsverfahren einbezogen und hat seine Erkenntnisse über die Tätigkeit der Klägerin in den ersten sieben Monaten des Jahres 2017 bei der Erstellung der streitgegenständlichen Beurteilung einfließen lassen. Insoweit erläuterte der Anstaltsleiter weiter, dass Herr H. das Leistungsbild der Klägerin für den in der JVA W. verbrachten Tätigkeitszeitraum mit 8 Punkten bewertet habe, während die Leistungen der Klägerin in der JVA E. seiner Einschätzung nach ein Gesamturteil von 6 Punkten gerechtfertigt hätten. Sodann habe man sich auf die Zuerkennung eines Prädikats von 7 Punkten geeinigt. Diese Ausführungen des zuständigen Beurteilers belegen, dass vorliegend sichergestellt wurde, dass die von der Klägerin in der JVA W. erbrachten Leistungen auch im Rahmen der gegenständlichen Beurteilung berücksichtigt wurden. Die Beklagtenseite beruft sich insoweit zu Recht auf den Rechtsgedanken der Vorgabe in Nr. 11.2 Satz 4 VV-BeamtR und geht davon aus, dass es hinsichtlich der durch Herrn H. gegebenen einheitlichen „Fachaufsicht“ der Einholung eines schriftlichen Beurteilungsbeitrages des Leiters der JVA W. nicht bedurfte. Denn durch die Einbeziehung der Erkenntnisse des früheren Leiters der Arbeitsverwaltung der JVA W. für den im Jahr 2017 von der Klägerin dort verbrachten Zeitraum wurde deren Leistungsbild insoweit hinreichend berücksichtigt und ausweislich der weiteren Einlassungen des zuständigen Beurteilers im Rahmen der Bewertung gewürdigt.
34
Abweichendes folgt auch nicht aus dem Vortrag der Klägerseite, wonach unberücksichtigt geblieben sei, dass die Klägerin während ihrer siebenmonatigen Tätigkeit in der JVA W. auch Wochenend- und Feiertagsdienste verrichtet habe und Herrn H. insoweit nicht auf eigene Erkenntnisse zurückgreifen könne. Zum einen beschränkte sich diese Tätigkeit der Klägerin auf insgesamt drei Einsätze (04./05.03.2017, 14.04.2017, 27./28.05.2017). Zum anderen kann eingedenk der Vorgaben in Nr. 2.5 des Abschnitts 3 der VV-BeamtR nur auf Grund mehrfacher Beobachtungen ein fundiertes, ausgewogenes Urteil über eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter abgegeben werden, während Einzelbeobachtungen zu Zufallsergebnissen führen können. Maßgeblich ist somit der Gesamteindruck. Weiterhin ist in Rechnung zu stellen, dass sich die Beobachtungen und Eindrücke, auf denen die dienstliche Beurteilung beruht, grundsätzlich nicht gleichmäßig über den gesamten Beurteilungsspielraum erstrecken müssen. Gewicht und Aussagekraft kommen auch und gerade Beobachtungen und Eindrücken am Ende des Beurteilungsspielraums zu, da nur sie zuverlässig das aktuelle Bild von der Persönlichkeit und dem Leistungsvermögen der Beamtin bzw. des Beamten, das allein als Grundlage für künftige Personalentscheidungen geeignet ist, geben (vgl. BayVGH, U.v. 7.6.1984 – 3 B 84.182).
35
(2) Ferner war auch eine Zurückstellung der Beurteilung aufgrund der krankheitsbedingten Fehlzeiten der Klägerin im Beurteilungszeitraum nicht geboten.
36
Nach Art. 56 Abs. 2 Satz 1 LlbG kann die periodische Beurteilung zurückgestellt werden, wenn (1.) gegen den Beamten oder die Beamtin ein gerichtliches Strafverfahren, ein Disziplinarverfahren, Vorermittlungen oder ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden ist, oder (2.) ein sonstiger in der Person liegender wichtiger Grund besteht. Ein in der Person des oder der zu Beurteilenden liegender wichtiger Grund besteht nach der einschlägigen Beurteilungsrichtlinie insbesondere, wenn der Beurteilungszeitraum nicht ausreichend lang ist, um eine eindeutige und tragfähige Grundlage für die periodische Beurteilung zu bieten (vgl. Nr. 3.3 Satz 2 JuBeurteilBek). Die in Nr. 3.3.1 genannten Regelbeispiele, die vorliegend sämtlich nicht einschlägig sind, stellen insoweit auf eine Dienstleistung von weniger als einem Jahr ab. Nach Nr. 3.3.3 wird weiterhin die Beurteilung von Beamten und Beamtinnen zurückgestellt, die während des Beurteilungszeitraums wegen Elternzeit (ohne Teilzeitbeschäftigung) oder wegen einer gänzlich Freistellung vom Dienst aus anderen Gründen weniger als ein Jahr Dienst als Beamter oder Beamtin auf Lebenszeit geleistet haben.
37
Der Auffangtatbestand des in der Person des Beamten liegenden wichtigen Grundes kann sehr unterschiedliche Sachverhalte umfassen. Maßgebende Abgrenzungskriterien sind der Sinn und Zweck der dienstlichen Beurteilung unter Berücksichtigung des in Art. 56 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LlbG zum Ausdruck kommenden Grundgedankens. Es muss sich aber immer um in der Person des Beamten liegende Gründe handeln, wobei es auf ein Verschulden oder „Vertretenmüssen“ des Beamten nicht ankommt. Am häufigsten ist eine Zurückstellung der Beurteilung, weil der Beamte in dem für die Beurteilung maßgeblichen Amt noch keine für die zuverlässige Erstellung einer Beurteilung ausreichende Zeit zurückgelegt hat, z. B. weil er erst vor kurzer Zeit seine Probezeit beendet hat oder befördert worden ist. Allgemeine Voraussetzung für eine Zurückstellung ist, dass ein in der Person des zu beurteilenden Beamten liegender Grund einer Beurteilung zum gegenwärtigen Zeitpunkt entgegensteht, dass aber in absehbarer Zeit eine Nachholung der Beurteilung möglich ist (vgl. Conrad in: Weiß/Niedermaier/Summer, Beamtenrecht in Bayern, Kommentar, 227. Aktualisierung, Stand: Juni 2022, Art. 56 LlbG, Rn. 12).
38
Ein wichtiger Grund kann z. B. bei einer Erkrankung der Beamtin bzw. des Beamten gegeben sein, bei der noch nicht abzusehen ist, ob es sich um eine vorübergehende Erscheinung handelt oder ob aus ihr auf eine nachhaltige Beeinträchtigung der gesundheitlichen Eignung geschlossen werden kann. Aber auch eine längere Erkrankung zwingt nicht zur Zurückstellung der Beurteilung, wenn die verbliebene Zeit für eine sachgerechte Beurteilung ausreicht. In Anlehnung an die Regelung über die Zwischenbeurteilung – Art. 57 LlbG – sowie die vorgenannten Regelungen der einschlägigen Beurteilungsrichtlinie kann ein wichtiger Grund bei einer Dienstleistung unter einem Jahr angenommen werden (Conrad in: Weiß/Niedermaier/Summer, Beamtenrecht in Bayern, Kommentar, 227. Aktualisierung, Stand: Juni 2022, Art. 56 LlbG, Rn. 13; VG Bayreuth, U.v. 8.11.2013 – B 5 K 12.212 – juris, Rn. 25; VG Ansbach, U.v. 29.8.2001 – AN 12 K 00.00358). Generell ist bei der Zurückstellung periodischer Beurteilungen Zurückhaltung angebracht, da grundsätzlich alle Beamtinnen und Beamten einer Beurteilungskohorte zur selben Zeit zu beurteilen sind und eine Verschiebung dazu führt, dass auch der anschließende Beurteilungszeitraum nicht mit dem der anderen Beatminnen und Beamten übereinstimmt (vgl. Konrad in: Keck/Puchta/Konrad, Laufbahnrecht Bayern, 50 Aktualisierung, Stand: April 2022, Art. 56 LlbG, Rn. 21). Maßgeblich ist stets, ob trotz des vergleichsweise kurzen Zeitraums der tatsächlichen Dienstleistung eine sachgerechte Beurteilung möglich ist.
39
Die Entscheidung über die Zurückstellung ist in das Ermessen des Dienstherrn gestellt (VG Bayreuth, U.v. 8.11.2013 – B 5 K 12.212 – juris, Rn. 25; VG Ansbach, U.v. 29.8.2001 – AN 12 K 00.00358 – juris, Rn. 26). Nach dem Wegfall des Hinderungsgrundes ist die Beurteilung nachzuholen (Art. 56 Abs. 2 Satz 2 LlbG).
40
Vorliegend hat sich der zuständige Beurteiler ermessenfehlerfrei gegen eine Zurückstellung der periodischen Beurteilung der Klägerin entschieden. Im gegenständlichen Beurteilungszeitraum war die Klägerin ausweislich der vorliegenden Personalakte (Teilakt VI der gerichtlichen Beiakte I) im Jahr 2017 an 58, im Jahr 2018 an 247 und im Jahr 2019 an 141 Arbeitstagen dienstunfähig erkrankt. Damit lag ausgehend von durchschnittlich 250 Arbeitstagen jährlich bei einer Fünftagewoche trotz der kompletten krankheitsbedingten Abwesenheit der Klägerin im Jahr 2018 jedenfalls mehr als ein Jahr tatsächlicher Dienstleistung im Zeitraum vom 01.01.2017 bis 31.12.2019 vor. Unter Zugrundelegung der vorgenannten rechtlichen Maßstäbe, insbesondere der gebotenen Zurückhaltung bei der Zurückstellung periodischer Beurteilung, bestand damit eine tragfähige Erkenntnisgrundlage für die Beurteilung der Klägerin.
41
bb) Ferner liegt eine hinreichende Begründung des Gesamturteils vor.
42
Nach Art. 59 Abs. 2 Satz 2 LlbG sind die für die Bildung des Gesamturteils wesentlichen Gründe in den ergänzenden Bemerkungen darzulegen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist das abschließende Gesamturteil durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen bestenauswahlbezogenen Gesichtspunkte zu bilden (BVerwG, B.v. 25.10.2011 – 2 VR 4.11 – Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 50 Rn. 15 m.w.N.). Die Anforderungen an die Begründung des Gesamturteils sind umso geringer, je einheitlicher das Leistungsbild bei den Einzelbewertungen ist. Gänzlich entbehrlich ist eine Begründung für das Gesamturteil jedoch nur dann, wenn im konkreten Fall eine andere Note nicht in Betracht kommt, weil sich die vergebene Note – vergleichbar einer Ermessensreduzierung auf Null – geradezu aufdrängt (vgl. BVerwG, U.v. 17.9.2015 – 2 C 27/14 – juris; U.v. 21.12.2016 – 2 VR 1/16; U.v. 1.3.2018 – 2 A 10/17 – jeweils juris). So lag der Fall hier. In den 20 zu bewertenden Einzelmerkmalen erhielt die Klägerin siebenmal das Prädikat 8, zwölfmal 7 Punkte und einmal 6 Punkte. Hinsichtlich der weit überwiegend vorgenommenen Bewertung der einzelnen Leistungsmerkmale mit 7 Punkten drängte sich die Vergabe dieses Gesamtprädikats geradezu auf, zumal sich die im Übrigen vergebenen Einzelprädikate lediglich im Bereich von einem Punkt mehr bzw. weniger bewegten. Darüber hinaus legen auch die durch den Dienstherrn festgelegten Superkriterien, die sich für die Beamtinnen und Beamten im Justizvollzugsdienst (ohne Führungsaufgaben) aus den Einzelmerkmalen „Arbeitseinsatz“, „Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen“, „Umgang mit Gefangenen“ und „Fachkenntnisse“ zusammensetzen und vorliegend mit einmal 8 und dreimal 7 Punkten bewertet wurden, das Gesamtprädikat von 7 Punkten nahe.
43
cc) Darüber hinaus hält sich das zuerkannte Gesamturteil von 7 Punkten im rechtlich nicht zu beanstandenden Rahmen des Beurteilungsspielraums und wurde durch den Beurteiler sowie den unmittelbaren Vorgesetzten der Klägerin hinreichend plausibilisiert.
44
Nach Abschnitt 3, Nr. 3.2.2 VV-BeamtR sind 7 bis 10 Punkte zu vergeben, wenn die Erfüllung des einzelnen Merkmals in jeder Hinsicht den Anforderungen genügt oder diese übersteigt. Bereits durch diesen Punktwert wird die Leistung der Klägerin beschrieben, so dass sie erkennen kann, wie der Beurteiler ihre Leistung einschätzt. Anlässlich seiner informatorischen Anhörung erläuterte der Anstaltsleiter, dass der Klägerin die Tätigkeiten im Jugendvollzug in der JVA E. sehr schwer gefallen seien. In der JVA W. sei die Klägerin als Leiterin eines Arbeitsbetriebes erwachsener Strafgefangener eingesetzt gewesen und habe dort wenig Kontakt mit Gefangenen gehabt. Der Schwerpunkt habe insoweit auf administrativen Tätigkeiten gelegen. Der Jugendvollzug hingegen sei ganz anders organisiert. Die Beamtinnen und Beamten der zweiten Qualifikationsebene arbeiteten in der JVA E. ganz nahe an den Strafgefangenen; Rückzugsmöglichkeiten bestünden kaum. Im Rahmen der Beurteilung der Hauptsekretärinnen und Hauptsekretäre im Justizvollzugsdienst sei der Anstaltsleiter von einem Referenzbeamten mit 8 Punkten ausgegangen, bei dem eine gute Aufgabenerfüllung vorliege. Die Klägerin hingegen sei im Beurteilungszeitraum nicht mit einem guten Jugendvollzugsbeamten gleichzusetzen gewesen; das Leistungsbild des Referenzbeamten habe bei ihr nicht vorgelegen. Sie habe während ihrer Tätigkeit kaum Kontakt zu den Strafgefangenen gehabt und habe versucht, diesen zu meiden. Daher sei sie im Quervergleich mit den übrigen Beamtinnen und Beamten der Vergleichsgruppe, die einen intensiven Gefangenenkontakt unterhielten, abgefallen. Darüber hinaus erläuterte der unmittelbare Vorgesetzte der Klägerin, dass die Klägerin ferner Schwierigkeiten beim Umgang mit Vorgesetzten und Kollegen gehabt habe. Damit haben der Anstaltsleiter sowie der unmittelbare Vorgesetzte der Klägerin hinreichend deutlich gemacht, dass anlässlich der Reihung der Beamtinnen und Beamten der Besoldungsgruppe A8 deren jeweilige Stärken und Schwächen betrachtet wurden und letztlich der Quervergleich ausschlaggebend für die abschließende Reihung gewesen ist.
45
Auch die von Beklagtenseite augenscheinlich weiter praktizierte Vorgehensweise, im Rahmen der Beurteilung das Gesamturteil nicht aus den vorher isoliert festgelegten Bewertungen der Einzelmerkmale zu entwickeln, sondern zunächst das Gesamturteil aufgrund einer Reihung der zu vergleichenden Beamtinnen und Beamten anhand eines vorgebebenen Richtwerts zu bilden und sodann die Einzelmerkmale im Hinblick auf die erfolgte Reihung zu bewerten, bevor der zuständige Beurteiler bzw. die zuständige Beurteilerin die abschließende Bewertung vornimmt, hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung für rechtmäßig erachtet (vgl. BayVGH, B.v. 8.4.2015 – 3 CE 14.783 – juris, Rn. 63; U.v. 7.5.2014 – 3 BV 12.2594 – juris, Rn. 58). Dass die vorliegend betrachtete Vergleichsgruppe für die Anwendung der ministeriellen Quotenvorgaben nicht hinreichend groß und hinreichend homogen war, ist weder ersichtlich noch dargetan (vgl. dazu im Einzelnen: BVerwG, U.v. 24.11.2005 – 2 C 34/04 – BVerwGE 124, 364 – juris, Rn. 15; BayVGH, B.v. 14.8.2014 – 3 CE 14.377 – juris; U.v. 17.12.2015 – 3 BV 13.773 – juris, Rn. 17).
46
dd) Schließlich wurde auch die Schwerbehinderung der Klägerin von Seiten des zuständigen Beurteilers hinreichend in Betracht gezogen.
47
Nach Art. 21 Abs. 2 LlbG ist bei der Beurteilung der Leistung schwerbehinderter Beamter und Beamtinnen eine eventuelle Minderung der Arbeits- und Verwendungsfähigkeit durch ihre Behinderung zu berücksichtigen. Hierauf verweisen auch die zum maßgeblichen Zeitpunkt des Beurteilungsstichtags (31.12.2019) geltenden Regelungen der Bayerischen Inklusionsrichtlinien (BayInklR) (vg. BayVGH, B.v. 27.2.2020 – 3 ZB 18.137 – juris Rn. 6).
48
In welchem Umfang bei der Beurteilung der Leistung schwerbehinderter Beamter und Beamtinnen eine Minderung der Arbeits- und Verwendungsfähigkeit durch ihre Behinderung zu berücksichtigen ist, entzieht sich der gerichtlichen Überprüfung, weil dem Beurteilenden insoweit ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist. In welcher Weise der Dienstvorgesetzte die Qualität, Quantität und sonstigen Komponenten einer Arbeitsleistung gewichtet, obliegt als Akt wertender Erkenntnis dem Beurteiler (BVerwG, B.v. 5.8.1983 – 2 B 89.82 – juris, Rn. 4). In welchem Ausmaß und mit welchen Auswirkungen der Beurteilende die Schwerbehinderteneigenschaft des Beurteilten bei der Beurteilung berücksichtigt, ist eine Frage des jeweiligen Einzelfalles. Die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich auch diesbezüglich darauf zu beschränken, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (BVerwG, B.v. 5.8.1983 – 2 B 89.32 – juris, Rn. 7 unter Bezugnahme auf BVerwG, U.v. 26.6.1980 – 2 C 8.78 – juris, Rn. 18; BayVGH, B.v. 27.2.2020 – 3 ZB 18.137 – juris, Rn. 10).
49
Qualitative Mängel sind auch bei schwerbehinderten Beamtinnen und Beamten im Rahmen der Beurteilung zu bewerten und beim Gesamturteil zu beachten, denn das Leistungsprinzip wird auch bei diesen nicht relativiert oder gar außer Kraft gesetzt (BVerwG, U.v. 25.2.1988 – 2 C 72.85 – juris, Rn. 17). Aus der besonderen Rechtsstellung als Schwerbehinderter lässt sich kein Anspruch auf bevorzugte Behandlung, auch nicht bei dienstlichen Beurteilungen, ableiten (BVerwG, B.v. 5.8.1983 – 2 B 89.32 – juris, Rn. 7; BayVGH, B.v. 27.2.2020 – 3 ZB 18.137 – juris, Rn. 12).
50
Die Schwerbehinderung der Klägerin bzw. ihre Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen wurde im Beurteilungsvordruck vermerkt. Darüber hinaus setzen sich die ergänzenden Bemerkungen (Nr. 3 des Beurteilungsvordrucks) dezidiert mit den gesundheitlichen Einschränkungen der Klägerin auseinander. Im Rahmen seiner informatorischen Anhörung erläuterte der zuständige Beurteiler, dass die Schwerbehinderung der Klägerin im Rahmen ihres Einsatzes bzw. der Diensteinteilung berücksichtigt worden sei. Es hätten insoweit sehr viele Arbeitsversuche stattgefunden, wobei die Klägerin wiederholt an ihre Leistungsgrenzen gestoßen sei. Gleichwohl habe man ihr durch die Einteilung im Offenen Vollzug letztlich einen Dienstposten zuweisen können, bei dem hinreichend Rückzugsmöglichkeiten und kaum Kontakt zu den jugendlichen Strafgefangen bestanden hätten. Darüber hinaus wies der Anstaltsleiter darauf hin, dass er die Klägerin bereits vor ihrer Versetzung an die JVA E. auf die Besonderheiten des Jugendvollzugs und das insoweit bestehende Erfordernis eines intensiven Kontakts zu den jugendlichen Strafgefangenen hingewiesen habe. Auch der unmittelbare Vorgesetzte der Klägerin führte im Rahmen seiner Zeugenaussage aus, dass er sowie die Kolleginnen und Kolleginnen gewusst hätten, dass die Klägerin in gewissen Situationen Rückzugsmöglichkeiten benötige und man ihr diese eingeräumt habe. Schließlich erklärte der Anstaltsleiter, dass er bei der Zuerkennung des Gesamtprädikats die behinderungsbedingt eingeschränkte Leistungsfähigkeit der Klägerin berücksichtigt habe und er ohne die Schwerbehinderung bzw. Gleichstellung in Anbetracht ihres Leistungsbildes zu einem Gesamturteil von 6 Punkten gelangt wäre. Damit wurden die oben aufgeführten rechtlichen Maßstäbe beachtet. Des Weiteren steht dieses Vorgehen in Einklang mit den Vorgaben der einschlägigen Beurteilungsrichtlinie. Nach Nr. 1.3 Satz 3 JuBeurteilBek ist bei der Beurteilung der Leistung schwerbehinderter Beamter und Beamtinnen für den Fall, dass die Behinderung Auswirkungen auf die Arbeits- und Verwendungsfähigkeit hat, das Gesamturteil zuzuerkennen, das die Beamten und Beamtinnen erhalten würden, wenn ihre Arbeits- und Verwendungsfähigkeit nicht durch die Behinderung beeinträchtigt wäre (vgl. Nr. 9.2.1 Satz 4 BayInklR). Dies hat der Anstaltsleiter vorliegend ausweislich seiner widerspruchsfreien und überzeugenden Einlassungen getan.
51
Soweit die Klägerin meint, dass ihr aufgrund ihrer Vorbeurteilung, die im Gesamturteil auf 8 Punkte lautete, ein besseres Prädikat zuzusprechen gewesen wäre, ist darauf hinzuweisen, dass Eignung, Befähigung und fachliche Leistung grundsätzlich in jedem Beurteilungszeitraum gesondert und unabhängig von der Vorbeurteilung zu bewerten sind (vgl. BayVGH, U.v. 12.11.2015 – 3 B 14.2012 – juris, Rn. 23). Aus einer früheren Beurteilung mit einem bestimmten Beurteilungsprädikat ergibt sich kein Anspruch auf Zuerkennung eines besseren Gesamturteils, selbst dann nicht, wenn die Beamtin bzw. der Beamte ihre bzw. seine Leistung im Beurteilungszeitraum gesteigert hat. Denn wie eine Beamtin bzw. ein Beamter innerhalb der Vergleichsgruppe einzustufen ist, hängt nicht zuletzt davon ab, ob sich die Vergleichsgruppe zum vorangegangenen Beurteilungszeitraum verändert hat, das heißt ob möglicherweise leistungsstarke Beamtinnen und Beamte hinzugekommen sind oder ob bei anderen Beamtinnen und Beamten eine Leistungssteigerung oder ein Leistungsabfall zu verzeichnen ist. Selbst bei unverändert gebliebenen Leistungen kann es damit zu einer anderen Einschätzung kommen, ebenso wie eine Leistungssteigerung der einzelnen Beamtin bzw. des einzelnen Beamten nicht zwangsläufig zu einer besseren Beurteilung führen muss, weil immer der Vergleich zu den übrigen Beamtinnen und Beamten der aktuellen Vergleichsgruppe zu ziehen ist (vgl. VG Bayreuth, U.v. 3.3.2015 – B 5 K 13.292 – juris, Rn. 33f.). Dass der anzustellende Quervergleich für die Zuerkennung des Prädikats der Klägerin maßgeblich war, wurde bereits dargestellt.
52
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
53
II. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 154 Abs. 1 VwGO, wonach die Klägerin als unterlegene Beteiligte die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO). Der Einräumung einer Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO bedurfte es angesichts der – wenn überhaupt anfallenden – dann allenfalls geringen vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen des Beklagten nicht.